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Jeroen Achtien

Wild one

Es regnet Sterne und Punkte auf Jeroen Achtien, den Küchenchef des Restaurants Sens im Vitznauerhof. Seit 2018 gibt der 33-jährige Holländer hier den Takt vor. Sucht Achtien die Muse, dann verschwindet er aus der Küche, setzt sich aufs Motorrad und braust damit raus in die Natur. Zurück am Herd zaubert er dann die Ideen aus dem Köcher, die aus einem Koch einen Künstler machen.

Fast schon kitschig: die Lage des Vitznauerhofs direkt am Vierwaldstättersee.

Mit 33 regnet es für Jeroen Achtien bereits ordentlich Punkte und Sterne. Jung, wild und gierig danach, Fine Dining aufs nächste Level zu hissen: Über Jeroen Achtien schwebt seit November 2021 der Gault&Millau-Titel des Aufsteigers des Jahres. Solche Auszeichnungen sind toll, doch noch mehr ist es ein Küchenchef wie der 33-jährige Holländer, die einfach Freude haben an ihrem Handwerk, die mit ihren Zutaten spielen wie ein Kleinkind mit seinen Legosteinen und dabei das Tier zelebrieren, das verarbeitet wird. Nose to tail ist für Achtien eine Selbstverständlichkeit, und so scheut er sich nicht, auch die exotischsten Teile des Tieres in den Kochtopf zu werfen und schließlich auch demjenigen Gast zu servieren, der höchstens Filet Garstufe Medium bestellt.

FACES: Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

JEROEN ACHTIEN: Ich hatte keine Ahnung, was ich einmal werden wollte. Mein Bruder war ein sehr enthusiastischer Koch, und mein bester Freund entschied sich ebenfalls für die Kochlehre – ein Jahr vor mir. Also dachte ich mir: let’s try! Nach einem Jahr in der Gastronomie als Koch, Bäcker und im Service war mir klar, dass ich mich für diese Branche entscheiden werde. Schließlich machte der Beruf als Koch das Rennen.

F: Wie beschreiben Sie Ihr Restaurant in einem Satz?

JA: Das Sens nimmt Sie mit auf eine kulinarische Reise in einem gemütlichen, unkomplizierten Ambiente.

F: Wie lange hat es von der Idee bis zum fertigen Restaurant gedauert?

JA: Zwei Wochen. Bevor wir das Restaurant Sens im April 2018 eröffneten, hatte ich noch kein einziges Gericht im Kopf.

Leere Tische, die auf gefüllte Teller warten.

Hotel Vitznauerhof und Restaurant Sens

Es geht wohl kaum malerischer: Direkt am Vierwaldstättersee und mit Blick auf die Berge liegen der Vitznauerhof und dessen Restaurant Sens, in dem Jeroen Achtien seit 2018 die Kochlöffel schwingt. 18 Gault&Millau-Punkte schmücken die Arbeit des Holländers, der für seinen bekannten Caesar Salad gerne selbst zur Pinzette greift. Was hier auf den Tellern landet, entzückt Auge und Gaumen gleichermaßen. Nix da mit abstrakten Kunstwerken, hier kommen echte Gerichte auf den Tisch, mit einem Fokus auf Regionalität, vielleicht kompliziert fürs Küchenteam, aber fröhlich und unbeschwert zu genießen für den Gast. Im Sommer buhlt die Außenterrasse mit den Gerichten des Sens um die Wette, von der aus der Sonnenuntergang dem Wort Kitschkulisse alle Ehre macht.

HOTEL VITZNAUERHOF & RESTAURANT SENS, SEESTRASSE 80, 6354 VITZNAU, SCHWEIZ, VITZNAUERHOF.CH Kaum an einem anderen Ort ist der Ausblick malerischer.

Klare Linien und gemütliche Sessel laden zum Verweilen ein.

Der Start war dann auch richtig verrückt: Wir hatten viele Gäste, doch unser Team war noch nicht komplett. Neben der Fertigstellung des Restaurants waren wir zudem mit Hochzeiten, Seminaren und der PanoramaTerrasse beschäftigt, es ging also alles ganz schön rund. F: Warum sollten wir unbedingt bei Ihnen speisen? JA: Neben der einzigartigen Location direkt am Vierwaldstättersee, bieten wir ein unvergessliches Erlebnis von Geschmackskombinationen, die so schwer zu finden sind. F: Woran müssen Hosts denken, worüber sich andere keine Gedanken machen müssen?

JA: Sich immer in den Gast hineinversetzen zu können. Wer das beherrscht, der versteht den Gast. Zudem ist es wichtig, das Wohl des Teams und sein Konzept immer vor Augen zu haben. Es können nicht immer alle Gäste zufrieden sein, aber diejenigen, die wiederkommen, die sollte man kennen und ihnen zeigen, dass man es schätzt, dass sie einen nochmals besuchen.

F: Worüber machen Sie sich zu viele Sorgen?

JA: Mitarbeiter. Leider hört man derzeit immer öfters von Betrieben, die Mühe haben, gute Mitarbeiter zu finden. Aufgrund der Lockdowns haben auch viele die Gastronomie verlassen. Wir haben aktuell kein Problem, Mitarbeiter zu finden, aber viele Kollegen in der Schweiz, aus Holland, Deutschland etc. haben Schwierigkeiten.

F: Wie sind Sie als Chef?

JA: Bescheiden, enthusiastisch und innovativ. Ich bin ein Küchenchef, der das Team führt. Nicht nur wenn es um die Organisation geht, sondern auch beim Kochen. Es ist mir wichtig, dass jeder Mitarbeiter auch selbst denkt und kreativ sein kann. Ich bin sehr ruhig, beobachte viel und überdenke meine Gedanken nochmals, bevor ich reagiere.

F: Welche Eigenschaften braucht ein guter Gastgeber?

JA: Ein Grundinteresse an Gästen, Enthusiasmus, Empathie und Hilfsbereitschaft.

F: Was mögen Sie an Gästen am meisten?

JA: Ich mag es, wenn die Gäste ehrlich sind, auch wenn sie etwas nicht mögen. So geben sie uns die Chance, ihre Gedanken zu verstehen, und wir können uns stets verbessern. Da wir als Köche auch selbst am Gast sind und die Gerichte selbst servieren und erklären, erhalten wir oft Feedbacks. Wenn man dann die extremen Emotionen spürt, welche ein Gericht auslösen kann, ist man einfach nur überwältigt und glücklich. Einige Gäste haben auch schon geweint, weil sie durch die Geschmäcker eines Gerichts an ihre Kindheit oder vergangene Erlebnisse erinnert wurden.

F: Welche Gäste sind Ihnen die liebsten?

JA: Das ist schwer zu sagen, da jeder Gast seinen eigenen Charme hat. Ich mag es, wenn Gäste das erste Mal in einem GourmetRestaurant essen und dann am Ende sagen, dass sie das sicherlich wieder machen werden. Auch toll sind diejenigen,

die selbst aus der Gastronomie kommen und Essen lieben. Sie haben eine gewisse Wertschätzung für das, war wir machen und geben auch nützliche Feedbacks. Es ist sogar toll, für Gäste zu kochen, die spezielle Wünsche haben oder am Anfang schwierig DAS HÄLT JEROEN und kompliziert sind. Wenn man dann extra viel Leidenschaft zeigt und sie begeistern kann, werden ACHTIEN VON... aus komplizierten plötzlich die glücklichsten Gäste! F: Was bringt Sie bei Gästen auf die Palme? AVOCADO: JA: No show, dass jemand trotz Reservation nicht Nice auftaucht und uns auch nicht weiter informiert. TOAST HAWAII: Ebenfalls ist es nicht ganz einfach, wenn Gäste uns BAH!!! nicht mitteilen, dass sie Allergien oder bestimmte Schnörkel, die den Vibe vergangener Zeiten zelebrieren. MOLEKULARKÜCHE: Cool, solange die Technik nicht den Essensgewohnheiten haben, von welchen wir vorher nichts wissen. F: Was ist Ihr Anspruch an Ihr Restaurant, und Geschmack beeinflusst. wie haben sich die Ansprüche Ihrer Gäste in den SPRÜHSAHNE: vergangenen Jahren verändert? Nein, danke. JA: Wir versuchen, uns jeden Tag zu verbessern. VORGESCHNITTENEM Das ist ein Grundsatz, den ich seit Tag eins vorlebe. BROT: Ich denke, dass das auch der Grund ist, weshalb wir Wenn seit dem Schneiden bis jetzt immer einen Schritt voraus waren. zwei Minuten vergangenen F: Als Gastgeber erleben Sie einen spannenden sind, okay. (lacht) Alltag. Welche Geschichte müssen Sie uns unbedingt AROMAT: erzählen? Nicht mein Ding. Bald JA: Wie viele Seiten darf ich vollschreiben? (lacht) bringe ich mein eigenes Wie bereits erwähnt, mag ich es, wenn Gäste ihre auf den Markt! Meinung ändern und man Menschen mit Essen in TOFU: den Bann ziehen kann. Einmal hatte ich ein älteres Bei Nenad in Zürich Paar, das um die 80 Jahre alt war. Die beiden haben kostete ich kürzlich den nicht verstanden, weshalb wir in unserem Restauersten richtig leckeren rant nur ein Überraschungsmenü anbieten. Nach Tofu! einem ernsthaften Gespräch mit mir haben sie sich NOSE TO TAIL: schließlich entschieden, zu bleiben und das Menü zu Großartig. Ich habe 2021 probieren. Nach dem Hauptgang haben sie mich an zwei Kühe gekauft, ihren Tisch gebeten. Ich ging hin und fragte, was ich dieses Jahr kommen für Sie tun könnte. Der Mann schob seinen Stuhl Schweine dazu. zurück, stand auf, verneigte sich vor mir und VEGANER WURST: bedankte sich. Was für ein GänsehautMoment! Hab ich noch nie versucht. F: Worauf achten Sie, wenn Sie selbst unterwegs Vegane Charcuterie sind? allerdings, und die war JA: Man sollte immer im Hinterkopf haben, in ziemlich gut! welcher Art Restaurant man ist, damit man das Essen NUTELLA: voll und ganz genießen kann. Yummie! F: Welches ist das beste Restaurant der Welt, das THERMOMIX: Sie selbst bereits besucht haben? Eine gute Lösung, wenn JA: Am meisten beeindruckt hat mich das The du kein Geld für einen Fat Duck in Bray (in der Nähe von London), wobei Robot Coupe hast. diese Erfahrung bereits acht Jahre her ist. Meine MIKROWELLE: zweitbeste Erfahrung ist mein Besuch im Alchemist Kann manchmal tatsächlich in Kopenhagen vor ein paar Wochen. nützlich sein… F: Welches Restaurant würden Sie gerne selbst CHIA: besitzen? Warum nicht. JA: In Holland gibt es das BRUT172, ein grandioIHR LIEBSTES ses Restaurant auf einem alten Bauernhof. FERTIGPRODUKT? F: Was kochen Sie für sich selbst? Sambal Badjak, denn in JA: Ich liebe es, Pizza auf dem Green Egg zu der Pfanne entsteht diese kochen. Zuerst mache ich eine GulaschSauce oder Karamellisierung, die dem eine vier Stunden eingekochte Tomatensauce mit Ganzen Umami verleiht. Chorizo und Rotwein, und dann belege ich die Pizza Ich konnte das Produkt mit meinen Lieblingszutaten. in der Schweiz nirgends F: Wo steht Ihr eigenes Bett? finden, also habe ich es JA: In Vitznau in einem schönen Apartment mit selber hergestellt und Blick auf den Vierwaldstättersee. verkaufe es nun in unserem Onlineshop.

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