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Porträt DRINKS & THINGS Lieferdienst

HILFE KOMMT AUS DER

VON BIRGIT WITTSTOCK

Wenn die Party-Hardware ausgeht, ist dank Drinks & Things schnell nachgerüstet

Wer glaubt, dass während der Lockdowns nicht gefeiert wurde, hat sich geschnitten

Irgendwann geht jeder Party der Saft aus. Dann schafft der Lieferdienst Drinks & Things professionelle Abhilfe. Auf einen Sprung beim Exzesszusteller

Alk und Limo eisgekühlt. Knabberzeug, Shisha, Beerpong und Playstation 5. Mitten in der Nacht. In kürzester Zeit im Wohnzimmer.

Was wie ein adoleszenter feuchter Traum klingt, beschäftigte Milan Jovanovic jahrelang. Die Idee schien ebenso genial wie bombensicher, schließlich braucht jedes Gelage irgendwann Nachschub. Fakt. Vor einigen Jahren quälte man sich nächtens zur Tankstelle, um dort gegen ein kleines Vermögen die Kühlschränke leer zu räumen. Heute klingelt der Rausch, dem Lieferservice sei Dank, an der Tür. „Wir sind mittlerweile echt faul geworden“, sagt Jovanovic. „Heutzutage wird selbst dann bestellt, wenn die Geschäfte offen haben und man einkaufen gehen könnte.“

Jovanovic wollte noch eines drauflegen, nicht nur Drinks, sondern auch Things liefern, die Herzen in langen Nächten zu Hause mitunter begehren. „Allerdings hatte ich ewig nicht die nötigen Cojones, um die Sache anzugehen“, erzählt der 32-jährige Wiener mit kahlgeschorenem Kopf und Mehrere-Tage-Bartfrisur. Sein Vater habe ihm letztlich den nötigen Schubs gegeben. „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder?“ Also wagte er. Im April des Vorjahres legte er sein Jus-Studium auf Eis und verwirklichte mit Drinks & Things seine Vision vom Lieferdienst. Dieser stellt eben nicht nur Getränke und Snacks zu, sondern auch Shishas und PS5 mit allem, was dazugehört. Und: wird auch wieder abgeholt. Der Zeitpunkt schien perfekt, schließlich saß gerade die ganze Stadt im Lockdown zu Hause. Optimale Bedingungen für Zusteller. Also startete Drinks & Things mit der Mission, eine Marktlücke zu schließen. Bloß wusste der Markt nichts von seinem Glück.

Nächtelang wartete Jovanovic in dem spartanischen Lager, das er in der Nähe des Hauptbahnhofs angemietet hatte, auf Bestellungen. Abend für Abend kamen seine Frau und die Kinder zum gemeinsamen Essen vorbei. Fünf brummende Kühlschränke, ein paar Regale, auf denen sich Getränkepaletten und Snackkartons stapelten, zwei Tische, ein paar Sesseln und eine Yogamatte, auf der er schlief, um tags darauf für seinen Brotberuf im öffentlichen Dienst fit zu sein. Doch das Postfach blieb leer, das Handy stumm. „Wien hat nicht auf mich gewartet“, habe er sich damals gedacht.

Partyretter

Die PS5 und die Shisha sind Milan Jovanovics USP: der 32-Jährige liefert sie, plus Alk und Co., direkt an die Wohnungstür. Dass sein Lieferservice Drinks & Things bislang dennoch nicht stadtbekannt und Jovanovics Ziel – „das große Gerstel, die Marie“ – auch auf sich warten lässt, ist ein Wiener Kuriosum. Man könnte es auch Frechheit nennen.

HAUPTBAHNHOFGEGEND

Jovanovic hat allerlei fancy Drinks auf Lager. Am häufigsten wird dennoch Bier bestellt Eines Nachts, Jovanovic war gerade auf der menschenleeren Straße unterwegs, um sich ein Packerl Zigaretten aus dem Automaten zu drücken, lief er in zwei junge, gestylte Frauen. Kurzerhand drückte er ihnen einen Drinks&Things-Flyer in die Hand. „Cool“, sie seien gerade auf dem Weg zu einer Party. Stunden später läutete Milan Jovanovics Handy – die Automatenbekanntschaft. Man brauche Alkohol. Die angegebene Adresse: ein riesiges Penthouse in der Donaustadt. Rund achtzig Leute ließen es dort heimlich unheimlich krachen. Ein aufgedrängtes Red Bull später und wieder auf dem Rückweg läutete sein Handy erneut: Noch mehr Nachschub! „Als ich mit der Lieferung wiederkam, wurde ich von der ganzen Meute begrüßt und umarmt, als wäre ich ihr bester Freund“, erzählt der Drinks&Things-Chef und lacht. „Als der Mann mit dem Alkohol ist man grundsätzlich der Held.“

Jovanovic hat einige Anekdoten auf Lager. Etwa jene, als er während des Lockdowns mit einer großen Lieferung Alkohol zu einem braven Einfamilienhaus bestellt wurde. „Schon aus weiter Ferne habe ich den Lärm gehört. Als ich am Haustor klopfte, wurde es dahinter schlagartig still.“ „Psst, psst“, sei zu hören gewesen. Als er sich zu erkennen gab, herrschte allgemeine Erleichterung: „Es ist der Lieferant, Leute, es ist nur der Lieferant!“ Schon ging die Party weiter.

Wieder andere hätten bereits so viel intus, dass sie den Erhalt einer Lieferung vergessen und reklamieren würden. Dann gibt es da noch die Neigungsgruppe Telefonseelsorge, also solche, die sturzbetrunken anrufen, um sich zu bedanken, und dann ihre ganze Lebensgeschichte erzählen. „Da kann es schon vorkommen, dass man eine Stunde am Telefon hängt.“

Mittlerweile hat das Geschäft Fahrt aufgenommen: Rund 300 bis 400 Drinks & Things werden monatlich bestellt. Aus der One-Man-Show ist ein Fünferteam geworden, das die ganze Stadt und mitunter auch den Speckgürtel beliefert. Die große Kohle ist es zwar immer noch nicht, Milan Jovanovic ist trotzdem optimistisch: „Viele Große haben klein in der Garage angefangen.“ Dass die ersten zwei Jahre hart sind, sei ja eine bekannte Faustregel der Unternehmensgründung. Dafür entschädigt der Spaß. „Man weiß nie, was der Abend bringt und welche Leute man trifft. Ich versuche halt ein tadelloses Service anzubieten und frage nicht nach.“ Ganz nach der alten Exzessprämisse „What happens in Vegas, stays in Vegas“.

„Es ist der Lieferant, Leute, es ist nur der Lieferant!“ Schon ging die Party weiter

Drinks & Things Tel. 0681 84 07 20 05 www.drinksandthings.wien

Bestellt wird nicht nur nach Ladenschluss. Für so manche*n ist Liefernlassen das neue Einkaufengehen

FOTOSTRECKE EXZESS

VON MAŠA STANIC ´

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