Aylin die m채usehElDin
AYLIN die m채useheldin
Nach einer Fabel von Jean de la Fontaine weitererz채hlt von Thomas Schmitz und Bildern von Dirk Uhlenbrock.
Das ist Aylin! Aylin, die M채useheldin! Eine Heldin war Aylin nicht immer. Wie es dazu kam, dass Aylin eine M채useheldin wurde, ist eine lange Geschichte und sie ist kaum zu glauben. Soll ich sie erz채hlen?
Aylins Mäusefamilie lebte mit einigen anderen Mäusefamilien in einem großen Haus in einer kleinen Wohnung. Dort führten sie ein glückliches und zufriedenes Leben. Jeden Morgen traf Aylin all die anderen Mäusekinder und sie spielten den ganzen langen Tag.
Sie spielten Himmel und Hölle oder Blindekuh. Sie übten Sackhüpfen oder Knickern. Am liebsten spielte Aylin allerdings Verstecken. Warum? Aylin war ein besonders ruhiges und leises Mäusemädchen. Hatte sie erst einmal ein gutes Versteck gefunden, gab sie keinen Pieps mehr von sich. Dann konnte es passieren, dass sie ganz, ganz oft nicht gefunden wurde. Egal, wie lange ihre Mäusefreunde nach ihr suchten.
Nur zum Mittagessen mussten sie eine Spielpause einlegen. Schnell rannten alle in die Küche und staunten, was die Großen in der Speisekammer für Leckereien gefunden hatten. Die ganze Mäuseschar führte wirklich ein glückliches und zufriedenes Leben, wenn …
… ja, wenn im großen Haus nicht noch jemand leben würde, der den Mäusen immer wieder das Leben schwer machte: eine große Katze. Sie hatte Augen, die auch im Dunkeln gefährlich funkelten. Sie hatte spitze, scharfe Zähne. Sie hatte in ihren Pfoten Krallen versteckt, die sie jederzeit ausfahren konnte. Sie war schnell. Und sie jagte kleine Mäuse. Das machte ihr einen großen Spaß.
Es passierte nicht oft, aber erwischte sie eine, gab es einen Kampf, den die Maus zumeist verlor. Kurzum: die Katze störte. Gewaltig! Sie störte beim Sackhüpfen. Sie störte beim Blindekuh spielen. Sie störte bei Himmel und Hölle. Sie störte beim Knickern. So konnte es einfach nicht weitergehen.
Am Abend wurde der große Mäuserat zusammengerufen. „So kann es wirklich nicht weitergehen.“ sagte der alte Mäusevorsitzende. „Deshalb habe ich eine Idee. Wir binden der Katze einfach eine kleine Glocke ans Schwanzende. Dann hören wir sie immer schon von weitem und können uns jederzeit in Sicherheit bringen.“
„Eine wirklich fabelhafte Idee“, sagte die älteste und erfahrenste Maus unter ihnen, wobei sie leicht den Kopf schüttelte. „Bleibt aber die Frage, wer denn der Katze die Glocke ans Schwanzende binden soll?“ Die Mäuseschar war verzweifelt. Wer würde sich so etwas schon trauen? Plötzlich hörten sie aus einer hinteren Ecke eine leise Stimme. Es war Aylin. Niemand hatte sie bis jetzt bemerkt. „Ich!“, sagte Aylin. „Ich werde es versuchen.“
Aylin. Die kleine Aylin. Die leiseste Maus von allen. Die beste Versteckspielerin. Aber ja: wenn es einer schaffen konnte, dann sie. Aylin war nämlich nicht nur eine ganz leise, sie war auch eine ziemlich schlaue Maus. Zum Beispiel war ihr aufgefallen, dass die Katze eigentlich nur drei Dinge gerne tat: Sie fraß gerne. Sie jagte gerne Mäuse. Sie schlief gerne. Die Katze schlief gerne und oft und tief und lange. Das war Aylins Chance.
Am nächsten Morgen wartete Aylin, bis die Katze gefressen hatte. Sie wartete, bis die Katze ihren Morgenspaziergang beendet hatte. Dann lauschte sie. Nach einer Weile hörte sie in der Ferne ein gleichmäßiges Schnurren. Die Katze schlief.
Aylin griff nach der Glocke, jetzt war sie bereit. Leise, leise schlich sie in die Richtung aus der sie das Schnurren hÜrte. Da sah sie die Katze. Sie schlief tief und fest. Aylin fasste all ihren Mut zusammen und näherte sich ihrem Ziel. Ihr Herz klopfte.
Vorsichtig legte sie die Glocke neben die Schwanzspitze. Besonders vorsichtig führte sie die Kordel durch die Öse. Noch viel vorsichtiger band sie nun die Kordel mit der Glocke um die Schwanzspitze. Aylin schwitzte. Schnell noch einen Doppelknoten, einmal feste zuziehen und dann nichts wie weg. Aylin zog den Knoten zu. Mit einem kräftigen Ruck. Ganz feste.