3 minute read
BARRIEREARMER NEUBAU
Dipl.-Ing. (TH) Architektin Irmtraud Swoboda
Leiterin des Regionalbüros des Verbandes Privater Bauherren (VPB) in Gießen-Wetzlar
EINE INVESTITION FÜRS LEBEN
Viele Jahre wurde Barrierearmut vor allem mit Haltegriffen und Treppenliften in Verbindung gebracht, mit Umbauten und Hilfsmitteln, die dann notwendig werden, wenn die Bewohner körperlich eingeschränkt sind. Architektin Irmtraud Swoboda ist überzeugt: Bauherren sollten schon bei der Planung des Neubaus die Barrierefreiheit im Blick haben – und können so (fast) ohne Zusatzkosten für morgen barrierefrei planen.
Was sind die Vorteile eines barrierearmen Neubaus? Die Planung des Neubaus sollte auf zukünftige Nutzer jeden Alters ausgerichtet sein. Bauherren können frühzeitig für ihr eigenes Alter und mögliche Handicaps vorsorgen, aber auch für einen eventuellen späteren Verkauf. Der Wert der Immobilie ist höher, wenn die Barrierearmut im Wesentlichen berücksichtigt wurde. Die Investivkosten für die Planung der Barrierearmut sind nur geringfügig höher als ohne. Eine spätere Umrüstung hingegen kann erheblich ins Geld gehen. Und schließlich ist Barrierearmut immer auch ein Beitrag zum Wohnkomfort – denken Sie nur an Staubsaugen ohne Türschwellen.
Im Einfamilienhausbereich sind viele Häuslebauer junge Familien. Welche Vorteile hat eine barrierearme Gestaltung für sie? Generell kann man sagen: Alles was für Bewohner mit Gehhilfen und für Rollstuhlfahrer vorteilhaft ist, ist auch für kleine Kinder, Mütter und Väter mit Kinderwagen leichter nutzbar.
In welchen Punkten werden aus Ihrer Sicht beim Neubau unter der Überschrift Barrierearmut die größten Fehler gemacht? Beim Neubau ist die Erschließung des Hauses möglichst bodengleich zu planen. Das heißt, der Zugang sollte ohne Schwellen mit Gehhilfen und Rollstuhl zu erreichen sein. Dann braucht man später keine Rampen. Ebenfalls sollte die Innentreppe ausreichend bemessen sein, um eventuell einen Treppenlift einbauen zu können. Auch im Bad ist ausreichend Platz wichtig. Dann kann die heute schon im Allgemeinen barrierearmen Fläche bei Bedarf auch mit Gehhilfe oder Rollstuhl erreicht werden kann, ebenso die WC-Anlage.
Können Sie Beispiele für Fehler nennen, die später nicht mehr korrigiert werden können? Die Höhenlage des Wohnhauses ist gar nicht und die Planung des Bades nur mit erheblichem Aufwand korrigierbar. Die Raumaufteilung sollte unbedingt kritisch im Blick auf die zukünftige Nutzung geprüft werden. Ideal ist, wenn die Planung den Weg für künftige Nutzungsänderungen offenlässt.
Welche Bedeutung haben Smart-Home-Lösungen im barrierearmen Haus? Wie können Bauherren die Voraussetzungen dafür schaffen, dass solche Techniken einfach nachgerüstet werden können? Smarthome-Lösungen, sprich Automation für Einfamilienhäuser und Wohnungen inklusive Bewachungssystem, unterstreichen das selbstständige Leben – auch von eingeschränkten Personen – sehr. Die Nachrüstung ist einfach, da sie auch auf Leitungsneutrale Systeme abgestellt werden kann. Hilfreich sind dafür Installationskanäle. Sorgfältig geplant, müssen diese nicht störend wirken.
Zum Zeitpunkt des Neubaus können und möchten nicht alle Bauherren in allen Bereichen das Konzept Barrierearmut umsetzen. Etwa, weil sie sich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht vorstellen können, wie die Nutzung der Räumlichkeiten dann aussehen wird, wenn Barrierearmut erforderlich ist. Wie können Sie eine spätere Umgestaltung zumindest so vorbereiten, dass diese dann mit möglichst wenig Aufwand und möglichst geringen
BARRIEREARMUT-RATGEBER
Weiter Informationen rund um die Barrierearmut fi nden Sie auf www.vpb.de/baupraxis-barrierefrei.php. Dort können Sie auch einen Leitfaden zum Thema bestellen.
Kosten realisiert werden kann? Alle genannten Punkte – Barrierearmut gleich fl ächenebene Erschließung, ausreichend dimensionierte Bewegungsfl ächen, künftige Raumnutzungen – sollten vor Ausführung geplant und bedacht werden. Sinnvoll ist beispielsweise, alle nicht tragenden Wände in Leichtbauweise auszuführen, um später Räume vergrößern oder zusammen legen zu können. Dann kann aus einer Küche mit Esszimmer eine großzügige Küche mit Essplatz werden.
Im Wohnhaus gibt es auch unzählige Kleinigkeiten, die leicht vergessen werden, die aber ohne Mehraufwand und ohne höhere Kosten zur Barrierearmut beitragen. Die Platzierung von allen elektrischen Installationen, Schaltern und Steckdosen ist sorgfältig zu bedenken. Rollstuhlgerecht ist hier auch kindgerecht. Auch ist die Anordnung der Türen und ihr seitlicher Abstand im Hinblick auf Bedienung durch Bewohner mit Gehhilfe oder Rollstuhl zu beachten.
Welche Fördermittel gibt es aktuell für Barrierearmut? Umfangreiche Fördermittel gibt es leider nur für altersgerechten Umbau und barrierearme Nachrüstung. Für Bauherren, die im Neubau auf Barrierearmut achten, kommen nur generelle Neubau-Förderungen wie das KfW-Wohneigentumsprogramm in Frage. Je nach zu versteuerndem Jahreseinkommen des Sparjahres kann auch die Wohnungsbauprämie nach Prämiengesetz genutzt werden.
OHNE SCHWELLEN Eine Überdachung, keine Treppen – so wird der Hauseingang barrierearm.
VERKEHRS FLÄCHEN Sind die Türen und der Flur breit genug, dass auch ein Rollstuhl durchpasst oder ein Kinder wagen Platz hat?