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Dreiseitenhof
DER BIRKENHOF
Stefan Zielonkowski renovierte in der Uckermark einen über 150 Jahre alten Bauernhof. Besonderen Wert legte er auf Ökologie und Nachhaltigkeit. Der Bauernhof dient heute als Ferienwohnung.
Fotos: Woodboom / Birkenhof
STEFAN ZIELONKOWSKI
Ein Architekt aus Berlin kauft sich einen Bauernhof — so beginnt die Geschichte dieses Bauherren und seiner Renovierung. Seit 1994 lebt er – abgesehen von einem kurzen Intermezzo: einem Architekturstudium in Leipzig – in Berlin. Zuvor hatte er weder mit Land noch mit Landwirtschaft zu tun. Trotzdem war es immer ein Kindheitstraum von Stefan Zielonkowski, einen richtigen Bauernhof zu besitzen und zu bewirtschaften. 2011 setzt er diesen Wunsch in die Tat um. Fündig wurde er in der Uckermark, keine zehn Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Bei der Suche nahm er sich vor, dass die Immobilie maximal eine Stunde von Berlin entfernt liegen soll. Jetzt dauert die Fahrt von der Hauptstadt eineinhalb Stunden. Doch die nimmt er gern in Kauf. Was er fand, war einfach zu gut: Einen komplett erhaltenen Dreiseitenhof.
Erkennen, was möglich ist
Beim Zustand des Gebäudes waren seine Ansprüche niedrig. Hauptsache, die Bausubstanz war nicht zu schlecht. „Ein nicht einsturzgefährdetes Gebäude hätte mir genügt“, erzählt er. Stefan Zielonkowski hat einen großen Vorteil. Als Architekt
Früher Tiere, heute Loft
Stahlträger und Lehmputz geben dem Inneren den Charakter eines Lofts. Die Massivholzmöbel im Stallhaus stammen von der Schrein boom“ aus Berlin. erei "Wood-
Wo Kühe standen
Nur die Kappendecke und frei liegende Stahlträger erinnern noch an die ursprüngliche Nutzung als Stall. kann er realistisch abschätzen, was für Arbeiten auf ihn zukommen. Er sieht nicht nur den IstZustand, sondern auch das Was-könnte-sein. Wo andere braunen Rauputz sahen, erahnte er unter der abblätternden Fassade die darunter liegende, eindrucksvolle Natursteinwand. Wo andere sich im düsteren Dachboden gruselten, plante er ei Wohnbereich. Wo andere sich vor dem verfallenen Hühnerstall ekelten, hatte er die Vision einer gemütlichen Datscha.
Mein Hof, der hat drei Seiten
An den ersten Eindruck erinnert er sich genau: Der Birkenhof war nicht verwahrlost, aber verwildert. Den Garten konnte er wegen der hochgewachsenen Holunderbüsche kaum erkennen. Nicht nur im Garten, auch an den Gebäuden herrschte „Wildwuchs“. Zumindest empfand der neue Bauherr die über die Jahre entstandenen Anbauten so. Über die ursprünglichen „Drei Seiten“ des Hofes stehen: Das Bauernhaus, gegenüber der Stall, und dazwischen die Scheune. Bei den Gebäuden, die stehen blieben, machte er ebenfalls kurzen Prozess. Das Innere wurde komplett entkernt. Außen trug er den Putz ab und strahlte die Wände ab. Darunter lag das Mauerwerk aus eiszeitlichem Feldgestein, er das Material, das vom Abriss der Giebelwand der einsturzgefährdeten Scheune übrigblieb. Es wäre dem Architekten wie ein Sakrileg vorgekommen,
das freigelegte Naturgestein wieder zu bedecken. Selbst wenn das bedeutet, dass das Haus über die Wände Wärme verliert, weil die Dämmung nicht optimal ist. Der Bauherr entschied sich für einen Kompromiss: Die Außenwand ließ er, wie sie war. Damit aus dem Gebäude trotzdem nicht zu viel Energie entweicht, glich der Bauherr das an an Schwachstellen auf eine besonders gute Dämmung. Neue Fenster und Glastüren wurden eingesetzt. Das Dach bekam eine neue Dämmung. Bei der Bodenplatte setzte er auf Schaumglasschotter. Dieses nen, hält ewig und passt zum Nachhaltigkeits-Konzept des Bauherrn.
Außen kalt, innen warm
Geheizt wird mit einer Wandheizung, die er in die Außenwände installieren ließ. Sie erfüllt mehrere Aufgaben: Sie erwärmt die Räume und zusammen mit dem Lehm, mit dem die Innenwände verputzt sind, trägt sie zum tollen Raumklima bei, schwärmt Stefan Zielonkowski. Außerdem sorgt die Wandheizung dafür, dass die Mauerwerkswände trocken bleiben. Auch aus diesem Grund ist der Bauherr froh, den Außenputz entfernt zu haben, weil die Mauer deshalb besser atmen kann und es zu keinen Feuchtigkeitsproblemen im Gemäuer kommt. So konnte er sich zudem die Abdichtung sparen. Die Räume vermietet der Bauherr inzwischen als Ferienwohnungen. Direkt nach dem Kauf wohnte er noch selbst im Bauernhaus. Damals war das Gebäude noch nicht saniert und die vorhandene Heizung wurde über Strom betrieben. Für den Anfang tut es das, dachten sich die neuen Besitzer und drehten die Heizung auf. Als nach dem ersten Winter die Stromrechnung kam und für einen großen Schreck sorgte, schaltete er die Heizung schnell wieder ab und suchte nach Alternativen. Er fand umweltfreundliche: Jetzt kommt der Strom vom Dach und die Wärme aus dem Wald.
Fast autark
Inzwischen ist das Haus ein Plusenergiehaus und erzeugt mehr Energie, als es verbraucht. Großen Anteil daran hat die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die den Eigenstrom produziert. Damit kein Strom verschwendet wird, speichert eine Batterie den erzeugten Strom für die Nacht. Überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist. Zudem bietet der Bauherr an, dass die Gäste Elektroautos kostenlos damit laden dürfen. Geheizt wird
Schlafplatz
Gegenüber des Bauernhauses befindet sich der Stall.
Autark
Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach produziert Eigenstrom. Zudem versorgt das Holz vom eigenen Wald die Heizung und sorgt für warmes Duschwasser.
Offene Küche
Der Eingangsbereich des Bauernhofes führt in die Küche und über die Treppe nach oben ins Wohnzimmer. ausschließlich mit Holz aus dem eigenen Wald. Selbst das Badewasser und die Gartensauna werden dank dieser regenerativen Energie heiß. Mit Holz ist außerdem das Kochen möglich: Im Bauernhaus steht ein traditioneller Holzherd mit Backrohr. Richtig ländlich wird es auch draußen: Inzwischen leben auf dem Hof Hühner, Gänse und Enten. Obst und Gemüse erntet der Eigentümer von seiner Streuobstwiese und in seinem Bauerngarten. „Es soll wieder ein richtiger Hof sein“, erklärt Stefan Zielonkowski. Im Nachhinein ärgert kaufte. Acker gab es die letzten Jahre keinen mehr zu kaufen, dafür aber ein Waldstück mit Fichten, Kiefern, Ahorn, Eichen, Buchen und Robinien gleich nebenan. Er schlug zu. Da die letzten drei Jahre sehr trocken waren, wütete in den Fichten der Borkenkäfer. Er machte das Beste daraus, ließ die Bäume fällen, brachte die Stämme zum Trocknen und ließ Dielen und Bretter daraus machen. Damit will er die hundert Quadratmeter große Waschküche
Naturmaterialien
Die Innenwände sind mit wohngesundem Lehm verputzt.
im Herbst als nächstes Projekt ausbauen. Die Möbel dafür lässt er sich aus dem Holz seines Waldes schreinern. Dazu arbeitet er mit der kleinen Schreinerei „Woodboom“ aus Berlin zusammen, die schon die Massivholzmöbel für den Stall geliefert hat. Warum Massivholzmöbel? Schon bei den bisher verwende wichtig, dass sie langlebig und nachhaltig sein. Deshalb sollen auch die Möbel ewig halten, betont der Bauherr. (mla)
Schmuckstück
Die ältesten Teile des Bauernhauses sind über 150 Jahre alt.
DG
STECKBRIEF
Wohnfläche: Wohnhaus: 200 m2 , Stall (Loft): 160 m2, zudem gibt es eine Zwei-Raum-Datscha (ehemals Hühnerstall) Bauweise: Umbau eines massiven Dreiseitenhof Besonderheiten: Massivholzmöbel, zum Teil aus dem Holz vom eigenen Wald Möbel-Hersteller: Woodboom
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DG EG
Bauernhaus
Das Haupthaus verfügt über vier Schlafzimmer, zwei Badezimmer und eine Küche. Das ausgebaute Dachgeschoss beherbergt einen großen, lichtdurchfluteten Wohnbereich mit Kamin.
www.birkenhof-uckermark.de
Früher Stall, heute Loft
Von der Küche aus führt eine moderne Stahltreppe ins lichtdurchflutete Dachgeschoß. Dort befindet sich ein fast 100 Quadratmeter großer und über fünf Meter hoher Raum, der für Yoga-Kurse, Seminare oder als geräumiges Wohnzimmer genutzt werden kann.