Die Blaupause

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Die Blaupause

Kopf an: Motor aus. F端r null CO2 auf Kurzstrecken.



„Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen, kann ebenso seine Uhr anhalten, um Zeit zu sparen.“ HENRY FORD, US-AMERIKANISCHER UNTERNEHMER (1863-1947)


INHALT

Editorial: Warum noch ein Leitfaden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Die Situation in den Kommunen: Kommunikation ist entscheidend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Klimaschutz rechnet sich: CO2 und Geld sparen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Die Hebel für mehr Klimaschutz: Stellschrauben für den Kampagnenerfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Kommunalpolitik und Verwaltung: Ohne Grundsatzbeschluss läuft nichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14 Bürgerbeteiligung: Bürger und Multiplikatoren frühzeitig und wirksam einbinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18 Medien und Öffentlichkeitsarbeit: Köpfe und Herzen erreichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22 Was konkret zu tun ist: Eine erste Mittel- und Ressourcenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Checkliste: Detaillierte Schritte und Zeitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Literatur: Verwendete und weiterführende Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Kontakt/Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

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Kopf an: Motor aus. Für null CO2 auf Kurzstrecken.


EDITORIAL

Warum noch ein Leitfaden? Kampagnen und Kommunen sind kein naturgegebenes Traumpaar. Oft fremdeln Verwaltungsfachleute mit Werbesprüchen. Dieser Leitfaden dokumentiert die Erkenntnisse eines Pionierprojektes.

Das Projekt „Kopf an: Motor aus. Für null CO2 auf Kurzstrecken“ geht von der These aus, dass es mindestens zwei Wege zur Veränderung der autozentrierten Nahmobilität gibt. Der gängige Weg: Man baut Rad- und Fußwege und hofft, dass die Bürger sie automatisch nutzen. „Kopf an“ will die Nachfrage nach emissionsloser Mobilität durch Kommunikation steigern und sie zu einem kommunalpolitisch wirksamen Faktor machen. Fast drei Jahre haben wir als Team des „Kopf an“-Projektes Erfahrungen gesammelt, wie professionelle Werbekampagnen mit dem System Kommune verknüpft werden können. Hier treffen zweifelsohne zwei Welten aufeinander. Verkehrsplaner oder Bauingenieure im Tiefbauamt bearbeiten vor allem das Verkehrsangebot in Form von Fahrradwegen, Abstellanlagen, Lichtzeichenanlagen. Kommunikationsfachleute wollen über Ansprache von Emotionen wie Status, Freude oder Stolz die Menschen zu einem anderen Verhalten bewegen – und dazu, die Infrastruktur für umweltfreundliche Mobilität auch zu nutzen. Der vorliegende Leitfaden ist die Dokumentation, dass sich die Sprache der Planer in die der Werber übersetzen lässt und andersherum. In der Kampagne „Kopf an: Motor aus“ haben wir in neun Städten auf Großflächenplakaten, in Radiospots und auf Veranstaltungen die Ideen und Anforderungen von Tiefbauamt, Ordnungsamt und Presse- und Öffentlich-

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keitsamt erfolgreich vernetzt und in eine direkte emotionale Ansprache der Bürger verwandelt. Die Kampagne ist damit beispielgebend. Der Leitfaden beschreibt durch die Brille von an „Kopf an“ beteiligten Expertinnen und Experten aus der Kommunalverwaltung, von kommunalen Dachverbänden, aus der Verkehrsplanung sowie aus der Kommunikationsbranche und den Medien, wie eine Kommunikationskampagne im kommunalen Kontext funktioniert. Er destilliert am Beispiel „Kopf an“ die Essenz eines Kampagnenablaufs in einer Kommune.

Michael Adler ist Geschäftsführer der Bonner Kommunikationsagentur fairkehr, die die Kampagne gemeinsam mit der Berliner Agentur velokonzept ins Leben rief.

Die wesentlichen Punkte sind jeweils am Ende der Artikel herausgehoben, so dass der Leitfaden als Blaupause für kommunales Kampagnenmanagement in seinen Grundthesen schnell zu erfassen ist. Wer es genauer wissen will, liest die Artikel. Wenn Sie danach überzeugt sind, dass Sie in Ihrer Kommune auch eine solche Kampagne brauchen, dann setzen Sie sich mit uns an einen Tisch und wir finden eine maßgeschneiderte Lösung. Michael Adler, Geschäftsführer der fairkehr-Agentur

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HINTERGRUND

Die Situation in den Kommunen Viele Kommunen haben eigene Klimaschutzziele entwickelt. Mobilität sollte darin ein wichtiger Faktor sein – und die Kommunikation der Ziele ist entscheidend.

Verkehr bildet weltweit zusammen mit Kohlekraftwerken den Hauptreiber des ungebremsten Anstiegs der CO2-Emissionen. Handlungsmaxime aller Klimaschutzmaßnahmen im Bereich Verkehr muss daher die Trias aus Vermeidung, Verringerung und Verlagerung sein. Die Mobilitätsbedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft müssen nach Möglichkeit mit weniger Verkehr oder durch effizienteren Ressourceneinsatz befriedigt und der notwendige „Rest“-Verkehr sollte so umweltfreundlich wie möglich gestaltet werden.

Stadt der kurzen Wege als neues Planungsziel

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Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsi-

dentschaft fand im Mai 2007 das Informelle Treffen der für Stadt- und Raumentwicklung zuständigen Minister statt. Das politische Leitthema lautete: „Die europäische Stadt und ihre Region stärken – Wettbewerbsfähigkeit, sozialen und territorialen Zusammenhalt in den Städten und Regionen Europas entwickeln“. Ein Ergebnis war die Leipzig-Charta.

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Die Verkehrsinfrastruktur stammt überwiegend aus einer Zeit, als die autogerechte Stadt das Maß aller Dinge war. Das macht es heute oft schwer, Alternativen zur Automobilität zu entwickeln. Denn dafür muss häufig der Straßenraum komplett umgestaltet werden – bishin zur Veränderung vom Stadtgrundriss. Mit der Leipzig-Charta von 2007 beschlossen die europäischen Minister für Stadt- und Raumentwicklung das Leitbild der nachhaltigen europäischen Stadt. Das Ziel: eine integrierte Stadtentwicklung, bei der die räumliche Trennung von Auto-, Rad- und Fußverkehr zugunsten einer Mischnutzung aufgegeben wird. So entsteht bei gleichbleibenden Mobilitätsbedürfnissen weniger Verkehr. Und der lässt sich zudem umweltfreundlicher abwickeln, weil Rad- und Fußverkehr bekanntermaßen dem Auto im Nahbereich

überlegen sind, und das nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten. Dies gilt im größeren räumlichen Kontext natürlich auch für den ÖPNV.

Verbindliche rechtliche Regelwerke sind wichtig Aber nicht nur die Hardware, das heißt die bauliche Infrastruktur der Straßen und Wege, muss verändert werden, sondern auch die Software: rechtliche Regelwerke, die auf das Verkehrsgeschehen direkt oder indirekt einwirken. Hierfür tragen in erster Linie Bund und Länder die Verantwortung – zum Beispiel, wenn es darum geht, die steuerrechtlichen und technischen Rahmenbedingungen zu ändern, um damit eine stadt- und umweltverträgliche Verkehrspolitik zu unterstützen. Auch das Straßenverkehrsrecht lässt in dieser Beziehung noch viel zu wünschen übrig: Oberstes Ziel der Straßenverkehrsordnung ist weiterhin die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, von Nachhaltigkeit ist nicht die Rede. Die EU muss kohärente rechtliche Vorgaben beispielsweise zum Emissions- und Immissionsschutz schaffen, damit es in der Praxis nicht zu widersprüchlichen Umweltstandards kommt, für deren Umsetzung vor Ort die Kommunen zuständig sind. Nicht zuletzt sind die Autoindustrie und die Mineralölwirtschaft gefordert, durch die Entwicklung umweltfreundlicher Fahrzeuge und Antriebe für eine bessere Umweltbilanz des Autoverkehrs zu sorgen.

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HINTERGRUND

Information und Kommunikation sind unverzichtbar Alle infrastrukturellen und ordnungspolitischen Ansätze bewirken jedoch wenig, wenn die Verkehrsteilnehmer ihr Verhalten nicht ändern. Daher ist es unverzichtbar, durch Information und Kommunikation darauf hinzuwirken, dass die Menschen sich bei der Verkehrsmittelwahl für Bus, Bahn, Fahrrad oder Füße – und gegen das Auto – entscheiden. Die beste Gelegenheit ergibt sich bei biografischen oder ortsbezogenen Veränderungen. Wer die Stelle oder den Wohnort wechselt, zusammenzieht oder in den Ruhestand geht und sich daher ohnehin neu orientieren muss, ist eher bereit, bisherige Mobilitätsgewohnheiten zu verändern. Hier setzen Informations- und Kommunikationskampagnen zur Änderung des Verkehrsverhaltens an, wie beispielsweise das „Neubürgerpaket“ der bayerischen Landeshauptstadt und der Münchener Verkehrsgesellschaft.

Stadtverkehr und Klimaschutz bedingen sich gegenseitig Die Städte sind sich ihrer Verantwortung für mehr Klimaschutz auch und besonders im Verkehr bewusst. Im zunehmend globalen Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen und Kaufkraftzuwachs ist die Infrastruktur einer Stadt als harter Standortfaktor zwar unverzichtbar. Immer wichtiger werden aber auch die sogenannten weichen Standortfakto-

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Das Wichtigste:

Nur mit Information und Kommunika-

tion können die Kommunen Bürgerinnen und Bürger für die alternativen Mobilitätsangebote gewinnen und sie überzeugen, das Auto auch mal stehen zu lassen.

Wer Bürger zu einer anderen Ver-

kehrsmittelwahl bewegen will, erreicht sie am besten nach einem Umzug oder Lebensumbrüchen.

ren wie kulturelles und soziales Angebot und eine möglichst intakte Umwelt. Stadtverkehr und Klimaschutz sind daher keine Gegensätze, sondern bedingen sich gegenseitig. Nur ein umweltfreundlicher Verkehr trägt zur Attraktivität von Städten im Sinne von mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität bei. Nur mit einem attraktiven ÖPNV sowie guten und sicheren Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger lassen sich die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in den Städten nachhaltig befriedigen. Und nur mit Information und Kommunikation können die Kommunen Bürgerinnen und Bürger für die alternativen Mobilitätsangebote gewinnen und sie überzeugen, das Auto auch mal stehen zu lassen.

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Das Ringbuch, aufgebaut im Stile eines

„Mobilitäts-Organizers“, enthält neben Informationen zum Thema Mobilität und Verkehr in München einen speziell konzipierten Stadtplan. Darauf können sich die Neubürger mit einem Blick über die Linien von S-Bahn, U-Bahn, Bus oder Tram und über die Carsharing- und Taxi-Standorte in ihrer Nähe informieren. Servicenummern, Adressen und Internetseiten

Oliver Mietzsch, Hauptreferent für Verkehr und Tiefbau des Deutschen Städtetages

stehen auf dem Klappdeckel des Neubürger-Ordners.

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BEDEUTUNG

Klimaschutz rechnet sich Kampagnen wie „Kopf an“ sparen Tausende Tonnen CO2 ein, machen Menschen gesünder und bescheren Kommunen und Bürgern mehr Geld.

www.adac-autokosten.de

Verkehr ist eine Thema, bei dem Bund, Länder und Kommunen Milliarden investieren. Autobahnabschnitte, Umgehungsstraßen, Bahnhöfe oder U-Bahnlinien schlagen schnell mal mit dreistelligen Millionenbeträgen oder gar Milliarden zu Buche. Weil das so ist, haben Straßenbauverwaltungen oder ÖV-Betriebe ausgeklügelte Messverfahren, mit denen sie den volkswirtschaftlichen Nutzen solcher Großprojekte scheinbar genau messen und beweisen können. Beim Rad- oder Fußverkehr fehlen solche Messmethoden leider noch weitgehend. Da Verkehrspolitiker gemeinhin diese emissionsfreien Mobilitätsformen eher gering schätzen, wird auch ihr volkswirtschaftlicher Nutzen unterbewertet. Investitionen gar in Kommunikation für diese Verkehrsformen stecken in Deutschland noch gänzlich in den Kinderschuhen. Ihre Wirkung ist entsprechend mit einigen Vorurteilen belastet. Nicht zuletzt um diese Vorurteile zu widerlegen, ist das „Kopf an“-Team angetreten. Das Monitoring des Projekts vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (WI) hat Ergebnisse errechnet, die Kommunikation als lohnendes Investment zeigen. Rund 200000 Menschen in den vier Kampagnenstädten des Jahres 2009 gaben an, ihr Verhalten verändert zu haben, und zwar auf vier bis fünf Wegen pro Woche. Die Multiplikation mit den Wegezwecken ergab eine Verlagerung von rund 180 Kilometern pro Jahr vom Auto auf die Füße und von rund 400 Kilome-

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tern auf das Fahrrad pro Veränderer. Zusammen waren dies knapp 60 Millionen Pkw-Kilometer, die durch emissionsfreie Mobilität ersetzt wurden.

Kommunen profitieren doppelt Was nutzt das dem einzelnen Menschen und der ganzen Volkswirtschaft? Betrachten wir zunächst den individuellen Nutzen. Legt man die Kostenberechnung des ADAC für einen VW Golf 1.2 TSI, dem deutschen Durchschnittsauto, zugrunde, ergeben sich durchschnittliche Betriebskosten von 11,3 Cent pro Kilometer. Wohlgemerkt: Werkstatt, Steuer, Versicherung und vor allem Wertverlust nicht mitgerechnet. Da mit der „Kopf an“-Kamapgne vor allem Kurzstrecken mit dem Auto vermieden wurden, schlagen wir moderate 20 Prozent auf, da Autos mit kaltem Motor mehr Treibstoff verbrauchen. So ergeben sich Einspareffekte von 13,5 Cent pro nicht gefahrenem Kilometer. Hochgerechnet auf 60 Millionen Pkw-Kilometer ergeben sich also gut acht Millionen Euro mehr in den Portemonnaies der Bamberger, Hallenser, Dortmunder und Karlsruher. Acht Millionen, die vor Ort in der Gastronomie, im Theater, für Bildung oder den Sportverein ausgegeben werden können. Die Gesamtkosten der Kampagne belaufen sich inklusive der Entwicklung auf vier Millionen Euro. Allein die eingesparten individuellen Betriebskosten betragen also das Doppelte der investierten Summe.

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BEDEUTUNG

Autofahren verursacht Lärm und Luftschadstoffe wie Feinstaub, außerdem werden Böden und Gewässer verschmutzt, das Klima wird aufgeheizt und es fallen Kosten für Unfälle an. All diese Folgekosten des Autoverkehrs nennt man zusammengefasst externe Kosten. Das Schweizer Forschungsinstitut Infras hat diese Kosten erhoben und kommt auf 80,4 Milliarden Euro für Deutschland. 66 Prozent davon, also 53 Milliarden, gehen auf das Konto des Pkw-Verkehrs. Umgerechnet auf die gesamte Kilometerleistung der in Deutschland zugelassenen Pkw ergeben sich Kosten von rund zehn Cent pro Kilometer. Wendet man diesen Faktor auf die mit „Kopf an“ 2009 eingesparten Kilometer an, ergeben sich weitere sechs Millionen an eingesparten Kosten. Geld, das die Kommune zumindest teilweise nicht aufwenden müsste, um die Schäden des Autoverkehrs zu beseitigen, sondern in Schulen, gepflegte Parks oder Fahrradparkplätze investieren könnte.

Nicht-Autofahrer leben länger In allen neun „Kopf an“-Städten fragten wir die Menschen nach ihren Lieblingssprüchen aus der Kampagne. In allen Städten lagen die beiden Werbesprüche vorn, die mit der Gesundheit zu tun hatten: „Besser Sie nehmen ab als die Eisberge. Fahren Sie Rad.“ und: „Verbrennen Sie doch mal Kalorien statt Benzin“. Niemand wird bestreiten, dass ein bisschen Bewegung am Tag gesund ist. Doch kann man den gesundheitlichen Nutzen messen?

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Das österreichische Lebensministerium hat mit Hilfe eines von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) entwickelten Kalkulators diese Effekte für unser Nachbarland berechnet. Von besonderer Relevanz für die Berechnungsmethode sind die Ergebnisse des Kopenhagener Zentrums für Prospektive Bevölkerungsstudien. Es stellte fest, dass im Vergleich zu Personen, die nicht mit dem Rad zur Arbeit fuhren, das Sterberisiko von Arbeitnehmern, die drei Stunden pro Woche zu ihrem Job radelten, erheblich reduziert war. Diese Ergebnisse werden durch eine neuere chinesische Studie an Frauen unterstützt, die zu vergleichbaren Ergebnissen kam. Man muss also nicht gleich bei der Tour de France einsteigen. Wer moderat Rad fährt, im Mittel geht es um rund 150 Minuten pro Woche, erhöht seine physische Fitness gravierend. Das statistische Sterberisiko sinkt um 28 Prozent im Vergleich zu Menschen, die sich nicht bewegen.

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„Wirtschaftliche Evaluierung von Verkehrs-

infrastruktur und Strategien – Methodische Leitlinie zur wirtschaftlichen Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen von Gehen und Radfahren“

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WHO: „Increasing physical activity

reduces risk of heart disease and diabetes“

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„Externe Kosten des Verkehrs in

Deutschland“

Gesunde Bürger sparen Kosten Über die wissenschaftlich fundierte Rechenmethode kommen die Österreicher auf einen volkswirtschaftlichen Nutzen von 86 Cent pro Kilometer und Jahr, bedingt durch die reduzierte Sterblichkeit. Verknüpft man diese Werte mit den rund 35 Millionen Kilometern, die in den „Kopf an“-Städten mehr Rad gefah-

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BEDEUTUNG

ren wurde, so ergibt sich ein beachtlicher volkswirtschaftlicher Nutzen von 30 Millionen Euro. Addiert man die 23 Millionen Kilometer, die in den Kampagnenstädten mehr zu Fuß zurückgelegt wurden, resultieren daraus weitere 20 Millionen Euro Einsparung.

sationskrankheiten, in erster Linie Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zum Herzinfarkt, Diabetes und zu anderen Stoffwechselerkrankungen. Außerdem hilft Radfahren nachweislich bei Problemen mit dem Bewegungsapparat.

Bleibt die Frage: Ist Radfahren nicht viel zu gefährlich? Muss nicht erst die Sicherheitsfrage geklärt werden? Wenn man so manchem Medienbericht oder manchen Politikeraussagen Glauben schenkt, dann ist Radfahren die gefährlichste Alltagstätigkeit schlechthin. Wer sicher ist, dass Radfahren gesund ist, aber gleichzeitig glaubt, dass die Gefahr beim Radfahren durch Unfälle weitaus größer ist, der irrt.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bei einer täglichen Fahrraddistanz von 7,5 Kilometern die Lebenserwartung durch Luftverschmutzung wie Feinstaub oder Stickoxide um durchschnittlich 21 Tage verkürzt wird. Durch Unfälle, die in der Öffentlichkeit als extremes Sicherheitsrisiko dargestellt werden, verlieren Radfahrer im Schnitt sieben Tage ihres Lebens. Die moderate sportliche Bewegung verlängert ihr Leben dagegen um durchschnittlich acht Monate.

Radfahren ist achtmal gesünder als Autofahren

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„Do the health benefits of cycling outweigh the risks?“

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Das US-amerikanische „National Insitute of Environmental Health Sciences“ hat im Jahr 2010 zusammen mit der Universität Utrecht die Gesundheitsrisiken und -vorteile für die Niederlande gegeneinander abgewogen. Kurz gesagt ist es achtmal gesünder, Rad zu fahren, als seine Wege im Auto zurückzulegen. Die internationale Forschergruppe untersuchte und bewertete die Risiken, die zum einen aus Luftverschmutzung und zum anderen aus Unfällen resultieren. Dagegen stehen die positiven gesundheitlichen Wirkungen, die die körperliche Bewegung auslöst. Verbessert wird die Bilanz bei vielen sogenannten Zivili-

Und dies sind lediglich die Effekte, die auf die radfahrende Bevölkerung wirken. Durch die Vermeidung von Abgasen und durch weniger Autos auf den Straßen sind weitere positive Auswirkungen für die Gesellschaft als Ganzes zu erwarten. In einem solchen Mobilitätsszenario passieren weniger Unfälle, und es gibt weniger Krankheiten, weil weniger Schadstoffe die Luft verschmutzen. Die Empfehlungen der Forscher für die Politik liegen auf der Hand: Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs dienen gleichzeitig der öffentlichen Gesundheit. Programme, die eine entprechende Verhaltensänderung zum Ziel haben, schaffen bis zu fünf Prozent Verlage-

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BEDEUTUNG

rung der täglichen Wege. Erreichbar sind darüber allerdings nur bereits motivierte Zielgruppen. Nehmen Bürgerinnen und Bürger Gehen und Radfahren jedoch als gefährlich wahr, errichtet das hohe Barrieren, mahnen die Forscher zur richtigen Tonlage.

Das Wichtigste:

Die Bürger in den vier „Kopf an“-

Städten 2009 sparten insgesamt acht Millionen Euro dadurch ein, dass sie

Mit anderen Worten: Reine Sicherheitskampagnen führen nicht zum Ziel. Kampagnen wie „Kopf an: Motor aus“, die auf positive Weise ein neues Lebensgefühl ansprechen, können viel bewegen. Sie verringern den CO2-Ausstoß im lokalen Verkehr, sie machen die Stadt leiser und lebenswerter, die Bürgerinnen und Bürger gesünder und rechnen sich für die Kämmerer, das Land und die Bürger in vielfacher Weise.

Wege vom Auto aufs Fahrrad beziehungsweise auf die Füße verlagerten.

Sechs Millionen Euro an externen

Umweltkosten sparte die Kampagne 2009 außerdem ein.

Bis zu 50 Millionen Euro Gesund-

heitskosten hat der Umstieg der Kurzstrecken-Autofahrer aufs Radfahren und Zufußgehen im ersten Kampagnenjahr vermieden.

Michael Adler, Geschäftsführer der fairkehr-Agentur

Moderate sportliche Bewegung ver-

längert das Leben jedes Einzelnen um durchschnittlich acht Monate – dagegen wird es durch das Unfallrisiko und durch eingeatmete Abgase beim Radfahren lediglich um 28 Tage im Schnitt kürzer.

Die Gesellschaft profitiert gesundheit-

lich von weniger Luftverschmutzung und weniger Unfällen, wenn mehr Menschen umsteigen.

Die Politik hat nach Ansicht von For-

schern die Aufgabe, den nichtmotorisierten, emissionsfreien Verkehr nicht nur im Sinne des Klimaschutzes, sondern auch der Volksgesundheit zu fördern.

„Kopf an: Motor aus“ rechnet sich.

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DIE HEBEL

Die Hebel für mehr Klimaschutz Die Förderung von Rad- und Fußverkehr erfordert eine neue Mobilitätskultur – und eine Gesamtstrategie.

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Konzepte für mehr Rad- und Fußverkehr müssen allen Beteiligten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und der Bevölkerung einen Nutzen versprechen. Die Gesamtstrategie umfasst also den Bau von Infrastruktur, die Integration von Belangen der Radfahrer und Fußgänger ins Verwaltungshandeln, die Beteiligung von Bürgern, politischen Gremien, Interessensgruppen, Wirtschaft, Fachverbänden und Behörden sowie Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Bei der Umsetzung einer Kampagne müssen alle betroffenen Ämter und Fachbereiche in der Verwaltung zusammenarbeiten, lokale Akteure und Bürger müssen angemessen beteiligt werden. Seite 18

Beteiligungsverfahren fördern das Verständnis zwischen Bürgerschaft und Verwaltung. Bürgerinnen und Bürger – und auch die Politik – bekommen einen tieferen Einblick in Planungsprozesse. Die Verwaltung wiederum kann Alltagswissen vor Ort abrufen. Das führt oft dazu, dass Bürger und Lokalpolitiker Planung eher akzeptieren. Das heißt:

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effektive Organisations- und Beteiligungsstrukturen: zum Beispiel eine Kernarbeitsgruppe in der Verwaltung („Kümmerer“) und eine ämterübergreifende Zusammenarbeit. Das schafft Transparenz im Verwaltungshandeln, ermöglicht Synergieeffekte und stärkt das „Wir-Gefühl“ der Verwaltung als kommunale Dienstleisterin,

Das Wichtigste:

Bei der Umsetzung einer Kampagne

müssen alle betroffenen Ämter und Fachbereiche in der Verwaltung zusammenarbeiten, lokale Akteure und Bürger müssen angemessen beteiligt werden.

Bürgerschaftliche Beteiligungsverfah-

ren führen oft dazu, dass Bürger und Lokalpolitiker Planungen der Verwaltung eher akzeptieren.

Integration der Kampagnenelemente in laufende oder beabsichtigte Fachplanungen, unter anderem in den Verkehrsentwicklungsplan, ins Innenstadtkonzept, ins Konzept zur Nahmobilität, aber auch in die Bauleitplanung, Schulentwicklungsplanung oder Altenplanung,

direkte Mitwirkung lokaler Akteure, beispielsweise an Runden Tischen, in begleitenden Arbeitsgruppen oder Foren,

eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit („Tue Gutes und rede drüber!“) und ein begleitendes Qualitätsmanagement

(„Was haben wir erreicht, was ist gut gelaufen, was ist schlecht gelaufen?“), um die Kampagne, aber auch die Fachplanung nachzusteuern. Juliane Krause, Stadt- und Verkehrsplanerin

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DIE HEBEL

Die vier Hebel für den Kampagnenerfolg: Nur wenn alle Bereiche ineinandergreifen, sich unterstützen und verstärken, kann eine Kommunikationskampagne für Verhaltensänderung richtig wirken.

Kommunalpolitik

Verwaltung und Planung

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Kommunikation und Bürgerbeteiligung

Medien

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DIE HEBEL

Kommunalpolitik und Verwaltung Ohne Grundsatzbeschluss läuft nichts. Erkenntnisse aus der „Kopf an“-Kampagnenstadt Karlsruhe.

Eine Imagekampagne zum Fuß- und Radverkehr wirkt insbesondere dann glaubwürdig, wenn die Kommune bereits den Boden bereitet und ein klares Bekenntnis zur Fahrradförderung gefasst hat. Ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderates zur Verbesserung der Situation für Radfahrer und Fußgänger ist unumgänglich. Auf ihn können sich alle Beteiligten und Betroffenen – Politiker, Verwaltung, Polizei, Bürger – immer wieder berufen. Optimal ist ein einstimmiger Grundsatzbeschluss im Gemeinderat, dann können die Maßnahmen unproblematisch umgesetzt werden. Dafür ist es wichtig, zuvor alle Akteure einzubinden – von der Stadtverwaltung über Polizei und Verbände bis hin zu Studenten und Radkurieren, ihre Meinungen anzuhören und ernst zu nehmen. So lassen sich Informationen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln sammeln und es werden keine gegnerischen Gruppen geschaffen. Entscheidend ist außerdem eine schonungslose Bestandsaufnahme und Schwachstellenanalyse im Vorfeld. Es bringt nichts, die Situation für den Rad- und Fußverkehr in der Kommune zu beschönigen. Anschließend müssen Ziele definiert werden, die in einem abgesteckten Zeitrahmen erreicht werden sollen. Auch die Finanzierung muss natürlich festgelegt werden, denn ohne ausreichende Mittel lassen sich die Ziele nicht erreichen.

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Der Weg zum Grundsatzbeschluss: das Bypad-Verfahren In Karlsruhe führte ein Mobilitätstest des ADAC dazu, die Fahrradpolitik zu verbessern. Der Automobilclub untersuchte im Jahr 2004 deutsche Großstädte und die Stadt Karlsruhe, die von sich dachte, sie sei eine Fahrradstadt. Allerdings erhielt sie eine schlechte Bewertung – was im gewissen Sinne ein „heilsamer Schock“ war. Die Karlsruher Verwaltung spürte mithilfe des sogenannten Bypad-Verfahren (Bicycle Policy Audit – übersetzt etwa Fahrrad-ÜberprüfungsPolitik) – Schwachstellen auf und analysierte sie. Ein externer Moderator aus Hannover mit Erfahrung im Bereich Radverkehr leitete die zweitägige Sitzung. Externe Experten mit Blick von außen sind von Vorteil, da sie nicht in Beziehungsgeflechte involviert sind. Außerdem können sie Überzeugungsarbeit leisten, wenn in der Verwaltung zu wenig Radverkehrskompetenz vorhanden ist. Experten können beispielsweise auch für Vorträge eingeladen werden, um Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Im Rahmen des Bypad-Verfahrens sollten alle an einen Runden Tisch geholt werden, die für das Thema Radverkehr wichtig sind. Die Fragestellung: Wo liegen Probleme, wo bestehen Verbesserungswünsche? Dafür müssen alle relevanten Ämter mit an den Tisch geholt werden, um sie frühzeitig in die Problemanalyse

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DIE HEBEL

und die Entstehung des Grundsatzbeschlusses einzubinden, ihre Erfahrungen und ihre Sichtweisen einzuholen: Umweltamt, Tiefbauamt, Stadt- und Verkehrsplanung, Verkehrsbehörde, Stadtmarketing, Polizei. So können Unstimmigkeiten im Vorfeld ausgeräumt werden. In weiteren Schritten lassen sich je nach Thema weitere Beteiligte und Betroffene einbinden, um sie zu mobilisieren und zu motivieren: Verkehrsverbände (ADAC, Verkehrsclub Deutschland VCD, ADFC), Seniorenbeiräte, Studentenvertreterinnen und -vertreter, Tourismusbeauftragte, Fahrradkuriere, Ortsverbände. All diese Interessenvertreter muss die Verwaltung für sich gewinnen. Und es muss jemanden geben, der voranmarschiert – wie in Karlsruhe beispielsweise das Stadtplanungsamt. Wichtig ist die schonungslose Schwachstellenanalyse während des Bypad-Verfahrens. In Karlsruhe wurden die verschiedenen Akteure befragt, wie sie die Situation des Radverkehrs einschätzen und wie die Situation künftig aussehen sollte. Das heißt, die Wirklichkeit des Radverkehrskonzeptes wurde gnadenlos erörtert und mit allen Schwächen dargestellt. Davon ausgehend entwickelten die Beteiligten das 20-Punkte-Programm: ein Leitbild und ein Handlungskonzept mit messbaren Zielsetzungen und konkreten Maßnahmen.

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Der Grundsatzbeschluss: das 20-Punkte-Programm Der Karlsruher Gemeinderat beschloss das Leitbild im Oktober 2005 einstimmig – damit wurde Unstimmigkeiten in der Verwaltung und der Kommunalpolitik vorgebeugt. Bis zu ihrem 300. Geburtstag im Jahr 2015 will Karlsruhe die bedeutendste Fahrradstadt in Süddeutschland werden. Dieser Fahrradeifer hat die gesamte Verwaltung angesteckt. Das 20-Punkte-Programm enthält unter anderem folgende Maßnahmen und Ziele:

www.karlsruhe.de/radverkehr

Gleichberechtigung der Verkehrsteilneh-

mer, Toleranz und gegenseitige Rücksichtnahme

Steigerung der Radverkehrsanteils auf 23 Prozent bis zum Jahr 2015

Senkung der Unfallzahlen

Planung und Bau neuer Radinfrastruktur: zwei Radrouten pro Jahr Karlsruhe richtet hierzu Fahrradstraßen ein, markiert Radstreifen auf Fahrbahnen und stellt freie Kapazitäten von überdimensionierten Autostraßen dem Radverkehr zur Verfügung. Es müssen nicht immer aufwändige Tiefbauprojekte umgesetzt werden, intelligente Maßnahmen wie die Markierung von Radstreifen sind kostengünstiger. Es ist außerdem sinnvoll, Maßnahmen dort umzusetzen, wo Straßen ohnehin umgebaut werden. Die Verwaltung sollte im Vorfeld prüfen, ob sich mit dem

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DIE HEBEL

Umbau die Situation auch für den Radverkehr verbessern lässt. Das spart Kosten: Karlsruhe hat pro Jahr und Einwohner etwa fünf Euro für Radverkehrsförderung eingestellt. Mit einem Budget von 1,3 Millionen Euro kommt die Stadt gut über die Runden.

Wichtig: Öffentlichkeit, Öffentlichkeit, Öffentlichkeit Alle Aktionen der Stadt zum Thema Radverkehr müssen öffentlichkeitswirksam verbreitet werden, um Aufmerksamkeit zu erregen. Sehr hilfreich ist eine Pressestelle, die hinter dem Thema steht und die sich dann auch für eine Kampagne wie „Kopf an: Motor aus“ einsetzt – beispielsweise Informationen an Amtsblätter und an den Pressedienst gibt. Darüber hinaus ist auch für die Öffentlichkeitsarbeit die Einbindung verschiedenster Akteure sehr wichtig. So beauftragte Karlruhe beispielsweise Designstudenten damit, die Plakette für den fahrradfreundlichsten Arbeitgeber zu gestalten: Studierende nahmen nicht nur an der Diskussion am Runden Tisch teil, sondern wurden auch mit anderen Aktivitäten einbezogen. Dies verstärkt die Außenwirkung der kommunalen Radverkehrspolitik. Karlsruhe ließ Flyer und Gratispostkarten erstellen und suchte in einem Wettbewerb den fahrradfreundlichsten Arbeitgeber – und als die Stadt die ersten Schritte ihres 20-PunkteProgramms umsetzte, gewann sie die Kampa-

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gne „Kopf an: Motor aus“. Genau zum richtigen Zeitpunkt. Die Kampagne führte unter anderem dazu, dass der Widerstand gegen mehr Radverkehr in der Stadt bröckelte.

„Kopf an“: Was eine Kampagne zum Fuß- und Radverkehr bewirkt Eine breit angelegte Imagekampagne wie „Kopf an: Motor aus“ leistet nach den Erfahrungen aus Karlsruhe einen erheblichen Beitrag hin zu einer nachhaltigen Mobilitätskultur. Politik, Verwaltung und Bürger kommunizieren miteinander. Anknüpfungspunkte von „Kopf an: Motor aus“ an andere Mobilitäts-, Klimaschutz- oder Sicherheitsaktionen sind gegeben. Die Kampagne beeinflusst das Engagement „pro Rad“ in der Verwaltung und bei den dortigen Entscheidungsträgern. Im Rahmen von Aktionen, Veranstaltungen und Presseterminen kann die Kommune Leitvorstellungen, Konzepte, Maßnahmen und Beschlüsse darlegen und dabei auch eine politische Vorbildfunktion dokumentieren. In Karlsruhe ist es beispielsweise gelungen, alle Bürgermeister in die Kampagne einzubeziehen. Das hat zu einer hohen Pressewirksamkeit und Effizienz beigetragen – und es war gar nicht schwierig. Wichtig ist es, die Bürgermeister in ihrer jeweiligen Funktion für eine passende Kampagnenaktion anzusprechen. Geht es beispielsweise um die Verteilung von Coaching Packs an Autofahrer im Stau vor Ampeln, kann man an den Bürgermeister

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DIE HEBEL

beziehungsweise die Bürgermeisterin herantreten, der oder die für Umweltschutz zuständig ist. Der Sozialbürgermeister wiederum lässt sich vermutlich leicht davon überzeugen, an Aktionen für einen sicheren Schulweg zu Fuß und per Fahrrad teilzunehmen.

Das Wichtigste:

Für den unverzichtbaren Grundsatz-

beschluss des Gemeinderats müssen alle Akteure eingebunden werden.

Bei den Bürgerinnen und Bürgern bewirkt die Kampagne zunächst einen hohen Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungseffekt. In der Folge überdenken sie ihr eigenes Mobilitätsverhalten. Der erste Schritt zum Umsteigen ist damit getan – was in Karlsruhe nachweislich in hohem Maße gelungen ist. Die Kampagne schafft ein neues Selbstbewusstsein: „Radfahrer sind Klimahelden!“

Die Schritte sind Bestandsaufnahme,

Schwachstellenanalyse, Definition von Zielen und Zeitrahmen, Sicherung der Finanzierung.

Eine breit angelegte Imagekampagne

leistet einen erheblichen Beitrag hin zu einer nachhaltigen Mobilitätskultur. Die Kampagne beeinflusst das Engagement „pro Rad“ in der Verwaltung und bei den dortigen Entscheidungs-

Dranbleiben: Der Zeitraum ist entscheidend – die Zeiten sind gut

trägern. Sie erhöht bei den Verkehrsteilnehmern zudem die Akzeptanz für notwendige Baumaßnahmen.

„Kopf an: Motor aus“ hat zudem bei allen Verkehrsteilnehmern die Akzeptanz und das Verständnis für notwendige Baumaßnahmen in Karlsruhe erhöht. Der Erfolg ist wie gewünscht: Der Radverkehrsanteil hat sich erheblich gesteigert. Die Kampagne sollte daher keine „Eintagsfliege“ sein, sondern möglichst über einen Zeitraum von mehreren Jahren angesetzt werden. In Karlsruhe läuft „Kopf an: Motor aus“ nun bereits im dritten Jahr. Die Voraussetzungen für eine kommunale Imagekampagne für mehr Rad- und Fußverkehr sind gut, denn das Thema befindet sich zurzeit im Aufwind.

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Hilfreich ist eine Pressestelle, die hin-

ter dem Fahrrad-Thema steht und die sich auch für die Kampagne einsetzt.

Eine Kampagne sollte keine Eintags-

fliege sein, sondern möglichst über einen Zeitraum von mehreren Jahren angesetzt werden.

Alfons Brisbois, bis Mitte 2011 Bereichsleiter Verkehr im Stadtplanungsamt Karlsruhe

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DIE HEBEL

Bürgerbeteiligung Bürgerinnen und Bürger müssen frühzeitig und wirksam eingebunden werden für mehr Klimaschutz in der Kommune.

Vor Beginn des Prozesses sollte die Verwaltung ein Beteiligungskonzept erstellen, das der spezifischen lokalen Situation sowie den unterschiedlichen Anforderungen und Nutzungsinteressenten Rechnung trägt. Das Beteiligungskonzept hängt vom Planungsraum, der Ausgangssituation und der vorherrschenden Beteiligungskultur (beispielsweise Erfahrungen mit Beteiligungsverfahren) ab. Das heißt: Ein generell anwendbares Konzept für die Organisation der Öffentlichkeitsbeteiligung gibt es nicht. Wichtig ist, die maßgeblichen Akteure und Multiplikatoren gezielt einzubinden. Dieser wesentliche Arbeitsschritt der Prozessorganisation umfasst die Fragestellungen: Wer sind die Akteure, wer sind die Multiplikatoren, verwaltungsintern und in der Bürgerschaft? Wer übernimmt die Federführung, welche Kooperationen mit anderen Behörden und Einrichtungen sind erforderlich? Empfohlen wird, dazu ein Startergespräch mit den maßgeblich Verantwortlichen zu führen. Die Beteiligung muss frühzeitig und kontinuierlich über den gesamten Planungszeitraum erfolgen, sie muss betroffenen- beziehungsweise lebenslagenspezifisch sein. So sind Stadtspaziergänge, Zukunftswerkstätten und Workshops für die Bevölkerung eher geeignet als reine Bürgerversammlungen. Runde Tische eignen sich eher für Multiplikatoren oder Vertreter von Interessengruppen. Eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit und die Anspra-

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che mit adäquaten Medien (Presseartikel, Faltblätter, Internet) sind zu gewährleisten. Bei der Organisation und der Ausgestaltung des Beteiligungskonzeptes sind folgende Leitfragen zu stellen:

Welches Beteiligungsverfahren ist geeignet? Stehen ausreichend Finanzmittel zur Verfügung? Sind die Verfahren mit Entscheidungskompetenz ausgestattet?

Können alle betroffenen Bevölkerungsgruppen – differenziert nach Alter, Geschlecht, sozialer Stellung, Nationalität – erreicht werden, um Bedürfnisse, Bedarfe und Interessenlagen vor Ort abzurufen?

Können sich die Gruppen artikulieren? Welche Unterstützung benötigen sie, beispielsweise persönliche Gespräche mit einer Interessenvertretung und mit Multiplikatoren?

Wird gegebenenfalls nachgesteuert, wenn nicht alle als notwendig erachteten Gruppen erreicht werden konnten?

Welche zielgruppenspezifische Öffentlichkeitsarbeit zur Ansprache der Akteure mit welchen Medien ist notwendig? Kommunikation ist genauso wichtig wie das fachplanerische Instrumentarium. Kampagnen können die Wirksamkeit von infrastrukturellen Maßnahmen unterstützen. Nur durch Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der lokalen Akteure kann die Kampagne dauerhaft in einer Kommune verankert werden.

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DIE HEBEL

Wie gehts? Die Verfahren im Detail Zukunftswerkstatt Methode: Die Zukunftswerkstatt ist ein gruppenorientiertes Problemlösungsverfahren. Im Mittelpunkt stehen die Teilnehmer. Ebenso wichtig wie das Ergebnis ist der Weg dorthin, die Lösung wird als Prozess organisiert. Methodisch beruht das Verfahren auf dem Drei-Phasen-Modell: Kritikphase: Themenbezogene Bestandsaufnahme des „Unmuts“, der negativen, aber auch positiven Erfahrungen Ideen- und Phantasiephase: Positive Wendung der Kritikpunkte, Utopienentwicklung ohne Einschränkung durch Rahmenbedingungen Verwirklichungsphase: Überprüfung der Utopien auf realisierbare Lösungen, Erarbeitung von Umsetzungsmöglichkeiten Wichtig für alle Schritte ist die Visualisierung. Der ideale Zeitrahmen sind drei Tage, die den drei Phasen entsprechen. Einsatzmöglichkeiten: Geeignet ist die Zukunftswerkstatt für Problemanalysen oder zur Entwicklung von Leitlinien. Aufgrund der Visualisierung in den Phasen – beispielsweise durch Collagen, Präsentationen in Form einer Rede oder eines Theaterstücks – lässt sie sich gut bei Kindern oder Jugendlichen einsetzen.

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Arbeitskreise und Workshops Methode: Die Teilnehmer bekommen eine Aufgabe übertragen, an deren Lösung sie frei oder durch eine Moderation begleitet arbeiten. Die Gruppe vereinbart Ziel, Methoden, Spielregeln, die Präsentationsform der Ergebnisse und einen zeitlichen Rahmen. Für bestimmte Fragestellungen können Fachleute aus der Verwaltung oder Externe für einen Vortrag hinzugezogen werden. Einsatzmöglichkeiten: Arbeitskreise oder Workshops sind für fast alle Bereiche der kommunalen Planung geeignet. Projektbegleitende Beiräte können zu bestimmten Fragestellungen Arbeitskreise oder Workshops einrichten, Beispiele: Arbeitskreis „Radverkehr“, Arbeitskreis „Barrierefrei“.

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Runder Tisch Methode: Ein Runder Tisch funktioniert nach dem Konsensprinzip (Mediationsverfahren). Die Moderation (Mediator) hat eine entscheidende Bedeutung. Ziel ist es, einen Dialog über Sachprobleme zu führen und nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen. Die Mitglieder verständigen sich auf Selbstverständnis und Arbeitsweise. Es nehmen in der Regel alle Vertreterinnen und Vertreter von Gruppeninteressen teil, die von einer Planung, einem Konflikt oder einem Problem betroffen sind. Einsatzmöglichkeiten: Unabhängig von der Planungsphase zur Lösung eines Konfliktes

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DIE HEBEL

Gutes Beispiel Essen:

Online-Bürgerbeteiligung beim Lärmaktionsplan Essen muss wie 100 weitere Ballungsräume in Deutschland seine Bürger besser gegen Lärm schützen und einen Aktionsplan ausarbeiten. Das sieht die EU-Umgebungslärmrichtlinie vor. Dabei ist eine Beteiligung der Bürger vorgeschrieben. Essen hat diese als OnlineVerfahren konzipiert und in zwei Phasen umgesetzt. Zuständig ist das Umweltamt. In der ersten Phase konnten die Bürger auf geografischen Lärmkarten Orte bezeichnen, an denen es zu laut ist, und Anregungen geben, wie sich der Lärm bekämpfen ließe. Im Anschluss leiteten die beiden zuständigen Mitarbeiter im Umweltamt viele Anregungen an die zuständigen Behörden und ausführenden Stellen weiter, so dass schnell konkrete Maßnahmen umgesetzt werden konnten. Zahlreiche weitere Vorschläge gingen in den Lärmaktionsplan ein, teilweise deckten sie sich mit den Vorschlägen der Verwaltung.

Geeignete Bürgervorschläge stellte das Umweltamt zusammen mit geplanten Maßnahmen der Stadt im Winter 2009 online. www.essen-soll-leiserwerden.de

In der zweiten Phase konnten die Bürger die Maßnahmen auf der Internetplattform bewerten und kommentieren. Diese weiteren Meinungsäußerungen berücksichtigte das Amt bei der Priorisierung der geplanten Projekte. Parallel zu den zwei Onlineverfahren fand je eine Bürgerversammlung statt. Auch viele E-Mails, einige Briefe und Anrufe erreichten die zuständigen Mitarbeiter und wurden in das Onlineverfahren integriert. Mehr als 1 000 Essener nutzten ihr Mitspracherecht. Bürger, Umweltverbände und politische Vertreter im Lärmbeirat beurteilten das Verfahren sehr positiv. Auf die Einführung des elektronischen Beteiligungsverfahrens reagierte die Verwaltung, indem sie Kommunikations- und Auswertungsprozesse neu organisierte. Bei vielen Vorschlägen war und ist eine fachübergreifende Kommunikation und Umsetzung mit anderen Fachverwaltungen notwendig. So gesehen stellt die Online-Konsultation nicht nur eine auf die Bevölkerung gerichtete Innovation dar, sondern auch eine, die neue Impulse auf die Verwaltungsabläufe in Essen ausübt. Es wird darüber diskutiert, Online-Konsultationen auch in anderen Politik- und Fachverwaltungsbereichen zu nutzen, etwa im Klimaschutz oder in der Bauleitplanung. In der kommunalen Haushaltsplanung hat die Stadt bereits erfolgreich ein weiteres Online-Verfahren durchgeführt (Bürgerhaushalt). Verwaltung und Politik können durch die OnlineBeteiligung an Glaubwürdigkeit gewinnen. Sie ist ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Politik, Verwaltung und Bürgern. Allerdings nur, wenn Verwaltung und Politik mit dem Bürger-Input transparent umgehen. Nicole Cremer, beim Umweltamt Essen zuständig für die Öffentlichkeitsbeteiligung

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DIE HEBEL

Projektbegleitende Beiräte Methode: Beiräte sind „Vorparlamente“ in unterschiedlicher Zusammensetzung, die Planungsvorhaben begleiten. Sie haben gegenüber politischen Gremien und der Verwaltung eine beratende Funktion und sind besonders in der konzeptionellen Phase wichtig – bei der Problemanalyse und der Maßnahmenuntersuchung. Sie sollten jedoch über den gesamten Planungsprozess aktiv bleiben. Als positiv hat sich eine externe Moderation erwiesen.

Einsatzmöglichkeiten: Beiräte kommen vor allem bei langfristigen kommunalen Planungen zur Anwendung, beispielsweise bei Stadtteilentwicklungskonzepten, Verkehrsentwicklungsplänen oder Kindertagesstättenentwicklungsplänen. Zu achten ist auf die Vertretung der Interessengruppen mit Bezug zur Aufgabenstellung beziehungsweise zum Plangebiet: Kinder und Jugendliche, Frauen, Senioren oder Menschen mit Behinderungen.

Die Teilnehmer sitzen in Siebener- oder Achtergruppen („Tischen“) beisammen. Nacheinander arbeiten die Gruppen an vorher festgelegten Aufgaben und werden immer wieder neu zusammengesetzt. Dadurch vernetzen sich die Themen und es kommen neue Perspektiven ins Spiel. Anschließend präsentieren und diskutieren die Teilnehmer ihre Ergebnisse im Plenum. Eine externe Moderation sollte die Konferenz begleiten.

Stadt(teil)konferenz Methode: Stadt(teil)konferenzen werden in der Regel nach der Methode Zukunftskonferenz durchgeführt: Bis zu 72 Personen planen in einem Raum ihre gemeinsame Zukunft und können unerwartete Durchbrüche erzielen. Die Zukunft kann die einer Organisation oder die eines Themas sein. Ein Projektteam stellt die Teilnehmer zusammen. Neben Vertreterinnen und Vertretern wichtiger Institutionen in der Stadt, aus Politik und Verwaltung sind die Bürgerinnen und Bürger eingeladen, sich aktiv

Einsatzmöglichkeiten: Zukunftskonferenzen dienen in der Unternehmensentwicklung als Methode der Großgruppenmoderation. In Kommunen kommen sie bei grundsätzlichen Fragestellungen erfolgreich zum Einsatz, beispielsweise bei Stadtentwicklungskonzepten, Stadtteilrahmenplänen oder Beteiligungshaushalten.

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am Zukunftsdialog zu beteiligen. Eine Konferenz dauert etwa 18 Stunden, idealerweise auf drei Tage verteilt. In Anlehnung an die Methode Zukunftswerkstatt gibt es fünf Phasen:

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Rückblick in die Vergangenheit Analyse der Gegenwart Vision („Zukunft inszenieren“) gemeinsame Ziele erarbeiten Maßnahmen erarbeiten

Juliane Krause, Stadt- und Verkehrsplanerin

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DIE HEBEL

Medien und Öffentlichkeitsarbeit Eine Kampagne zur Verhaltensänderung muss Augen, Ohren und Herzen der Bürgerinnen und Bürger erreichen.

Wie funktioniert Werbung?

Gute Frage, leichte Antwort: Wie ein Liebesbrief. Denn wenn ein Produkt – oder eine Idee oder eine Dienstleistung oder, oder, oder – von seiner Zielgruppe geliebt werden will, dann muss es all das bewirken, was auch ein Liebesbrief bewirken soll: dass mein Umworbener mich bemerkt, akzeptiert und im besten Falle auch liebt, wenn er mich kennengelernt hat.

zent des bedruckten Papiers Werbung. Sie haben die Zeitschrift aber nicht wegen der Werbung gekauft. Also drängen sich Werbende mit ihrem Anliegen, das Sie ja erst einmal erkennen und akzeptieren sollen, in Ihre private Zeit. Das hinzubekommen ist eine Kunst, die nicht jeder beherrscht. Deshalb sind so viele Menschen von Werbung frustriert.

Als Allererstes muss man den Adressaten des Briefes ganz genau kennen. Vor allem Träume, Wünsche, Probleme. Also alles.

Sie haben als Werbender nur eine Sekunde Zeit, Aufmerksamkeit zu bekommen. So lange dauert es nämlich, eine Seite umzublättern. Sie bekommen die Aufmerksamkeit am einfachsten dadurch, dass Sie Ihrem Umworbenen etwas schenken. Am besten ein Lächeln.

Das heißt, wer gute Werbung machen will, muss die Zielgruppe präzise analysieren. Nur dann kann er die richtige Botschaft über das richtige Medium zur richtigen Zeit senden. Das Problem ist, dass die angesprochene Person nicht auf eine Botschaft wartet. Also müssen Sie ihre Aufmerksamkeit auf sich lenken. Das geht am besten mit einer „merk-würdigen“ Idee. Etwas, das Ihr Adressat noch nie gesehen hat, das ihn aufmerken lässt. Etwas Ungewöhnliches, das ihn zwingt, einen Gedanken daran zu verschwenden: ein gutes Bild, eine gute Geschichte, eine gute Schlagzeile oder eine verblüffende Kombination von allem. Jeder Mensch wird täglich mit Tausenden von Werbereizen überflutet – und nur ganz wenige erregen seine Aufmerksamkeit. Gehen Sie von sich selbst aus: In einer Zeitschrift sind 50 Pro-

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Denn wenn Sie jemanden zum Lächeln bringen, hat er Sie bemerkt, verstanden und reagiert positiv darauf. Also müssen Sie eine Idee haben, die ihn zum Lächeln bringt – und die gleichzeitig Ihr Anliegen so charmant verpackt, dass er Ihre Absicht, ihn zu etwas zu überreden, nicht bemerkt oder zumindest akzeptiert. Eine „merk-würdige“ Idee, die Ihre Botschaft humorvoll transportiert. Die Botschaft muss außerdem verankert werden. Bringt sie den Umworbenen lediglich zum Lächeln, vergisst er ganz schnell, worum es geht – wenn er es überhaupt bemerkt hat.

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DIE HEBEL

Also – Werbung ist ganz einfach:

Denken Sie immer mit dem Kopf des Umworbenen. Schreiben Sie in seiner Sprache. Unterhalten Sie ihn, denn Sie drängen sich in seine Zeit. Seien Sie nicht zu aufdringlich und prüfen Sie, ob Ihr Anliegen für ihn relevant ist. Es darf nicht länger als eine Sekunde dauern, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Schenken Sie ihm etwas – am besten ein Lächeln.

Geben Sie ihm immer einen Grund, sich nach dem Lächeln weiterhin mit Ihrem Anliegen zu beschäftigen. Die meisten Menschen bemerken erst nach einigen Anläufen, dass Sie etwas von ihnen wollen. Erfahrungsgemäß braucht ein Angesprochener mindestens sechs Anstöße, um aufmerksam zu werden. Und er kann nicht reflektieren, woher die Anstöße kommen. Also muss man ihn umzingeln und die Botschaft auf allen Kanälen senden. Es gibt nicht nur einen Weg, ein Anliegen loszuwerden. Jeder nutzt Medien anders, und erst in der Summe aller Medien kommt eine Wirkung zustande. Also nur Plakate, nur Mailings, nur Anzeigen, nur Online, nur Guerilla, nur Rundfunk, nur Promotions helfen nicht. Werbetreibende sollten immer alle relevanten Medien nutzen, alles andere könnte vergebene

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Liebesmüh sein. Glauben Sie mir, man schreibt viele Liebesbriefe, bevor man etwas erreicht. Die Kampagne „Kopf an: Motor aus“ erfüllt vorbildlich alle diese Regeln. Sie schafft durch sympathisch-agressive Schlagzeilen hohe Aufmerksamkeit. Sie lenkt immer direkt zum Thema. Sie ist plakativ, intelligent und durchdekliniert. Bei ihr passen alle Bausteine quer durch die Medien perfekt zusammen. „Kopf an: Motor aus“ kann durch ihre hohe Kreativität Geld sparen – aber nur, wenn man sich die Mühe macht, sie zum Kumulieren zu bringen. Das heißt, wenn man möglichst alle Puzzelsteine einsetzt, so dass sie sich gegenseitig zur Wirkung bringen. Diese 360-Grad-Kampagne kostet vielleicht etwas mehr Arbeit als langweilige 90-GradKampagnen, die beispielsweise nur auf Anzeigen und Plakate setzen. Dafür belohnt sie mit hoher Effizienz, was die Ergebnisse der Evaluation zeigen. Doch mit Liebe zur Sache nimmt wohl jeder gern die Mühe auf sich, etwas fleißiger zu sein als andere.

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Prof. Jochen Pläcking, Präsidiumsmitglied des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft

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DIE HEBEL

Wie ticken Medien?

Wie finden Medien ihre Themen? Hauptsächlich über Nachrichtenagenturen, Leitmedien, das Privatleben und die individuellen Informationsquellen der Redakteure. Die Themensetzung hängt von der allgemeinen Nachrichtenlage, dem Profil des Mediums und dem Selbstverständnis einer Redaktion ab. Während Lokalzeitungen über eine Kampagne wie „Kopf an: Motor aus“ in der Regel wohl eins zu eins berichten, brauchen überregionale Zeitungen ein „Problem“ und Magazine einen „Dreh“. Wie reagieren Medien auf Nicht- oder unprofessionelle Kommunikation? Mit Nichtberichterstattung. Je professioneller jemand kommuniziert und je besser er die Bedürfnisse und Strukturen eines Mediums kennt, desto größer ist seine Chance, dort mit seinen Themen durchzudringen. Das fängt bei simplen Dingen an: Wenn man den Redakteur kurz vor Redaktionsschluss anruft, hat er kein offenes Ohr und wird einen abwimmeln. Eine Pressekonferenz muss früh genug stattfinden, so dass genügend Zeit bis zum Redaktionsschluss ist. Aber auch nicht so früh, dass es die sensibleren Journalisten nicht aus dem Bett schaffen. Einer der klügsten deutschen Politiker pflegte seine Themen und Positionen mit bis zu achtseitigen Faxen in die Redaktionen zu schicken. Er wollte nicht populistisch oder unterkomplex sein. Was ihn ehrte. Aber seine Abdruckchancen nicht gerade erhöhte.

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Die Frage, die gute Redakteure sich und anderen stellen, lautet: Was ist die Geschichte? Das muss man sich selbst in einem Satz beantworten können, bevor man in der Redaktion anruft. Und dann muss man im zweiten Satz beschreiben, wo das Problem liegt. Auf keinen Fall sagen: „Wir machen eine Imagekampagne für eine gute Sache.“ Da würde zumindest ich sofort auflegen. Gute Journalisten wollen keine gute Moral angeboten bekommen, sondern eine gute Geschichte. Am besten eine, die sich über spannende Menschen erzählen lässt. Doch man muss auch wissen, dass Journalisten – selbst wenn sie gut sind und bei einem ordentlichen Medium arbeiten – in der Regel weniger an einer Pressekonferenz mit Hans Josef Fell interessiert sind, dem energiepolitischen Sprecher der Grünen, sondern mehr an einer mit Heidi Klum … obwohl sie die angeblich blöd finden. Warum hat Radfahren in Redaktionen ein Negativ-Image? Das Problem ist nicht das Negativ-Image. Sicher sieht in bestimmten Redaktionen der Typus Autofahrer die Sache komplett aus Autofahrersicht. Wenn der das Wort „Mobilitätskonzepte“ hört, kriegt er einen Anfall. Schwerwiegender ist aber, dass für viele Fahrradfahren ein harmloses Freizeitthema ist. Oder schlicht gar kein Thema: Man fährt – in

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DIE HEBEL

der Freizeit – Fahrrad, aber man schreibt nicht drüber. Andere Kollegen haben Probleme, das Thema professionell kühl anzugehen, weil sie selbst mit dem Wechsel der Rollen zwischen Autofahrer, Fahrradfahrer und Fußgänger nicht zurechtkommen. Genau hier liegt allerdings eine spannende Geschichte, zumindest im autofixierten Berlin. Eine Kollegin schreibt: „Mein Lieblingshassobjekt ist um die dreißig, hat einen Helm auf dem Kopf und mäht alles nieder, in dem Bewusstsein, ich fahre Rad und damit gehöre ich zu den Guten. Die fahren in Kindergruppen, in alte Leute rein, die haben von Bremsen noch nie was gehört. Die klingeln sich durch den Verkehr und ich hassssssse sie.“ Das ist eine (Fortsetzungs-)Geschichte, die alle betrifft und interessiert: die Autofahrer, die Fahrradfahrer, die Fußgänger. Aus der Beschreibung des Konflikts ergeben sich zwangsläufig die verkehrspolitischen Konsequenzen. Der nächste Schritt für die Entwicklung und den Ausbau der Medienresonanz einer Kampagne wie „Kopf an: Motor aus“ könnte also darin bestehen, sie nicht nur positiv, sondern auch kontrovers anzulegen.

Das Wichtigste:

Werbung funktioniert wie ein Liebesbrief:

Man muss bemerkt, akzeptiert und im besten Fall geliebt werden.

Wer gute Werbung machen will, muss die

Zielgruppe präzise kennen und eine „merk-würdige“, ungewöhnliche Idee haben. Am besten bringt man die Umworbenen zum Lächeln.

Eine Sekunde Zeit hat man, Aufmerk-

samkeit zu bekommen.

Seine Botschaft muss man auf mehreren

Kanälen senden: Die Werbewirkung kommt erst in der Summe aller Medien zustande.

Wer will, dass die Medien berichten,

braucht vor allem eine gute Geschichte – am besten eine über spannende Menschen.

Auf unprofessionelle Öffentlichkeitsarbeit

reagieren Medien mit Nichtberichterstattung.

Vor allem die Themen Radfahren und

Zufußgehen brauchen einen professio-

Peter Unfried, Chefreporter der Tageszeitung taz

nellen und spannenden Dreh, da sie für viele Journalisten harmlose Freizeitthemen sind.

Eine Möglichkeit wäre, das Mit- und lei-

der oft Gegeneinander von Autofahrern, Fahrradfahrern und Fußgängern zu thematisieren beziehungsweise Lösungen anzubieten.

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DIE KAMPAGNE

Was konkret zu tun ist Eine erste Mittel- und Ressourcenplanung – damit eine Kampagne zur Verhaltensänderung wirklich Erfolg hat.

Eine Kampagne, was heißt das? Städte und Kommunen verwenden den Begriff häufig für Aktionen, die Bürger durch Flyer, Veranstaltungsreihen oder einzelne Aktionen auf Anliegen der Stadtverwaltung aufmerksam machen. Großkonzerne stellen für Begleitkampagnen zur Einführung neuer Produkte Millionenbeträge ein und bewerben sie mit TV-Spots, Großplakaten oder PR-Artikeln. Welche Mittel und Ressourcen müssen tatsächlich aufgewendet werden, um eine wirksame Kampagne zur Verhaltensänderung durchzuführen? Wie werden verkehrspolitische Inhalte zum Stadtgespräch?

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„Gesamtheit aller gestalteten Werbemit-

tel und deren Einsatz in ausgewählten Werbeträgern (Media), Werbegebieten und in einem bestimmten Werbezeitraum. Die inhaltlichen Ziele einer Werbekampagne sollen mit einer zielgruppengerechten Ansprache vereinbar sein. Nach Erreichen der Werbeziele oder nach Ablauf des geplanten Werbezeitraums ist die Werbekampagne beendet. Mögliche Erscheinungsformen: Plakate, Druckschriften, Anzeigen, Fernsehspots und Funkspots, Werbegeschenke etc.“ (Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch von der EBS Business School)

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Für den Erfolg einer Werbekampagne sind Budget, Werbeträger und die Präsenz im Stadtbild entscheidend. So halten es Werbeexperten für eine fatale Kombination, eine Kampagne mit einem schwachen Werbebudget zu versehen, da Aufmerksamkeit und damit auch Wirkung der Werbung extrem schnell wieder verpuffen. Zu wenig Geld auszugeben bedeutet in diesem Fall, Geld zu verschwenden. Optimal ist eine „Multi-Channel“-Kampagne, die unterschiedliche Medien, PR-Aktionen und informative Veranstaltungen gezielt vereint, um mit einem kalkulierbaren Budget eine maximale Wirkung zu erzielen.

Was macht eine Kampagne zu einer Kampagne? Statt nur einmal groß aufzutreten, sollte eine Kampagne mit Wiederholungen arbeiten, die die Botschaft immer wieder vor Augen führen. Die Kampagne darf dabei der Zielgruppe jedoch nicht das Gefühl vermitteln, die Botschaft seit bereits bekannt. Sie muss also immer wieder neu verpackt werden – aber nicht bis zur Unkenntlichkeit, sondern stets im Kampagnendesign. Die klassische Werbung plant oftmals in mehreren sogenannten „Flights“ oder Werbeperioden, in denen die Botschaften im Straßenbild präsent sind. Eine Kampagne, die Menschen dazu bewegen will, ihr Verhalten zu überdenken und im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes zu ändern, unterliegt darüber hinaus weiteren Gesetzmäßigkeiten als herkömmliche Werbekampagnen. Denn in diesem Fall geht es um den Bruch mit Routine, vergleichbar mit der Suchtbekämpung. „Kopf an: Motor aus“ arbeitet deshalb mit Phasen, die angelehnt an das Transtheoretische Modell (TTM) der Verhaltensänderung konzipiert wurden. Nach diesem Modell erfolgen Verhaltensänderungen in mehreren Einstellungsstufen: Sorglosigkeit, Bewusstwerden, Vorbereitung, Handlung, Aufrechterhaltung und Stabilisierung. Aus diesen Stufen leiteten die Kampagnenmacher drei Phasen ab und hinterlegten sie mit jeweils einer anderen Farbe: Rot, Grün und Blau. Der Farbwechsel erregt immer wieder aufs Neue Aufmerksamkeit in den Städten

Kopf an: Motor aus. Für null CO2 auf Kurzstrecken.


DIE KAMPAGNE

– und dennoch bleiben die Kampagnenmaterialien sehr gut erkennbar. Die rote Vorbereitungsphase macht deutlich auf die Kampagne aufmerksam und regt zum Nachdenken an. Mal an die Vernunft, mal ans Gefühl appellierend, teils provokant, aber stets mit einem Augenzwinkern liefert sie Argumente für einen CO2-freien Stadtverkehr per Rad und per Pedes. Die Handlungsphase (grün) schafft konkrete Anlässe, bei denen Autofahrer das Radfahren oder Zufußgehen selbst ausprobieren können. Die Bestätigungsphase in Blau motiviert und bestärkt all jene, die ihr Verhalten bereits geändert haben, dranzubleiben.

Was sind geeignete Kampagnenmedien? Die strategische Planung von Anzahl und Art der eingesetzten Medien sowie die zeitliche Einteilung der Werbephasen (Flights) wird Mediaplanung genannt. Ein Mix unterschiedlicher Medien und Aktionen sowie eine nennenswerte Präsenz über einen längeren Zeitraum hinweg sind unverzichtbar, um eine Stadt für das Thema Verhaltensänderung im Verkehrsbereich zu öffnen. Die Kampagne „Kopf an: Motor aus“ arbeitet mit einer großen Zahl unterschiedlicher Medien, PR-Aktionen, Veranstaltungen und Streetpromotion. Dieser Medienmix wird auf jede Kampagnenstadt individuell zugeschnitten und inhaltlich angepasst.

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Großflächenplakate sind klassische Werbeträger. Sie eignen sich besonders für Verkehrsthemen, da sie der Zielgruppe direkt vor Ort und „bei frischer Tat“ die Botschaften vor Augen führen. Sie können in unterschiedlichen Größen und an unterschiedlichen Orten in der Stadt gebucht werden. Idealerweise werden sie mit Bannern kombiniert, die eine Stadt beispielsweise kostenneutral an kommunalen Brücken aufhängen kann. Werden sie für die Zielgruppe, zum Beispiel Pendler oder andere Kurzstreckautofahrer, günstig positioniert, erreichen sie sehr viele Menschen. Die „Kopf an“-Kampagne setzt in den Städten stark auf diese Outdoor-Medien – mit Erfolg. Knapp 62 Prozent der in der Evaluation abschließend Befragten erinnerten sich auf Anhieb an diese Medien, ebenso viele auf Nachfrage. Die Reichweite der Plakate lag bei bis zu 94 Prozent. Kinospots gehören ebenfalls zu den klassischen Werbemedien. Sie können mehr Informationen transportieren als Großflächenplakate und runden eine Kampagne durch den Einsatz von bewegten Bildern ab. Radiospots eignen sich deshalb für die Kampagne, weil sie die Autopendler in der Rushhour morgens und abends erreichen. Auch nach dem Aufstehen und vor dem Weg zur Arbeit schalten die Menschen ihr Radio ein. Printmedien wie Flyer und Broschüren ergänzen die Werbebotschaften mit Hintergrundinformationen. Sie allein führen aber in der Regel zu keiner Verhaltensänderung, son-

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DIE KAMPAGNE

dern können lediglich den aufmerksam gewordenen Bürgern weitere Hilfestellungen und Anreize liefern. Die Printmaterialien sind stets im Design der Kampagnenphase gestaltet und erzielen so einen großen Wiedererkennungseffekt. Internetauftritte transportieren ähnlich wie Printmedien vertiefte Informationen über die Kampagne. Sie sind deshalb ein unverzichtbarer Bestandteil. Neben der Bereitstellung von ausführlichem Hintergrundwissen lassen sich laufend Neuigkeiten einpflegen. Außerdem können Kampagnenmacher sowie Vertreter der Städte mit den Bürgern direkt interagieren und kommunizieren. Ambient Media bezeichnet Werbemittel im direkten Lebensumfeld der Zielgruppe. Sie können vergleichsweise günstig produziert und sehr gezielt eingesetzt werden. Die Bandbreite reicht von Aufklebern auf Parkautomaten, mit frechen Botschaften versehene Parkzettel über bedruckte Briefumschläge und Brötchentüten, Beachflags an Fahrradständern bis hin zu Hinweisschildern in Einkaufswagen von örtlichen Supermärkten und beklebte Treppenstufen an öffentlichen Plätzen.

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Motive und Texte sollten genau auf ihre Zielgruppe abgestimmt sein, überraschen und so kurz wie möglich gehalten werden. Die Kernaussage sollte herausstechen und mit einfachen Worten überzeugen.

„Kopf an“ setzt ganz bewusst nur auf Text. Der lässt sich witzig und zeitlos gestalten und außerdem flexibel anpassen an die Besonderheiten der Kampagnenstädte, beispielsweise an regionale Sprüche oder Dialekte. Angenehmer Nebeneffekt: Es sind keine teuren Fotoshootings nötig. Die Motive von „Kopf an: Motor aus“ sind frech, teilweise aufrüttelnd, aber nie polarisierend. Beliebtestes Motiv in den bisherigen Kampagnenstädten ist übrigens „Verbrennen Sie doch mal Kalorien statt Benzin“. Es zeigt, wie die Kernaussage einer Kampagne in kurzen Worten auf den Punkt gebracht werden kann. Und es demonstriert, wie wichtig es ist, die Menschen beim Gefühl, in diesem Fall Körpergefühl, zu packen. PR-Aktionen und Veranstaltungen sollten stets in drei Richtungen gedacht und konzipiert werden: Erstens sorgen sie für ungewöhnliche Bilder und Erlebnisse auf der Straße, zweitens vermitteln sie Informationen im direkten Kontakt mit der Bevölkerung und drittes schaffen sie gezielt Nachrichtenwert für lokale Berichterstattung. Außerdem lassen sich Politiker, andere Prominente und der Einzelhandel vor Ort einbinden. Nur wenn Aktionen und Veranstaltungen diese Aspekte erfüllen, macht ihr häufig verhältnismäßig hoher Kontaktpreis wirklich Sinn.

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DIE KAMPAGNE

Veranstaltungen, die Verhaltensänderungen nach dem Ansatz „do–feel–learn“ herbeiführen wollen, machen das Kampagnenthema erfahrbar, die Bürger können sich mit dem Anliegen leichter identifizieren. Die Unterstützung der entsprechenden Branchen, bei „Kopf an“ beispielsweise der Fahrradbranche, die Gewinne oder Proberäder zur Verfügung stellt, ermöglicht es, die Bürger zu beteiligen und ihnen den Umstieg schmackhaft zu machen. Anzeigen und PR-Berichte, das heißt bezahlte längere Textbeiträge in aktuellen Tageszeitungen, gehören idealerweise zu einem optimalen Mediamix. Mit Printanzeigen lassen sich Bürger unter anderem für Events vor Ort begeistern. Es bietet sich an, dabei mit Gewinncoupons zu arbeiten. Für Aufmerksamkeit sorgen im Rahmen von „Kopf an: Motor aus“ auch die „Wetteranzeigen“ im Hörfunk. Je nach Vorhersage wird die passende Anzeige geschaltet – bei strahlendem Sonnenschein beispielsweise: „Kaiserwetter. Ideal, um das Auto stehen zu lassen. Ab aufs Rad oder in die Laufschuhe!“ Presse- und Öffentlichkeitsarbeit darf als zentraler Baustein im Kommunikationsmix nicht fehlen. Ein redaktioneller Beitrag in einer größeren Tageszeitung erreicht Zehntausende Leser, denen andere Medien unter Umständen nicht ins Auge fallen. Eine gute Berichterstattung lebt von einem professionellen, offenen und kontinuierlichen Kontakt zur lokalen Presse. Diese Kontakte wollen gepflegt

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sein, das heißt regelmäßig mit Informationen versorgt werden, und nicht erst dann, wenn man selbst eine Berichterstattung will. Kontaktarbeit in Abstimmung mit dem eigenen Presseamt, in Form von Redaktionsbesuchen, Hintergrundgesprächen, Exklusivgeschichten oder -interviews braucht viel Zeit und ein Gespür für journalistische Geschichten. Es müssen außerdem Informationen mit Nachrichtenwert geschaffen werden, die Journalisten und andere Multiplikatoren publizierenswert finden. Das stellt gerade bei einem alltäglichen Thema wie Radfahren und Zufußgehen eine besondere Herausforderung dar. Seriöse Pressearbeit ist ein zentraler Faktor für den nachhaltigen Erfolg einer Kampagne.

Ziel erreicht? Medienresonanzanalyse und Evaluation Um den Erfolg der Presseaktivitäten einer Kampagne zu beurteilen, ist eine Auswertung der Berichterstattung notwendig (Medienresonanzanalyse). Für „Kopf an: Motor aus“ ergab sie Folgendes: Die Kosten, die bei der Schaltung von entsprechend platzierten, gleich großen Anzeigen entstanden wären (Anzeigenäquivalenzwert), lag 2009 bei 365000 Euro und 2010 sogar bei knapp 633000 Euro. Die Pressearbeit schuf also einen hohen zusätzlichen Werbewert.

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Menschen folgen in ihrem Lernverhalten

nicht immer dem klassischen Ablauf der Informationsverarbeitung „learn–feel–do“ (lernen, erleben, handeln). Zur gefühlsmäßigen Verarbeitung des Erlebten und dem damit verbundenen Lerneffekt kann es durch ein spontanes Erlebnis wie eine Fahrradprobefahrt kommen, nach dem Motto „do– feel–learn“: erst handeln, dabei erleben und daraus lernen.

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Die Evaluation überprüft, wie die eingesetzten Kampagnenmittel gewirkt haben und ob sie in den Folgejahren gegebenenfalls angepasst werden müssen. Darüber hinaus kann ein

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DIE KAMPAGNE

positives Evaluationsergebnis als Argumentationshilfe gegenüber Kritikern dienen. Eine herkömmliche Methode ist die Werbewirksamkeitsanalyse. In einer quantitativen Befragung der Zielgruppen werden Kennzahlen zur Werbeerinnerung ermittelt. Damit die Befragung repräsentativ ist, müssen mindestens 1000 Antworten ausgewertet werden.

Was kostet eine wirkungsvolle Kampagne? Angesichts der großen Konkurrenz um öffentliche Aufmerksamkeit muss eine massenmediale Informationskampagne, die wirklich wahrgenommen werden soll, mit einem angemessenen Budget hinterlegt werden. Die „Gib Aids keine Chance“-Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kostet 2011 etwa elf Millionen Euro aus Bundesmitteln und Geldern des Bundesverbandes der Privaten Krankenversicherung. Auch DAXKonzerne geben für Marketingkampagnen mehrere Millionen Euro aus.

Schulen dort Banner aufhängen, können die Kosten für eine flächendeckende Kommunikationskampagne deutlich senken.

Wie viele Mitarbeiter braucht man dafür? Die Umsetzung einer professionellen Kampagne bindet auch personelle Ressourcen. Die können deutlich eingegrenzt werden, wenn Städte eine Kommunikationsagentur beauftragen. Pro Stadt sollte dann noch mit etwa einer halben Stelle über acht Monate gerechnet werden, das entspricht etwa 15 bis 20 Wochenstunden. Die Hauptaufgabe besteht darin, interne Abstimmungsprozesse zu begleiten und zu koordinieren. Rosa Rausch, Kathrin Voskuhl, „Kopf an“-Projektmitarbeiterinnen

„Kopf an: Motor aus. Für null CO2 auf Kurzstrecken.“ kommt mit einem bescheideneren Budget aus. In einer mittleren Stadt muss pro Kampagnenjahr etwa 1,20 Euro je Einwohner investiert werden. In Kleinstädten liegt dieser Wert etwas höher, in größeren Städten niedriger. Die Anmietung von Werbeflächen macht einen großen Teil der Kosten aus. Städte, die eigene Werbeflächen wie Brücken oder Häuserwände nutzen oder in Kooperation mit

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Kopf an: Motor aus. Für null CO2 auf Kurzstrecken.


DIE KAMPAGNE

Checkliste: Detaillierte Schritte und Zeitplanung Zeitpunkt

8 Monate vorher

6 Monate vorher

6 Monate vorher

4 Monate vorher

3 Monate vorher 2 Monate vorher

1 Monat vorher

1 Woche vorher +++ +++ Nach 1 Monat Nach 2 Monaten Nach 3 Monaten Nach 4 Monaten Nach 5 Monaten Nach 6 Monaten Nach 8 Monaten

Was?

Verantwortlich

• Ratsbeschluss • Bestimmung eines stadteigenen Projektleiters und eines abteilungsübergreifenden Projektteams • Beauftragung einer Agentur • Auftakttreffen Projektteam und Agentur • Festlegung der inhaltlichen Ausrichtung der Kampagne • Reservierung stadteigener Werbeflächen • Ansprache potentieller Sponsoren, Ausarbeitung eines Sponsorenkonzepts • Ggf. Vorbereitung einer Vorabbefragung für die spätere Evaluation • Gemeinsames Treffen mit örtlichen Interessenverbänden und Multiplikatoren • Ausarbeitung eines Aktionsplanes zur Einbindung der Akteure vor Ort • Definition eines detaillierten Zeitplans, Termine des OBs abstimmen/blocken lassen • Abstimmung des Konzepts fürs Startevent mit allen Beteiligten • Auswahl und Buchung der Plakatflächen • Absprache der Medienkooperationen mit örtlicher Tageszeitung und Hörfunksendern • Einladung zum Startevent • Endfreigabe der Motive der ersten Kampagnenphase • Ausarbeitung der Inhalte für den Presseauftakt • Endplanung des Startevents • Presseeinladung • Startevent • Start der ersten Kampagnenphase • Beginn der Vorbereitung des Events in der grünen Phase • Endfreigabe der Motive der zweiten Kampagnenphase • Vorbereitung der Evaluation • Start der zweiten Kampagnenphase • Zentrales Event in der grünen Phase • Vorbereitung der Danke-Aktion • Endfreigabe der Motive der dritten Kampagnenphase • Start der dritten Kampagnenphase • Start der Befragungen für die Evaluation • Beginn der Auswertung • Vorlage des Abschlussberichts ggf. mit Pressegespräch • Vorbereitung der neuen Kampagnenphase • Inhaltliche Anpassung der Kampagne entsprechend der Evaluationsergebnisse

Kopf an: Motor aus. Für null CO2 auf Kurzstrecken.

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IHRE KAMPAGNE

F端r den Klimasc keine Kampagn Sondern die vor Rufen Sie an:

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Kopf an: Motor aus. F端r Null CO2 auf Kurzstrecken.


hutz m端ssen Sie e neu erfinden. handene nutzen. 0228/98585-45

Kopf an: Motor aus. F端r Null CO2 auf Kurzstrecken.

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LITERATUR

ADAC-Autokostenrechnung zitiert nach www.besser-autokaufen.de

Stiftung Mitarbeit, Bonn 2004, Praxis Bürgerbeteiligung, Ein Methodenhandbuch

Olaf-Axel Burow, Marina Neumann-Schönwetter, Hamburg 1997, Zukunftswerkstatt in Schule und Unterricht

Prof. Dr. Peter C. Dienel, 2002, Die Planungszelle. Der Bürger als Chance

Infras, 2007, Externe Kosten des Verkehrs in Deutschland

WHO, Genf 2007, Increasing physical acitivity reduces risk of heart disease and diabetes

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IMPRESSUM

HERAUSGEBER

REDAKTION

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fairkehr GmbH, Kirsten Lange, Rosa Rausch, Anna Rühmann, Kathrin Voskuhl, Valeska Zepp

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Evers-Druck GmbH Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative. Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers ARGE ZEM, Bonn 2011

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