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Evergreen Architecture

GREEN WASHING

Geglättet, eingepfercht, zurückgedrängt und abgegrast. Zu lange sind wir mit der Natur umgegangen wie mit einem widerspenstigen Haar. Doch sie ist wichtig für uns, fürs Überleben und unser Wohlbefinden, das zwischen Betonbunkern und Stahlbauten eingeht wie eine Blume ohne Sonnenlicht. gestalten zeigt in „Evergreen Architecture“ Architektur, die es besser macht: begrünte Fassaden, überwucherte Balkone oder mit Rasen bepflanzte Dächer.

REDAKTION: MARINA WARTH FOTOS: GESTALTEN

 Green Box /

act_romegialli, Cerido, Lombardei, Italien

Es hat etwas Verwunschenes an sich, etwas Märchenhaftes vielleicht, sodass die eigene Fantasie bereits mit dem Gedanken spielt, welche Feen und Fabelwesen hier ihr Zuhause finden. Die Zeit brachte das Grün, die Architekten das Fundament, damit die Pflanzen in aller Ruhe wuchern können. Mit Bedacht wurden letztere ausgesucht, um die Fassade das ganze Jahr über zu begrünen und der Architektur zu erlauben, nach und nach unter der Flora zu verschwinden.

 Urban Forest /

Koichi Takada Architects, Brisbane, Australien

Als wäre die Skyline Brisbanes nicht bereits eindrücklich genug, verpasst ihr der Urban Forest ein grünes Statement. Inmitten hoher Bauten erinnert der 30 Stockwerke hohe Turm, in dessen Innern rund 400 Apartments schlummern, daran, die Natur in der Stadt nicht zu vergessen. 1'000 Bäume und 20'000 heimische Pflanzen wurden für die Fassade verwendet. Auf dem Dach des Gebäudes befinden sich auf 1'500 Quadratmetern Solarpanels sowie ein Recyclingsystem für Abwasser, das wiederum die Pflanzen am Gebäude versorgt.

© RENDERS COURTESY OF KOICHI TAKADA ARCHITECTS & BINYAN STUDIOS, EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021 © SOU FUJIMOTO ARCHITECTS, OXO ARCHITECTES, COMPAGNIE DE PHALSBOURG, OGIC, MORPH, EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021

© COURTESY OF KOICHI TAKADA ARCHITECTS AND BINYAN STUDIOS, EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021

 Mille Arbres /

OXO Architects and Sou Fujimoto Architects, Paris, Frankreich

Die Idee: ein komplett neues Ökosystem zu kreieren, das gleichzeitig Begegnungszone, Wohnraum, Hotel, Busstation und Kindergarten darstellt. In Paris entsteht dieses Gebäude, das in seiner Form an die Arche Noah erinnert. 1'000 Bäume verteilen sich im unteren Teil, der als Park genutzt werden soll, und auf der oberen Fläche, die als großzügiger Garten geplant ist. Fertigstellung: 2023.

© FOTO HUFTON + CROW, EVERGREEN ARCHITECTURE,

© HEATHERWICK STUDIO, FOTO HUFTON + CROW, GESTALTEN 2021

EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021

 Eden /

Heatherwick Studio, Singapur

Im historischen Teil Singapurs befindet sich dieses Gebäude aus Stahl und Glas, dessen Balkone mit ordentlich Grünzeug bepflanzt sind. Doch noch mehr: Die Konstruktion macht es möglich, dass sich das Gebäude durch Querlüftung selbst kühlt und nicht zusätzlich auf eine Klimaanlage angewiesen ist. Die Fenster aus Glas wurden von den Architekten zurückversetzt, um die Sonneneinstrahlung und die damit verbundene Wärmezufuhr zu minimieren.

© FOTO INGENHOVEN ARCHITECTS & HGESCH, EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021

© FOTO INGENHOVEN ARCHITECTS, EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021

 Kö-Bogen II /

Ingenhoven Architects, Düsseldorf, Deutschland

Wüsste man es nicht besser, würde man von nahem glatt eine Hügellandschaft vermuten. Tatsächlich stammen die KöBogen in Düsseldorf allerdings aus den findigen Fingern der Ingenhoven Architects. Die Idee: für die Verkleidung der Fassade eine in Deutschland heimische Pflanze zu verwenden, die dem Gebäude mit ihrem Wachstumszyklus übers Jahr ein immer anderes Aussehen verleiht.

Studio Marco Vermeulen, Werkendam, Niederlande

MittenimDeBiesboschNationaparkbefindetsich das gleichnamige Museum, dessen pyramidenförmiges Dach von einer Grasfläche verkleidet wird. Flusswasser wird zur Kühlung des Gebäudes durch dessen Untergrund gepumpt, während in kalten Monaten mit nachhaltiger Biomasse Wärme erzeugt wird. Das Abwasser des Museums wird im Gebäude durch einen Filter aufbereitet und in die umliegende Natur zurückgeführt.

© STUDIO MARCO VERMEULEN, FOTO RONALD TILLEMAN, EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021 © PATISANDHIKA AND DANIEL MITCHELL, PHOTO TOMMASO RIVA, EVERGREEN ARCHITECTURE, GESTALTEN 2021

 Brutalist Tropical Home /

Patisandhika & Daniel Mitchell, Bali, Indonesien

Wer dieses Haus sucht, findet es in einem kleinen Tal an Balis südlicher Küste. Die geometrische Betonkonstruktion, die im heißen Bali für ordentlich Kühlung sorgt, ist allerdings nicht der einzige Grund, sich dieses Gebäude anzusehen. Solarpanels auf dem Dach versorgen die Unterkunft mit der nötigen Energie, während das Interieur aus Holz im Innern für Gemütlichkeit sorgt. Die Pflanzen erobern den Raum zurück – und das ist gewollt – werden diese mit der Zeit auch in den Innenraum vordringen und dem Haus noch mehr Einzigartigkeit verpassen.

EVERGREEN ARCHITECTURE Die Natur erobert die Städte. Und das ist dringend notwendig, lebt doch über die Hälfte der weltweiten Bevölkerung im urbanen Raum, wo sie die Treibhausgase maßgeblich in die Höhe treibt. Die Lösung: grüne Städte, bepflanzte Häuser und mehr von allem, was CO2 in Sauerstoff verwandelt. Der Verlag gestalten sammelt weltweit die schönsten Projekte begrünten Urbanismus’ und fasst diese im 288 Seiten starken Werk „Evergreen Architecture“ zusammen, das als Appell gilt an die Welt, der Natur ordentlich Sorge zu tragen. Texte von Aoi Phillips & Rosie Flanagan, „Evergreen Architecture. Overgrown Buildings and Greener Living“, gestalten, ca. 40.–

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