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Abgestuft: Reform der Energielabel kommt – neue Regeln für Elektrogeräte, Leuchtmittel, TVs und andere Produkte

ABGESTUFT

Energiesparen ist angesagt. Das unterstützen die Energieeffizienzlabel auf Elektrogeräten, Leuchtmitteln, T Vs und vielen anderen technischen Produkten. Demnächst werden die Regeln schär fer, um noch mehr Strom zu sparen. Wir zeigen, was mit den neuen Energielabeln

auf uns zukommt.

Foto: BSH In der Einstufung von Kühlgeräten ändert sich nicht nur die Bewertung, sondern auch ein Teil der Messmethoden, weshalb die Verbrauchswerte in kWh pro Jahr beim selben Modell steigen können.

Der globale CO2-Ausstoß muss sinken, also bleibt uns keine andere Möglichkeit, als mit der wertvollen Ressource „Energie“ sparsamer umzugehen. Dafür gibt es unzählige Bereiche und Ansatzpunkte. Im Haushalt etwa verbrauchen jede Menge Geräte Strom. Der kommt zwar zu einem immer größeren Anteil aus erneuerbaren Quellen wie Photovoltaik oder Windkraft und wird damit klimafreundlicher. Andererseits steigt der Gesamtbedarf an Strom, da Elektroautos und elektrische Wärmepumpen als neue, besonders hungrige Verbraucher dazukommen.

Strom gilt als der Energieträger der Zukunft. Experten sprechen deshalb bei der Energiewende auch vom Übergang in die „All Electric Society“ und schätzen, dass der Strombedarf weltweit bis 2050 auf das Vier- bis Fünffache steigen wird. Das ist kein echtes Horror-Szenario, denn Sonne und Wind liefern weltweit rund um die Uhr Energie. Man muss sie nur ernten, transportieren, speichern und schlau verteilen. Dabei zählt jede gesparte Kilowattstunde, um künftig mit Strom auch Häuser heizen, Autos bewegen oder Wasserstoff herstellen zu können.

Die Europäische Union gibt schon seit Jahren den Takt an, um technische Produkte effizienter zu machen – und dies zu kommunizieren. In fast allen Lebensbereichen zeigen die sogenannten Energieeffizienzlabel Verbauchern an, ob ein Produkt besonders sparsam ist oder nicht. Die Label sollen zugleich die Hersteller antreiben, mehr Entwicklungspower in die Effizienz zu setzen als etwa in immer stärkere und schnellere Produkte. Zunächst für Haushaltsgeräte gestartet, gibt es heute Energielabel auch für Leuchtmittel, TV-Geräte und PC-Monitore. Und neben elektrischen Geräten werden auch Heizungsanlagen (siehe Kasten rechts) und ganze Häuser in Energieklassen bewertet – typischerweise von A bis G. Durch immer sparsamere Produkte wurde diese Klassifizierung in den letzten Jahren um Plus-Zeichen erweitert, sodass die sparsamsten Geräte heute ein A+++ tragen dürfen. Unter Haushaltsgeräten ist dies so weit verbreitet, dass man im Laden bisweilen vor lauter Plus-Zeichen die Geräte kaum mehr sieht.

Zum 1. März 2021 reformiert die EU diese Energielabel für elektrische Verbraucher und stuft diese ganz neu ein. Künftig gibt es nur noch die

HE IZ- L A BEL

Auch für Heizungsanlagen gibt es ein Energielabel. Da man die aber nicht aus dem Karton nimmt, anschließt und einschaltet, funktioniert die Label-Vergabe hier etwas anders. Für jede Heizungsinstallation („Verbundanlage“) wird das Effizienzlabel einzeln aus den verschiedenen Komponenten wie Wärmeerzeuger, Wärmespeicher, möglicher regenerativer Erzeugungsanlage und der zugehörigen Steuerungstechnik errechnet. Dafür bietet der Branchenverband für die Gebäudetechnik auf der Webseite www.heizungslabel.de ein Eingabeformular für die verschiedenen Komponenten und Dimensionen der Anlage an. Gängige Geräte sind dort mit allen Details in einer Datenbank hinterlegt. Aus den Angaben wird automatisch das Effizienzlabel für die jeweilige Anlage erstellt – auch als Teil des Angebots für eine Heizung.

Auch Geschirrspüler werden mit neuen Energielabel-Werten eingestuft. Die Angabe für den Energiebedarf bezieht sich künftig nicht mehr auf einen fiktiven Jahreswert, sondern auf 100 Spülgänge. Das ist näher an der Praxis.

Eine typische LED-Glühbirne wie dieses 4,3-WattModell von Philips ersetzt eine klassische 40 Watt Glühbirne. Sie erzeugt pro Watt Eingangsleistung 109 Lumen Lichtstrom. Heute ergibt das die Effizienzklasse A++, künftig Klasse D. Klassen A bis G. Mit den vielen Plus ist Schluss, und die Bewertungen werden strenger. Mehr noch: Das zuständige EU-Komissariat für Energie gab vor, dass die beiden Klassen A und B in allen betroffenen Kategorien zunächst leer bleiben sollen, als eine Art Effizienz-Reserve für künftige, noch sparsamere Innovationen.

Auf dieser Basis machten sich Arbeitsgruppen daran, die einzelnen Gerätegruppen neu zu bewerten. Die Ergebnisse sind in den Beispielen unten zu sehen. Heutige A+++-Hausgeräten etwa landen tatsächlich überwiegend in den Klassen C und D. Damit gelten sie als durchschnittlich effizient und haben folglich noch Luft nach oben. Das gilt auch für LED-Leuchtmittel, allerdings noch etwas krasser: Die Skala geht bisher nur bis A++, wobei nur wenige, sehr sparsame Leuchtmittel diese Bewertung erreichen. Typische Supermarkt-LED-Birnen wie auch die smarten Leuchtmittel von Philips Hue tragen meist die Bewertung A+. Diese üblichen Glühbirnen rutschen künftig in Richtung E (orange) und F (hellrot), nur die allersparsamsten Leuchtstoffröhren-Ersatzlampen schaffen es aus A++ in die Klasse C. Die Einstufung erfolgt anhand der sogenannten Lichtausbeute in Lumen pro Watt (lm/ W). Dabei hat es die LED-Technik in den letzten Jahren schon geschafft, die Effizienz von Leuchtmitteln massiv zu steigern: Eine Glühbirne lieferte rund 20 lm/ W, gute LED-Glühbirnen holen aus der selben Menge Strom vier bis fünf Mal so viel Licht heraus. Einen der besten Werte liefern LED-Röhren mit über 170 lm/ W (siehe unten). Dieses Modell landet künftig in Klasse C. Für die neue Klasse A müsste ein LED-Leuchtmittel mindestens 210 lm/ W leisten –eine solche Lichtquelle ist bisher höchstens unter Laborbedingungen machbar.

Die dickste Kröte müssen aber Flat-TVs schlucken. Hier ist das Gros der Geräte heute in Klasse A eingestuft. Einige wenige, wie der unten gezeigte LED-LCD-TV von Samsung schaffen es in die Effizienzklasse A+ – 116 Watt Stromverbrauch satten 1,63 Metern Bilddiagonale. Dieses und fast alle anderen Geräte, egal ob aus Klasse A oder A+, landen ab März 2021 in der Effizienzklasse G. Unabhängig von der Bildgröße: Auch ein aktueller 32-Zoll-TV (80 cm Diagonale) mit 39 Watt Verbrauch landet künftig in Klasse G. Um in die Energieklasse A zu kommen, dürfte er

Foto: Signify

Das effizienteste Leuchtmittel von Philips, die Light-Tube als Ersatz für Leuchtstoffröhren, hat eine Lichtausbeute von 172 Lumen /Watt. Das reicht künftig für Klasse C. Noch effizienter wird‘s richtig teuer.

Der 2,3 Tonnen schwere Porsche Cayenne e Hybrid verbraucht 22 kWh Strom und 2,5 Liter Super pro 100 km – und kommt elektrisch gar nicht so weit. Dennoch trägt er das Effizienzlabel A+.

noch 11,2 Watt verbrauchen. Diese Leistung benötigt Stand heute allein seine Elektronik – ohne, dass auch nur ein Pixel leuchtet. Auch bei den TV-Geräten wurden durch den Einsatz von LEDBeleuchtung in den letzten Jahren bereits große Fortschritte erzielt.

Im Kontrast dazu steht das Energielabel für Autos. Hier kommt ebenfalls eine neue Regelung, die große, schwere Autos mit Verbrennungsmotoren schlechter bewerten soll. Heute wird der CO2-Ausstoß im Verhältnis zum Fahrzeuggewicht bewertet, was tonnenschwere SUVs gegenüber Kleinwagen bevorzugt. Das wollen zumindest Teile der Label-Macher aus den Ministerien für Umwelt, Wirtschaft und Verkehr in Berlin ändern.

Foto: Porsche

Nichts ändern wird sich aber laut Mobilitätsexperte Carsten Bamberg von der Deutschen Energieagentur (DENA) an einer anderen Sonderbehandlung von Autos: Sie werden nicht nach ihrem Energieverbrauch eingestuft, sondern nur aufgrund ihres CO2-Ausstoßes. Elektroautos landen also automatisch in der besten Energieklasse – egal, ob sie 12, 15 oder 22 kWh Strom pro 100 Kilometer schlucken. Autos bekommen also kein Energielabel, sondern ein CO2-Label, das zudem nur die lokalen Emissionen erfasst. Woher die Unterschiede kommen? Die strengen Energielabel für Hausgeräte, Lampen und TVs wurden in Brüssel EUweit verabschiedet, das CO2-Label für Autos entsteht in Berlin – für Deutschland. rot ❚

LCD-TVs mit LED-Rückbeleuchtung gelten heute als sparsamste Fernsehgeräte. Dieses Modell hat satte 163 cm Bilddiagonale und benötigt im Betrieb 116 Watt. Das Gerät wird – wie fast alle anderen aktuellen Flat-TVs – künftig in die schlechteste Kategorie „G“ rutschen.

T Vs Marke „Umweltsau“ von Reinhard Otter Ich freue mich, dass meine Tochter fürs Klima auf die Straße geht und möchte da nicht nachstehen. Dazu gehört, dass ich meinen Carbon- Footprint verbessern und dies bei Kaufentscheidungen auch nachvollziehen möchte. Gar nicht so einfach, denn 2,3 Tonnen bewegtes Blech mit Hybridaggregat fahren in der Effizienzklasse „A+“, während sparsame LEDGlühbirnen mit ihren 4 bis 6 Watt (Öko-)Stromverbrauch künftig statt „A++“ in die Effizienzklasse „E“ oder „F“ abrutschen. Wer erklärt das meiner Tochter? Ich kann es nicht. Quatsch ist auch, dass ab März 2021 fast alle aktuellen LED-TVs über Nacht vom „Sparfuchs“ (A+) zur „Umweltsau“ (G) mutieren. Keine Frage, das grassierende A+++-Einerlei bei Hausgeräten gehörte längst reformiert. Auch die erklärte Absicht der EU-Komission, die Klassen A und B für künftige Innovationen frei zu halten, ist aller Ehren wert. Dann aber bitte in allen Produktgruppen ähnlich und nicht ein Mal mit dem Holzhammer (TV) und ein anderes Mal mit Samthandschuhen (Autos). Auch bei ihnen bleibt der Anspruch: Die sauberste Energie ist die, die gar nicht gebraucht wird – egal ob Diesel oder Strom.

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