Rethinking Tax

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Einsatzgebiete von KI-Technologie Andreas Schneider   1 6 ■

Digitale Reform der Umsatzsteuer Philipp Matheis   5 5 ■

Operational Transfer Pricing Automatisierung Frank Schöneborn, Divya Vir Rastogi   6 0 ■

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November 2019 1. Jahrgang Chefredakteur Stefan Groß www.rethinking-tax.com

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Reporting nach DAC 6 Grenzüberschreitende Anzeigepf lichten



Editorial

Liebe Leserinnen und Leser! Die Digitalisierung macht den Steuerberater nicht überflüssig, jedoch bildet sie den Ausgangspunkt für eine Neudefinition der Mensch-Maschine-Beziehung, so eine der Kernbotschaften des zweiten Round Table Steuern & IT in München. So findet derzeit eine Verschiebung von Aufgaben zwischen Mensch und Maschine statt, was zugleich das Anforderungsprofil an den Mitarbeiter von morgen beeinflusst. Sind in vielen Fällen repetitive Tätigkeiten heute noch der menschlichen Stellenbeschreibung immanent, werden diese zunehmend vom digitalen Kollegen übernommen. Ob Algorithmen, Bots oder Machine Learning, die Automatisierung ist hier klar auf dem Vormarsch und der Mensch wird so zum Zuschauer oder Kontrolleur des Geschehens. Wird er damit auch entbehrlich? Weit gefehlt. Gefragt sind neue Fähigkeiten: Wer beurteilt die Business-Logik von Bots, wer prüft Algorithmen auf ihren Einklang mit gesetzlichen Vorgaben, wer trainiert die KI mit validen Daten, um nur einige künftige Aufgaben zu nennen. Allein diese Beispiele verdeutlichen eindringlich, dass die Weiterentwicklung der digitalen Kompetenz der Mitarbeiter von zentraler Bedeutung ist. Gefordert sind lebenslanges Lernen, Offenheit und eine Portion Neugier. Die Möglichkeiten der Digitalisierung annehmen und mitgestalten, darum muss es für den Berufsstand gehen. Dabei sollte uns die Digitalisierung nicht nur anregen, neu zu denken, sondern auch, etablierte Denkweisen und festgefahrene Meinungen zu hinterfragen. Schon lange diskutierte Lösungsansätze erscheinen auf einmal in einem komplett neuen Licht und bislang Unmögliches rückt in greifbare Nähe. So illustriert Philipp Matheis in seinem Beitrag zur Digitalreform der Umsatzsteuer, wie heutige technische Möglichkeiten gezielt genutzt werden können, um Reformideen neu zu beleben, die in der Vergangenheit als schwer umsetzbar galten. Mit den Vorschlägen zu einer digitalen Steueradministration durchschlägt er den gordischen Knoten steuerlichen Schubladendenkens und ebnet den Weg, Umsatzsteuer neu zu denken. So sind es gerade solche Ideen, welche das Duett aus Steuerrecht und IT erfolgreich machen. Was es dazu allerdings auch braucht, sind interdisziplinäre Ideenschmieden. Genau in diese Richtung appellierte auch Prof. Peter Fettke vom DFKI beim eingangs genannten Round Table und sprach sich seinerseits für die Etablierung von Tax Tech als vierter Disziplin der Steuerwissenschaft aus.

Stefan Groß Steuerberater, Certified Information Systems Auditor und Partner der Kanzlei Peters, Schönberger & Partner in München. Stefan Groß berät vornehmlich an der Schnittstelle Steuerrecht und IT sowie rund um das Thema Tax Technologie. Er ist ehrenamtlich als Vorstandsvorsitzender des Verbandes elektronische Rechnung (VeR) sowie als Vorstand der ECM-Initiative der Bitkom tätig. Dazu ist er Mitglied im Fachausschuss IT (FAIT) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW).

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Stefan Groß

Nächste Ausgabe REthinking Tax Januar 2020

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Inhalt

Inhalt

S T R AT E G Y & T R A N S F O R M AT I O N

Smarte Reihengeschäfte Die Idee eines interaktiven Ratgebers für Unternehmen im Kontext von Reihengeschäften Krzysztof Tomasz Zembrowski

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Steuerautomatisierung mit Robotic Process Automation (RPA) Wie E.ON komplexe Umsatzsteuervoranmeldungen mittels RPA automatisiert verprobt Nicole Janowski, Gerhard Krapp

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Einsatzgebiete von KI-Technologie im steuerlichen Kontext Möglichkeiten und Anwendungsfälle der Technologie IBM Watson im Steuerrecht Andreas Schneider, Stefan Groß

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Blockchain im Rechnungswesen Analyse der möglichen Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie im Rechnungswesen (DB RE:lease) Prof. Dr. Rolf Uwe Fülbier, Jan Seitz, Prof. Dr. Gilbert Fridgen

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Titelthema

Reporting nach DAC 6 Grenzüberschreitende Anzeigepflichten und deren Erfassung in der Praxis Claus Jochimsen-von Gfug, Christian Schiessl, Christian Stender

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Fragen an … Matthias Korte (innogy SE) Interview über die Digitalisierung im Steuerrecht mit Matthias Korte, Leiter Tax Reporting Audit & Digitalization und Tax Compliance Officer bei innogy SE

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Zusätzliche Transaktionsdaten unter dem Blickwinkel der USt-Compliance im Onlinehandel Komplexe Umsatzsteuer-Compliance dank moderner Logistik Dr. Roger Gothmann

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E-Invoicing – Der Countdown läuft Wie Deutschlands Top-700-Firmen bislang die elektronische Rechnung nutzen Mirjana Stanisic-Petrovic

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Illustration links — Andrey Suslov/istockphoto.com Illustration rechts — liuzishan/istockphoto.com

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Inhalt

Impressum Verlag Handelsblatt Fachmedien GmbH Toulouser Allee 27, 40211 Düsseldorf www.fachmedien.de www.rethinking-tax.com Geschäftsführung Christoph Bertling, Oliver Voigt Chefredakteur Stefan Groß (V.i.S.d.P.) Produktmanagement Isabelle Brück E-Mail: i.brueck@fachmedien.de Mediaservice

L AW & A D M I N I S T R AT I O N

Fon: 0211 887-1477 E-Mail: mediasales@fachmedien.de

CHANGE & SKILLS

Redaktion und Anzeigenleitung Handelsblatt Fachmedien GmbH Toulouser Allee 27, 40211 Düsseldorf

XRechnung & Co. Status der elektronischen Rechnung im Bereich B2G Gerd Bichler XRechnung unter der Motorhaube Aufbau eines semantischen Datenmodells entsprechend der Richtlinie 2014/55/EU Jakob Hamburg Bürokratieentlastungsgesetz III bringt Erleichterungen zum Datenzugriff

Foto links — Varijanta/istockphoto.com Foto rechts — nd3000/istockphoto.com

OECD: Secretariat Proposal for a ‘Unified Approach’ under Pillar One Plädoyer für eine digitale Reform der Umsatzsteuer Neue und alte Ideen zur Verbesserung des europäischen Mehrwertsteuerrechts Philipp Matheis

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Operational Transfer Pricing Automatisierung Keine Utopie mehr: Verrechnungspreise kalkulieren auf Knopfdruck Dr. Frank Schöneborn, Divya Vir Rastogi

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Kundenservice Handelsblatt Fachmedien GmbH Kundenservice Postfach 103345, 40024 Düsseldorf E-Mail: kundenservice@fachmedien.de Inland Fon: 0800 000-1637 Fax: 0800 000-2959 Ausland Fon: +49 211 887-3670 Fax: +49 211 887-3671

Die Digitalisierung bringt diverse steuerliche Problemfelder Gestaltungs- und Risikomanagementtrends der Digitalisierung (DB RE:lease) Heiko Holsten

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Law Clinic 2.0 – Automatisierte Steuerund Rechtsberatung Das Projekt Open Decision an der Humboldt Universität Berlin Aaron Rothmann, Finn Schädlich

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2. Round Table Steuern & IT Tagungsbericht zum Round Table am 11.10.2019 in München Kristin Kerschbaum, Nadine Koch, Dr. Patrick Burghardt

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Layout & Satz Main-Post GmbH Berner Straße 2, 97084 Würzburg Erscheinungsweise 6-mal jährlich Bezugspreise Einzelheft 48,00 € inkl. MwSt. zzgl. Versand Jahresabonnement 242,00 € inkl. MwSt. zzgl. Versand Sonderpreis für Studenten 121,00 € inkl. MwSt. zzgl. Versand im Jahresabonnement Abonnementkündigungen sind mit einer Frist von 21 Tagen zum Ende des Bezugsjahres möglich. Druck Grafisches Centrum Cuno GmbH & Co. KG Gewerbering West 27, 39240 Calbe Copyright Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Publikation darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages nicht vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken sowie die Vervielfältigung auf CD-Rom. ISSN 2629-3765

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Str ateg y & Tr ansformation

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Grenzüberschreitende Anzeigepflichten und deren Erfassung in der Praxis Am 25.06.2018 wurde die EU-Richtlinie 2018/882/EU, bekannt unter der Bezeichnung „DAC 6-Richtlinie“, verabschiedet. Im Kern geht es dabei um eine Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Dies verändert den künftigen Informationsaustausch in der EU grundlegend und stellt eine Vielzahl von Beteiligten vor große Herausforderungen. Diesen gilt es im Spannungsfeld von Tagesgeschäft, Reputation und Sanktionen in verschiedenen Ländern entgegenzutreten. Text — Claus Jochimsen-von Gfug, Christian Schiessl, Christian Stender

EU-Richtlinie – Die Grundlage Vor dem Hintergrund der BEPS-Initiative und zur Umsetzung des BEPS-Aktionspunktes 12 innerhalb der Europäischen Union wurde die Richtlinie 2011/16/EU (sog. Amtshilferichtlinie) durch die Richtlinie des Rates der Europäischen Union vom 25.05.2018 ergänzt (nachfolgend DAC 6-Richtlinie).�1 Dadurch wurde den Mitgliedstaaten ein Mindeststandard vorgegeben, welcher bis zum 31.12.2019 in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten in lokales Recht umgesetzt werden muss. Wer ist betroffen? Gemäß der DAC 6-Richtlinie werden sog. Intermediäre vorrangig von der Meldepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen erfasst. Der Begriff des Intermediärs ist definiert als „Person, die eine meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltung konzipiert, vermarktet, organisiert oder zur Umsetzung bereitstellt oder

1� Vgl. Richtlinie 2018/822/EU des Rates v. 25.5.2018, ABl. 2018 L 139, 1.

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die die Umsetzung einer solchen Gestaltung verwaltet“.�2 Zusätzlich muss der sog. Intermediär einen EU-Nexus haben.�3 Subsidiär zur Meldepflicht des Intermediärs wird auch der Steuerpflichtige (sog. Nutzer bzw. die Steuerabteilung eines Unternehmens) selbst als Meldepflichtiger erfasst, wenn er eine grenzüberschreitende Steuergestaltung für sich selbst konzipiert und umgesetzt hat. Mitteilungspflicht besteht auch, wenn ein Intermediär involviert wird, dieser aber einer gesetzlichen Verpflichtung zur Verschwiegenheit unterliegt (wie Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Steuerberater). In diesen Fällen geht die Mitteilungspflicht im Hinblick auf bestimmte personenbezogene Daten der grenzüberschreitenden Steuergestaltung zum Teil auf den Nutzer über, wenn er den Intermediär von der Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden hat. 2� Vgl. Richtlinie 2018/822/EU des Rates v. 25.5.2018, ABl. 2018 L 139, Art. 3 Nr. 21. 3� Vgl. Richtlinie 2018/822/EU des Rates v. 25.5.2018, ABl. 2018 L 139, Art. 3 Nr. 21 UnterAbs. 3 AH-RL.

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Str ateg y & Tr ans formation

Abbildung 1: Vierstufige Prüfung zur Meldepflicht 1 Grenzüberschreitende Gestaltung

Gestaltung

§ 138d AO-E

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mind. 1 Kennzeichen gem. Anhang IV der RL

Meldepflicht

Meldepflichtiger § 138d Abs. 1 AO-E § 138d Abs. 5, 6 AO-E § 138f Abs. 6 AO-E

4

§ 138d Abs. 2 Nr. 2 AO-E

§ 138d Abs. 2 Nr. 3 AO-E

§ 138d AO-E § 138e AO-E 3

grenzüberschreitend

A B C

MB Test

C D E

§ 138e Abs. 1 AO-E

§ 138d Abs. 3 AO-E

§ 138e Abs. 2 AO-E

Die Meldepflicht obliegt grundsätzlich dem Intermediär, subsidiär dem Steuerflichtigen (Nutzer). Spezielle Regeln und Befreiungen (z. B. für Berufsgeheimnisträger) zur Vermeidung von Mehrfachmeldungen können Anwendung finden.

Anwendungsvorschriften zur Meldung sowie Sanktionen (aktuell für Deutschland: max. 25.000 EUR für die Verletzung der künftigen Meldepflicht) stehen unter dem Vorbehalt der finalen Umsetzungsgesetze und notwendiger Verwaltungsvorschriften zur Konkretisierung des Verfahrens.

Meldeverfahren § 138f AO-E

Wann bin ich betroffen? Der sachliche Anwendungsbereich der meldepflichtigen Gestaltungen wird in Art. 3 Nr. 18 der DAC 6-Richtlinie i.V.m. Anhang IV definiert. Danach muss ein EU-Nexus der Beteiligten gegeben sein sowie mindestens ein definiertes Kennzeichen (sog. „Hallmark“) vorliegen. Bei bestimmten Hallmarks muss zusätzlich der sog. Main-Benefit-Test erfüllt sein. Dabei sind die Hallmarks sehr offen gefasst, woraus eine weitreichende Meldepflicht für viele Geschäftsvorfälle entstehen kann. Gerade der unbestimmte Main-Benefit-Test mit weit gefassten Hallmarks wird letztlich dazu führen, dass für viele Unternehmen Transaktionen des alltäglichen Geschäftslebens meldepflichtig werden, die von der „klassischen“ Steuergestaltung weit entfernt sind. Was sind die Folgen? Sind die vorgegebenen Kriterien erfüllt, ist der Intermediär bzw. der Steuerpflichtige verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen zu melden. Die Frist beginnt ab dem früheren Ereignis der

Bereitstellung der Gestaltung zur Umsetzung, der Umsetzungsbereitschaft der Gestaltung oder der Umsetzung des ersten Schritts der Gestaltung. Die Meldung hat alle dem Meldepflichtigen bekannten, in seinem Besitz oder unter seiner Kontrolle befindlichen Informationen über die jeweils meldepflichtige Gestaltung zu umfassen. Unter Verweis auf Art. 8ab Abs. 14 DAC 6-Richtlinie ist die Liste der zu übermittelnden Informationen weit gefasst. Nicht nur die kurze Frist von 30 Tagen wird die Intermediäre und Steuerpflichtige vor große Herausforderungen stellen, auch der Informationsumfang wird vielen Intermediären und Steuerpflichtigen nicht „auf Knopfdruck“ zur Verfügung stehen. Nationale Gesetzgebung Die Umsetzung innerhalb Europas wird – nachdem die EU-Richtlinie einen Mindeststandard definiert – heterogen ausfallen. So haben bereits einige Staaten den Anwendungsbereich auf nationale Steuergestaltungen und/oder indirekte Steuern erweitert (siehe z.B. Polen,

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