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TNT
Torino Nice Tour
Michi und ich sitzen im Zug, der uns zurück nach Turin bringt, und ich kann ihm wirklich nur beipflichten: Alles kommt anders als geplant, schon vom ersten Tag an ...
Ich schwitze aus allen Poren. Vor etwa einer Stunde haben die ersten Wadenkrämpfe begonnen. Ich habe sie erfolgreich ignoriert, doch nun macht sich auch die Erschöpfung bemerkbar. Das schwindende Tageslicht reicht kaum noch aus, den geschotterten Pfad von der nicht minder steinigen Umgebung zu unterscheiden. Ich beginne zu begreifen, dass wir das uns gesteckte Tagesziel wohl nicht mehr erreichen werden. Der erste Tag unserer „Torino Nice Tour“ neigt sich dem Ende entgegen. Als Vorlage für unsere Tourenplanung haben wir die bei „Komoot“ zu findende Torino-Nice-Rally genutzt, die im letzten Jahr bereits zum sechsten Mal stattfand. Da wir unseren Urlaub nicht auf dieses Event hin planen konnten, haben wir beschlossen, die Tour in Eigenregie nachzufahren. Dank GPS und Co ist das ja möglich. Eigentlich wollten wir diesmal keine Campingklamotten einpacken, um uns mit relativ leichtem Gepäck auf die vielen schotterigen Anstiege zu konzentrieren und die rumpeligen Abfahrten zu genießen.
Die Gravelbikes werden nur mit dem Allernotwendigsten beladen: Warme Sachen für die Passüberquerungen – im September fällt die Temperatur hier schon mal unter den Gefrierpunkt. Ein paar Riegel und reichlich Wasser als Wegzehrung. Ein bisschen Electronics zur Tourenplanung. Nur je eine Arschrakete, eine Lenkerrolle und eine Rahmentasche, das muss für diese Tour genügen. Der Fahrspaß steht im Vordergrund.
Im buchstäblich letzten Moment kommt uns der Gedanke, doch wenigstens Schlafsack und Isomatte einzupacken, um für ein Notquartier gerüstet zu sein, sollten wir uns wirklich einmal verschätzen. Und dieser Umstand kommt uns nun schon am ersten Tag zu Gute. Die Sonne ist bereits untergegangen. Nun heißt es, in der kargen Landschaft eine behelfsmäßige Überdachung zu finden. Noch ein bisschen weiter vielleicht, hinter der nächsten Biegung, nach der nächsten Kuppe –irgendwo wird sich schon etwas finden. Gerade wollen wir aufgeben und zu der kleinen Ruine zurückrollen, die wir vor einer halben Stunde passiert haben. Vorhin schien sie uns noch ungeeignet, doch mittlerweile ordnen sich unsere Ansprüche der fortschreitenden Erschöpfung unter.
Unsere Torino Nice Tour In Zahlen
Knapp 700 km
Ca. 18.500 Höhenmeter
10 kg Gepäck (pro Person)
Dicke Reifen (45-622 und 54-584)
Ca. 40.000 cal (pro Person)
Zahllose Energieriegel
12 Flaschen Rotwein (pro Person)
Unendlicher Spaß
Eine letzte Biegung noch, dann kehren wir um. Und da steht sie auf einmal vor uns: eine kleine Kirche, mitten in der Einsamkeit. Sie hat einen wunderbaren Säulengang vor dem Eingangsportal, der ideale Schutz gegen Wind und Regen. Und das Beste: Hinter der Kirche gibt es sogar fließend Wasser. Wieder einmal ist uns unser Reiseglück hold. Wir schlagen unser Lager auf, genießen einen Riegel und den Blick auf die Lichter der Turiner Ebene tief unter uns. Gute Nacht!
Von Turin nach Nizza? Klingt doch eigentlich nach einer Spazierfahrt. Nur etwa 200 Kilometer trennen die italienische Metropole von der Hafenstadt an der Côte d‘Azur. Auch Höhenmeter könnte man weitestgehend vermeiden, sollte man es auf eine gemütliche Tour angelegt haben. Doch das haben wir nicht: Die Torino-Nice-Rally nimmt so gut wie jeden sich anbietenden Pass mit, sei er nun asphaltiert oder nicht. Der wohl bekannteste ist der Col Agnel mit seinen 2.800 Metern Höhe. Über den führten schon sowohl die Tour de France als auch der Giro d‘Italia. Weit weniger bekannt, aber ebenso spektakulär ist der Col de Peas. Nach einer gemütlichen Übernach- tung im rustikalen „Refuge des Fonts“ machen wir uns morgens frisch und ausgeruht an den Aufstieg. Hier bekommt der Begriff „Radwanderung“ eine ganz andere Bedeutung. Große Teile des Aufstiegs sind für uns einfach nicht fahrbar. Es sind mehr oder minder Wanderwege, die sich hier steil und kraxelig hinaufschlängeln. Nur ein paar Kühe treffen wir unterwegs, die uns verwundert anblicken, während wir unsere Räder schwitzend und grummelnd an ihnen vorbeischieben. An einer Stelle muss Michi mir helfen. Ich bekomme mein Rad alleine nicht mehr hochgewuchtet. Der beschwerliche Aufstieg dauert den ganzen Vormittag.
Als wir endlich auf dem Hochplateau ankommen, pfeift ein eisiger Wind über den Kamm. Doch jetzt wartet der Lohn für die ganze Plackerei: Eine herrliche Abfahrt auf Singletrails wie zuvor der Aufstieg, nur diesmal mit Gefälle und daher uneingeschränkt fahrbar. Wir genießen diesen fast eine Stunde dauernden Abwärtsrausch auf schmalem Band aus Geröll und Schotter, das sich zunächst über Kuhweiden, kleine Bachläufe und später durch spärlichen Baumbestand windet. Als wir im Tal auf der französischen Seite der Alpen ankommen, sind wir uns einig: Das ist die schönste Art, die Berge zu überqueren. Noch so mancher Col und Colle sollte diesem folgen, bevor wir schließlich nach zwölf Tagen Nizza erreichen und unseren wohlverdienten Espresso vor dem „Café du Cycliste“ genießen.
Wir blicken zurück auf knappe zwei Wochen wunderbarer Strampelei und sind uns wieder mal einig: Fahrradfahren macht glücklich!
Die Route Der Torino Nice Tour
13,6 MIO. PERSONEN
das sind 30 Prozent der Radfahrenden Deutschlands, nutzen ihr Rad intensiv, d. h. auf mehr als 30 Kilometern pro Woche. 80 Prozent der Bevölkerung nutzen das Rad, aber in geringerem Umfang. Quelle: Fahrrad-Monitor 2021, BMDV
ZAHLEN & FAKTEN 1 : 20
Radfahren und E-Biken sind gut: für Umwelt, Klima, Verkehrsaufkommen, Geldbeutel und Gesundheit. Deutschland hat in Sachen Fahrradfreundlichkeit aufgeholt, aber es ist noch jede Menge Potenzial vorhanden. Hier sind aktuelle Daten und interessante Fakten!
Ist das Verhältnis von ausgebauten Radwegen zu Autostraßen. So stehen 40.000 Radwegekilometern in Deutschland wohl über 800.000 Kilometer an Autostraßen gegenüber. Quelle: www.radtouren-checker.de
3,4 KM beträgt die durchschnittliche Strecke, die in Deutschland mit dem Fahrrad pro Fahrt zurückgelegt wird.
Quelle: de.statista.com/themen/6616/fahrradfahrer/#topicOverview
KOSTEN IM VERKEHRSWEGEBAU
0,2 Mio. Euro/km bei Radwegen
0,9 Mio. Euro/km bei Radschnellwegen
5,7 Mio. Euro/km bei Bundesstraßen
10 Mio. Euro/km bei Autobahnen
Quelle: thecycleverse.com/de/blog/verkehrswende-statistiken
RADELN & KALORIENVERBRAUCH
Radfahren beansprucht die Muskeln, diese benötigen Energie. Soviel wird davon pro Stunde verbraucht: bis 15 km/h ................................................ 200 bis 300 kcal
15 bis 23 km/h ........................................ 300 bis 600 kcal
23 bis 26 km/h .......................................... 600 bis 800 kcal schneller als 26 km/h .......................... 800 bis 1.000 kcal
Quelle: thecycleverse.com/de/blog/kalorienverbrauch-radfahren
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Platz 11 F R Bremen
Im weltweiten Vergleich zur Fahrradfreundlichkeit verpasst Bremen nur knapp die Platzierung unter den Top Ten.
Interessant: Die ersten zehn Plätze werden durchweg von europäischen Metropolen dominiert. Hinter den Norddeutschen folgen Berlin mit Platz 15 und München mit Platz 20. Kopenhagen belegt seit Jahren Platz 1.
Quelle: my.sportler.com/abnehmen-beim-radfahren/ geringer ist bei regelmäßig Radfahrenden das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung als bei weniger aktiven Menschen.
Quelle: www.ispo.com
W Nsche An Deutsche Verkehrspolitiker
laut einer Befragung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr.
45 PROZENT DER RADFAHRENDEN TRAGEN INZWISCHEN HELM!
30 %
57 % Mehr Radwege bauen
53 % Bessere Trennung von Fahrradund PKWVerkehr
25 % weniger
45 % Bessere Trennung von Fahrrad- und Fußgängerverkehr
43 % Mehr
Schutzund Radfahrstreifen einrichten
41 % Schaffung sicherer Fahrradabstellanlagen
39 % Mehr Fahrradstraßen einrichten
+ 15 %
74 h
Gebremste Verkehrswende
Im Bundeshaushalt für 2023 fallen die Investitionen in den Radverkehr um ein Viertel geringer aus als 2022. Von 750 Millionen Euro im vergangenen Jahr sinkt der Etat auf knapp 560 Millionen Euro.
Quelle: www.pedelec-elektro-fahrrad.de
Nur 1 Stunde Am Tag
werden private Kraftfahrzeuge wie z. B. PKW im Bundesdurchschnitt bewegt. Somit steht das Auto 23 Stunden am Tag ungenutzt herum und blockiert gerade in den Städten wertvolle Flächen.
Quelle: www.umweltbundesamt.de
Mehr Als 9 Arbeitstage
á acht Stunden, also bis zu 74 Stunden stehen Münchner Autofahrer pro Jahr im Stau. Im deutschlandweiten Durchschnitt sind es immer noch 40 Stunden. Mit dem Fahrrad oder E-Bike fährt man an diesen Staus meist ganz locker vorbei.
Quelle: www.spiegel.de
Die Tendenz ist erfreulicherweise steigend. Seit 2019 mit 30 Prozent Helmnutzenden ist der Anteil um 15 Prozent auf knapp die Hälfte der Radfahrenden gestiegen.
Quelle: Fahrrad-Monitor 2021, BMDV
41 Buchen
brauchen für den Kohlendioxidausgleich nicht gepflanzt werden, wenn an ca. 210 Arbeitstagen der tägliche ungefähr fünf Kilometer lange Arbeitsweg (eine Richtung) mit dem Fahrrad statt mit dem Auto absolviert wird.
Quelle: www.wertgarantie.de/ratgeber/rad-e-bike/tipps-tricks/mit-dem-radzur-arbeit-so-funktioniert-sprit-sparen