Narrative Infografiken

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Narrative Infografiken

Daten, Fakten und erz채hlerische Elemente Infografiken zu Politik, Umwelt und Soziales


In diesem Buch will ich dem Leser Probleme aus Politik, Umwelt und Soziales näher bringen. Dabei werden die Daten nicht nur einfach veranschaulicht, sondern durch den Einsatz einer Vielzahl erzählerischer Elemente, wie Icons, Symbole und Illustrationen visualisiert und der gesamte Kontext des Phänomens beleuchtet.

* Die Grafik auf der Vorderseite

zeigt das Vorkommen des Tropfen-Icons im Buch, nach Häufigkeit geordnet

746 Anzahl aller Icons dieser Form im gesamten Buch

285

153

83

79

57

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Anzahl aller Icons dieser Farbe im gesamten Buch

“Jedes Bild vermittelt eine Botschaft, wenn nicht sogar eine Geschichte, und kann im weitesten Sinn als eine Erzählung verstanden werden.” Paolo Ciuccarelli

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Narrative Infografiken Daten, Fakten und erz채hlerische Elemente Infografiken zu Politik, Umwelt und Soziales Masterthesis Kommunikationsdesign von Eva Gompper


Impressum Masterthesis an der HS Mannheim Fachbereich: Kommunikationsdesign Bearbeitungszeit: 07.05.2012 - 07.11.2012 Betreuer: Prof. Armin Lindauer Design, Illustration, Layout: Eva Gompper Texte: siehe Quellenangabe Kontakt: Eva Gompper Gustav-Blickle Str.9 72474 Winterlingen mobil: 0152 227 661 56 mail: eva.gompper@gmx.de www.evagompper.de


Inhaltsverzeichnis 08 - 09 Vorwort 10 - 11 12 - 13 14 15 - 17 18 - 23

Geschichte der Infografik Erscheinungsbild der Infografik Sinnhaftigkeit der Infografik Bedeutung der Infografik Werkzeuge für Infografiken

24 - 45 Infografiken Themenfeld Umwelt 26 - 37 Erderwärmung 38 - 45 Wasserverbrauch 46 - 71 Infografiken Themenfeld Soziales 48 - 51 Bildungssituation in Entwicklungsländern 52 - 61 Absolute und relative Armut 62 - 71 Unterernährung 72 - 95 Infografiken Themenfeld Politik 74 - 83 Chronik des Libyen Kriegs 84 - 95 Der Arabische Frühling 96 Quellenindex


Vorwort Wir leben im Zeitalter des user generated contents. Nicht mehr nur Redaktionen und Institutionen stellen riesige Mengen von Informationen zu allen möglichen Themenfeldern bereit, sondern jeder Einzelne selber. Ob in blogs, sozialen Netzwerken oder sites, die ihren Nutzern erlauben alle möglichen Arten von Daten und Informationen hochzuladen und zu teilen, jeder Einzelne trägt im web eine Vielzahl von Daten zusammen. Daten sind der neue Rohstoff. Unendliche Mengen an Informationen sind heute sekundenschnell und über große Entfernungen hinweg abrufbar. Doch Rohdaten an sich sind sperrig und für den normalen User, der nur beschränkte Zeit für Inhalte aufwenden kann, so gut wie wertlos. Die Informationsberge müssen zuerst gefiltert und ausgewertet werden. Daten und Zahlen, die von Bedeutung sind, damit sich der Leser ein Bild über bestimmte

Vorgänge oder Szenarien machen kann, müssen für den Betrachter wieder attraktiv gemacht werden. Infografiken können diese Aufgabe übernehmen, indem sie nicht nur Informationen möglichst effizient vermitteln und dabei großen Wert auf Klarheit, Verständlichkeit und Anschaulichkeit legen, sondern auch indem sie durch mehrere Informationsebenen verschiedene Zielgruppen bedienen. “Der professionelle Umgang mit Daten und Informationen wird eine zentrale Kulturtechnik der kommenden Jahrzehnte sein”, sagt Sandra Rendgen in ‘Information Graphics’. Und doch sind Infografiken keine reine Erscheinung der Neuzeit. Seit Jahrtausenden gibt es schon ein Interesse an der Visualisierung von Daten und Informationen, wie Höhlenmalerein oder die Hieroglyphen beweisen. Obwohl Infografiken Informationen einer breiten Masse verständlich machen kön-8-

nen, gibt es ein althergebrachtes Misstrauen ihnen gegenüber. Auf der einen Seite erwartet man von Infografiken komplexe Probleme in Bilder zu übersetzen, die leicht zu verstehen sind, aber auf der anderen Seite gibt es eine Angst davor, dass ‘schöne Grafiken’ lügen könnten. Narrative Elemente erhöhen das Verständnis. Paolo Ciuccarelli vom Density Design Research Lab in Mailand spricht sich in seinem Essay für eine bessere Vermittlung wissenschaftlicher Forschung in der Öffentlichkeit aus. Wissenschaft und Öffentlichkeit sprächen unterschiedliche Sprachen, so Ciuccarelli. Wenn es darum geht, der Öffentlichkeit soziale oder ökonomische Probleme vor Augen zu führen, genügten eine einfache Visualisierung der Daten nicht, sondern visuelle Instrumente seien vonnöten. Den Schlüssel mit dem sich die Menschen orientieren können, sieht Paolo


Ciuccarelli in narrativen Elementen die in abstrakten Grafiken das Verständnis erhöhen sollen. Durch das Einsetzen von Kommunikationselementen, beschränkt man sich nicht mehr nur auf das Vermitteln bloßer Fakten, sondern es wird der Versuch unternommen, über die reine Veranschaulichung der Daten hinaus zugehen und den gesamten Kontext eines Phänomens zu zeigen. Deshalb, so Ciuccarelli, dürften narrative Elemente nicht als bloßes Beiwerk betrachtet werden, ihnen käme nämlich eine ganz spezifische Rolle zu: sie liefern die Geschichte, die notwendig ist, um den Kontext nachvollziehen und die Daten verstehen zu können. Dazu müsse man aber auch den geschützten Bereich der Forschung verlassen und sich mit Fragen wie ‘Schönheit’ und ‘Vergnügen’ auseinandersetzen.

„Narrative Elemente dürfen nicht als bloßes Beiwerk betrachtet werden, sie spielen eine ganz spezifische Rolle: sie liefern die Geschichte, die notwendig ist, um den Kontext nachzuvollziehen und die Daten zu verstehen.“ Paolo Ciuccarelli

-9-


Umwelt - 24 -


- 25 -


Die Erderwärmung Hintergründe, Ursachen und Folgen Wenn die Emissionen von Treibhausgasen unvermindert ansteigen, könnte sich die globale Mitteltemperatur bis Ende des 21. Jahrhunderts um weitere 2,5 bis 4,1°C erhöhen. Das zeigen Klimasimulationen.

In den USA nimmt die Zahl der KlimaSkeptiker zu: Einer aktuellen Studie des Pew Research Center zufolge, in der 1500 Erwachsene befragt wurden, glauben im Oktober 2009 nur noch 57 Prozent, dass es handfeste Beweise für einen Temperaturanstieg auf der Erde gibt. Im April 2008 glaubten immerhin noch 71% daran. Im selben Zeitraum gibt es auch eine vergleichbare Abnahme der Amerikaner, die zustimmen, dass die Ererwärmung eine Folge menschlicher Aktivitäten ist. [7]

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich die globale erdnahe Temperatur um fast ein Grad erhöht. Während der natürliche Treibhauseffekt eine Abkühlung der Erde verhindert, geht die Mehrheit der Wissenschaftler davon aus, dass die anhaltende Temperaturerhöhung vorwiegend Folge menschlicher Aktivitäten ist.

Legende

Vor allem der Ausstoß von Treibhausgasen ist problematisch. Den Hauptanteil am anthropogenen, also vom Menschen verursachten, Treibhauseffekt hat mit 60 Prozent das Kohlendioxid (CO2). [9]

entspricht ca. 1% der befragten Menschen Erderwärmung als Resultat menschlicher Aktivitäten Erderwärmung als Resultat natürlicher Aktivitäten

Der Eisbär ist zum traurigen Symbol für den Klimawandel geworden

weiß nicht

- 26 -


„Glauben Sie, dass es überhaupt einen festen Beweis für die Erderwärmung gibt?“

April 2008

Oktober 2009

Oktober 2009

April 2008

April 2008

- „ja“

- „nein“

Oktober 2009

- „weiß nicht“

[8]


Treibhausgase und ihr Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt 25-mal so 9 - 15 Jahre

Lachgas (N2O) ist ein Treibhausgas, dessen Treibhauswirksamkeit 298-mal so groß ist wie die von CO2. ca. 114 Jahre

20-300 Jahre

bis zu 14.800-fach stärker klimawirksam als CO2

Schwefelhexafluorid SF6 ist das stärkste bekannte Treibhausgas. Sein Treibhauspotenzial ist 22.800mal so hoch wie das von CO2

Schwefelhexafluorid (SF6) ca. 4-5% Industrie

Distickstoffoxid (N20) ca. 5-6% Landwirtschaft

Verkehr bei Produktion von Treibgas, Kälte- oder Feuerlöschmittel

Industrie ca. 3200 Jahre

Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs) ca.10%

- 28 -

Met


wirksam wie CO2

Name des Gases Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt Entstehung des Gases Treibhauswirksamkeit des Gases im Vergleich zu CO2 Verweilzeit in der Atmosph채re

25

ca. 120 Jahre

Kohlenstoffdioxid (CO2) ca. 60% Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt

han (CH4) ca. 20% Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt

Landwirtschaft

Heizen

Industrie

Verbrennung fossiler Energietr채ger

Verkehr

Industrie

Entstehung durch: - 29 -

[9] + [10]


Die Verschiebung natürlicher Rythmen im Vergleich von vor 100 Jahren und heute früher

Anzahl der Tage

später

Frühlingsbeginn Blattentfaltung in: Europa

entspricht 1Tag

Nordamerika Beginn der Laubfärbung in Europa: in den letzten 30 Jahren in den letzten 50 Jahren

Einfrieren von See- und Flusseis Aufbrechen von See- und Flusseis

- 30 -

[10]


Eine der bereits sichtbaren Folgen der globalen Erwärmung ist das zeitlich veränderte Auftreten der Jahreszeiten in klimatischer Hinsicht

Der Frühling beginnt regional unterschiedlich fast zwei Wochen früher,wie beispielsweise das Wanderverhalten von Zugvögeln zeigt Eine Folge für die Fauna ist die Verschiebung gewohnter Rhythmen. Für bestimmte untersuchte Vogelarten, etwa die Kohlmeise, wurde festgestellt, dass ihre Jungen verstärkt mit Nahrungsproblemen zu kämpfen hatten. Da sich der Lebenszyklus einer als Hauptnahrungsquelle dienenden Raupenart zeitlich nach vorne verlagert hatte und die Vögel mit ihrem Brutverhalten nur teilweise nachfolgen konnten, verlieren die Jungvögel eine wichtige Nahrungsgrundlage.

- 31 -

[10]


Bedeutung der globalen Erwärmung für die Klimate Aus biologischer Sicht am stärksten betroffen werden Tropengebiete sein, weil sie historisch gesehen bislang den geringsten Schwankungen ausgesetzt waren. Ihre Anpassungsfähigkeit wird deshalb als äußerst gering eingeschätzt.

100% der globalen Landfläche

Bis 2100 droht auf bis zu 39 % der globalen Landflächen das Entstehen völlig neuartiger Klimate, vor allem in den Tropen und Subtropen, gefolgt von den Polargebieten und Gebirgen. Auf bis zu 48 % der Landflächen könnten die bisherigen Klimate verschwinden und durch andere ersetzt werden. - 32 -

[10]


Bedeutung der globalen Erwärmung für die Artenvielfalt Tiere wandern mit steigenden Temperaturen zunehmend polwärts. Besonders betroffen sind deshalb Spezies, die in Polargebieten oder auf Bergen leben und keine oder nur begrenzte Ausweichmöglichkeiten besitzen. Eine Studie, die 1.103 Pflanzen- und Tierarten untersuchte, die 20 % der Erdoberfläche abdecken, ergab, dass bei einer

entspricht 1,6% der untersuchten Spezies + 0,8°C

+ 1,7°C

+ 2,0°C

geringen Erwärmung von 0,8 bis 1,7 °C bis 2050 etwa 18 % der untersuchten Spezies aussterben würden. Bei einer mittleren Erwärmung von 1,8 bis 2,0 °C im gleichen Zeitraum würden etwa 24 % aller Arten aussterben und bei einer hohen Erwärmung von über 2 °C wären es hiernach sogar ca. 35 %.

grad celsius Zunahme

18%

24%

35%

...sterben aus

[10]


Bedeutung der globalen Erwärmung für die Meere als CO2-Senke In den Ozeanen ist etwa 50-mal mehr Kohlenstoff enthalten als in der Atmosphäre. Der Ozean wirkt als große Kohlenstoffdioxidsenke und nimmt circa ein Drittel der durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Menge Kohlenstoffdioxid auf.

- 34 -


Über den Zeitraum von Jahrhunderten gerechnet, sind die Ozeane in der Lage, zwischen 65 % und 92 % der anthropogenen CO2-Emissionen aufzunehmen.

Verschiedene Effekte sorgen jedoch dafür, dass mit steigenden Temperaturen und wachsendem atmosphärischem CO2-Anteil die Aufnahmefähigkeit der Meere für Kohlenstoff abnimmt.

Wie weit die Aufnahmefähigkeit sinkt, lässt sich schwer beziffern, dürfte aber bis zum Ende des 21. Jahrhunderts 4 – 15 % betragen. - 35 -

[10]


91% bis 100%

Wasserverbrauch Afrikas mit der Bevölkerung il te An n de en ig Die Zahlen ze änderauswahl) em Trinkwasser (L er ub sa zu ng ga Zu

unter 50% Niger Tschad Nigeria D. R. Kongo Äthiopien

50% bis 75% Sudan Kamerun Zentralafrika Uganda Tansania

Südafrika Botswana Ägypten Tunesien Namibia


Das Verhältnis des Süß- und Salzwassers auf der Erde Salzwasser Süßwasser

Ganze 70,8% der Erdoberfläche sind von Meeren bedeckt. Von den etwa 1,4 Milliarden km³ Wasser auf der Erde sind nur etwa 2,5% Süßwasser. entspricht ca. 0,5% des Wassers auf der Erde [9] - 39 -


Verteilung des Süßwassers Gletscher, ständige Schneedecke bzw. Eis

- 40 -


Grundwasser unter der Erde

Bodenfeuchtigkeit, Sumpfwasser, Dauerfrost und Grundeis

Seen und Flüsse

durch Dämme aufgestautes Wasser

Weltweit werden jährlich rund 4.000 km³ Frischwasser entnommen der größte Teil davon stammt aus erneuerbaren Wasserressourcen wie Flüsse, Seeen und dem Grundwasser.

10% häuslicher Bereich 20% Industrie

70% Agrarsektor

entspricht ca. 0,2% des Süßwassers auf der Erde [9] - 41 -


Die jährliche Wasserentnahme pro Kopf in drei Beispielländern Bei der Wasserentnahme pro Kopf schwankt die jährliche Entnahmemenge zwischen 5.319 m³ im Baumwolle produzierenden Turkmenistan und 6 m³ in der Zentralafrikanischen Republik. Weltweit liegt die jährliche Entnahmemenge bei durchschnittlich rund 600 m³ pro Kopf. Verglichen mit anderenökonomisch entwickelten Staaten lag Deutschland im Jahr 2007 mit einer Wasserentnahme von knapp 400 m³ pro Kopf im unteren Mittelfeld.

virtuelles Wasser WasserFußabdruck Wasserentnahme

Wasser-Fußabdruck = virtuelles Wasser + vor Ort verbrauchtes Wasser

das Wasser, das für die Produktion von Waren und Dienstleistungen entnommen wird Beispiel: Bei einem Apfel, der während der Zucht bewässert und nach der Ernte exportiert wird, wird der Wasserverbrauch dem Land zugerechnet, in dem der Apfel gegessen wird – und nicht dem Land, in dem er gezüchtet wurde.

USA: 1611 m³ pro Kopf

Deutschland: 400 m³ pro Kopf

entspricht ca. 50m³ Wasser - 42 -

China: 487,5 m³ pro Kopf


Der jährliche Wasser-Fußabdruck pro Kopf in drei Beispielländern Ein anderes Bild ergibt sich, wenn das Wasser, das für die Produktion von Waren und Dienstleistungen entnommen wird (‚virtuelles Wasser‘), den Staaten zugerechnet wird, in denen die Waren und Dienstleistungen verbraucht werden.

Die Non-Profit-Organisation ‚Water Footprint Network‘ berechnet den ‚Wasser-Fußabdruck‘ indem das ‚virtuelle Wasser‘ und das vor Ort verbrauchte Wasser addiert werden. Deutschland hat einen jährlichen ‚Wasser-Fußabdruck‘ von 1550 m³ pro Kopf – das entspricht mehr als 4.000 Litern pro Tag. Der allergrößte Teil

dieser 4.000 Liter entfällt auf das ‚virtuelle Wasser‘ der Importe, die Wassernutzung durch Wärmekraftwerke (vor allem Kühlung) sowie den Bergbau und das Verarbeitende Gewerbe. Der unmittelbare personenbezogene Wasserverbrauch in Deutschland lag 2008 bei lediglich 123 Litern pro Einwohner und Tag.

China: 700 m³ pro Kopf

USA: 2500 m³ pro Kopf.

Deutschland: 1550 m³ pro Kopf

entspricht ca. 50m³ Wasser

[9] - 43 -


Die Ursachen der Wasserknappheit Der weltweite Wasserverbrauch in den Jahren 1930 und 2000 und seine Ursachen 1930

2000

weltweiter Wasserverbrauch Weltbevölkerung

Die Knappheit des Wassers wird offensichtlich Mitte dieses Jahrhunderts werden im schlimmsten Fall sieben Milliarden Menschen in 60 Ländern und im günstigsten Fall zwei Milliarden Menschen in 48 Ländern von Wasserknappheit betroffen sein. Trotz der knappen Verfügbarkeit bleiben viele Einsparmöglichkeiten – bessere Bewässerungstechnik, Anbau angepasster Erzeugnisse, achtsames Konsumverhalten und Vermeidung der Trink-

wassernutzung im Agrarsektor – ungenutzt. In Verbindung mit räumlichen und zeitlichen Schwankungen der Wasserverfügbarkeit hat die steigende Wasserentnahme zur Folge, dass Wasser in sehr vielen Nutzungsbereichen knapp wird. Offensichtlich wird diese Knappheit, wenn Flüsse weniger Wasser führen, Seen austrocknen und vielerorts der Grundwasserspiegel sinkt. - 44 -

Trotz der knappen Verfügbarkeit von Süßwasser bleiben viele Einsparmöglichkeiten ungenutzt.


entnommens Frischwasser jährlich: 4.000 km³ erhöhte Wassernachfrage jährlich: 50 km³

globales Abwasser jährlich: 1.500 km³

globale Abwasserbelastung jährlich im schlimmsten Fall *: 12.000 km³

+

Seit dem Jahr 2000 erhöht sich die Bevölkerungszahl jedes Jahr um gut 79 Millionen Menschen. Verbunden mit ökonomischem Wachstum, zunehmender Verstädterung und der Verbreitung von verbrauchsintensiven Lebensstilen erhöht das Bevölkerungswachstum die Wassernachfrage um 50 bis 64 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

Verknappung der Süßwasservorkommen durch Verschmutzung Parallel zur steigenden Entnahme werden die Süßwasservorkommen durch den Klimawandel und die Verschmutzung weiter verringert. Die UNESCO geht davon aus, dass täglich etwa zwei Millionen Tonnen Abfälle in Vorflutern abgelagert werden. Gleichzeitig gelangen nach Angaben der UNESCO in den ökonomisch sich entwickelnden Staaten mehr als 80 Prozent des Abwassers unbehandelt in Flüsse, Seen und Meere.

entspricht ca. 50m³ Wasser

* Unter der Annahme, dass 1 Liter Abwasser 8 Liter Süßwasser verunreinigen kann

1 Kubikkilometer (km³) = 1.000.000.000 Kubikmeter (m³) 1 m³ = 1.000 Liter [9] - 45 -


Soziales - 46 -


- 47 -


Die Bildungssituation in Entwicklungsl채ndern

In Afrika geht jedes Vierte Kind nicht zur Schule.

- 48 -


Die Bildungssituation von Frauen in Entwicklungsländern Frauen in Afrika mit 20 und ihrem ersten Kind

Jungen und Mädchen im Schulalter

ungebildete

mit einer höheren Bildung

Bildung gehört zu den Faktoren, die entscheidend dazu beitragen, dass junge Frauen erst später ihr erstes Kind bekommen. Frauen, die eine Grundbildung erhalten haben, laufen seltener Gefahr, ungewollt schwanger zu werden und bekommen insgesamt weniger Kinder.

allgemein besuchen Schule besuchen keine Schule

Schulbildung in Jahren

Geschlechterverhältnis

Die Bildung von Mädchen und Frauen ist nach Angaben der Weltbank die einflussreichste Einzelinvestition in Entwicklungsländern [11]

Jahr

Jahr

Insgesamt erhalten junge Frauen heute zwar mehr Schulbildung als noch in der Generation ihrer Mütter. Weltweit sind Mädchen jedoch auch weiterhin

Weltweit können rund 759 Millionen Jugendliche über 15 Jahren und Erwachsene nicht lesen und schreiben

beim Zugang zu Schulbildung gegenüber Jungen deutlich benachteiligt – auch wenn sich die Kluft langsam zu schließen beginnt. - 49 -


Jungen und Mädchen im Schulalter

72 Millionen Kinder weltweit im Grund­ schul­alter, die keine Schule besuchen

entspricht 720 000 Jungen entspricht 720 000 Mädchen

Asien

In der Hälfte der Länder Subsahara-Afrikas und Süd- und Westasiens bricht fast jedes dritte Kind die Grundschule vor dem Abschluss ab

SubsaharaAfrika

davon leben in von Konflikten betroffenen Ländern

Afrika ist der Kontinent mit dem insgesamt niedrigsten Bildungsstand, bei Jungen wie bei Mädchen.

- 50 -


In Afgha­ni­stan ist nur jedes dritte Schulkind ein Mädchen Jungen und Mädchen die eine höhere Schule besuchen

In Afrika geht jedes Vierte Kind nicht zur Schule

Afrika 2004

Afrika 1980

Jungen und Mädchen im Schulalter allgemein besuchen Schule besuchen keine Schule - 51 -

[11]


Absolute und relative Armut

Armut bezeichnet primär den Mangel an lebenswichtigen Gütern (beispielsweise Nahrung, Obdach, Kleidung), im weiteren und übertragenen (metaphorischen) Sinn allgemein einen Mangel. Ein Merkmal für Armut ist typischerweise das Haushaltseinkommen, obgleich häufig damit die mangelnde Ausstattung mit wirtschaftlichen Ressourcen gemeint ist. Armut ist ein soziales Phänomen: Dabei wird „Armut“ als Zustand gravierender sozialer Benachteiligung mit der Folge einer „Mangelversorgung mit materiellen Gütern und Dienstleistungen“ verstanden. In dieser Form wird sie in Mythologie und Sage, in den Künsten und wissenschaftlich behandelt. Grundsätzlich wird zwischen absoluter und relativer Armut unterschieden:

Verallgemeinert bezeichnet dieabsolute Armut einen Zustand, in dem die Grundversorgung nicht gegeben ist. Dies betrifft alle Haushalte, in denen das gewichtete Einkommen unter 2 US-Dollar (Kaufkraft) pro Tag und Kopf liegt. Von extremer Armut wird gesprochen, wenn das gewichtete Haushaltseinkommen weniger als 1,25 US-Dollar (Kaufkraft) pro Tag und Kopf beträgt. - 52 -

Von relativer Armut sind Personen betroffen, deren Einkommen unter der jeweiligen Armutsschwelle liegt – beispielsweise liegt diese Schwelle in Deutschland bei 60 Prozent des mittleren Einkommens. Dabei berücksichtigt die Einkommensberechnung sowohl die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen als auch die Einspareffekte, die durch das Zusammenleben entstehen.


Die Einkommen werden also gewichtet. Die erste Form ist heute in Industriestaaten seltener, dominiert aber die Situation in Schwellen- und Entwicklungsländern. In diesen kann es im Extremfall vorkommen, dass eine Person zwar absolut, nicht aber relativ arm ist. Die zweite Form betrifft definitionsbedingt in praktisch jedem Staat einen Teil der Bevölkerung.

Bezogen auf die Einkommensgrenze von zwei US-Dollar stieg die Zahl der Armen zunächst von gut 2,5 Milliarden Anfang der 1980er-Jahre auf knapp 2,9 Milliarden Ende der 1990er-Jahre. In den Folgejahren reduzierte sich die Zahl der Personen mit einem Einkommen von weniger als 2 US-Dollar und erreichte im Jahr 2005 mit 2,56 Milliarden in etwa das Niveau von 1981.

Allerdings hat sich die Zahl der extrem Armen in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich entwickelt. In der Region Ostasien und Pazifik sank die Zahl der Personen, die in Haushalten mit einem Einkommen von unter 1,25 US-Dollar pro Tag und Kopf leben, von 1,07 Milliarden auf 316 Millionen.

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Bezogen auf die Zahl der Personen, die in Haushalten mit einem Einkommen von unter 2 US-Dollar pro Tag und Kopf leben, ist Ostasien und Pazifik die einzige Region, in der die Armut zwischen 1981 und 2005 zurückging (minus 549 Mio. Menschen). China hatte dabei wiederum den größten Anteil (minus 498 Mio.). [9]


Verteilung der Einkommensschwachen auf die relevanten Regionen + 83%

2005

1981 subsaharisches Afrika

Legende

Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen: 212 Mio.

entspricht ca. 100 Mio. Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen

Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen: 294 Mio.

entspricht ca. 100 Mio. Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen

- 54 -

subsaharisches Afrika Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen: 388 Mio. Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen: 556 Mio.


+ 8,8%

1981

2005

Indien

Indien

Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen: 420 Mio.

Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen: 456 Mio.

Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen: 609 Mio.

Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen: 828 Mio.

[9] - 55 -


Legende entspricht ca. 100 Mio. Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen entspricht ca. 100 Mio. Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen

- 75,1%

1981

China

2005

Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen: 835 Mio. Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen: 972 Mio.

China

Personen in Haushalten unter 1,25 US-Dollar Einkommen: 208 Mio. Personen in Haushalten unter 2 US-Dollar Einkommen: 474 Mio. [9]

- 56 -


2008

2010

Anzahl der Milliardäre weltweit Parallel zu den Bevölkerungsteilen, die in Armut leben, finden sich sowohl in armen als auch in reichen Staaten extrem reiche Personen. Laut Forbes stieg das Nettovermögen der Milliardäre weltweit von Anfang 2005 bis Anfang 2010 um gut 60 Prozent auf mehr als 3,5 Billionen US-Dollar. Die Zahl der Personen, die über ein Vermögen von mehr als einer Milliarde US-Dollar verfügen, erhöhte sich in nur 25 Jahren von 140 auf 1.011. Allein von 2009 auf 2010 kamen 218 Milliardäre hinzu. Allerdings war die Zahl der Milliardäre vor der globalen Wirtschaftskrise noch höher: Anfang 2008 erreichte sie mit 1.125 Milliardären ihren bisherigen Höchstwert. Die zehn reichsten Personen der Welt hatten 2010 ein Vermögen von rund 340 Milliarden

2009

entspricht ca. 10 Milliardären

1985

[9] - 57 -


Verteilung des WeltBruttoinlandsprodukts 2007 Neben der Ungleichheit innerhalb der Staaten konnten die höheren Wachstumsraten der ökonomisch sich entwickelnden Staaten auch die Ungleichheit zwischen den Staaten und Regionen bisher nicht aufheben: Während im Jahr 2007 auf die EU 30,9 Prozent und auf die USA und Kanada 28,1 Prozent des Welt-Bruttoinlandsprodukts (Welt-BIP) entfielen, hatte ganz Afrika lediglich einen Anteil von 2,3 Prozent. Die Anteile Südamerikas bzw. Mittelamerikas und der Karibik waren mit 4,4 bzw. 2,1 Prozent ebenfalls gering. In Asien entfielen zusammen 9,8 Prozent des Welt-BIP auf Japan und Südkorea und 13,0 Prozent auf die anderen Staaten Asiens. In diesen anderen Staaten Asiens lebten 2007 allerdings mehr als zwanzigmal so viele Menschen wie in Japan und Südkorea (53,6 gegenüber 2,6 Prozent der Weltbevölkerung).

Die Berücksichtigung der Kaufkraft verändert den Abstand zwischen reichen und armen Staaten deutlich, aber nicht grundlegend: Der Anteil am WeltBIP sinkt dadurch bei den Staaten mit einem hohen Einkommen von 74 auf 58 Prozent (2007). Bei den Staaten mit mittleren bzw. niedrigen Einkommen steigt der Anteil am Welt-BIP von 24,5 auf 39 Prozent bzw. von 1,5 auf 3 Prozent. - 58 -


Die Berücksichtigung der Kaufkraft verändert den Abstand zwischen reichen und armen Staaten deutlich, aber nicht grundlegend.

BIP und Länder entspricht ca. 1% des Welt-BIPs EU USA + Kanada Afrika Südamerika Mittelamerika + Karibik Japan + Südkorea andere Staaten Asiens Russland und Naher Osten wurden bei Erhebung nicht beachtet [9] - 59 -


Verteilung der Armen in Südasien und Subsahara-Afrika

Legende entspricht 2,5% der Bevölkerung die ausreichend oder gut verdient entspricht 2,5% der Bevölkerung die in Armut lebt entspricht 2,5% der Bevölkerung die in extremer Armut lebt

Dass die Gesamtzahl der in Armut lebenden Menschen trotzdem nicht gesunken ist, liegt daran, dass sich gleichzeitig die Zahl der Armen in Südasien um 293 Millionen (plus 36,7 Prozent) und im subsaharischen Afrika um 262 Millionen (plus 89,1 Prozent) kontinuierlich erhöht hat. - 60 -

Sowohl in Südasien als auch im subsaharischen Afrika lebten 2005 knapp drei Viertel der Bevölkerung in Armut. Dabei lebte im subsaharischen Afrika sogar jeder Zweite in extremer Armut, in Südasien waren es gut 40 Prozent der Bevölkerung. [9]


Von Armut Gefährdete in Deutschland im Jahr 2007

Legende entspricht ca. 2% der Bevölkerung von Armut gefährdet nicht von Armut gefährdet

ohne Sozialleistungen Auch wenn die Grundversorgung der Bevölkerung in den ökonomisch entwickelten Staaten weitestgehend gesichert ist, sind sie nicht frei von Armut. In den ökonomisch entwickelten Staaten gelten die Personen als armutsgefährdet bzw. arm, deren Einkommen

unter der jeweiligen Armutsschwelle liegt. So waren beispielsweise in den USA nach Angaben des U.S. Department of Labor bzw. des U.S. Bureau of Labor Statisitics im Jahr 2008 knapp 40 Mio. Personen arm. In Deutschland lag die Armutsgefährdungsquote im

mit Sozialleistungen

Jahr 2007 bei 15 Prozent. Im Gegensatz zu den ökonomisch sich entwickelnden Staaten haben die reicheren Staaten aber die Möglichkeit, die Armut durch Sozialleistungen zu verringern: Vor dem Transfer von Sozialleistungen (ohne Renten und Pensionen)

lag die Armutsgefährdungsquote in Deutschland im Jahr 2007 bei 24 Prozent und damit 9 Prozentpunkte höher als ohne die Transferleistungen.

[9] - 61 -


Unterernährung – Ursachen, Folgen und Verteilung Im Zeitraum 2010-2012 waren 868 Millionen Menschen weltweit chronisch unterernährt, wie aus dem Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hervorgeht, das entspricht jedem Achten.

Jeder Achte ist unterernährt


Der Teufelskreis aus Hunger und Armut Armut und Hunger halten die betroffenen Menschen oft in Armutsfallen gefangen. Unterernährung führt zu niedriger Arbeitsleistung, Krankheitsanfälligkeit, geringer Produktivität und niedrigem Einkommen, was wiederum Armut und Hunger nach sich zieht. Es herrscht weitgehend Übereinstimmung, dass die Welt ausreichende Ressourcen hat, um die notwendige Nahrung auch für die wachsende Weltbevölkerung zu produzieren. Voraussetzung ist, dass die Möglichkeiten des technischen Fortschritts genutzt werden und die notwendigen Veränderungen in der Politik und im menschlichen Verhalten erfolgen. Derzeit ist die Welternährungslage inakzeptabel schlecht.

[12] - 63 -


Die Vererbung des Teufelkreises Unterernährte Mütter bringen untergewichtige Kinder zur Welt, die bei weiterer unzureichender Ernährung ihr geistiges und physisches Potential nicht voll entwickeln können und so wieder in Armut verfallen. Besonders schwerwiegend ist die chronische Unterernährung bei Kindern. Heute sind 160 Millionen Kinder chronisch unterernährt. Ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten ist geschwächt. Ihre Lernfähigkeit und ihr Entwicklungspotential sind schon so verringert, dass sie viel geringere Chancen haben, aus dem Teufelskreis von Hunger und Armut auszubrechen.

Noch immer leiden über 800 Millionen Menschen unter unzureichender Nahrungsversorgung: Sie hungern. Das sind zahlenmäßig mehr als die gesamte Bevölkerung Europas und Nordamerikas. [12] - 64 -


Der Teufelskreis aus Hunger und Umweltzerstörung Die in vielen Situationen beobachteten Wechselwirkungen zwischen Ernährungsunsicherheit und natürlichen Ressourcen lassen sich etwas verkürzt auf eine einfache Formel zurückführen: Hunger produziert Umweltzerstörung und Armut, und Umweltzerstörung verursacht Hunger. Bei rasch wachsender Bevölkerung kann dies zu einem sich selbst verstärkenden Teufelskreis werden. Ernährungssicherheit ist gegeben, wenn alle Mitglieder einer Gesellschaft jederzeit Zugang zu qualitativ und quantitativ ausreichenden Nahrungsmitteln haben. Diese generell akzeptierte Definition umfasst sowohl die ausreichende mengenmäßige Versorgung mit Nahrungsenergie (Kilokalorien (kcal) pro Person) als auch eine ausgewogene Diät mit der not-wendigen Versorgung an Vitaminen und Mikronährstoffen.

[12] - 65 -


Es ist schwer zu bestimmen, wie groß der Zusammenhang zwischen den globalen sozialen Problemen und der Globalisierung ist. Für viele soziale Probleme finden sich Ursachen auf lokaler Ebene und auch der Einfluss nationalstaatlicher Entscheidungen ist groß. Fest steht jedoch: Auch ein geographisch klar einzugrenzendes Problem kann ein globales Problem darstellen. Dies gilt vor allem, wenn angemessene Lösungen nur auf globaler Ebene gefunden werden können. Von den globalen Problemen ist das

größte soziale Problem die Unterernährung bzw. der Hunger. Laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stirbt etwa alle 3,5 Sekunden ein Mensch an den Folgen von Hunger und Unterernährung – das sind mehr als zehn Millionen Menschen pro Jahr. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Kinder, die nicht einmal ihr fünftes Lebensjahr vollendet haben. An Hunger bzw. Unterernährung leiden mehr Menschen als an AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen. - 66 -

An Hunger leiden mehr Menschen als an AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen. [9]


Anzahl der Hungernden weltweit höchster Stand seit 1970!

Legende entspricht 10 Mio. hungernden Menschen

1995

2005

2007 - 67 -

2009

Nachdem die Zahl der Unterernährten in den 1970er- und 1980er-Jahren gesunken war, hat sich der Trend seit Ende der 90er-Jahre umgekehrt. Nach Angaben der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) lag die Zahl der Unterernährten Mitte der 1990er-Jahre bei 825 Millionen. Zehn Jahre später hungerten 870 Millionen Menschen. Vor allem durch die bis 2008 massiv gestiegenen Nahrungsmittelpreise wuchs die Zahl der Hungernden auf 920 Millionen im Jahr 2007 und weiter auf 1,02 Milliarden im Jahr 2009. [9]


Verteilung der Hälfte aller Hungernden auf drei Staaten Legende entspricht ca. 1% aller hungernden Menschen

China Von den 1,02 Milliarden Hungernden lebten 63,1 Prozent in der Region Asien-Pazifik, 26,1 Prozent im subsaharischen Afrika, 5,2 Prozent in Lateinamerika und der Karibik, 4,1 Prozent im Nahen Osten und Nordafrika sowie 1,5 Prozent in den ökonomisch entwickelten Staaten. Im Zeitraum 2004 bis 2006 lebte laut der FAO knapp die Hälfte aller hungernden Menschen in nur drei Staaten: Indien (28,8 Prozent), China (14,6 Prozent) und der Demokratischen Republik Kongo (5 Prozent). Weiter lebte ein Sechstel aller Hungernden in Bangladesch, Indonesien, Pakistan und Äthiopien.

Indien

2004 bis 2006 lebte knapp die Hälfte aller hungernden Menschen in nur drei Staaten: Indien, China und der Demokratischen Republik Kongo

DR Kongo

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Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung 2004 - 2006

Legende entspricht ca. 1% aller hungernden Menschen entspricht ca. 1% aller nicht hungernden Menschen

2009 Trotz der steigenden Anzahl an Hungernden ist der Anteil der hungernden Menschen an der Weltbevölkerung lange Zeit rückläufig gewesen, da die Weltbevölkerung noch stärker zunahm als die Zahl der Hungernden. Wie stark sich die Anzahl der hungernden Menschen in den letzten fünf Jahren erhöht hat, wird vor allem daran deutlich, dass auch der Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung gestiegen ist: Nach Angaben der FAO stieg dieser von 13 Prozent im Zeitraum 2004 bis 2006 auf 15 Prozent 2009. Viele Menschen in den ökonomisch sich entwickelnden Staaten haben keine Möglichkeit, sich ausgewogen zu ernähren. Grundnahrungsmittel wie Reis, Mais oder Weizen enthalten zwar genug Energie, aber nicht das ganze Spektrum an Nährstoffen, die ein Mensch benötigt. Mangelernährung wird deshalb oft als ‚versteckter Hunger‘ bezeichnet. Laut der WHO ist in den konomisch sich entwickelnden Staaten jeder Dritte von Vitamin- und Mineralstoffmangel betroffen. [9] - 69 -


Die entscheidenden Faktoren für Hunger

Hunger und Mangelernährung sind nicht primär die Folge von Naturkatastrophen oder bewaffneten Konflikten. Solche Krisen verursachen nur zehn Prozent des Hungers in der Welt. In den meisten Fällen ist Hunger strukturell bedingt. Die entscheidenden – häufig miteinander zusammenhängenden – Faktoren sind laut BMZ:

Armut, denn Hunger ist in erster Linie kein Produktions- sondern ein Einkommensproblem.

schlechte politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen durch eine hohe Verschuldung, Korruption sowie ausbleibende Investitionen in den Bereichen Landwirtschaft, Bildung, Gesundheit und Infrastruktur.

Geld bewaffnete Konflikte, die insbesondere bei Flüchtlingen zu Nahrungsmangel führen. Zudem werden Boden, Luft und Wasser verschmutzt und die Infrastruktur zerstört. Minen und Blindgänger behindern noch Jahrzehnte nach einem Krieg die Feldarbeit und den Wiederaufbau.

Krieg + Krankheit

der mangelhafte Gesundheitszustand vieler Menschen, der Arbeitskraft und Wissen entzieht und gleichzeitig den Nährstoffund Energiebedarf steigert. Insbesondere AIDS verschärft das Problem der ausreichenden Versorgung mit Nahrungsmitteln.

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die Umweltzerstörung: Die Nahrungsmittelproduktion ist durch Schädigung von Ackerflächen (Überweidung, falsche Bewässerung, ungeeignete Anbaumethoden) sowie durch die fortschreitende Wüstenbildung in den Trockenzonen gefährdet. Jährlich werden etwa 12 Millionen Hektar Land endgültig zerstört.

der Klimawandel bzw. die Verschiebung von Regenzeiten oder sogar Klimazonen sowie die Verringerung von Niederschlagsmengen. Insbesondere das überlieferte bäuerliche Wissen verliert in Zeiten des Wandels an Wert.

Umwelt

unklare Bodenrechtsverhältnisse und ungleiche Verteilung des Bodens. Hinzu kommt das sogenannte ‚Land Grabbing‘Problem: Private Investoren aus den ökonomisch entwickelten Staaten und den Schwellenländern, aber auch staatliche Akteure, sichern sich mittels langfristiger Pacht- oder Kaufverträge große Agrarflächen in den ärmeren Staaten, um dort Nahrungsmittel oder Energiepflanzen (Biosprit) für den Export anzubauen.

Wirtschaft

Naturkatastrophen (Vulkanausbrüche, Erdbeben, Stürme und Überschwemmungen), die Felder und Ernten zerstören können. Die Produktivität der kleinbäuerlichen Betriebe ist dadurch oft über Jahre eingeschränkt. Wird durch eine Naturkatastrophe eine Wirtschaftskrise ausgelöst, kann sie auch in städtischen Gebieten zu sinkenden Einkommen und zu Hunger führen.

unzureichender Zugang zu produktiven Ressourcen (zum Beispiel Maschinen oder Dünge- und Pflanzenschutzmittel).

Protektionismus der ökonomisch entwickelten Staaten, insbesondere für Agrarprodukte. Zudem wird häufig versucht, durch nicht-tarifäre Handelshemmnisse (vor allem Produktstandards, Quotenregelungen und Marktzugangsgenehmigungen) den Marktzugang zu erschweren. die Nutzung von Agrarflächen für die Kraftstoffproduktion. Einerseits wird hierdurch die Anbaufläche für Nahrungsmittel verringert, andererseits beschleunigt die zunehmende Biokraftstoffproduktion die ohnehin steigenden Nahrungsmittelpreise.

unfaire Wettbewerbsbedingungen aufgrund von Agrarsubventionen der ökonomisch entwickelten Staaten. Die Subventionen reichen zum Teil soweit, dass sie in den ärmeren Staaten heimische Produkte verdrängen. [9] - 71 -


Quellenindex [1]

Buch: ‘Information Graphics’, Julius Wiedemann, Taschen Verlag

[2]

tobiaskut.de

[3]

pixelpipe.de

[4]

b-i-t-online.de

[5]

netzwertig.com

[6]

selection.datavisualization.ch

[7]

spiegelonline.de

[8]

PewResearchCenter Publications

[9]

Bundeszentrale für politische Bildung im web: bpb.de

[10] wikipedia.de [11] Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im web: bmz.de [12] berlin-institut.org


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