FELD HOMMES - ERWACHEN

Page 1

Erwachen

www.joop.com

1/07

Deutschland 5,00 € / Österreich 5,00 € / Schweiz 7.50 sfr / www.feld-magazin.de

Unaufhaltsam

Unglaublich

Formel-1-Pilot Alex Wurz im Exklusiv-Interview

Erweckungskirchen in Deutschland

Unvereinbar

Ungewaschen

Zwei Freunde an einer Demo-Front

Unbeugsam Weiterleben nach dem Flugzeugabsturz

Unsere Männer zeigen ihr wahres Gesicht

Alles auf Anfang: ein ganzes Heft zum Erwachen

Frühjahr 07


www.lacoste.com


www.lacoste.com


fili ppa -k.se

fili ppa -k.se


fili ppa -k.se

fili ppa -k.se


PERFEKT FÜR

VERFOLGUNGS JAGDEN GE.

Abb. zeigt Sonderausstattung.

UND SONNTAGSAUSFLÜ

Abenteuer und Alltag, Dynamik und Gelassenheit: Der neue Honda CR-V vereint scheinbare Gegensätze unter beeindruckenden Linien. Seine leistungsstarke i-CTDi®-Dieseltechnik sorgt für erstaunliche Kraft, mit der wahre Helden verantwortungsvoll umgehen: Automatisch zuschaltender Allradantrieb, elektronischer

Für alle Fälle. Der neue Honda

.

Stabilitätsassistent VSA und optionales Fahrerassistenzsystem CMBS sind nur drei seiner Sicherheitsvorzüge. Testen Sie ihn bei einer Probefahrt oder unter www.honda-crv.de


PERFEKT FÜR

VERFOLGUNGS JAGDEN GE.

Abb. zeigt Sonderausstattung.

UND SONNTAGSAUSFLÜ

Abenteuer und Alltag, Dynamik und Gelassenheit: Der neue Honda CR-V vereint scheinbare Gegensätze unter beeindruckenden Linien. Seine leistungsstarke i-CTDi®-Dieseltechnik sorgt für erstaunliche Kraft, mit der wahre Helden verantwortungsvoll umgehen: Automatisch zuschaltender Allradantrieb, elektronischer

Für alle Fälle. Der neue Honda

.

Stabilitätsassistent VSA und optionales Fahrerassistenzsystem CMBS sind nur drei seiner Sicherheitsvorzüge. Testen Sie ihn bei einer Probefahrt oder unter www.honda-crv.de


WWW.ESCADA.COM New limited edition fragrance for him and her.


WWW.ESCADA.COM New limited edition fragrance for him and her.




Jung v. Matt 11001/01/07001 DTP Madlen – 1175

220 mm x 285 mm 1/1 4c, GRZ

Kunde: K-fee Produkt: „Dornröschen“ Titel/Objekt: Feld Hommes

JUNG v.MATT/Fleet

Irgendwer hat mal gesagt, dass wir im Schlaf alle gleich aussehen. Wenn das stimmt, so gilt es schon für den ersten Augenblick danach nicht mehr. Sobald wir zu Bewusstsein kommen, sind unsere Perspek­ tiven wieder so unterschiedlich wie wir selbst. Daher gibt es auch zig Arten und Orte zu erwachen, wie die empirische FELD Forschung in diesem Heft zu berichten weiß. Wach werden kann aber noch viel mehr bedeuten, als sich von der Matratze zu erheben. Wer zu Bewusstsein kommt, kann auf neue Ideen und Wege kommen, für sein Leben und das der anderen. Dann wird aus dem Erwachen ein Aufbruch – plötzlich sind neue Energien da. Dieser „Spirit“, der den Einzelnen ebenso beseelt wie mitunter eine ganze Nation (unsere?), hat im Frühjahr wieder Hochkonjunktur – und das ist eine Chance. Holen wir uns also jetzt neue Anregungen und Einflüsse, tummeln wir uns, um aus dem Quark zu kommen. Dabei ist fast jedes Mittel recht – auch eine neue Ausgabe von FELD HOMMES, die noch mal um 32 Seiten zugelegt hat. Das ist bestimmt kein Winterspeck; es gibt nur so viel zu erzählen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihr FELD HOMMES Team

EDITORIAL

13


Jung v. Matt 11001/01/07001 DTP Madlen – 1175

220 mm x 285 mm 1/1 4c, GRZ

Kunde: K-fee Produkt: „Dornröschen“ Titel/Objekt: Feld Hommes

JUNG v.MATT/Fleet

Irgendwer hat mal gesagt, dass wir im Schlaf alle gleich aussehen. Wenn das stimmt, so gilt es schon für den ersten Augenblick danach nicht mehr. Sobald wir zu Bewusstsein kommen, sind unsere Perspek­ tiven wieder so unterschiedlich wie wir selbst. Daher gibt es auch zig Arten und Orte zu erwachen, wie die empirische FELD Forschung in diesem Heft zu berichten weiß. Wach werden kann aber noch viel mehr bedeuten, als sich von der Matratze zu erheben. Wer zu Bewusstsein kommt, kann auf neue Ideen und Wege kommen, für sein Leben und das der anderen. Dann wird aus dem Erwachen ein Aufbruch – plötzlich sind neue Energien da. Dieser „Spirit“, der den Einzelnen ebenso beseelt wie mitunter eine ganze Nation (unsere?), hat im Frühjahr wieder Hochkonjunktur – und das ist eine Chance. Holen wir uns also jetzt neue Anregungen und Einflüsse, tummeln wir uns, um aus dem Quark zu kommen. Dabei ist fast jedes Mittel recht – auch eine neue Ausgabe von FELD HOMMES, die noch mal um 32 Seiten zugelegt hat. Das ist bestimmt kein Winterspeck; es gibt nur so viel zu erzählen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihr FELD HOMMES Team

EDITORIAL

13


Reportage ZH HB 4.58 ................................................................... 114 Die erste Metro in Zürich ist immer die schönste. Na ja, auf jeden Fall die interessanteste. Station „Morgenröte“ ..................................................... 128 In einem Berliner Haus für Wachkoma-Patienten ist Erwachen ein beständiges Thema. Lass dich erleuchten! . ..................................................... 138 In den Erweckungskirchen ist Erlösung eine fröhliche Messe. Jedes Mal … Profile „Für heute hab ich genug vom Fliegen.“.......................... 132 Jürgen Z. hat als Einziger den Absturz eines Wasserflugzeugs überstanden. Nun muss er mit den Folgen und Erinnerungen weiterleben. Der Gipfel der Freundschaft .......................................... 230 Man sieht sich im Leben immer zweimal. Und plötzlich ist der eine Demonstrant, der andere Einsatzpolizist. Essai Wach sein ist feige . ......................................................... 50 Plädoyer fürs Weiterträumen. Guten Morgen, Majestät!................................................ 144 Plädoyer fürs frühe Aufstehen. Die vereinigten Frühstarter von Amerika ...................... 210 Ende nächsten Jahres wird in den USA ein neuer Präsident gewählt – und schon jetzt erheben sich mehr Kandidaten als wirklich neue Ideen. Savoir................................................................................... Ein großes Lied für die Menschheit ................................ 214. Was Nasa-Astronauten als Erstes zu hören bekommen. Objet trouvé........................................................................ Portnoys Beschwerden .................................................... 186. „Wichsen“ – Auszüge aus Philip Roths frühem Werk. Photo Essai Das öffentliche Bett ........................................................ 116 Nicht immer kommt man in den eigenen vier Wänden zu sich. Man kann ja mal verletzt, verhaftet, verkatert oder sonst was sein. Das erste Stück des Tages ................................................ 202. Irgendwo auf diesem Globus wird immer gerade gefrühstückt. Aber wie! Art....................................................................................... Das Ornament des Unbewussten . .................................. 66 Fotokünstler Thomas Struth hat die gewöhnliche Gasse globalisiert – von Edinburgh bis Lima. 14

INHALT

Number 240 in a series of DIESEL “how to...” guides to successful living. For more information call Diesel Deutschland 0211 418560 www.diesel.com

Man kann ganz früh und fröhlich aufstehen, um wahlweise noch die Morgenröte zu erwischen, die Messe in einer amerikanischen Erweckungskirche oder auch die erste S-Bahn. Für den einzigen Überlebenden eines Flugzeugunglücks gibt es dagegen ein böses Erwachen, wenn nicht gleich mehrere. Und für die Patienten auf einer Wachkoma-Station sind gar keine Szenarien verbindlich. Außerdem könnte in Amerika ein neues politisches Bewusstsein dämmern, rechtzeitig zum überfälligen Ende von George Bush II., und der Österreicher Alexander Wurz, der sich in unserem Interview so eloquent wie nachdenklich zeigt, könnte in seiner Heimat ein Formel-1Fieber entfachen. Aufbruch ist nämlich öfter, als man denkt.


Reportage ZH HB 4.58 ................................................................... 114 Die erste Metro in Zürich ist immer die schönste. Na ja, auf jeden Fall die interessanteste. Station „Morgenröte“ ..................................................... 128 In einem Berliner Haus für Wachkoma-Patienten ist Erwachen ein beständiges Thema. Lass dich erleuchten! . ..................................................... 138 In den Erweckungskirchen ist Erlösung eine fröhliche Messe. Jedes Mal … Profile „Für heute hab ich genug vom Fliegen.“.......................... 132 Jürgen Z. hat als Einziger den Absturz eines Wasserflugzeugs überstanden. Nun muss er mit den Folgen und Erinnerungen weiterleben. Der Gipfel der Freundschaft .......................................... 230 Man sieht sich im Leben immer zweimal. Und plötzlich ist der eine Demonstrant, der andere Einsatzpolizist. Essai Wach sein ist feige . ......................................................... 50 Plädoyer fürs Weiterträumen. Guten Morgen, Majestät!................................................ 144 Plädoyer fürs frühe Aufstehen. Die vereinigten Frühstarter von Amerika ...................... 210 Ende nächsten Jahres wird in den USA ein neuer Präsident gewählt – und schon jetzt erheben sich mehr Kandidaten als wirklich neue Ideen. Savoir................................................................................... Ein großes Lied für die Menschheit ................................ 214. Was Nasa-Astronauten als Erstes zu hören bekommen. Objet trouvé........................................................................ Portnoys Beschwerden .................................................... 186. „Wichsen“ – Auszüge aus Philip Roths frühem Werk. Photo Essai Das öffentliche Bett ........................................................ 116 Nicht immer kommt man in den eigenen vier Wänden zu sich. Man kann ja mal verletzt, verhaftet, verkatert oder sonst was sein. Das erste Stück des Tages ................................................ 202. Irgendwo auf diesem Globus wird immer gerade gefrühstückt. Aber wie! Art....................................................................................... Das Ornament des Unbewussten . .................................. 66 Fotokünstler Thomas Struth hat die gewöhnliche Gasse globalisiert – von Edinburgh bis Lima. 14

INHALT

Number 240 in a series of DIESEL “how to...” guides to successful living. For more information call Diesel Deutschland 0211 418560 www.diesel.com

Man kann ganz früh und fröhlich aufstehen, um wahlweise noch die Morgenröte zu erwischen, die Messe in einer amerikanischen Erweckungskirche oder auch die erste S-Bahn. Für den einzigen Überlebenden eines Flugzeugunglücks gibt es dagegen ein böses Erwachen, wenn nicht gleich mehrere. Und für die Patienten auf einer Wachkoma-Station sind gar keine Szenarien verbindlich. Außerdem könnte in Amerika ein neues politisches Bewusstsein dämmern, rechtzeitig zum überfälligen Ende von George Bush II., und der Österreicher Alexander Wurz, der sich in unserem Interview so eloquent wie nachdenklich zeigt, könnte in seiner Heimat ein Formel-1Fieber entfachen. Aufbruch ist nämlich öfter, als man denkt.


Accessoires Liegen bleiben . .............................................................. 164 Jeder Mann braucht den richtigen Wecker, um sich noch mal rumzudrehen. Hilft aber auch nicht immer.

Reflektiert die etwas andere Seite. 2 Megapixel-Kamera mit Videoaufnahme, integriertem Music-Player und erweiterbarem Speicher. motorola.com/de

Motor Feldweg . ........................................................................ 78 Unser rasender Reporter über die hochkomplexe Anfahrt zum Arbeitsplatz. Schlafaugen ................................................................... 80 Autos, die einem zublinzeln, muss man einfach gern haben. Hero Brutal am Limit ............................................................ 90 Alexander Wurz will in der neuen Formel-1-Saison voll durchstarten. Ansonsten geht ihm vieles am modernen Leben zu schnell. Coopération smart Utopia ................................................................. 108 Warum ein Auto für die Zukunft selbst eine hat.

156

Mode Zombie .......................................................................... 38 Alles schläft, einer wacht. Der Zombie ist der heimliche König der Nacht. Insomnia ....................................................................... 54 Wer nicht einschlafen kann, geht noch mal vor die Tür. Da kann Mann was erleben. Steife Brise . ................................................................... 146 Der Surfin’ Bird taucht ab und auf – und findet seines­­gleichen. Morgenlatte ................................................................... 170 So eine Unterhose muss was abkönnen, wenn sie überleben will. Vor allem morgens. Holden . ......................................................................... 216 Es kann richtig Spaß machen, ziemlich seriös auszusehen. Ganz im Ernst.

Privé Wo bin ich? .................................................................... 174 Irgendwas muss gestern passiert sein. Noch mag sich Kristiane aber nicht so genau erinnern. Bonjour Monsieur ......................................................... 244. Iza zeigt neue Seiten und Gesichter – und wir lassen uns das einfach so gefallen. Beauté Matratzen-Frisen .......................................................... 192 Schlaf ist ein guter Heiler, aber am Morgen ist unser Antlitz vom Kissen entstellt. Toujours Editorial......................................................................... 13 Impressum...................................................................... 18 Feldarbeiter.................................................................... 21 Mit 60 Sachen in den Frühling...................................... 22 Intro............................................................................... 36 Bezugsquellen.......................................................... 266/269 Männersache/Abo.................................................... 270/271 16

INHALT

Im schlanken Spiegel-Design, das jedem das gewisse Etwas gibt. Hellomoto. motorola.com/de

Neu ................................................................................ 254. Heute in Paris, morgen überall: Diesen jungen Gesichtern gehört die Zukunft.

MOTOROL A, und andere hier genannte Marken sind eingetragene Warenzeichen der Motorola Inc. Alle anderen Waren- oder Dienstleistungszeichen stehen dem jeweiligen Inhaber zu. Alle Rechte vorbehalten. © 2006 Motorola, 01/07

Plötzlich Prinzessin ....................................................... 234 In Berlin wird schnell mal eine Grenze überschritten – und sei es nur für einen Abend ...


Accessoires Liegen bleiben . .............................................................. 164 Jeder Mann braucht den richtigen Wecker, um sich noch mal rumzudrehen. Hilft aber auch nicht immer.

Reflektiert die etwas andere Seite. 2 Megapixel-Kamera mit Videoaufnahme, integriertem Music-Player und erweiterbarem Speicher. motorola.com/de

Motor Feldweg . ........................................................................ 78 Unser rasender Reporter über die hochkomplexe Anfahrt zum Arbeitsplatz. Schlafaugen ................................................................... 80 Autos, die einem zublinzeln, muss man einfach gern haben. Hero Brutal am Limit ............................................................ 90 Alexander Wurz will in der neuen Formel-1-Saison voll durchstarten. Ansonsten geht ihm vieles am modernen Leben zu schnell. Coopération smart Utopia ................................................................. 108 Warum ein Auto für die Zukunft selbst eine hat.

156

Mode Zombie .......................................................................... 38 Alles schläft, einer wacht. Der Zombie ist der heimliche König der Nacht. Insomnia ....................................................................... 54 Wer nicht einschlafen kann, geht noch mal vor die Tür. Da kann Mann was erleben. Steife Brise . ................................................................... 146 Der Surfin’ Bird taucht ab und auf – und findet seines­­gleichen. Morgenlatte ................................................................... 170 So eine Unterhose muss was abkönnen, wenn sie überleben will. Vor allem morgens. Holden . ......................................................................... 216 Es kann richtig Spaß machen, ziemlich seriös auszusehen. Ganz im Ernst.

Privé Wo bin ich? .................................................................... 174 Irgendwas muss gestern passiert sein. Noch mag sich Kristiane aber nicht so genau erinnern. Bonjour Monsieur ......................................................... 244. Iza zeigt neue Seiten und Gesichter – und wir lassen uns das einfach so gefallen. Beauté Matratzen-Frisen .......................................................... 192 Schlaf ist ein guter Heiler, aber am Morgen ist unser Antlitz vom Kissen entstellt. Toujours Editorial......................................................................... 13 Impressum...................................................................... 18 Feldarbeiter.................................................................... 21 Mit 60 Sachen in den Frühling...................................... 22 Intro............................................................................... 36 Bezugsquellen.......................................................... 266/269 Männersache/Abo.................................................... 270/271 16

INHALT

Im schlanken Spiegel-Design, das jedem das gewisse Etwas gibt. Hellomoto. motorola.com/de

Neu ................................................................................ 254. Heute in Paris, morgen überall: Diesen jungen Gesichtern gehört die Zukunft.

MOTOROL A, und andere hier genannte Marken sind eingetragene Warenzeichen der Motorola Inc. Alle anderen Waren- oder Dienstleistungszeichen stehen dem jeweiligen Inhaber zu. Alle Rechte vorbehalten. © 2006 Motorola, 01/07

Plötzlich Prinzessin ....................................................... 234 In Berlin wird schnell mal eine Grenze überschritten – und sei es nur für einen Abend ...


Tabellenführer in der Player-Championsleague: VIBEZ, der neue Serien-Testsieger von TrekStor.

ErwAcHEn

1/07

Deutschland 5,00 € / Österreich 5,00 € / Schweiz 7.50 sfr / www.feld-magazin.de

Unaufhaltsam

Unglaublich

Formel-1-Pilot Alex Wurz im Exklusiv-Interview

Erweckungskirchen in Deutschland

Unvereinbar Zwei Freunde an einer Demo-Front

Unbeugsam Weiterleben nach dem Flugzeugabsturz

Ungewaschen Unsere Männer zeigen ihr wahres Gesicht

Alles auf Anfang: ein ganzes Heft zum Erwachen

Frühjahr 07

Titel: Geoffrey, unser Model aus der Modestrecke „Steife Brise“ trägt ein Netzshirt von Bless. Fotografie: Daniel Schröder (www.nergermao.com). Styling: Isabelle Thiry (www.thiry.info).

FELD HOMMES Ausgabe 01/07, Frühjahr 2007 Mieke Haase, Markus Lenz

Herausgeber

und Kai Maser

Redaktion Kreativdirektion und Chefredaktion Stellv. Chefredaktion und Textchef Redaktion Modeleitung Redaktionsassistenz Redaktionspraktikant

Anzeigenleitung Kai Maser Tel.: +49-40-65 68 55-0 Fax: +49-40-65 68 55-17 kai.maser@appel-grafik.de Verantwortlich für die Anzeigen: Kai Maser (Anschrift Appel Grafik)

Mieke Haase

Anzeigenvermarktung Bertram Job Sabine Manecke und Timm Weber Isabelle Thiry Zhoi Hy Mehrbood Mokarram

FELD HOMMES Redaktion Langbehnstraße 15a Tel.: +49-40-88 16 97-60 Fax: +49-40-88 16 97-82 22761 Hamburg Gestaltung Layout

Mieke Haase Design Langbehnstraße 15a 22761 Hamburg Tel.: +49-40-88 16 97-60 Fax: +49-40-88 16 97-82 www.miekehaase.de

Junior-Art-Direction

Oliver Griep

Layout

Uwe Jens Bermeitinger, Martin Müller und Ini Neumann

Mitarbeiter dieser Ausgabe Vito Avantario, Malte Bartjen, Carly Brook, Hans Christian Bussert, Jean-Francois Carly, Robert Christensen, Oliver Cole, Rainer Elstermann, Tomas Falmer, Scot Faubel, Kai Flemming, Andreas Funk, Robert Grischek, Maria Grossmann, Eva Häberle, Volker Hobl, Martina Huber, Axl Jansen, Andreas Johansson, Jürgen Kalwa, Oliver Köhler, Séraphine de Lima, Birte Ludwig, Karina-Christin Neumann, Noshe, Stefan Osterhaus, Fergus Padel, Til Schlenker, Daniel Schröder, Monika Schürle, Oliver Schwarzwald, Alinde Sonntag, Judith Stoletzky, Thomas Struth, Lars-Fredrik Svedberg, Slavoj Žižek, Heiko und Troy. Wir bedanken uns besonders bei Volker Andres, Aljosha Brunk, Claudia Eilers, Restaurant Ganesh, Carl Linden Haase, Felicitas Herrmann, Long Hy, Mike Latham, Anne Lucas, Annibale Picci, Bent Rosinski, Daniel Schröder, Charly Wurz, Julia Wurz, und Jürgen Z.

MFM Martin Fischer Medien Martinistraße 11 20251 Hamburg Martin Fischer Tel.: +49-40-42 91 62-11 mfischer@mf-medien.com

Thomas Neef Tel.: +49-40-42 91 62-12 tneef@mf-medien.com

Umsetzung Produktionsleitung

Markus Lenz

Für den unermüdlichen Einsatz in den Bereichen Satz/RZ, Lithografie, Postproduction, Korrektorat und Koordination für diese FELD HOMMES Ausgabe bedanken wir uns besonders bei: Michaela Cardozo, Andrea Feldkamp, Andreas Funk, Thomas Kaiser, Thorsten Krukow, Jürgen Lübbe, Silvia Pöppelbaum, Sandro Puls, Petra Rinklake, Kai Alexander Schabacker, Tina Schlenkermann, Holger Speth, Carsten Tappe, Anja Vermehren, Oliver Voß, Katrin Walter und Jeremy Wells. Appel Grafik Hamburg GmbH & Co. KG, Alter Wall 55, 20457 Hamburg www.appel-grafik.de Druck & Verarbeitung

Neef + Stumme GmbH & Co. KG Druck und Verlag Schillerstraße 2 29378 Wittingen info@neef-stumme.de www.neef-stumme.de

Vertrieb Einzelverkauf/Handel

Partner Pressevertrieb GmbH Julius-Hölder-Straße 47 70597 Stuttgart Tel.: +49-711-72 52-0 Fax: +49-711-72 52-320 www.partner-presse.de

Sondervertrieb

Über den Verlag

Erscheinungsweise: vierteljährlich. Heftpreis: 5 Euro.

Verlag FELD Verlag Alter Wall 55 20457 Hamburg

Tel.: +49-40-65 68 55-0 Fax: +49-40-65 68 55-17 www.feld-magazin.de

Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt dieser Ausgabe: Kai Maser (Anschrift wie Verlag)

18

IMPRESSUM

© für alle Beiträge beim FELD Verlag. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung. Für verloren gegangene und unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und andere Arbeiten wird keine Haftung übernommen. Die Meinung, die in den Texten wiedergegeben wird, ist die der Contributeurs und nicht zwingend die des Verlags.

Darin sind sich die Experten von STEREOPLAY, MP3-FLASH und COMPUTERBILD einig: Der festplattenbasierte VIBEZ gewinnt die Tests für MP3-Player der Topklasse. Er glänzt mit ausgezeichnetem Design, Vollfarb-TFT-Display, bis zu 12 GB Speicherkapazität, austauschbarem Lithium-Ionen-Akku, magnetisch gelagertem Scroll-Wheel und vielem mehr. Der VIBEZ definiert eine neue PremiumKlasse. In einer Form, die Maßstäbe setzt. Alle VIBEZ-Facts: www.trekstor.de


Tabellenführer in der Player-Championsleague: VIBEZ, der neue Serien-Testsieger von TrekStor.

ErwAcHEn

1/07

Deutschland 5,00 € / Österreich 5,00 € / Schweiz 7.50 sfr / www.feld-magazin.de

Unaufhaltsam

Unglaublich

Formel-1-Pilot Alex Wurz im Exklusiv-Interview

Erweckungskirchen in Deutschland

Unvereinbar Zwei Freunde an einer Demo-Front

Unbeugsam Weiterleben nach dem Flugzeugabsturz

Ungewaschen Unsere Männer zeigen ihr wahres Gesicht

Alles auf Anfang: ein ganzes Heft zum Erwachen

Frühjahr 07

Titel: Geoffrey, unser Model aus der Modestrecke „Steife Brise“ trägt ein Netzshirt von Bless. Fotografie: Daniel Schröder (www.nergermao.com). Styling: Isabelle Thiry (www.thiry.info).

FELD HOMMES Ausgabe 01/07, Frühjahr 2007 Mieke Haase, Markus Lenz

Herausgeber

und Kai Maser

Redaktion Kreativdirektion und Chefredaktion Stellv. Chefredaktion und Textchef Redaktion Modeleitung Redaktionsassistenz Redaktionspraktikant

Anzeigenleitung Kai Maser Tel.: +49-40-65 68 55-0 Fax: +49-40-65 68 55-17 kai.maser@appel-grafik.de Verantwortlich für die Anzeigen: Kai Maser (Anschrift Appel Grafik)

Mieke Haase

Anzeigenvermarktung Bertram Job Sabine Manecke und Timm Weber Isabelle Thiry Zhoi Hy Mehrbood Mokarram

FELD HOMMES Redaktion Langbehnstraße 15a Tel.: +49-40-88 16 97-60 Fax: +49-40-88 16 97-82 22761 Hamburg Gestaltung Layout

Mieke Haase Design Langbehnstraße 15a 22761 Hamburg Tel.: +49-40-88 16 97-60 Fax: +49-40-88 16 97-82 www.miekehaase.de

Junior-Art-Direction

Oliver Griep

Layout

Uwe Jens Bermeitinger, Martin Müller und Ini Neumann

Mitarbeiter dieser Ausgabe Vito Avantario, Malte Bartjen, Carly Brook, Hans Christian Bussert, Jean-Francois Carly, Robert Christensen, Oliver Cole, Rainer Elstermann, Tomas Falmer, Scot Faubel, Kai Flemming, Andreas Funk, Robert Grischek, Maria Grossmann, Eva Häberle, Volker Hobl, Martina Huber, Axl Jansen, Andreas Johansson, Jürgen Kalwa, Oliver Köhler, Séraphine de Lima, Birte Ludwig, Karina-Christin Neumann, Noshe, Stefan Osterhaus, Fergus Padel, Til Schlenker, Daniel Schröder, Monika Schürle, Oliver Schwarzwald, Alinde Sonntag, Judith Stoletzky, Thomas Struth, Lars-Fredrik Svedberg, Slavoj Žižek, Heiko und Troy. Wir bedanken uns besonders bei Volker Andres, Aljosha Brunk, Claudia Eilers, Restaurant Ganesh, Carl Linden Haase, Felicitas Herrmann, Long Hy, Mike Latham, Anne Lucas, Annibale Picci, Bent Rosinski, Daniel Schröder, Charly Wurz, Julia Wurz, und Jürgen Z.

MFM Martin Fischer Medien Martinistraße 11 20251 Hamburg Martin Fischer Tel.: +49-40-42 91 62-11 mfischer@mf-medien.com

Thomas Neef Tel.: +49-40-42 91 62-12 tneef@mf-medien.com

Umsetzung Produktionsleitung

Markus Lenz

Für den unermüdlichen Einsatz in den Bereichen Satz/RZ, Lithografie, Postproduction, Korrektorat und Koordination für diese FELD HOMMES Ausgabe bedanken wir uns besonders bei: Michaela Cardozo, Andrea Feldkamp, Andreas Funk, Thomas Kaiser, Thorsten Krukow, Jürgen Lübbe, Silvia Pöppelbaum, Sandro Puls, Petra Rinklake, Kai Alexander Schabacker, Tina Schlenkermann, Holger Speth, Carsten Tappe, Anja Vermehren, Oliver Voß, Katrin Walter und Jeremy Wells. Appel Grafik Hamburg GmbH & Co. KG, Alter Wall 55, 20457 Hamburg www.appel-grafik.de Druck & Verarbeitung

Neef + Stumme GmbH & Co. KG Druck und Verlag Schillerstraße 2 29378 Wittingen info@neef-stumme.de www.neef-stumme.de

Vertrieb Einzelverkauf/Handel

Partner Pressevertrieb GmbH Julius-Hölder-Straße 47 70597 Stuttgart Tel.: +49-711-72 52-0 Fax: +49-711-72 52-320 www.partner-presse.de

Sondervertrieb

Über den Verlag

Erscheinungsweise: vierteljährlich. Heftpreis: 5 Euro.

Verlag FELD Verlag Alter Wall 55 20457 Hamburg

Tel.: +49-40-65 68 55-0 Fax: +49-40-65 68 55-17 www.feld-magazin.de

Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt dieser Ausgabe: Kai Maser (Anschrift wie Verlag)

18

IMPRESSUM

© für alle Beiträge beim FELD Verlag. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung. Für verloren gegangene und unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und andere Arbeiten wird keine Haftung übernommen. Die Meinung, die in den Texten wiedergegeben wird, ist die der Contributeurs und nicht zwingend die des Verlags.

Darin sind sich die Experten von STEREOPLAY, MP3-FLASH und COMPUTERBILD einig: Der festplattenbasierte VIBEZ gewinnt die Tests für MP3-Player der Topklasse. Er glänzt mit ausgezeichnetem Design, Vollfarb-TFT-Display, bis zu 12 GB Speicherkapazität, austauschbarem Lithium-Ionen-Akku, magnetisch gelagertem Scroll-Wheel und vielem mehr. Der VIBEZ definiert eine neue PremiumKlasse. In einer Form, die Maßstäbe setzt. Alle VIBEZ-Facts: www.trekstor.de


Faubel Christensen Das Fotografenteam Faubel Christensen ist bei Feld zuständig fürs Kopfkino. Fotograf Scot Faubel und Kameramann Robert Christensen arbeiten gemeinsam, um die Intensität von Fotografie zusammenzubringen mit dem Spirit des Filmemachens. Eine Win-win-Situation. Zu besichtigen in ihrem neuesten Feature „Holden“ in einem Feld ganz in ihrer Nähe. Marcus Söder Will man Marcus Söder ärgern, packt man ihn in einen Raum mit vielen lauten Menschen und dreht Drum & Bass richtig auf. Viel lieber ist dem Stylisten die leere schwedische Landschaft oder das nächtliche Paris. Wen wundert’s, dass er für Feld eine Geschichte gemacht hat, in der nur ein einziger Mann auftaucht.

Til Schlenker Til Schlenker hat nicht nur die Kraft, ganz allein eine Waschmaschine durch die Gegend zu wuchten. Er hat auch das Fingerspitzengefühl, als unser Bildbearbeiter das Beste aus der „Hero“-Strecke herauszuholen. Ach und Till hat gerade eine eigene Firma aufgemacht – für schöne Bilder natürlich, nicht fürs Waschmaschinentragen.

www.marc-o-polo.com

Fergus Die Fotografin Fergus macht schon eine ganze Weile ­ schöne Bilder. Erst in London und seit fast sieben Jahren in Berlin. Für diese Ausgabe von Feld hat sie eine Nacht mit Folgen fotografiert. Zwei junge Männer wachen ­ morgens nebeneinander auf und schauen sich sehr überrascht an. So was ist ihr selbst aber noch nicht passiert.

Vito Avantario ist Journalist und Autor und wohnt in Hamburg. Texte von ihm sind erschienen zum Beispiel bei „Spiegel online“, in „Brandeins“, „Financial Times Deutschland“, „Tagesspiegel“, „Frank­­­furter Rundschau“. Für Feld hat er ein besonderes Risiko auf sich genommen: Sein Artikel ist in der Nacht entstanden, als Kyrill über Deutschland zog.

Martina Huber Martina Huber hat es aus München nach Hamburg verschlagen. Vielleicht weil hier das Licht besser ist, wir nie Föhn haben und die Farben fein und klar sind, wenn die Sonne rauskommt. Das mag sie auch am liebsten, wenn sie Bilder für uns bearbeitet.

Kai Maser Kai Maser hat bei Feld gleich eine Vielzahl von Aufgaben. Als Herausgeber ist er der Träger des Verantwortungs­ordens. Er hat sich um all die schönen Anzeigen im Heft gekümmert. Er versucht, die Zahlen im Griff zu behalten. Und er hält für das alles sogar noch sein Gesicht in die Presse. Das verdient mindestens noch einen Orden.

Uwe Jens Bermeitinger Uwe Jens Bermeitinger studierte nicht Visuelle Kommunikation in Berlin und hatte auch kein Stipendium an der Parsons School of Design. Trotzdem layoutet er für Feld. Und beweist wieder mal, dass doch nichts über ordentliches Autodidaktentum geht.

Timm Weber Als Werbetexter hat Timm Weber gerade viel Freizeit, als frischgebackener Vater quasi gar nicht. So hat für ihn das Thema Erwachen jeden Tag um halb sechs in der Früh eine ganz besondere Bedeutung.

Carl Linden Haase Der jüngste Chefredakteur der Stadt, Carl Linden Haase. Und auch der gnadenloseste. Wenn ihm ein Layout nicht gefällt, wird es zerrissen. Wenn er gut gelaunt ist, nur zer­knüllt. Seine Lieblingsgeschichte im neuen Feld sind die Schlafaugen auf Seite 82 – 91. Damit kennt er sich wirklich gut aus. Noshe Der Fotograf Noshe ist eigentlich ein Zauberkünstler. Er schafft es, menschengemachte Orte in eine menschenverlassene Schwebe zu verwandeln. Fast so, als wären diese Plätze nackt. Für Feld zeigt er sein Können mit QuasiZhoi Hy Aktfotos von öffentlichen Räumen. Ein Spezialagent langweilt sich schnell. ­ Deswegen hat Zhoi Hy seine ehemaligen Arbeitgeber hinter sich gelassen, um sich einer wirklichen Aufgabe zu stellen. Als neuer Redaktions­assistent von Feld kümmert er sich um alles, was brennt. Wir müssen nur sagen: „Cobra, übernehmen Sie!“ Kai Flemming Der Hamburger Autor Kai Flemming, 43 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder, entdeckt in seiner Freizeit mit dem Motorrad Europas Passstraßen, besucht die Heimspiele des FC St.Pauli und leitet während der ­Arbeitszeit eine Hamburger Werbeagentur. Für uns schreibt der Fahrer einer BMW 1100 S die Kolumne „Feldwege“ und diesmal auch, wie es ist, öffentlich überwacht aufzuwachen. Vito Avantario

Birte Ludwig Birte Ludwig freut sich sehr darüber, dass der Winter rechtzeitig zur Feld Frühjahrsausgabe doch noch in Deutschland ange- ­ kommen ist. Von ihr aus könnte es so bleiben. Sie würde dann, statt Illustrationen für uns zu machen, mit ihren Schlittenhunden Richtung Polarsteppe sausen.

Thorsten Krukow Thorsten Krukow ist unser Projektleiter. Er kümmert sich darum, dass alles rechtzeitig fertig wird und Feld wirklich dann erscheint, wenn es erscheinen soll. Ganz zur Freude seiner beiden Töchter hat er im Büro genug Möglichkeiten, die Nervensäge vom Dienst zu sein. Und ist deshalb zu Hause ganz der entspannte Papa. Eva Häberle Die Reportage-Fotografin Eva Häberle sah sich für diese Ausgabe mit einer ganz besonderen Aufgabe konfrontiert: Sie sollte den einzigen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes porträtieren. Und erkannte in Jürgen Z. den gut aussehenden Jungen aus ihrem Nachbarort am Bodensee wieder, dem in ihrer gemeinsamen Schulzeit die Mädchen zu Füßen lagen.

Volker Hobl Ein unattraktives Spiegelei am frühen Morgen kann einem den ganzen Tag verderben. Deswegen kümmert sich Volker Hobl, der das Kochen in süddeutschen ­Sterneläden gelernt hat, jetzt hauptberuflich darum, dass Essen gut aussieht. Für Feld hat er sich diesmal das Frühstück vorgeknöpft. Guten Appetit.

CONTRIBUTEURS

21


Faubel Christensen Das Fotografenteam Faubel Christensen ist bei Feld zuständig fürs Kopfkino. Fotograf Scot Faubel und Kameramann Robert Christensen arbeiten gemeinsam, um die Intensität von Fotografie zusammenzubringen mit dem Spirit des Filmemachens. Eine Win-win-Situation. Zu besichtigen in ihrem neuesten Feature „Holden“ in einem Feld ganz in ihrer Nähe. Marcus Söder Will man Marcus Söder ärgern, packt man ihn in einen Raum mit vielen lauten Menschen und dreht Drum & Bass richtig auf. Viel lieber ist dem Stylisten die leere schwedische Landschaft oder das nächtliche Paris. Wen wundert’s, dass er für Feld eine Geschichte gemacht hat, in der nur ein einziger Mann auftaucht.

Til Schlenker Til Schlenker hat nicht nur die Kraft, ganz allein eine Waschmaschine durch die Gegend zu wuchten. Er hat auch das Fingerspitzengefühl, als unser Bildbearbeiter das Beste aus der „Hero“-Strecke herauszuholen. Ach und Till hat gerade eine eigene Firma aufgemacht – für schöne Bilder natürlich, nicht fürs Waschmaschinentragen.

www.marc-o-polo.com

Fergus Die Fotografin Fergus macht schon eine ganze Weile ­ schöne Bilder. Erst in London und seit fast sieben Jahren in Berlin. Für diese Ausgabe von Feld hat sie eine Nacht mit Folgen fotografiert. Zwei junge Männer wachen ­ morgens nebeneinander auf und schauen sich sehr überrascht an. So was ist ihr selbst aber noch nicht passiert.

Vito Avantario ist Journalist und Autor und wohnt in Hamburg. Texte von ihm sind erschienen zum Beispiel bei „Spiegel online“, in „Brandeins“, „Financial Times Deutschland“, „Tagesspiegel“, „Frank­­­furter Rundschau“. Für Feld hat er ein besonderes Risiko auf sich genommen: Sein Artikel ist in der Nacht entstanden, als Kyrill über Deutschland zog.

Martina Huber Martina Huber hat es aus München nach Hamburg verschlagen. Vielleicht weil hier das Licht besser ist, wir nie Föhn haben und die Farben fein und klar sind, wenn die Sonne rauskommt. Das mag sie auch am liebsten, wenn sie Bilder für uns bearbeitet.

Kai Maser Kai Maser hat bei Feld gleich eine Vielzahl von Aufgaben. Als Herausgeber ist er der Träger des Verantwortungs­ordens. Er hat sich um all die schönen Anzeigen im Heft gekümmert. Er versucht, die Zahlen im Griff zu behalten. Und er hält für das alles sogar noch sein Gesicht in die Presse. Das verdient mindestens noch einen Orden.

Uwe Jens Bermeitinger Uwe Jens Bermeitinger studierte nicht Visuelle Kommunikation in Berlin und hatte auch kein Stipendium an der Parsons School of Design. Trotzdem layoutet er für Feld. Und beweist wieder mal, dass doch nichts über ordentliches Autodidaktentum geht.

Timm Weber Als Werbetexter hat Timm Weber gerade viel Freizeit, als frischgebackener Vater quasi gar nicht. So hat für ihn das Thema Erwachen jeden Tag um halb sechs in der Früh eine ganz besondere Bedeutung.

Carl Linden Haase Der jüngste Chefredakteur der Stadt, Carl Linden Haase. Und auch der gnadenloseste. Wenn ihm ein Layout nicht gefällt, wird es zerrissen. Wenn er gut gelaunt ist, nur zer­knüllt. Seine Lieblingsgeschichte im neuen Feld sind die Schlafaugen auf Seite 82 – 91. Damit kennt er sich wirklich gut aus. Noshe Der Fotograf Noshe ist eigentlich ein Zauberkünstler. Er schafft es, menschengemachte Orte in eine menschenverlassene Schwebe zu verwandeln. Fast so, als wären diese Plätze nackt. Für Feld zeigt er sein Können mit QuasiZhoi Hy Aktfotos von öffentlichen Räumen. Ein Spezialagent langweilt sich schnell. ­ Deswegen hat Zhoi Hy seine ehemaligen Arbeitgeber hinter sich gelassen, um sich einer wirklichen Aufgabe zu stellen. Als neuer Redaktions­assistent von Feld kümmert er sich um alles, was brennt. Wir müssen nur sagen: „Cobra, übernehmen Sie!“ Kai Flemming Der Hamburger Autor Kai Flemming, 43 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder, entdeckt in seiner Freizeit mit dem Motorrad Europas Passstraßen, besucht die Heimspiele des FC St.Pauli und leitet während der ­Arbeitszeit eine Hamburger Werbeagentur. Für uns schreibt der Fahrer einer BMW 1100 S die Kolumne „Feldwege“ und diesmal auch, wie es ist, öffentlich überwacht aufzuwachen. Vito Avantario

Birte Ludwig Birte Ludwig freut sich sehr darüber, dass der Winter rechtzeitig zur Feld Frühjahrsausgabe doch noch in Deutschland ange- ­ kommen ist. Von ihr aus könnte es so bleiben. Sie würde dann, statt Illustrationen für uns zu machen, mit ihren Schlittenhunden Richtung Polarsteppe sausen.

Thorsten Krukow Thorsten Krukow ist unser Projektleiter. Er kümmert sich darum, dass alles rechtzeitig fertig wird und Feld wirklich dann erscheint, wenn es erscheinen soll. Ganz zur Freude seiner beiden Töchter hat er im Büro genug Möglichkeiten, die Nervensäge vom Dienst zu sein. Und ist deshalb zu Hause ganz der entspannte Papa. Eva Häberle Die Reportage-Fotografin Eva Häberle sah sich für diese Ausgabe mit einer ganz besonderen Aufgabe konfrontiert: Sie sollte den einzigen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes porträtieren. Und erkannte in Jürgen Z. den gut aussehenden Jungen aus ihrem Nachbarort am Bodensee wieder, dem in ihrer gemeinsamen Schulzeit die Mädchen zu Füßen lagen.

Volker Hobl Ein unattraktives Spiegelei am frühen Morgen kann einem den ganzen Tag verderben. Deswegen kümmert sich Volker Hobl, der das Kochen in süddeutschen ­Sterneläden gelernt hat, jetzt hauptberuflich darum, dass Essen gut aussieht. Für Feld hat er sich diesmal das Frühstück vorgeknöpft. Guten Appetit.

CONTRIBUTEURS

21


1.

2.

4.

3.

Von Zhoi Hy (Redaktion), Sabine Manecke, Hans Bussert, Oliver Köhler und Timm Weber (Text)

1. Ei, wie die Zeit verrinnt! Irgendwie à point gibt’s nicht – weder im Steakhaus noch am Frühstückstisch. Beim perfekten Ei kommt es auf die Sekunde an, sonst wird es wie meistens. Deshalb ist die Kombi aus Cup und Sanduhr so zwingend, dass nur noch eine Frage bleibt: Wieso, beim Kolumbus, sind wir nicht schon längst darauf gekommen? www.suck.uk.com 2. „Frühlings Erwachen“ In seiner ersten dramatischen Arbeit setzt der Dichter Frank Wedekind die Anfänge des Geschlechtslebens von jungen Menschen in Szene. „Gib mir Antwort – wie geht es zu, wie kommt das alles? – Du kannst doch im Ernst nicht verlangen, dass ich bei meinen vierzehn Jahren noch an den Storch glaube.“ Sätze wie diese muten etwas verstaubt an angesichts der Übersexualisierung unserer Gesellschaft, trotzdem ist „Frühlings Erwachen“ ein ehrenwertes Drama über Pubertät, Sexualmoral, Selbstmord und ungewollte Schwangerschaft und damit zu Recht immer noch eins der meistgespielten deutschen Stücke. Frank Wedekind, „Frühlings Erwachen“, Reclam, www.reclam.de 3. Fenster zum Hof. Damit Sie wenigstens ein paar morgendliche Sonnenstrahlen abbekommen, hat der koreanische Designer Hee Yong einen Toaster in der Form einer Sonne entworfen. Je nach Röstzeit leuchtet das Licht am stärksten, und Ihr Toast kriegt einen fetten Sonnenbrand. www.designerhy.wo.to

22

60 AFFAIRES

4. The Pervert’s Guide to Cinema. Rückblickend möchte man fast annehmen, der Eiserne Vorhang brach zusammen, weil er dem Berserker, Psychoanalytiker und Philosophen Slavoj Žižek nicht mehr länger zu widerstehen vermochte. Žižek haben wir Tausende von Artikeln und wortgewaltigen Vorträgen über Lacan, Hegel, das Internet, Popkultur und vor allem das Unterbewusste zu verdanken. In „The Pervert’s Guide to Cinema“ präsentiert uns Žižek in einer Dokumentation von Sophie Fiennes alle psychotischen Filme der jüngeren Hollywood-Geschichte, in die er sich freundlicherweise selbst eingebaut hat. Sie erleben Žižek im Kampf mit den „Vögeln“ und unter der „Psycho“-Dusche, aber nur wenn Sie eins der genannten Festivals besuchen. Wozu wir unterbewusst dringend raten möchten. Planet Doc Review, 11.–20. Mai 2007, Warschau, 31st Hong Kong International Film Festival, 20. März–11. April 2007, Buenos Aires Mar del Plata IFF, 8.–18. März 2007. www.thepervertsguide.com 5. Verweile doch. Jan Weiler kann schreiben, wie Billy Wilder Filme gemacht hat: leichtfüßig, humorbegabt – und wer das für nicht wichtig oder für zu nett hält, läuft ihm in die Falle. Nach den beiden Erfolgsbänden über seine angeheiratete italienische Sippschaft hat er nun beobachtet, was sich zwischen zwei Leseauftritten um ihn herum so alles tut. Ein Tour-Tagebuch voll heiterer Moritaten aus der deutschen Provinz – für das lustige Unterwegs-mal-Reinschauen-und-dann-das-Aussteigen-Vergessen ... Jan Weiler, „In meinem kleinen Land“, Rowohlt Taschenbuch, www.rowohlt.de

5.

6.

6. Royal Flash! Die Luxusfirma Hermès ist nicht eben bekannt für ihren esoterischen Ansatz, wohl aber für die Begeisterung an Ornamenten und schönen Mustern. So wird der Grund für die Gestaltung eines TarotKartenspiels wohl eher ein profan ästhetischer sein. Nichtsdestotrotz: Legen Sie interessierten Girls ruhig die Karten, sie werden wenig über ihre Zukunft erfahren, aber viel über die Luxusaffinität des Kartenbesitzers. Und die Nummer zieht immer! www.hermes.com

60 AFFAIRES

23


1.

2.

4.

3.

Von Zhoi Hy (Redaktion), Sabine Manecke, Hans Bussert, Oliver Köhler und Timm Weber (Text)

1. Ei, wie die Zeit verrinnt! Irgendwie à point gibt’s nicht – weder im Steakhaus noch am Frühstückstisch. Beim perfekten Ei kommt es auf die Sekunde an, sonst wird es wie meistens. Deshalb ist die Kombi aus Cup und Sanduhr so zwingend, dass nur noch eine Frage bleibt: Wieso, beim Kolumbus, sind wir nicht schon längst darauf gekommen? www.suck.uk.com 2. „Frühlings Erwachen“ In seiner ersten dramatischen Arbeit setzt der Dichter Frank Wedekind die Anfänge des Geschlechtslebens von jungen Menschen in Szene. „Gib mir Antwort – wie geht es zu, wie kommt das alles? – Du kannst doch im Ernst nicht verlangen, dass ich bei meinen vierzehn Jahren noch an den Storch glaube.“ Sätze wie diese muten etwas verstaubt an angesichts der Übersexualisierung unserer Gesellschaft, trotzdem ist „Frühlings Erwachen“ ein ehrenwertes Drama über Pubertät, Sexualmoral, Selbstmord und ungewollte Schwangerschaft und damit zu Recht immer noch eins der meistgespielten deutschen Stücke. Frank Wedekind, „Frühlings Erwachen“, Reclam, www.reclam.de 3. Fenster zum Hof. Damit Sie wenigstens ein paar morgendliche Sonnenstrahlen abbekommen, hat der koreanische Designer Hee Yong einen Toaster in der Form einer Sonne entworfen. Je nach Röstzeit leuchtet das Licht am stärksten, und Ihr Toast kriegt einen fetten Sonnenbrand. www.designerhy.wo.to

22

60 AFFAIRES

4. The Pervert’s Guide to Cinema. Rückblickend möchte man fast annehmen, der Eiserne Vorhang brach zusammen, weil er dem Berserker, Psychoanalytiker und Philosophen Slavoj Žižek nicht mehr länger zu widerstehen vermochte. Žižek haben wir Tausende von Artikeln und wortgewaltigen Vorträgen über Lacan, Hegel, das Internet, Popkultur und vor allem das Unterbewusste zu verdanken. In „The Pervert’s Guide to Cinema“ präsentiert uns Žižek in einer Dokumentation von Sophie Fiennes alle psychotischen Filme der jüngeren Hollywood-Geschichte, in die er sich freundlicherweise selbst eingebaut hat. Sie erleben Žižek im Kampf mit den „Vögeln“ und unter der „Psycho“-Dusche, aber nur wenn Sie eins der genannten Festivals besuchen. Wozu wir unterbewusst dringend raten möchten. Planet Doc Review, 11.–20. Mai 2007, Warschau, 31st Hong Kong International Film Festival, 20. März–11. April 2007, Buenos Aires Mar del Plata IFF, 8.–18. März 2007. www.thepervertsguide.com 5. Verweile doch. Jan Weiler kann schreiben, wie Billy Wilder Filme gemacht hat: leichtfüßig, humorbegabt – und wer das für nicht wichtig oder für zu nett hält, läuft ihm in die Falle. Nach den beiden Erfolgsbänden über seine angeheiratete italienische Sippschaft hat er nun beobachtet, was sich zwischen zwei Leseauftritten um ihn herum so alles tut. Ein Tour-Tagebuch voll heiterer Moritaten aus der deutschen Provinz – für das lustige Unterwegs-mal-Reinschauen-und-dann-das-Aussteigen-Vergessen ... Jan Weiler, „In meinem kleinen Land“, Rowohlt Taschenbuch, www.rowohlt.de

5.

6.

6. Royal Flash! Die Luxusfirma Hermès ist nicht eben bekannt für ihren esoterischen Ansatz, wohl aber für die Begeisterung an Ornamenten und schönen Mustern. So wird der Grund für die Gestaltung eines TarotKartenspiels wohl eher ein profan ästhetischer sein. Nichtsdestotrotz: Legen Sie interessierten Girls ruhig die Karten, sie werden wenig über ihre Zukunft erfahren, aber viel über die Luxusaffinität des Kartenbesitzers. Und die Nummer zieht immer! www.hermes.com

60 AFFAIRES

23


8.

14.

7. 9.

10.

11.

12.

13.

7. Kunst zum Be-Sitzen. Das floral inspirierte Wandgemälde vom Designer Dror Benshetrit verwandelt sich sekundenschnell in einen Stuhl. Wenn Gäste kommen, abhängen und aufsitzen, wenn die Gäste weg sind, wieder aufhängen und weiter über den Sinn von Kunst sinnieren. Pick Chair, über www.studiodror.com 8. Einer flog aus der Kuckucksuhr. So was können sich auch nur die im Schwarzwald ausdenken, oder? Aber niedlich ist es schon – und wer sich einmal von der Kuckucksuhr wecken lässt, will so schnell nicht wieder tauschen. Kein nerviges Piepen, kein unerträglich gut gelaunter Radio-DJ, nur die pure Botschaft: Hör mal, der nächste Tag bricht an. Können wir gut mit leben. www.kuckucksuhr.net 9. Fluchttasche. Eine halbe Million Euro in großen Scheinen passt wohl hinein, wenn man mit dieser schicken Tasche von Hope zur Bank geht. Das braune Modell aus Baumwolle hat Posträuber-Format; in die zwei aufgesetzten Taschen passen ganz bequem Ausweis und Flugtickets. Damit haben wir aber noch zu gar nichts aufgerufen, denn zunächst mal müssen Sie investieren – die Tasche ist nicht ganz umsonst. www.hope­sthlm.com

24

60 AFFAIRES

10. Das Licht über dir. Doch, doch, das wird gesehen: Mit dieser Deckenleuchte liefern Sie ein klares Bekenntnis zum extravaganten Geschmack ab. Irgendwas leuchtet ja bei jedem von der Decke, aber wo gibt’s schon Chandeliers aus Kugelschreibern? Eben: streng genommen nur von Volivik. Und jetzt bei Ihnen, im schönsten Zimmer. www.enpieza.com 11. Die unendliche Geschichte. Die schönsten Sachen gibt es im Museum. In Wolfsburg zum Beispiel steht jetzt ein Gerät vom Videokünstler Douglas Gordon, das Filmfreunde vor Begeisterung ganz kirre werden lässt: ein Videoplayer mit stufenlos variierbarer Abspielgeschwindigkeit. Das bedeutet, alle schönen Szenen in Einzelbild-Zeitlupentempo genießen, während man sich durch endlose Anbahnungsdialoge, lahme Verfolgungsjagden und sonstige Zwischenhänger elegant durchshutteln kann. Leider gibt’s das nur für einen Film (immerhin Hitchcocks „Vögel“), und leider ist das Gerät auch nicht im Museumsshop zu kaufen. Weitere Informa­ tionen unter www.kunstmuseum­wolfsburg.de 12. Nächstes großes Ding. Es ist süß, aber nicht klebrig. Es ist eingängig, aber nicht beliebig. Es ist Pop, Glam, Mainstream und Underground – und wahrscheinlich noch viel mehr. Hört sich also ganz so an, als wäre Mika der neue Barde, auf den sich alle einigen können. Sein Debütalbum „Life in Cartoon Motion“ wurde in Großbritannien gerade als das beste Newcomer-Album seit Langem gefeiert. Tja, und das verstehen wir und gönnen es dem Jungen. Als Sohn libanesischer Zuwanderer lag ihm London nicht immer zu Füßen, da hat er ein halbes Jahr lang mal gar nichts mehr gesagt. Wie sich das geändert hat! www.mikasounds.com 13. Strahlendes Grau. Berliner Winter sind grau. Brandenburger Berufsmelancholiker haben damit kein Problem. Allen Hinzugezogenen und dem ganzen Rest der Republik sei „Happy in Grey“ von Damero alias Marit Posch empfohlen: Die ausgebildete Sängerin vermag mit ihrer Stimme jedem noch so wolkenverhangenen Herzen eine Sonnenbrille auf die Nase zu zaubern. Kein Wunder, denn die Dame kommt aus Berlin und hat das Grausein somit zur Lebenskultur erhoben. „Happy in Grey“, www.bpitchcontrol.de

16. Antiheld. Die Figuren in den Songs und Geschichten von Rocko Schamoni sind keine strahlenden Sieger. An diesem Gestaltungsprinzip wird auch in dem neuen Roman „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“ (DuMont) nicht gerüttelt. Da ist einer Roadie statt Rockstar und ansonsten entweder gerade klamm oder klammheimlich, doch wenig aussichtsreich verliebt. Dafür entspinnen sich so viele tragikomische Situationen in diesem Kiezleben, dass einem nie langweilig wird. Siehe auch unter „Risiko des Ruhms“ (2000) und „Dorfpunks“ (2004). www.dumontliteraturundkunst.de

15.

17. Prada statt Apple. Das sieht ja genauso aus wie das iPhone. Ein schnelles Plagiat, oder hatten die Designer einfach die gleiche Idee? Im Sog der Apple-Hysterie bringen LG und Prada das KE850. Auch mit Touchscreen, 2-Megapixel-Kamera und in Schwarz. Ätsch, Steve Jobs. www.lge.de

16.

17.

18.

19.

14. Voll vor die Wand. Die Therapeuten sagen, wir würden zu viel projizieren. Die Masterminds bei Toshiba sagen, wir projizieren nicht gut genug. Wenn das so ist, haben wir hier die Lösung. Dieser DVD-Projektor ist ebenso gut im Design wie in der Leistung. Exzellente Bildqualität; wir empfehlen dazu ein paar Freunde, Tequila-Bier und den Themenabend mit Filmen der Gebrüder Coen. www.toshiba.de 15. Okay. Schon lustig, was man so trifft auf heimischen Fahrradwegen. Hightechmaschinen mit 36 bis unendlich vielen Gängen, Reifen, so breit wie Panzerketten, und mehr Karbon, als man für eine Rakete braucht. Oder aber schwere, bullige Hollandräder, die sich fast nur mit Hilfsmotoren von der Stelle bewegen lassen. Oder hoffentlich bald ein Fahrrad namens okee. Da ist alles dran, was man für die Stadt braucht. Pedale, Sattel, Lenker, Schutzblech, Bremse. Und alles, was man nicht braucht, ist einfach weggelassen. Das finden wir sehr okay. www.okee.se

18. Für gemütliche Spieleabende. Frauen fürchten sie zu Recht: Typen mit PlayStation sind kindisch und verstehen unter einem schönen Abend stundenlanges Zocken, Pizza und Bier. Die neue PlayStation 3 aber besitzt ein Blu-RayDisc-Laufwerk und eignet sich nicht nur für Videospiele in HD-Auflösung, sondern auch als DVD-Abspielgerät. Damit können Sie mit Ihrer Freundin „Harry und Sally“ gucken und dann daddeln, bis das Bier alle ist. www.sony.de 19. Einer für alles. Philips war schon immer willens, die eine oder andere Revolution einzuleiten. 2007 soll die gute alte Heimaudio- und Heimkinoanlage dran glauben. Das AmbisoundSystem besteht aus einem schlanken Teil, das CDs und DVDs gleichermaßen abspielt und ein 5.1-Surround-Sound-Lautsprechersystem virtuell herstellt. Perfekt für Designminimalisten mit maximalen Ton- und Videoambitionen. www.philips.de

60 AFFAIRES

25


8.

14.

7. 9.

10.

11.

12.

13.

7. Kunst zum Be-Sitzen. Das floral inspirierte Wandgemälde vom Designer Dror Benshetrit verwandelt sich sekundenschnell in einen Stuhl. Wenn Gäste kommen, abhängen und aufsitzen, wenn die Gäste weg sind, wieder aufhängen und weiter über den Sinn von Kunst sinnieren. Pick Chair, über www.studiodror.com 8. Einer flog aus der Kuckucksuhr. So was können sich auch nur die im Schwarzwald ausdenken, oder? Aber niedlich ist es schon – und wer sich einmal von der Kuckucksuhr wecken lässt, will so schnell nicht wieder tauschen. Kein nerviges Piepen, kein unerträglich gut gelaunter Radio-DJ, nur die pure Botschaft: Hör mal, der nächste Tag bricht an. Können wir gut mit leben. www.kuckucksuhr.net 9. Fluchttasche. Eine halbe Million Euro in großen Scheinen passt wohl hinein, wenn man mit dieser schicken Tasche von Hope zur Bank geht. Das braune Modell aus Baumwolle hat Posträuber-Format; in die zwei aufgesetzten Taschen passen ganz bequem Ausweis und Flugtickets. Damit haben wir aber noch zu gar nichts aufgerufen, denn zunächst mal müssen Sie investieren – die Tasche ist nicht ganz umsonst. www.hope­sthlm.com

24

60 AFFAIRES

10. Das Licht über dir. Doch, doch, das wird gesehen: Mit dieser Deckenleuchte liefern Sie ein klares Bekenntnis zum extravaganten Geschmack ab. Irgendwas leuchtet ja bei jedem von der Decke, aber wo gibt’s schon Chandeliers aus Kugelschreibern? Eben: streng genommen nur von Volivik. Und jetzt bei Ihnen, im schönsten Zimmer. www.enpieza.com 11. Die unendliche Geschichte. Die schönsten Sachen gibt es im Museum. In Wolfsburg zum Beispiel steht jetzt ein Gerät vom Videokünstler Douglas Gordon, das Filmfreunde vor Begeisterung ganz kirre werden lässt: ein Videoplayer mit stufenlos variierbarer Abspielgeschwindigkeit. Das bedeutet, alle schönen Szenen in Einzelbild-Zeitlupentempo genießen, während man sich durch endlose Anbahnungsdialoge, lahme Verfolgungsjagden und sonstige Zwischenhänger elegant durchshutteln kann. Leider gibt’s das nur für einen Film (immerhin Hitchcocks „Vögel“), und leider ist das Gerät auch nicht im Museumsshop zu kaufen. Weitere Informa­ tionen unter www.kunstmuseum­wolfsburg.de 12. Nächstes großes Ding. Es ist süß, aber nicht klebrig. Es ist eingängig, aber nicht beliebig. Es ist Pop, Glam, Mainstream und Underground – und wahrscheinlich noch viel mehr. Hört sich also ganz so an, als wäre Mika der neue Barde, auf den sich alle einigen können. Sein Debütalbum „Life in Cartoon Motion“ wurde in Großbritannien gerade als das beste Newcomer-Album seit Langem gefeiert. Tja, und das verstehen wir und gönnen es dem Jungen. Als Sohn libanesischer Zuwanderer lag ihm London nicht immer zu Füßen, da hat er ein halbes Jahr lang mal gar nichts mehr gesagt. Wie sich das geändert hat! www.mikasounds.com 13. Strahlendes Grau. Berliner Winter sind grau. Brandenburger Berufsmelancholiker haben damit kein Problem. Allen Hinzugezogenen und dem ganzen Rest der Republik sei „Happy in Grey“ von Damero alias Marit Posch empfohlen: Die ausgebildete Sängerin vermag mit ihrer Stimme jedem noch so wolkenverhangenen Herzen eine Sonnenbrille auf die Nase zu zaubern. Kein Wunder, denn die Dame kommt aus Berlin und hat das Grausein somit zur Lebenskultur erhoben. „Happy in Grey“, www.bpitchcontrol.de

16. Antiheld. Die Figuren in den Songs und Geschichten von Rocko Schamoni sind keine strahlenden Sieger. An diesem Gestaltungsprinzip wird auch in dem neuen Roman „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“ (DuMont) nicht gerüttelt. Da ist einer Roadie statt Rockstar und ansonsten entweder gerade klamm oder klammheimlich, doch wenig aussichtsreich verliebt. Dafür entspinnen sich so viele tragikomische Situationen in diesem Kiezleben, dass einem nie langweilig wird. Siehe auch unter „Risiko des Ruhms“ (2000) und „Dorfpunks“ (2004). www.dumontliteraturundkunst.de

15.

17. Prada statt Apple. Das sieht ja genauso aus wie das iPhone. Ein schnelles Plagiat, oder hatten die Designer einfach die gleiche Idee? Im Sog der Apple-Hysterie bringen LG und Prada das KE850. Auch mit Touchscreen, 2-Megapixel-Kamera und in Schwarz. Ätsch, Steve Jobs. www.lge.de

16.

17.

18.

19.

14. Voll vor die Wand. Die Therapeuten sagen, wir würden zu viel projizieren. Die Masterminds bei Toshiba sagen, wir projizieren nicht gut genug. Wenn das so ist, haben wir hier die Lösung. Dieser DVD-Projektor ist ebenso gut im Design wie in der Leistung. Exzellente Bildqualität; wir empfehlen dazu ein paar Freunde, Tequila-Bier und den Themenabend mit Filmen der Gebrüder Coen. www.toshiba.de 15. Okay. Schon lustig, was man so trifft auf heimischen Fahrradwegen. Hightechmaschinen mit 36 bis unendlich vielen Gängen, Reifen, so breit wie Panzerketten, und mehr Karbon, als man für eine Rakete braucht. Oder aber schwere, bullige Hollandräder, die sich fast nur mit Hilfsmotoren von der Stelle bewegen lassen. Oder hoffentlich bald ein Fahrrad namens okee. Da ist alles dran, was man für die Stadt braucht. Pedale, Sattel, Lenker, Schutzblech, Bremse. Und alles, was man nicht braucht, ist einfach weggelassen. Das finden wir sehr okay. www.okee.se

18. Für gemütliche Spieleabende. Frauen fürchten sie zu Recht: Typen mit PlayStation sind kindisch und verstehen unter einem schönen Abend stundenlanges Zocken, Pizza und Bier. Die neue PlayStation 3 aber besitzt ein Blu-RayDisc-Laufwerk und eignet sich nicht nur für Videospiele in HD-Auflösung, sondern auch als DVD-Abspielgerät. Damit können Sie mit Ihrer Freundin „Harry und Sally“ gucken und dann daddeln, bis das Bier alle ist. www.sony.de 19. Einer für alles. Philips war schon immer willens, die eine oder andere Revolution einzuleiten. 2007 soll die gute alte Heimaudio- und Heimkinoanlage dran glauben. Das AmbisoundSystem besteht aus einem schlanken Teil, das CDs und DVDs gleichermaßen abspielt und ein 5.1-Surround-Sound-Lautsprechersystem virtuell herstellt. Perfekt für Designminimalisten mit maximalen Ton- und Videoambitionen. www.philips.de

60 AFFAIRES

25


20.

21.

22.

23.

25.

20. Ei gugge, es wächst! Mit der Ostergeschichte (Verrat, Kreuzigung, Tod, Wiederauferstehung) hat auch dieses österliche Accessoire herzlich wenig zu tun. Das Ei ist lediglich ein frühchristliches Symbol der Fruchtbarkeit. Normalerweise wächst aus dem Hühnerei ein Hühnchen. Aus diesem „Eggling“ wächst Basilikum oder Minze, wenn man es ordnungsgemäß knackt. Es ist also über Ostern hinaus zu gebrauchen, wie alles, was aus dem Shop des MoMA in New York kommt. www.eggling.com 21. Skandinavische Supernova. Obwohl Robyn eigentlich seit mehr als zehn Jahren im Popbusiness ist, hatte sie bis dato keine große Präsenz. 2007 wird anders. Mit ihrem attitüde-geladenen Elektropop-Ansturm wird sie ganz groß auf dem Popradar aufleuchten. Wer also noch von Anfang an mitreden will, sollte sich schnell die repräsentative „Rakamonie EP“ kaufen, die auf ihrem eigenen Label Konichiwa Records erschien. Mit einem so großen „B“ wurde „Bitchiness“ noch nie zu Mikrobeats gesetzt. www.robyn.com

24.

22. Kuhmouflage. Wenn Sie beim Camping unerkannt bleiben wollen, sind Sie mit diesem Zelt hervorragend ausgerüstet. Es heißt „Oh! La vache!“ (für unsere anglophilen Mitbürger: „Oh, eine Kuh!“) und ermöglicht eine perfekte Mimikry auf jeder Kuhweide. Wem’s gefällt: www.matejewski.com 23. Freude zum Malen. Ach, wie war das doch entspannend. Nach einer durchzechten Nacht schaltete man einfach den Fernseher an und hatte ’ne halbe Stunde, um herunterzukommen. Gemeint ist der TV-Malkurs „The Joy of Painting“ von Bob Ross. Der Meister der Nass-auf-nass-Maltechnik hat bewiesen, dass Malen ganz easy ist. „First you have to mix your colours. Then you start to paint ...“ Einfach ausprobieren: Das Malset von Bob Ross gibt’s unter www.lukas.eu

24. Auferstehung. Schuld und Sühne, Tod und Auferstehung, Krieg und Frieden. Die russischen Autoren wie Dostojewski und Tolstoi haben sich stets um die Aufarbeitung der wirklich tonnenschwer wiegenden Themen bemüht. Dafür werfen wir ihnen eine flüchtige Kusshand des Dankes zu und empfehlen zu Ostern „Auferstehung“ von Tolstoi. Die hat zwar in erster Linie was mit einem Giftmord und einem Flittchen vor Gericht zu tun und weniger mit dem Herrn am Kreuz, aber sie wird von Marcel Reich-Ranicki dringend empfohlen, und wir möchten uns dem aus gegebenem Anlass anschließen. Leo Tolstoi, „­Auferstehung“, www.diogenes.de 25. Küsse statt Kanonen. Vor einem Soldaten oder Offizier sollten Sie keine dicke Lippe riskieren. Besonders wenn sie trocken und schuppig ist. Das Wundermittel von Hudsalva Försvarets beugt vor und macht die Lippen bussizart. Nicht vorenthalten wollen wir Ihnen, dass die Salbe früher als Fußsalbe gegen Blasen beim schwedischen Militär benutzt wurde. Na dann. Lippenbalsam Hudsalva Försvarets gibt’s in Apotheken in Stockholm.

B-42 MARINEMASTER

Automatik, Stahl Ø 42 mm, wasserdicht 200 m / 20 ATM Saphirglas beidseitig entspiegelt Erste Uhrenfabrik der Welt für automatische Armbanduhren since 1912 swiss · mehr als 10 Jahre im Weltraum

www.fortis-watch.com

26

60 AFFAIRES


20.

21.

22.

23.

25.

20. Ei gugge, es wächst! Mit der Ostergeschichte (Verrat, Kreuzigung, Tod, Wiederauferstehung) hat auch dieses österliche Accessoire herzlich wenig zu tun. Das Ei ist lediglich ein frühchristliches Symbol der Fruchtbarkeit. Normalerweise wächst aus dem Hühnerei ein Hühnchen. Aus diesem „Eggling“ wächst Basilikum oder Minze, wenn man es ordnungsgemäß knackt. Es ist also über Ostern hinaus zu gebrauchen, wie alles, was aus dem Shop des MoMA in New York kommt. www.eggling.com 21. Skandinavische Supernova. Obwohl Robyn eigentlich seit mehr als zehn Jahren im Popbusiness ist, hatte sie bis dato keine große Präsenz. 2007 wird anders. Mit ihrem attitüde-geladenen Elektropop-Ansturm wird sie ganz groß auf dem Popradar aufleuchten. Wer also noch von Anfang an mitreden will, sollte sich schnell die repräsentative „Rakamonie EP“ kaufen, die auf ihrem eigenen Label Konichiwa Records erschien. Mit einem so großen „B“ wurde „Bitchiness“ noch nie zu Mikrobeats gesetzt. www.robyn.com

24.

22. Kuhmouflage. Wenn Sie beim Camping unerkannt bleiben wollen, sind Sie mit diesem Zelt hervorragend ausgerüstet. Es heißt „Oh! La vache!“ (für unsere anglophilen Mitbürger: „Oh, eine Kuh!“) und ermöglicht eine perfekte Mimikry auf jeder Kuhweide. Wem’s gefällt: www.matejewski.com 23. Freude zum Malen. Ach, wie war das doch entspannend. Nach einer durchzechten Nacht schaltete man einfach den Fernseher an und hatte ’ne halbe Stunde, um herunterzukommen. Gemeint ist der TV-Malkurs „The Joy of Painting“ von Bob Ross. Der Meister der Nass-auf-nass-Maltechnik hat bewiesen, dass Malen ganz easy ist. „First you have to mix your colours. Then you start to paint ...“ Einfach ausprobieren: Das Malset von Bob Ross gibt’s unter www.lukas.eu

24. Auferstehung. Schuld und Sühne, Tod und Auferstehung, Krieg und Frieden. Die russischen Autoren wie Dostojewski und Tolstoi haben sich stets um die Aufarbeitung der wirklich tonnenschwer wiegenden Themen bemüht. Dafür werfen wir ihnen eine flüchtige Kusshand des Dankes zu und empfehlen zu Ostern „Auferstehung“ von Tolstoi. Die hat zwar in erster Linie was mit einem Giftmord und einem Flittchen vor Gericht zu tun und weniger mit dem Herrn am Kreuz, aber sie wird von Marcel Reich-Ranicki dringend empfohlen, und wir möchten uns dem aus gegebenem Anlass anschließen. Leo Tolstoi, „­Auferstehung“, www.diogenes.de 25. Küsse statt Kanonen. Vor einem Soldaten oder Offizier sollten Sie keine dicke Lippe riskieren. Besonders wenn sie trocken und schuppig ist. Das Wundermittel von Hudsalva Försvarets beugt vor und macht die Lippen bussizart. Nicht vorenthalten wollen wir Ihnen, dass die Salbe früher als Fußsalbe gegen Blasen beim schwedischen Militär benutzt wurde. Na dann. Lippenbalsam Hudsalva Försvarets gibt’s in Apotheken in Stockholm.

B-42 MARINEMASTER

Automatik, Stahl Ø 42 mm, wasserdicht 200 m / 20 ATM Saphirglas beidseitig entspiegelt Erste Uhrenfabrik der Welt für automatische Armbanduhren since 1912 swiss · mehr als 10 Jahre im Weltraum

www.fortis-watch.com

26

60 AFFAIRES


28.

27.

26.

31.

29.

30.

28. Gegen die Langeweile. Beim französischen Designer Romain Kremer dösen Sie nicht ein. Denn mit großen Ösen, kleinen Sternchen und kunterbunten Farben ist er ein Geheimtipp für außergewöhnliche Mode. (In der letzten Ausgabe „Helden“ ist uns ein Fehler unterlaufen. Die Jeans auf Seite 97 ist von Romain Kremer und nicht von Postweiler Hauber.) www.romainkremer.free.fr

26. Kein Krümel Verstand mehr. Wasa hilft gegen Alzheimer. Kann Ihr Hirn diese Information verarbeiten, dann ist noch nichts verloren. Wenn Sie’s jetzt schon wieder vergessen haben, raten wir dringend zum massenhaften Verzehr vom „Cholesterinkiller“ Knäckebrot. Das passende Produkt entnehmen Sie bitte dem Supermarktregal, und die Informationen, die die eingangs erwähnte kühne These stützen, erfragen Sie bitte bei Barilla Wasa Deutschland GmbH, Public Relations. Dort reicht man Ihnen sicher gern den passenden Anti-Demenz-Essplan nach. www.wasa.de 27. Schnelles Mint. Speedminton ist Federball auf Amphetaminen. Kein Court, keine Regeln, keine Grenzen – speeden geht überall: am Strand, auf Parkdecks oder im Schnee. Da machen wir mit. www.speedminton.de

28

60 AFFAIRES

29. Fab Three. Wenn man England bald nicht mehr ernst nehmen kann, dann tragen die Klaxons eine nicht unerhebliche Mitschuld daran. Zwar sind wir es mittlerweile gewohnt, dass die Inselpresse eine Band nach der anderen als die neuen Beatles hypet. Dass aber eine Jugendsünde wie das neuerliche Aufkommen von Schwarzlicht, Smileys und Glowsticks als der Trend schlechthin gefeiert wird, liegt auch an den Klaxons, die dem Lausbubenstreich das Label „New Rave“ gaben. Und sollten die Klaxons wieder in der Versenkung verschwinden wie all die anderen Pseudo-Beatles zuvor, dann ist die britische Deutungshoheit endgültig verspielt. Mit „Myths of the Near Future“ haben die drei nämlich etwas wirklich Einzigartiges geschaffen: elf avantgardistische Klangwelten, die jetzt schon Klassikerstatus haben. „Myths of the Near Future“ (Rinse/Universal), www.universal-music.de

30. Tiefschläfer. Es gibt sicher aufregendere Dinge in der Nacht, als nur zu schlafen. Aber wenn schon, dann sollte es um möglichst nachhaltige Entspannung und Ruhe gehen. Diese Schlafmaske hilft dabei. Ein paar Augenblicke gegen’s Licht gehalten, und man blickt auf leuchtende Punkte an einem kleinen blauen Ersatz-Firmament. Außer­dem ist sie nicht so hässlich, dass man immer daran denken muss, wie man jetzt wohl gerade aussieht. www.glotosleep.co.uk 31. Dreckschleuder. Wie ein Wildschwein im Matsch wühlen. Mit jaulendem Gebrüll über Schotterpisten pesen. Die Sau winseln lassen, bis sie vorn hochsteigt und dann das Weite sucht! Die Enduro BMW G 650 Xchallenge ist ab März im Handel, wenn’s draußen noch richtig geil miese Böden gibt. www.bmwmotorcycles.com


28.

27.

26.

31.

29.

30.

28. Gegen die Langeweile. Beim französischen Designer Romain Kremer dösen Sie nicht ein. Denn mit großen Ösen, kleinen Sternchen und kunterbunten Farben ist er ein Geheimtipp für außergewöhnliche Mode. (In der letzten Ausgabe „Helden“ ist uns ein Fehler unterlaufen. Die Jeans auf Seite 97 ist von Romain Kremer und nicht von Postweiler Hauber.) www.romainkremer.free.fr

26. Kein Krümel Verstand mehr. Wasa hilft gegen Alzheimer. Kann Ihr Hirn diese Information verarbeiten, dann ist noch nichts verloren. Wenn Sie’s jetzt schon wieder vergessen haben, raten wir dringend zum massenhaften Verzehr vom „Cholesterinkiller“ Knäckebrot. Das passende Produkt entnehmen Sie bitte dem Supermarktregal, und die Informationen, die die eingangs erwähnte kühne These stützen, erfragen Sie bitte bei Barilla Wasa Deutschland GmbH, Public Relations. Dort reicht man Ihnen sicher gern den passenden Anti-Demenz-Essplan nach. www.wasa.de 27. Schnelles Mint. Speedminton ist Federball auf Amphetaminen. Kein Court, keine Regeln, keine Grenzen – speeden geht überall: am Strand, auf Parkdecks oder im Schnee. Da machen wir mit. www.speedminton.de

28

60 AFFAIRES

29. Fab Three. Wenn man England bald nicht mehr ernst nehmen kann, dann tragen die Klaxons eine nicht unerhebliche Mitschuld daran. Zwar sind wir es mittlerweile gewohnt, dass die Inselpresse eine Band nach der anderen als die neuen Beatles hypet. Dass aber eine Jugendsünde wie das neuerliche Aufkommen von Schwarzlicht, Smileys und Glowsticks als der Trend schlechthin gefeiert wird, liegt auch an den Klaxons, die dem Lausbubenstreich das Label „New Rave“ gaben. Und sollten die Klaxons wieder in der Versenkung verschwinden wie all die anderen Pseudo-Beatles zuvor, dann ist die britische Deutungshoheit endgültig verspielt. Mit „Myths of the Near Future“ haben die drei nämlich etwas wirklich Einzigartiges geschaffen: elf avantgardistische Klangwelten, die jetzt schon Klassikerstatus haben. „Myths of the Near Future“ (Rinse/Universal), www.universal-music.de

30. Tiefschläfer. Es gibt sicher aufregendere Dinge in der Nacht, als nur zu schlafen. Aber wenn schon, dann sollte es um möglichst nachhaltige Entspannung und Ruhe gehen. Diese Schlafmaske hilft dabei. Ein paar Augenblicke gegen’s Licht gehalten, und man blickt auf leuchtende Punkte an einem kleinen blauen Ersatz-Firmament. Außer­dem ist sie nicht so hässlich, dass man immer daran denken muss, wie man jetzt wohl gerade aussieht. www.glotosleep.co.uk 31. Dreckschleuder. Wie ein Wildschwein im Matsch wühlen. Mit jaulendem Gebrüll über Schotterpisten pesen. Die Sau winseln lassen, bis sie vorn hochsteigt und dann das Weite sucht! Die Enduro BMW G 650 Xchallenge ist ab März im Handel, wenn’s draußen noch richtig geil miese Böden gibt. www.bmwmotorcycles.com


32. Kerze? – Nein danke. Umweltschützer haben häufig so etwas Unästhetisches. Sie tragen ausgeleierte, selbst gestrickte Pullis und komische Frisuren, gerne auch mit einem geflochtenen Zopf, der ihnen über die Schulter hängt. Und wenn es ganz schlimm kommt, originelle asymmetrische Brillen. Das hat die Umwelt nicht verdient, dachten sich die Menschen bei Lunesco und haben eine Lampe gebaut, die toll aussieht, tolles Licht macht (LEDs) und – am allertollsten – nur ein Drittel des Stroms einer normalen Lampe braucht. Heureka! www.lucesco.com 33. Auf’m Wasa graset d’Hasa. Was der Hase bei Ostern zu suchen hat, außer Eiern natürlich, weiß keiner so genau. Einen Zusammenhang von Hasensymbolik und Auferstehungs­thema ist nicht belegt. Aber weil der Rammler nun mal am Start ist, haben wir Ihnen einen be­ sonders schönen zum Verstecken rausgesucht: den auf 2007 Stück limitierten Mohairhasen „Fritzle“. Er kann seinen Kopf kreisen lassen, und wenn man das Schwänzchen aufzieht, singt er das schwäbische Liedchen „Auf’m Wasa graset d’Hasa“. Toll. „Fritzle“, www.steiff.de 34. A.dlige P.rekärer C.ontostände. Den „Stil verarmter Adliger“ sah man in München bisher nur vereinzelt: Der Münchener Adel hat schließlich Geld, und der Geldadel kleidet sich standesgemäß in Dior und Gabana. Das könnte sich schlagartig ändern, denn im Hofgarten befindet sich der zweite A.P.C. Store Deutschlands. Was das mit blaublütigem Prekariat zu tun hat? Nun, Jean Toitou, der Chef des Labels, beschreibt seine Kollektionen mit genau diesen Worten. Und wir würden es nur begrüßen, wenn seine Vision von gutem Stil sich durchsetzen würde und Bayerns Hauptstadt in Zukunft um ein paar verarmte Adlige reicher wäre! www.apc.fr

32. 33.

39.

34.

30

60 AFFAIRES

38. Schöner Scherbenhaufen. Das Design der Porzellanvase ist keine Unachtsamkeit des amerikanischen Künstlers Dror Benshetrit, sondern kreative Zerstörungswut. Die weiblich geformte Vase tritt in eine experimentelle Phase, wenn sie zerschmettert wird. „Sie wird dadurch rauer, verführerisch, scharf und verlockend“, so Benshetrit. Zu tiefgründig? Dann füllen Sie die Vase mit Wasser und stellen Sie Blumen für Ihre Liebste rein. Vase of phrases, über www.rosenthal.de

35. Die Ferien verschlafen. Den nächsten Urlaub kann man nach einem ganz besonderen Kriterium planen: Schäfchen zählen, Bubu machen, ratzen, schlummern, sägen. Das Hotel Furillen in Schweden bietet seinen Gästen dafür die bequemsten Matratzen der schwedischen Firma Hästen. Und damit der Schlaf durch nichts gestört wird, liegt das gemütliche Hotel schön ruhig auf dem Land. Gute Nacht, John Boy. www.furillen.nu 36. Hallo Wach. Was gibt es Schöneres, als morgens von frischem Espressoduft geweckt zu werden? Man liegt noch im Bett, und köstliche Arabica-Schwaden ziehen durch die Wohnung. Und das alles, ohne dass man selbst einen Finger krumm machen muss. Alles, was man braucht, ist der Espresso Alarm, den Mike Latham entwickelt hat. Er hat dafür eine Hightech-Espressomaschine mit einem TiffanyWecker kombiniert, und rausgekommen ist eine Luxuszeitschaltuhrkaffeemaschine. Wer jetzt noch morgenmuffelt, dem ist nicht zu helfen. www.artscorporation.com 37. Viel zu schön für Schlamm. Jetzt dürfte es keine Zweifel mehr daran geben, dass sich Fußballfelder und Laufstege nahtlos aneinanderfügen. Diese Fußballschuhe hätten glatt von Louis Vuitton kommen können mit ihren goldenen Stollen und eingelasertem Bienenmustermonogramm. Nicht genug, dass sie den Träger in eine metrosexuelle Kicker-Ikone verwandeln; mit ihrer technischen Ausstattung spielt man auch wie Gott auf dem Rasen! Hummel 8.4 PIO FGX, über www.hummel.dk

37.

38.

35.

36.

39. Unidentifiziertes Flugobjekt. Wenn Ihre Gäste zu dieser Lampe keinen Kommentar abgeben, der Abend seltsam distanziert verläuft, aber am nächsten Tag in Ihrer Lokalzeitung von neuen UFO-Sichtungen die Rede ist oder wenn jemand versucht, sich im Lichtkegel stehend nach Melmac beamen zu lassen, dann kann das nur an Ihrer Lampe liegen oder an Ihren schrägen Freunden. www.neueslicht.de 40. Maximum Rock ’n’ Roll. Hallo, aufwachen! TNT, hell’s bells, let there be rock auf die Ohren! Ach nee, ist ja nur zum Lesen und deshalb schonender für die Trommelfelle. Die australische Band AC/DC hat 145 Millionen Alben verkauft, und eine gigantische Fangemeinde bezeugt, dass AC/DC die beste Rock-’n’-RollBand aller Zeiten ist. In „Maximum Rock ’n’ Roll“ gewährt Rockspezialist Arnaud Durieux Einblick in sein einzigartiges AC/DC-Archiv und plaudert über Höhen und Tiefen, Exzesse und Drogenrausch und die schönsten Stücke des AC/DC-Köchelverzeichnisses, 1 bis 1 Million. Murray Engleheart mit Arnaud Durieux, AC/DC Maximum Rock ’n’ Roll, Heyne, www.heyne.de

XX. 40.

41.

41. Das Auge hört mit. Dafür, dass es bei MP3Playern in erster Linie um den Klang gehen sollte, wird ganz schön viel Wind um das Aussehen gemacht. Wo schon Apple die Messlatte so hoch gelegt hat, müssen sich Konkurrenten wie TrekStor beim Design ihrer Player richtig was einfallen lassen: vibez gibt’s mit 8 GB und 12 GB Speicherkapazität – genug also für eine Bahnfahrt nach Mailand und zurück. www.vibez.us

42.

42. Verdeckte Ermittlungen. Wenn es zum Tarnkappenbomber die passende Uhr geben sollte, dann das Modell Special Forces Air Assault Team von Chase-Durer. Mit einem Gehäuse aus schwarzem Stahl, einem Uhrglas aus robustem Kristall und ausgefeilter Technik hinter dem Ziffernblatt ist dieses Chronometer tough genug für den alltäglichen Flugwaffeneinsatz. Aber auch urbane Style-Guerillas kommen auf ihre Kosten: Trotz Tarnkappenoptik ist das gute Zeitstück reichlich auffallend. www.chase-durer.com

60 AFFAIRES

31


32. Kerze? – Nein danke. Umweltschützer haben häufig so etwas Unästhetisches. Sie tragen ausgeleierte, selbst gestrickte Pullis und komische Frisuren, gerne auch mit einem geflochtenen Zopf, der ihnen über die Schulter hängt. Und wenn es ganz schlimm kommt, originelle asymmetrische Brillen. Das hat die Umwelt nicht verdient, dachten sich die Menschen bei Lunesco und haben eine Lampe gebaut, die toll aussieht, tolles Licht macht (LEDs) und – am allertollsten – nur ein Drittel des Stroms einer normalen Lampe braucht. Heureka! www.lucesco.com 33. Auf’m Wasa graset d’Hasa. Was der Hase bei Ostern zu suchen hat, außer Eiern natürlich, weiß keiner so genau. Einen Zusammenhang von Hasensymbolik und Auferstehungs­thema ist nicht belegt. Aber weil der Rammler nun mal am Start ist, haben wir Ihnen einen be­ sonders schönen zum Verstecken rausgesucht: den auf 2007 Stück limitierten Mohairhasen „Fritzle“. Er kann seinen Kopf kreisen lassen, und wenn man das Schwänzchen aufzieht, singt er das schwäbische Liedchen „Auf’m Wasa graset d’Hasa“. Toll. „Fritzle“, www.steiff.de 34. A.dlige P.rekärer C.ontostände. Den „Stil verarmter Adliger“ sah man in München bisher nur vereinzelt: Der Münchener Adel hat schließlich Geld, und der Geldadel kleidet sich standesgemäß in Dior und Gabana. Das könnte sich schlagartig ändern, denn im Hofgarten befindet sich der zweite A.P.C. Store Deutschlands. Was das mit blaublütigem Prekariat zu tun hat? Nun, Jean Toitou, der Chef des Labels, beschreibt seine Kollektionen mit genau diesen Worten. Und wir würden es nur begrüßen, wenn seine Vision von gutem Stil sich durchsetzen würde und Bayerns Hauptstadt in Zukunft um ein paar verarmte Adlige reicher wäre! www.apc.fr

32. 33.

39.

34.

30

60 AFFAIRES

38. Schöner Scherbenhaufen. Das Design der Porzellanvase ist keine Unachtsamkeit des amerikanischen Künstlers Dror Benshetrit, sondern kreative Zerstörungswut. Die weiblich geformte Vase tritt in eine experimentelle Phase, wenn sie zerschmettert wird. „Sie wird dadurch rauer, verführerisch, scharf und verlockend“, so Benshetrit. Zu tiefgründig? Dann füllen Sie die Vase mit Wasser und stellen Sie Blumen für Ihre Liebste rein. Vase of phrases, über www.rosenthal.de

35. Die Ferien verschlafen. Den nächsten Urlaub kann man nach einem ganz besonderen Kriterium planen: Schäfchen zählen, Bubu machen, ratzen, schlummern, sägen. Das Hotel Furillen in Schweden bietet seinen Gästen dafür die bequemsten Matratzen der schwedischen Firma Hästen. Und damit der Schlaf durch nichts gestört wird, liegt das gemütliche Hotel schön ruhig auf dem Land. Gute Nacht, John Boy. www.furillen.nu 36. Hallo Wach. Was gibt es Schöneres, als morgens von frischem Espressoduft geweckt zu werden? Man liegt noch im Bett, und köstliche Arabica-Schwaden ziehen durch die Wohnung. Und das alles, ohne dass man selbst einen Finger krumm machen muss. Alles, was man braucht, ist der Espresso Alarm, den Mike Latham entwickelt hat. Er hat dafür eine Hightech-Espressomaschine mit einem TiffanyWecker kombiniert, und rausgekommen ist eine Luxuszeitschaltuhrkaffeemaschine. Wer jetzt noch morgenmuffelt, dem ist nicht zu helfen. www.artscorporation.com 37. Viel zu schön für Schlamm. Jetzt dürfte es keine Zweifel mehr daran geben, dass sich Fußballfelder und Laufstege nahtlos aneinanderfügen. Diese Fußballschuhe hätten glatt von Louis Vuitton kommen können mit ihren goldenen Stollen und eingelasertem Bienenmustermonogramm. Nicht genug, dass sie den Träger in eine metrosexuelle Kicker-Ikone verwandeln; mit ihrer technischen Ausstattung spielt man auch wie Gott auf dem Rasen! Hummel 8.4 PIO FGX, über www.hummel.dk

37.

38.

35.

36.

39. Unidentifiziertes Flugobjekt. Wenn Ihre Gäste zu dieser Lampe keinen Kommentar abgeben, der Abend seltsam distanziert verläuft, aber am nächsten Tag in Ihrer Lokalzeitung von neuen UFO-Sichtungen die Rede ist oder wenn jemand versucht, sich im Lichtkegel stehend nach Melmac beamen zu lassen, dann kann das nur an Ihrer Lampe liegen oder an Ihren schrägen Freunden. www.neueslicht.de 40. Maximum Rock ’n’ Roll. Hallo, aufwachen! TNT, hell’s bells, let there be rock auf die Ohren! Ach nee, ist ja nur zum Lesen und deshalb schonender für die Trommelfelle. Die australische Band AC/DC hat 145 Millionen Alben verkauft, und eine gigantische Fangemeinde bezeugt, dass AC/DC die beste Rock-’n’-RollBand aller Zeiten ist. In „Maximum Rock ’n’ Roll“ gewährt Rockspezialist Arnaud Durieux Einblick in sein einzigartiges AC/DC-Archiv und plaudert über Höhen und Tiefen, Exzesse und Drogenrausch und die schönsten Stücke des AC/DC-Köchelverzeichnisses, 1 bis 1 Million. Murray Engleheart mit Arnaud Durieux, AC/DC Maximum Rock ’n’ Roll, Heyne, www.heyne.de

XX. 40.

41.

41. Das Auge hört mit. Dafür, dass es bei MP3Playern in erster Linie um den Klang gehen sollte, wird ganz schön viel Wind um das Aussehen gemacht. Wo schon Apple die Messlatte so hoch gelegt hat, müssen sich Konkurrenten wie TrekStor beim Design ihrer Player richtig was einfallen lassen: vibez gibt’s mit 8 GB und 12 GB Speicherkapazität – genug also für eine Bahnfahrt nach Mailand und zurück. www.vibez.us

42.

42. Verdeckte Ermittlungen. Wenn es zum Tarnkappenbomber die passende Uhr geben sollte, dann das Modell Special Forces Air Assault Team von Chase-Durer. Mit einem Gehäuse aus schwarzem Stahl, einem Uhrglas aus robustem Kristall und ausgefeilter Technik hinter dem Ziffernblatt ist dieses Chronometer tough genug für den alltäglichen Flugwaffeneinsatz. Aber auch urbane Style-Guerillas kommen auf ihre Kosten: Trotz Tarnkappenoptik ist das gute Zeitstück reichlich auffallend. www.chase-durer.com

60 AFFAIRES

31


43.

44. 45.

46.

43. Ăœberdose Cocaine. Viel zu viel Koffein zum Trinken. 280 mg enthält eine Dose, das entspricht ungefähr dem dreieinhalbfachen Koffeingehalt von Red Bull. Da freuen sich die Kardiologen auf mehr Zulauf in ihren Ambulanzen und Praxen. www.drinkcocaine.com 44. Frisch aus Kyoto. Das Neueste aus Japan ist zur Abwechslung mal was ganz Altes. Kamon ist eine Art von Familiensiegel, entstanden in der späten Heinan-Periode. Damals hatte jede Familie, die was auf sich hielt, ihr Kamon auf die Kutsche gemalt und ist damit in Kyoto die HauptstraĂ&#x;e hoch und runter gefahren. So ähnlich wie heute adidas-Streifen oder Mercedes-Sterne. Oder Kamons. Denn die haben sich natĂźrlich weiterentwickelt. Sie wurden von jungen Designern neu kombiniert und landeten auf T-Shirts, Taschen, Kappen. Eben auf allem, was man braucht, um heute auf der HauptstraĂ&#x;e von Kyoto, Kreuzberg oder Kaiserslautern eine gute Figur zu machen. www.kamondesign.com 45. Ăœber den Kanal. Bei der British Music Week treten Bands in Deutschland (!) auf, die den britischen Sound auf dem Musikmarkt in England (!) populärer machen sollen. Bei der ersten Marketingoffensive im Jahr 2006 in Berlin besuchten 8.000 Zuschauer die Konzerte mit insgesamt 40 Bands. Laut Media Control stieg der Anteil von Musik made in UK am Radio-Airplay in der Folge um 5,4 Prozent. In England wohlgemerkt. Das soll mal einer verstehen. Trotzdem: vom 20. bis 28. April 2007 in Berlin, Hamburg und KĂśln mit Acts wie Kaiser Chiefs, Snow Patrol und Finkenauer! www.britishmusicweek.de

47.

48.

46. Deutschlands neue FĂźhrer. Die LeadAcademy zeichnet jedes Jahr Magazine, Zeitungen, Agenturen und Onlinemedien aus, die sich durch innovative Werbe-, Online- oder ­Editorial-Beiträge hervorgetan haben. Im An­ schluss an die LeadAwards-Verleihung werden die prämierten Arbeiten unter dem Titel „Visual Leader 2007 – Das Beste aus deutschen Zeitschriften“ im Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen gezeigt. Die LeadAwards 2007 fanden am 28. Februar 2007 in Hamburg statt, und die Ausstellung ist bereits erĂśffnet. www.leadacademy.de 47. Der Fluch der goldenen Blume. Seit den beiden Kampfkunstfilmen „Hero“ und „House of Flying Daggers“ ist der chinesische Regisseur Zhang Yimou auch hierzulande ein Garant fĂźr farbenprächtige und symbolische KinostĂźcke. Am 26. April startet sein neuestes Werk: der wie erwartet opulent gestaltete „Fluch der goldenen Blume“. Mit den Darstellern Chow Yun-Fat und Gong Li in den Hauptrollen und einem fein gewobenen Mix aus Intrigen, Liebesdramen und brachialen Kampfszenen wird Yimou wohl erneut begeistern. „Der Fluch der goldenen ­Blume“, www.tobis.de

48. „Zeit des Erwachens“ Oliver Sacks, Neurologe, Psychiater und Schriftsteller, erklärt uns in all seinen VerĂśffentlichungen die physischen Grenzbereiche des menschlichen Lebens. In diesem Buch schildert er die Europäische Schlafkrankheit. Die seit Jahrzehnten darunter leidenden Patienten gelten als unheilbar. Der Arzt und Held des Romans Dr. Sayer entwickelt ein Mittel, von dem er sich die RĂźckkehr der im komatĂśsen Zustand befindlichen Patienten zum normalen Leben verspricht. Der erste Patient, an dem das Mittel zunächst erfolgreich ausprobiert wird, ist Leonard Lowe, der sich seit 30 Jahren im Zustand des Komas befindet. Der Roman wurde verfilmt, mit Robert de Niro als Leonard Lowe und Robin Williams als Dr. Sayer, und wir empfehlen beides zur LektĂźre bzw. DVD-Verkostung. „Zeit des Erwachens“, Rowohlt Verlag, Buch und DVD bei www.amazon.de

AROMĂĽTHEÂŽAPY FOR ¾ÊN. ddd WNPXQN[VRY` P\Z • $ 7NPX 1N[VRYÂź` .YY _VTUa` _R`R_cRQ 7.08 1.;629Âź@ N[Q <91 ;< $ N_R _RTV`aR_RQ a_NQRZN_X`

GenieĂ&#x;e Jack Daniel’s bitte verantwortungsbewusst. 32

60 AFFAIRES


43.

44. 45.

46.

43. Ăœberdose Cocaine. Viel zu viel Koffein zum Trinken. 280 mg enthält eine Dose, das entspricht ungefähr dem dreieinhalbfachen Koffeingehalt von Red Bull. Da freuen sich die Kardiologen auf mehr Zulauf in ihren Ambulanzen und Praxen. www.drinkcocaine.com 44. Frisch aus Kyoto. Das Neueste aus Japan ist zur Abwechslung mal was ganz Altes. Kamon ist eine Art von Familiensiegel, entstanden in der späten Heinan-Periode. Damals hatte jede Familie, die was auf sich hielt, ihr Kamon auf die Kutsche gemalt und ist damit in Kyoto die HauptstraĂ&#x;e hoch und runter gefahren. So ähnlich wie heute adidas-Streifen oder Mercedes-Sterne. Oder Kamons. Denn die haben sich natĂźrlich weiterentwickelt. Sie wurden von jungen Designern neu kombiniert und landeten auf T-Shirts, Taschen, Kappen. Eben auf allem, was man braucht, um heute auf der HauptstraĂ&#x;e von Kyoto, Kreuzberg oder Kaiserslautern eine gute Figur zu machen. www.kamondesign.com 45. Ăœber den Kanal. Bei der British Music Week treten Bands in Deutschland (!) auf, die den britischen Sound auf dem Musikmarkt in England (!) populärer machen sollen. Bei der ersten Marketingoffensive im Jahr 2006 in Berlin besuchten 8.000 Zuschauer die Konzerte mit insgesamt 40 Bands. Laut Media Control stieg der Anteil von Musik made in UK am Radio-Airplay in der Folge um 5,4 Prozent. In England wohlgemerkt. Das soll mal einer verstehen. Trotzdem: vom 20. bis 28. April 2007 in Berlin, Hamburg und KĂśln mit Acts wie Kaiser Chiefs, Snow Patrol und Finkenauer! www.britishmusicweek.de

47.

48.

46. Deutschlands neue FĂźhrer. Die LeadAcademy zeichnet jedes Jahr Magazine, Zeitungen, Agenturen und Onlinemedien aus, die sich durch innovative Werbe-, Online- oder ­Editorial-Beiträge hervorgetan haben. Im An­ schluss an die LeadAwards-Verleihung werden die prämierten Arbeiten unter dem Titel „Visual Leader 2007 – Das Beste aus deutschen Zeitschriften“ im Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen gezeigt. Die LeadAwards 2007 fanden am 28. Februar 2007 in Hamburg statt, und die Ausstellung ist bereits erĂśffnet. www.leadacademy.de 47. Der Fluch der goldenen Blume. Seit den beiden Kampfkunstfilmen „Hero“ und „House of Flying Daggers“ ist der chinesische Regisseur Zhang Yimou auch hierzulande ein Garant fĂźr farbenprächtige und symbolische KinostĂźcke. Am 26. April startet sein neuestes Werk: der wie erwartet opulent gestaltete „Fluch der goldenen Blume“. Mit den Darstellern Chow Yun-Fat und Gong Li in den Hauptrollen und einem fein gewobenen Mix aus Intrigen, Liebesdramen und brachialen Kampfszenen wird Yimou wohl erneut begeistern. „Der Fluch der goldenen ­Blume“, www.tobis.de

48. „Zeit des Erwachens“ Oliver Sacks, Neurologe, Psychiater und Schriftsteller, erklärt uns in all seinen VerĂśffentlichungen die physischen Grenzbereiche des menschlichen Lebens. In diesem Buch schildert er die Europäische Schlafkrankheit. Die seit Jahrzehnten darunter leidenden Patienten gelten als unheilbar. Der Arzt und Held des Romans Dr. Sayer entwickelt ein Mittel, von dem er sich die RĂźckkehr der im komatĂśsen Zustand befindlichen Patienten zum normalen Leben verspricht. Der erste Patient, an dem das Mittel zunächst erfolgreich ausprobiert wird, ist Leonard Lowe, der sich seit 30 Jahren im Zustand des Komas befindet. Der Roman wurde verfilmt, mit Robert de Niro als Leonard Lowe und Robin Williams als Dr. Sayer, und wir empfehlen beides zur LektĂźre bzw. DVD-Verkostung. „Zeit des Erwachens“, Rowohlt Verlag, Buch und DVD bei www.amazon.de

AROMĂĽTHEÂŽAPY FOR ¾ÊN. ddd WNPXQN[VRY` P\Z • $ 7NPX 1N[VRYÂź` .YY _VTUa` _R`R_cRQ 7.08 1.;629Âź@ N[Q <91 ;< $ N_R _RTV`aR_RQ a_NQRZN_X`

GenieĂ&#x;e Jack Daniel’s bitte verantwortungsbewusst. 32

60 AFFAIRES


49. 55.

52.

50. 51.

53. 56. 49. Um Gottes willen. In Indien gibt es ca. 330 Millionen Götter. Beim diesjährigen KumbhMela-Fest am Ganges in Allahabad werden insgesamt neun Millionen Menschen erwartet: die größte Menschenversammlung auf diesem Planeten. Und wenn man die Tausenden von israelischen Goa-Touristen in die Statistik einbeziehen darf, dann sind alle Weltreligionen in Indien in stattlicher Anzahl vertreten. Auf dem Subkontinent bedeutet Erleuchtung also Big Business. Als kleine Erinnerung an exotische religiöse Momente empfehlen wir die handlich eingerahmten Vishnus, Shivas, Buddhas und Ganeshas. An allen heiligen Stätten Indiens zu finden, für unschlagbare 10 Rupien (20 Cent) 50. Finnisches Taschenmesser. Jetzt gibt es eine Videokamera für Aufnahmen in DVD-Qualität. Eine Kamera mit 5 Megapixeln, 20fachem Digitalzoom und Superoptik von Carl Zeiss. Ein brillantes QVGA-Farbdisplay mit einer Dia­ gonale von 6,6 cm und 16,7 Millionen Farben. Ein TV-Empfänger inkl. Video-Streaming. Ein GPS-Modul mit Karten für über 100 Länder. Alles verpackt in ein handliches Edelstahlge­ häuse mit innovativem Aufschiebemechanismus. Und das Beste: Telefonieren kann man mit dem N95 auch und allen erzählen, was man da Tolles hat. www.nokia.de

51. DJ Baselitz is in the House. An den Farb­ töpfen begrüßen wir heute einen Altmeister seiner Zunft. Wer ihn kennt, weiß es: Wo Georg auftaucht, stehen die Leute Kopf. Jetzt, wegen des großen Erfolges und vielleicht auch, weil er einfach mal an nichts Neues denken wollte, präsentiert er seine Greatest Hits neu ­abgemischt. Da kommen andere Schattierungen raus, die Bässe sind ein bisschen flacher, aber dafür hat der Meister des Upside Down in den Höhen richtig fett zugelegt. Das geht voll aufs Auge und, wenn man da so langläuft, auch ein bisschen in die Beine. Jetzt live und in Farbe bis zum 24. April 2007 in der Albertina in Wien. Aber leider ganz ohne Musik. www.albertina.at

54.

34

60 AFFAIRES

52. Heiliges Ofenrohr. Vorbei ist die Zeit, in der Sie Kabel entwirren und das Netzteil in die Strombuchse stecken mussten. Durch die integrierten Fire-Wire-Kabel schließen Sie diese Boxen an Ihrem Computer oder MP3-Player an. Mit 90 Hz bis 20 kHz bringen die aktiven Lautsprecher dann jede Playlist ordentlich zum Bollern. www.lacie.com 53. Rasende Libelle. Erst ist es ganz leise, dann wird das Summen immer lauter. Ein Schwarm voller Libellen ist es nicht, sondern der Hubschrauber X-Rotor „PiccoZ“ für Anfängerpiloten. Also Steuerknüppel fest umklammern, abheben und die Kollegen im Büro nerven. Die Fluglizenz erhalten Sie über www.amazon.de 54. Danke, Basketballer. Ihr fliegt majestätisch durch die Luft, um euren Ball in einen Korb zu donnern – oder sagt man hier zu dunken? Ihr kommt wieder runter und landet mehr oder weniger gerade auf dem quietschenden Hallenboden. Damit die armen Fußknöchel nicht jedes Mal laut AUTSCH schreien, hat jemand Schlaues den knöchelhohen Sneaker erfunden. Den gibt es in ganz bunt und ganz hässlich und jetzt auch in ganz schön weiß und weich von Bernhard Wilhelm. Das ist doch zum In-dieLuft-Springen. www.agenturv.de

55. Heiße Leitungen. Keine Zweifel: Schicker als mit dem MOTOKRZR und MOTORIZR kann man heutzutage nicht mobil telefonieren. Mit ihrer blau leuchtenden Tastatur – wie direkt vom Film „Tron“ übernommen – und Slider- bzw. Klappöffnung führt Motorola die futuristischsten und gleichzeitig geschmeidigsten Handymodelle auf dem Markt. Obendrein bieten sie noch jede Menge Foto-, Audio- und Multimedia-Extras. Für den ganz besonderen Coolness-Faktor ist das MOTOKRZR zusätzlich in edlem Schwarz oder Silber erhältlich und das MOTORIZR in Mattschwarz: der Designklassiker schlechthin. www.motorola.de 56. Ein heißer Start. So kann er auch mal beginnen, der Tag: als Kickstart, der dich in wenigen Momenten von null auf hundert bringt. Das ist jedenfalls das Versprechen hinter den wiederverschließbaren Aromabeuteln von Meth Coffee. Kombiniert den Kaffee-Boost mit dem Boost des Matetees und erzeugt laut Hersteller „mind-altering euphoria“. Heißt wohl: Ist er zu stark, sind wir zu schwach. Das wollen wir doch mal sehen. www.methcoffee.com 57. Ich beglückwünsche Sie zunächst, jung zu sein! Bei www.mediaculture-online.de finden Sie unter dem Stichwort „Charles de Gaulle“ ein unübertroffenes Dokument der europäischen Geschichte. Der „General“ spricht 1962 im Hof des Ludwigsburger Schlosses zur deutschen Jugend. Auf Deutsch. Und was für ein Deutsch! Wer beim Hören des Tondokuments vor Lachen feuchte Augen kriegt, der sollte sich zur Ehrenrettung des großen Franzosen mal vorstellen, er solle eine enthusiastische Rede über Jugend, Frieden und die Einheit Europas in der Sprache unserer Nachbarn halten. Na also. Weiterlachen. (Applaus!)

58.

59.

59. Außerirdisch klein. Mit der ­Digitalkamera Exilim EX-V7 wird aus Science-Fiction Wahrheit. Ins Interieur der Kamera wurde so viel reingequetscht, dass sie entweder subatomare Technologie benutzt oder die vierte Dimension entdeckt hat. Ungefähr so groß wie eine Schachtel Zigaretten, ist die Digicam mit einem siebenfachen optischen Zoomobjektiv (das nicht aus dem Kameragehäuse ausfährt) und Bildstabilisierungstechnologie ausgestattet. So gibt’s keine Ausreden mehr für verwackelte Bilder von UFOs. www.exilim.de

57.

60.

58. „White Line Fever“. „Ich wollte auf keinen Fall stricken. Stricken ist was für Memmen. Damals gab es noch richtige Memmen. Heute sitze Memmen in den Parlamenten und regieren die Welt. Ich sagte ihr, dass ich es nicht kann, und sie schlug mich.“ Können Sie sich vorstellen, dass jemand ernsthaft Lemmy Kilmister, dem härtesten Rocker, Säufer und Ficker auf Erden, das Stricken beibringen wollte? Da Lemmy mittlerweile 60 ist, hoffen wir für seine Grundschullehrerin, dass sie sich nicht mehr an die beschriebene Szene erinnern kann, und lesen uns weiter durch Lemmys Schilderungen, die knapp nach dem Zweiten Weltkrieg beginnen und um die Jahrtausendwende enden. Lauter, fröhlicher und mies geschriebener Geschichtsunterricht. Toll. „Lemmy – White Line Fever. Die Autobiographie“, Janiss Garza, Heyne Hardcore, www.heyne.de

60. LP R.I.P. Moderne DJs mixen ihre Sounds nicht mehr mit Platten, sondern mit ihrem iPod. iDJ2 von Numark hält für den MP3Player von Apple eine Dockstation bereit. Einfach das Gerät reinstecken und wie bei Turntables zwei Songs gleichzeitig spielen und mixen, alles ohne Computer. Scratchen, Loops und Pitchen – mit dem iDJ2 sind Sie bereit für ein musikalisches Battle gegen Größen wie DJ Koze und Dr. Motte, obwohl Sie keine einzige richtige Platte besitzen. www.numark.de

60 AFFAIRES

35


49. 55.

52.

50. 51.

53. 56. 49. Um Gottes willen. In Indien gibt es ca. 330 Millionen Götter. Beim diesjährigen KumbhMela-Fest am Ganges in Allahabad werden insgesamt neun Millionen Menschen erwartet: die größte Menschenversammlung auf diesem Planeten. Und wenn man die Tausenden von israelischen Goa-Touristen in die Statistik einbeziehen darf, dann sind alle Weltreligionen in Indien in stattlicher Anzahl vertreten. Auf dem Subkontinent bedeutet Erleuchtung also Big Business. Als kleine Erinnerung an exotische religiöse Momente empfehlen wir die handlich eingerahmten Vishnus, Shivas, Buddhas und Ganeshas. An allen heiligen Stätten Indiens zu finden, für unschlagbare 10 Rupien (20 Cent) 50. Finnisches Taschenmesser. Jetzt gibt es eine Videokamera für Aufnahmen in DVD-Qualität. Eine Kamera mit 5 Megapixeln, 20fachem Digitalzoom und Superoptik von Carl Zeiss. Ein brillantes QVGA-Farbdisplay mit einer Dia­ gonale von 6,6 cm und 16,7 Millionen Farben. Ein TV-Empfänger inkl. Video-Streaming. Ein GPS-Modul mit Karten für über 100 Länder. Alles verpackt in ein handliches Edelstahlge­ häuse mit innovativem Aufschiebemechanismus. Und das Beste: Telefonieren kann man mit dem N95 auch und allen erzählen, was man da Tolles hat. www.nokia.de

51. DJ Baselitz is in the House. An den Farb­ töpfen begrüßen wir heute einen Altmeister seiner Zunft. Wer ihn kennt, weiß es: Wo Georg auftaucht, stehen die Leute Kopf. Jetzt, wegen des großen Erfolges und vielleicht auch, weil er einfach mal an nichts Neues denken wollte, präsentiert er seine Greatest Hits neu ­abgemischt. Da kommen andere Schattierungen raus, die Bässe sind ein bisschen flacher, aber dafür hat der Meister des Upside Down in den Höhen richtig fett zugelegt. Das geht voll aufs Auge und, wenn man da so langläuft, auch ein bisschen in die Beine. Jetzt live und in Farbe bis zum 24. April 2007 in der Albertina in Wien. Aber leider ganz ohne Musik. www.albertina.at

54.

34

60 AFFAIRES

52. Heiliges Ofenrohr. Vorbei ist die Zeit, in der Sie Kabel entwirren und das Netzteil in die Strombuchse stecken mussten. Durch die integrierten Fire-Wire-Kabel schließen Sie diese Boxen an Ihrem Computer oder MP3-Player an. Mit 90 Hz bis 20 kHz bringen die aktiven Lautsprecher dann jede Playlist ordentlich zum Bollern. www.lacie.com 53. Rasende Libelle. Erst ist es ganz leise, dann wird das Summen immer lauter. Ein Schwarm voller Libellen ist es nicht, sondern der Hubschrauber X-Rotor „PiccoZ“ für Anfängerpiloten. Also Steuerknüppel fest umklammern, abheben und die Kollegen im Büro nerven. Die Fluglizenz erhalten Sie über www.amazon.de 54. Danke, Basketballer. Ihr fliegt majestätisch durch die Luft, um euren Ball in einen Korb zu donnern – oder sagt man hier zu dunken? Ihr kommt wieder runter und landet mehr oder weniger gerade auf dem quietschenden Hallenboden. Damit die armen Fußknöchel nicht jedes Mal laut AUTSCH schreien, hat jemand Schlaues den knöchelhohen Sneaker erfunden. Den gibt es in ganz bunt und ganz hässlich und jetzt auch in ganz schön weiß und weich von Bernhard Wilhelm. Das ist doch zum In-dieLuft-Springen. www.agenturv.de

55. Heiße Leitungen. Keine Zweifel: Schicker als mit dem MOTOKRZR und MOTORIZR kann man heutzutage nicht mobil telefonieren. Mit ihrer blau leuchtenden Tastatur – wie direkt vom Film „Tron“ übernommen – und Slider- bzw. Klappöffnung führt Motorola die futuristischsten und gleichzeitig geschmeidigsten Handymodelle auf dem Markt. Obendrein bieten sie noch jede Menge Foto-, Audio- und Multimedia-Extras. Für den ganz besonderen Coolness-Faktor ist das MOTOKRZR zusätzlich in edlem Schwarz oder Silber erhältlich und das MOTORIZR in Mattschwarz: der Designklassiker schlechthin. www.motorola.de 56. Ein heißer Start. So kann er auch mal beginnen, der Tag: als Kickstart, der dich in wenigen Momenten von null auf hundert bringt. Das ist jedenfalls das Versprechen hinter den wiederverschließbaren Aromabeuteln von Meth Coffee. Kombiniert den Kaffee-Boost mit dem Boost des Matetees und erzeugt laut Hersteller „mind-altering euphoria“. Heißt wohl: Ist er zu stark, sind wir zu schwach. Das wollen wir doch mal sehen. www.methcoffee.com 57. Ich beglückwünsche Sie zunächst, jung zu sein! Bei www.mediaculture-online.de finden Sie unter dem Stichwort „Charles de Gaulle“ ein unübertroffenes Dokument der europäischen Geschichte. Der „General“ spricht 1962 im Hof des Ludwigsburger Schlosses zur deutschen Jugend. Auf Deutsch. Und was für ein Deutsch! Wer beim Hören des Tondokuments vor Lachen feuchte Augen kriegt, der sollte sich zur Ehrenrettung des großen Franzosen mal vorstellen, er solle eine enthusiastische Rede über Jugend, Frieden und die Einheit Europas in der Sprache unserer Nachbarn halten. Na also. Weiterlachen. (Applaus!)

58.

59.

59. Außerirdisch klein. Mit der ­Digitalkamera Exilim EX-V7 wird aus Science-Fiction Wahrheit. Ins Interieur der Kamera wurde so viel reingequetscht, dass sie entweder subatomare Technologie benutzt oder die vierte Dimension entdeckt hat. Ungefähr so groß wie eine Schachtel Zigaretten, ist die Digicam mit einem siebenfachen optischen Zoomobjektiv (das nicht aus dem Kameragehäuse ausfährt) und Bildstabilisierungstechnologie ausgestattet. So gibt’s keine Ausreden mehr für verwackelte Bilder von UFOs. www.exilim.de

57.

60.

58. „White Line Fever“. „Ich wollte auf keinen Fall stricken. Stricken ist was für Memmen. Damals gab es noch richtige Memmen. Heute sitze Memmen in den Parlamenten und regieren die Welt. Ich sagte ihr, dass ich es nicht kann, und sie schlug mich.“ Können Sie sich vorstellen, dass jemand ernsthaft Lemmy Kilmister, dem härtesten Rocker, Säufer und Ficker auf Erden, das Stricken beibringen wollte? Da Lemmy mittlerweile 60 ist, hoffen wir für seine Grundschullehrerin, dass sie sich nicht mehr an die beschriebene Szene erinnern kann, und lesen uns weiter durch Lemmys Schilderungen, die knapp nach dem Zweiten Weltkrieg beginnen und um die Jahrtausendwende enden. Lauter, fröhlicher und mies geschriebener Geschichtsunterricht. Toll. „Lemmy – White Line Fever. Die Autobiographie“, Janiss Garza, Heyne Hardcore, www.heyne.de

60. LP R.I.P. Moderne DJs mixen ihre Sounds nicht mehr mit Platten, sondern mit ihrem iPod. iDJ2 von Numark hält für den MP3Player von Apple eine Dockstation bereit. Einfach das Gerät reinstecken und wie bei Turntables zwei Songs gleichzeitig spielen und mixen, alles ohne Computer. Scratchen, Loops und Pitchen – mit dem iDJ2 sind Sie bereit für ein musikalisches Battle gegen Größen wie DJ Koze und Dr. Motte, obwohl Sie keine einzige richtige Platte besitzen. www.numark.de

60 AFFAIRES

35


Songschreiber

Lage nötig. Kampagnen und Slogans wie „Du bist Deutschland“ oder „Wir sind Papst“ spiegeln das kollektive Bedürfnis der Menschen nach Vorbildern und Identifikation mit ihnen wider. Das bedeutet auch, präsent und aktuell, ja bewusst und (welt)offen zu sein, was das „Sommermärchen“ der FußballWM 2006 und das „Wintermärchen“ der Handball-WM 2007 mit dem Titelgewinn gezeigt haben. „Die Welt war zu Gast bei Freunden“: Eine ganze Nation emanzipiert sich und entwickelt ein neues Selbstbewusstsein mit einer gesunden Dosis Patriotismus, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen – da es gepaart ist mit einer Offenheit und (Gast-)Freundlichkeit, die den Deutschen in dieser Form bisher nicht unbedingt zugetraut wurde. Wenn das Bewusstsein eines jeden wach(sam) ist, dann gibt’s auch kein (erneutes) böses Erwachen. Weiter so! Illustration: Martin Müller (www.undaddy.com)

INTRO

© 2007 Nokia.

Künstler

36

Musikliebhaber

Du hast viele Seiten. Welche lebst du heute?

Von Andreas Funk (Text) und Martin Müller (Illustration)

„Erwachen“ kommt vom Grundwort „wachen“ und stellt die Steigerung bzw. das Intensivum dar. Aus diesem von der Bedeutung und dem Gebrauch her positiven Begriff wurde in der Weimarer Republik die historisch schwer belastete Wendung „Deutschland, erwache!“. Dieser Propagandaruf der Nationalsozialisten war eine demagogische Aufforderung zu verbrecherischem Handeln – und kennzeichnet den Beginn aller undemokratischen, faschistischen Gräueltaten bis hin zum barbarischen Genozid im Dritten Reich. Daher ist diese Formulierung (oder besser gesagt: diese Formel) per se in einem fatalen Kontext und als gezielter historischer Missbrauch zu sehen. Ein positives Wachrütteln, verbunden mit einer positiven Aufbruchstimmung (Roman Herzogs „Ruck“), hat die jetzige Bundesrepublik gerade auch ob der prekären wirtschaftlichen

Genießer

Trendscout

An manchen Tagen lebst du dein Faible für Musik aus, an anderen spürst du aktuellen Designtrends nach oder genießt einfach nur das Leben. Die Nokia L’Amour Collection hat so viele Seiten wie deine Persönlichkeit. Welche lebst du heute?

Nokia 7360

Nokia 7373

Nokia 7390

www.nokia.de/lamour


Songschreiber

Lage nötig. Kampagnen und Slogans wie „Du bist Deutschland“ oder „Wir sind Papst“ spiegeln das kollektive Bedürfnis der Menschen nach Vorbildern und Identifikation mit ihnen wider. Das bedeutet auch, präsent und aktuell, ja bewusst und (welt)offen zu sein, was das „Sommermärchen“ der FußballWM 2006 und das „Wintermärchen“ der Handball-WM 2007 mit dem Titelgewinn gezeigt haben. „Die Welt war zu Gast bei Freunden“: Eine ganze Nation emanzipiert sich und entwickelt ein neues Selbstbewusstsein mit einer gesunden Dosis Patriotismus, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen – da es gepaart ist mit einer Offenheit und (Gast-)Freundlichkeit, die den Deutschen in dieser Form bisher nicht unbedingt zugetraut wurde. Wenn das Bewusstsein eines jeden wach(sam) ist, dann gibt’s auch kein (erneutes) böses Erwachen. Weiter so! Illustration: Martin Müller (www.undaddy.com)

INTRO

© 2007 Nokia.

Künstler

36

Musikliebhaber

Du hast viele Seiten. Welche lebst du heute?

Von Andreas Funk (Text) und Martin Müller (Illustration)

„Erwachen“ kommt vom Grundwort „wachen“ und stellt die Steigerung bzw. das Intensivum dar. Aus diesem von der Bedeutung und dem Gebrauch her positiven Begriff wurde in der Weimarer Republik die historisch schwer belastete Wendung „Deutschland, erwache!“. Dieser Propagandaruf der Nationalsozialisten war eine demagogische Aufforderung zu verbrecherischem Handeln – und kennzeichnet den Beginn aller undemokratischen, faschistischen Gräueltaten bis hin zum barbarischen Genozid im Dritten Reich. Daher ist diese Formulierung (oder besser gesagt: diese Formel) per se in einem fatalen Kontext und als gezielter historischer Missbrauch zu sehen. Ein positives Wachrütteln, verbunden mit einer positiven Aufbruchstimmung (Roman Herzogs „Ruck“), hat die jetzige Bundesrepublik gerade auch ob der prekären wirtschaftlichen

Genießer

Trendscout

An manchen Tagen lebst du dein Faible für Musik aus, an anderen spürst du aktuellen Designtrends nach oder genießt einfach nur das Leben. Die Nokia L’Amour Collection hat so viele Seiten wie deine Persönlichkeit. Welche lebst du heute?

Nokia 7360

Nokia 7373

Nokia 7390

www.nokia.de/lamour


Dank eines sehr guten Geruchssinns bleibt ein frischer Untoter nicht lang allein. Instinktiv nimmt er Witterung auf und spürt sehr schnell andere Zombies auf. Mit ihnen gemeinsam wird er ein Rudel bil­den und auf die Jagd gehen. Von Andreas Johansson (Foto) und Lars-Fredrik Svedberg (Styling)

Jonathan, Sweater mit Pailletten bestickt von Burberry Prorsum, transparenter Regenmantel Stylist’s own

38

MODE

MODE

39


Dank eines sehr guten Geruchssinns bleibt ein frischer Untoter nicht lang allein. Instinktiv nimmt er Witterung auf und spürt sehr schnell andere Zombies auf. Mit ihnen gemeinsam wird er ein Rudel bil­den und auf die Jagd gehen. Von Andreas Johansson (Foto) und Lars-Fredrik Svedberg (Styling)

Jonathan, Sweater mit Pailletten bestickt von Burberry Prorsum, transparenter Regenmantel Stylist’s own

38

MODE

MODE

39


Wer den Wiederg채ngern nicht begegnen will, tr채gt am besten einen Zombie-Schutz der Marke Onko. Im Geh채use einer Armbanduhr versteckt, warnt er seinen Besitzer ganz diskret durch leises Brummen oder Vibrieren vor unliebsamer Zombie-Heimsuchung. Eine todsichere Angelegenheit.

Albin, Lederhose von Petar Petrov, Hemd von Masatomo, Lederschuhe von Spastor Peter, paillettenbesetztes Jackett von Masamoto, Shorts von Whyred, Tanktop von Fifth Avenue Shoe Repair

40

MODE

MODE

41


Wer den Wiederg채ngern nicht begegnen will, tr채gt am besten einen Zombie-Schutz der Marke Onko. Im Geh채use einer Armbanduhr versteckt, warnt er seinen Besitzer ganz diskret durch leises Brummen oder Vibrieren vor unliebsamer Zombie-Heimsuchung. Eine todsichere Angelegenheit.

Albin, Lederhose von Petar Petrov, Hemd von Masatomo, Lederschuhe von Spastor Peter, paillettenbesetztes Jackett von Masamoto, Shorts von Whyred, Tanktop von Fifth Avenue Shoe Repair

40

MODE

MODE

41


Albin, Regenmantel Stylist’s own, Wollmantel von Acne Jeans, Shorts von Mads Norgaard

42

MODE

MODE

43


Albin, Regenmantel Stylist’s own, Wollmantel von Acne Jeans, Shorts von Mads Norgaard

42

MODE

MODE

43


Jonathan, Nylonparka aus Velours und Hose aus Seide von Spastor, Tanktop von Fifth Avenue Shoe Repair, Lacklederschuhe von J. Lindeberg

44

MODE

MODE

45


Jonathan, Nylonparka aus Velours und Hose aus Seide von Spastor, Tanktop von Fifth Avenue Shoe Repair, Lacklederschuhe von J. Lindeberg

44

MODE

MODE

45


Untote bewegen sich sehr langsam und tapsig. Dabei wechseln sie oft und zufällig die Richtung, außer direkt vor ihnen bewegt sich etwas. Dann gehen sie darauf zu und bleiben stehen, bis ihnen todlangweilig wird.

Peter, Knopfjacke aus Leder von Acne Jeans Jonathan, durchsichtiger Regenmantel Stylist’s own, Mantel von J. Lindeberg, Shorts von Wooyoungmi

46

MODE

MODE

47


Untote bewegen sich sehr langsam und tapsig. Dabei wechseln sie oft und zufällig die Richtung, außer direkt vor ihnen bewegt sich etwas. Dann gehen sie darauf zu und bleiben stehen, bis ihnen todlangweilig wird.

Peter, Knopfjacke aus Leder von Acne Jeans Jonathan, durchsichtiger Regenmantel Stylist’s own, Mantel von J. Lindeberg, Shorts von Wooyoungmi

46

MODE

MODE

47


Peter, Longsleeve mit Maschennetzoptik von J. Lindeberg, Regenmantel Stylist’s own

48

MODE

Fotografie: Andreas Johansson (www.lundlund.se) Styling: Lars-Fredrik Svedberg (www.lundlund.se, www.ballsaal.com) Haare & Make-up: Rebecka Hellander (www.linkdetails.se) Models: Jonathan F., Peter (www.mikas.se), Albin E. (www.stockholmsgruppen.com) Bildbearbeitung: Til Schlenker (www.til-schlenker.de)

MODE

49


Peter, Longsleeve mit Maschennetzoptik von J. Lindeberg, Regenmantel Stylist’s own

48

MODE

Fotografie: Andreas Johansson (www.lundlund.se) Styling: Lars-Fredrik Svedberg (www.lundlund.se, www.ballsaal.com) Haare & Make-up: Rebecka Hellander (www.linkdetails.se) Models: Jonathan F., Peter (www.mikas.se), Albin E. (www.stockholmsgruppen.com) Bildbearbeitung: Til Schlenker (www.til-schlenker.de)

MODE

49


Traumdeutung ist seit hundert Jahren Teil des Kanons der Psychoanalyse. Doch womöglich, so vermutet unser Autor, kann sie erst in unserer schlaflosen Gesellschaft ihre ganze analytische Kraft entfalten. Von Slavoj Žižek (Text) und Uwe Jens Bermeitinger (Illustration)

Bitten wir den Durchschnittsintellektuellen von heute, uns in kurzen Worten zu sagen, worum es in Freuds „Traumdeutung“ geht, wird er wahrscheinlich antworten: Für Sigmund Freud ist der Traum die Verwirklichung eines zensierten unbe­ wussten Wunsches seitens des Träumenden, der in der Regel sexueller Natur ist. Wenden wir uns nun, diese Definition im Sinn, ganz an den Anfang der „Traumdeutung“, wo Freud uns eine detaillierte Interpretation seines eigenen Traums von Ir­ mas Injektion gibt. Man darf wohl davon ausgehen, dass Freud wusste, was er tat, und mit Bedacht ein Beispiel wählte, das geeignet ist, seine Traumtheorie zu illustrieren. Dennoch sto­ ßen wir hier auf unsere erste große Überraschung. Bei Freuds Interpretation fällt uns zunächst der alte sowjetische Witz mit Radio Eriwan ein: „Hat Rabinowitsch bei der Staatslotterie ein neues Auto gewonnen?“ – „Im Prinzip ja. Nur war es kein Auto, sondern ein Fahrrad, und es war nicht neu, sondern alt, und er hat es nicht gewonnen, sondern es ist ihm gestohlen worden!“ Ist ein Traum die Verwirklichung des unbewussten sexuellen Wunschs des Träumenden? Im Prinzip ja. Nur ist der Wunsch in dem Traum, den Freud zur Demonstration seiner Traumtheorie ausgewählt hat, weder sexuell noch unbewusst, und außerdem ist er nicht einmal sein eigener ...

schreibt sich durch ebendiese Verzerrung des Traumgedankens ein anderer, weit fundamentalerer Wunsch in den Traum ein, und dieser Wunsch ist dann unbewusst und sexuell. Im Fall von Irmas Injektion liefert Freud selbst Hinweise auf seinen unbewussten Wunsch: Er begreift sich als den „Urvater“, der die Frauen, die in dem Traum erscheinen, besitzen will.

Der Traum beginnt mit einem Gespräch zwischen Freud und seiner Patientin Irma über das Scheitern ihrer Behandlung aufgrund einer infizierten Spritze; im Verlauf des Gesprächs nähert sich Freud Irma, rückt dichter an ihr Gesicht heran und blickt ihr tief in den Mund, setzt sich dem grausigen Anblick des wunden roten Fleischs aus. An diesem Punkt des uner­ träglichen Entsetzens ändert sich die Tonart des Traums, das Entsetzen verwandelt sich unvermittelt in Komik: Drei Ärzte, Freunde Freuds, erscheinen und zählen in einem lächerlichen Pseudofachjargon mehrere (einander ausschließende) Gründe dafür auf, dass an der Vergiftung Irmas durch die infizierte Spritze niemand schuld war (es gab gar keine Spritze, die Sprit­ ze war sauber ...). Der Wunsch im Traum, der „latente Ge­ danke“, der sich darin artikuliert, ist also weder sexuell noch unbewusst, sondern Freuds (völlig bewusster) Wunsch, seine Verantwortung für das Scheitern seiner Behandlung Irmas zu tilgen. Wie passt das zu der These der sexuellen und unbewuss­ ten Natur des in Träumen ausgedrückten Wunsches? Träumen wir, um länger schlafen zu können?

Um das ganze Ausmaß der Traumdeutung zu erfassen, sollte man eine weitere Komplikation hinzufügen. Warum träumen wir überhaupt? Freuds Antwort ist trügerisch einfach: Die vor­ nehmste Funktion des Traums ist die, den Schlaf des Träumen­ den zu verlängern. Dies wird gemeinhin als auf die Träume bezogen interpretiert, die wir kurz vor dem Aufwachen haben, wenn eine äußerliche Störung (ein Geräusch) uns zu wecken droht. In einer solchen Situation stellt sich der Schlafende rasch (in Gestalt eines Traums) eine Situation vor, die diesen äußerlichen Stimulus integriert und den Schlaf daher noch um eine Weile verlängert; wird das äußerliche Signal zu stark, erwacht er schließlich doch ... Aber läuft das alles wirklich so glatt? In einem anderen Traum aus der „Traumdeutung“ schläft ein müder Vater, der die ganze Nacht am Sarg seines toten Sohns gewacht hat, ein und träumt, sein Sohn komme, ganz in Flammen gehüllt, auf ihn zu und mache ihm den grauenhaften Vorwurf: „Vater, siehst du nicht, dass ich brenne?“ Bald darauf erwacht der Vater und sieht, dass das Tuch auf dem Sarg seines toten Sohns durch eine umgefallene Kerze tatsächlich Feuer gefangen hat – der Rauch, den er im Schlaf gerochen hat, wur­ de in den Traum vom brennenden Sohn integriert, damit er länger schlafen konnte.

An dieser Stelle müsste nun der wesentliche Unterschied ge­ nannt werden: Der unbewusste Wunsch des Traums ist eben nicht der latente Gedanke, der in das explizite Gewebe des Traums verdrängt/übersetzt wird, sondern der unbewusste Wunsch, der sich durch die Verzerrung des latenten Gedan­ kens selbst in das explizite Gewebe des Traums einschreibt. Darin liegt das Paradox der Traumarbeit: Wir wollen einen be­ stimmten drängenden, aber beunruhigenden Gedanken, des­ sen wir uns völlig bewusst sind, loswerden; also verzerren wir ihn, übersetzen ihn in die Hieroglyphen des Traums. Allerdings 50

ESSAI

Ein weiteres Rätsel stellt sich hier: Wessen Wunsch verwirklicht der Traum tatsächlich? Einige jüngst veröffentlichte Doku­ mente belegen eindeutig, dass das eigentliche Zentrum dieses Traums der Wunsch war, Wilhelm Fließ (Freuds engen Freund und Mitarbeiter, der an seiner statt das Subjekt war, „das ei­ gentlich wissen sollte“, also das Objekt seiner Übertragung) vor Verantwortung und Schuld zu bewahren: Fließ nämlich hatte Irmas Nasenoperation vermasselt, und der Wunsch des Traums besteht nicht darin, den Träumenden (Freud selbst), sondern den großen anderen des Träumenden zu entlasten, das heißt also, zu demonstrieren, dass der andere für das medizi­ nische Versagen nicht verantwortlich war, dass es ihm nicht an Wissen mangelte – kurz, dass der Kaiser nicht nackt war. Somit verwirklicht der Traum tatsächlich Freuds Wunsch – aber nur insoweit, als sein Wunsch schon der des anderen (Fließ) ist.

Wachte der Vater auf, als der äußerliche Reiz (Rauch) zu stark wurde, um in dem Traumszenario integriert zu bleiben? Oder war es nicht eher genau umgekehrt: Der Vater konstruierte zu­ erst den Traum, um länger schlafen zu können, das heißt, um das unangenehme Erwachen hinauszuzögern; was ihm dann aber in dem Traum begegnete – die buchstäblich brennende Frage, das grausige Gespenst seines Sohns, das den Vorwurf ESSAI

51


Traumdeutung ist seit hundert Jahren Teil des Kanons der Psychoanalyse. Doch womöglich, so vermutet unser Autor, kann sie erst in unserer schlaflosen Gesellschaft ihre ganze analytische Kraft entfalten. Von Slavoj Žižek (Text) und Uwe Jens Bermeitinger (Illustration)

Bitten wir den Durchschnittsintellektuellen von heute, uns in kurzen Worten zu sagen, worum es in Freuds „Traumdeutung“ geht, wird er wahrscheinlich antworten: Für Sigmund Freud ist der Traum die Verwirklichung eines zensierten unbe­ wussten Wunsches seitens des Träumenden, der in der Regel sexueller Natur ist. Wenden wir uns nun, diese Definition im Sinn, ganz an den Anfang der „Traumdeutung“, wo Freud uns eine detaillierte Interpretation seines eigenen Traums von Ir­ mas Injektion gibt. Man darf wohl davon ausgehen, dass Freud wusste, was er tat, und mit Bedacht ein Beispiel wählte, das geeignet ist, seine Traumtheorie zu illustrieren. Dennoch sto­ ßen wir hier auf unsere erste große Überraschung. Bei Freuds Interpretation fällt uns zunächst der alte sowjetische Witz mit Radio Eriwan ein: „Hat Rabinowitsch bei der Staatslotterie ein neues Auto gewonnen?“ – „Im Prinzip ja. Nur war es kein Auto, sondern ein Fahrrad, und es war nicht neu, sondern alt, und er hat es nicht gewonnen, sondern es ist ihm gestohlen worden!“ Ist ein Traum die Verwirklichung des unbewussten sexuellen Wunschs des Träumenden? Im Prinzip ja. Nur ist der Wunsch in dem Traum, den Freud zur Demonstration seiner Traumtheorie ausgewählt hat, weder sexuell noch unbewusst, und außerdem ist er nicht einmal sein eigener ...

schreibt sich durch ebendiese Verzerrung des Traumgedankens ein anderer, weit fundamentalerer Wunsch in den Traum ein, und dieser Wunsch ist dann unbewusst und sexuell. Im Fall von Irmas Injektion liefert Freud selbst Hinweise auf seinen unbewussten Wunsch: Er begreift sich als den „Urvater“, der die Frauen, die in dem Traum erscheinen, besitzen will.

Der Traum beginnt mit einem Gespräch zwischen Freud und seiner Patientin Irma über das Scheitern ihrer Behandlung aufgrund einer infizierten Spritze; im Verlauf des Gesprächs nähert sich Freud Irma, rückt dichter an ihr Gesicht heran und blickt ihr tief in den Mund, setzt sich dem grausigen Anblick des wunden roten Fleischs aus. An diesem Punkt des uner­ träglichen Entsetzens ändert sich die Tonart des Traums, das Entsetzen verwandelt sich unvermittelt in Komik: Drei Ärzte, Freunde Freuds, erscheinen und zählen in einem lächerlichen Pseudofachjargon mehrere (einander ausschließende) Gründe dafür auf, dass an der Vergiftung Irmas durch die infizierte Spritze niemand schuld war (es gab gar keine Spritze, die Sprit­ ze war sauber ...). Der Wunsch im Traum, der „latente Ge­ danke“, der sich darin artikuliert, ist also weder sexuell noch unbewusst, sondern Freuds (völlig bewusster) Wunsch, seine Verantwortung für das Scheitern seiner Behandlung Irmas zu tilgen. Wie passt das zu der These der sexuellen und unbewuss­ ten Natur des in Träumen ausgedrückten Wunsches? Träumen wir, um länger schlafen zu können?

Um das ganze Ausmaß der Traumdeutung zu erfassen, sollte man eine weitere Komplikation hinzufügen. Warum träumen wir überhaupt? Freuds Antwort ist trügerisch einfach: Die vor­ nehmste Funktion des Traums ist die, den Schlaf des Träumen­ den zu verlängern. Dies wird gemeinhin als auf die Träume bezogen interpretiert, die wir kurz vor dem Aufwachen haben, wenn eine äußerliche Störung (ein Geräusch) uns zu wecken droht. In einer solchen Situation stellt sich der Schlafende rasch (in Gestalt eines Traums) eine Situation vor, die diesen äußerlichen Stimulus integriert und den Schlaf daher noch um eine Weile verlängert; wird das äußerliche Signal zu stark, erwacht er schließlich doch ... Aber läuft das alles wirklich so glatt? In einem anderen Traum aus der „Traumdeutung“ schläft ein müder Vater, der die ganze Nacht am Sarg seines toten Sohns gewacht hat, ein und träumt, sein Sohn komme, ganz in Flammen gehüllt, auf ihn zu und mache ihm den grauenhaften Vorwurf: „Vater, siehst du nicht, dass ich brenne?“ Bald darauf erwacht der Vater und sieht, dass das Tuch auf dem Sarg seines toten Sohns durch eine umgefallene Kerze tatsächlich Feuer gefangen hat – der Rauch, den er im Schlaf gerochen hat, wur­ de in den Traum vom brennenden Sohn integriert, damit er länger schlafen konnte.

An dieser Stelle müsste nun der wesentliche Unterschied ge­ nannt werden: Der unbewusste Wunsch des Traums ist eben nicht der latente Gedanke, der in das explizite Gewebe des Traums verdrängt/übersetzt wird, sondern der unbewusste Wunsch, der sich durch die Verzerrung des latenten Gedan­ kens selbst in das explizite Gewebe des Traums einschreibt. Darin liegt das Paradox der Traumarbeit: Wir wollen einen be­ stimmten drängenden, aber beunruhigenden Gedanken, des­ sen wir uns völlig bewusst sind, loswerden; also verzerren wir ihn, übersetzen ihn in die Hieroglyphen des Traums. Allerdings 50

ESSAI

Ein weiteres Rätsel stellt sich hier: Wessen Wunsch verwirklicht der Traum tatsächlich? Einige jüngst veröffentlichte Doku­ mente belegen eindeutig, dass das eigentliche Zentrum dieses Traums der Wunsch war, Wilhelm Fließ (Freuds engen Freund und Mitarbeiter, der an seiner statt das Subjekt war, „das ei­ gentlich wissen sollte“, also das Objekt seiner Übertragung) vor Verantwortung und Schuld zu bewahren: Fließ nämlich hatte Irmas Nasenoperation vermasselt, und der Wunsch des Traums besteht nicht darin, den Träumenden (Freud selbst), sondern den großen anderen des Träumenden zu entlasten, das heißt also, zu demonstrieren, dass der andere für das medizi­ nische Versagen nicht verantwortlich war, dass es ihm nicht an Wissen mangelte – kurz, dass der Kaiser nicht nackt war. Somit verwirklicht der Traum tatsächlich Freuds Wunsch – aber nur insoweit, als sein Wunsch schon der des anderen (Fließ) ist.

Wachte der Vater auf, als der äußerliche Reiz (Rauch) zu stark wurde, um in dem Traumszenario integriert zu bleiben? Oder war es nicht eher genau umgekehrt: Der Vater konstruierte zu­ erst den Traum, um länger schlafen zu können, das heißt, um das unangenehme Erwachen hinauszuzögern; was ihm dann aber in dem Traum begegnete – die buchstäblich brennende Frage, das grausige Gespenst seines Sohns, das den Vorwurf ESSAI

51


aussprach –, war viel unerträglicher als die äußerliche Wirk­ lichkeit, also wachte der Vater auf und floh damit in die äu­ ßerliche Wirklichkeit – warum? Um weiterzuträumen, um dem unerträglichen Trauma seiner Schuld am schmerzhaften Tod seines Sohns zu entgehen. Um das ganze Gewicht dieses Paradoxes zu erfassen, vergleicht man diesen Traum mit dem von Irmas Injektion. In beiden Träu­ men gibt es eine traumatische Begegnung (der Anblick des wun­ den Fleischs in Irmas Hals; die Vision des brennenden Sohns); im zweiten Traum jedoch erwacht der Träumende an diesem Punkt, während im ersten der Horror durch das alberne Spektakel ärzt­ licher Entschuldigungen ersetzt wird. Diese Parallele gibt uns den entscheidenden Schlüssel zu Freuds Traumtheorie in die Hand: Das Erwachen im zweiten Traum (Vater erwacht in die Wirklich­ keit, um dem Grauen des Traums zu entfliehen) hat die gleiche Funktion wie der plötzliche Umschlag zur Komik, zu dem Wort­ wechsel zwischen den drei lächerlichen Ärzten im ersten Traum; das heißt, unsere gewöhnliche Wirklichkeit hat genau dieselbe Struktur wie ein solcher alberner Wortwechsel, sie befähigt uns, die Begegnung mit dem wahren Trauma zu vermeiden. Schon Adorno sagte, das bekannte Motto der Nazis „Deutsch­ land, erwache!“ bedeute eigentlich das genaue Gegenteil, näm­ lich die Verheißung, dass man, wenn man diesem Aufruf folgt, weiterschlafen und -träumen darf, das heißt die Begegnung mit der Wirklichkeit der sozialen Antagonismen vermeiden kann. Das Trauma, dem wir im Traum begegnen, ist daher in gewisser Weise wirklicher als die (äußerliche, soziale) Wirk­ lichkeit selbst. In einem bekannten Gedicht erzählt Primo Levi 52

ESSAI

von der traumatischen Erinnerung an das Leben im Konzentra­ tionslager. In der ersten Strophe ist er im Lager, er schläft und träumt ausgedehnt davon, wie er nach Hause zurückkehrt, isst und seinen Verwandten von seinen Erlebnissen erzählt, als er jäh von dem grausamen Schrei des polnischen Kapo geweckt wird: „Wstawac!“ („Aufstehn!“) In der zweiten Strophe ist er zu Hause, befreit, der Krieg ist zu Ende; er sitzt am Tisch, hat gut gegessen, hat seiner Familie seine Geschichte erzählt, als plötzlich dieser Schrei in seinem Innern ertönt: „Wstawac!“ Entscheidend ist hier natürlich die Umkehrung des Verhält­ nisses zwischen Traum und Wirklichkeit in den beiden Stro­ phen; der Inhalt ist formal derselbe – die angenehme Szene, zu Hause zu sitzen, zu essen und von seinen Erlebnissen zu berichten, wird vom Eindringen der Anordnung „Aufstehn!“ unterbrochen. In der ersten jedoch wird der schöne Traum von der Wirklichkeit des Befehls, aufzustehen, grausam abgebro­ chen, während in der zweiten die angenehme soziale Wirk­ lichkeit von dem halluzinierten (oder vielmehr eingebildeten) brutalen Schrei durchbrochen wird. Diese Verkehrung gibt das Rätsel des Wiederholungszwangs wieder: Warum wird das Subjekt noch immer von dem ob­ szönen und brutalen Schrei „Wstawac!“ verfolgt, warum wie­ derholt sich dieser Befehl so beharrlich? Sahen wir beim ersten Mal das einfache Eindringen der äußerlichen Wirklichkeit, die den Traum störte, so sehen wir im zweiten Fall das Eindrin­ gen des traumatischen Wirklichen, welches das reibungslose Funktionieren der sozialen Wirklichkeit stört. In dem leicht veränderten Szenario von Freuds zweitem Traum kann man

es sich leicht als den Traum des Überlebenden des Holocaust vorstellen, den sein Sohn, den der Vater nicht vor dem Krema­ torium zu bewahren vermochte, nach seinem Tod verfolgt und ihm vorwirft: „Vater, siehst du nicht, dass ich verbrenne?“ Somit entdecken wir hier einen Freud, der weit entfernt ist von dem sprichwörtlichen Viktorianer, der in seiner repressiven Vi­ sion von Sexualität gefangen ist, einen Freud, dessen Stunde vielleicht erst heute, in unserer „Gesellschaft des Spektakels“ kommt, wo das, was wir als alltägliche Wirklichkeit erleben, zunehmend die fleischgewordene Lüge ist. Dabei genügt es, an die interaktiven Computerspiele zu denken, die manche von uns zwanghaft spielen, in denen sich ein neurotischer Schwächling als aggressiver Macho imaginieren kann (oder vielmehr die Bildschirmpersona des Machos übernimmt), der andere Männer zusammenschlägt und sich gewaltsam Frauen nimmt. Es wäre allzu einfach, zu sagen, dass dieser Schwäch­ ling sich in die Tagträume der Computerwelt flüchtet, um sei­ nem öden, impotenten wirklichen Leben zu entfliehen. Denn was wäre, wenn die Spiele, die wir am Computer spielen, ernster sind, als wir meinen? Was, wenn ich darin den aggres­ siven, perversen Kern meiner Persönlichkeit artikuliere, die ich aufgrund ethisch-sozialer Zwänge in meinem lebenswirklichen Austausch mit anderen nicht ausleben kann? Ist es nicht so, dass das, was ich in einem solchen Fall in meinen CyberspaceTagträumen inszeniere, in gewisser Weise „wirklicher als die Wirklichkeit“ ist, dem wahren Kern meiner Persönlichkeit nä­ her kommt als die Rolle, die ich in meinem Kontakt mit den Partnern im wirklichen Leben spiele? Genau deswegen, weil mir bewusst ist, dass Cyberspace „nur ein Spiel“ ist, kann ich

darin ausleben, was ich in meinen „wirklichen“ intersubjek­ tiven Kontakten niemals zulassen könnte. In diesem Sinn hat die Wahrheit, wie Jacques Lacan es for­ muliert hat, die Struktur der Fiktion. Was in der Gestalt des Träumens oder gar Tagträumens erscheint, ist zuweilen die ver­ borgene Wahrheit, auf deren Unterdrückung sich die soziale Wirklichkeit selbst gründet. Darin liegt die große Lehre von Freuds „Traumdeutung“: Die Wirklichkeit ist etwas für dieje­ nigen, die den Traum nicht aushalten können.

Slavoj Žižek (*21. März 1949 in Ljubljana) Der aus Slowenien stammende Philosoph, nichtpraktizierende Psychoana­ lytiker und Kulturkritiker ist in seiner Heimatstadt Ljubljana und an der European Graduate School Philosophieprofessor sowie an zahlreichen inter­ nationalen Instituten Gastprofessor für Philosophie und Sozialwissenschaften. Derzeit ist er International Director des Birkbeck Institute for the Humanities an der University of London. 1990 war er Präsidentschaftskandidat in der Republik Slowenien für die Liberaldemokratie Sloweniens. Er war ein Schüler und ist ein Interpret Jacques Lacans und schreibt über zahllose Themen wie Fundamentalismus und den bürgerlichen Toleranzbegriff, Political Correct­ ness, Globalisierung, Subjektwerdung, Menschenrechte, Lenin, Mythos, Cyberspace, popkulturelle Themen, Hollywood und Alfred Hitchcock. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld © beim Autor / DIE ZEIT Nr. 49/1999 / All rights reserved

ESSAI

53


aussprach –, war viel unerträglicher als die äußerliche Wirk­ lichkeit, also wachte der Vater auf und floh damit in die äu­ ßerliche Wirklichkeit – warum? Um weiterzuträumen, um dem unerträglichen Trauma seiner Schuld am schmerzhaften Tod seines Sohns zu entgehen. Um das ganze Gewicht dieses Paradoxes zu erfassen, vergleicht man diesen Traum mit dem von Irmas Injektion. In beiden Träu­ men gibt es eine traumatische Begegnung (der Anblick des wun­ den Fleischs in Irmas Hals; die Vision des brennenden Sohns); im zweiten Traum jedoch erwacht der Träumende an diesem Punkt, während im ersten der Horror durch das alberne Spektakel ärzt­ licher Entschuldigungen ersetzt wird. Diese Parallele gibt uns den entscheidenden Schlüssel zu Freuds Traumtheorie in die Hand: Das Erwachen im zweiten Traum (Vater erwacht in die Wirklich­ keit, um dem Grauen des Traums zu entfliehen) hat die gleiche Funktion wie der plötzliche Umschlag zur Komik, zu dem Wort­ wechsel zwischen den drei lächerlichen Ärzten im ersten Traum; das heißt, unsere gewöhnliche Wirklichkeit hat genau dieselbe Struktur wie ein solcher alberner Wortwechsel, sie befähigt uns, die Begegnung mit dem wahren Trauma zu vermeiden. Schon Adorno sagte, das bekannte Motto der Nazis „Deutsch­ land, erwache!“ bedeute eigentlich das genaue Gegenteil, näm­ lich die Verheißung, dass man, wenn man diesem Aufruf folgt, weiterschlafen und -träumen darf, das heißt die Begegnung mit der Wirklichkeit der sozialen Antagonismen vermeiden kann. Das Trauma, dem wir im Traum begegnen, ist daher in gewisser Weise wirklicher als die (äußerliche, soziale) Wirk­ lichkeit selbst. In einem bekannten Gedicht erzählt Primo Levi 52

ESSAI

von der traumatischen Erinnerung an das Leben im Konzentra­ tionslager. In der ersten Strophe ist er im Lager, er schläft und träumt ausgedehnt davon, wie er nach Hause zurückkehrt, isst und seinen Verwandten von seinen Erlebnissen erzählt, als er jäh von dem grausamen Schrei des polnischen Kapo geweckt wird: „Wstawac!“ („Aufstehn!“) In der zweiten Strophe ist er zu Hause, befreit, der Krieg ist zu Ende; er sitzt am Tisch, hat gut gegessen, hat seiner Familie seine Geschichte erzählt, als plötzlich dieser Schrei in seinem Innern ertönt: „Wstawac!“ Entscheidend ist hier natürlich die Umkehrung des Verhält­ nisses zwischen Traum und Wirklichkeit in den beiden Stro­ phen; der Inhalt ist formal derselbe – die angenehme Szene, zu Hause zu sitzen, zu essen und von seinen Erlebnissen zu berichten, wird vom Eindringen der Anordnung „Aufstehn!“ unterbrochen. In der ersten jedoch wird der schöne Traum von der Wirklichkeit des Befehls, aufzustehen, grausam abgebro­ chen, während in der zweiten die angenehme soziale Wirk­ lichkeit von dem halluzinierten (oder vielmehr eingebildeten) brutalen Schrei durchbrochen wird. Diese Verkehrung gibt das Rätsel des Wiederholungszwangs wieder: Warum wird das Subjekt noch immer von dem ob­ szönen und brutalen Schrei „Wstawac!“ verfolgt, warum wie­ derholt sich dieser Befehl so beharrlich? Sahen wir beim ersten Mal das einfache Eindringen der äußerlichen Wirklichkeit, die den Traum störte, so sehen wir im zweiten Fall das Eindrin­ gen des traumatischen Wirklichen, welches das reibungslose Funktionieren der sozialen Wirklichkeit stört. In dem leicht veränderten Szenario von Freuds zweitem Traum kann man

es sich leicht als den Traum des Überlebenden des Holocaust vorstellen, den sein Sohn, den der Vater nicht vor dem Krema­ torium zu bewahren vermochte, nach seinem Tod verfolgt und ihm vorwirft: „Vater, siehst du nicht, dass ich verbrenne?“ Somit entdecken wir hier einen Freud, der weit entfernt ist von dem sprichwörtlichen Viktorianer, der in seiner repressiven Vi­ sion von Sexualität gefangen ist, einen Freud, dessen Stunde vielleicht erst heute, in unserer „Gesellschaft des Spektakels“ kommt, wo das, was wir als alltägliche Wirklichkeit erleben, zunehmend die fleischgewordene Lüge ist. Dabei genügt es, an die interaktiven Computerspiele zu denken, die manche von uns zwanghaft spielen, in denen sich ein neurotischer Schwächling als aggressiver Macho imaginieren kann (oder vielmehr die Bildschirmpersona des Machos übernimmt), der andere Männer zusammenschlägt und sich gewaltsam Frauen nimmt. Es wäre allzu einfach, zu sagen, dass dieser Schwäch­ ling sich in die Tagträume der Computerwelt flüchtet, um sei­ nem öden, impotenten wirklichen Leben zu entfliehen. Denn was wäre, wenn die Spiele, die wir am Computer spielen, ernster sind, als wir meinen? Was, wenn ich darin den aggres­ siven, perversen Kern meiner Persönlichkeit artikuliere, die ich aufgrund ethisch-sozialer Zwänge in meinem lebenswirklichen Austausch mit anderen nicht ausleben kann? Ist es nicht so, dass das, was ich in einem solchen Fall in meinen CyberspaceTagträumen inszeniere, in gewisser Weise „wirklicher als die Wirklichkeit“ ist, dem wahren Kern meiner Persönlichkeit nä­ her kommt als die Rolle, die ich in meinem Kontakt mit den Partnern im wirklichen Leben spiele? Genau deswegen, weil mir bewusst ist, dass Cyberspace „nur ein Spiel“ ist, kann ich

darin ausleben, was ich in meinen „wirklichen“ intersubjek­ tiven Kontakten niemals zulassen könnte. In diesem Sinn hat die Wahrheit, wie Jacques Lacan es for­ muliert hat, die Struktur der Fiktion. Was in der Gestalt des Träumens oder gar Tagträumens erscheint, ist zuweilen die ver­ borgene Wahrheit, auf deren Unterdrückung sich die soziale Wirklichkeit selbst gründet. Darin liegt die große Lehre von Freuds „Traumdeutung“: Die Wirklichkeit ist etwas für dieje­ nigen, die den Traum nicht aushalten können.

Slavoj Žižek (*21. März 1949 in Ljubljana) Der aus Slowenien stammende Philosoph, nichtpraktizierende Psychoana­ lytiker und Kulturkritiker ist in seiner Heimatstadt Ljubljana und an der European Graduate School Philosophieprofessor sowie an zahlreichen inter­ nationalen Instituten Gastprofessor für Philosophie und Sozialwissenschaften. Derzeit ist er International Director des Birkbeck Institute for the Humanities an der University of London. 1990 war er Präsidentschaftskandidat in der Republik Slowenien für die Liberaldemokratie Sloweniens. Er war ein Schüler und ist ein Interpret Jacques Lacans und schreibt über zahllose Themen wie Fundamentalismus und den bürgerlichen Toleranzbegriff, Political Correct­ ness, Globalisierung, Subjektwerdung, Menschenrechte, Lenin, Mythos, Cyberspace, popkulturelle Themen, Hollywood und Alfred Hitchcock. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld © beim Autor / DIE ZEIT Nr. 49/1999 / All rights reserved

ESSAI

53


Das kann für heute doch noch nicht alles gewesen sein, oder? Ab und an muss er einfach noch mal vor die Tür, ohne etwas zu erklären. Danach ist Mann viel friedlicher. Von Tomas Falmer (Fotos) und Marcus Söder (Styling)

54

MODE

MODE

55


Das kann für heute doch noch nicht alles gewesen sein, oder? Ab und an muss er einfach noch mal vor die Tür, ohne etwas zu erklären. Danach ist Mann viel friedlicher. Von Tomas Falmer (Fotos) und Marcus Söder (Styling)

54

MODE

MODE

55


Trenchcoat von Mihara Yasuhiro, Hemd von Brioni, Pullover von John Varvatos, Hose von Unconditional, Stiefel von Vivienne Westwood Man Trenchcoat und Hemd von Surface 2 Air

56

MODE

MODE

57


Trenchcoat von Mihara Yasuhiro, Hemd von Brioni, Pullover von John Varvatos, Hose von Unconditional, Stiefel von Vivienne Westwood Man Trenchcoat und Hemd von Surface 2 Air

56

MODE

MODE

57


Trenchcoat, Strickjacke, Pullover und Hose von Maison Martin Margiela 10, Schal von Licentious, Schuhe von Boss Black

58

MODE

Jacke von Vivienne Westwood Man

MODE

59


Trenchcoat, Strickjacke, Pullover und Hose von Maison Martin Margiela 10, Schal von Licentious, Schuhe von Boss Black

58

MODE

Jacke von Vivienne Westwood Man

MODE

59


Jacke von Diet Butcher Slim Skin

60

MODE

MODE

61


Jacke von Diet Butcher Slim Skin

60

MODE

MODE

61


Jackett, Strickjacke und Hemd von Paul & Joe

Jacke von Alessandro Dell’Acqua, Strickjacke, T-Shirt, Hose und Schuhe von Boss Black

62

MODE

MODE

63


Jackett, Strickjacke und Hemd von Paul & Joe

Jacke von Alessandro Dell’Acqua, Strickjacke, T-Shirt, Hose und Schuhe von Boss Black

62

MODE

MODE

63


Mantel und Hemd von D Squared

Mantel und Hemd von Burberry Prorsum Fotografie: Tomas Falmer (www.esp-agency.com) Styling: Marcus Sรถder (www.linkdetails.com) Haare & Make-up: Linda ร hrstrรถm (www.linkdetails.com) Model: Clark (www.selectmodel.com) Bildbearbeitung: Thomas Kaiser, Anja Vermehren (www.appel-grafik.de)

64

MODE

MODE

65


Mantel und Hemd von D Squared

Mantel und Hemd von Burberry Prorsum Fotografie: Tomas Falmer (www.esp-agency.com) Styling: Marcus Sรถder (www.linkdetails.com) Haare & Make-up: Linda ร hrstrรถm (www.linkdetails.com) Model: Clark (www.selectmodel.com) Bildbearbeitung: Thomas Kaiser, Anja Vermehren (www.appel-grafik.de)

64

MODE

MODE

65


Sie haben Ihre Werkgruppe „Unbewusste Orte“ genannt. Darf man daraus ableiten, dass es darum geht, die „Architektur der Straße“ bewusst werden zu lassen? Und kommt Ihnen als Fotokünstler dadurch eine semijournalistische, das heißt reportagehafte Rolle zu? In jedem Bild geht es mir darum, etwas Universales sichtbar werden zu lassen. In den „Unbewussten Orten“ wird das kollektive Unbewusste abgebildet, welches sich jenseits der individuellen Verantwortung der Bauherren, Banken, Architekten, Stadtplaner, Lokalpolitiker und Gesetzgeber in unserer gebauten Umgebung kristallisiert. Geschichte.

Es gibt Straßen und Alleen, die es wegen ihrer außergewöhnlichen Pracht oder Historie zu internationalem Ruhm gebracht haben. Die aber haben Thomas Struth, Jahrgang 1954, bei seiner Arbeit nie sonderlich interessiert. Der Düsseldorfer Fotokünstler stellt zwischen Edinburgh und Tokio den profaneren Straßenlandschaften nach, die er seit 1977 in einer umfassenden Werkgruppe „sammelt“. Dabei ist über die Jahre eine globale Galerie der gewöhnlichen Stadtarchitektur entstanden; er selbst nennt sie „Unbewusste Orte“. Wir zeigen einige davon – und haben dem Künstler noch eine Mail nach Madrid geschickt, wo er seine aktuelle Ausstellung im Madrider Prado vorbereitete. Von Thomas Struth (Fotos) und Bertram Job (Interview)

Wie lässt sich die Suche nach Sujets überhaupt steuern und organisieren, wo es doch um eher gewöhnliche Straßen geht? Oder müssen die Ihnen eher passieren? In diesem Sinne ist die Suche nach den „gewöhnlichen“ Orten – eben denen, an die wir zu gewöhnt sind, um sie wirklich zu sehen, und an denen eine solch allgemeine Qualität zum Ausdruck kommt – eine lange Reise von Beobachtung und Analyse. Die aus der klassischen Malerei entlehnte Zentralperspektive scheint den profanen Straßenzügen eine gewisse Bedeutung zu verleihen: Da wird etwas Thema, was sonst keines ist. Ein beabsichtigter Effekt? Die Zentralperspektive ist eine ureigene Wesenseigenschaft der Kamera. Die Komposition meiner Straßen-Bilder im Großen und Ganzen darauf zu beschränken lenkt nicht von den wesentlichen Inhalten ab und ist eine Geste der Demut. Ähnlich wie bei Ihren Museumsaufnahmen scheint es eine Art „schwebendes Auge“ im Raum zu geben, aus dessen Position die Fotografien entstanden sind. Bezieht sich das auf die Position, die Menschen in dieser Situation selbst einnehmen? Die „Augenhöhe“ ist ein Politikum. Wie kommt die aufgeräumte Wirkung der Straßenszenen zustande? Gehen Sie bevorzugt morgens oder zur Mittagszeit los? Oder gibt es hier gar kein Kalkül? Meine Entscheidung, Straßen ohne Menschen zu fotografieren, lässt diese erst als etwas von uns Gestaltetes erscheinen. Ich habe die Aufnahmen an den verschiedensten Tagen und zu den verschiedensten Uhrzeiten gemacht, je nachdem wann mir ein gewünschtes Bild möglich erschien. Wenn ich es zusammenfasse, bedeutete das in der Praxis oft: Hauptstraßen zu Nebenzeiten, Nebenstraßen zu Hauptzeiten. Ist diese Werkgruppe für Sie definitiv abgeschlossen – oder könnten Sie sich vorstellen, noch mal an die gleichen Stellen (oder andere) zurückzugehen? Straßen sind ohne Frage ein Spiegelbild der Geschichte, auf einer allgemeinen politischen und kulturellen Ebene, vor allem wenn man sie mit Distanz betrachtet. Mein Interesse kommt dadurch immer wieder zu neuem Leben im Laufe der Jahre. Fast jeder hält sich in den Straßen unserer Städte auf, im Alltag und unvermeidlich.

66

ART

ART

67


Sie haben Ihre Werkgruppe „Unbewusste Orte“ genannt. Darf man daraus ableiten, dass es darum geht, die „Architektur der Straße“ bewusst werden zu lassen? Und kommt Ihnen als Fotokünstler dadurch eine semijournalistische, das heißt reportagehafte Rolle zu? In jedem Bild geht es mir darum, etwas Universales sichtbar werden zu lassen. In den „Unbewussten Orten“ wird das kollektive Unbewusste abgebildet, welches sich jenseits der individuellen Verantwortung der Bauherren, Banken, Architekten, Stadtplaner, Lokalpolitiker und Gesetzgeber in unserer gebauten Umgebung kristallisiert. Geschichte.

Es gibt Straßen und Alleen, die es wegen ihrer außergewöhnlichen Pracht oder Historie zu internationalem Ruhm gebracht haben. Die aber haben Thomas Struth, Jahrgang 1954, bei seiner Arbeit nie sonderlich interessiert. Der Düsseldorfer Fotokünstler stellt zwischen Edinburgh und Tokio den profaneren Straßenlandschaften nach, die er seit 1977 in einer umfassenden Werkgruppe „sammelt“. Dabei ist über die Jahre eine globale Galerie der gewöhnlichen Stadtarchitektur entstanden; er selbst nennt sie „Unbewusste Orte“. Wir zeigen einige davon – und haben dem Künstler noch eine Mail nach Madrid geschickt, wo er seine aktuelle Ausstellung im Madrider Prado vorbereitete. Von Thomas Struth (Fotos) und Bertram Job (Interview)

Wie lässt sich die Suche nach Sujets überhaupt steuern und organisieren, wo es doch um eher gewöhnliche Straßen geht? Oder müssen die Ihnen eher passieren? In diesem Sinne ist die Suche nach den „gewöhnlichen“ Orten – eben denen, an die wir zu gewöhnt sind, um sie wirklich zu sehen, und an denen eine solch allgemeine Qualität zum Ausdruck kommt – eine lange Reise von Beobachtung und Analyse. Die aus der klassischen Malerei entlehnte Zentralperspektive scheint den profanen Straßenzügen eine gewisse Bedeutung zu verleihen: Da wird etwas Thema, was sonst keines ist. Ein beabsichtigter Effekt? Die Zentralperspektive ist eine ureigene Wesenseigenschaft der Kamera. Die Komposition meiner Straßen-Bilder im Großen und Ganzen darauf zu beschränken lenkt nicht von den wesentlichen Inhalten ab und ist eine Geste der Demut. Ähnlich wie bei Ihren Museumsaufnahmen scheint es eine Art „schwebendes Auge“ im Raum zu geben, aus dessen Position die Fotografien entstanden sind. Bezieht sich das auf die Position, die Menschen in dieser Situation selbst einnehmen? Die „Augenhöhe“ ist ein Politikum. Wie kommt die aufgeräumte Wirkung der Straßenszenen zustande? Gehen Sie bevorzugt morgens oder zur Mittagszeit los? Oder gibt es hier gar kein Kalkül? Meine Entscheidung, Straßen ohne Menschen zu fotografieren, lässt diese erst als etwas von uns Gestaltetes erscheinen. Ich habe die Aufnahmen an den verschiedensten Tagen und zu den verschiedensten Uhrzeiten gemacht, je nachdem wann mir ein gewünschtes Bild möglich erschien. Wenn ich es zusammenfasse, bedeutete das in der Praxis oft: Hauptstraßen zu Nebenzeiten, Nebenstraßen zu Hauptzeiten. Ist diese Werkgruppe für Sie definitiv abgeschlossen – oder könnten Sie sich vorstellen, noch mal an die gleichen Stellen (oder andere) zurückzugehen? Straßen sind ohne Frage ein Spiegelbild der Geschichte, auf einer allgemeinen politischen und kulturellen Ebene, vor allem wenn man sie mit Distanz betrachtet. Mein Interesse kommt dadurch immer wieder zu neuem Leben im Laufe der Jahre. Fast jeder hält sich in den Straßen unserer Städte auf, im Alltag und unvermeidlich.

66

ART

ART

67


Düsselstraße, Düsseldorf (1979), 66,0 x 84,0 cm

68

ART

ART

69


Düsselstraße, Düsseldorf (1979), 66,0 x 84,0 cm

68

ART

ART

69


Hilo Street, Jiyu Gaoka, Tokio (2003), 178,0 x 218,6 cm

70

ART

ART

71


Hilo Street, Jiyu Gaoka, Tokio (2003), 178,0 x 218,6 cm

70

ART

ART

71


Prince Regent Street, Edinburgh (1985), 66,0 x 84,0 cm

72

ART

ART

73


Prince Regent Street, Edinburgh (1985), 66,0 x 84,0 cm

72

ART

ART

73


Calle Wakulski, Lima (2003), 66,0 x 84,0 cm

74

ART

ART

75


Calle Wakulski, Lima (2003), 66,0 x 84,0 cm

74

ART

ART

75


Die Ausstellung der Museumsaufnahmen von Thomas Struth ist im Madrider Prado noch bis Mai 2007 zu besichtigen (http://museoprado.mcu.es)

Corso Vittorio Emanuele, Neapel (1989), 68,0 x 86,0 cm

76

ART

ART

77


Die Ausstellung der Museumsaufnahmen von Thomas Struth ist im Madrider Prado noch bis Mai 2007 zu besichtigen (http://museoprado.mcu.es)

Corso Vittorio Emanuele, Neapel (1989), 68,0 x 86,0 cm

76

ART

ART

77


Feldweg #2 Bitte einen Grande Adrenalin to go.

Vergessen Sie Kaffee, kaltes Duschen oder chronisch gut gelaunte Radiomoderatoren. Was morgens wirklich wach macht, ist Adrenalin. Von Kai Flemming (Text) und Oliver Griep (Illustration)

78

MOTOR

Wenn Sie nicht gerade wie Dieter Bohlen in aller Herrgottsfrühe von Einbrecherbanden überfallen werden, erreichen Sie den nötigen Adrenalinpegel für einen erfolgreichen Tag an der Börse oder im Versicherungsbüro am besten auf dem Weg dorthin: Fahren Sie mit dem Auto. Schon in der Tempo-30-Zone Ihrer Wohngegend beginnt die tägliche Gefahrensuche. Garantiert wird Ihnen im morgendlichen Halbdunkel ein Fahrradfahrer ohne Beleuchtung, dafür aber mit lichtabsorbierendem Dufflecoat entgegenkommen. Ein geistesgegenwärtiger Schlenker, der beinahe den neuen Dreier Ihres Nachbarn touchiert, verhindert Schlimmeres. Doch das war nur der Vorgeschmack auf den Gout d’Adrenalin, der Sie ab jetzt in Fahrt bringen wird. Biegt man nun auf die breitere Hauptverkehrsader ein, beginnt der tägliche Kampf ums Überleben. Leben Sie am Stadtrand? Glückwunsch, dann bekommen Sie – um im modernen Coffeeshopsprech zu bleiben – sogar einen Doubleshot Adrenalin gratis. Jenseits der Stadtgrenzen wohnen die Menschen nämlich in Siedlungen, in denen es mehr Baum- als Fahrschulen gibt, was sich auf die Mentalität und damit auf die Fahrtüchtigkeit und das Verkehrsverhalten der Bevölkerung auswirkt. Diese Fahrer haben es selbstverständlich schwer, sich urplötzlich, also jeden Morgen, in den Verkehr eines städtischen Ballungsraums einzuordnen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie beispielsweise, ohne zu blinken, die Spur wechseln. Der Blinker wird im Heimatort ohnehin nur zum Winken verwendet (früher nannte man Blinker ohnehin Winker, vielleicht liegt es daran?). Der Einfachheit halber werden solche Zeitgenossen deutlich gekennzeichnet: ME, PI, FFB, MOB und du weißt Bescheid. Wenn man derart beschilderten Fahrern rechtzeitig ausweicht, kann man die verbleibende Aufmerksamkeit dazu verwenden, sich auf den Rest der Irren zu konzentrieren, die morgens die Straßen bevölkern. Innerstädtisch gibt es – grob über den Kamm geschoren – zwei Gruppen: die Lehrer und die Unbelehrbaren. Erstere erfreuen die Mitfahrenden durch übergenaue Kenntnis und Befolgung der Straßenverkehrsordnung. Die Oberstudien­räte der Landstraße fahren auf der Stadtautobahn auf der linken Spur genau die erlaubten 80 Stundenkilometer und weichen keinesfalls nach rechts aus, selbst wenn es dort so leer ist wie dunnemals zur Ölkrise. Diese uns belehrenden Fahrer bremsen im morgendlichen Berufsverkehr auch ganze Einfallstraßen auf die vorgeschriebenen 50 Stundenkilometer herunter und sorgen dafür, dass sich der Verkehr noch drei bis vier Kilometer hinter ihnen staut. Aber abgesehen davon, dass sie an Ampeln schon beim zartesten Anzeichen eines gelben Lichtscheins abrupt bremsen und so gern für Auffahrunfälle

sorgen (dann sieben bis acht Kilometer Rückstau), sind die motorisierten Lehrkräfte noch recht harmlos. Die Fußgänger unter den edukativen Verkehrsteilnehmern sorgen für ­TurboAdrenalin­stöße. Ohne nach links oder rechts zu schauen, stürzen sie auf den Zebrastreifen, als ob das Recht, in dem sie sich befinden, sie vor Knochenbrüchen bewahren könnte. Da helfen nur äußerste Konzentration und Schweißperlen auf der Stirn, die Bruce Willis zur Ehre gereichen würden. Die harder. Wenn Sie abgebrühter Hund immer noch gähnend mit halb offenen Augen eine knappe Autolänge hinter dem Vorfahrenden durch den Verkehr zuckeln und sich innerlich schon auf das erste Meeting vorbereiten, dann lernen Sie spätestens jetzt das Fürchten. Mit höchster Wahrscheinlichkeit wird sich ein Fahrzeug in die korrekt eingehaltene Abstandslücke vor Ihnen schieben, sodass sowohl bei Ihnen als auch bei Ihrem Vordermann die Einparkhilfen zu pfeifen beginnen. Guten Morgen! Sie haben soeben Bekanntschaft mit einem Mitglied aus der Gruppe der Unbelehrbaren gemacht. Diese wedeln gern durch den pickepackedichten Verkehr wie einst Alberto Tomba, wobei andere Verkehrsteilnehmer als Slalomstangen fungieren. Und das natürlich weit schneller als die als allgemeinen Konsens betrachteten 65 Stundenkilometer. Die Unbelehrbaren überholen gern in Tempo-30-Zonen, geben Gas, wenn ein Fußgänger die Straße überquert, wechseln unvermittelt die Fahrspur, zwängen sich passgenau zwischen zwei fahrende Autos, rollen in bereits verstopfte Kreuzungen ein und hupen dann, öffnen die Fahrertür, wenn ein Radoder Motorradfahrer vorbeifährt, parken auf Behindertenparkplätzen, Frauenparkplätzen, Gehwegen, Fahrradwegen, in zweiter, dritter und vierter Reihe. Bei all diesen wenig rück­ sichtsvollen Tätigkeiten geht es ihnen vor allem um eines: Raumgewinn. So wie damals die Wehrmacht auf Geheiß des Führers in den Weiten der Taiga Lebensraum für das deutsche Volk zu erobern suchte, so pirschen auch diese Fahrer über die in der Morgensonne blutrot daliegenden Straßen, um durch brutale Manöver ein, zwei Meter Asphalt Vorsprung für sich zu gewinnen. Das muss ein tief in unserem Volk verwachsenes Erbgut sein. Haben wir uns endlich – der Adrenalinpegel ist knapp unter der Kinnspitze – ohne Beulen und Blessuren nach Stalingrad, Verzeihung, zur Arbeitsstätte durchgekämpft, sollten wir versuchen, ganz langsam wieder herunterzukommen. Wir sind jetzt so wach, dass wir eigentlich auf den rituellen Morgenkaffee verzichten können und damit auf das emotional fast genauso aufregende Vordrängeln in der Schlange vor dem Kaffeeautomaten. Aber das ist ein anderes Thema.

MOTOR

79


Feldweg #2 Bitte einen Grande Adrenalin to go.

Vergessen Sie Kaffee, kaltes Duschen oder chronisch gut gelaunte Radiomoderatoren. Was morgens wirklich wach macht, ist Adrenalin. Von Kai Flemming (Text) und Oliver Griep (Illustration)

78

MOTOR

Wenn Sie nicht gerade wie Dieter Bohlen in aller Herrgottsfrühe von Einbrecherbanden überfallen werden, erreichen Sie den nötigen Adrenalinpegel für einen erfolgreichen Tag an der Börse oder im Versicherungsbüro am besten auf dem Weg dorthin: Fahren Sie mit dem Auto. Schon in der Tempo-30-Zone Ihrer Wohngegend beginnt die tägliche Gefahrensuche. Garantiert wird Ihnen im morgendlichen Halbdunkel ein Fahrradfahrer ohne Beleuchtung, dafür aber mit lichtabsorbierendem Dufflecoat entgegenkommen. Ein geistesgegenwärtiger Schlenker, der beinahe den neuen Dreier Ihres Nachbarn touchiert, verhindert Schlimmeres. Doch das war nur der Vorgeschmack auf den Gout d’Adrenalin, der Sie ab jetzt in Fahrt bringen wird. Biegt man nun auf die breitere Hauptverkehrsader ein, beginnt der tägliche Kampf ums Überleben. Leben Sie am Stadtrand? Glückwunsch, dann bekommen Sie – um im modernen Coffeeshopsprech zu bleiben – sogar einen Doubleshot Adrenalin gratis. Jenseits der Stadtgrenzen wohnen die Menschen nämlich in Siedlungen, in denen es mehr Baum- als Fahrschulen gibt, was sich auf die Mentalität und damit auf die Fahrtüchtigkeit und das Verkehrsverhalten der Bevölkerung auswirkt. Diese Fahrer haben es selbstverständlich schwer, sich urplötzlich, also jeden Morgen, in den Verkehr eines städtischen Ballungsraums einzuordnen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie beispielsweise, ohne zu blinken, die Spur wechseln. Der Blinker wird im Heimatort ohnehin nur zum Winken verwendet (früher nannte man Blinker ohnehin Winker, vielleicht liegt es daran?). Der Einfachheit halber werden solche Zeitgenossen deutlich gekennzeichnet: ME, PI, FFB, MOB und du weißt Bescheid. Wenn man derart beschilderten Fahrern rechtzeitig ausweicht, kann man die verbleibende Aufmerksamkeit dazu verwenden, sich auf den Rest der Irren zu konzentrieren, die morgens die Straßen bevölkern. Innerstädtisch gibt es – grob über den Kamm geschoren – zwei Gruppen: die Lehrer und die Unbelehrbaren. Erstere erfreuen die Mitfahrenden durch übergenaue Kenntnis und Befolgung der Straßenverkehrsordnung. Die Oberstudien­räte der Landstraße fahren auf der Stadtautobahn auf der linken Spur genau die erlaubten 80 Stundenkilometer und weichen keinesfalls nach rechts aus, selbst wenn es dort so leer ist wie dunnemals zur Ölkrise. Diese uns belehrenden Fahrer bremsen im morgendlichen Berufsverkehr auch ganze Einfallstraßen auf die vorgeschriebenen 50 Stundenkilometer herunter und sorgen dafür, dass sich der Verkehr noch drei bis vier Kilometer hinter ihnen staut. Aber abgesehen davon, dass sie an Ampeln schon beim zartesten Anzeichen eines gelben Lichtscheins abrupt bremsen und so gern für Auffahrunfälle

sorgen (dann sieben bis acht Kilometer Rückstau), sind die motorisierten Lehrkräfte noch recht harmlos. Die Fußgänger unter den edukativen Verkehrsteilnehmern sorgen für ­TurboAdrenalin­stöße. Ohne nach links oder rechts zu schauen, stürzen sie auf den Zebrastreifen, als ob das Recht, in dem sie sich befinden, sie vor Knochenbrüchen bewahren könnte. Da helfen nur äußerste Konzentration und Schweißperlen auf der Stirn, die Bruce Willis zur Ehre gereichen würden. Die harder. Wenn Sie abgebrühter Hund immer noch gähnend mit halb offenen Augen eine knappe Autolänge hinter dem Vorfahrenden durch den Verkehr zuckeln und sich innerlich schon auf das erste Meeting vorbereiten, dann lernen Sie spätestens jetzt das Fürchten. Mit höchster Wahrscheinlichkeit wird sich ein Fahrzeug in die korrekt eingehaltene Abstandslücke vor Ihnen schieben, sodass sowohl bei Ihnen als auch bei Ihrem Vordermann die Einparkhilfen zu pfeifen beginnen. Guten Morgen! Sie haben soeben Bekanntschaft mit einem Mitglied aus der Gruppe der Unbelehrbaren gemacht. Diese wedeln gern durch den pickepackedichten Verkehr wie einst Alberto Tomba, wobei andere Verkehrsteilnehmer als Slalomstangen fungieren. Und das natürlich weit schneller als die als allgemeinen Konsens betrachteten 65 Stundenkilometer. Die Unbelehrbaren überholen gern in Tempo-30-Zonen, geben Gas, wenn ein Fußgänger die Straße überquert, wechseln unvermittelt die Fahrspur, zwängen sich passgenau zwischen zwei fahrende Autos, rollen in bereits verstopfte Kreuzungen ein und hupen dann, öffnen die Fahrertür, wenn ein Radoder Motorradfahrer vorbeifährt, parken auf Behindertenparkplätzen, Frauenparkplätzen, Gehwegen, Fahrradwegen, in zweiter, dritter und vierter Reihe. Bei all diesen wenig rück­ sichtsvollen Tätigkeiten geht es ihnen vor allem um eines: Raumgewinn. So wie damals die Wehrmacht auf Geheiß des Führers in den Weiten der Taiga Lebensraum für das deutsche Volk zu erobern suchte, so pirschen auch diese Fahrer über die in der Morgensonne blutrot daliegenden Straßen, um durch brutale Manöver ein, zwei Meter Asphalt Vorsprung für sich zu gewinnen. Das muss ein tief in unserem Volk verwachsenes Erbgut sein. Haben wir uns endlich – der Adrenalinpegel ist knapp unter der Kinnspitze – ohne Beulen und Blessuren nach Stalingrad, Verzeihung, zur Arbeitsstätte durchgekämpft, sollten wir versuchen, ganz langsam wieder herunterzukommen. Wir sind jetzt so wach, dass wir eigentlich auf den rituellen Morgenkaffee verzichten können und damit auf das emotional fast genauso aufregende Vordrängeln in der Schlange vor dem Kaffeeautomaten. Aber das ist ein anderes Thema.

MOTOR

79


BMW M1 (1978–1980) 3,5-Liter-Reihensechszylinder mit 277 PS, 262 km/h, 0–100 km/h: 5,6 sec M wie Meisterstück des Motorsports: Auf der Studie „BMW Turbo“ von Paul Bracq basierend, war der BMW M1 der erste einer Reihe erfolgreicher Ms aus München. Nach einer Weiterentwicklungsphase bei Lamborghini verließ sich BMW bei der Fertigung auf Baur in Stuttgart. Sein endgültiges Design stammt von Giorgio Giugiaro. Diese Gene machen aus dem BMW M1 optisch einen Italiener, in schwäbischer Qualität gefertigt, mit bayrischem Muskelpaket unter der Haube. Die sechs Zylinder des M1 jagen in der Rennversion mit bis zu 850 PS fast jeden Konkurrenten in die Büsche. Das wäre selbst heute, knapp 30 Jahre später, nicht anders.

Wenn es dunkel wird, erwachen sie zum Leben. Sie klappen die Augen auf und leuchten in ihrer ganzen Schönheit. Autos mit Schlafaugen sind wie Katzen. Nachtaktiv, kraftvoll, schnell, elegant. Wir zeigen ein paar besonders rassige Modelle. Von Malte Bartjen (Fotos) und Sabine Manecke (Text)

80

Motor

Motor

81


BMW M1 (1978–1980) 3,5-Liter-Reihensechszylinder mit 277 PS, 262 km/h, 0–100 km/h: 5,6 sec M wie Meisterstück des Motorsports: Auf der Studie „BMW Turbo“ von Paul Bracq basierend, war der BMW M1 der erste einer Reihe erfolgreicher Ms aus München. Nach einer Weiterentwicklungsphase bei Lamborghini verließ sich BMW bei der Fertigung auf Baur in Stuttgart. Sein endgültiges Design stammt von Giorgio Giugiaro. Diese Gene machen aus dem BMW M1 optisch einen Italiener, in schwäbischer Qualität gefertigt, mit bayrischem Muskelpaket unter der Haube. Die sechs Zylinder des M1 jagen in der Rennversion mit bis zu 850 PS fast jeden Konkurrenten in die Büsche. Das wäre selbst heute, knapp 30 Jahre später, nicht anders.

Wenn es dunkel wird, erwachen sie zum Leben. Sie klappen die Augen auf und leuchten in ihrer ganzen Schönheit. Autos mit Schlafaugen sind wie Katzen. Nachtaktiv, kraftvoll, schnell, elegant. Wir zeigen ein paar besonders rassige Modelle. Von Malte Bartjen (Fotos) und Sabine Manecke (Text)

80

Motor

Motor

81


Dino 308 GT4 (1973–1975) 3-Liter-V8 mit 256 PS, 247 km/h, 0–100 km/h: 6,8 sec Den Namen verdankt dieser ochsenblutrote Klassiker Enzo Ferraris Sohn Alfredo „Dino“ Ferrari. Bereits 1956 war Dino Ferrari mit nur 24 Jahren an Muskelschwund gestorben. Noch auf dem Sterbebett hatte der begabte Ingenieur einen leistungsstarken V6-Motor entwickelt. Für einen Ferrari war zwar der Motor, nicht aber die Anzahl der Zylinder akzeptabel, also gründete Enzo Ferrari die eigenständige Marke „Dino“. 1968 kam der erste Dino auf die Straße. Der Erfolg war überwältigend, und die Dinos retteten Ferrari vor dem Untergang. Schließlich wurde aus dem Dino dann doch noch ein „echter“ Ferrari, der Ferrari Dino 308 GT4. Dieser wurde 1977 vom „Magnum-Ferrari“ 308 GTB abgelöst. Das war das Ende des Dino. Und auch das Ende der aktiven Karriere von Enzo Ferrari: Er setzte sich mit dem letzten Dino ebenfalls zur Ruhe.

82

Motor

Motor

83


Dino 308 GT4 (1973–1975) 3-Liter-V8 mit 256 PS, 247 km/h, 0–100 km/h: 6,8 sec Den Namen verdankt dieser ochsenblutrote Klassiker Enzo Ferraris Sohn Alfredo „Dino“ Ferrari. Bereits 1956 war Dino Ferrari mit nur 24 Jahren an Muskelschwund gestorben. Noch auf dem Sterbebett hatte der begabte Ingenieur einen leistungsstarken V6-Motor entwickelt. Für einen Ferrari war zwar der Motor, nicht aber die Anzahl der Zylinder akzeptabel, also gründete Enzo Ferrari die eigenständige Marke „Dino“. 1968 kam der erste Dino auf die Straße. Der Erfolg war überwältigend, und die Dinos retteten Ferrari vor dem Untergang. Schließlich wurde aus dem Dino dann doch noch ein „echter“ Ferrari, der Ferrari Dino 308 GT4. Dieser wurde 1977 vom „Magnum-Ferrari“ 308 GTB abgelöst. Das war das Ende des Dino. Und auch das Ende der aktiven Karriere von Enzo Ferrari: Er setzte sich mit dem letzten Dino ebenfalls zur Ruhe.

82

Motor

Motor

83


Chevrolet Corvette C3 (1979) 5,7-Liter-V8 mit bis zu 225 PS, 195 km/h, 0–100 km/h: 6,5 sec Ihren Namen hat die Corvette kleinen, schnellen Kriegsschiffen, den Korvetten, zu verdanken. Im Zweiten Weltkrieg wurden Korvetten als U-Boot-Jäger eingesetzt. Und genau diesen wendigen Kraftpaketen, die mit­ halfen, die U-Boote Hitler-Deutschlands zu zerstören, setzte die Chevrolet Corvette seit 1953 ein Denkmal. Die erste Generation war nur 300 Exemplare stark. Aber schon die zweite, die Corvette Sting Ray, ein extrem muskulös motorisierter Sportwagen mit markantem Heck, erfreute sich großer Beliebtheit. Im Herbst 1967 wurde dann die dritte Corvette, die C3, eingeführt. Ein Meer von weiblich anmutenden Rundungen zeichnet die erfolgreichste aller Korvetten aus. In ihrer Hochzeit wurde eine Flotte von über 50.000 Stück abgesetzt.

84

Motor

Motor

85


Chevrolet Corvette C3 (1979) 5,7-Liter-V8 mit bis zu 225 PS, 195 km/h, 0–100 km/h: 6,5 sec Ihren Namen hat die Corvette kleinen, schnellen Kriegsschiffen, den Korvetten, zu verdanken. Im Zweiten Weltkrieg wurden Korvetten als U-Boot-Jäger eingesetzt. Und genau diesen wendigen Kraftpaketen, die mit­ halfen, die U-Boote Hitler-Deutschlands zu zerstören, setzte die Chevrolet Corvette seit 1953 ein Denkmal. Die erste Generation war nur 300 Exemplare stark. Aber schon die zweite, die Corvette Sting Ray, ein extrem muskulös motorisierter Sportwagen mit markantem Heck, erfreute sich großer Beliebtheit. Im Herbst 1967 wurde dann die dritte Corvette, die C3, eingeführt. Ein Meer von weiblich anmutenden Rundungen zeichnet die erfolgreichste aller Korvetten aus. In ihrer Hochzeit wurde eine Flotte von über 50.000 Stück abgesetzt.

84

Motor

Motor

85


Fiat X1/9 (1981) 1,5-Liter-Vierzylinder mit bis zu 86 PS, 180 km/h, 0–100 km/h: 11 sec Der günstige Mittelmotorbolide wurde als Nachfolger des Fiat Sportspider bei der Carrozzeria Bertone mit Fiat-Technik gebaut. Der kleine Wagen mit der sportlichen Linienführung brillierte mit hervorragenden Fahreigenschaften auch bei extremen Windverhältnissen, trotz oder gerade wegen seiner mickrigen Bereifung. Die reinen Fahrleistungen eines X1/9 sind, gemessen an den heute üblichen Motorisierungen, eher enttäuschend. Trotzdem begeistert er immer noch durch seine Straßenlage, Spontaneität und Agilität. Der Fiat X1/9 war einer der wenigen Wagen, der schon in den 70ern den harten US-Crashtest-Anforderungen genügte. Und er war einer der ersten mit geregeltem Dreiwegekat. Seine innovative Technik machte ihn zum Exportschlager in den USA, 70 % der Produktion gingen auf den amerikanischen Markt.

86

Motor

Motor

87


Fiat X1/9 (1981) 1,5-Liter-Vierzylinder mit bis zu 86 PS, 180 km/h, 0–100 km/h: 11 sec Der günstige Mittelmotorbolide wurde als Nachfolger des Fiat Sportspider bei der Carrozzeria Bertone mit Fiat-Technik gebaut. Der kleine Wagen mit der sportlichen Linienführung brillierte mit hervorragenden Fahreigenschaften auch bei extremen Windverhältnissen, trotz oder gerade wegen seiner mickrigen Bereifung. Die reinen Fahrleistungen eines X1/9 sind, gemessen an den heute üblichen Motorisierungen, eher enttäuschend. Trotzdem begeistert er immer noch durch seine Straßenlage, Spontaneität und Agilität. Der Fiat X1/9 war einer der wenigen Wagen, der schon in den 70ern den harten US-Crashtest-Anforderungen genügte. Und er war einer der ersten mit geregeltem Dreiwegekat. Seine innovative Technik machte ihn zum Exportschlager in den USA, 70 % der Produktion gingen auf den amerikanischen Markt.

86

Motor

Motor

87


Matra Murena S (1983) 2,2-Liter-Vierzylinder mit bis zu 142 PS, 210 km/h, 0–100 km/h: 6,5 sec Matra, ursprünglich eine französische Raketenschmiede, begann in den 60er-Jahren mit einer Kleinserienproduktion von Sport- und Rennwagen. In den 70ern an Chrysler verkauft, in den 80ern an den französischen PSA-Konzern (Talbot/Simca) und Mitte der 80er an Renault, war Matra nicht gerade wirtschaftlicher Erfolg beschieden. Das Unternehmen Matra Automotive meldete 2003 Insolvenz an, die Entwicklungsabteilung wurde allerdings von Pininfarina übernommen. Nichtsdestotrotz sind die Matra-Rennwagen Klassiker des extravaganten französischen Designs. Der Matra Murena zeichnet sich durch drei nebeneinander angeordnete Sitze aus. Die aggressiv anmutende Front soll an einen Fisch wie die Muräne erinnern, die so lange in ihrer Höhle lauert, bis ihr Opfer nah genug ist, um blitzschnell nach vorn zu stoßen und zuzubeißen.

Fotografie: Malte Bartjen (www.maltebartjen.de) Fotoassistenz: Jann Klee, Dirk Seidler Art-Direction: Oliver Cole Bildbearbeitung: Anja Vermehren, Jeremy Wells (www.appel-grafik.de) Vielen Dank an: Wolfgang Melter + Axel Hagemann + Michael Dziubiel / BMW M1 Club e. V. Uwe Tiede / Corvette-Club Hamburg e. V. Michael Vaillant + Andreas Streitberg / Bertone X1/9 Club Deutschland Ed Kirschner + Marcel Catalano / Matra Club Deutschland e. V.

88

Motor

Das erste in Serie hergestellte Automobil mit Klappscheinwerfern war der im Jahr 1936 vorgestellte Duesenberg Cord 810. Die Blütezeit der Schlafaugen aber waren die 60er- und 70er-Jahre. Vor allem bei amerikanischen und italienischen Sportwagen waren Klappscheinwerfer sehr beliebt. Aber auch die meisten anderen Hersteller hatten mindestens ein Modell damit im Programm. Grund für die extravagante Lampenkonstruktion war in der Hauptsache das Design. Im zugeklappten Zustand war eine konsequent sportliche und elegant zugespitzte Linienführung möglich, weil keine Rücksicht auf die Unterbringung der Scheinwerfer genommen werden musste. Zudem ließ sich so der für Sportwagen wichtige Luftwiderstand verringern. Die idealen cw-Werte relativieren sich natürlich, sobald die Scheinwerfer aufklappen. Beim Zwinkern gibt es unterschiedliche mechanische Prin-

zipien, nach denen die „Augen“ auf- und wieder zugemacht werden: durch Versenken mit Drehung um die Querachse (z. B. Lancia Stratos), durch Versenken mit Drehung um die Längsachse (z. B. Opel GT), geklappt mit Drehung um die Querachse (nur bei wenigen Modellen wie dem Lamborghini Miura oder den Porsche 928 und 968), durch vertikales Versenken einer Abdeckklappe (z. B. bei der Studie Aston Martin Bulldog) oder durch horizontales Versenken einer Abdeckklappe (z. B. Dodge Daytona). Seit 1998 sind Klappscheinwerfer aus Gründen der Fußgängersicherheit nicht mehr erlaubt. Auch im Motorsport, in dem ja Fußgänger eine eher untergeordnete Rolle spielen, wie z. B. bei den DTM (Deutschen Tourenwagen Masters) sind Klappscheinwerfer verboten. Wer dennoch einen Wagen mit Schlafaugen fahren will, sollte bei der Wahl des TÜV-Prüfers vorsichtig sein.

Motor

89


Matra Murena S (1983) 2,2-Liter-Vierzylinder mit bis zu 142 PS, 210 km/h, 0–100 km/h: 6,5 sec Matra, ursprünglich eine französische Raketenschmiede, begann in den 60er-Jahren mit einer Kleinserienproduktion von Sport- und Rennwagen. In den 70ern an Chrysler verkauft, in den 80ern an den französischen PSA-Konzern (Talbot/Simca) und Mitte der 80er an Renault, war Matra nicht gerade wirtschaftlicher Erfolg beschieden. Das Unternehmen Matra Automotive meldete 2003 Insolvenz an, die Entwicklungsabteilung wurde allerdings von Pininfarina übernommen. Nichtsdestotrotz sind die Matra-Rennwagen Klassiker des extravaganten französischen Designs. Der Matra Murena zeichnet sich durch drei nebeneinander angeordnete Sitze aus. Die aggressiv anmutende Front soll an einen Fisch wie die Muräne erinnern, die so lange in ihrer Höhle lauert, bis ihr Opfer nah genug ist, um blitzschnell nach vorn zu stoßen und zuzubeißen.

Fotografie: Malte Bartjen (www.maltebartjen.de) Fotoassistenz: Jann Klee, Dirk Seidler Art-Direction: Oliver Cole Bildbearbeitung: Anja Vermehren, Jeremy Wells (www.appel-grafik.de) Vielen Dank an: Wolfgang Melter + Axel Hagemann + Michael Dziubiel / BMW M1 Club e. V. Uwe Tiede / Corvette-Club Hamburg e. V. Michael Vaillant + Andreas Streitberg / Bertone X1/9 Club Deutschland Ed Kirschner + Marcel Catalano / Matra Club Deutschland e. V.

88

Motor

Das erste in Serie hergestellte Automobil mit Klappscheinwerfern war der im Jahr 1936 vorgestellte Duesenberg Cord 810. Die Blütezeit der Schlafaugen aber waren die 60er- und 70er-Jahre. Vor allem bei amerikanischen und italienischen Sportwagen waren Klappscheinwerfer sehr beliebt. Aber auch die meisten anderen Hersteller hatten mindestens ein Modell damit im Programm. Grund für die extravagante Lampenkonstruktion war in der Hauptsache das Design. Im zugeklappten Zustand war eine konsequent sportliche und elegant zugespitzte Linienführung möglich, weil keine Rücksicht auf die Unterbringung der Scheinwerfer genommen werden musste. Zudem ließ sich so der für Sportwagen wichtige Luftwiderstand verringern. Die idealen cw-Werte relativieren sich natürlich, sobald die Scheinwerfer aufklappen. Beim Zwinkern gibt es unterschiedliche mechanische Prin-

zipien, nach denen die „Augen“ auf- und wieder zugemacht werden: durch Versenken mit Drehung um die Querachse (z. B. Lancia Stratos), durch Versenken mit Drehung um die Längsachse (z. B. Opel GT), geklappt mit Drehung um die Querachse (nur bei wenigen Modellen wie dem Lamborghini Miura oder den Porsche 928 und 968), durch vertikales Versenken einer Abdeckklappe (z. B. bei der Studie Aston Martin Bulldog) oder durch horizontales Versenken einer Abdeckklappe (z. B. Dodge Daytona). Seit 1998 sind Klappscheinwerfer aus Gründen der Fußgängersicherheit nicht mehr erlaubt. Auch im Motorsport, in dem ja Fußgänger eine eher untergeordnete Rolle spielen, wie z. B. bei den DTM (Deutschen Tourenwagen Masters) sind Klappscheinwerfer verboten. Wer dennoch einen Wagen mit Schlafaugen fahren will, sollte bei der Wahl des TÜV-Prüfers vorsichtig sein.

Motor

89


Für das Fotoshooting mit der FELD HOMMES Alexander Wurz hat schon wieder alles in kürzester Zeit gepeilt, was denn sonst? eine unverwechselbare Location ausfindig gemacht: Crew hat er in den Hügeln über seinem Wohnsitz Monte Carlo bereits selbst engehalten wird. Von hier aus kann er ebenso die Côte ein verfallendes Gemäuer, das eigentlich nur noch von Graffiti-Tags zusamm ausgiebig im Interview erläutert. Nach fünf Jahren als d’Azur bis Nizza überblicken wie seine eigene Lage, die er am Nachmittag der Formel 1 zurück. Im Cockpit eines Williamsweltbester Testfahrer kehrt der schnelle Alex nämlich in den grandiosen Zirkus Nachfolger seines österreichischen Landsmanns Gerhard Boliden kann er endlich jene Karriere fortsetzen, die er 1998 als designierter en ab März wieder um Bruchteile von Sekunden in Berger im Benetton-Team begann. So geht es für den aufgeweckten 33-Jährig aber liebt er es, sich geistig zu entschleunigen. Domizil seinem in einem Sportbusiness, das den ganzen Globus umspannt. Hier ES Reporter später verraten sollte – eine von HOMM FELD en verblüfft dem Denn eigentlich geht heuer alles viel zu schnell, wie er nur für brumm-brumm Platz ist. vielen bemerkenswerten Ansichten eines Motorsportlers, in dessen Kopf nicht

Von Robert Grischek (Fotos) und Bertram Job (Interview)

Strickjacke von Boss Orange

90

HERO

HERO

91


Für das Fotoshooting mit der FELD HOMMES Alexander Wurz hat schon wieder alles in kürzester Zeit gepeilt, was denn sonst? eine unverwechselbare Location ausfindig gemacht: Crew hat er in den Hügeln über seinem Wohnsitz Monte Carlo bereits selbst engehalten wird. Von hier aus kann er ebenso die Côte ein verfallendes Gemäuer, das eigentlich nur noch von Graffiti-Tags zusamm ausgiebig im Interview erläutert. Nach fünf Jahren als d’Azur bis Nizza überblicken wie seine eigene Lage, die er am Nachmittag der Formel 1 zurück. Im Cockpit eines Williamsweltbester Testfahrer kehrt der schnelle Alex nämlich in den grandiosen Zirkus Nachfolger seines österreichischen Landsmanns Gerhard Boliden kann er endlich jene Karriere fortsetzen, die er 1998 als designierter en ab März wieder um Bruchteile von Sekunden in Berger im Benetton-Team begann. So geht es für den aufgeweckten 33-Jährig aber liebt er es, sich geistig zu entschleunigen. Domizil seinem in einem Sportbusiness, das den ganzen Globus umspannt. Hier ES Reporter später verraten sollte – eine von HOMM FELD en verblüfft dem Denn eigentlich geht heuer alles viel zu schnell, wie er nur für brumm-brumm Platz ist. vielen bemerkenswerten Ansichten eines Motorsportlers, in dessen Kopf nicht

Von Robert Grischek (Fotos) und Bertram Job (Interview)

Strickjacke von Boss Orange

90

HERO

HERO

91


Herr Wurz, was haben Sie am 2. August 2006 gemacht, und wo waren Sie da? 2. August? Weiß ich nicht. An diesem Tag wurde bekannt gegeben, dass Sie in der nächsten Saison Stammfahrer im Formel-1-Team von Williams sind. Ah ja, kann schon sein.

Wie wird einem so was in der Formel 1 übermittelt? Erhält man da ein Fax, ruft Mr.Williams an? Den Vertrag hatte ich schon im Winter ausgehandelt. Der war von meiner Seite unterschrieben, das Team musste ihn nur noch bis zu einem gewissen Zeitpunkt gegenzeichnen. Mir wurde aber schon bei den Testfahrten gesagt: „Wenn du deine Leistung bringst und mit vollem Einsatz dabei bist, sind wir die Letzten, die dich nicht ins Rennauto setzen.“ Ich hab inzwischen nur so’n automatisches Verdrängungsgedächtnis, damit sich nicht wieder so große Hoffnungen aufbauen, die sich dann nicht erfüllen. Das hatte ich in den letzten Jahren öfter als genug. Wenn man hoch pokert in der höchsten Liga, geht das Spiel nicht immer auf. Also war das kein besonderer Tag für Sie? Die Entscheidung wurde beim Formel-1-Rennen in Budapest nur noch bekannt gegeben. Aber dann ist es auch in den Medien, und das ist am allerbesten. Weil die Medien teilweise mehr Macht haben als der Vertrag selbst. Wenn es einmal fix ist, dass du fährst, kann keiner mehr zurück. Als ich wusste, dass ich dabei bin, war ich logisch voll happy. Aber das war eher der ganze Zeitraum als dieser eine Tag. Und so richtig schön wird’s, wenn ich in Melbourne am Start steh. Feiert man so eine Meldung nicht? (lacht) Wir wollten feiern. Weil das so ein stressiges Leben ist, dass man alles sofort genießen muss. Nur hatte ich da eine Lebensmittelvergiftung. Ich bin an diesem Freitag noch mit Ach und Krach gefahren, aber es ging mir so schlecht wie noch nie im Leben. Dann bin ich niedergebrochen. Die Julia (seine Frau, d. Red.) hat mich nachts nach Wien gefahren, während ich auf der Rückbank lag. Da war mir nach Feiern nicht zumute. Hoffentlich gibt es in Zukunft umso mehr Anlässe. Sie sind 1998 in die Formel 1 eingestiegen und seitdem immer dabei – wenn auch in den letzten fünf Jahren „nur“ als Testfahrer. Fühlen Sie sich als Rückkehrer oder als Routinier? Unlängst wurde ich gefragt, ob ich mich komisch fühle, jetzt wieder Rennfahrer zu sein. Dabei habe ich mich als Testfahrer jedes Jahr komisch gefühlt! Man darf auch nicht vergessen, dass die Testfahrten, die ich für McLaren und Williams gemacht hab, beinhart sind und immer am letzten Drücker gefahren werden. Es gibt in der Formel 1 kein Herumcruisen, du bewegst dein Auto ständig am absoluten Limit. Und teilweise bin ich in diesen Jahren mehr gefahren als die beiden Einsatzfahrer zusammen. Ich war immer mit ehemaligen Weltmeistern, Grand-Prix-Siegern und den besten Ingenieuren zusammen. Dadurch hatte ich auch immer wieder Angebote, nur kam ich aus dem Vertrag mit McLaren nicht heraus. Jacke von Boss Orange, T-Shirt von Wonhundred

92

HERO

HERO

93


Herr Wurz, was haben Sie am 2. August 2006 gemacht, und wo waren Sie da? 2. August? Weiß ich nicht. An diesem Tag wurde bekannt gegeben, dass Sie in der nächsten Saison Stammfahrer im Formel-1-Team von Williams sind. Ah ja, kann schon sein.

Wie wird einem so was in der Formel 1 übermittelt? Erhält man da ein Fax, ruft Mr.Williams an? Den Vertrag hatte ich schon im Winter ausgehandelt. Der war von meiner Seite unterschrieben, das Team musste ihn nur noch bis zu einem gewissen Zeitpunkt gegenzeichnen. Mir wurde aber schon bei den Testfahrten gesagt: „Wenn du deine Leistung bringst und mit vollem Einsatz dabei bist, sind wir die Letzten, die dich nicht ins Rennauto setzen.“ Ich hab inzwischen nur so’n automatisches Verdrängungsgedächtnis, damit sich nicht wieder so große Hoffnungen aufbauen, die sich dann nicht erfüllen. Das hatte ich in den letzten Jahren öfter als genug. Wenn man hoch pokert in der höchsten Liga, geht das Spiel nicht immer auf. Also war das kein besonderer Tag für Sie? Die Entscheidung wurde beim Formel-1-Rennen in Budapest nur noch bekannt gegeben. Aber dann ist es auch in den Medien, und das ist am allerbesten. Weil die Medien teilweise mehr Macht haben als der Vertrag selbst. Wenn es einmal fix ist, dass du fährst, kann keiner mehr zurück. Als ich wusste, dass ich dabei bin, war ich logisch voll happy. Aber das war eher der ganze Zeitraum als dieser eine Tag. Und so richtig schön wird’s, wenn ich in Melbourne am Start steh. Feiert man so eine Meldung nicht? (lacht) Wir wollten feiern. Weil das so ein stressiges Leben ist, dass man alles sofort genießen muss. Nur hatte ich da eine Lebensmittelvergiftung. Ich bin an diesem Freitag noch mit Ach und Krach gefahren, aber es ging mir so schlecht wie noch nie im Leben. Dann bin ich niedergebrochen. Die Julia (seine Frau, d. Red.) hat mich nachts nach Wien gefahren, während ich auf der Rückbank lag. Da war mir nach Feiern nicht zumute. Hoffentlich gibt es in Zukunft umso mehr Anlässe. Sie sind 1998 in die Formel 1 eingestiegen und seitdem immer dabei – wenn auch in den letzten fünf Jahren „nur“ als Testfahrer. Fühlen Sie sich als Rückkehrer oder als Routinier? Unlängst wurde ich gefragt, ob ich mich komisch fühle, jetzt wieder Rennfahrer zu sein. Dabei habe ich mich als Testfahrer jedes Jahr komisch gefühlt! Man darf auch nicht vergessen, dass die Testfahrten, die ich für McLaren und Williams gemacht hab, beinhart sind und immer am letzten Drücker gefahren werden. Es gibt in der Formel 1 kein Herumcruisen, du bewegst dein Auto ständig am absoluten Limit. Und teilweise bin ich in diesen Jahren mehr gefahren als die beiden Einsatzfahrer zusammen. Ich war immer mit ehemaligen Weltmeistern, Grand-Prix-Siegern und den besten Ingenieuren zusammen. Dadurch hatte ich auch immer wieder Angebote, nur kam ich aus dem Vertrag mit McLaren nicht heraus. Jacke von Boss Orange, T-Shirt von Wonhundred

92

HERO

HERO

93


Keine friedliche Oase, dieses Sportbusiness? Ein brutales Geschäft, außer sonntags von 14 bis 16 Uhr. Viele sind schneller wieder draußen, als sie reingekommen sind. Es geht um viel Geld, alle 14 Tage steigt ein Rennen vor der Weltöffentlichkeit. Dass es da im Hintergrund Politik gibt und Verdrängungstechniken, ist logisch. Oftmals ist das Rennen außerhalb des Autos das schwierigere. Ist das jetzt mit 33 Jahren schon Ihre letzte Chance? Wir können uns hier zu Tode reden, was die Erwartungshaltungen sind. Im Prinzip ist einfach wichtig, dass du auf den Punkt die Leistung bringst und keine Fehler machst. Dann bist du in diesem Geschäft gut vertreten. Was erwarten Sie? Für mich ist wichtig, jetzt mit dem Team zu arbeiten. Williams war mal Weltmeister und ist nun in der Konstrukteurswertung auf den achten Rang zurückgefallen. Diese Abwärtsspirale müssen wir stoppen, um dann wieder aufzusteigen. Dabei möchte ich ein wichtiger Bestandteil sein und allen zeigen: Der Wurz kann sich reinknien und bringt Resultate. Dazu muss ich total clean im Kopf sein, weil: Motorsport ist fast zu hundert Prozent Kopf. Gut fahren können alle in der Formel 1, aber letztlich entscheidend ist: Wie kannst du deinen Kopf so programmieren, dass er total frei ist und jedes Mal in Bruchteilen von Sekunden die richtige Entscheidung trifft? Sie sind in Ihrer ersten Saison gleich beim dritten Rennen aufs Podest gefahren. Das sah nach einem Senkrechtstart aus. Warum ist es dann nicht so weitergegangen? Wie gesagt: Manchmal ist das Rennen außerhalb des Autos schwieriger. Und das habe ich damals voll verbockt. Ich bin in Zwickmühlen hineingeraten, wo ich auf einmal nicht mehr meine volle Leistung bringen konnte – weil der Kopf total verschnörkselt war. Ich hab mich von Rennen zu Rennen geplagt, gegen meinen Teamchef (Flavio Briatore, d. Red.) und andere politische Ströme. Teilweise selbst verschuldet, teilweise unglücklich zum Handkuss gekommen. Ich bin a sturer Bock und hab dafür auch meine Rechnung gezahlt. Aber ich hab sehr viel dabei gelernt und hoffe, dass ich das jetzt umsetzen kann. Es hieß auch mal: Mit 1,86 Meter Körpergröße ist der Wurz einfach zu groß für die Formel 1. Ist das inzwischen vom Tisch? Es ist immer ein heikles Thema, und ich kämpfe um Millimeter, um richtig zu sitzen. Ich hab das Glück, dass meine Beine relativ lang sind und mein Oberkörper dadurch schön ins Auto hineinrotieren kann. Es ist also kein Karriereknick mehr, und die bei Williams haben das Auto so hingebastelt, dass ich da schön hineinpasse.

Canvasjacke von Boss Orange, Longsleeve von WoodWood, Jeans von Filippa K

94

HERO

HERO

95


Keine friedliche Oase, dieses Sportbusiness? Ein brutales Geschäft, außer sonntags von 14 bis 16 Uhr. Viele sind schneller wieder draußen, als sie reingekommen sind. Es geht um viel Geld, alle 14 Tage steigt ein Rennen vor der Weltöffentlichkeit. Dass es da im Hintergrund Politik gibt und Verdrängungstechniken, ist logisch. Oftmals ist das Rennen außerhalb des Autos das schwierigere. Ist das jetzt mit 33 Jahren schon Ihre letzte Chance? Wir können uns hier zu Tode reden, was die Erwartungshaltungen sind. Im Prinzip ist einfach wichtig, dass du auf den Punkt die Leistung bringst und keine Fehler machst. Dann bist du in diesem Geschäft gut vertreten. Was erwarten Sie? Für mich ist wichtig, jetzt mit dem Team zu arbeiten. Williams war mal Weltmeister und ist nun in der Konstrukteurswertung auf den achten Rang zurückgefallen. Diese Abwärtsspirale müssen wir stoppen, um dann wieder aufzusteigen. Dabei möchte ich ein wichtiger Bestandteil sein und allen zeigen: Der Wurz kann sich reinknien und bringt Resultate. Dazu muss ich total clean im Kopf sein, weil: Motorsport ist fast zu hundert Prozent Kopf. Gut fahren können alle in der Formel 1, aber letztlich entscheidend ist: Wie kannst du deinen Kopf so programmieren, dass er total frei ist und jedes Mal in Bruchteilen von Sekunden die richtige Entscheidung trifft? Sie sind in Ihrer ersten Saison gleich beim dritten Rennen aufs Podest gefahren. Das sah nach einem Senkrechtstart aus. Warum ist es dann nicht so weitergegangen? Wie gesagt: Manchmal ist das Rennen außerhalb des Autos schwieriger. Und das habe ich damals voll verbockt. Ich bin in Zwickmühlen hineingeraten, wo ich auf einmal nicht mehr meine volle Leistung bringen konnte – weil der Kopf total verschnörkselt war. Ich hab mich von Rennen zu Rennen geplagt, gegen meinen Teamchef (Flavio Briatore, d. Red.) und andere politische Ströme. Teilweise selbst verschuldet, teilweise unglücklich zum Handkuss gekommen. Ich bin a sturer Bock und hab dafür auch meine Rechnung gezahlt. Aber ich hab sehr viel dabei gelernt und hoffe, dass ich das jetzt umsetzen kann. Es hieß auch mal: Mit 1,86 Meter Körpergröße ist der Wurz einfach zu groß für die Formel 1. Ist das inzwischen vom Tisch? Es ist immer ein heikles Thema, und ich kämpfe um Millimeter, um richtig zu sitzen. Ich hab das Glück, dass meine Beine relativ lang sind und mein Oberkörper dadurch schön ins Auto hineinrotieren kann. Es ist also kein Karriereknick mehr, und die bei Williams haben das Auto so hingebastelt, dass ich da schön hineinpasse.

Canvasjacke von Boss Orange, Longsleeve von WoodWood, Jeans von Filippa K

94

HERO

HERO

95


Woher kommt Ihr Talent, so schnell zu fahren und zu reagieren? Ist das geerbt? Ihr Vater war ja dreifacher Rallye-Europameister. Danke fürs Kompliment. „Speed runs in the family“, sagt man. Ich habe früh mitbekommen, dass mein Vater irrsinnig viel trainiert und sein Leben auf die Sache einstellt. Ich hab auch die Atmosphäre gespürt, die an einem erfolgreichen Wochenende herrscht. Das habe ich für mich ausgebaut, als ich BMX gefahren bin. Und da habe ich etwas gelernt, was immer gilt: Du musst alles geben. Du musst der Erste sein, der aus dem Gate rausspringt und beschleunigt wie der Wilde, du musst vor dem Sprung am längsten treten und nachher als Erster wieder zu treten anfangen. Immer auf den Punkt alles geben – ohne das kommst du im Geschäft wie im Sport nimmer fort. War BMX die erste Leidenschaft? Mir war damals auf die Sekunde klar: Ich muss das machen. Ich hab auch sehr schnell angefangen zu gewinnen und bin dann Weltmeister geworden. Das war alles irrsinnig witzig und völlig cool. Wenn du da mit zwölf, vierzehn Jahren in ­Riccione oder sonstwo wie in einer Gang rumhängst und in Zelten schläfst ... Du hast ja keine Probleme in dieser Zeit und musst nur zusehen, wie du mit dem Geld, das du im Hosensack hast, wieder nach Hause kommst. Nur trainieren und Highlife – war wirklich ’ne supercoole Zeit. Aber lange dauerte es nicht? Es war abrupt vorbei, als ich mit 15 mein erstes Gokart gesehen hab. Da war mir klar: Ich kann Motorsport auch schon vor dem Führerschein machen. Sind Sie völlig angstfrei? Im Rennauto eigentlich schon. Ich hab aber Respekt, und der ist wichtig. Ohne den bist du vielleicht auch nicht gründlich genug in der Vorbereitung. Du brauchst Respekt vor der Geschwindigkeit, vor der Technik, vor den anderen – von nix kommt nix. Kann Sie überhaupt etwas schrecken? Ich bin Vater zweier Buben, da ist es natürlich, dass man Angst und Bedenken hat. Ich mach mir beispielsweise Sorgen, wenn ich seh, wie sich unser soziales Leben entwickelt. Das ist alles brutalst oberflächlich. Es fehlen eigentlich der Respekt und die Akzeptanz gegenüber dem Nächsten, und das kommt meines Erachtens aus der Schnelllebigkeit. Weil du nicht einmal mehr die Zeit hast, dich mit dir selber zu beschäftigen. Wenn du nicht mit dir selbst klar bist, wie kannst du dann mit anderen klarkommen? Ich spür einfach, dass es immer weniger Leute gibt, die bodenständig sind und mit dem zufrieden, was sie haben und darstellen.

Jacke von Boss Orange, T-Shirt von Wonhundred, Hose von Whyred, Schuhe Stylist’s own, Bike Wurz’ Prototyp

96

HERO

Eine sehr neurotische Struktur, oder? In gewissem Sinne ja, wobei der Einzelne meines Erachtens nicht die Schuld trägt. Es ist das Resultat des Systems, das sich aufgebaut hat. Um es krass auszudrücken: Resultat des Kapitalismus. Einige profitieren davon, aber menschlich bleibt einiges auf der Strecke. Es ist heute vielleicht nicht mehr cool, so was zu sagen, und es mag auch nicht hundertprozentig zutreffen. Aber irgendwie ist die Menschlichkeit nicht mehr so vorhanden, wie es sein könnte. Vielleicht eine zynische Ansicht, oder?

HERO

97


Woher kommt Ihr Talent, so schnell zu fahren und zu reagieren? Ist das geerbt? Ihr Vater war ja dreifacher Rallye-Europameister. Danke fürs Kompliment. „Speed runs in the family“, sagt man. Ich habe früh mitbekommen, dass mein Vater irrsinnig viel trainiert und sein Leben auf die Sache einstellt. Ich hab auch die Atmosphäre gespürt, die an einem erfolgreichen Wochenende herrscht. Das habe ich für mich ausgebaut, als ich BMX gefahren bin. Und da habe ich etwas gelernt, was immer gilt: Du musst alles geben. Du musst der Erste sein, der aus dem Gate rausspringt und beschleunigt wie der Wilde, du musst vor dem Sprung am längsten treten und nachher als Erster wieder zu treten anfangen. Immer auf den Punkt alles geben – ohne das kommst du im Geschäft wie im Sport nimmer fort. War BMX die erste Leidenschaft? Mir war damals auf die Sekunde klar: Ich muss das machen. Ich hab auch sehr schnell angefangen zu gewinnen und bin dann Weltmeister geworden. Das war alles irrsinnig witzig und völlig cool. Wenn du da mit zwölf, vierzehn Jahren in ­Riccione oder sonstwo wie in einer Gang rumhängst und in Zelten schläfst ... Du hast ja keine Probleme in dieser Zeit und musst nur zusehen, wie du mit dem Geld, das du im Hosensack hast, wieder nach Hause kommst. Nur trainieren und Highlife – war wirklich ’ne supercoole Zeit. Aber lange dauerte es nicht? Es war abrupt vorbei, als ich mit 15 mein erstes Gokart gesehen hab. Da war mir klar: Ich kann Motorsport auch schon vor dem Führerschein machen. Sind Sie völlig angstfrei? Im Rennauto eigentlich schon. Ich hab aber Respekt, und der ist wichtig. Ohne den bist du vielleicht auch nicht gründlich genug in der Vorbereitung. Du brauchst Respekt vor der Geschwindigkeit, vor der Technik, vor den anderen – von nix kommt nix. Kann Sie überhaupt etwas schrecken? Ich bin Vater zweier Buben, da ist es natürlich, dass man Angst und Bedenken hat. Ich mach mir beispielsweise Sorgen, wenn ich seh, wie sich unser soziales Leben entwickelt. Das ist alles brutalst oberflächlich. Es fehlen eigentlich der Respekt und die Akzeptanz gegenüber dem Nächsten, und das kommt meines Erachtens aus der Schnelllebigkeit. Weil du nicht einmal mehr die Zeit hast, dich mit dir selber zu beschäftigen. Wenn du nicht mit dir selbst klar bist, wie kannst du dann mit anderen klarkommen? Ich spür einfach, dass es immer weniger Leute gibt, die bodenständig sind und mit dem zufrieden, was sie haben und darstellen.

Jacke von Boss Orange, T-Shirt von Wonhundred, Hose von Whyred, Schuhe Stylist’s own, Bike Wurz’ Prototyp

96

HERO

Eine sehr neurotische Struktur, oder? In gewissem Sinne ja, wobei der Einzelne meines Erachtens nicht die Schuld trägt. Es ist das Resultat des Systems, das sich aufgebaut hat. Um es krass auszudrücken: Resultat des Kapitalismus. Einige profitieren davon, aber menschlich bleibt einiges auf der Strecke. Es ist heute vielleicht nicht mehr cool, so was zu sagen, und es mag auch nicht hundertprozentig zutreffen. Aber irgendwie ist die Menschlichkeit nicht mehr so vorhanden, wie es sein könnte. Vielleicht eine zynische Ansicht, oder?

HERO

97


Zynisch wäre demnach eher das System, das durchgezogen wird. Ich sehe mich selbst ja auch als Realist. Aber ich stelle mir eben schon die Frage, wie sich unsere Welt weiterentwickeln wird. Dann sind Sie also ein Formel-1-Pilot, dem alles zu schnell geht und der sich nach Entschleunigung sehnt? Ich mache mir gerne Gedanken und rede mit Freunden über Dinge, die enorme Zeitspannen umfassen – und mein tagtägliches Leben ist die Hundertstelsekunde. Aber das macht’s auch irgendwie aus, finde ich. Ohnehin müssen wir Menschen einsehen, dass es nicht die Zeit ist, die vergeht. Es sind wir selber, die vergehen. In der Öffentlichkeit seid ihr immer nur die Stars der absoluten Geschwindigkeit. Dabei ist es die Kunst, bei dem Speed langsam den Gedanken aufzufassen. Das haben ja schon Wissenschaftler untersucht: Wie kann ein Formel-1-Fahrer sein Auto, das auszubrechen droht, noch auf der Straße halten, wenn die Reaktionszeit dafür theoretisch gar nicht mehr ausreicht? Da greifen teilweise Reflexe und Instinkte, das heißt: Die Reaktion geht gar nicht mehr ins Hirn, sondern wird aus dem Nervensystem gesetzt. Zusätzlich kann der Formel-1-Fahrer ein dreidimensionales Denken aufbauen. Du fährst in eine Kurve hinein und kannst sofort hochrechnen, welche Prozesse in drei Metern greifen müssen – und das nennt man „Talent“. Sonst könntest du so ein Fahrzeug nicht im Sinne des Erfinders bewegen. Hier ist eine Situation, die zu Tode erschrecken kann: Monaco 1998, Schumacher und Wurz fahren eine ganze Zeit lang Felge an Felge, bedrängen sich. Später scheidet Schumacher mit defekter Lenkung aus, und Wurz schießt plötzlich ohne Hinterräder aus dem Tunnel. Wie erlebt man so einen Moment? Ich hab sofort eingeschlagen in die Mauer, so schnell kannst du nicht schauen und nicht denken. Du kommst aus dem Tunnel, und auf einmal geht’s puff! Das ist wie eine Explosion im Hirn. Ein totaler Schreck, weil du einfach herausgerissen wirst aus deiner Welt. Nach dem ersten Moment ist dann eine ewige Todesstille im Kopf – bis du realisierst, was da grad’ abläuft. Hat spektakulär ausg’schaut, aber Angst hatte ich eigentlich nicht. Ein Aufhängungsschaden, ich hab schon größere Brezn gerissen. Zum Beispiel? Ich hatte vor zwei Jahren in Le Castellet einen Reifenschaden in einer Schikane, wo die Mauer direkt am Ausgang ist, da bin ich mit 300 Kilometern reing’schlagen. Vorne hat’s das ganze Auto weggerissen, meine Füße waren im Freien. Ich hab mich so 15, 16 Mal gedreht und bin 600 Meter gerutscht. Da hab ich nur noch gehofft, dass ich nicht noch mal irgendwo anschlag, weil sonst ist’s schlecht für meine Füße. Aber fünf Sekunden nach dem Aufprall war der Streckenposten bei mir, 30 Sekunden später der Arzt. Das Auto war komplett beschädigt, ich hatte nichts.

Jacke von ADD, Tanktop von Acne Jeans, Jeans von Levi’s Eco, Schuhe von Acne Jeans

98

HERO

HERO

99


Zynisch wäre demnach eher das System, das durchgezogen wird. Ich sehe mich selbst ja auch als Realist. Aber ich stelle mir eben schon die Frage, wie sich unsere Welt weiterentwickeln wird. Dann sind Sie also ein Formel-1-Pilot, dem alles zu schnell geht und der sich nach Entschleunigung sehnt? Ich mache mir gerne Gedanken und rede mit Freunden über Dinge, die enorme Zeitspannen umfassen – und mein tagtägliches Leben ist die Hundertstelsekunde. Aber das macht’s auch irgendwie aus, finde ich. Ohnehin müssen wir Menschen einsehen, dass es nicht die Zeit ist, die vergeht. Es sind wir selber, die vergehen. In der Öffentlichkeit seid ihr immer nur die Stars der absoluten Geschwindigkeit. Dabei ist es die Kunst, bei dem Speed langsam den Gedanken aufzufassen. Das haben ja schon Wissenschaftler untersucht: Wie kann ein Formel-1-Fahrer sein Auto, das auszubrechen droht, noch auf der Straße halten, wenn die Reaktionszeit dafür theoretisch gar nicht mehr ausreicht? Da greifen teilweise Reflexe und Instinkte, das heißt: Die Reaktion geht gar nicht mehr ins Hirn, sondern wird aus dem Nervensystem gesetzt. Zusätzlich kann der Formel-1-Fahrer ein dreidimensionales Denken aufbauen. Du fährst in eine Kurve hinein und kannst sofort hochrechnen, welche Prozesse in drei Metern greifen müssen – und das nennt man „Talent“. Sonst könntest du so ein Fahrzeug nicht im Sinne des Erfinders bewegen. Hier ist eine Situation, die zu Tode erschrecken kann: Monaco 1998, Schumacher und Wurz fahren eine ganze Zeit lang Felge an Felge, bedrängen sich. Später scheidet Schumacher mit defekter Lenkung aus, und Wurz schießt plötzlich ohne Hinterräder aus dem Tunnel. Wie erlebt man so einen Moment? Ich hab sofort eingeschlagen in die Mauer, so schnell kannst du nicht schauen und nicht denken. Du kommst aus dem Tunnel, und auf einmal geht’s puff! Das ist wie eine Explosion im Hirn. Ein totaler Schreck, weil du einfach herausgerissen wirst aus deiner Welt. Nach dem ersten Moment ist dann eine ewige Todesstille im Kopf – bis du realisierst, was da grad’ abläuft. Hat spektakulär ausg’schaut, aber Angst hatte ich eigentlich nicht. Ein Aufhängungsschaden, ich hab schon größere Brezn gerissen. Zum Beispiel? Ich hatte vor zwei Jahren in Le Castellet einen Reifenschaden in einer Schikane, wo die Mauer direkt am Ausgang ist, da bin ich mit 300 Kilometern reing’schlagen. Vorne hat’s das ganze Auto weggerissen, meine Füße waren im Freien. Ich hab mich so 15, 16 Mal gedreht und bin 600 Meter gerutscht. Da hab ich nur noch gehofft, dass ich nicht noch mal irgendwo anschlag, weil sonst ist’s schlecht für meine Füße. Aber fünf Sekunden nach dem Aufprall war der Streckenposten bei mir, 30 Sekunden später der Arzt. Das Auto war komplett beschädigt, ich hatte nichts.

Jacke von ADD, Tanktop von Acne Jeans, Jeans von Levi’s Eco, Schuhe von Acne Jeans

98

HERO

HERO

99


Nicht mal ein paar Prellungen, keine Kratzer? Es ist bis jetzt angeblich der schnellste Unfall, den je ein Formel-1-Pilot unbeschadet überlebt hat. Am nächsten Tag bin ich zum Kitesurfen. Eigentlich irrwitzig, wie sicher die Autos sind. Wenn dir so was passiert, ist es irgendwo wie eine Versicherung: Hey, ich sitz in einem sicheren Auto, die Rennstrecken sind sicher. Ich kann da vorne aussteigen, fall um, schlag mit’m Kopf auf’n Stein und bin tot. So was gibt’s auch. Das Restrisiko ist immer da, und irgendwann müss’ ma alle sterben. Wer oder was hat Sie bisher beschützt? Ist da irgendwo eine Instanz, ein Gott, ein Engel? (grinst) Aha, jetzt kommen wir zur Religion. Jedenfalls zum Metaphysischen. (sinniert kurz). Nein, in dem Sinne mach ich mir keine Gedanken. Ich würde klipp und klar sagen, dass hier die Autos brutal sicher geworden sind. Und die Sicherheitsvorkehrungen an den Strecken sind fantastisch. Ich glaub lieber an das Monocoque aus Kohlefaser als an den Schutzengel. Wenn einer da ist, muss ich mich natürlich bedanken. Sie waren 1996 der jüngste Sieger bei den 24 Stunden von Le Mans. Was hat das damals für Sie bedeutet? Supercool! Ich hatte schon immer in meiner Karriere so Tage, wo ich vorher gewusst hab: Das Ding fahr ich nach Hause. So war das auch in Le Mans. Ein Mechaniker hat noch zu mir gesagt: „Geh dich beschweren bei der Rennleitung, alle Fahnen jeder Nation hängen, nur keine österreichische.“ Hab ich gesagt: „Nein, das mach ich auf ’m Siegerpodest.“ Und so war’s dann auch. Für mich war Le Mans ein Kindheitstraum, ein „Icon“. Ich hab mich nach dem letzten Fahrerwechsel hingesetzt, einen Joghurt gelöffelt und wirklich jede Sekunde der letzten Stunde des Rennens genossen. Was machen Sie an solchen Abenden? Geht die Freude nach innen, oder werden Sie dann zwei Nächte nicht mehr gefunden? Ich bin in gewissem Sinne introvertiert, kann aber auch draufhauen und Party machen. Ich hab nur keine Lust, zu schauspielern, damit die Medien was über mich machen. Das müsste man aber, weil keiner mehr die Zeit hat, den Menschen wirklich zu analysieren. Du müsstest also im Grunde deinen Freunden stecken, was du über dich hören willst: dass du der wildeste Partytiger bist und 17 Weiber auf einmal schnackselst oder so. So ein Spiel mit den Medien hab ich nie betrieben.

Jacke mit Kapuze von The North Face

100

HERO

Was heißt es, Testfahrer zu sein? Wie groß ist die Belastung? Ein Team legt heute pro Jahr etwa 30.000 Kilometer im Rennen zurück und 60.000 bis 70.000 Kilometer auf Testfahrten. Das allein zeigt schon, wie hoch das Testen angesiedelt ist. Wir fahren ja nicht mehr im Kreis, um zu sehen, ob irgendwas bricht, sondern allein, um das Ding schneller zu machen. Dabei gibt es tausend Kleinigkeiten. Es gibt allein zehn verschiedene Arten, die Felge zu konstruieren, sodass ich einen Unterschied spüre. Pi mal Daumen verbessert man ein Auto übers Jahr um ein bis zwei Sekunden. Das heißt: Wenn du das erste Rennen gewinnst, bist du mit dem gleichen Auto im sechsten Rennen nicht mal mehr in den Top Ten.

HERO

101


Nicht mal ein paar Prellungen, keine Kratzer? Es ist bis jetzt angeblich der schnellste Unfall, den je ein Formel-1-Pilot unbeschadet überlebt hat. Am nächsten Tag bin ich zum Kitesurfen. Eigentlich irrwitzig, wie sicher die Autos sind. Wenn dir so was passiert, ist es irgendwo wie eine Versicherung: Hey, ich sitz in einem sicheren Auto, die Rennstrecken sind sicher. Ich kann da vorne aussteigen, fall um, schlag mit’m Kopf auf’n Stein und bin tot. So was gibt’s auch. Das Restrisiko ist immer da, und irgendwann müss’ ma alle sterben. Wer oder was hat Sie bisher beschützt? Ist da irgendwo eine Instanz, ein Gott, ein Engel? (grinst) Aha, jetzt kommen wir zur Religion. Jedenfalls zum Metaphysischen. (sinniert kurz). Nein, in dem Sinne mach ich mir keine Gedanken. Ich würde klipp und klar sagen, dass hier die Autos brutal sicher geworden sind. Und die Sicherheitsvorkehrungen an den Strecken sind fantastisch. Ich glaub lieber an das Monocoque aus Kohlefaser als an den Schutzengel. Wenn einer da ist, muss ich mich natürlich bedanken. Sie waren 1996 der jüngste Sieger bei den 24 Stunden von Le Mans. Was hat das damals für Sie bedeutet? Supercool! Ich hatte schon immer in meiner Karriere so Tage, wo ich vorher gewusst hab: Das Ding fahr ich nach Hause. So war das auch in Le Mans. Ein Mechaniker hat noch zu mir gesagt: „Geh dich beschweren bei der Rennleitung, alle Fahnen jeder Nation hängen, nur keine österreichische.“ Hab ich gesagt: „Nein, das mach ich auf ’m Siegerpodest.“ Und so war’s dann auch. Für mich war Le Mans ein Kindheitstraum, ein „Icon“. Ich hab mich nach dem letzten Fahrerwechsel hingesetzt, einen Joghurt gelöffelt und wirklich jede Sekunde der letzten Stunde des Rennens genossen. Was machen Sie an solchen Abenden? Geht die Freude nach innen, oder werden Sie dann zwei Nächte nicht mehr gefunden? Ich bin in gewissem Sinne introvertiert, kann aber auch draufhauen und Party machen. Ich hab nur keine Lust, zu schauspielern, damit die Medien was über mich machen. Das müsste man aber, weil keiner mehr die Zeit hat, den Menschen wirklich zu analysieren. Du müsstest also im Grunde deinen Freunden stecken, was du über dich hören willst: dass du der wildeste Partytiger bist und 17 Weiber auf einmal schnackselst oder so. So ein Spiel mit den Medien hab ich nie betrieben.

Jacke mit Kapuze von The North Face

100

HERO

Was heißt es, Testfahrer zu sein? Wie groß ist die Belastung? Ein Team legt heute pro Jahr etwa 30.000 Kilometer im Rennen zurück und 60.000 bis 70.000 Kilometer auf Testfahrten. Das allein zeigt schon, wie hoch das Testen angesiedelt ist. Wir fahren ja nicht mehr im Kreis, um zu sehen, ob irgendwas bricht, sondern allein, um das Ding schneller zu machen. Dabei gibt es tausend Kleinigkeiten. Es gibt allein zehn verschiedene Arten, die Felge zu konstruieren, sodass ich einen Unterschied spüre. Pi mal Daumen verbessert man ein Auto übers Jahr um ein bis zwei Sekunden. Das heißt: Wenn du das erste Rennen gewinnst, bist du mit dem gleichen Auto im sechsten Rennen nicht mal mehr in den Top Ten.

HERO

101


Also wird pausenlos getestet? Am Test sind etwa 100 Leute, und in der Fabrik sind noch mal 20, 30 Ingenieure ständig damit beschäftigt, die Daten zu analysieren. Da bist du als Testfahrer das Zentrum der Informationen. Die Ingenieure glauben ja am liebsten den Fakten und Skalen, doch im letzten Graubereich ist nur noch das Gefühl des Fahrers ausschlaggebend. Aber das musst du dir erst mal erarbeiten: dass da die erfahrensten Ingenieure, hinter denen Budgets von 300 bis 400 Millionen Euro stehen, das Auto in deine Richtung konstruieren aufgrund deiner Gefühle und Aussagen. Das bedarf enormen Vertrauens, und auf dieses Vertrauen von Williams in mich bin ich sehr stolz! Sie gelten wegen Ihres hohen technischen Feingefühls als idealer Testfahrer. Kompliment oder Limitierung? Wo ich vielleicht besser bin als andere, das ist die Kommunikation mit dem Ingenieur. Ich habe gelernt, das, was ich spüre, gut in die Sprache der Ingenieure zu übersetzen. Diese Menschen wollen sich nicht mit Gefühlen, sondern mit Daten befassen. Es gibt ja Piloten, die fahren instinktiv, können sich dabei selbst aber nicht beobachten. Und ich frag mich immer: Was ist gerade passiert, dass das Auto jetzt so und so reagiert hat? Diesen Film speichere ich ab und gebe ihn den Ingenieuren wieder – in ihre Sprache übersetzt. Also grundsätzlich ein Kompliment. Bei McLaren waren Sie mindestens zwei Mal ganz knapp vor einer Verpflichtung als Stammfahrer. Stattdessen fuhren dann Räikkönen und Coulthard. Wie verkraftet man solche Enttäuschungen? Es ist bitter, wenn du so nah dran bist. Aber das ist dann charakterbildend. Das Leben geht weiter, völlig wurscht. Es wäre die schlechteste Idee, daran zugrunde zu gehen. Was hat Österreich von Ihnen erwartet? Den nächsten Niki Lauda? Wir sind ein kleines, diebisches Bergvolk, das immer Welt­ meister g’habt hat: Jochen Rindt, Niki Lauda. Dann sollte Gerhard Berger der nächste werden. Das ist ihm nicht gelungen, weil’s auch sauschwierig ist. Danach bin ich an die Reihe gekommen. Inzwischen aber weiß man auch in Österreich, dass man dafür zur richtigen Zeit im richtigen Auto sitzen muss. Grundsätzlich bin ich sehr stolz, Österreicher zu sein – auch wenn ich jetzt in Monaco wohne. Fachjournalisten nennen Sie gerne den „kühlen Analytiker“ im Fahrerfeld. Eine Marke, mit der Sie leben können? (stöhnt) Journalisten müssen einen immer in eine Lade stecken. Dann können sie jederzeit wieder reingreifen: Ah, das ist der Computer-Wizard, das ist der Wilde mit den langen Haaren, der immer angesoffen ist ... Wenn du dabei mitspielen willst, musst du die Leute nur entsprechend füttern. Dennoch ist diese Aussage vielleicht gar nicht so weit weg.

Jackett von Boss Orange, Trainingsjacke von Puma, Tanktop von Ute Ploier, Hose von Boss Orange, Schuhe Stylist’s own

102

HERO

HERO

103


Also wird pausenlos getestet? Am Test sind etwa 100 Leute, und in der Fabrik sind noch mal 20, 30 Ingenieure ständig damit beschäftigt, die Daten zu analysieren. Da bist du als Testfahrer das Zentrum der Informationen. Die Ingenieure glauben ja am liebsten den Fakten und Skalen, doch im letzten Graubereich ist nur noch das Gefühl des Fahrers ausschlaggebend. Aber das musst du dir erst mal erarbeiten: dass da die erfahrensten Ingenieure, hinter denen Budgets von 300 bis 400 Millionen Euro stehen, das Auto in deine Richtung konstruieren aufgrund deiner Gefühle und Aussagen. Das bedarf enormen Vertrauens, und auf dieses Vertrauen von Williams in mich bin ich sehr stolz! Sie gelten wegen Ihres hohen technischen Feingefühls als idealer Testfahrer. Kompliment oder Limitierung? Wo ich vielleicht besser bin als andere, das ist die Kommunikation mit dem Ingenieur. Ich habe gelernt, das, was ich spüre, gut in die Sprache der Ingenieure zu übersetzen. Diese Menschen wollen sich nicht mit Gefühlen, sondern mit Daten befassen. Es gibt ja Piloten, die fahren instinktiv, können sich dabei selbst aber nicht beobachten. Und ich frag mich immer: Was ist gerade passiert, dass das Auto jetzt so und so reagiert hat? Diesen Film speichere ich ab und gebe ihn den Ingenieuren wieder – in ihre Sprache übersetzt. Also grundsätzlich ein Kompliment. Bei McLaren waren Sie mindestens zwei Mal ganz knapp vor einer Verpflichtung als Stammfahrer. Stattdessen fuhren dann Räikkönen und Coulthard. Wie verkraftet man solche Enttäuschungen? Es ist bitter, wenn du so nah dran bist. Aber das ist dann charakterbildend. Das Leben geht weiter, völlig wurscht. Es wäre die schlechteste Idee, daran zugrunde zu gehen. Was hat Österreich von Ihnen erwartet? Den nächsten Niki Lauda? Wir sind ein kleines, diebisches Bergvolk, das immer Welt­ meister g’habt hat: Jochen Rindt, Niki Lauda. Dann sollte Gerhard Berger der nächste werden. Das ist ihm nicht gelungen, weil’s auch sauschwierig ist. Danach bin ich an die Reihe gekommen. Inzwischen aber weiß man auch in Österreich, dass man dafür zur richtigen Zeit im richtigen Auto sitzen muss. Grundsätzlich bin ich sehr stolz, Österreicher zu sein – auch wenn ich jetzt in Monaco wohne. Fachjournalisten nennen Sie gerne den „kühlen Analytiker“ im Fahrerfeld. Eine Marke, mit der Sie leben können? (stöhnt) Journalisten müssen einen immer in eine Lade stecken. Dann können sie jederzeit wieder reingreifen: Ah, das ist der Computer-Wizard, das ist der Wilde mit den langen Haaren, der immer angesoffen ist ... Wenn du dabei mitspielen willst, musst du die Leute nur entsprechend füttern. Dennoch ist diese Aussage vielleicht gar nicht so weit weg.

Jackett von Boss Orange, Trainingsjacke von Puma, Tanktop von Ute Ploier, Hose von Boss Orange, Schuhe Stylist’s own

102

HERO

HERO

103


Wäre doch ein prima Thema für ein internes Seminar mit Ihrer Frau – sie hat früher die PR für Benetton gemacht. Manchmal brauch ich gar nicht drüber zu reden, Julia weiß, was es spielt. Ich bin ja von Natur aus eher ein introvertierter Typ und zusätzlich auch noch stur wie ein Bock. Aber ich denke, Einsicht ist der beste Weg zur Besserung, und logisch reden wir über alles Mögliche. Ich philosophiere aber auch gerne mit einigen Freunden über die lieben Aufgaben, die das Leben so stellt. Bekommt ein Spitzensportler wirklich mit, wie seine Kinder aufwachsen? Kinder sind das Beste, ich liebe sie – das wichtigste Gut, das wir haben. Ich habe Zeiten, wo ich komplett weg bin von zu Hause, und dann welche, wo ich voll da bin. Und dann schalte ich auch mal das Telefon für einen halben Tag ab. So komm ich auf akzeptable Nettozeiten in der Familie. Inzwischen weiß der Felix (älterer Sohn, d. Red.) auch schon, dass ich Rennfahrer bin und welche Farbe unser Team hat. Und er fragt öfter, ob ich auch schnell genug gefahren bin. Was kriegen Sie von der Welt mit, durch die Sie jetten? Können Sie sich erlauben, in Singapur oder São Paulo einfach mal ein paar Stunden durch die Stadt zu gehen? In Übersee geht das besser, weil wir da wegen der Zeitumstellung früher anreisen. Innerhalb Europas aber bleibt meistens einfach keine Zeit. Da steht einen Tag nach dem Rennen wieder der nächste Test an und so weiter. Müssen Sportler sich heute absolut fokussieren, um erfolgreich zu sein? Währenddessen muss man natürlich zu 100 Prozent dabei sein. Aber außerhalb des Sports seh ich das anders. Wenn du immer nur am selben Ding sitzt, läufst du Gefahr, dass du dich festfährst. Wenn du dich da nicht mal auf andere Dinge einlässt, wirst du deinen Rechner da oben nie größer und schneller machen können. Wobei es gilt, immer sicherzustellen, im Kopf frisch zu sein, wenn du am Wochenende zum Rennen kommst. Und ich erziel das, indem ich mich vorher gerade mit anderen Sachen beschäftige und mein Hirnschmalz fordere. Gibt es einen Ort, an den Sie gerne zurückkehren würden, um da noch viel mehr Zeit zu verbringen? Ja, zu Hause. Mit Frau und Kindern.

Zur Person: Alexander Wurz Alexander Wurz, am 15.2.1974 in Waidhofen an der Thaya geboren, wurde schon mit zwölf Jahren BMX-Weltmeister, bevor er sich dem Motorsport

verschrieb. Nach Erfolgen in der Formel Ford und der Formel 3 sowie einem Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans (1996, mit Manuel Reuter und

David Jones) debütierte er 1997 mit drei Renneinsätzen im Benetton-Team. Nach seinem achten Platz 1998 fiel er in seinen Leistungen zurück und wech-

selte Ende 2000 als Test- und Ersatzfahrer zu McLaren-Mercedes. Im letzten Jahr testete er dann für das McLaren-Team, wo er für diese Saison gemeinsam

mit Nico Rosberg einen Startplatz in der F1 erhielt. Wurz lebt mit seiner Frau Julia und den gemeinsamen Söhnen Felix (4) und Charlie (1) in Monaco. Er

ist aktiver Kitesurfer sowie Downhill-Fahrer, der eigene Rahmen und Räder konstruiert, und baut derzeit den weltweiten Vertrieb eines patentierten

Systems zur Verkehrserziehung auf.

104

HERO

HERO

105


Wäre doch ein prima Thema für ein internes Seminar mit Ihrer Frau – sie hat früher die PR für Benetton gemacht. Manchmal brauch ich gar nicht drüber zu reden, Julia weiß, was es spielt. Ich bin ja von Natur aus eher ein introvertierter Typ und zusätzlich auch noch stur wie ein Bock. Aber ich denke, Einsicht ist der beste Weg zur Besserung, und logisch reden wir über alles Mögliche. Ich philosophiere aber auch gerne mit einigen Freunden über die lieben Aufgaben, die das Leben so stellt. Bekommt ein Spitzensportler wirklich mit, wie seine Kinder aufwachsen? Kinder sind das Beste, ich liebe sie – das wichtigste Gut, das wir haben. Ich habe Zeiten, wo ich komplett weg bin von zu Hause, und dann welche, wo ich voll da bin. Und dann schalte ich auch mal das Telefon für einen halben Tag ab. So komm ich auf akzeptable Nettozeiten in der Familie. Inzwischen weiß der Felix (älterer Sohn, d. Red.) auch schon, dass ich Rennfahrer bin und welche Farbe unser Team hat. Und er fragt öfter, ob ich auch schnell genug gefahren bin. Was kriegen Sie von der Welt mit, durch die Sie jetten? Können Sie sich erlauben, in Singapur oder São Paulo einfach mal ein paar Stunden durch die Stadt zu gehen? In Übersee geht das besser, weil wir da wegen der Zeitumstellung früher anreisen. Innerhalb Europas aber bleibt meistens einfach keine Zeit. Da steht einen Tag nach dem Rennen wieder der nächste Test an und so weiter. Müssen Sportler sich heute absolut fokussieren, um erfolgreich zu sein? Währenddessen muss man natürlich zu 100 Prozent dabei sein. Aber außerhalb des Sports seh ich das anders. Wenn du immer nur am selben Ding sitzt, läufst du Gefahr, dass du dich festfährst. Wenn du dich da nicht mal auf andere Dinge einlässt, wirst du deinen Rechner da oben nie größer und schneller machen können. Wobei es gilt, immer sicherzustellen, im Kopf frisch zu sein, wenn du am Wochenende zum Rennen kommst. Und ich erziel das, indem ich mich vorher gerade mit anderen Sachen beschäftige und mein Hirnschmalz fordere. Gibt es einen Ort, an den Sie gerne zurückkehren würden, um da noch viel mehr Zeit zu verbringen? Ja, zu Hause. Mit Frau und Kindern.

Zur Person: Alexander Wurz Alexander Wurz, am 15.2.1974 in Waidhofen an der Thaya geboren, wurde schon mit zwölf Jahren BMX-Weltmeister, bevor er sich dem Motorsport

verschrieb. Nach Erfolgen in der Formel Ford und der Formel 3 sowie einem Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans (1996, mit Manuel Reuter und

David Jones) debütierte er 1997 mit drei Renneinsätzen im Benetton-Team. Nach seinem achten Platz 1998 fiel er in seinen Leistungen zurück und wech-

selte Ende 2000 als Test- und Ersatzfahrer zu McLaren-Mercedes. Im letzten Jahr testete er dann für das McLaren-Team, wo er für diese Saison gemeinsam

mit Nico Rosberg einen Startplatz in der F1 erhielt. Wurz lebt mit seiner Frau Julia und den gemeinsamen Söhnen Felix (4) und Charlie (1) in Monaco. Er

ist aktiver Kitesurfer sowie Downhill-Fahrer, der eigene Rahmen und Räder konstruiert, und baut derzeit den weltweiten Vertrieb eines patentierten

Systems zur Verkehrserziehung auf.

104

HERO

HERO

105


Fotografie: Robert Grischek (www.grischek.com) Styling: Zhoi Hy Art-Direction: Mieke Haase (www.miekehaase.de) Haare & Make-up: Patricia Morizur Fotoassistenz: Fabien Prauss Redaktionsassistenz: Oliver Griep Bildbearbeitung: Til Schlenker (www.til-schlenker.de) Special Thanks: Charly Wurz, Julia Wurz, Celine Renucci (aces Management Group) und Thomas Migotsch (face and crowd)

106

HERO

HERO

107


Fotografie: Robert Grischek (www.grischek.com) Styling: Zhoi Hy Art-Direction: Mieke Haase (www.miekehaase.de) Haare & Make-up: Patricia Morizur Fotoassistenz: Fabien Prauss Redaktionsassistenz: Oliver Griep Bildbearbeitung: Til Schlenker (www.til-schlenker.de) Special Thanks: Charly Wurz, Julia Wurz, Celine Renucci (aces Management Group) und Thomas Migotsch (face and crowd)

106

HERO

HERO

107


100 ist die neue 90 Infolge der anhaltend niedrigen Geburtenrate wird die Bevölkerungszahl in Deutschland auf etwa 81 Millionen im Jahr 2030 sinken. Der Anteil der älteren Menschen über 60 Jahre wird in den nächsten Jahrzehnten deutlich ansteigen, nämlich von 21 auf 30 Prozent im Jahr 2030. Demgegenüber verringert sich der Bevölkerungsanteil der jüngeren Menschen unter 20 Jahren und der Menschen im mittleren Lebensalter konstant. Im Jahr 2030 können Männer im Alter von 60 Jahren durchschnittlich noch 22,7 und Frauen 27,1 weitere Lebensjahre erwarten. Schon heute sind die über 90-Jährigen zu 77,5 Prozent Frauen. Man könnte sagen: Das Alter ist weiblich und alleinstehend. Und die Möglichkeit, eine 100-Jährige zu sein, wird 2030 so hoch sein, wie heute 85 oder 90 zu werden.

Die Landwirte von heute sind die Ölscheichs von morgen

40 Jahre beträgt bei theoretisch gleichbleibendem Verbrauch die statistische Reichweite der weltweiten Erdöl­ vorräte. Aber die Ölnachfrage steigt, vor allem der Ener­ gieverbrauch in den Schwellenländern wächst rasant. Um den Öldurst zu stillen, muss die Ölförderung immer mehr gesteigert werden. Irgendwann aber ist der Punkt erreicht, an dem die Hälfte aller Ölvorkommen entleert ist. „Depletion Midpoint“ nennen das die Öl- und Gasexperten. Spätestens nach diesem Punkt laufen Nachfrage und Angebot deutlich auseinander und die Preise explodieren. Für eine vom Öl abhängige Weltwirtschaft bedeutet das starke Turbulenzen. Dieser Punkt ist nach heutigem Erkenntnisstand im Jahr 2017 erreicht, plus minus fünf Jahre. Spätestens dann schlägt die Stunde der Bauern, die mit nachwachsenden Rohstoffen Geld verdienen. Mit Bioethanol aus Zuckerrüben, Kartoffeln oder Mais als Treibstoffzusatz, Raps für Biodiesel, Holz, Gülle und Stroh zur Wärmeerzeugung. Eine aktuelle Studie des Wuppertal Instituts belegt, dass 2030 dreimal so viel Bioenergie erzeugt werden wird wie heute.

Mit dem Rückgang der Familien mit mehreren Kindern und dem steigenden Alter der meisten Menschen verändert sich die Struktur der Familie: Statt viele Geschwister und andere Verwandte der eigenen Generation zu haben (horizontale Verwandtschaftsbeziehungen) und mit ihnen in Kontakt zu stehen, lernen Kinder Angehörige mehrerer Generationen kennen (vertikale Verwandtschaftsbeziehungen). Insbesondere die Rolle der Großeltern wächst dabei zusehends (Kindererziehung). Wir werden uns künftig wohl wieder auf den lateinischen Ursprung des Wortes Familie besinnen: familia, der Hausstand. Zu den Mitgliedern zählten alle „Anwesenden“, inklusive des Personals.

Der Trend geht zur 2er-Familie

kann das sein in einer Welt, deren vornehmlichste Probleme sich aus der Gewinnung von Energie und den Konsequenzen aus dem Verbrauch von Energie ergeben? Ist der smart aktuell vielleicht das einzige Auto, das sich den großen demografischen und energiewirtschaftlichen Herausforderungen der westlichen Welt stellt? Um das zu überprüfen, blicken wir ins Jahr 2030 und wollen sehen, was der neue smart jetzt schon für die Zivilisation von morgen bedeutet. Und natürlich auch, ob er irgendwann mal fliegen oder mit Wasser fahren kann.

1950 lebte lediglich ein Drittel der Weltbevölkerung in städtischen Ansiedlungen, heute wohnt bereits die Hälfte aller Menschen in urbanen Ballungszentren. Der Großraum London mit seinen gut 7,5 Millionen Einwohnern zählt zwar deutlich weniger Menschen als Schweden (rund neun Millionen) oder Belgien (10,4 Millionen). Die Wirtschaftskraft Londons liegt jedoch um 15 Prozent oberhalb jener Schwedens und um ein Viertel höher als jene Belgiens. Allein in der Londoner Innenstadt wird ein höheres Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet als in ganz Portugal. Die Städte wachsen, in 30 Jahren werden knapp zwei von drei Menschen in Städten zu Hause sein. In Europa und den USA werden die Zahlen noch höher sein und bei ca. 80–90 Prozent liegen. Die wirtschaftliche Macht der Metropolen wächst, nur der zur Verfügung stehende Platz wird immer geringer. Schon heute liegt das Durchschnittstempo in der Londoner Innenstadt bei 10 mph. 1906, in Zeiten von Pferdekutschen, waren es noch 12 mph.

Im Land der Hummer und SUVs und von „Pimp My Ride“ ist auf der vergangenen Detroit Motor Show endlich der Groschen gefallen. Zum ersten Mal wurden von den europäischen und asiatischen Anbietern Dieselaggregate vorgestellt, sparsamere Motorisierungen gar, denn auch bei Dallas oder dem Denver-Clan steigt der Spritpreis und das Verständnis dafür, dass fossile Brennstoffe nicht ewig zur Verfügung stehen. smart weiß das schon lange und hat mit der Dieselversion CDi das einzige Drei-Liter-Auto im Angebot, das es aktuell zu kaufen gibt. VW Lupo und Audi A2 werden seit zwei Jahren wegen mangelnder Nachfrage nicht mehr produziert. Wie

Von Sabine Manecke (Text) und Birte Ludwig (Illustration)

„Einen schwimmenden smart, der fliegen kann, angetrieben von Wasser ... Den werde ich Ihnen heute noch nicht vorstellen.“ Mit diesen Worten eröffnete Ulrich Walker, Vorsitzender der Geschäftsführung von smart, die smart Weltpremiere in Stuttgart. Sind wir ja gespannt, was er sonst so kann, der neue smart. Und wollen ihn, bevor er im Frühjahr in den Handel kommt, auf seine Zukunftstauglichkeit überprüfen.

Städte sind die neuen Staaten

Von Anfang an hatte es der smart nicht ganz leicht: Kein Wunderkind ist er geworden, der Wagen, der ein völlig neues Mobilitätskonzept unters Volk gebracht hat. Das Land der silbern glänzenden PS-Boliden scheint sich immer noch schwerzutun mit seiner Liebe zu kleinen Autos. Jetzt im Frühjahr startet smart einen neuen Versuch, vom Markt und der Journaille geliebt und von den Menschen zahlreich gekauft zu werden. Die Modellpalette wurde aufgeräumt, allein der fortwo, der einzig echte smart, hat überlebt. Mit diesem neuen Zweisitzer soll die Marke nachhaltig profitabel werden und vor allem ab 2008 der US-Markt erobert werden.

COOPÉRATION 109


100 ist die neue 90 Infolge der anhaltend niedrigen Geburtenrate wird die Bevölkerungszahl in Deutschland auf etwa 81 Millionen im Jahr 2030 sinken. Der Anteil der älteren Menschen über 60 Jahre wird in den nächsten Jahrzehnten deutlich ansteigen, nämlich von 21 auf 30 Prozent im Jahr 2030. Demgegenüber verringert sich der Bevölkerungsanteil der jüngeren Menschen unter 20 Jahren und der Menschen im mittleren Lebensalter konstant. Im Jahr 2030 können Männer im Alter von 60 Jahren durchschnittlich noch 22,7 und Frauen 27,1 weitere Lebensjahre erwarten. Schon heute sind die über 90-Jährigen zu 77,5 Prozent Frauen. Man könnte sagen: Das Alter ist weiblich und alleinstehend. Und die Möglichkeit, eine 100-Jährige zu sein, wird 2030 so hoch sein, wie heute 85 oder 90 zu werden.

Die Landwirte von heute sind die Ölscheichs von morgen

40 Jahre beträgt bei theoretisch gleichbleibendem Verbrauch die statistische Reichweite der weltweiten Erdöl­ vorräte. Aber die Ölnachfrage steigt, vor allem der Ener­ gieverbrauch in den Schwellenländern wächst rasant. Um den Öldurst zu stillen, muss die Ölförderung immer mehr gesteigert werden. Irgendwann aber ist der Punkt erreicht, an dem die Hälfte aller Ölvorkommen entleert ist. „Depletion Midpoint“ nennen das die Öl- und Gasexperten. Spätestens nach diesem Punkt laufen Nachfrage und Angebot deutlich auseinander und die Preise explodieren. Für eine vom Öl abhängige Weltwirtschaft bedeutet das starke Turbulenzen. Dieser Punkt ist nach heutigem Erkenntnisstand im Jahr 2017 erreicht, plus minus fünf Jahre. Spätestens dann schlägt die Stunde der Bauern, die mit nachwachsenden Rohstoffen Geld verdienen. Mit Bioethanol aus Zuckerrüben, Kartoffeln oder Mais als Treibstoffzusatz, Raps für Biodiesel, Holz, Gülle und Stroh zur Wärmeerzeugung. Eine aktuelle Studie des Wuppertal Instituts belegt, dass 2030 dreimal so viel Bioenergie erzeugt werden wird wie heute.

Mit dem Rückgang der Familien mit mehreren Kindern und dem steigenden Alter der meisten Menschen verändert sich die Struktur der Familie: Statt viele Geschwister und andere Verwandte der eigenen Generation zu haben (horizontale Verwandtschaftsbeziehungen) und mit ihnen in Kontakt zu stehen, lernen Kinder Angehörige mehrerer Generationen kennen (vertikale Verwandtschaftsbeziehungen). Insbesondere die Rolle der Großeltern wächst dabei zusehends (Kindererziehung). Wir werden uns künftig wohl wieder auf den lateinischen Ursprung des Wortes Familie besinnen: familia, der Hausstand. Zu den Mitgliedern zählten alle „Anwesenden“, inklusive des Personals.

Der Trend geht zur 2er-Familie

kann das sein in einer Welt, deren vornehmlichste Probleme sich aus der Gewinnung von Energie und den Konsequenzen aus dem Verbrauch von Energie ergeben? Ist der smart aktuell vielleicht das einzige Auto, das sich den großen demografischen und energiewirtschaftlichen Herausforderungen der westlichen Welt stellt? Um das zu überprüfen, blicken wir ins Jahr 2030 und wollen sehen, was der neue smart jetzt schon für die Zivilisation von morgen bedeutet. Und natürlich auch, ob er irgendwann mal fliegen oder mit Wasser fahren kann.

1950 lebte lediglich ein Drittel der Weltbevölkerung in städtischen Ansiedlungen, heute wohnt bereits die Hälfte aller Menschen in urbanen Ballungszentren. Der Großraum London mit seinen gut 7,5 Millionen Einwohnern zählt zwar deutlich weniger Menschen als Schweden (rund neun Millionen) oder Belgien (10,4 Millionen). Die Wirtschaftskraft Londons liegt jedoch um 15 Prozent oberhalb jener Schwedens und um ein Viertel höher als jene Belgiens. Allein in der Londoner Innenstadt wird ein höheres Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet als in ganz Portugal. Die Städte wachsen, in 30 Jahren werden knapp zwei von drei Menschen in Städten zu Hause sein. In Europa und den USA werden die Zahlen noch höher sein und bei ca. 80–90 Prozent liegen. Die wirtschaftliche Macht der Metropolen wächst, nur der zur Verfügung stehende Platz wird immer geringer. Schon heute liegt das Durchschnittstempo in der Londoner Innenstadt bei 10 mph. 1906, in Zeiten von Pferdekutschen, waren es noch 12 mph.

Im Land der Hummer und SUVs und von „Pimp My Ride“ ist auf der vergangenen Detroit Motor Show endlich der Groschen gefallen. Zum ersten Mal wurden von den europäischen und asiatischen Anbietern Dieselaggregate vorgestellt, sparsamere Motorisierungen gar, denn auch bei Dallas oder dem Denver-Clan steigt der Spritpreis und das Verständnis dafür, dass fossile Brennstoffe nicht ewig zur Verfügung stehen. smart weiß das schon lange und hat mit der Dieselversion CDi das einzige Drei-Liter-Auto im Angebot, das es aktuell zu kaufen gibt. VW Lupo und Audi A2 werden seit zwei Jahren wegen mangelnder Nachfrage nicht mehr produziert. Wie

Von Sabine Manecke (Text) und Birte Ludwig (Illustration)

„Einen schwimmenden smart, der fliegen kann, angetrieben von Wasser ... Den werde ich Ihnen heute noch nicht vorstellen.“ Mit diesen Worten eröffnete Ulrich Walker, Vorsitzender der Geschäftsführung von smart, die smart Weltpremiere in Stuttgart. Sind wir ja gespannt, was er sonst so kann, der neue smart. Und wollen ihn, bevor er im Frühjahr in den Handel kommt, auf seine Zukunftstauglichkeit überprüfen.

Städte sind die neuen Staaten

Von Anfang an hatte es der smart nicht ganz leicht: Kein Wunderkind ist er geworden, der Wagen, der ein völlig neues Mobilitätskonzept unters Volk gebracht hat. Das Land der silbern glänzenden PS-Boliden scheint sich immer noch schwerzutun mit seiner Liebe zu kleinen Autos. Jetzt im Frühjahr startet smart einen neuen Versuch, vom Markt und der Journaille geliebt und von den Menschen zahlreich gekauft zu werden. Die Modellpalette wurde aufgeräumt, allein der fortwo, der einzig echte smart, hat überlebt. Mit diesem neuen Zweisitzer soll die Marke nachhaltig profitabel werden und vor allem ab 2008 der US-Markt erobert werden.

COOPÉRATION 109


110 COOPÉRATION Mit Wasser fahren? Das erste serienreife Brennstoffzellen-Auto, das mit Wasserstoff angetrieben wird, kann frühestens in 20 Jahren vorfahren. Zur Gewin­ n­ung von Wasserstoff ist allerdings zunächst ein en­or­m­er Energieaufwand nötig. Von einer wirklichen Energiewende könnte man also nur sprechen, wenn der elektrische Strom, der zur Wasserstoff-Gewinnung nötig ist, aus regenerativen Quellen stammt, zum Beispiel aus Biogasanlagen. Je kleiner das Auto, desto weniger Kraft ist vonnöten, es anzutreiben. 2030 erwarten wir den Wasserstoff smart.

smart Utopia

Der neue smart fortwo zählt zu den sparsamsten Automobilen. Alle Benziner brauchen weniger als fünf Liter auf 100 Kilometer. Die Dieselvariante mit Commonrail-Direkteinspritzung bleibt konkurrenzlos unter 3,5 Litern. Alle Motoren haben aber an Leistungsfähigkeit gewonnen, das heißt höhere Agilität und Endgeschwindigkeit.

New smart Reality

WENN MAN SCHON IM STOP-AND-GO-VERKEHR UNTERWEGS IST, DANN BITTE SO BEQUEM WIE MÖGLICH. ZUM BEISPIEL OHNE LÄSTIGES KUPPELN. STATT KUPPLUNGSPEDAL HAT DER SMART DESHALB EINEN SCHALTHEBEL AUF DER MITTELKONSOLE. HEBEL KURZ NACH VORN: HOCHSCHALTEN. HEBEL KURZ NACH HINTEN: RUNTERSCHALTEN. GANZ EASY.

SMART FORTWO, OTTO, 3 ZYLINDER IN REIHE 45 KW-61 PS / 89 NM / VMAX: 145 KM/H 52 KW-71 PS / 92 NM / VMAX: 145 KM/H 62 KW-84 PS / 121 NM / VMAX: 145 HM/H SMART FORTWO CDI, DIESEL, 3 ZYLINDER IN REIHE 33 KW-45 PS / 135 KM/H

2030 ist Querparken die Regel. Damit verbessert sich das Parkplatzangebot für Anwohner deutlich. Die Pkws von Innenstadtbesuchern werden durch Shuttle-Services und öffentlichen Nahverkehr in die Peripherie verbannt. Offene Garagenkonzepte ermöglichen ein Stapeln der Fahrzeuge vor den Wohnhäusern. Neubauten werden mit integrierten Kleinstgaragen ausgerüstet, die sich in das Wohnhaus durch ein Liftsystem integrieren lassen.

smart Utopia

Der neue smart ist mit 2,69 m fast 20 cm länger als sein Vorgänger. „Querparken wird aber weiterhin möglich sein“ so smart Chef Walker. Trotz massiver Parkplatzprobleme gibt es auch nach nahezu zehn Jahren smart immer noch keine Regelung in der StVO, die das Querparken erlaubt. Aber die Toleranz wächst, die ersten „Pro smart Parken“-Urteile wurden bereits gefällt.

New smart Reality


110 COOPÉRATION Mit Wasser fahren? Das erste serienreife Brennstoffzellen-Auto, das mit Wasserstoff angetrieben wird, kann frühestens in 20 Jahren vorfahren. Zur Gewin­ n­ung von Wasserstoff ist allerdings zunächst ein en­or­m­er Energieaufwand nötig. Von einer wirklichen Energiewende könnte man also nur sprechen, wenn der elektrische Strom, der zur Wasserstoff-Gewinnung nötig ist, aus regenerativen Quellen stammt, zum Beispiel aus Biogasanlagen. Je kleiner das Auto, desto weniger Kraft ist vonnöten, es anzutreiben. 2030 erwarten wir den Wasserstoff smart.

smart Utopia

Der neue smart fortwo zählt zu den sparsamsten Automobilen. Alle Benziner brauchen weniger als fünf Liter auf 100 Kilometer. Die Dieselvariante mit Commonrail-Direkteinspritzung bleibt konkurrenzlos unter 3,5 Litern. Alle Motoren haben aber an Leistungsfähigkeit gewonnen, das heißt höhere Agilität und Endgeschwindigkeit.

New smart Reality

WENN MAN SCHON IM STOP-AND-GO-VERKEHR UNTERWEGS IST, DANN BITTE SO BEQUEM WIE MÖGLICH. ZUM BEISPIEL OHNE LÄSTIGES KUPPELN. STATT KUPPLUNGSPEDAL HAT DER SMART DESHALB EINEN SCHALTHEBEL AUF DER MITTELKONSOLE. HEBEL KURZ NACH VORN: HOCHSCHALTEN. HEBEL KURZ NACH HINTEN: RUNTERSCHALTEN. GANZ EASY.

SMART FORTWO, OTTO, 3 ZYLINDER IN REIHE 45 KW-61 PS / 89 NM / VMAX: 145 KM/H 52 KW-71 PS / 92 NM / VMAX: 145 KM/H 62 KW-84 PS / 121 NM / VMAX: 145 HM/H SMART FORTWO CDI, DIESEL, 3 ZYLINDER IN REIHE 33 KW-45 PS / 135 KM/H

2030 ist Querparken die Regel. Damit verbessert sich das Parkplatzangebot für Anwohner deutlich. Die Pkws von Innenstadtbesuchern werden durch Shuttle-Services und öffentlichen Nahverkehr in die Peripherie verbannt. Offene Garagenkonzepte ermöglichen ein Stapeln der Fahrzeuge vor den Wohnhäusern. Neubauten werden mit integrierten Kleinstgaragen ausgerüstet, die sich in das Wohnhaus durch ein Liftsystem integrieren lassen.

smart Utopia

Der neue smart ist mit 2,69 m fast 20 cm länger als sein Vorgänger. „Querparken wird aber weiterhin möglich sein“ so smart Chef Walker. Trotz massiver Parkplatzprobleme gibt es auch nach nahezu zehn Jahren smart immer noch keine Regelung in der StVO, die das Querparken erlaubt. Aber die Toleranz wächst, die ersten „Pro smart Parken“-Urteile wurden bereits gefällt.

New smart Reality


SICHERHEITSPAKET: ESP, ABS, TRIDION SICHERHEITSZELLE, EURONCAP VIER STERNE, VERWENDUNG HOCHFESTER BLECHE FÜR MEHR SEITENSCHUTZ, AIRBAGS.

Dank der Klimaerwärmung müssen unsere 60-plus-Mitbürger nicht mehr in wärmere Gefilde auswandern, sondern beziehen ihr eigenes Kalifornien in Kalifornien an der Ostsee. Das smart Cabrio pulse wird der Weggefährte Nummer eins. Die Oben-offen-Variante des fortwo hebt drastisch die Lebensfreude und erleichtert die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen.

smart Utopia

Bequemer Ein- und Ausstieg durch breite Türen und hohe Fahrgastzelle. Verbesserter Fußgängerschutz durch steilere und höhere Front als beim Vorgänger. Leichte Handhabung durch hohe Übersichtlichkeit und neues automatisiertes Fünf-Gang-Getriebe. All das sind smart Features, über die junge Leute glücklich und die für ältere Herrschaften unentbehrlich sind.

smart Reality

smart Fazit

80 Prozent der Deutschen geben laut Forsa-Umfrage an, zugunsten des Klimas beim nächsten Autokauf ein sparsameres Modell zu wählen. Kaum zu glauben, denn die Vernunftautos mit 68 PS und weniger machen gerade noch neun Prozent auf deutschen Straßen aus. Wer wirklich etwas für die Umwelt, das Klima und die urbanen Herausforderungen tun will, fährt ein kleines Auto. Keinen Hollywood-Hybrid-Lexus, dessen riesige PS-Leistung zwar überaus effektiv angetrieben wird, aber immer noch nicht an die Sparsamkeit eines Kleinwagens wie des smart heranreicht. Noch ist der smart das einzige Serienauto mit einer Utopie. Hoffen wir, dass der neue smart fortwo schnell viel Konkurrenz bekommt, die ihn das Fliegen lehrt.

COOPÉRATION 113

Selbst wenn die Eltern zusammenleben, so wird sich durch die gesellschaftliche Forderung nach maximaler Mobilität selten eine gemeinsame Fortbewegung von beiden Eltern mit dem Einzelkind ergeben. Vater und Kind oder Mutter und Kind sind zusammen unterwegs. Kleine Fahrzeuge statt einer „Familienkutsche“ werden immer sinnvoller. Der smart wächst mit, innovative Sitzkonzepte mit variablen Kindersitzen gehören zur Standardausstattung. Und wenn ein Auto wissen wird, wie man aktiv Unfälle vermeidet, wird es der smart sein.

smart Utopia

Das serienmäßige Sicherheitskonzept des smart ist im Segment Kleinwagen wirklich was Besonderes. Die Tridion Sicherheitszelle und eine Knautschzone, die sogar die Reifen einschließt, machen den smart so sicher wie einen Großen. Dazu wurden die Sicherheits-Integralsitze gegenüber dem bisherigen Modell noch einmal verbessert. So tut der smart alles dafür, dass den kleinen Familien unserer Zeit unterwegs möglichst nichts passiert.

smart Reality


SICHERHEITSPAKET: ESP, ABS, TRIDION SICHERHEITSZELLE, EURONCAP VIER STERNE, VERWENDUNG HOCHFESTER BLECHE FÜR MEHR SEITENSCHUTZ, AIRBAGS.

Dank der Klimaerwärmung müssen unsere 60-plus-Mitbürger nicht mehr in wärmere Gefilde auswandern, sondern beziehen ihr eigenes Kalifornien in Kalifornien an der Ostsee. Das smart Cabrio pulse wird der Weggefährte Nummer eins. Die Oben-offen-Variante des fortwo hebt drastisch die Lebensfreude und erleichtert die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen.

smart Utopia

Bequemer Ein- und Ausstieg durch breite Türen und hohe Fahrgastzelle. Verbesserter Fußgängerschutz durch steilere und höhere Front als beim Vorgänger. Leichte Handhabung durch hohe Übersichtlichkeit und neues automatisiertes Fünf-Gang-Getriebe. All das sind smart Features, über die junge Leute glücklich und die für ältere Herrschaften unentbehrlich sind.

smart Reality

smart Fazit

80 Prozent der Deutschen geben laut Forsa-Umfrage an, zugunsten des Klimas beim nächsten Autokauf ein sparsameres Modell zu wählen. Kaum zu glauben, denn die Vernunftautos mit 68 PS und weniger machen gerade noch neun Prozent auf deutschen Straßen aus. Wer wirklich etwas für die Umwelt, das Klima und die urbanen Herausforderungen tun will, fährt ein kleines Auto. Keinen Hollywood-Hybrid-Lexus, dessen riesige PS-Leistung zwar überaus effektiv angetrieben wird, aber immer noch nicht an die Sparsamkeit eines Kleinwagens wie des smart heranreicht. Noch ist der smart das einzige Serienauto mit einer Utopie. Hoffen wir, dass der neue smart fortwo schnell viel Konkurrenz bekommt, die ihn das Fliegen lehrt.

COOPÉRATION 113

Selbst wenn die Eltern zusammenleben, so wird sich durch die gesellschaftliche Forderung nach maximaler Mobilität selten eine gemeinsame Fortbewegung von beiden Eltern mit dem Einzelkind ergeben. Vater und Kind oder Mutter und Kind sind zusammen unterwegs. Kleine Fahrzeuge statt einer „Familienkutsche“ werden immer sinnvoller. Der smart wächst mit, innovative Sitzkonzepte mit variablen Kindersitzen gehören zur Standardausstattung. Und wenn ein Auto wissen wird, wie man aktiv Unfälle vermeidet, wird es der smart sein.

smart Utopia

Das serienmäßige Sicherheitskonzept des smart ist im Segment Kleinwagen wirklich was Besonderes. Die Tridion Sicherheitszelle und eine Knautschzone, die sogar die Reifen einschließt, machen den smart so sicher wie einen Großen. Dazu wurden die Sicherheits-Integralsitze gegenüber dem bisherigen Modell noch einmal verbessert. So tut der smart alles dafür, dass den kleinen Familien unserer Zeit unterwegs möglichst nichts passiert.

smart Reality


Zürich fängt sehr früh an. Gegen fünf sieht man am Hauptbahnhof Paare und Passanten im Schwebezustand – und in der ersten S-Bahn early birds wie verlorene Vögel. ­ Ein Protokoll aus den Tunneln des Bewusstseins.

Doch was ist das da? Ein Kampfanzug, ein Soldat, zum Glück unbewaffnet. Reto ist sehr jung und sehr zufrieden; „ich hatte eine herrliche Nacht“, grinst er. Aber gleich muss er sich in die Kaserne schleichen, weil er gestern abgehauen ist. Ein Deserteur also? „Was ist das, ein Deserteur?“ Ach Gott, die völlige Unschuld.

Von Judith Stoletzky (Text) und Uwe Jens Bermeitinger (Illustration)

Es ist Freitag, 4.58 Uhr, drei Grad und stockfinstere Nacht. Das Licht in der imposanten Halle des Zürcher Hauptbahnhofs ist grünlichgrau. Sie ist leer bis auf einen Engel und ein paar Menschen, die aus der Zukunft kommen – oder vielleicht auch nur aus einem anderen Club. Jedenfalls sind sie müde, vielleicht hat das Koki nicht mehr gereicht. Nun liegen sie schlafend zu zweit auf den Granitbänken, die eigentlich zu schmal dafür sind. Doch sie haben eine eigene Technik entwickelt, die man sich merken sollte: Seitliche Stellung einnehmen, jeder hat den Kopf in Richtung der Füße des anderen. Zwei liegende „S“. Apropos: Die erste S-Bahn fährt in vier Minuten.

Da drüben sitzen jetzt noch zwei Männer. Beide um die 50, langes Haar, Lederjacken, sie trinken Bier. Im Mittelalter war Bier wegen des Nährwerts ein klassisches Frühstücksgetränk. Im Jahr 2007 dagegen machen sich Menschen, die vor Einbruch der Dunkelheit Alkohol trinken oder gar vor Tagesanbruch, eines unordentlichen Lebenswandels verdächtig. Doch Einstein sagte mal relativ klug, dass der gesunde Menschenverstand nichts anderes sei als die Summe der Vorurteile, die man sich bis 18 angeeignet hat. Weg damit also – und schon erweisen sich die beiden als wackere Männer vom Großmarkt. Obst und Gemüse verladen, von abends um acht bis morgens um vier. Also ist das jetzt ein wohlverdientes Feierabendbierchen. So freundlich, die beiden, und „richtig froh“, in diesem Rhythmus zu arbeiten. Neun Jahre geht das nun schon, und hoffentlich noch weiter. Ins andere Leben zurück? „Niemals!“, sagen sie – auch wenn sich die anderen wunderten. „Wir können im Sommer nach der Arbeit im See schwimmen gehen. Unser Leben hat was Exklusives.“

Vielleicht wird der Engel sie rechtzeitig wecken. Er schwebt in 24 Meter Höhe auf der Stelle, man fragt sich, wie macht er das nur. Na ja, ist eben ein Engel. Aber riesengroß und vermutlich tonnenschwer, dazu unübersehbar weiblich und sehr bunt. Die Künstlerin Niki de Saint Phalle hat ihn gemacht. Man traut der Befähigung zum Schutzengel nicht recht, weil er aussieht, als könnte er auf die Schlafenden plumpsen. Ist das die Müdig­keit, oder scheint er seine Position unmerk­lich zu wechseln? Sicher wird er gesteuert von einem dieser unsichtbaren Wesen, deren Arbeit beginnt, wenn der Großteil der Zürcher sich gerade in die REM-Phase begibt anstatt ins Büro und dort in absurden Träumen unter Wasser atmet, durch Kalkberge wandert oder zehn Frauen gleichzeitig liebt. Wo stecken sie nur, diese seltsamen Wesen? Auf dem S-Bahnsteig 21 unter der Eingangshalle stehen nun drei Figuren. Sie sehen so unauffällig aus, als wären sie welche von uns. Aber warum sind es bloß drei? In Zürich hätte man selbst zu dieser Stunde größeren Andrang erwartet. In dieser calvinistischen Stadt werden Sitzungen widerstandslos für 7.30 Uhr anberaumt, und Großbanken bitten ihre begüterte Privatkundschaft um 7.00 Uhr zum „Powerfrühstück“ ins Baur au Lac – und die kommt und ist ausgeschlafen. In Unkenntnis der Absichten Gottes verhält man sich in Zürich nämlich so, dass der liebe Gott einem nichts vorwerfen kann. Man steht sehr früh auf, vergeudet keine Zeit, verteufelt den Luxus, macht sich nützlich und hat Erfolg. Aber die drei, die hier auf die S-Bahn warten, werden dennoch kaum jemals von einem Bankdirektor eingeladen. Der Erste ist Konditor, wie man erfährt, der Zweite Pflegeassistent in der Ausbildung, und der Dritte schweigt. Ein bisschen privilegiert ist er dennoch, glaubt der freundliche Konditor auf dem Weg in die Großbäckerei von sich. Sein Tag beginne um vier, „da fühlt man sich doch mehr als Herr über sein Leben, als wenn man erst um neun beginnt. Außerdem spiel ich gern mit meiner kleinen Tochter, wenn ich zurück bin.“

114

REPORTAGE

Inzwischen rückt die Welt von Minute zu Minute enger zusammen. Setzt sich neben einen, davor, dahinter. Scheußliche Parfums, schäbige Kopfhörer, schlechte Laune. Etwas Aggressives liegt in der Luft, und Empörung. Empörung über das Schicksal, Empörung über die Uhrzeit und jeden, der in der Bahn und auch am Leben ist. Darüber schwindet einem glatt der Mut, zu fragen, wer wann aufgestanden ist und wie gern. Höchste Zeit, auszusteigen. Auch der grau melierte Grandseigneur ein paar Wagen weiter wirkt zufrieden. Und gleichzeitig wie von einem anderen Stern: Selbst im ungnädigen OP-Licht dieser Waggons verströmt er noch Eleganz. Dieser Teint, dieser gepflegte Moustache! Dazu Seidenfoulard, Socken in der Farbe des Einstecktuchs. Unvergleichlich der Stil, in dem er das linke Bein über das rechte schlägt! Und wie das Tuch seiner Anzughose fällt! Ist das Brio­ ni? Er sieht aus, als habe er es nicht nötig, einem Geld­erwerb nachzugehen, geschweige denn, irgendwo pünktlich zu sein. Der trifft eher zwei Stunden zu früh im Baur au Lac ein, um mit einer Kurtisane in Suite No. 9 die Vorteile des morgendlichen hohen Hormonspiegels zu genießen. Bleibt die Frage, warum er in der zweiten Klasse sitzt: eine Verneigung vor Calvin? Alles ganz falsch, wie sich herausstellt: Hier reist ein leitender Versicherungsangestellter, „seit 25 Jahren!“ Und wie er es in

dieser Zeit zu schätzen gelernt hat, zwei, drei Stunden vor seinen Untertanen im Büro einzutreffen, „da kann man ungestört und konzentriert arbeiten“. Allein die Vorstellung, zwischen all diesen Pendlern und den lärmenden Schülerhorden zu sein – degoutant, diese Enge, diese Luft. Selbstverständlich sitze er immer in diesem Wagen, und immer an diesem Platz. Am Wochenende stehe er um sechs auf: Golf, Tennis, Wandern, Freunde. „Fünf Stunden Schlaf reichen!“ Dann gehört seine Aufmerksamkeit wieder der Tageszeitung. Ist das still hier im Waggon! So still wie im ganzen Zug. Nicht dass einem wirklich etwas fehlte, aber das, was sonst immer da ist in Zügen, bleibt aus. Man hört nur, dass niemand etwas hört. Keiner hat Stöpsel in den Ohren, kein Geschepper aus zahllosen iPods. Um diese Zeit lauschen die Menschen nur ihren Gedanken.

Es ist 6.23 Uhr. Durch die enorme Halle des Hauptbahnhofs schieben sich nun Massen von Menschen. Die Schlafenden von den Granitbänken sind fort. Der Engel aber ist noch da. Er schwebt an derselben Stelle, nur hat er jetzt einen anderen Ausdruck in den Augen – scheinbar bereit, sich jeden Augenblick in die Menschenmenge fallen zu lassen. Da gibt es nur einen Ausweg: zurück in die erste S-Bahn, in dieser Raumkapsel durch das Nichts reisen und in schwarze Scheiben schauen, in denen man nichts sieht als die Spiegelung friedvoller, freundlicher Wesen – und sich selbst.

REPORTAGE

115


Zürich fängt sehr früh an. Gegen fünf sieht man am Hauptbahnhof Paare und Passanten im Schwebezustand – und in der ersten S-Bahn early birds wie verlorene Vögel. ­ Ein Protokoll aus den Tunneln des Bewusstseins.

Doch was ist das da? Ein Kampfanzug, ein Soldat, zum Glück unbewaffnet. Reto ist sehr jung und sehr zufrieden; „ich hatte eine herrliche Nacht“, grinst er. Aber gleich muss er sich in die Kaserne schleichen, weil er gestern abgehauen ist. Ein Deserteur also? „Was ist das, ein Deserteur?“ Ach Gott, die völlige Unschuld.

Von Judith Stoletzky (Text) und Uwe Jens Bermeitinger (Illustration)

Es ist Freitag, 4.58 Uhr, drei Grad und stockfinstere Nacht. Das Licht in der imposanten Halle des Zürcher Hauptbahnhofs ist grünlichgrau. Sie ist leer bis auf einen Engel und ein paar Menschen, die aus der Zukunft kommen – oder vielleicht auch nur aus einem anderen Club. Jedenfalls sind sie müde, vielleicht hat das Koki nicht mehr gereicht. Nun liegen sie schlafend zu zweit auf den Granitbänken, die eigentlich zu schmal dafür sind. Doch sie haben eine eigene Technik entwickelt, die man sich merken sollte: Seitliche Stellung einnehmen, jeder hat den Kopf in Richtung der Füße des anderen. Zwei liegende „S“. Apropos: Die erste S-Bahn fährt in vier Minuten.

Da drüben sitzen jetzt noch zwei Männer. Beide um die 50, langes Haar, Lederjacken, sie trinken Bier. Im Mittelalter war Bier wegen des Nährwerts ein klassisches Frühstücksgetränk. Im Jahr 2007 dagegen machen sich Menschen, die vor Einbruch der Dunkelheit Alkohol trinken oder gar vor Tagesanbruch, eines unordentlichen Lebenswandels verdächtig. Doch Einstein sagte mal relativ klug, dass der gesunde Menschenverstand nichts anderes sei als die Summe der Vorurteile, die man sich bis 18 angeeignet hat. Weg damit also – und schon erweisen sich die beiden als wackere Männer vom Großmarkt. Obst und Gemüse verladen, von abends um acht bis morgens um vier. Also ist das jetzt ein wohlverdientes Feierabendbierchen. So freundlich, die beiden, und „richtig froh“, in diesem Rhythmus zu arbeiten. Neun Jahre geht das nun schon, und hoffentlich noch weiter. Ins andere Leben zurück? „Niemals!“, sagen sie – auch wenn sich die anderen wunderten. „Wir können im Sommer nach der Arbeit im See schwimmen gehen. Unser Leben hat was Exklusives.“

Vielleicht wird der Engel sie rechtzeitig wecken. Er schwebt in 24 Meter Höhe auf der Stelle, man fragt sich, wie macht er das nur. Na ja, ist eben ein Engel. Aber riesengroß und vermutlich tonnenschwer, dazu unübersehbar weiblich und sehr bunt. Die Künstlerin Niki de Saint Phalle hat ihn gemacht. Man traut der Befähigung zum Schutzengel nicht recht, weil er aussieht, als könnte er auf die Schlafenden plumpsen. Ist das die Müdig­keit, oder scheint er seine Position unmerk­lich zu wechseln? Sicher wird er gesteuert von einem dieser unsichtbaren Wesen, deren Arbeit beginnt, wenn der Großteil der Zürcher sich gerade in die REM-Phase begibt anstatt ins Büro und dort in absurden Träumen unter Wasser atmet, durch Kalkberge wandert oder zehn Frauen gleichzeitig liebt. Wo stecken sie nur, diese seltsamen Wesen? Auf dem S-Bahnsteig 21 unter der Eingangshalle stehen nun drei Figuren. Sie sehen so unauffällig aus, als wären sie welche von uns. Aber warum sind es bloß drei? In Zürich hätte man selbst zu dieser Stunde größeren Andrang erwartet. In dieser calvinistischen Stadt werden Sitzungen widerstandslos für 7.30 Uhr anberaumt, und Großbanken bitten ihre begüterte Privatkundschaft um 7.00 Uhr zum „Powerfrühstück“ ins Baur au Lac – und die kommt und ist ausgeschlafen. In Unkenntnis der Absichten Gottes verhält man sich in Zürich nämlich so, dass der liebe Gott einem nichts vorwerfen kann. Man steht sehr früh auf, vergeudet keine Zeit, verteufelt den Luxus, macht sich nützlich und hat Erfolg. Aber die drei, die hier auf die S-Bahn warten, werden dennoch kaum jemals von einem Bankdirektor eingeladen. Der Erste ist Konditor, wie man erfährt, der Zweite Pflegeassistent in der Ausbildung, und der Dritte schweigt. Ein bisschen privilegiert ist er dennoch, glaubt der freundliche Konditor auf dem Weg in die Großbäckerei von sich. Sein Tag beginne um vier, „da fühlt man sich doch mehr als Herr über sein Leben, als wenn man erst um neun beginnt. Außerdem spiel ich gern mit meiner kleinen Tochter, wenn ich zurück bin.“

114

REPORTAGE

Inzwischen rückt die Welt von Minute zu Minute enger zusammen. Setzt sich neben einen, davor, dahinter. Scheußliche Parfums, schäbige Kopfhörer, schlechte Laune. Etwas Aggressives liegt in der Luft, und Empörung. Empörung über das Schicksal, Empörung über die Uhrzeit und jeden, der in der Bahn und auch am Leben ist. Darüber schwindet einem glatt der Mut, zu fragen, wer wann aufgestanden ist und wie gern. Höchste Zeit, auszusteigen. Auch der grau melierte Grandseigneur ein paar Wagen weiter wirkt zufrieden. Und gleichzeitig wie von einem anderen Stern: Selbst im ungnädigen OP-Licht dieser Waggons verströmt er noch Eleganz. Dieser Teint, dieser gepflegte Moustache! Dazu Seidenfoulard, Socken in der Farbe des Einstecktuchs. Unvergleichlich der Stil, in dem er das linke Bein über das rechte schlägt! Und wie das Tuch seiner Anzughose fällt! Ist das Brio­ ni? Er sieht aus, als habe er es nicht nötig, einem Geld­erwerb nachzugehen, geschweige denn, irgendwo pünktlich zu sein. Der trifft eher zwei Stunden zu früh im Baur au Lac ein, um mit einer Kurtisane in Suite No. 9 die Vorteile des morgendlichen hohen Hormonspiegels zu genießen. Bleibt die Frage, warum er in der zweiten Klasse sitzt: eine Verneigung vor Calvin? Alles ganz falsch, wie sich herausstellt: Hier reist ein leitender Versicherungsangestellter, „seit 25 Jahren!“ Und wie er es in

dieser Zeit zu schätzen gelernt hat, zwei, drei Stunden vor seinen Untertanen im Büro einzutreffen, „da kann man ungestört und konzentriert arbeiten“. Allein die Vorstellung, zwischen all diesen Pendlern und den lärmenden Schülerhorden zu sein – degoutant, diese Enge, diese Luft. Selbstverständlich sitze er immer in diesem Wagen, und immer an diesem Platz. Am Wochenende stehe er um sechs auf: Golf, Tennis, Wandern, Freunde. „Fünf Stunden Schlaf reichen!“ Dann gehört seine Aufmerksamkeit wieder der Tageszeitung. Ist das still hier im Waggon! So still wie im ganzen Zug. Nicht dass einem wirklich etwas fehlte, aber das, was sonst immer da ist in Zügen, bleibt aus. Man hört nur, dass niemand etwas hört. Keiner hat Stöpsel in den Ohren, kein Geschepper aus zahllosen iPods. Um diese Zeit lauschen die Menschen nur ihren Gedanken.

Es ist 6.23 Uhr. Durch die enorme Halle des Hauptbahnhofs schieben sich nun Massen von Menschen. Die Schlafenden von den Granitbänken sind fort. Der Engel aber ist noch da. Er schwebt an derselben Stelle, nur hat er jetzt einen anderen Ausdruck in den Augen – scheinbar bereit, sich jeden Augenblick in die Menschenmenge fallen zu lassen. Da gibt es nur einen Ausweg: zurück in die erste S-Bahn, in dieser Raumkapsel durch das Nichts reisen und in schwarze Scheiben schauen, in denen man nichts sieht als die Spiegelung friedvoller, freundlicher Wesen – und sich selbst.

REPORTAGE

115


Zelle

Schlafen sollte die privateste aller Tätigkeiten sein. Am eigenen Bett haben fremde Augen nichts zu suchen. Manchmal aber wird aus dem intimen Moment des Aufwachens ein öffentlicher. FELD HOMMES Autor Kai Flemming und der Berliner Fotograf Noshe zeigen uns sechs besondere Orte, an denen das Erwachen unter Beobachtung nicht Ausnahmezustand, sondern Regelfall ist. Von Kai Flemming (Text) und Noshe (Fotos)

116

PHOTO ESSAI

Bei Wikipedia gibt es nicht einmal einen Eintrag darüber. Fragt man auf Polizeiwachen danach, geben sich die Beamten einsilbig. Die Ausnüchterungszellen im klassischen Sinne scheint es nicht mehr zu geben. Früher wurde jeder, der betrunken aufgegriffen wurde oder auffällig geworden war, auf der Wache ausgenüchtert. Zum eigenen Schutz, um sich nicht zu verletzen, und zum Schutz der Allgemeinheit, um die Mitbürger vor Schaden zu bewahren. Da in den 70er-Jahren jedoch Fälle von Inhaftierten bekannt wurden, die in der Ausnüchterungszelle an ihrem eigenen Erbrochenen erstickt waren, besann man sich eines Besseren. Schwerbetrunkene wurden nun in die klinische Obhut der Notaufnahmen entlassen. Schließlich waren ihre Handlungen eher ungesund als kriminell. Betrunkene Schläger oder aggressiv pöbelnde Trinker werden jedoch nach wie vor auf der Wache einbehalten, wo sie dann tatsächlich in einer Zelle ausnüchtern, bevor die Beamten sich mit ihnen und ihren Delikten auseinandersetzen können – oder wollen. Die Zellen sind einfacher als einfach. Eine Pritsche, ein Aluklo müssen reichen. Frühstück wird nicht ans Bett gebracht. Und der Zimmerservice ist freundlich, aber bestimmt. Es gibt schönere Orte, an denen man übernachten kann. Wer hier aufwacht, hat zumindest einen schweren Tag vor sich. Wenn nicht gar Wochen oder Monate. Das hängt ganz davon ab, wie viel kriminelle Energie man mit über 1,8 Promille noch entwickeln konnte.

PHOTO ESSAI

117


Zelle

Schlafen sollte die privateste aller Tätigkeiten sein. Am eigenen Bett haben fremde Augen nichts zu suchen. Manchmal aber wird aus dem intimen Moment des Aufwachens ein öffentlicher. FELD HOMMES Autor Kai Flemming und der Berliner Fotograf Noshe zeigen uns sechs besondere Orte, an denen das Erwachen unter Beobachtung nicht Ausnahmezustand, sondern Regelfall ist. Von Kai Flemming (Text) und Noshe (Fotos)

116

PHOTO ESSAI

Bei Wikipedia gibt es nicht einmal einen Eintrag darüber. Fragt man auf Polizeiwachen danach, geben sich die Beamten einsilbig. Die Ausnüchterungszellen im klassischen Sinne scheint es nicht mehr zu geben. Früher wurde jeder, der betrunken aufgegriffen wurde oder auffällig geworden war, auf der Wache ausgenüchtert. Zum eigenen Schutz, um sich nicht zu verletzen, und zum Schutz der Allgemeinheit, um die Mitbürger vor Schaden zu bewahren. Da in den 70er-Jahren jedoch Fälle von Inhaftierten bekannt wurden, die in der Ausnüchterungszelle an ihrem eigenen Erbrochenen erstickt waren, besann man sich eines Besseren. Schwerbetrunkene wurden nun in die klinische Obhut der Notaufnahmen entlassen. Schließlich waren ihre Handlungen eher ungesund als kriminell. Betrunkene Schläger oder aggressiv pöbelnde Trinker werden jedoch nach wie vor auf der Wache einbehalten, wo sie dann tatsächlich in einer Zelle ausnüchtern, bevor die Beamten sich mit ihnen und ihren Delikten auseinandersetzen können – oder wollen. Die Zellen sind einfacher als einfach. Eine Pritsche, ein Aluklo müssen reichen. Frühstück wird nicht ans Bett gebracht. Und der Zimmerservice ist freundlich, aber bestimmt. Es gibt schönere Orte, an denen man übernachten kann. Wer hier aufwacht, hat zumindest einen schweren Tag vor sich. Wenn nicht gar Wochen oder Monate. Das hängt ganz davon ab, wie viel kriminelle Energie man mit über 1,8 Promille noch entwickeln konnte.

PHOTO ESSAI

117


Intensivstation Wer hier aufwacht, hat es gut. Denn er hat überlebt. Und das ist keine Selbstverständlichkeit für Patienten einer Intensivstation, obwohl unter großem Einsatz teurer Maschinen und hoch bezahlter Menschen daran gearbeitet wird, dass man wieder aufwacht. Viele Patienten kommen ohne Bewusstsein auf die Intensivstation, nach schweren Unfällen etwa oder Schlaganfällen. Wer daraufhin nach stundenlangen Operationen und künstlichem Koma hier aufwacht, hat es schwer, sich zu orientieren. Man stelle sich vor, man spaziert an einem schönen Sommertag irgendwo über die Straße. Plötzlich ein Schlag, das Licht geht aus, und man wacht nach einer nicht definierbaren Zeit in diesem Zimmer auf: gedämpftes Licht, offene Türen, Fenster zum Gang, links und rechts eine Batterie von Geräten und Monitoren, an die man mit Schläuchen und Kabeln an Mund, Nase und Armen angeschlossen ist. Es herrscht eine atemlose Stille, die von dem Grundrauschen der Klimaanlage getragen und ab und zu durch das Geräusch von Gummisohlen auf Linoleum unterbrochen wird. Selbst Patienten, die im OP noch bei Bewusstsein waren, haben es schwer, sich hier zurechtzufinden. Eben lagen sie noch auf dem OP-Tisch. Gleißendes Licht in den Augen, geschäftiges Treiben am Tisch. Dann kommt der Anästhesist, stellt die Dosis ein, und es wird dunkel. Scheinbar Sekunden später wacht man an einem ganz anderen Ort auf. Jetzt geht es erwachsenen Menschen wie Kleinkindern, die von der Mutti schlafend an einen fremden Ort gekarrt werden und weinend aufwachen. Bei den Kleinen ist in diesen Fällen die Mama da. Auf Intensivstationen leider nicht.

118

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

119


Intensivstation Wer hier aufwacht, hat es gut. Denn er hat überlebt. Und das ist keine Selbstverständlichkeit für Patienten einer Intensivstation, obwohl unter großem Einsatz teurer Maschinen und hoch bezahlter Menschen daran gearbeitet wird, dass man wieder aufwacht. Viele Patienten kommen ohne Bewusstsein auf die Intensivstation, nach schweren Unfällen etwa oder Schlaganfällen. Wer daraufhin nach stundenlangen Operationen und künstlichem Koma hier aufwacht, hat es schwer, sich zu orientieren. Man stelle sich vor, man spaziert an einem schönen Sommertag irgendwo über die Straße. Plötzlich ein Schlag, das Licht geht aus, und man wacht nach einer nicht definierbaren Zeit in diesem Zimmer auf: gedämpftes Licht, offene Türen, Fenster zum Gang, links und rechts eine Batterie von Geräten und Monitoren, an die man mit Schläuchen und Kabeln an Mund, Nase und Armen angeschlossen ist. Es herrscht eine atemlose Stille, die von dem Grundrauschen der Klimaanlage getragen und ab und zu durch das Geräusch von Gummisohlen auf Linoleum unterbrochen wird. Selbst Patienten, die im OP noch bei Bewusstsein waren, haben es schwer, sich hier zurechtzufinden. Eben lagen sie noch auf dem OP-Tisch. Gleißendes Licht in den Augen, geschäftiges Treiben am Tisch. Dann kommt der Anästhesist, stellt die Dosis ein, und es wird dunkel. Scheinbar Sekunden später wacht man an einem ganz anderen Ort auf. Jetzt geht es erwachsenen Menschen wie Kleinkindern, die von der Mutti schlafend an einen fremden Ort gekarrt werden und weinend aufwachen. Bei den Kleinen ist in diesen Fällen die Mama da. Auf Intensivstationen leider nicht.

118

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

119


Parkbank Man muss nicht unbedingt obdachlos sein, um in die Verlegenheit zu kommen, auf öffentlichen Bänken zu schlafen, geschweige denn aufzuwachen. Es reicht schon, in eine neue Wohnung einzuziehen, seine neuen Nachbarn nicht zu kennen, keinen Ersatzschlüssel deponiert zu haben. Wenn man nun auch das Handy in der Wohnung gelassen hat, hat man nicht einmal die Möglichkeit, einen Schlüsseldienst anzurufen. Da hilft dann nächtens nur die harte Bank in der Grünanlage. Manch anderer kennt auch das Problem, nach einer durchzechten Nacht mit den besten Kumpels völlig mittellos, dafür aber mit mindestens einer Eins vor dem Promillekomma plötzlich buchstäblich auf der Straße zu stehen. Auch hier wird die Parkbank zur notwendigen Alternative. Zum Glück ist Deutschland das Land der Bänke. Überall in den Städten, an exponierten Stellen, aber auch an lauschigen Orten, stehen die oftmals von Institutionen gesponserten Holz-, Stahldraht- oder Betonbänke. Im Gegensatz zu öffentlichen Sitzgelegenheiten in Gebäuden wie Bahnhöfen oder Flughäfen besitzt die Parkbank fast immer eine lange, gerade Liegefläche, die einen einigermaßen erträglichen Schlaf erlaubt. Da der zurzeit stattfindende Klimawandel immer längere Sommerperioden verspricht, steht auch obdachbesitzenden Menschen nichts mehr im Wege, die Erfahrung zu machen, einmal im Freien aufzuwachen.

120

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

121


Parkbank Man muss nicht unbedingt obdachlos sein, um in die Verlegenheit zu kommen, auf öffentlichen Bänken zu schlafen, geschweige denn aufzuwachen. Es reicht schon, in eine neue Wohnung einzuziehen, seine neuen Nachbarn nicht zu kennen, keinen Ersatzschlüssel deponiert zu haben. Wenn man nun auch das Handy in der Wohnung gelassen hat, hat man nicht einmal die Möglichkeit, einen Schlüsseldienst anzurufen. Da hilft dann nächtens nur die harte Bank in der Grünanlage. Manch anderer kennt auch das Problem, nach einer durchzechten Nacht mit den besten Kumpels völlig mittellos, dafür aber mit mindestens einer Eins vor dem Promillekomma plötzlich buchstäblich auf der Straße zu stehen. Auch hier wird die Parkbank zur notwendigen Alternative. Zum Glück ist Deutschland das Land der Bänke. Überall in den Städten, an exponierten Stellen, aber auch an lauschigen Orten, stehen die oftmals von Institutionen gesponserten Holz-, Stahldraht- oder Betonbänke. Im Gegensatz zu öffentlichen Sitzgelegenheiten in Gebäuden wie Bahnhöfen oder Flughäfen besitzt die Parkbank fast immer eine lange, gerade Liegefläche, die einen einigermaßen erträglichen Schlaf erlaubt. Da der zurzeit stattfindende Klimawandel immer längere Sommerperioden verspricht, steht auch obdachbesitzenden Menschen nichts mehr im Wege, die Erfahrung zu machen, einmal im Freien aufzuwachen.

120

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

121


Straße Unter einer Brücke schläft niemand mehr. Warum auch. Es ist viel zu feucht dort. Besser eignen sich Orte mitten in der Stadt. Hauseingänge, Ladenpassagen, überdachte Fronten. Hier strahlen die Fassaden wenigstens etwas physikalische Wärme ab. Andere als diese ist ohnehin nicht zu erwarten. Trotzdem scheint es zunächst rätselhaft, warum sich völlig mittellose Obdachlose dieser konsumorientierten Atmosphäre aussetzen. Wie jeder weiß, sitzt das Geld hier locker, nur nicht für bettelnde Menschen. Zu holen ist hier also nichts. Ein Grund mag sein, dass deutsche Innenstädte in der Nacht fast menschenleer, also ein ruhiges, aber doch sicheres Pflaster sind. Aber was für ein dickes Fell muss jemand besitzen, im Winter bei beißender Kälte im Eingang eines Handyshops zu schlafen, wo tagsüber Menschen ein und aus gehen, die für das Verschicken sinnloser SMS mehr Geld ausgeben, als ein Obdachloser für Essen und Trinken benötigt? Und wie bitter muss es für einen Penner sein, auf einem Bett aus Pappstreifen vor dem Schaufenster eines Möbelhauses zu schlafen? In Griffweite, nur durch eine Scheibe von ihm getrennt, steht ein weiches, warmes Schlafsofa. Wie erträgt er es, dort zu erwachen und in einen Tag zu blicken, der keine Besserung bringen wird? Eine Antwort wird man nicht finden, denn wenn die ersten Angestellten auf dem Weg ins Büro am Schlafzimmer des Penners vorbeilaufen, ist er bereits verschwunden.

122

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

123


Straße Unter einer Brücke schläft niemand mehr. Warum auch. Es ist viel zu feucht dort. Besser eignen sich Orte mitten in der Stadt. Hauseingänge, Ladenpassagen, überdachte Fronten. Hier strahlen die Fassaden wenigstens etwas physikalische Wärme ab. Andere als diese ist ohnehin nicht zu erwarten. Trotzdem scheint es zunächst rätselhaft, warum sich völlig mittellose Obdachlose dieser konsumorientierten Atmosphäre aussetzen. Wie jeder weiß, sitzt das Geld hier locker, nur nicht für bettelnde Menschen. Zu holen ist hier also nichts. Ein Grund mag sein, dass deutsche Innenstädte in der Nacht fast menschenleer, also ein ruhiges, aber doch sicheres Pflaster sind. Aber was für ein dickes Fell muss jemand besitzen, im Winter bei beißender Kälte im Eingang eines Handyshops zu schlafen, wo tagsüber Menschen ein und aus gehen, die für das Verschicken sinnloser SMS mehr Geld ausgeben, als ein Obdachloser für Essen und Trinken benötigt? Und wie bitter muss es für einen Penner sein, auf einem Bett aus Pappstreifen vor dem Schaufenster eines Möbelhauses zu schlafen? In Griffweite, nur durch eine Scheibe von ihm getrennt, steht ein weiches, warmes Schlafsofa. Wie erträgt er es, dort zu erwachen und in einen Tag zu blicken, der keine Besserung bringen wird? Eine Antwort wird man nicht finden, denn wenn die ersten Angestellten auf dem Weg ins Büro am Schlafzimmer des Penners vorbeilaufen, ist er bereits verschwunden.

122

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

123


Flughafen Sparkassen, Heimatvereinen, Kommunalpolitikern und Landschaftsgärtnern sei Dank, dass sich wenigstens in den öffentlichen Räumen noch richtige Bänke befinden. In Flughäfen sind sie leider längst abgeschafft. Hier befinden sich nur Schalensitze und durch Armlehnen getrennte Sitzgarnituren. Darauf kann man hervorragend Platz nehmen und die wenigen Minuten warten, bis der Flug aufgerufen wird. Nur schlafen kann man dort nicht. Das vorweihnachtliche Chaos in Heathrow hat aber deutlich gemacht, wie wichtig es wäre, gerade an Flughäfen geeignete Möglichkeiten zum Schlafen bereitzustellen. Verspätungen und gecancelte Flüge sind an der Tagesordnung. Aber Fluggästen, denen viel Geld für Flughafengebühren und dubiose Taxes abverlangt wurde, ganz abgesehen von Kerosinzuschlägen und dem fast schon unerheblichen Bruchteil für die eigentliche Beförderung, stellt man nur diese schalen Sitzgelegenheiten zur Verfügung, die allemal als Ruheplacebos durchgehen können. Erwachsene Kosmopoliten behelfen sich mit den internationalen Dosenbiermarken und modischen MP3-Playern. Reisende mit Kindern sind jedoch aufgeschmissen. Wie soll man Kinder in grellem Licht unter dem Dauerfeuer von Lautsprecherdurchsagen auf schallplattengroßen Hartplastikunterlagen zum Schlafen bringen? In manchen Ländern ist Schlafentzug durch permanente Unterbrechung eine beliebte Foltermethode. Auf internationalen Flughäfen ist es Servicestandard. Schläft man trotz alledem doch einmal ein, wird man mindestens alle fünf Minuten wieder wach. Das Schlafen ist ein permanentes Einschlummern und Aufschrecken. Aufwachen als Dauerzustand. Wenigstens verpasst man so seinen Anschlussflug nicht.

124

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

125


Flughafen Sparkassen, Heimatvereinen, Kommunalpolitikern und Landschaftsgärtnern sei Dank, dass sich wenigstens in den öffentlichen Räumen noch richtige Bänke befinden. In Flughäfen sind sie leider längst abgeschafft. Hier befinden sich nur Schalensitze und durch Armlehnen getrennte Sitzgarnituren. Darauf kann man hervorragend Platz nehmen und die wenigen Minuten warten, bis der Flug aufgerufen wird. Nur schlafen kann man dort nicht. Das vorweihnachtliche Chaos in Heathrow hat aber deutlich gemacht, wie wichtig es wäre, gerade an Flughäfen geeignete Möglichkeiten zum Schlafen bereitzustellen. Verspätungen und gecancelte Flüge sind an der Tagesordnung. Aber Fluggästen, denen viel Geld für Flughafengebühren und dubiose Taxes abverlangt wurde, ganz abgesehen von Kerosinzuschlägen und dem fast schon unerheblichen Bruchteil für die eigentliche Beförderung, stellt man nur diese schalen Sitzgelegenheiten zur Verfügung, die allemal als Ruheplacebos durchgehen können. Erwachsene Kosmopoliten behelfen sich mit den internationalen Dosenbiermarken und modischen MP3-Playern. Reisende mit Kindern sind jedoch aufgeschmissen. Wie soll man Kinder in grellem Licht unter dem Dauerfeuer von Lautsprecherdurchsagen auf schallplattengroßen Hartplastikunterlagen zum Schlafen bringen? In manchen Ländern ist Schlafentzug durch permanente Unterbrechung eine beliebte Foltermethode. Auf internationalen Flughäfen ist es Servicestandard. Schläft man trotz alledem doch einmal ein, wird man mindestens alle fünf Minuten wieder wach. Das Schlafen ist ein permanentes Einschlummern und Aufschrecken. Aufwachen als Dauerzustand. Wenigstens verpasst man so seinen Anschlussflug nicht.

124

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

125


Club Clubs sind Orte zum Wachbleiben. In Clubs wird alles Menschenmögliche getan, um Menschen daran zu hindern, einzuschlafen. Die Lautstärke der Musik ist auf einem Level, dass man sich nicht unterhalten, geschweige denn einschlafen kann – selbst wenn man es darauf anlegen würde. Außerdem wird mit akribischem Einsatz alles dafür getan, den Körper in einen Zustand zu versetzen, niemals müde zu werden. Kokain, Speed, Ecstasy und Bullenhormone, die einen in die Lage versetzen, eine ganze Kuhherde zu begatten, schließen das Einschlafen in den frühen Morgenstunden geradezu aus. Trotzdem kommt es manchmal vor, dass jemand entweder mehr Alkohol als Amphetamine zu sich genommen oder vielleicht schon die zweite Nacht nacheinander durchgemacht hat und in einer von Kippen und Bierlachen verwarzten Ecke in einen halbtransparenten halluzinatorischen Schlaf verfällt. Man erwacht, wenn die Musik abgeschaltet wird und damit der Soundtrack der Träume verschwindet. Oder man wird mit den Kippen und zerbrochenen Gläsern aus dem Laden gekehrt. Da man in der Regel mehrere Clubs besucht hat, kommt es vor, dass man sich nicht mehr erinnern kann, in welchem Club man am Ende aufwacht. Ein Umstand, der nicht gerade bei der Orientierung hilft. Darüber hinaus führen Restalkohol und Drogen entweder zu einer andauernden Tagesdepression oder entlassen einen leicht euphorisiert in einen Tag, von dem man nicht einmal weiß, wie alt er ist.

Fotografie: Noshe (www.noshe.com) Fotoassistenz: Raul Walch Bildbearbeitung: Thomas Kaiser (www.appel-grafik.de)

126

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

127


Club Clubs sind Orte zum Wachbleiben. In Clubs wird alles Menschenmögliche getan, um Menschen daran zu hindern, einzuschlafen. Die Lautstärke der Musik ist auf einem Level, dass man sich nicht unterhalten, geschweige denn einschlafen kann – selbst wenn man es darauf anlegen würde. Außerdem wird mit akribischem Einsatz alles dafür getan, den Körper in einen Zustand zu versetzen, niemals müde zu werden. Kokain, Speed, Ecstasy und Bullenhormone, die einen in die Lage versetzen, eine ganze Kuhherde zu begatten, schließen das Einschlafen in den frühen Morgenstunden geradezu aus. Trotzdem kommt es manchmal vor, dass jemand entweder mehr Alkohol als Amphetamine zu sich genommen oder vielleicht schon die zweite Nacht nacheinander durchgemacht hat und in einer von Kippen und Bierlachen verwarzten Ecke in einen halbtransparenten halluzinatorischen Schlaf verfällt. Man erwacht, wenn die Musik abgeschaltet wird und damit der Soundtrack der Träume verschwindet. Oder man wird mit den Kippen und zerbrochenen Gläsern aus dem Laden gekehrt. Da man in der Regel mehrere Clubs besucht hat, kommt es vor, dass man sich nicht mehr erinnern kann, in welchem Club man am Ende aufwacht. Ein Umstand, der nicht gerade bei der Orientierung hilft. Darüber hinaus führen Restalkohol und Drogen entweder zu einer andauernden Tagesdepression oder entlassen einen leicht euphorisiert in einen Tag, von dem man nicht einmal weiß, wie alt er ist.

Fotografie: Noshe (www.noshe.com) Fotoassistenz: Raul Walch Bildbearbeitung: Thomas Kaiser (www.appel-grafik.de)

126

PHOTO ESSAI

PHOTO ESSAI

127


Mitten im prallen Ostberliner Leben hat das St. Elisabeth­Stift eine Heimat für Wachkoma­Patienten eingerichtet. Hier ist das Erwachen, plötzlich oder allmählich, eine allzeit mögliche Option – nur eben nicht die einzige. Von Stefan Osterhaus (Text) und Martin Müller (Illustration)

Es ist still im Garten des Hauses an der Eberswalder Straße. Der Lärm der Autos, das Rattern der Straßenbahn – all das dringt nicht hinein in den großen Hof mit seinem langen Rundweg. Im Sommer ist das anders, dann verschafft sich das Leben Gehör. Gleich nebenan ist der älteste Biergarten der Stadt, der „Prater“ – eine Institution des Berliner Nachtlebens, nicht nur hier am Prenzlauer Berg. Im letzten Sommer flirrten neben dem Gläsergeklirr auch Ju­ belschreie herüber, bis hinauf zum Zimmer von Jörg Brausch. Ob er es mitbekommen hat? Ganz sicher hätte es ihn interes­ siert, und vielleicht wäre er auch gern hinübergegangen zu den Gästen der Liveübertragung, die ihre Gläser auf Ballack, Podolski und Lehmann hoben. Denn der Sport spielte ein­ mal eine wichtige Rolle in seinem Leben – damals, als er noch Straßenbahnfahrer für die Verkehrsbetriebe war. 128

REPORTAGE

Der Schal von Hertha BSC über seinem Bett erzählt von seiner Leidenschaft für den Fußball, und die Signets der Berliner Eis­ bären, des Eishockeymeisters, verraten ein zweites Faible. Bei der Hertha war er schon länger nicht mehr, aber bei den Eisbären ist er neulich noch gewesen; zum Match gegen Ingolstadt, ein Spitzenspiel. Die Schwester nahm ihn mit in den Fanblock, und Mutter Christel machte sich daheim Sorgen. Denn Jörg Brausch kann schon lange nicht mehr allein für sein Leben sorgen. Er saß im Rollstuhl auf der Tribüne. Jörg Brausch ist einer von 15 Bewohnern auf der Station „Morgenröte“ im St. Elisabeth­Stift; einer von 15 Menschen, die ihr Leben im Wachkoma verbringen. Unfälle, Krankheiten, aber auch Gewalteinwirkung und Drogenmissbrauch können diesen Zustand auslösen. „Wir sind kein Krankenhaus. Die Menschen, die wir betreuen, wohnen bei uns“, sagt Johannes

Schramm, der Leiter der Einrichtung. Oft ist das ein Zuhause über viele Jahre, denn das Wachkoma, so Schramm, verkürze das Leben nicht grundsätzlich. Jörg Brausch wohnt seit sechs Jahren im Prenzlauer Berg. Als er kam, war er 34 Jahre alt. Allein ist er nie. Täglich kommen die Eltern, Volker und Christel Brausch, aus Pankow herüber­ gefahren. An jedem Wochenende nehmen sie den Sohn mit nach Hause. Ohne fremde Hilfe hieven sie die 70 Kilo des 1,83 Meter großen Mannes in den Rollstuhl. „Wir wollen Jörg bei uns haben“, sagt Volker Brausch. Zu schnell verrinnt den Eltern die Zeit am Wochenende. Selbst vier Tage an Weihnachten verstrichen so rasch wie ein paar Stunden. Den Sohn ausgeglichen und zufrieden zu sehen ist das Ziel eines jeden Tages. Jörg kann nur über die Mimik kommunizieren, sein Gesichtsausdruck ist das Stimmungs­ barometer. „Sehen Sie, er strahlt“, sagt Christel Brausch, und tatsächlich ist da ein Strahlen. Dann sagt die Mutter, dass es ihr manchmal wie ein kleines Wunder vorkomme: wie sich der Sohn gewandelt habe, seitdem er hier im Stift betreut wird. „Hier ist er in seiner Welt. Hier ist er glücklich.“ Glück in Augenblicken des Unglücks: Familie Brausch erlebt das täglich. Doch wie lang war der Weg dahin! Damals, vor sechs Jahren, erkrankte Jörg Brausch an Thrombose. Er wurde falsch behandelt, die Wiederbelebung durch den Arzt dau­ erte 45 Minuten – eine Dreiviertelstunde, in der das Gehirn keinen Sauerstoff bekam. So wurde es irreparabel geschädigt.

Seitdem liegt er im Wachkoma: unfähig, sich zu bewegen, un­ fähig, zu sprechen. Wie oft habe er diesen Arzt verflucht, sagt Volker Brausch. Ein Kunstfehler. Doch Menschen machen eben Fehler. In der Familie waren die Reaktionen unterschiedlich. Die Schwiegertochter machte sich davon. Die beiden gemein­ samen Söhne haben heute keinen Kontakt mehr zum Vater. Ohne darüber zu reden, sei die Frau seines Sohnes damals ge­ gangen, sagt Volker Brausch. Er könne verstehen, dass eine junge Frau mit der Belastung nicht zurechtkomme, eine neue Beziehung anstrebe. Doch es war „die Art und Weise, wie sie sich aus unserem Leben geschlichen hat“, die ihn enttäuschte. Zwei Jahre habe es gedauert, sagt Christel Brausch, bis sie wieder lachen konnte. Heute lache sie oft – zusammen mit Jörg, denn auch er hat das wieder gelernt. Er lacht, wenn er alle zwei Wochen beim Schwimmen ins Wasser gehievt wird. Und er lachte, als er beim Sommerfest den Bundespräsidenten traf. Als er in Marzahn in einem Heim behandelt wurde, sei er nur noch ein Häuflein Elend gewesen. Geweint und sich erbrochen habe er jeden Tag, und ständig habe er gezittert. Er habe gelitten, „viermal ist er gestorben, glaube ich“, sagt Christel Brausch. Da hat es Augenblicke gegeben, in denen die Mutter hoffte, der Sohn möge einschlafen: „Wir wünschten ihm Ruhe. Aber er wollte nicht von uns gehen.“ Gleichgültig seien die Ärzte gewesen, sagt Volker Brausch, die Patienten seien für sie keine REPORTAGE

129


Mitten im prallen Ostberliner Leben hat das St. Elisabeth­Stift eine Heimat für Wachkoma­Patienten eingerichtet. Hier ist das Erwachen, plötzlich oder allmählich, eine allzeit mögliche Option – nur eben nicht die einzige. Von Stefan Osterhaus (Text) und Martin Müller (Illustration)

Es ist still im Garten des Hauses an der Eberswalder Straße. Der Lärm der Autos, das Rattern der Straßenbahn – all das dringt nicht hinein in den großen Hof mit seinem langen Rundweg. Im Sommer ist das anders, dann verschafft sich das Leben Gehör. Gleich nebenan ist der älteste Biergarten der Stadt, der „Prater“ – eine Institution des Berliner Nachtlebens, nicht nur hier am Prenzlauer Berg. Im letzten Sommer flirrten neben dem Gläsergeklirr auch Ju­ belschreie herüber, bis hinauf zum Zimmer von Jörg Brausch. Ob er es mitbekommen hat? Ganz sicher hätte es ihn interes­ siert, und vielleicht wäre er auch gern hinübergegangen zu den Gästen der Liveübertragung, die ihre Gläser auf Ballack, Podolski und Lehmann hoben. Denn der Sport spielte ein­ mal eine wichtige Rolle in seinem Leben – damals, als er noch Straßenbahnfahrer für die Verkehrsbetriebe war. 128

REPORTAGE

Der Schal von Hertha BSC über seinem Bett erzählt von seiner Leidenschaft für den Fußball, und die Signets der Berliner Eis­ bären, des Eishockeymeisters, verraten ein zweites Faible. Bei der Hertha war er schon länger nicht mehr, aber bei den Eisbären ist er neulich noch gewesen; zum Match gegen Ingolstadt, ein Spitzenspiel. Die Schwester nahm ihn mit in den Fanblock, und Mutter Christel machte sich daheim Sorgen. Denn Jörg Brausch kann schon lange nicht mehr allein für sein Leben sorgen. Er saß im Rollstuhl auf der Tribüne. Jörg Brausch ist einer von 15 Bewohnern auf der Station „Morgenröte“ im St. Elisabeth­Stift; einer von 15 Menschen, die ihr Leben im Wachkoma verbringen. Unfälle, Krankheiten, aber auch Gewalteinwirkung und Drogenmissbrauch können diesen Zustand auslösen. „Wir sind kein Krankenhaus. Die Menschen, die wir betreuen, wohnen bei uns“, sagt Johannes

Schramm, der Leiter der Einrichtung. Oft ist das ein Zuhause über viele Jahre, denn das Wachkoma, so Schramm, verkürze das Leben nicht grundsätzlich. Jörg Brausch wohnt seit sechs Jahren im Prenzlauer Berg. Als er kam, war er 34 Jahre alt. Allein ist er nie. Täglich kommen die Eltern, Volker und Christel Brausch, aus Pankow herüber­ gefahren. An jedem Wochenende nehmen sie den Sohn mit nach Hause. Ohne fremde Hilfe hieven sie die 70 Kilo des 1,83 Meter großen Mannes in den Rollstuhl. „Wir wollen Jörg bei uns haben“, sagt Volker Brausch. Zu schnell verrinnt den Eltern die Zeit am Wochenende. Selbst vier Tage an Weihnachten verstrichen so rasch wie ein paar Stunden. Den Sohn ausgeglichen und zufrieden zu sehen ist das Ziel eines jeden Tages. Jörg kann nur über die Mimik kommunizieren, sein Gesichtsausdruck ist das Stimmungs­ barometer. „Sehen Sie, er strahlt“, sagt Christel Brausch, und tatsächlich ist da ein Strahlen. Dann sagt die Mutter, dass es ihr manchmal wie ein kleines Wunder vorkomme: wie sich der Sohn gewandelt habe, seitdem er hier im Stift betreut wird. „Hier ist er in seiner Welt. Hier ist er glücklich.“ Glück in Augenblicken des Unglücks: Familie Brausch erlebt das täglich. Doch wie lang war der Weg dahin! Damals, vor sechs Jahren, erkrankte Jörg Brausch an Thrombose. Er wurde falsch behandelt, die Wiederbelebung durch den Arzt dau­ erte 45 Minuten – eine Dreiviertelstunde, in der das Gehirn keinen Sauerstoff bekam. So wurde es irreparabel geschädigt.

Seitdem liegt er im Wachkoma: unfähig, sich zu bewegen, un­ fähig, zu sprechen. Wie oft habe er diesen Arzt verflucht, sagt Volker Brausch. Ein Kunstfehler. Doch Menschen machen eben Fehler. In der Familie waren die Reaktionen unterschiedlich. Die Schwiegertochter machte sich davon. Die beiden gemein­ samen Söhne haben heute keinen Kontakt mehr zum Vater. Ohne darüber zu reden, sei die Frau seines Sohnes damals ge­ gangen, sagt Volker Brausch. Er könne verstehen, dass eine junge Frau mit der Belastung nicht zurechtkomme, eine neue Beziehung anstrebe. Doch es war „die Art und Weise, wie sie sich aus unserem Leben geschlichen hat“, die ihn enttäuschte. Zwei Jahre habe es gedauert, sagt Christel Brausch, bis sie wieder lachen konnte. Heute lache sie oft – zusammen mit Jörg, denn auch er hat das wieder gelernt. Er lacht, wenn er alle zwei Wochen beim Schwimmen ins Wasser gehievt wird. Und er lachte, als er beim Sommerfest den Bundespräsidenten traf. Als er in Marzahn in einem Heim behandelt wurde, sei er nur noch ein Häuflein Elend gewesen. Geweint und sich erbrochen habe er jeden Tag, und ständig habe er gezittert. Er habe gelitten, „viermal ist er gestorben, glaube ich“, sagt Christel Brausch. Da hat es Augenblicke gegeben, in denen die Mutter hoffte, der Sohn möge einschlafen: „Wir wünschten ihm Ruhe. Aber er wollte nicht von uns gehen.“ Gleichgültig seien die Ärzte gewesen, sagt Volker Brausch, die Patienten seien für sie keine REPORTAGE

129


Menschen gewesen. Vollgepumpt mit Morphium, ruhigge­ stellt – das einfache Programm. Warum, fragt der Vater, soll so ein Mensch denn weniger wert sein als andere? Als Jörg Brausch nach längerer Suche endlich im St. ElisabethStift landete, sagte eine Pflegerin zu den Eltern: „Ihr Sohn ist schwerstpflegegeschädigt.“ Langsam wurde er wieder aufge­ baut – und die Eltern mit ihm. Zunächst wurde dem Sohn langsam das Morphium entzogen. Dann kam er wieder zu sich, wie man so sagt. Gut gehe es der Familie heute, sagt Chris­ tel Brausch: „Uns geht es gut, weil es unserem Jungen gut geht.“ Wer sie dabei ansieht, kann all die abstrakten Debatten um die Notwendigkeit solcher Einrichtungen nur überflüssig, ja zynisch finden. „Ich glaube, dass er sich hier eine neue Welt aufgebaut hat“, sagt Christel Brausch. Ist es wirklich eine neue Welt? Oder nimmt er die alte nur anders wahr? Der Vater glaubt an die Erinnerungen seines Sohnes, an das Leben vor der Zäsur. Deshalb will er ihn so viel wie möglich an den alten Leiden­ schaften teilhaben lassen. Zuletzt waren sie beim Konzert der Puhdys. Musik war für Jörg Brausch eher AC/DC und Deep Purple. Aber heute, sagt die Mutter, strahle er auch, wenn er Akkordeon und Gitarre höre: „Früher hätte er mir einen Vogel gezeigt.“ Wie schwierig es ist, solchen Menschen das Erwachen zu er­ leichtern, hat Sabine Rückert schon oft erlebt. Von Beginn an arbeitet sie auf der Station „Morgenröte“, mehr als neun Jahre 130

REPORTAGE

nun schon. Und mehr als zehn Menschen hat sie hier tatsächlich erwachen sehen. Man benötige unglaublich sensible Anten­ nen, sagt sie. Manchmal kann sie es nicht begründen, warum sie eine Veränderung wittert. „Einmal hatte ich davor das Gefühl, da beobachtet mich einer“, erzählt sie. Und dann? „Dann gingen die Augen auf.“ Drei Ergotherapeuten und eine Musiktherapeutin arbeiten hier. 15 Pflegekräfte sind in Vollzeitverhältnissen beschäftigt. Eine kostspielige Einrichtung: „Wir sind eines der teuersten Häuser der Stadt“, sagt Leiter Johannes Schramm. 5.500 Euro kostet ein Pflegeplatz im Monat. Meist springt das Sozialamt ein, niemand wird wegen mangelnder finanzieller Möglich­ keiten abgewiesen. Auch nach der Konfession wird in dem evangelischen Haus nicht gefragt. Doch die Ergebnisse rechtfertigen den Aufwand. Manche Be­ wohner machen deutliche Fortschritte, erlernen sogar wieder das Sprechen, während andere nicht zu motorischen Regungen fähig und auch in ihrer Mimik stark eingeschränkt sind. Ein­ mal, sagt die Ergotherapeutin Iris Kowalke, habe eine Kolle­ gin über die Entwicklung eines Patienten gestaunt und gesagt: „Mir fällt die Kinnlade runter.“ Da habe dieser auf einmal geantwortet: „Mach den Mund zu.“ Nicht nur die Arbeit an den motorischen Fähigkeiten bringt Fortschritte. Vor allem Musik sei wichtig, um Entspannung und emotionalen Ausgleich herbeizuführen, sagt Felicitas Löscher, die Musiktherapeutin. Die Patienten weint dann mitunter,

aber das gehöre schließlich zum Leben. Auf der anderen Seite ist es auch für das Personal des Stifts alles andere als einfach. Schließlich ist nicht nur die körperliche Arbeit hier schwer. „Es sind enorme psychische Belastungen“, sagt Johannes Schramm. So sei es schon vorgekommen, dass Mitarbeiter um eine Versetzung baten und erklärten: „Da sehe ich meine Tochter in dieser Frau.“ Auch Felicitas Löscher möchte gern innerhalb der Stiftung wechseln. Nach all den Jahren als Musiktherapeutin hat sich nun um eine neue Stelle im Haus beworben. Sie vermisse die Rückmeldung der Pati­ enten, sagt sie. Es seien fordernde Aufgaben, sagt Martina Althausen, die Lei­ terin der Pflegedienste, doch sie förderten auch die persönliche Entwicklung. Viel habe sie gelernt, seit sie in diesem Haus ar­ beitet: „Was diese Menschen hier haben und was wir haben – das ist Zeit. Zeit hat für mich eine andere Bedeutung bekom­ men.“ Ausgleichender sei sie geworden, „ich versuche, die Dinge in der Familie schnell zu klären, niemals im Streit aus dem Haus zu gehen“. Zwei Töchter, beide Teenager, bieten ihr genug Konfliktstoff, „und hier sehe ich doch täglich Menschen, Angehörige, die zum Teil auch Schuldgefühle drücken“. Denn nicht immer verlaufen die Prozesse so harmonisch wie im Fall der Familie Brausch, deren Sohn in einem sehr stabilen Zustand ist – „schwerstbeschädigt, aber gesund“, wie Vater Volker sagt. Manche Bewohner, die wieder zu sich gekommen sind, mögen sich etwa nicht im Spiegel ansehen. Das Leben

in der neuen Welt ist für sie mit Qualen verbunden. Und bei Weitem nicht jeder Angehörige mag die Dinge so positiv wie Christel Brausch empfinden. „Ich glaube, unser Jörg fühlt sich reich“, sagt sie. Nur zu oft kann sich der Zustand der Stiftbewohner ansonsten auch verschlechtern – bis hin zum Tod, der zu dem zweiten Leben auf der Station „Morgenröte“ einfach dazu gehört. „Verabschiedung“ nennt Johannes Schramm das Ritual der Aus­segnung, das hier auf den Tod folgt. Und an diesem Januar­tag verabschieden sich Freunde und Pfleger von einer jungen Kostümbildnerin aus Berlin, die einen Tag vor dem Weihnachts­fest mit 39 Jahren verstarb. In der Kapelle des St. Elisabeth-Stifts sind ein Dutzend Men­ schen zusammengekommen; ein junges Paar singt ein AveMaria. Sabine Rückert mag ihre Tränen nicht zurückhalten. Felicitas Löscher, die Musiktherapeutin, spielt ein Stück am Flügel; es klingt nach Spätbarock. Ein klarer, stiller Rahmen für das letzte Ritual am Ende eines kurzen Lebens.

Illustration: Martin Müller, Martin Sulzer (www.undaddy.com) Bildbearbeitung: Anja Vermehren (www.appel-grafik.de)

REPORTAGE

131


Menschen gewesen. Vollgepumpt mit Morphium, ruhigge­ stellt – das einfache Programm. Warum, fragt der Vater, soll so ein Mensch denn weniger wert sein als andere? Als Jörg Brausch nach längerer Suche endlich im St. ElisabethStift landete, sagte eine Pflegerin zu den Eltern: „Ihr Sohn ist schwerstpflegegeschädigt.“ Langsam wurde er wieder aufge­ baut – und die Eltern mit ihm. Zunächst wurde dem Sohn langsam das Morphium entzogen. Dann kam er wieder zu sich, wie man so sagt. Gut gehe es der Familie heute, sagt Chris­ tel Brausch: „Uns geht es gut, weil es unserem Jungen gut geht.“ Wer sie dabei ansieht, kann all die abstrakten Debatten um die Notwendigkeit solcher Einrichtungen nur überflüssig, ja zynisch finden. „Ich glaube, dass er sich hier eine neue Welt aufgebaut hat“, sagt Christel Brausch. Ist es wirklich eine neue Welt? Oder nimmt er die alte nur anders wahr? Der Vater glaubt an die Erinnerungen seines Sohnes, an das Leben vor der Zäsur. Deshalb will er ihn so viel wie möglich an den alten Leiden­ schaften teilhaben lassen. Zuletzt waren sie beim Konzert der Puhdys. Musik war für Jörg Brausch eher AC/DC und Deep Purple. Aber heute, sagt die Mutter, strahle er auch, wenn er Akkordeon und Gitarre höre: „Früher hätte er mir einen Vogel gezeigt.“ Wie schwierig es ist, solchen Menschen das Erwachen zu er­ leichtern, hat Sabine Rückert schon oft erlebt. Von Beginn an arbeitet sie auf der Station „Morgenröte“, mehr als neun Jahre 130

REPORTAGE

nun schon. Und mehr als zehn Menschen hat sie hier tatsächlich erwachen sehen. Man benötige unglaublich sensible Anten­ nen, sagt sie. Manchmal kann sie es nicht begründen, warum sie eine Veränderung wittert. „Einmal hatte ich davor das Gefühl, da beobachtet mich einer“, erzählt sie. Und dann? „Dann gingen die Augen auf.“ Drei Ergotherapeuten und eine Musiktherapeutin arbeiten hier. 15 Pflegekräfte sind in Vollzeitverhältnissen beschäftigt. Eine kostspielige Einrichtung: „Wir sind eines der teuersten Häuser der Stadt“, sagt Leiter Johannes Schramm. 5.500 Euro kostet ein Pflegeplatz im Monat. Meist springt das Sozialamt ein, niemand wird wegen mangelnder finanzieller Möglich­ keiten abgewiesen. Auch nach der Konfession wird in dem evangelischen Haus nicht gefragt. Doch die Ergebnisse rechtfertigen den Aufwand. Manche Be­ wohner machen deutliche Fortschritte, erlernen sogar wieder das Sprechen, während andere nicht zu motorischen Regungen fähig und auch in ihrer Mimik stark eingeschränkt sind. Ein­ mal, sagt die Ergotherapeutin Iris Kowalke, habe eine Kolle­ gin über die Entwicklung eines Patienten gestaunt und gesagt: „Mir fällt die Kinnlade runter.“ Da habe dieser auf einmal geantwortet: „Mach den Mund zu.“ Nicht nur die Arbeit an den motorischen Fähigkeiten bringt Fortschritte. Vor allem Musik sei wichtig, um Entspannung und emotionalen Ausgleich herbeizuführen, sagt Felicitas Löscher, die Musiktherapeutin. Die Patienten weint dann mitunter,

aber das gehöre schließlich zum Leben. Auf der anderen Seite ist es auch für das Personal des Stifts alles andere als einfach. Schließlich ist nicht nur die körperliche Arbeit hier schwer. „Es sind enorme psychische Belastungen“, sagt Johannes Schramm. So sei es schon vorgekommen, dass Mitarbeiter um eine Versetzung baten und erklärten: „Da sehe ich meine Tochter in dieser Frau.“ Auch Felicitas Löscher möchte gern innerhalb der Stiftung wechseln. Nach all den Jahren als Musiktherapeutin hat sich nun um eine neue Stelle im Haus beworben. Sie vermisse die Rückmeldung der Pati­ enten, sagt sie. Es seien fordernde Aufgaben, sagt Martina Althausen, die Lei­ terin der Pflegedienste, doch sie förderten auch die persönliche Entwicklung. Viel habe sie gelernt, seit sie in diesem Haus ar­ beitet: „Was diese Menschen hier haben und was wir haben – das ist Zeit. Zeit hat für mich eine andere Bedeutung bekom­ men.“ Ausgleichender sei sie geworden, „ich versuche, die Dinge in der Familie schnell zu klären, niemals im Streit aus dem Haus zu gehen“. Zwei Töchter, beide Teenager, bieten ihr genug Konfliktstoff, „und hier sehe ich doch täglich Menschen, Angehörige, die zum Teil auch Schuldgefühle drücken“. Denn nicht immer verlaufen die Prozesse so harmonisch wie im Fall der Familie Brausch, deren Sohn in einem sehr stabilen Zustand ist – „schwerstbeschädigt, aber gesund“, wie Vater Volker sagt. Manche Bewohner, die wieder zu sich gekommen sind, mögen sich etwa nicht im Spiegel ansehen. Das Leben

in der neuen Welt ist für sie mit Qualen verbunden. Und bei Weitem nicht jeder Angehörige mag die Dinge so positiv wie Christel Brausch empfinden. „Ich glaube, unser Jörg fühlt sich reich“, sagt sie. Nur zu oft kann sich der Zustand der Stiftbewohner ansonsten auch verschlechtern – bis hin zum Tod, der zu dem zweiten Leben auf der Station „Morgenröte“ einfach dazu gehört. „Verabschiedung“ nennt Johannes Schramm das Ritual der Aus­segnung, das hier auf den Tod folgt. Und an diesem Januar­tag verabschieden sich Freunde und Pfleger von einer jungen Kostümbildnerin aus Berlin, die einen Tag vor dem Weihnachts­fest mit 39 Jahren verstarb. In der Kapelle des St. Elisabeth-Stifts sind ein Dutzend Men­ schen zusammengekommen; ein junges Paar singt ein AveMaria. Sabine Rückert mag ihre Tränen nicht zurückhalten. Felicitas Löscher, die Musiktherapeutin, spielt ein Stück am Flügel; es klingt nach Spätbarock. Ein klarer, stiller Rahmen für das letzte Ritual am Ende eines kurzen Lebens.

Illustration: Martin Müller, Martin Sulzer (www.undaddy.com) Bildbearbeitung: Anja Vermehren (www.appel-grafik.de)

REPORTAGE

131


Prolog „Es war ein schöner, klarer Sommertag. Wir sind mit der ganzen Familie zum Hafen geradelt. Mein Ziehsohn Aaron hatte zum zwölften Geburtstag einen Flug mit dem berühmten Wasserflugzeug bekommen. Beim Einsteigen weigerte sich meine Freundin, mit unserem Sohn Nathan an Bord zu kommen. ‚Da hinten setze ich mich nicht rein, da ist keine Tür, wenn was passiert, komme ich da nicht raus.‘ Als ob sie es gewusst hätte. Sie blieb mit Nathan an Land, wir beiden Männer haben natürlich nicht auf sie gehört und flogen mit. Nach dem Start war mir schnell klar, dass die Flugkurve eine Delle hat. Aber ich dachte, na, der Pilot weiß, was er tut, der schafft das schon. An den Aufprall am Boden kann ich mich nicht mehr erinnern.“

"

Einsatzbericht der Hamburger Feuerwehr vom 2. Juli 2006:

Im Juli 2006 stürzte das Wasserflugzeug „Himmelsschreiber“ kurz nach dem Start auf das Gelände des Hamburger Güterbahnhofes. Der einzige Überlebende, Jürgen Z., kann ein halbes Jahr später das Krankenhaus verlassen. Mit uns spricht er in seinem ersten Interview nach dem Unfall über drei Mal erwachen: nach dem Unfall, nach dem Koma und nach dem Krankenhaus in einer ganz neuen Realität. Ein Protokoll. Von Sabine Manecke (Text) und Eva Häberle (Fotos)

132

PROFILE

Ein mit 6 Personen besetztes Wasserflugzeug (Typ: Havilland Beaver DHC-2), in Hamburg bekannt als „Himmelsschreiber“, war gegen 10:38 h vom City-Sportboothafen am Baumwall zu einem Rundflug über Hamburg gestartet. Ca. 2 Minuten nach dem Start stürzte die Maschine aus bislang ungeklärter Ursache ab und schlug im Bereich des Rangierbahnhofes zwischen dem Veddeler Damm und der Brandenburger Straße auf. Das Flugzeug ging sofort in Flammen auf. Das Flugzeug war mit 1 Piloten sowie 5 Gästen besetzt. Zwei Personen (eine mit 40 %, eine mit 80 % Verbrennungen 2.–4. Grades) konnten gerettet und in das BUK Boberg befördert werden. Für vier weitere kam jede Hilfe zu spät. Das Wasserflugzeug ist am Baumwall

stationiert und von dort gestartet. Etwa 15 Angehörige der Fluggäste warteten dort auf die Rückkehr des Flugzeuges. Für die Betreuung der Angehörigen am Baumwall und im UK Boberg wurden die Feuerwehr-Notfallseelsorge und das Krisen­ interventionsteam des DRK alarmiert. Einsatzkräfte an der Absturzstelle: 75 Einsatzkräfte Baumwall/BUK: 40 Das erste Erwachen „Das erste Mal wieder wach geworden bin ich direkt nach dem Aufprall. Ich schnallte mich ab, öffnete die Tür und ließ mich rausfallen. Dann robbte ich so schnell wie möglich vom Flugzeug weg. Ich habe überhaupt nicht realisiert, wie es um mich stand. Meine Hosen waren so komisch zerrissen, und meine Hände sahen fürchterlich aus. Aber mein Gesicht zum Beispiel habe ich überhaupt nicht gespürt. Aus der Reaktion der Ärzte und des Rettungspersonals konnte ich aber ablesen, dass mein Zustand nicht der beste war. Ich habe die Ärzte noch ein bisschen beschimpft, weil ich zurück zum Flugzeug wollte, wegen Aaron, und die mich festgehalten haben. Außerdem wollte ich auf keinen Fall mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus. Für heute hab ich genug vom Fliegen, hab ich denen gesagt. Dann habe ich eine Spritze gekriegt und war weg.“ Jürgen Z. und der Pilot Jörg Steber wurden sofort in das Unfallkrankenhaus Boberg geflogen. In der folgenden Nacht erlag Jörg Steber seinen schweren Verletzungen. Der Zustand des einzigen Überlebenden, Jürgen Z., 38 Jahre, stabilisierte sich. PROFILE

133


Prolog „Es war ein schöner, klarer Sommertag. Wir sind mit der ganzen Familie zum Hafen geradelt. Mein Ziehsohn Aaron hatte zum zwölften Geburtstag einen Flug mit dem berühmten Wasserflugzeug bekommen. Beim Einsteigen weigerte sich meine Freundin, mit unserem Sohn Nathan an Bord zu kommen. ‚Da hinten setze ich mich nicht rein, da ist keine Tür, wenn was passiert, komme ich da nicht raus.‘ Als ob sie es gewusst hätte. Sie blieb mit Nathan an Land, wir beiden Männer haben natürlich nicht auf sie gehört und flogen mit. Nach dem Start war mir schnell klar, dass die Flugkurve eine Delle hat. Aber ich dachte, na, der Pilot weiß, was er tut, der schafft das schon. An den Aufprall am Boden kann ich mich nicht mehr erinnern.“

"

Einsatzbericht der Hamburger Feuerwehr vom 2. Juli 2006:

Im Juli 2006 stürzte das Wasserflugzeug „Himmelsschreiber“ kurz nach dem Start auf das Gelände des Hamburger Güterbahnhofes. Der einzige Überlebende, Jürgen Z., kann ein halbes Jahr später das Krankenhaus verlassen. Mit uns spricht er in seinem ersten Interview nach dem Unfall über drei Mal erwachen: nach dem Unfall, nach dem Koma und nach dem Krankenhaus in einer ganz neuen Realität. Ein Protokoll. Von Sabine Manecke (Text) und Eva Häberle (Fotos)

132

PROFILE

Ein mit 6 Personen besetztes Wasserflugzeug (Typ: Havilland Beaver DHC-2), in Hamburg bekannt als „Himmelsschreiber“, war gegen 10:38 h vom City-Sportboothafen am Baumwall zu einem Rundflug über Hamburg gestartet. Ca. 2 Minuten nach dem Start stürzte die Maschine aus bislang ungeklärter Ursache ab und schlug im Bereich des Rangierbahnhofes zwischen dem Veddeler Damm und der Brandenburger Straße auf. Das Flugzeug ging sofort in Flammen auf. Das Flugzeug war mit 1 Piloten sowie 5 Gästen besetzt. Zwei Personen (eine mit 40 %, eine mit 80 % Verbrennungen 2.–4. Grades) konnten gerettet und in das BUK Boberg befördert werden. Für vier weitere kam jede Hilfe zu spät. Das Wasserflugzeug ist am Baumwall

stationiert und von dort gestartet. Etwa 15 Angehörige der Fluggäste warteten dort auf die Rückkehr des Flugzeuges. Für die Betreuung der Angehörigen am Baumwall und im UK Boberg wurden die Feuerwehr-Notfallseelsorge und das Krisen­ interventionsteam des DRK alarmiert. Einsatzkräfte an der Absturzstelle: 75 Einsatzkräfte Baumwall/BUK: 40 Das erste Erwachen „Das erste Mal wieder wach geworden bin ich direkt nach dem Aufprall. Ich schnallte mich ab, öffnete die Tür und ließ mich rausfallen. Dann robbte ich so schnell wie möglich vom Flugzeug weg. Ich habe überhaupt nicht realisiert, wie es um mich stand. Meine Hosen waren so komisch zerrissen, und meine Hände sahen fürchterlich aus. Aber mein Gesicht zum Beispiel habe ich überhaupt nicht gespürt. Aus der Reaktion der Ärzte und des Rettungspersonals konnte ich aber ablesen, dass mein Zustand nicht der beste war. Ich habe die Ärzte noch ein bisschen beschimpft, weil ich zurück zum Flugzeug wollte, wegen Aaron, und die mich festgehalten haben. Außerdem wollte ich auf keinen Fall mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus. Für heute hab ich genug vom Fliegen, hab ich denen gesagt. Dann habe ich eine Spritze gekriegt und war weg.“ Jürgen Z. und der Pilot Jörg Steber wurden sofort in das Unfallkrankenhaus Boberg geflogen. In der folgenden Nacht erlag Jörg Steber seinen schweren Verletzungen. Der Zustand des einzigen Überlebenden, Jürgen Z., 38 Jahre, stabilisierte sich. PROFILE

133


Das zweite Erwachen Fünf Wochen wurde Jürgen Z. im künstlichen Koma gehalten, damit die Ärzte und vor allem sein Körper überhaupt eine Chance hatten, mit den Verletzungen zu arbeiten. Als Jürgen Z.s Zustand es erlaubte, wurden die Narkose-Medikamente langsam reduziert. Sein Aufwachen begann – eine Prozedur, die sich über zwei Wochen hinzog. Mehrmals tauchte er für kurze Momente an die Oberfläche, sprach – noch ohne klares Bewusstsein – mit Pflegern und Krankenschwestern und tauchte wieder ab. „In dieser Zeit träumte ich unglaublich intensiv. Ich konnte mich an meine Träume bisher nie erinnern, die waren morgens sofort wieder weg. Ich hielt mich eigentlich für einen Nichtträumer. Aber jetzt waren meine Träume mehr als real, sie waren hyperdeutlich. Wenn die Realität eine VHS ist, dann waren meine Träume in der Bildqualität digitales Cinemascope. Hochaufgelöst, ultrascharf, mit prächtigen Farben. Man sagt ja immer, dass Menschen beim Sterben das Leben an sich vorbeiziehen sehen. Meine Träume waren anders, ich bewegte mich ja ins Leben zurück. Dementsprechend waren meine Träume eine Genesis, ich habe die Welt neu erschaffen, Traum für Traum. Ich habe Bilder im Kopf von wogenden Weizenfeldern im Sonnenschein, von brausenden Meeren und Fischschwärmen, von dramatischen Vulkanen. Zu Geschichten kriege ich das nicht mehr zusammen. Aber alles, was ich da vor meinem geistigen Auge erschuf, hatte einen Fehler. Irgendwas, was die erfolgreiche Evolution wieder zum Einsturz brachte. Das Meer rauschte, und die Fische schwammen in großen Schwärmen, und dann war da eine Fischfabrik, die die Fische mithilfe eines Förderbandes ins Innere bugsierte. Alle Fische lagen in gleicher Größe und parallel ausgerichtet auf den Bändern. Plötzlich war ein Fisch schief aufs Band gekommen und brachte das System durcheinander. Alles brach in sich zusammen. Es gab keine Fische mehr, und das Meer war tot. In einem anderen Traum flogen Vögel an einer Art Rondell oben in der Luft im Kreis. Ganz gleichmäßig. Eine Frau mit einem Hut saß unterhalb der Vögel in einem Café. Ein Vogel flatterte zu stark mit den Flügeln und streifte den Hut der Frau. Damit waren alle Vögel aus dem Gleichgewicht gebracht. In den Träumen spielte der Tod keine Rolle, das Wesentliche 134

PROFILE

war der Defekt. Die Welten, die ich erschuf, waren voller Fehler. Gegen Ende der Aufwachphase begann ich, reale Personen aus dem Krankenhaus in meine Träume einzuflechten. Da sind wohl schon äußere Eindrücke ins Unterbewusste gesickert. Eine Schwester, die sich in meiner Zeit im Koma besonders aufmerksam um mich und vor allem um meinen Vater kümmerte, tauchte plötzlich als meine Gegnerin auf. Wir waren in einem großen Flugzeug, an Bord ein riesiger Sack Marihuana. Sie wollte mich dazu zwingen, aus dem Flugzeug zu springen. Während dieses Traumes muss ich die Schwester wüst beschimpft haben. Ich wirkte schon völlig wach, war es aber nicht, denn ich kann mich an nichts erinnern. Ich habe die Schwester leider nicht mehr gesehen, um mich dafür zu entschuldigen, dass sie für die Rolle der Bösen herhalten musste.“ Medizinisch betrachtet ist das künstliche Koma eine Langzeitnarkose, weil ein kontrollierbarer Zustand. Patienten, die in schwierigen Phasen einer Intensivbehandlung betäubt werden, erhalten zu diesem Zweck Medikamente in wirkungsabhängiger Dosierung. Dabei werden mehrere Arzneien kombiniert eingesetzt: Sedativa (Beruhigungsmittel), Schlaf- und Schmerzmittel, andere Narkotika und Neuroleptika (Psychopharmaka aus der Behandlung der Schizophrenie). Durch ausgiebige Forschung und Patientenbefragungen wird allmählich klarer, welche Leistungen des Gehirns während einer Dauernarkose herabgesetzt werden: Wachheit, Stress- und Schmerzempfinden, Angst, motorische Reaktionen, Erinnerung. Die meisten eingesetzten Medikamente beeinflussen mehrere Hirnleistungen in unterschiedlicher Stärke. Als Jürgen Z. Mitte August aus der Dauernarkose erwacht, liegt er auf der Intensivstation in einer keimfreien Überdruckkammer. Diese Kammer ist wie eine Box: rechts und links eine Scheibe, vorn eine Wand und hinten die zweite mit medizinischen Geräten, aus denen es permanent piept und blinkt. Das Gesicht des Patienten ist bis auf Öffnungen für Lippen, Augen und Nase vollständig bandagiert. Jürgen Z. kann den Grad seiner Verletzungen an der Technisierung seiner Umgebung ablesen, aber vor allem auch an der Art, wie die Ärzte und besonders seine Familie ihn behandeln – behutsam, abwägend

und stockend. Die oft und leise gestellte Frage „Wird dir auch alles gesagt, was los ist?“ impliziert die ständige Sorge, man könne ihm weitere schreckliche Details noch verheimlichen. „Mir war ziemlich schnell klar, wie es um mich steht. Wenn man den eigenen Vater sieht, und der ist ganz aufgelöst und fertig mit den Nerven, dann weiß man, dass es wirklich schlimm sein muss. Überhaupt fühlt man sich durch das von außen herangetragene Beileid fast kränker, als man eigentlich ist. Die haben ja immer nur dieses bandagierte Gesicht mit den verbrannten Lippen gesehen. Dann diese Box, in der man liegt, und die ganze Technik. Mein Vater durfte zu mir rein, aber ein guter Freund besuchte mich und konnte nur über ein großes Wandtelefon außerhalb der Box mit mir sprechen. Ich wusste im Moment des Erwachens sofort wieder, was passiert war. Die Erinnerung war unmittelbar da. Außerdem war gleich der Seelsorger da und sagte: ‚Herr Z., Sie sind in Boberg

auf der Intensivstation, Sie hatten einen schweren Unfall, Sie haben sieben Wochen im Koma gelegen.‘ Am Anfang ist das Wachsein ein Übel. Deswegen schläft man auch relativ schnell wieder ein. Man kann sich in den sicheren Schoß des Schlafes begeben, wenn einem alles zu viel wird. Meine Träume waren ja sehr angenehm. Und es war besser, sich wieder dorthin zu begeben, als mit der Realität konfrontiert zu sein. Es ist ja so, dass man mehrere Sachen verarbeiten muss. Die Verzweiflung der Familie, die Schwere der Verletzungen, und dann kam auch sofort die Sorge, was in der Zwischenzeit mit meinem Betrieb passiert ist. Haben meine Angestellten ordentlich weitergearbeitet, oder ist jetzt das ganze Geschäft den Bach runter? Ich hatte vor dem Unfall eine fürchterliche Unordnung im Büro, und viele Jobs waren noch nicht abgeschlossen. Aber meine Mitarbeiter haben alles so gut gemacht, als hätte ich permanent hinter ihnen gestanden. PROFILE

135


Das zweite Erwachen Fünf Wochen wurde Jürgen Z. im künstlichen Koma gehalten, damit die Ärzte und vor allem sein Körper überhaupt eine Chance hatten, mit den Verletzungen zu arbeiten. Als Jürgen Z.s Zustand es erlaubte, wurden die Narkose-Medikamente langsam reduziert. Sein Aufwachen begann – eine Prozedur, die sich über zwei Wochen hinzog. Mehrmals tauchte er für kurze Momente an die Oberfläche, sprach – noch ohne klares Bewusstsein – mit Pflegern und Krankenschwestern und tauchte wieder ab. „In dieser Zeit träumte ich unglaublich intensiv. Ich konnte mich an meine Träume bisher nie erinnern, die waren morgens sofort wieder weg. Ich hielt mich eigentlich für einen Nichtträumer. Aber jetzt waren meine Träume mehr als real, sie waren hyperdeutlich. Wenn die Realität eine VHS ist, dann waren meine Träume in der Bildqualität digitales Cinemascope. Hochaufgelöst, ultrascharf, mit prächtigen Farben. Man sagt ja immer, dass Menschen beim Sterben das Leben an sich vorbeiziehen sehen. Meine Träume waren anders, ich bewegte mich ja ins Leben zurück. Dementsprechend waren meine Träume eine Genesis, ich habe die Welt neu erschaffen, Traum für Traum. Ich habe Bilder im Kopf von wogenden Weizenfeldern im Sonnenschein, von brausenden Meeren und Fischschwärmen, von dramatischen Vulkanen. Zu Geschichten kriege ich das nicht mehr zusammen. Aber alles, was ich da vor meinem geistigen Auge erschuf, hatte einen Fehler. Irgendwas, was die erfolgreiche Evolution wieder zum Einsturz brachte. Das Meer rauschte, und die Fische schwammen in großen Schwärmen, und dann war da eine Fischfabrik, die die Fische mithilfe eines Förderbandes ins Innere bugsierte. Alle Fische lagen in gleicher Größe und parallel ausgerichtet auf den Bändern. Plötzlich war ein Fisch schief aufs Band gekommen und brachte das System durcheinander. Alles brach in sich zusammen. Es gab keine Fische mehr, und das Meer war tot. In einem anderen Traum flogen Vögel an einer Art Rondell oben in der Luft im Kreis. Ganz gleichmäßig. Eine Frau mit einem Hut saß unterhalb der Vögel in einem Café. Ein Vogel flatterte zu stark mit den Flügeln und streifte den Hut der Frau. Damit waren alle Vögel aus dem Gleichgewicht gebracht. In den Träumen spielte der Tod keine Rolle, das Wesentliche 134

PROFILE

war der Defekt. Die Welten, die ich erschuf, waren voller Fehler. Gegen Ende der Aufwachphase begann ich, reale Personen aus dem Krankenhaus in meine Träume einzuflechten. Da sind wohl schon äußere Eindrücke ins Unterbewusste gesickert. Eine Schwester, die sich in meiner Zeit im Koma besonders aufmerksam um mich und vor allem um meinen Vater kümmerte, tauchte plötzlich als meine Gegnerin auf. Wir waren in einem großen Flugzeug, an Bord ein riesiger Sack Marihuana. Sie wollte mich dazu zwingen, aus dem Flugzeug zu springen. Während dieses Traumes muss ich die Schwester wüst beschimpft haben. Ich wirkte schon völlig wach, war es aber nicht, denn ich kann mich an nichts erinnern. Ich habe die Schwester leider nicht mehr gesehen, um mich dafür zu entschuldigen, dass sie für die Rolle der Bösen herhalten musste.“ Medizinisch betrachtet ist das künstliche Koma eine Langzeitnarkose, weil ein kontrollierbarer Zustand. Patienten, die in schwierigen Phasen einer Intensivbehandlung betäubt werden, erhalten zu diesem Zweck Medikamente in wirkungsabhängiger Dosierung. Dabei werden mehrere Arzneien kombiniert eingesetzt: Sedativa (Beruhigungsmittel), Schlaf- und Schmerzmittel, andere Narkotika und Neuroleptika (Psychopharmaka aus der Behandlung der Schizophrenie). Durch ausgiebige Forschung und Patientenbefragungen wird allmählich klarer, welche Leistungen des Gehirns während einer Dauernarkose herabgesetzt werden: Wachheit, Stress- und Schmerzempfinden, Angst, motorische Reaktionen, Erinnerung. Die meisten eingesetzten Medikamente beeinflussen mehrere Hirnleistungen in unterschiedlicher Stärke. Als Jürgen Z. Mitte August aus der Dauernarkose erwacht, liegt er auf der Intensivstation in einer keimfreien Überdruckkammer. Diese Kammer ist wie eine Box: rechts und links eine Scheibe, vorn eine Wand und hinten die zweite mit medizinischen Geräten, aus denen es permanent piept und blinkt. Das Gesicht des Patienten ist bis auf Öffnungen für Lippen, Augen und Nase vollständig bandagiert. Jürgen Z. kann den Grad seiner Verletzungen an der Technisierung seiner Umgebung ablesen, aber vor allem auch an der Art, wie die Ärzte und besonders seine Familie ihn behandeln – behutsam, abwägend

und stockend. Die oft und leise gestellte Frage „Wird dir auch alles gesagt, was los ist?“ impliziert die ständige Sorge, man könne ihm weitere schreckliche Details noch verheimlichen. „Mir war ziemlich schnell klar, wie es um mich steht. Wenn man den eigenen Vater sieht, und der ist ganz aufgelöst und fertig mit den Nerven, dann weiß man, dass es wirklich schlimm sein muss. Überhaupt fühlt man sich durch das von außen herangetragene Beileid fast kränker, als man eigentlich ist. Die haben ja immer nur dieses bandagierte Gesicht mit den verbrannten Lippen gesehen. Dann diese Box, in der man liegt, und die ganze Technik. Mein Vater durfte zu mir rein, aber ein guter Freund besuchte mich und konnte nur über ein großes Wandtelefon außerhalb der Box mit mir sprechen. Ich wusste im Moment des Erwachens sofort wieder, was passiert war. Die Erinnerung war unmittelbar da. Außerdem war gleich der Seelsorger da und sagte: ‚Herr Z., Sie sind in Boberg

auf der Intensivstation, Sie hatten einen schweren Unfall, Sie haben sieben Wochen im Koma gelegen.‘ Am Anfang ist das Wachsein ein Übel. Deswegen schläft man auch relativ schnell wieder ein. Man kann sich in den sicheren Schoß des Schlafes begeben, wenn einem alles zu viel wird. Meine Träume waren ja sehr angenehm. Und es war besser, sich wieder dorthin zu begeben, als mit der Realität konfrontiert zu sein. Es ist ja so, dass man mehrere Sachen verarbeiten muss. Die Verzweiflung der Familie, die Schwere der Verletzungen, und dann kam auch sofort die Sorge, was in der Zwischenzeit mit meinem Betrieb passiert ist. Haben meine Angestellten ordentlich weitergearbeitet, oder ist jetzt das ganze Geschäft den Bach runter? Ich hatte vor dem Unfall eine fürchterliche Unordnung im Büro, und viele Jobs waren noch nicht abgeschlossen. Aber meine Mitarbeiter haben alles so gut gemacht, als hätte ich permanent hinter ihnen gestanden. PROFILE

135


Das dritte Erwachen

Dann mein Gesicht. Man ist ja in der Anfangsphase nicht lange am Stück wach. Aber es hat mich, wenn ich wach war, sehr stark beschäftigt: Wie sehe ich aus? Wie werde ich in Zukunft durchs Leben gehen? Das erste Mal selbst gesehen habe ich mich noch auf der Intensivstation. Der Seelsorger kam mit einem Spiegel und fragte mich voller Enthusiasmus: ‚Na, wollen Sie’s jetzt mal sehen?‘ Und sein Optimismus hat wirklich geholfen. Es war natürlich trotzdem erschreckend, aber ich hatte es noch schlimmer erwartet. Zu den Verletzungen kam auch noch, dass ich knapp 40 Kilo in den Wochen im Koma verloren hatte. Und dass mein Gesicht natürlich auch sehr eingefallen war. Das allein hätte schon für einen großen Schreck im Spiegel gereicht. Die Sache mit meinem Aussehen hat sich mittlerweile stark relativiert, aber am Anfang war das mit sehr großen Ängsten behaftet. Aber der schwerste Gang, den ich nach dem Aufwachen gehen musste, war natürlich die Frage nach Aaron. Gleich als ich bei Bewusstsein war, habe ich den Seelsorger gefragt: ‚Ist wenigs­ tens Aaron mit einem blauen Auge davongekommen?‘ Der 136

PROFILE

Seelsorger wiederholte mit gesenktem Kopf ‚mit einem blauen Auge‘, und da wusste ich schon, dass dem nicht so ist. Das alles sind so Gedanken und Sorgen, bei denen man echt froh ist, wenn man wieder einschläft. Direkt nach dem Aufwachen gab es oft Punkte, wo ich mich gefragt habe, warum es mich nicht auch erwischt hat. Aber die Frage nach dem Warum stellt man sich natürlich in dem Bewusstsein, dass es keine Antwort darauf gibt. Die Frage nach dem Warum kann nur eine Orientierung für das zukünftige Handeln sein. Ich bin kein gläubiger Mensch. Ich denke ganz schlicht, dass es irgendjemandem ja passieren muss. Ich bin der lebende Beweis für die Richtigkeit der Unfallstatistiken. Die Frage, wie ich als Einziger so etwas überleben konnte, stellen sich eher die anderen. Mein Lebenswille ist sicher sehr ausgeprägt. Viele sagen mir, dass ich unheimlich viel Kraft versprühe und die auch nach außen weitergebe. Das liegt vielleicht an meinem besonderen Willen, aber ich bin mir dessen nicht bewusst. Manche sagen: ‚Du hast hier wohl noch was Wichtiges zu erledigen.‘ Die Erklärung kann ich gelten lassen.“

Als die Entlassung aus dem Krankenhaus näher rückt, kippt die Stimmung. Jürgen Z. versteht nicht, warum ausgerechnet jetzt, wo es ihm besser geht, die Schwestern und Ärzte wieder sorgenvoller werden. Jürgen Z. wird wenige Tage vor Weihnachten aus dem Krankenhaus entlassen und hat nun die schwersten Unfallfolgen vermeintlich überstanden. Er läuft, wenn auch humpelnd, und kehrt an einem Freitag ohne fremde Hilfe aufrecht nach Hause zurück. Er fühlt sich merkwürdig und so gar nicht erleichtert und zu Hause. Am Samstag versteht er die Sorgen und die Vorahnung des Klinikpersonals. Jetzt, wo er den schützenden Kokon der Station verlassen hat, ereilt ihn die Realität – hart und ungefedert. Er war zwar schon vor seiner Entlassung ein paar Male „draußen“, aber immer in dem Bewusstsein, danach wieder in den geregelten und von der Außenwelt unbeobachteten Klinikalltag zurückzukehren. Nun muss er mit den Reaktionen auf sein verletztes Äußeres allein klarkommen. Die Menschen begegnen ihm mit unverhohlener Ablehnung, übertrieben mitleidig oder einfach nur verschreckt – aber niemals so normal wie früher. An diesem Samstag wacht Jürgen Z. sehr unglücklich in seinem neuen Leben auf. Am nächsten Tag ist Heiligabend, und ob es nun seiner inneren Kraft oder seiner Familie oder seinem kleinen Sohn zuzuschreiben ist – das Fest wird schön, und das bedrückende Gefühl verschwindet wieder. Es weicht der erhofften Erleichterung, wieder zu Hause zu sein. Jürgen Z. nimmt immer noch ein Medikament, um das Rumoren in seinem Inneren unten zu halten. Seit er seine Tabletten zweimal vergessen hat, weiß er wie wichtig diese Unterstützung für ihn ist. Er richtet sich sein Leben so ein, dass er unter keinen Umständen für seine Familie zur Belastung wird. Sein Lebenswille ist imponierend. Er versteckt sich nicht, sondern holt sich mit allergrößter Selbstverständlichkeit seinen Alltag zurück. Noch fehlt ihm die körperliche Kraft, zu arbeiten, aber er hadert nicht mit dem Unvermögen, sondern genießt ein Privileg, das ihm als selbstständigem Handwerker vor dem Unfall selten

gewährt war: Er kann sich seine Zeit frei einteilen und sich an dem elementaren Leben und den damit verbundenen Möglich­ keiten freuen. „Im Moment beschäftigen sich meine wenigsten Gedanken mit dem Unfall. Wie bei jedem Menschen steht der Alltag im Vordergrund. Ich lasse zu Hause renovieren, habe Termine, bekomme Besuch, kümmere mich um meinen Sohn. Alltag eben. Der Unterschied zu meinem Alltag früher ist, dass ich mich an kleinen Sachen freuen kann, an diesem Glas frischem Orangensaft. Das wäre mir früher nicht bewusst gewesen, wie gut der ist. Obwohl ich mit meiner Geschichte meist im Mittelpunkt stehe, kann ich anderen besser zuhören und registriere, wie es meinem Gegenüber geht. Ich bin insgesamt sensibler, und ich habe das Gefühl, ich bin klarer im Kopf geworden, vor allem dann, wenn es darum geht, das Wesentliche zu erkennen. Aber ich weiß auch, dass noch sehr viel Arbeit vor mir liegt. Irgendwann werde ich das alles aufarbeiten und hochholen müssen. Abends schlafe ich schlecht ein. Dann erwischen mich die Gedanken an Aaron. Ich grüble mit einer regelrechten Verbissenheit darüber nach, ob ich ihn nicht doch hätte retten können. Wenn ich sofort hinter mich gegriffen hätte, wenn ich mich wenigstens noch einmal umgedreht hätte, um nach ihm zu sehen – vielleicht wäre er dann noch am Leben. In meinem Selbstverständnis bin ich einer, der andere aus dem Dreck zieht. Ich war immer ein starker Junge, ein starker Mann, ein Alphatier. In meinem Leben habe ich ein paarmal Menschen gerettet, ganz klassisch im körperlichen Sinne. Und diesmal, wo es wirklich darauf ankommt und ich die Verantwortung für das Leben dieses Kindes habe, da habe ich als Retter versagt. Ich spiele oft durch, wie es wäre, noch einmal zum Flugzeug zurückzukönnen. Es ist ein Fluch, dass das nicht geht. Ich kann Aaron nicht mehr retten. Das ist das Päckchen, das ich zu tragen habe.“

PROFILE

137


Das dritte Erwachen

Dann mein Gesicht. Man ist ja in der Anfangsphase nicht lange am Stück wach. Aber es hat mich, wenn ich wach war, sehr stark beschäftigt: Wie sehe ich aus? Wie werde ich in Zukunft durchs Leben gehen? Das erste Mal selbst gesehen habe ich mich noch auf der Intensivstation. Der Seelsorger kam mit einem Spiegel und fragte mich voller Enthusiasmus: ‚Na, wollen Sie’s jetzt mal sehen?‘ Und sein Optimismus hat wirklich geholfen. Es war natürlich trotzdem erschreckend, aber ich hatte es noch schlimmer erwartet. Zu den Verletzungen kam auch noch, dass ich knapp 40 Kilo in den Wochen im Koma verloren hatte. Und dass mein Gesicht natürlich auch sehr eingefallen war. Das allein hätte schon für einen großen Schreck im Spiegel gereicht. Die Sache mit meinem Aussehen hat sich mittlerweile stark relativiert, aber am Anfang war das mit sehr großen Ängsten behaftet. Aber der schwerste Gang, den ich nach dem Aufwachen gehen musste, war natürlich die Frage nach Aaron. Gleich als ich bei Bewusstsein war, habe ich den Seelsorger gefragt: ‚Ist wenigs­ tens Aaron mit einem blauen Auge davongekommen?‘ Der 136

PROFILE

Seelsorger wiederholte mit gesenktem Kopf ‚mit einem blauen Auge‘, und da wusste ich schon, dass dem nicht so ist. Das alles sind so Gedanken und Sorgen, bei denen man echt froh ist, wenn man wieder einschläft. Direkt nach dem Aufwachen gab es oft Punkte, wo ich mich gefragt habe, warum es mich nicht auch erwischt hat. Aber die Frage nach dem Warum stellt man sich natürlich in dem Bewusstsein, dass es keine Antwort darauf gibt. Die Frage nach dem Warum kann nur eine Orientierung für das zukünftige Handeln sein. Ich bin kein gläubiger Mensch. Ich denke ganz schlicht, dass es irgendjemandem ja passieren muss. Ich bin der lebende Beweis für die Richtigkeit der Unfallstatistiken. Die Frage, wie ich als Einziger so etwas überleben konnte, stellen sich eher die anderen. Mein Lebenswille ist sicher sehr ausgeprägt. Viele sagen mir, dass ich unheimlich viel Kraft versprühe und die auch nach außen weitergebe. Das liegt vielleicht an meinem besonderen Willen, aber ich bin mir dessen nicht bewusst. Manche sagen: ‚Du hast hier wohl noch was Wichtiges zu erledigen.‘ Die Erklärung kann ich gelten lassen.“

Als die Entlassung aus dem Krankenhaus näher rückt, kippt die Stimmung. Jürgen Z. versteht nicht, warum ausgerechnet jetzt, wo es ihm besser geht, die Schwestern und Ärzte wieder sorgenvoller werden. Jürgen Z. wird wenige Tage vor Weihnachten aus dem Krankenhaus entlassen und hat nun die schwersten Unfallfolgen vermeintlich überstanden. Er läuft, wenn auch humpelnd, und kehrt an einem Freitag ohne fremde Hilfe aufrecht nach Hause zurück. Er fühlt sich merkwürdig und so gar nicht erleichtert und zu Hause. Am Samstag versteht er die Sorgen und die Vorahnung des Klinikpersonals. Jetzt, wo er den schützenden Kokon der Station verlassen hat, ereilt ihn die Realität – hart und ungefedert. Er war zwar schon vor seiner Entlassung ein paar Male „draußen“, aber immer in dem Bewusstsein, danach wieder in den geregelten und von der Außenwelt unbeobachteten Klinikalltag zurückzukehren. Nun muss er mit den Reaktionen auf sein verletztes Äußeres allein klarkommen. Die Menschen begegnen ihm mit unverhohlener Ablehnung, übertrieben mitleidig oder einfach nur verschreckt – aber niemals so normal wie früher. An diesem Samstag wacht Jürgen Z. sehr unglücklich in seinem neuen Leben auf. Am nächsten Tag ist Heiligabend, und ob es nun seiner inneren Kraft oder seiner Familie oder seinem kleinen Sohn zuzuschreiben ist – das Fest wird schön, und das bedrückende Gefühl verschwindet wieder. Es weicht der erhofften Erleichterung, wieder zu Hause zu sein. Jürgen Z. nimmt immer noch ein Medikament, um das Rumoren in seinem Inneren unten zu halten. Seit er seine Tabletten zweimal vergessen hat, weiß er wie wichtig diese Unterstützung für ihn ist. Er richtet sich sein Leben so ein, dass er unter keinen Umständen für seine Familie zur Belastung wird. Sein Lebenswille ist imponierend. Er versteckt sich nicht, sondern holt sich mit allergrößter Selbstverständlichkeit seinen Alltag zurück. Noch fehlt ihm die körperliche Kraft, zu arbeiten, aber er hadert nicht mit dem Unvermögen, sondern genießt ein Privileg, das ihm als selbstständigem Handwerker vor dem Unfall selten

gewährt war: Er kann sich seine Zeit frei einteilen und sich an dem elementaren Leben und den damit verbundenen Möglich­ keiten freuen. „Im Moment beschäftigen sich meine wenigsten Gedanken mit dem Unfall. Wie bei jedem Menschen steht der Alltag im Vordergrund. Ich lasse zu Hause renovieren, habe Termine, bekomme Besuch, kümmere mich um meinen Sohn. Alltag eben. Der Unterschied zu meinem Alltag früher ist, dass ich mich an kleinen Sachen freuen kann, an diesem Glas frischem Orangensaft. Das wäre mir früher nicht bewusst gewesen, wie gut der ist. Obwohl ich mit meiner Geschichte meist im Mittelpunkt stehe, kann ich anderen besser zuhören und registriere, wie es meinem Gegenüber geht. Ich bin insgesamt sensibler, und ich habe das Gefühl, ich bin klarer im Kopf geworden, vor allem dann, wenn es darum geht, das Wesentliche zu erkennen. Aber ich weiß auch, dass noch sehr viel Arbeit vor mir liegt. Irgendwann werde ich das alles aufarbeiten und hochholen müssen. Abends schlafe ich schlecht ein. Dann erwischen mich die Gedanken an Aaron. Ich grüble mit einer regelrechten Verbissenheit darüber nach, ob ich ihn nicht doch hätte retten können. Wenn ich sofort hinter mich gegriffen hätte, wenn ich mich wenigstens noch einmal umgedreht hätte, um nach ihm zu sehen – vielleicht wäre er dann noch am Leben. In meinem Selbstverständnis bin ich einer, der andere aus dem Dreck zieht. Ich war immer ein starker Junge, ein starker Mann, ein Alphatier. In meinem Leben habe ich ein paarmal Menschen gerettet, ganz klassisch im körperlichen Sinne. Und diesmal, wo es wirklich darauf ankommt und ich die Verantwortung für das Leben dieses Kindes habe, da habe ich als Retter versagt. Ich spiele oft durch, wie es wäre, noch einmal zum Flugzeug zurückzukönnen. Es ist ein Fluch, dass das nicht geht. Ich kann Aaron nicht mehr retten. Das ist das Päckchen, das ich zu tragen habe.“

PROFILE

137


In den Vereinigten Staaten bilden die zahllosen kleinen Kirchen zusammen mit den neuen Megakirchen eine Glaubensmacht, die immer mehr politischen Einfluss erhält. Aber wie finden Amerikaner in Deutschland spirituelle Unterstützung? In Heidelberg wurde ein ehemaliges Autohaus zum Jesus World Outreach Center umfunktioniert. Eine Gelegenheit mehr, sich dem anstrengenden wie faszinierenden Zeremoniell aus Euphorie, Erlösung und Heilung zu unterwerfen. Von Alinde Sonntag (Text & Fotos)

138

REPORTAGE

REPORTAGE

139


In den Vereinigten Staaten bilden die zahllosen kleinen Kirchen zusammen mit den neuen Megakirchen eine Glaubensmacht, die immer mehr politischen Einfluss erhält. Aber wie finden Amerikaner in Deutschland spirituelle Unterstützung? In Heidelberg wurde ein ehemaliges Autohaus zum Jesus World Outreach Center umfunktioniert. Eine Gelegenheit mehr, sich dem anstrengenden wie faszinierenden Zeremoniell aus Euphorie, Erlösung und Heilung zu unterwerfen. Von Alinde Sonntag (Text & Fotos)

138

REPORTAGE

REPORTAGE

139


Über die Hälfte der US-Bürger glaubt, dass Gott die Menschen in ihrer jetzigen Gestalt geschaffen hat. 70 Millionen evangelikale Christen, auch „Born agains“ („Wiedergeborene“) genannt, fassen die Bibel als alleinige, wortwörtlich zu begreifende Richtschnur auf. Dazu glauben viele von ihnen auch an George W. Bush. Der Präsident der „Glaubensmacht im Westen“ erfreut sie regelmäßig mit seinen religiösen Bekenntnissen und schickt im Namen von Gott und Vaterland ihre Kinder in den Krieg gegen den Terror. Viele von ihnen, die sich im Irak die Beine, die Unschuld oder gleich das ganze Leben wegschießen lassen, werden aus amerikanischen Stützpunkten in Deutschland wie Ansbach, Landstuhl oder Heidelberg verschickt. So sind auch hierzulande zahlreiche Glaubensbrüder und -schwestern aus diversen Kirchen am Werk, um „die Jungs“ und ihre Familien zu unterstützen. Die meisten entstammen der Evangelikalen-, Wiedergeborenen- oder Erweckungsbewegung. Gedanklich fußt der Begriff der „Erweckung“ auf Epheser 5,14 LUT: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ Was so viel heißt wie: Dein Leben beginnt neu, wenn du zur Umkehr und zur geistigen Erneuerung bereit bist; und du kannst nur Heil erfahren, wenn du erleuchtet und damit neu geboren bist. So wird es in fast allen Kirchen der genannten Bewegungen ausgelegt – auch im Jesus World Outreach Center in Heidelberg, wo gerade wieder der Gottesdienst beginnt. Wie immer werde ich persönlich begrüßt. Diesmal möchte ich vorn sitzen. Neben mir ein älteres Ehepaar: er schwarz, sie 140

REPORTAGE

ganz hellhäutig. Auf der anderen Seite ein irisch aussehender großer Mann mit rötlichen Haaren und Sommersprossen. Er lächelt mir freundlich zu und klatscht im Takt mit der Band in die Hände. Sie singen lachend und mit Begeisterung und wiegen sich von links nach rechts. Alle lachen. Reverend Larsson ist diesmal anwesend. Ein kleiner, drahtiger Mann. Sieht aus wie James Baldwin. Sehr vertrauenswürdig, aber nicht charismatisch. Seine Frau Phyllis hat den weltlicheren Part übernommen, sie hält die Geldsammelpredigt. Ihr Gesicht ist hart, sie spricht laut. Füllige Figur, aber makellos gekleidet: Ein knallgrünes Jackett zum schwarzen engen Rock, an den Füßen trägt sie zierliche grün-schwarze Pumps. Nun wird die Bibelstelle zitiert, diesmal ist es Matthäus 19: die Geschichte vom Reichen, der ins Himmelreich wollte. „Und siehe, einer trat zu ihm und fragte: Meister, was soll ich Gutes tun, damit ich das ewige Leben habe? Er aber sprach zu ihm: Was fragst du mich nach dem, was gut ist? Gut ist nur Einer. Willst du aber zum Leben eingehen, so halte die Gebote. Da fragte er ihn: Welche? Jesus aber sprach: Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben; ehre Vater und Mutter (2. Mose 20,12–16); und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (3. Mose 19,18). Da sprach der Jüngling zu ihm: Das habe ich alles gehalten; was fehlt mir noch? Jesus antwortete ihm: Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach! Als der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt davon; denn er hatte viele Güter. Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich,

ich sage euch: Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen. Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Als das seine Jünger hörten, entsetzten sie sich sehr und sprachen: Ja, wer kann dann selig werden? Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist’s unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich.“ „Amen!“, rufen alle in der Kirche. Aber wirklich alles müssen wir nicht verkaufen, nur einen Teil. Der geht an die Kirche und an die Armen. Nach Afrika, nach Indien, sogar nach Amerika. Amen! Dieses ehemalige Autohaus soll doch gekauft werden – wir brauchen unsere eigene Kirche. Amen! Den Zehnten sollt ihr geben! Wisst ihr, was das heißt? Zehn Prozent von eurem Gehalt. Ihr werdet es tausendfach zurückbekommen. Amen. Aber wer nichts hat, muss auch nichts geben! Strenger Blick

auf die Gemeinde. Amen. Amen! Jetzt der Reverend: Singt lauter! Hebt die Arme hoch! We are redeemed! We are redeemed! Und noch mal: We are redeemed! Wir sind erlöst, sagt der Übersetzer. Manchmal tut er sich schwer, denn der Reverend sprudelt die Sätze nur so hervor und nimmt sich kaum Zeit zum Atemholen. Die junge Frau vor mir setzt sich erschöpft auf ihren Stuhl. Sie ist höchstens 25 und hat zwei Krücken. Ich sehe, dass sie Schmerzen hat. In ihrer schneeweißen Kleidung wirkt sie so bedrückend unschuldig. Der Reverend spricht über die Erlösung. Nicht verzweifeln sollen wir, wenn uns ein Unglück trifft, nein, wir sollen sprechen. Wir sollen laut sagen, dass wir erlöst sind, und nichts kann uns etwas anhaben. Man nimmt dir deinen Job! Was tust du? Du duckst dich und schweigst. Er senkt den Kopf und beugt den Rücken. Nein, das tust du REPORTAGE

141


Über die Hälfte der US-Bürger glaubt, dass Gott die Menschen in ihrer jetzigen Gestalt geschaffen hat. 70 Millionen evangelikale Christen, auch „Born agains“ („Wiedergeborene“) genannt, fassen die Bibel als alleinige, wortwörtlich zu begreifende Richtschnur auf. Dazu glauben viele von ihnen auch an George W. Bush. Der Präsident der „Glaubensmacht im Westen“ erfreut sie regelmäßig mit seinen religiösen Bekenntnissen und schickt im Namen von Gott und Vaterland ihre Kinder in den Krieg gegen den Terror. Viele von ihnen, die sich im Irak die Beine, die Unschuld oder gleich das ganze Leben wegschießen lassen, werden aus amerikanischen Stützpunkten in Deutschland wie Ansbach, Landstuhl oder Heidelberg verschickt. So sind auch hierzulande zahlreiche Glaubensbrüder und -schwestern aus diversen Kirchen am Werk, um „die Jungs“ und ihre Familien zu unterstützen. Die meisten entstammen der Evangelikalen-, Wiedergeborenen- oder Erweckungsbewegung. Gedanklich fußt der Begriff der „Erweckung“ auf Epheser 5,14 LUT: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ Was so viel heißt wie: Dein Leben beginnt neu, wenn du zur Umkehr und zur geistigen Erneuerung bereit bist; und du kannst nur Heil erfahren, wenn du erleuchtet und damit neu geboren bist. So wird es in fast allen Kirchen der genannten Bewegungen ausgelegt – auch im Jesus World Outreach Center in Heidelberg, wo gerade wieder der Gottesdienst beginnt. Wie immer werde ich persönlich begrüßt. Diesmal möchte ich vorn sitzen. Neben mir ein älteres Ehepaar: er schwarz, sie 140

REPORTAGE

ganz hellhäutig. Auf der anderen Seite ein irisch aussehender großer Mann mit rötlichen Haaren und Sommersprossen. Er lächelt mir freundlich zu und klatscht im Takt mit der Band in die Hände. Sie singen lachend und mit Begeisterung und wiegen sich von links nach rechts. Alle lachen. Reverend Larsson ist diesmal anwesend. Ein kleiner, drahtiger Mann. Sieht aus wie James Baldwin. Sehr vertrauenswürdig, aber nicht charismatisch. Seine Frau Phyllis hat den weltlicheren Part übernommen, sie hält die Geldsammelpredigt. Ihr Gesicht ist hart, sie spricht laut. Füllige Figur, aber makellos gekleidet: Ein knallgrünes Jackett zum schwarzen engen Rock, an den Füßen trägt sie zierliche grün-schwarze Pumps. Nun wird die Bibelstelle zitiert, diesmal ist es Matthäus 19: die Geschichte vom Reichen, der ins Himmelreich wollte. „Und siehe, einer trat zu ihm und fragte: Meister, was soll ich Gutes tun, damit ich das ewige Leben habe? Er aber sprach zu ihm: Was fragst du mich nach dem, was gut ist? Gut ist nur Einer. Willst du aber zum Leben eingehen, so halte die Gebote. Da fragte er ihn: Welche? Jesus aber sprach: Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis geben; ehre Vater und Mutter (2. Mose 20,12–16); und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (3. Mose 19,18). Da sprach der Jüngling zu ihm: Das habe ich alles gehalten; was fehlt mir noch? Jesus antwortete ihm: Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach! Als der Jüngling das Wort hörte, ging er betrübt davon; denn er hatte viele Güter. Jesus aber sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich,

ich sage euch: Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich kommen. Und weiter sage ich euch: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme. Als das seine Jünger hörten, entsetzten sie sich sehr und sprachen: Ja, wer kann dann selig werden? Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist’s unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich.“ „Amen!“, rufen alle in der Kirche. Aber wirklich alles müssen wir nicht verkaufen, nur einen Teil. Der geht an die Kirche und an die Armen. Nach Afrika, nach Indien, sogar nach Amerika. Amen! Dieses ehemalige Autohaus soll doch gekauft werden – wir brauchen unsere eigene Kirche. Amen! Den Zehnten sollt ihr geben! Wisst ihr, was das heißt? Zehn Prozent von eurem Gehalt. Ihr werdet es tausendfach zurückbekommen. Amen. Aber wer nichts hat, muss auch nichts geben! Strenger Blick

auf die Gemeinde. Amen. Amen! Jetzt der Reverend: Singt lauter! Hebt die Arme hoch! We are redeemed! We are redeemed! Und noch mal: We are redeemed! Wir sind erlöst, sagt der Übersetzer. Manchmal tut er sich schwer, denn der Reverend sprudelt die Sätze nur so hervor und nimmt sich kaum Zeit zum Atemholen. Die junge Frau vor mir setzt sich erschöpft auf ihren Stuhl. Sie ist höchstens 25 und hat zwei Krücken. Ich sehe, dass sie Schmerzen hat. In ihrer schneeweißen Kleidung wirkt sie so bedrückend unschuldig. Der Reverend spricht über die Erlösung. Nicht verzweifeln sollen wir, wenn uns ein Unglück trifft, nein, wir sollen sprechen. Wir sollen laut sagen, dass wir erlöst sind, und nichts kann uns etwas anhaben. Man nimmt dir deinen Job! Was tust du? Du duckst dich und schweigst. Er senkt den Kopf und beugt den Rücken. Nein, das tust du REPORTAGE

141


nicht! Du redest. Du bist erlöst. Sag es. Und wodurch sind wir erlöst? Durch das Blut Jesu. Und warum das Blut? Weil das Blut das Leben ist. Was passiert, wenn du hier (er deutet auf den Rücken) oder hier (deutet auf die Brust) Schmerzen hast? Du gehst zum Doktor. Und was macht der Doktor? Er ziiiieht Blut aus dir raus, legt es unter das Mikroskop. Ja, was hat das mit den Schmerzen im Rücken zu tun? Das Leben ist im Blut. Er kann sehen, was los ist. Er sagt dir, was für ein Zipperlein du hast. Alle lachen. Amen! Wie viel Geld hast du, fragt Reverend Larsson einen Mann in der ersten Reihe. Der zieht eine 20-Dollar-Note heraus. Du bist Adam, sagt der Reverend und gibt ihm ein Blatt Papier. Er selbst nimmt die 20 Dollar. Ich bin Jesus. Er hält sie hoch. 20 Dollar. Das ist aus ... Papier!, rufen die Leute. Ja, und hier (er hebt den Arm von Adam mit dem Blatt Papier), das ist auch ... Papier!, rufen sie. Dann hebt er den 20-Dollar-Schein wieder hoch. Und was ist der Unterschied? Was hat das hier? Wert!, ruft die Gemeinde. Richtig, es hat Wert. Jesus bietet euch etwas, was Wert hat. Adam bietet euch nichts. Leeres Papier. Amen. Amen! Wir brauchen einen Wert. Gott gibt uns einen Wert. Wir predigen keine Religion. Wir spritzen nicht Wasser auf euch! Er macht das Kreuzeszeichen, nimmt eine Flasche Mineralwasser und spritzt es auf die Zuhörer. Alle lachen und klatschen. Der Reverend steigt auf einen Stuhl. Er muss alle sehen können. Da hinten irgendwo, da steht jemand, er hat immer große Schmerzen im Kopf. Komm nach vorn. Haltet seinen Kopf. Ich bitte Dich, Herr, nimm ihm die Schmerzen. Lass seinen Kopf frei werden von Schmerz. Herr. Und er schreit: Tu es 142

REPORTAGE

jetzt! Viele treten vor. Eine Frau schluchzt laut. Sie stützen sie. Er steht auf dem Stuhl und schreit Gott an. Jetzt!, schreit er. Dann bittet er alle, die Schmerzen haben, nach vorn zu kommen. Viele Leute stehen jetzt da vorn. Sie halten sich an den Händen. Reverend Larsson geht von einem zum anderen. Seine Helfer stehen wie Schutzengel mit blauen Tüchern über der Schulter hinter den Bittenden. Er legt die Hand auf. Er kniet vor ihnen und berührt schmerzende Beine, Knie, Füße. Dann plötzlich fallen einige nach hinten. Die Helfer stützen sie, legen sie vorsichtig auf den Boden und breiten ein blaues Tuch über sie. Da liegen sie dann mit geschlossenen Augen, schwer atmend für ein paar Minuten, dann stehen sie lächelnd auf. Drückt Larsson sie nach hinten? Der Ire neben mir hat Schmerzen im Bein. Der Reverend kniet vor ihm nieder, umschließt das Bein mit beiden Händen. Er greift etwas Hartes. Was ist das?, fragt er. Ich kann die Antwort des Mannes nicht hören. Ich sehe den Reverend nur nicken und das Bein noch fester umfassen. Die junge weiße Frau hätte er fast vergessen. Minister Aderbury erinnert ihn an sie. Ja, sie hat Schmerzen im Bein. Er legt seine Hand auf ihre Stirn, sie weint. Dann fällt sie nach hinten. Langsam kommen der Chor und die Band wieder nach vorn. Sie spielen und singen, während wir die Kirche verlassen. Draußen muss ich mich vor Erschöpfung erst mal auf die Treppe setzen. Can we give you a ride?, fragt die Frau im lila Kleid. No, thanks, I’m fine!

Fotografie: Alinde Sonntag Bildbearbeitung: Holger Speth (www.appel-grafik.de)

REPORTAGE

143


nicht! Du redest. Du bist erlöst. Sag es. Und wodurch sind wir erlöst? Durch das Blut Jesu. Und warum das Blut? Weil das Blut das Leben ist. Was passiert, wenn du hier (er deutet auf den Rücken) oder hier (deutet auf die Brust) Schmerzen hast? Du gehst zum Doktor. Und was macht der Doktor? Er ziiiieht Blut aus dir raus, legt es unter das Mikroskop. Ja, was hat das mit den Schmerzen im Rücken zu tun? Das Leben ist im Blut. Er kann sehen, was los ist. Er sagt dir, was für ein Zipperlein du hast. Alle lachen. Amen! Wie viel Geld hast du, fragt Reverend Larsson einen Mann in der ersten Reihe. Der zieht eine 20-Dollar-Note heraus. Du bist Adam, sagt der Reverend und gibt ihm ein Blatt Papier. Er selbst nimmt die 20 Dollar. Ich bin Jesus. Er hält sie hoch. 20 Dollar. Das ist aus ... Papier!, rufen die Leute. Ja, und hier (er hebt den Arm von Adam mit dem Blatt Papier), das ist auch ... Papier!, rufen sie. Dann hebt er den 20-Dollar-Schein wieder hoch. Und was ist der Unterschied? Was hat das hier? Wert!, ruft die Gemeinde. Richtig, es hat Wert. Jesus bietet euch etwas, was Wert hat. Adam bietet euch nichts. Leeres Papier. Amen. Amen! Wir brauchen einen Wert. Gott gibt uns einen Wert. Wir predigen keine Religion. Wir spritzen nicht Wasser auf euch! Er macht das Kreuzeszeichen, nimmt eine Flasche Mineralwasser und spritzt es auf die Zuhörer. Alle lachen und klatschen. Der Reverend steigt auf einen Stuhl. Er muss alle sehen können. Da hinten irgendwo, da steht jemand, er hat immer große Schmerzen im Kopf. Komm nach vorn. Haltet seinen Kopf. Ich bitte Dich, Herr, nimm ihm die Schmerzen. Lass seinen Kopf frei werden von Schmerz. Herr. Und er schreit: Tu es 142

REPORTAGE

jetzt! Viele treten vor. Eine Frau schluchzt laut. Sie stützen sie. Er steht auf dem Stuhl und schreit Gott an. Jetzt!, schreit er. Dann bittet er alle, die Schmerzen haben, nach vorn zu kommen. Viele Leute stehen jetzt da vorn. Sie halten sich an den Händen. Reverend Larsson geht von einem zum anderen. Seine Helfer stehen wie Schutzengel mit blauen Tüchern über der Schulter hinter den Bittenden. Er legt die Hand auf. Er kniet vor ihnen und berührt schmerzende Beine, Knie, Füße. Dann plötzlich fallen einige nach hinten. Die Helfer stützen sie, legen sie vorsichtig auf den Boden und breiten ein blaues Tuch über sie. Da liegen sie dann mit geschlossenen Augen, schwer atmend für ein paar Minuten, dann stehen sie lächelnd auf. Drückt Larsson sie nach hinten? Der Ire neben mir hat Schmerzen im Bein. Der Reverend kniet vor ihm nieder, umschließt das Bein mit beiden Händen. Er greift etwas Hartes. Was ist das?, fragt er. Ich kann die Antwort des Mannes nicht hören. Ich sehe den Reverend nur nicken und das Bein noch fester umfassen. Die junge weiße Frau hätte er fast vergessen. Minister Aderbury erinnert ihn an sie. Ja, sie hat Schmerzen im Bein. Er legt seine Hand auf ihre Stirn, sie weint. Dann fällt sie nach hinten. Langsam kommen der Chor und die Band wieder nach vorn. Sie spielen und singen, während wir die Kirche verlassen. Draußen muss ich mich vor Erschöpfung erst mal auf die Treppe setzen. Can we give you a ride?, fragt die Frau im lila Kleid. No, thanks, I’m fine!

Fotografie: Alinde Sonntag Bildbearbeitung: Holger Speth (www.appel-grafik.de)

REPORTAGE

143


Ihre Augen werden changierende, transparente Farben sehen – Licht von einer Sanftheit, die Ihre Netzhaut streichelt. Alles, was Sie wahrnehmen, sind duftende Morgenluftmoleküle, die sich zärtlich aneinanderschmiegen. Sie ahnen die Gegenwart unsichtbarer Verbündeter, die leise mit Ihnen im selben Rhythmus atmen, wie seit Jahrtausenden. Ein exquisites Glücksgefühl durchströmt Sie, Sie empfinden Dankbarkeit und eine große Lust auf alles, was da kommen mag – an diesem Tag wie in hunderttausend Jahren. Sie sind überlegen und einzigartig, bedeutungslos und gewöhnlich. Sie kapitulieren und sind Sieger zugleich. Sie sind ein friedfertiger Untertan und ein allmächtiger König. Wer diesen eleganten Rausch einmal erlebt hat, will ihn wieder und wird keine Anstrengung scheuen, ihn sich erneut zu verschaffen, den Sonnenaufgang. Unfassbar, dass manche die stumpfe Bewusstlosigkeit hinter bis zum Mittag geschlossenen Fensterläden diesen überirdisch schönen Momenten vorziehen! Was sind das für lichtscheue Wesen, deren Sensoren für Schönheit in der Dunkelheit verkümmern? Und was sind sie mehr als eine bettschwere Masse, die sich nicht erheben kann, um Zeuge des erhabensten, Millionen Jahre alten Spektakels zu sein? Wer sich so was entgehen lässt, weiß sein Dasein auf Erden einfach nicht zu schätzen. Denn was soll einen Menschen an einem Tag, der so überwältigend beginnt, noch umhauen? Welches Ereignis könnte jetzt noch von Bedeutung sein? Nur Schlafmützen, die ihre Trägheit als Lebenskunst etikettieren, mögen dagegen einwenden, dass ein Sonnenaufgang völlig alltäglich ist. Genau. Darum aber ist er mitnichten banal, sondern eine schöne Lektion des Vertrauens. Seit ewigen Zeiten verlassen alle Lebewesen sich darauf, dass die Sonne morgen wieder aufgeht. Menschliche Allmachtsfantasien schrumpfen beim Anblick einer glühenden Sonne, die sich ganz ohne unser Zutun am Horizont erhebt, auf ein gesundes Maß. Und wer eine Neigung hat, die Welt in Grautönen zu malen, dem ist sowieso nur mit Disziplin zu helfen. Wecker stellen, stark sein, vor der ersten Morgendämmerung aufstehen!

Und nur Pragmatiker können in ihrer erschütternden Schlichtheit glauben, ein Sonnenuntergang erfülle den gleichen Zweck. Natürlich ist auch das Versinken der Sonne hinter dem Horizont sehenswert, doch lässt es den Menschen eher ratlos zurück: Man hebt nur müde Augenbrauen und Schultern. Ein Sonnenuntergang verheißt nichts, er bringt nur ­schwarze Nacht. Ganz anders als der Sonnenaufgang, den man sich ­erobern und verdienen muss, ist der Sonnenuntergang außerdem ein ConvenienceArtikel, ein billiges Flittchen: viel zu leicht und an jeder Ecke zu haben.

Aufstehen ist gar nicht so übel, wenn man nur rechtzeitig damit beginnt. Der frühe Vogel fängt nämlich nicht nur den Wurm, sondern auch den Sonnenaufgang ein – und das ist immer noch die schönste Belohnung. Ein Plädoyer. Von Judith Stoletzky (Text) und Bob Ross® (Kunst)

Dass es sich beim Sonnenaufgang hingegen um ein göttliches Ereignis handelt, war in der Antike noch jedem bewusst. Damals war die Morgenröte eine Gottheit namens Eos, anmutig und goldgelockt. Allmorgendlich tauchte sie in einem flammenden Gewand aus dem Okeanos auf, um den Tag anzukündigen und Helios, ihrem Bruder, den Weg zu weisen. Wie bei schönen Frauen Usus, war Eos um Verehrer nicht verlegen und pflegte auch als Ehefrau und vielfache Mutter noch zahllose Amouren. Nach der Affäre mit dem Kriegsgott Ares strafte dessen Gattin Aphrodite Eos mit unstillbarer Gier nach sterblichen jungen Männern. Eos’ Begierde war so heftig, dass sie selbst vor Scham errötete, wenn sie Morgen für Morgen suchend über den Horizont zog. Heute müsste die rosige Eos unbeachtet verblühen, denn die dummen schönen jungen Männer liegen um ihre Zeit alle noch mit Restkater im Bett. Dabei ist der junge Morgen atemberaubend und wunderschön. Majestätisch schön. Bitte bleiben Sie also ruhig liegen, schlafen Sie sich richtig aus. König kann nicht jeder sein.

® Registered trademark of Bob Ross Inc. Bildbearbeitung: Jeremy Wells (www.appel-grafik.de)

144

ESSAI

ESSAI

145


Ihre Augen werden changierende, transparente Farben sehen – Licht von einer Sanftheit, die Ihre Netzhaut streichelt. Alles, was Sie wahrnehmen, sind duftende Morgenluftmoleküle, die sich zärtlich aneinanderschmiegen. Sie ahnen die Gegenwart unsichtbarer Verbündeter, die leise mit Ihnen im selben Rhythmus atmen, wie seit Jahrtausenden. Ein exquisites Glücksgefühl durchströmt Sie, Sie empfinden Dankbarkeit und eine große Lust auf alles, was da kommen mag – an diesem Tag wie in hunderttausend Jahren. Sie sind überlegen und einzigartig, bedeutungslos und gewöhnlich. Sie kapitulieren und sind Sieger zugleich. Sie sind ein friedfertiger Untertan und ein allmächtiger König. Wer diesen eleganten Rausch einmal erlebt hat, will ihn wieder und wird keine Anstrengung scheuen, ihn sich erneut zu verschaffen, den Sonnenaufgang. Unfassbar, dass manche die stumpfe Bewusstlosigkeit hinter bis zum Mittag geschlossenen Fensterläden diesen überirdisch schönen Momenten vorziehen! Was sind das für lichtscheue Wesen, deren Sensoren für Schönheit in der Dunkelheit verkümmern? Und was sind sie mehr als eine bettschwere Masse, die sich nicht erheben kann, um Zeuge des erhabensten, Millionen Jahre alten Spektakels zu sein? Wer sich so was entgehen lässt, weiß sein Dasein auf Erden einfach nicht zu schätzen. Denn was soll einen Menschen an einem Tag, der so überwältigend beginnt, noch umhauen? Welches Ereignis könnte jetzt noch von Bedeutung sein? Nur Schlafmützen, die ihre Trägheit als Lebenskunst etikettieren, mögen dagegen einwenden, dass ein Sonnenaufgang völlig alltäglich ist. Genau. Darum aber ist er mitnichten banal, sondern eine schöne Lektion des Vertrauens. Seit ewigen Zeiten verlassen alle Lebewesen sich darauf, dass die Sonne morgen wieder aufgeht. Menschliche Allmachtsfantasien schrumpfen beim Anblick einer glühenden Sonne, die sich ganz ohne unser Zutun am Horizont erhebt, auf ein gesundes Maß. Und wer eine Neigung hat, die Welt in Grautönen zu malen, dem ist sowieso nur mit Disziplin zu helfen. Wecker stellen, stark sein, vor der ersten Morgendämmerung aufstehen!

Und nur Pragmatiker können in ihrer erschütternden Schlichtheit glauben, ein Sonnenuntergang erfülle den gleichen Zweck. Natürlich ist auch das Versinken der Sonne hinter dem Horizont sehenswert, doch lässt es den Menschen eher ratlos zurück: Man hebt nur müde Augenbrauen und Schultern. Ein Sonnenuntergang verheißt nichts, er bringt nur ­schwarze Nacht. Ganz anders als der Sonnenaufgang, den man sich ­erobern und verdienen muss, ist der Sonnenuntergang außerdem ein ConvenienceArtikel, ein billiges Flittchen: viel zu leicht und an jeder Ecke zu haben.

Aufstehen ist gar nicht so übel, wenn man nur rechtzeitig damit beginnt. Der frühe Vogel fängt nämlich nicht nur den Wurm, sondern auch den Sonnenaufgang ein – und das ist immer noch die schönste Belohnung. Ein Plädoyer. Von Judith Stoletzky (Text) und Bob Ross® (Kunst)

Dass es sich beim Sonnenaufgang hingegen um ein göttliches Ereignis handelt, war in der Antike noch jedem bewusst. Damals war die Morgenröte eine Gottheit namens Eos, anmutig und goldgelockt. Allmorgendlich tauchte sie in einem flammenden Gewand aus dem Okeanos auf, um den Tag anzukündigen und Helios, ihrem Bruder, den Weg zu weisen. Wie bei schönen Frauen Usus, war Eos um Verehrer nicht verlegen und pflegte auch als Ehefrau und vielfache Mutter noch zahllose Amouren. Nach der Affäre mit dem Kriegsgott Ares strafte dessen Gattin Aphrodite Eos mit unstillbarer Gier nach sterblichen jungen Männern. Eos’ Begierde war so heftig, dass sie selbst vor Scham errötete, wenn sie Morgen für Morgen suchend über den Horizont zog. Heute müsste die rosige Eos unbeachtet verblühen, denn die dummen schönen jungen Männer liegen um ihre Zeit alle noch mit Restkater im Bett. Dabei ist der junge Morgen atemberaubend und wunderschön. Majestätisch schön. Bitte bleiben Sie also ruhig liegen, schlafen Sie sich richtig aus. König kann nicht jeder sein.

® Registered trademark of Bob Ross Inc. Bildbearbeitung: Jeremy Wells (www.appel-grafik.de)

144

ESSAI

ESSAI

145


Die perfekte Welle lässt gern auf sich warten. Und wer zu spät aufsteht, hat eben Pech gehabt. Von Daniel Schröder (Fotos) und Isabelle Thiry (Styling)

Dunkelblaues Hemd mit Kapuze von Wooyoungmi

146

MODE

MODE

147


Die perfekte Welle lässt gern auf sich warten. Und wer zu spät aufsteht, hat eben Pech gehabt. Von Daniel Schröder (Fotos) und Isabelle Thiry (Styling)

Dunkelblaues Hemd mit Kapuze von Wooyoungmi

146

MODE

MODE

147


Grasgrüner Pullover, graue Shorts und Handstrick-Socken von Prada

148

MODE

Schwarzer Nylonmantel von JOOP!, graue, knielange Shorts mit Bundfalte von Hope, Gürtel und Mütze von Burberry Prorsum, Leggings Stylist’s own

MODE

149


Grasgrüner Pullover, graue Shorts und Handstrick-Socken von Prada

148

MODE

Schwarzer Nylonmantel von JOOP!, graue, knielange Shorts mit Bundfalte von Hope, Gürtel und Mütze von Burberry Prorsum, Leggings Stylist’s own

MODE

149


Schwarzer Windbreaker und hellblaue Lederhose von Ute Ploier, schwarze Baggy-Shorts von Henrik Vibskov

150

MODE

MODE

151


Schwarzer Windbreaker und hellblaue Lederhose von Ute Ploier, schwarze Baggy-Shorts von Henrik Vibskov

150

MODE

MODE

151


Schwarzes Netzshirt mit Kapuze von Bless, Kette Stylist’s own

Marineblaues Lederhemd von Gucci, schwarze Bermudas von Cinque, Metallic-Leggings von American Apparel, Schuhe von Birkenstock, Gürtel Stylist’s own

152

MODE

MODE

153


Schwarzes Netzshirt mit Kapuze von Bless, Kette Stylist’s own

Marineblaues Lederhemd von Gucci, schwarze Bermudas von Cinque, Metallic-Leggings von American Apparel, Schuhe von Birkenstock, Gürtel Stylist’s own

152

MODE

MODE

153


Dunkelblaues Hemd mit Kapuze von Wooyoungmi, schwarze kurze Jacke mit Bindeg端rtel und Bermudas mit tiefem Schritt von Spastor

154

MODE

MODE

155


Dunkelblaues Hemd mit Kapuze von Wooyoungmi, schwarze kurze Jacke mit Bindeg端rtel und Bermudas mit tiefem Schritt von Spastor

154

MODE

MODE

155


Schwarzes Hemd mit Kapuze von Bless, schwarze Lederweste von Wonhundred, dunkelblaues Strick-Tanktop von Acne Jeans, schwarze Badeshorts von Filippa K

156

MODE

Graues Netzjackett, graue Nylonshorts, schwarze Leggings und grauer Pullover (um die Taille gewickelt) von Calvin Klein Collection

MODE

157


Schwarzes Hemd mit Kapuze von Bless, schwarze Lederweste von Wonhundred, dunkelblaues Strick-Tanktop von Acne Jeans, schwarze Badeshorts von Filippa K

156

MODE

Graues Netzjackett, graue Nylonshorts, schwarze Leggings und grauer Pullover (um die Taille gewickelt) von Calvin Klein Collection

MODE

157


Schwarze Bomberjacke mit V-Ausschnitt von Velour, graues Hoddy mit asymmetrischem Verschluss von Wonhundred, weiĂ&#x;e Shorts von Diesel, Surfanzug (darunter) von O’Neill

158

MODE

MODE

159


Schwarze Bomberjacke mit V-Ausschnitt von Velour, graues Hoddy mit asymmetrischem Verschluss von Wonhundred, weiĂ&#x;e Shorts von Diesel, Surfanzug (darunter) von O’Neill

158

MODE

MODE

159


Schwarzer glänzender Mantel und Silbermetallic-Kurzjacke von Givenchy, Leggings Stylist’s own

160

MODE

Grauer Nylon-Papier-Mantel von Jil Sander

MODE

161


Schwarzer glänzender Mantel und Silbermetallic-Kurzjacke von Givenchy, Leggings Stylist’s own

160

MODE

Grauer Nylon-Papier-Mantel von Jil Sander

MODE

161


Schwarzer Nylon-Trenchcoat von Burberry Prorsum

162

MODE

Fotografie: Daniel Schrรถder (www.nergermao.de) Styling: Isabelle Thiry (www.thiry.info) Stylingassistenz: Mehrbood Mokarram Model: Geoffroy (www.selectmodel.com) Bildbearbeitung: Holger Speth, Anja Vermehren, Jeremy Wells (www.appel-grafik.de)

MODE

163


Schwarzer Nylon-Trenchcoat von Burberry Prorsum

162

MODE

Fotografie: Daniel Schrรถder (www.nergermao.de) Styling: Isabelle Thiry (www.thiry.info) Stylingassistenz: Mehrbood Mokarram Model: Geoffroy (www.selectmodel.com) Bildbearbeitung: Holger Speth, Anja Vermehren, Jeremy Wells (www.appel-grafik.de)

MODE

163


Wenn es so herrlich warm im Bett ist, wenn der Tag erst so langsam dämmert und die Träume gerade noch eine wilde Liaison mit einer üppigen Blondine ermöglichen, dann kommt er ganz besonders ungelegen: der Weckruf zum Aufstehen. Je nach Charakter und Veranlagung reicht ein kurzes Summen, die Augen klappen auf, und der Tag kann kommen. Andere werden selbst dann nicht wach, wenn ihnen Slayer „Raining Blood“ in die Ohrtrompete kreischt. Wir haben die verschiedenen Wecktypen zusammengestellt und klassifiziert und ihnen die schönsten Wecker der Saison zugeteilt. Von Maria Grossmann, Monika Schürle (Fotos) und Sabine Manecke (Text)

5.30 bis 7.10 Uhr. Der Papa

6.10 Uhr. Der Studienrat

Eigentlich könnte er bis 9.00 Uhr schlafen. Das würde dicke reichen. Er könnte dann sogar noch in Ruhe beim Italiener einen Cappuccino trinken, weil sein Dienstbeginn flexibel zu handhaben ist und er zu seinem Büro nur ums Eck gehen muss. Leider haben seine beiden kleinen Kinder diametral entgegengesetzte Ansichten in puncto Tagesablauf. Bei guter Laune schlafen sie bis sieben, bei schlechter Laune, Zahnweh, Schnupfen, Durchfall, also immer, steht mindestens einer auch schon mal um halb sechs auf der Matte. „Wuäääääh“, „Papa, Kimmerzimmer!“ oder „Papa, ich hab mir einpieschert“ sind ihre unüberhörbaren Weckrufe. Ausnahmen gibt es keine, Babys und Kleinkinder sind ein Ausbund an Zuverlässigkeit. Trotz der zeitigen Weckung schafft es der Papa nie, rechtzeitig aus dem Haus zu sein, um noch in Ruhe einen Cappuccino zu trinken. Denn Kinder stehen zwar schnell auf, brauchen für alles andere aber irre lang.

Ein Klingeln, ein kurzes Aufschrecken, ein Blick auf den Wecker, und schon zieht sich der Studienrat seine gebügelten Socken an und begrüßt den Tag mit einer kurzen Kniebeuge. Seine Frau versucht, liegen zu bleiben, klemmt sich die Schlafbrille fest über die Augen und kapituliert Sekunden später doch vor dem eiskalten Wind, der durch das geöffnete Fenster die „gute Morgenluft“ hereinträgt. Herr Studienrat stellt das Radio an, Info-Sender, erste Nachrichten, und rasiert sich akkurat zu Anschlägen in Afghanistan und Gesundheitsreform. Dann holt er Brötchen für sich und seine Frau, die seit 20 Jahren so tut, als freue sie sich über diesen Liebesdienst, die aber eigentlich auf Brötchen pfeift und lieber noch ein Viertelstündchen im muffigen, dunklen Schlafzimmer dösen würde. Wecker: Globetrotter WT von Wehrle

Wecker: Levi, 4 Jahre, und Rosi, 11 Monate, unverkäuflich

164

ACCESSOIRES

ACCESSOIRES

165


Wenn es so herrlich warm im Bett ist, wenn der Tag erst so langsam dämmert und die Träume gerade noch eine wilde Liaison mit einer üppigen Blondine ermöglichen, dann kommt er ganz besonders ungelegen: der Weckruf zum Aufstehen. Je nach Charakter und Veranlagung reicht ein kurzes Summen, die Augen klappen auf, und der Tag kann kommen. Andere werden selbst dann nicht wach, wenn ihnen Slayer „Raining Blood“ in die Ohrtrompete kreischt. Wir haben die verschiedenen Wecktypen zusammengestellt und klassifiziert und ihnen die schönsten Wecker der Saison zugeteilt. Von Maria Grossmann, Monika Schürle (Fotos) und Sabine Manecke (Text)

5.30 bis 7.10 Uhr. Der Papa

6.10 Uhr. Der Studienrat

Eigentlich könnte er bis 9.00 Uhr schlafen. Das würde dicke reichen. Er könnte dann sogar noch in Ruhe beim Italiener einen Cappuccino trinken, weil sein Dienstbeginn flexibel zu handhaben ist und er zu seinem Büro nur ums Eck gehen muss. Leider haben seine beiden kleinen Kinder diametral entgegengesetzte Ansichten in puncto Tagesablauf. Bei guter Laune schlafen sie bis sieben, bei schlechter Laune, Zahnweh, Schnupfen, Durchfall, also immer, steht mindestens einer auch schon mal um halb sechs auf der Matte. „Wuäääääh“, „Papa, Kimmerzimmer!“ oder „Papa, ich hab mir einpieschert“ sind ihre unüberhörbaren Weckrufe. Ausnahmen gibt es keine, Babys und Kleinkinder sind ein Ausbund an Zuverlässigkeit. Trotz der zeitigen Weckung schafft es der Papa nie, rechtzeitig aus dem Haus zu sein, um noch in Ruhe einen Cappuccino zu trinken. Denn Kinder stehen zwar schnell auf, brauchen für alles andere aber irre lang.

Ein Klingeln, ein kurzes Aufschrecken, ein Blick auf den Wecker, und schon zieht sich der Studienrat seine gebügelten Socken an und begrüßt den Tag mit einer kurzen Kniebeuge. Seine Frau versucht, liegen zu bleiben, klemmt sich die Schlafbrille fest über die Augen und kapituliert Sekunden später doch vor dem eiskalten Wind, der durch das geöffnete Fenster die „gute Morgenluft“ hereinträgt. Herr Studienrat stellt das Radio an, Info-Sender, erste Nachrichten, und rasiert sich akkurat zu Anschlägen in Afghanistan und Gesundheitsreform. Dann holt er Brötchen für sich und seine Frau, die seit 20 Jahren so tut, als freue sie sich über diesen Liebesdienst, die aber eigentlich auf Brötchen pfeift und lieber noch ein Viertelstündchen im muffigen, dunklen Schlafzimmer dösen würde. Wecker: Globetrotter WT von Wehrle

Wecker: Levi, 4 Jahre, und Rosi, 11 Monate, unverkäuflich

164

ACCESSOIRES

ACCESSOIRES

165


7.05 Uhr. Der Phobiker

7.40 Uhr. Der ewige Junge

Es ist noch verdammt früh, mancher würde sagen, mitten in der Nacht. Der Phobiker ist aber trotzdem eigentlich schon wach. Sein Schlaf hat sich lange aus der REM-Phase erhoben und befindet sich im seichten Prädormitium. Obwohl er anerkanntermaßen ein Leichtschläfer ist, fürchtet er nichts mehr, als den Wecker zu überhören, ergo zu verschlafen und in der Konsequenz zu spät zur Arbeit zu kommen. Um diese Katastrophe zu verhindern, hat der Phobiker einen sehr lauten Wecker auf 7.05 Uhr gestellt. Falls nachts Mäuse die Batterien ausschlürfen, hat er zur Sicherheit noch einen Radiowecker auf 7.06 Uhr programmiert. Im Falle eines Stromausfalls rasseln zwei mechanische Wecker zwischen 7.07 und 7.12 Uhr los. In den dazwischenliegenden Minuten würden weitere mit unterschiedlichsten Akkus ausgerüstete Wecker ihre Dienste tun. Denn: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Das ist das Motto unseres Mannes, der um 6.50 Uhr von selbst wach wird und ganz gewissenhaft all seine Wecker ausschaltet. Um Batterien zu sparen, oder Strom.

Allah ist groß. Jeden Morgen wundert sich der Nachbar mit Migrationshintergrund, warum in diesem Haus zu religiösen Unzeiten der Muezzin brüllt. Allah ist groß, weil der ewige Junge den Moschee-Rabatz tierisch lustig findet. Der Sound ist durchaus vergleichbar mit den Lautsprechern einer Moschee, sagen wir mal, in Albanien. Die Lautstärke auch. Der ewige Junge, der in Wahrheit vom Alter her durchaus schon Vater eines halbwüchsigen Sohnes mit gleichem Geschmack sein könnte, hat den Plastikramsch aus der Türkei mitgebracht. Mit dem Erwerb solcher Witzigkeiten versucht unser Junge, sein tatsächliches und sein gefühltes Alter in einen bewussten Kontrast zu setzen. Vielleicht gibt es ihm beim Ausüben seiner Tätigkeit als erfolgreicher Programmierer das Gefühl, so wie früher jederzeit abhauen und gen Süden trampen zu können. Nach Albanien zum Beispiel. Wecker: Moschee, Orientbasar oder bei eBay

Untere Reihe: links: mechanischer Wecker von Kienzle, 2. v. r.: New Time Square von Swiza, rechts: Wecker von Kienzle, alle anderen Wecker Stylist’s own

166

ACCESSOIRES

ACCESSOIRES

167


7.05 Uhr. Der Phobiker

7.40 Uhr. Der ewige Junge

Es ist noch verdammt früh, mancher würde sagen, mitten in der Nacht. Der Phobiker ist aber trotzdem eigentlich schon wach. Sein Schlaf hat sich lange aus der REM-Phase erhoben und befindet sich im seichten Prädormitium. Obwohl er anerkanntermaßen ein Leichtschläfer ist, fürchtet er nichts mehr, als den Wecker zu überhören, ergo zu verschlafen und in der Konsequenz zu spät zur Arbeit zu kommen. Um diese Katastrophe zu verhindern, hat der Phobiker einen sehr lauten Wecker auf 7.05 Uhr gestellt. Falls nachts Mäuse die Batterien ausschlürfen, hat er zur Sicherheit noch einen Radiowecker auf 7.06 Uhr programmiert. Im Falle eines Stromausfalls rasseln zwei mechanische Wecker zwischen 7.07 und 7.12 Uhr los. In den dazwischenliegenden Minuten würden weitere mit unterschiedlichsten Akkus ausgerüstete Wecker ihre Dienste tun. Denn: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Das ist das Motto unseres Mannes, der um 6.50 Uhr von selbst wach wird und ganz gewissenhaft all seine Wecker ausschaltet. Um Batterien zu sparen, oder Strom.

Allah ist groß. Jeden Morgen wundert sich der Nachbar mit Migrationshintergrund, warum in diesem Haus zu religiösen Unzeiten der Muezzin brüllt. Allah ist groß, weil der ewige Junge den Moschee-Rabatz tierisch lustig findet. Der Sound ist durchaus vergleichbar mit den Lautsprechern einer Moschee, sagen wir mal, in Albanien. Die Lautstärke auch. Der ewige Junge, der in Wahrheit vom Alter her durchaus schon Vater eines halbwüchsigen Sohnes mit gleichem Geschmack sein könnte, hat den Plastikramsch aus der Türkei mitgebracht. Mit dem Erwerb solcher Witzigkeiten versucht unser Junge, sein tatsächliches und sein gefühltes Alter in einen bewussten Kontrast zu setzen. Vielleicht gibt es ihm beim Ausüben seiner Tätigkeit als erfolgreicher Programmierer das Gefühl, so wie früher jederzeit abhauen und gen Süden trampen zu können. Nach Albanien zum Beispiel. Wecker: Moschee, Orientbasar oder bei eBay

Untere Reihe: links: mechanischer Wecker von Kienzle, 2. v. r.: New Time Square von Swiza, rechts: Wecker von Kienzle, alle anderen Wecker Stylist’s own

166

ACCESSOIRES

ACCESSOIRES

167


Fotografie: Maria Grossmann, Monika Schürle Danke an Kuball und Kempe für die Requisiten

8.30 Uhr. Der Tüftler

10.15 Uhr. Der Connaisseur

Sein Schlaf ist beeindruckend. Laut Selbstauskunft könnte man ihn mitsamt seiner Matratze nach draußen tragen und auf eine Verkehrsinsel stellen, und er würde den Schlaf der Gerechten weiterschlafen. Deswegen reicht dem Tüftler kein normaler Wecker. Er braucht eine Maschine. Also geht er in den Keller und freut sich über einen neuen Vorwand, seiner chronischen Bastelsucht nachzugeben. Ein Schleuderarm, der am Vorabend mit einem nassen Schwamm versehen wurde, soll dem Delinquenten in die schlaftrunkene Visage klatschen. Eine Zeitschaltuhr steuert die Stromzufuhr. Um 7.30 Uhr wird ein Elektromesser ausgelöst, das ein gespanntes Paketband, das den Schleuderarm hält, ruck, zuck durchtrennt. Mit pfeifendem Sausen springt der Arm Richtung Schlafmütze. Um Verletzungen vorzubeugen, ist der Schleuderarm gepolstert. An alles ist gedacht. Trotzdem kommt die Maschine selten zum Einsatz. Denn die Angst vor der nassen Wucht lässt den Tüftler rechtzeitig aufwachen. Eine Minute bevor es zu spät ist.

Cum tempore? Mit dieser leicht hüstelnd gestellten Frage begleitet der Connaisseur jede Verabredung, um sein Gegenüber stante pede über seinen Bildungshintergrund in Kenntnis zu setzen. Die akademische Viertelstunde gönnt sich der feine Herr auch beim Aufstehen. Eile ist was für Proletarier. Wer es sich leisten kann, bleibt liegen. Von seinem Anspruch her würde der Connaisseur sich am liebsten wecken lassen. Aber weil gutes Personal heute selten ist und eventuelle Lebensgefährten die bourgeoise Selbstbestimmung stören, deswegen braucht der Connaisseur eben doch etwas so Profanes wie einen Wecker. Falls man hin und wieder mal pünktlich kommen muss. Zum Beispiel im Anschluss an ein ausgedehntes Mittagsschläfchen zur Verleihung des lila Hosenbandordens. Wecker und Accessoires im Python-Look: Cartier

Wecker: Oliver Cole, Eigenanfertigung, Materialwert ca. 10 Euro

168

ACCESSOIRES

ACCESSOIRES

169


Fotografie: Maria Grossmann, Monika Schürle Danke an Kuball und Kempe für die Requisiten

8.30 Uhr. Der Tüftler

10.15 Uhr. Der Connaisseur

Sein Schlaf ist beeindruckend. Laut Selbstauskunft könnte man ihn mitsamt seiner Matratze nach draußen tragen und auf eine Verkehrsinsel stellen, und er würde den Schlaf der Gerechten weiterschlafen. Deswegen reicht dem Tüftler kein normaler Wecker. Er braucht eine Maschine. Also geht er in den Keller und freut sich über einen neuen Vorwand, seiner chronischen Bastelsucht nachzugeben. Ein Schleuderarm, der am Vorabend mit einem nassen Schwamm versehen wurde, soll dem Delinquenten in die schlaftrunkene Visage klatschen. Eine Zeitschaltuhr steuert die Stromzufuhr. Um 7.30 Uhr wird ein Elektromesser ausgelöst, das ein gespanntes Paketband, das den Schleuderarm hält, ruck, zuck durchtrennt. Mit pfeifendem Sausen springt der Arm Richtung Schlafmütze. Um Verletzungen vorzubeugen, ist der Schleuderarm gepolstert. An alles ist gedacht. Trotzdem kommt die Maschine selten zum Einsatz. Denn die Angst vor der nassen Wucht lässt den Tüftler rechtzeitig aufwachen. Eine Minute bevor es zu spät ist.

Cum tempore? Mit dieser leicht hüstelnd gestellten Frage begleitet der Connaisseur jede Verabredung, um sein Gegenüber stante pede über seinen Bildungshintergrund in Kenntnis zu setzen. Die akademische Viertelstunde gönnt sich der feine Herr auch beim Aufstehen. Eile ist was für Proletarier. Wer es sich leisten kann, bleibt liegen. Von seinem Anspruch her würde der Connaisseur sich am liebsten wecken lassen. Aber weil gutes Personal heute selten ist und eventuelle Lebensgefährten die bourgeoise Selbstbestimmung stören, deswegen braucht der Connaisseur eben doch etwas so Profanes wie einen Wecker. Falls man hin und wieder mal pünktlich kommen muss. Zum Beispiel im Anschluss an ein ausgedehntes Mittagsschläfchen zur Verleihung des lila Hosenbandordens. Wecker und Accessoires im Python-Look: Cartier

Wecker: Oliver Cole, Eigenanfertigung, Materialwert ca. 10 Euro

168

ACCESSOIRES

ACCESSOIRES

169


Das erwartungsfrohe Aufstehen gelingt dem Mann am Morgen nur teilweise. Schon deshalb braucht er ganz schnell eine kleine Belohnung. Neue Unterhosen im H채rtetest. Von Troy & Heiko (Fotos und Models)

Unterhose mit Sneakers von H&M

170

MODE

MODE

171


Das erwartungsfrohe Aufstehen gelingt dem Mann am Morgen nur teilweise. Schon deshalb braucht er ganz schnell eine kleine Belohnung. Neue Unterhosen im H채rtetest. Von Troy & Heiko (Fotos und Models)

Unterhose mit Sneakers von H&M

170

MODE

MODE

171


Geringelte Unterhose mit Knopfleiste von Henrik Vibskov

Blau-weiß geringelte Unterhose von Diesel

Weiße Unterhose von Schiesser Revival Blaue Boxershorts von IO-Berlin

Dunkelgraue Unterhose von Schiesser Revival Weiße Boxershorts von H&M

Hellgraue Unterhose von Schiesser Revival

172

MODE

Schwarze Unterhose mit Skat-Muster von H&M

MODE

173


Geringelte Unterhose mit Knopfleiste von Henrik Vibskov

Blau-weiß geringelte Unterhose von Diesel

Weiße Unterhose von Schiesser Revival Blaue Boxershorts von IO-Berlin

Dunkelgraue Unterhose von Schiesser Revival Weiße Boxershorts von H&M

Hellgraue Unterhose von Schiesser Revival

172

MODE

Schwarze Unterhose mit Skat-Muster von H&M

MODE

173


Sie ist in die Schuhe gekommen, aber wo ist alles andere? Und was ist eigentlich mit wem passiert? Kristiane hat bis jetzt noch nicht viel beieinander. Auch so kann das manchmal anfangen … Von Robert Grischek (Fotos) und Séraphine de Lima (Styling)

Spitzen-BH von La Perla Black Label

174

PRIVÉ

PRIVÉ

175


Sie ist in die Schuhe gekommen, aber wo ist alles andere? Und was ist eigentlich mit wem passiert? Kristiane hat bis jetzt noch nicht viel beieinander. Auch so kann das manchmal anfangen … Von Robert Grischek (Fotos) und Séraphine de Lima (Styling)

Spitzen-BH von La Perla Black Label

174

PRIVÉ

PRIVÉ

175


Triangle-BH und Slip von La Perla Black Label, Plateau-Highheels mit Glitzersteinen am Absatz von Prada

176

PRIVÉ

PRIVÉ

177


Triangle-BH und Slip von La Perla Black Label, Plateau-Highheels mit Glitzersteinen am Absatz von Prada

176

PRIVÉ

PRIVÉ

177


Body mit Glitzersteinapplikationen (Vintage), Lack-Mokassin-Highheels von Gucci

178

PRIVÉ

PRIVÉ

179


Body mit Glitzersteinapplikationen (Vintage), Lack-Mokassin-Highheels von Gucci

178

PRIVÉ

PRIVÉ

179


Slip Multicolor von Diesel, Strümpfe von Dior, Plateau-Highheels aus Lackleder von Versace

180

PRIVÉ

PRIVÉ

181


Slip Multicolor von Diesel, Strümpfe von Dior, Plateau-Highheels aus Lackleder von Versace

180

PRIVÉ

PRIVÉ

181


Satin-BH von Diesel, Slip von Fifi Chachnil, Strümpfe von Agent Provocateur (Vintage), Satinpumps von Prada

182

PRIVÉ

PRIVÉ

183


Satin-BH von Diesel, Slip von Fifi Chachnil, Strümpfe von Agent Provocateur (Vintage), Satinpumps von Prada

182

PRIVÉ

PRIVÉ

183


Panty mit Strumpfhalter und Netzstrümpfen von Agent Provocateur, Highheels von Celine

184

PRIVÉ

Schlusscredits: Uscin henim zzrit aliquat. Uscilluptat la faccum nisl delisit dolor sit autat utpat. Fotografie: Robert CumGrischek quat, core(www.grischek.com) molortie vel utat. Styling: Séraphine de Lima (www.ballsaal.com) Artdirektion: Mieke Haase (www.miekehaase.de) Haare & Make-up: Gudrun Müller (www.bigoudi.de) Model: Kristiane Reinberga (www.m4models.de) Assistenz: Ilka Böer und Georg Schmid Bildbearbeitung: Kai Alexander Schabacker (www.appel-grafik.de)

PRIVÉ

185


Panty mit Strumpfhalter und Netzstrümpfen von Agent Provocateur, Highheels von Celine

184

PRIVÉ

Schlusscredits: Uscin henim zzrit aliquat. Uscilluptat la faccum nisl delisit dolor sit autat utpat. Fotografie: Robert CumGrischek quat, core(www.grischek.com) molortie vel utat. Styling: Séraphine de Lima (www.ballsaal.com) Artdirektion: Mieke Haase (www.miekehaase.de) Haare & Make-up: Gudrun Müller (www.bigoudi.de) Model: Kristiane Reinberga (www.m4models.de) Assistenz: Ilka Böer und Georg Schmid Bildbearbeitung: Kai Alexander Schabacker (www.appel-grafik.de)

PRIVÉ

185


WICHSEN

Vergiss den „Fänger im Roggen“, und den „Grünen Heinrich“ sowieso. Es war Philip Roth, der schon in den 70ern das definitive Meisterwerk zum Innenleben des (auch sexuell) erwachenden jungen Mannes veröffentlichte – und das Jahrzehnte bevor der Rest der Welt von Roths Meisterschaft zu schwadronieren begann. Hier ist noch mal ein Kapitel aus „Portnoys Beschwerden“, das an Deutlichkeit nichts auslässt. Warum auch. Von Sabine Manecke (Auswahl)

186

OBJeT TROUVÉ

Dann kam die Pubertät – und ich verbringe die Hälfte der Zeit, in der ich nicht schlafe, eingeschlossen im Badezimmer und schieße meine Ladung in die Klosettschüssel oder in die schmutzige Wäsche im Wä­schekorb, oder ich spritze sie aufwärts, in den Spiegel des Medizinschränkchens, vor dem ich mit heruntergelassenen Hosen stand, um zu sehen, wie es herauskam. Oder ich beugte mich tief über meine fliegen­de Faust, mit fest zusammengekniffenen Augen, jedoch weit offenem Mund, um das sämige Gemisch aus Buttermilch und Mandelöl auf Zunge und Zähnen zu spüren – obwohl mir soundso oft, in meiner blinden Ekstase, das ganze Zeug in die Haare ging, wie ein Schuß Shampoo. Eine Welt von verklebten Taschentüchern und zusammenge­knülltem Kleenex und befleckten Pyjamas umgab meinen wunden und geschwollenen Penis, und ich lebte in ständiger Angst, daß meine Ver­worfenheit von jemand entdeckt werden könnte, der mich gerade dann überrascht, wenn ich, wie von Sinnen, meine Ladung loswerde. Trotz­dem war es mir völlig unmöglich, die Pfoten von meinem Pimmel zu lassen, sobald er begann sich aufzurichten. Mitten in einer Schulstunde hob ich die Hand, um austreten zu dürfen, rannte den Gang hinunter zur Toilette und holte mir, vor einem Pissoirbecken stehend, mit zehn oder fünfzehn wilden, ruckhaften Handbewegungen einen herunter. Samstag nachmittags beim Kinobesuch stehe ich auf und gehe ohne meine Freunde zum Automaten – was damit endet, daß ich, weit von ihnen entfernt, auf einem Balkonplatz, meinen Samen in die leere Hülle eines Schokoladenriegels spritze. Während einer Landpartie, die unsere ganze Sippe unternahm, schnitt ich aus einem Apfel das Kerngehäuse heraus, sah zu meinem Erstaunen (bestärkt durch meine Fixation), wie er nun aussah, und rannte fort, in den Wald, um mich auf die ausge­höhlte Frucht fallen zu lassen, wobei ich mir vorstellte, daß die kühle samtige Öffnung sich zwischen den Beinen jenes mythischen Wesens befinde, das mich immer Big Boy nannte, wenn sie um das flehte, was kein Mädchen in der ganzen Geschichte der Menschheit je bekommen hatte. „Stoß ihn rein, Big Boy“, rief der ausgehöhlte Apfel, den ich

auf diesem Ausflug vögelte wie verrückt. „Big Boy, Big Boy, o gib’s mir, gib mir alles, was du hast“, flehte die leere Milchflasche, die ich in unserem Kellerverschlag versteckt hatte, um dort nach der Schule mei­nem Vaselingesalbten die Zügel schießen zu lassen. „Komm, Big Boy, komm“, schrie das toll gewordene Stück Leber, das ich, in meiner eige­nen Tollheit, eines Nachmittags in einem Fleischerladen kaufte und, ob Sie’s glauben oder nicht, hinter einer Reklametafel vergewaltigte – auf dem Weg zur Bar-Mizwa-Stunde. Gegen Ende meines ersten High-School- (und Onanisten-) Jahres entdeckte ich an der Unterseite meines Gliedes, dort, wo die Eichel beginnt, eine kleine, dunkel verfärbte Stelle, die später als Leberfleck diagnostiziert wurde. Krebs. Ich hatte Krebs, durch eigenes Verschul­den. All das Zerren und Ziehen an meinem Fleisch, diese ewige Reiberei hatte mir eine unheilbare Krankheit eingetragen. Und dabei noch keine vierzehn! Abends, im Bett, liefen meine Tränen. „Nein!“ schluchzte ich. „Ich will nicht sterben! Bitte – nein!“ Aber dann, weil ich ohnehin sehr bald ein Leichnam sein würde, trieb ich es wie immer und schoß ab, in einen meiner Socken. Ich hatte mir angewöhnt, meine schmutzigen Socken abends mit ins Bett zu nehmen, um einen davon beim Schlafen­gehen für meine Zwecke zu benutzen, und den anderen beim Erwachen. Wenn ich mich doch bloß auf einmal am Tage beschränken könnte, oder auf zwei-, selbst dreimal! Doch den Tod vor Augen, stellte ich, im Gegenteil, neue Rekorde auf. Vor den Mahlzeiten. Nach den Mahlzei­ten. Während der Mahlzeiten. Ich springe beim Mittagessen auf, ich greife mir mit dramatischer Geste an den Bauch – Durchfall! Ich habe Durchfall! schreie ich – und kaum ist die Badezimmertür hinter mir verschlossen, streife ich mir ein Unterhöschen über den Kopf, das ich vom Toilettentisch meiner Schwester entwendet habe und, eingerollt in ein Taschentuch, mit mir herumtrage. Der baumwollene Schlüpfer an meinen Lippen hat eine dermaßen befeuernde Wirkung – wie schon allein das Wort „Schlüpfer“ – daß die Flugbahn meiner Ejakulation ungeahnte Höhen erreicht: wie eine Rakete schießt mein Samen zur Birne an der OBJeT TROUVÉ

187


WICHSEN

Vergiss den „Fänger im Roggen“, und den „Grünen Heinrich“ sowieso. Es war Philip Roth, der schon in den 70ern das definitive Meisterwerk zum Innenleben des (auch sexuell) erwachenden jungen Mannes veröffentlichte – und das Jahrzehnte bevor der Rest der Welt von Roths Meisterschaft zu schwadronieren begann. Hier ist noch mal ein Kapitel aus „Portnoys Beschwerden“, das an Deutlichkeit nichts auslässt. Warum auch. Von Sabine Manecke (Auswahl)

186

OBJeT TROUVÉ

Dann kam die Pubertät – und ich verbringe die Hälfte der Zeit, in der ich nicht schlafe, eingeschlossen im Badezimmer und schieße meine Ladung in die Klosettschüssel oder in die schmutzige Wäsche im Wä­schekorb, oder ich spritze sie aufwärts, in den Spiegel des Medizinschränkchens, vor dem ich mit heruntergelassenen Hosen stand, um zu sehen, wie es herauskam. Oder ich beugte mich tief über meine fliegen­de Faust, mit fest zusammengekniffenen Augen, jedoch weit offenem Mund, um das sämige Gemisch aus Buttermilch und Mandelöl auf Zunge und Zähnen zu spüren – obwohl mir soundso oft, in meiner blinden Ekstase, das ganze Zeug in die Haare ging, wie ein Schuß Shampoo. Eine Welt von verklebten Taschentüchern und zusammenge­knülltem Kleenex und befleckten Pyjamas umgab meinen wunden und geschwollenen Penis, und ich lebte in ständiger Angst, daß meine Ver­worfenheit von jemand entdeckt werden könnte, der mich gerade dann überrascht, wenn ich, wie von Sinnen, meine Ladung loswerde. Trotz­dem war es mir völlig unmöglich, die Pfoten von meinem Pimmel zu lassen, sobald er begann sich aufzurichten. Mitten in einer Schulstunde hob ich die Hand, um austreten zu dürfen, rannte den Gang hinunter zur Toilette und holte mir, vor einem Pissoirbecken stehend, mit zehn oder fünfzehn wilden, ruckhaften Handbewegungen einen herunter. Samstag nachmittags beim Kinobesuch stehe ich auf und gehe ohne meine Freunde zum Automaten – was damit endet, daß ich, weit von ihnen entfernt, auf einem Balkonplatz, meinen Samen in die leere Hülle eines Schokoladenriegels spritze. Während einer Landpartie, die unsere ganze Sippe unternahm, schnitt ich aus einem Apfel das Kerngehäuse heraus, sah zu meinem Erstaunen (bestärkt durch meine Fixation), wie er nun aussah, und rannte fort, in den Wald, um mich auf die ausge­höhlte Frucht fallen zu lassen, wobei ich mir vorstellte, daß die kühle samtige Öffnung sich zwischen den Beinen jenes mythischen Wesens befinde, das mich immer Big Boy nannte, wenn sie um das flehte, was kein Mädchen in der ganzen Geschichte der Menschheit je bekommen hatte. „Stoß ihn rein, Big Boy“, rief der ausgehöhlte Apfel, den ich

auf diesem Ausflug vögelte wie verrückt. „Big Boy, Big Boy, o gib’s mir, gib mir alles, was du hast“, flehte die leere Milchflasche, die ich in unserem Kellerverschlag versteckt hatte, um dort nach der Schule mei­nem Vaselingesalbten die Zügel schießen zu lassen. „Komm, Big Boy, komm“, schrie das toll gewordene Stück Leber, das ich, in meiner eige­nen Tollheit, eines Nachmittags in einem Fleischerladen kaufte und, ob Sie’s glauben oder nicht, hinter einer Reklametafel vergewaltigte – auf dem Weg zur Bar-Mizwa-Stunde. Gegen Ende meines ersten High-School- (und Onanisten-) Jahres entdeckte ich an der Unterseite meines Gliedes, dort, wo die Eichel beginnt, eine kleine, dunkel verfärbte Stelle, die später als Leberfleck diagnostiziert wurde. Krebs. Ich hatte Krebs, durch eigenes Verschul­den. All das Zerren und Ziehen an meinem Fleisch, diese ewige Reiberei hatte mir eine unheilbare Krankheit eingetragen. Und dabei noch keine vierzehn! Abends, im Bett, liefen meine Tränen. „Nein!“ schluchzte ich. „Ich will nicht sterben! Bitte – nein!“ Aber dann, weil ich ohnehin sehr bald ein Leichnam sein würde, trieb ich es wie immer und schoß ab, in einen meiner Socken. Ich hatte mir angewöhnt, meine schmutzigen Socken abends mit ins Bett zu nehmen, um einen davon beim Schlafen­gehen für meine Zwecke zu benutzen, und den anderen beim Erwachen. Wenn ich mich doch bloß auf einmal am Tage beschränken könnte, oder auf zwei-, selbst dreimal! Doch den Tod vor Augen, stellte ich, im Gegenteil, neue Rekorde auf. Vor den Mahlzeiten. Nach den Mahlzei­ten. Während der Mahlzeiten. Ich springe beim Mittagessen auf, ich greife mir mit dramatischer Geste an den Bauch – Durchfall! Ich habe Durchfall! schreie ich – und kaum ist die Badezimmertür hinter mir verschlossen, streife ich mir ein Unterhöschen über den Kopf, das ich vom Toilettentisch meiner Schwester entwendet habe und, eingerollt in ein Taschentuch, mit mir herumtrage. Der baumwollene Schlüpfer an meinen Lippen hat eine dermaßen befeuernde Wirkung – wie schon allein das Wort „Schlüpfer“ – daß die Flugbahn meiner Ejakulation ungeahnte Höhen erreicht: wie eine Rakete schießt mein Samen zur Birne an der OBJeT TROUVÉ

187


Decke hoch, die er, zu meinem Erstaunen und Entsetzen, auch trifft und an der er hängenbleibt. In heller Panik schütze ich meinen Kopf mit den Händen, erwarte eine Explosion, umherfliegende Glassplitter, Stichflammen – ich bin auf Katastrophen eingestellt, wie Sie sehen. Dann klettere ich so leise wie möglich auf den Heizkörper und entferne den blasenwerfenden Schleimklumpen mit einem Bausch Toilettenpapier. Ich suche den Duschvorhang ab, die Wanne, den Ka­ chelboden, die vier Zahnbürsten – Gott soll schützen! –, und wie ich gerade die Tür aufschließen will, im Glauben, ich hätte meine Spuren verwischt, bleibt mir beim Anblick dessen, was an meiner Schuhspitze hängt wie Rotz, das Herz stehen. Ich bin der Raskolnikow des Wichsens – die klebrigen Beweise finden sich allüberall! Etwa auch auf meinen Hosenaufschlägen? In meinem Haar? In meinen Ohren? All das frage ich mich auch dann noch, als ich, finster blickend und gereizt, an den Küchentisch zurückkehre und meinen Vater überheblich anknurre, so­bald der seinen Mund voll roter Götterspeise öffnet und sagt: „Ich begreife nicht, warum du dich einschließen mußt. Das geht über mei­nen Horizont. Ist das hier eine Privatwohnung oder der Hauptbahn­hof?“ – „… für sich sein … man ist schließlich ein Mensch … gibt’s hier nicht“, antworte ich, schiebe heftig meinen Nachtisch von mir und brülle: „Mir ist nicht gut – wollt ihr mich jetzt gefälligst in Ruhe lassen, ihr alle!?“ Nach dem Nachtisch – den ich aufesse, weil ich Götterspeise zufällig gern habe, auch wenn ich sie verabscheue – nach dem Nachtisch bin ich wieder im Badezimmer. Ich wühle in der schmutzigen Wäsche der letz­ten Woche und stoße auf einen getragenen Büstenhalter meiner Schwe­ster. Ich hänge das eine Schulterband über die Klinke der Badezimmer­tür und das andere über den Knauf des Wandschranks: ein Popanz zur Erzeugung weiterer Träume. „Oh, los, Big Boy, hau rein – bis nur noch heißer roter Matsch übrigbleibt –“ So drängen mich die kleinen Mulden von Hannahs Büstenhalter, als eine zusammengerollte Zeitung an die Tür schlägt. Was mich samt meiner arbeitenden Hand von der Klosett­brille hochreißt. 188

OBJeT TROUVÉ

„Mach schon, andere wollen schließlich auch mal drauf, hörst du?“ Sagt mein Vater. „Seit einer Woche hab ich keinen Stuhlgang gehabt.“ Ich gewinne mein Gleichgewicht zurück, indem ich – wofür ich eine Begabung habe – lauthals den Gekränkten spiele. „Ich hab entsetzlichen Durchfall. Bedeutet denn das in diesem Haus niemandem etwas?“ – und nehme unterdessen meine Tätigkeit wieder auf, sogar in beschleunig­tem Tempo, da mein verkrebstes Glied wie durch ein Wunder, von tief innen her, erneut zu zucken beginnt. Dann fängt Hannahs Büstenhalter an sich zu bewegen. Hin und her zu schwingen! Ich bedecke die Augen, und siehe! Lenore Lapidus! die die größten Brüste in meiner Klasse hat, und wenn sie nach Schulschluß zur Bushaltestelle rennt, schaukelt diese gewaltige, unerreichbare Last schwer in ihrer Bluse hin und her, oh, ich zwinge sie aus ihrem Versteck hervor, über den Rand des Büstenhalters, LENORE LAPIDUS’ TIT­ TEN, und in der gleichen Sekunde wird mir klar, daß meine Mutter heftig an der Klinke rüttelt. An der Klinke der Tür, die ich nun doch vergessen habe abzuschließen! Ich wußte, daß es eines Tages geschehen würde! Erwischt! Schon so gut wie tot! „Mach auf, Alex. Mach sofort auf, hörst du?“ Sie ist verschlossen, man hat mich nicht erwischt! Und das, was sich höchst lebendig in meiner Hand befindet, beweist mir, daß ich selbst auch noch nicht ganz tot bin. Also weiter! Weiter! „Leck mich, Big Boy – leck mich, heiß und tief! Ich bin Lenore Lapidus’ rotglühender riesen­großer raumsprengender Büstenhalter!“ „Alex, ich verlange Antwort. Antworte mir! Hast du nach der Schule Pommes frites gegessen? Bist du deshalb krank?“ „Uuhh, uuhh –“ „Alex, hast du Schmerzen? Soll ich den Doktor holen? Hast du Schmerzen oder nicht? Ich will genau wissen, wo es dir weh tut. Ant­worte mir!“ „Aahhh … oohhh …“ „Alex, daß du nicht ziehst!“ sagt meine Mutter streng. „Ich

möchte sehen, was da drin ist. Das gefällt mir alles gar nicht.“ „Und ich“, sagt mein Vater, wie immer beeindruckt von meinen Leistungen – wobei Hochachtung und Neid sich die Waage halten –, „ich hab eine Woche keinen Stuhlgang gehabt“, während ich gerade von der Brille, auf der ich hocke, hochfahre, taumelnd dastehe und, winselnd wie ein geprügelter Hund, drei Tropfen von etwas Wasserähn­lichem aus mir entlasse, hinein in das kleine Wäschestück, mit dem meine flachbrüstige achtzehnjährige Schwester ihre kümmerlichen Brustwarzen bedeckt hat. Es ist mein vierter Orgasmus an diesem Tag. Wann wird zum erstenmal Blut kommen? „Komm sofort raus“, sagt meine Mutter. „Warum hast du doch gezogen, wo ich dich doch bat, es nicht zu tun?“ „Ich hab’s vergessen.“ „Was war da drin, daß du es so schnell wegspülen mußtest?“ „Durchfall.“ „War alles flüssig oder mehr richtige Würstchen?“ „Ich hab nicht nachgesehen! Ich seh mir das nicht an! Und hör auf mit deinen Würstchen – ich bin in der High School!“ „Oh, schrei bloß nicht mit mir rum, Alex. Ich bin an deinem Durchfall nicht schuld, das kannst du mir glauben. Wenn du nur das essen würdest, was dir zu Hause vorgesetzt wird, brauchtest du nicht fünfzig­mal am Tag ins Badezimmer zu rennen. Hannah erzählt mir, was du tust, also denk nicht, ich wüßte es nicht.“ Sie hat ihren Schlüpfer vermißt. Man hat mich erwischt! Oh, wenn ich doch schon tot wäre! Jetzt ist schon alles egal! „So! Was tue ich denn … ?“ „Du gehst nach der Schule in die Imbißstube, zu Harold’s – in diese Schweinefraßbude, und ißt mit Melvin Weiner Pommes frites. Nicht wahr? Lüg mich nicht auch noch an. Stopfst du dich etwa nicht nach der Schule auf der Hawthorne Avenue mit Pommes frites und Ketchup voll, ja oder nein? Jack, komm her, ich will, daß auch du das mitkriegst“, ruft sie meinem Vater zu, der sich jetzt im Badezimmer aufhält. „Hör mal, ich könnte jetzt vielleicht Stuhlgang haben, ich bemühe mich“, antwortet er. „Hab ich’s nicht schon schwer

genug, auch ohne daß irgendwer nach mir brüllt, wenn ich mich um Stuhlgang bemühe?“ „Weißt du, was dein Sohn nach der Schule macht, der Klassenerste, zu dem seine eigene Mutter nicht mehr ,Würstchen‘ sagen darf, weil er so erwachsen ist? Was denkst du wohl, was dein erwachsener Sohn tut, wenn er sich unbeobachtet glaubt?“ „Willst du mich bitte in Ruhe lassen, bitte?“ ruft mein Vater. „Kann ich nicht vielleicht ein bißchen Ruhe haben, bitte, damit ich nicht wie­der umsonst hier drin sitze?“ „Warte du nur, bis dein Vater erfährt, was du tust, den simpelsten Gesundheitsvorschriften zum Trotz. Alex, antworte mir. Du bist doch so klug und weißt auf alles eine Antwort, also antworte mir: auf welche Weise hat Melvin sich seine Magengeschichte geholt? Warum hat die­ses Kind sein halbes Leben in Krankenhäusern verbracht?“ „Weil er Schweinefraß ißt.“ „Mach dich ja nicht auch noch lustig über mich!“ „Also gut“, brülle ich, „wie hat er sich also seine Magengeschichte geholt?“ „Weil er Schweinefraß ißt! Und das ist kein Scherz! Weil er es als eine Mahlzeit betrachtet, wenn er einen Schokoladenriegel mit einer Flasche Pepsi herunterspült. Weil sein Frühstück weißt du woraus be­steht? Die wichtigste Mahlzeit des Tages – und nicht nur deine Mutter denkt so, Alex, sondern auch die bedeutendsten Ernährungswissenschaftler – weißt du, was das Kind morgens zu sich nimmt?“ „Einen Krapfen.“ „Einen Krapfen, jawohl, Mister Schlaukopf, Mister Gernegroß. Und Kaffee. Kaffee und einen Krapfen, und damit soll ein dreizehnjähriger Pischer mit nur einem halben Magen seinen Tag beginnen. Du aber bist, Gott sei Dank, anders erzogen worden. Deine Mutter scharwenzelt nicht immerzu in der Stadt rum – ich könnte da Namen nennen – von Barns zu Hahns, von Hahns zu Kresges –, den ganzen lieben langen Tag. Alex, antworte mir, ist es denn zu begreifen, oder bin ich vielleicht einfach zu dumm – aber sag mir doch, was steckt OBJeT TROUVÉ

189


Decke hoch, die er, zu meinem Erstaunen und Entsetzen, auch trifft und an der er hängenbleibt. In heller Panik schütze ich meinen Kopf mit den Händen, erwarte eine Explosion, umherfliegende Glassplitter, Stichflammen – ich bin auf Katastrophen eingestellt, wie Sie sehen. Dann klettere ich so leise wie möglich auf den Heizkörper und entferne den blasenwerfenden Schleimklumpen mit einem Bausch Toilettenpapier. Ich suche den Duschvorhang ab, die Wanne, den Ka­ chelboden, die vier Zahnbürsten – Gott soll schützen! –, und wie ich gerade die Tür aufschließen will, im Glauben, ich hätte meine Spuren verwischt, bleibt mir beim Anblick dessen, was an meiner Schuhspitze hängt wie Rotz, das Herz stehen. Ich bin der Raskolnikow des Wichsens – die klebrigen Beweise finden sich allüberall! Etwa auch auf meinen Hosenaufschlägen? In meinem Haar? In meinen Ohren? All das frage ich mich auch dann noch, als ich, finster blickend und gereizt, an den Küchentisch zurückkehre und meinen Vater überheblich anknurre, so­bald der seinen Mund voll roter Götterspeise öffnet und sagt: „Ich begreife nicht, warum du dich einschließen mußt. Das geht über mei­nen Horizont. Ist das hier eine Privatwohnung oder der Hauptbahn­hof?“ – „… für sich sein … man ist schließlich ein Mensch … gibt’s hier nicht“, antworte ich, schiebe heftig meinen Nachtisch von mir und brülle: „Mir ist nicht gut – wollt ihr mich jetzt gefälligst in Ruhe lassen, ihr alle!?“ Nach dem Nachtisch – den ich aufesse, weil ich Götterspeise zufällig gern habe, auch wenn ich sie verabscheue – nach dem Nachtisch bin ich wieder im Badezimmer. Ich wühle in der schmutzigen Wäsche der letz­ten Woche und stoße auf einen getragenen Büstenhalter meiner Schwe­ster. Ich hänge das eine Schulterband über die Klinke der Badezimmer­tür und das andere über den Knauf des Wandschranks: ein Popanz zur Erzeugung weiterer Träume. „Oh, los, Big Boy, hau rein – bis nur noch heißer roter Matsch übrigbleibt –“ So drängen mich die kleinen Mulden von Hannahs Büstenhalter, als eine zusammengerollte Zeitung an die Tür schlägt. Was mich samt meiner arbeitenden Hand von der Klosett­brille hochreißt. 188

OBJeT TROUVÉ

„Mach schon, andere wollen schließlich auch mal drauf, hörst du?“ Sagt mein Vater. „Seit einer Woche hab ich keinen Stuhlgang gehabt.“ Ich gewinne mein Gleichgewicht zurück, indem ich – wofür ich eine Begabung habe – lauthals den Gekränkten spiele. „Ich hab entsetzlichen Durchfall. Bedeutet denn das in diesem Haus niemandem etwas?“ – und nehme unterdessen meine Tätigkeit wieder auf, sogar in beschleunig­tem Tempo, da mein verkrebstes Glied wie durch ein Wunder, von tief innen her, erneut zu zucken beginnt. Dann fängt Hannahs Büstenhalter an sich zu bewegen. Hin und her zu schwingen! Ich bedecke die Augen, und siehe! Lenore Lapidus! die die größten Brüste in meiner Klasse hat, und wenn sie nach Schulschluß zur Bushaltestelle rennt, schaukelt diese gewaltige, unerreichbare Last schwer in ihrer Bluse hin und her, oh, ich zwinge sie aus ihrem Versteck hervor, über den Rand des Büstenhalters, LENORE LAPIDUS’ TIT­ TEN, und in der gleichen Sekunde wird mir klar, daß meine Mutter heftig an der Klinke rüttelt. An der Klinke der Tür, die ich nun doch vergessen habe abzuschließen! Ich wußte, daß es eines Tages geschehen würde! Erwischt! Schon so gut wie tot! „Mach auf, Alex. Mach sofort auf, hörst du?“ Sie ist verschlossen, man hat mich nicht erwischt! Und das, was sich höchst lebendig in meiner Hand befindet, beweist mir, daß ich selbst auch noch nicht ganz tot bin. Also weiter! Weiter! „Leck mich, Big Boy – leck mich, heiß und tief! Ich bin Lenore Lapidus’ rotglühender riesen­großer raumsprengender Büstenhalter!“ „Alex, ich verlange Antwort. Antworte mir! Hast du nach der Schule Pommes frites gegessen? Bist du deshalb krank?“ „Uuhh, uuhh –“ „Alex, hast du Schmerzen? Soll ich den Doktor holen? Hast du Schmerzen oder nicht? Ich will genau wissen, wo es dir weh tut. Ant­worte mir!“ „Aahhh … oohhh …“ „Alex, daß du nicht ziehst!“ sagt meine Mutter streng. „Ich

möchte sehen, was da drin ist. Das gefällt mir alles gar nicht.“ „Und ich“, sagt mein Vater, wie immer beeindruckt von meinen Leistungen – wobei Hochachtung und Neid sich die Waage halten –, „ich hab eine Woche keinen Stuhlgang gehabt“, während ich gerade von der Brille, auf der ich hocke, hochfahre, taumelnd dastehe und, winselnd wie ein geprügelter Hund, drei Tropfen von etwas Wasserähn­lichem aus mir entlasse, hinein in das kleine Wäschestück, mit dem meine flachbrüstige achtzehnjährige Schwester ihre kümmerlichen Brustwarzen bedeckt hat. Es ist mein vierter Orgasmus an diesem Tag. Wann wird zum erstenmal Blut kommen? „Komm sofort raus“, sagt meine Mutter. „Warum hast du doch gezogen, wo ich dich doch bat, es nicht zu tun?“ „Ich hab’s vergessen.“ „Was war da drin, daß du es so schnell wegspülen mußtest?“ „Durchfall.“ „War alles flüssig oder mehr richtige Würstchen?“ „Ich hab nicht nachgesehen! Ich seh mir das nicht an! Und hör auf mit deinen Würstchen – ich bin in der High School!“ „Oh, schrei bloß nicht mit mir rum, Alex. Ich bin an deinem Durchfall nicht schuld, das kannst du mir glauben. Wenn du nur das essen würdest, was dir zu Hause vorgesetzt wird, brauchtest du nicht fünfzig­mal am Tag ins Badezimmer zu rennen. Hannah erzählt mir, was du tust, also denk nicht, ich wüßte es nicht.“ Sie hat ihren Schlüpfer vermißt. Man hat mich erwischt! Oh, wenn ich doch schon tot wäre! Jetzt ist schon alles egal! „So! Was tue ich denn … ?“ „Du gehst nach der Schule in die Imbißstube, zu Harold’s – in diese Schweinefraßbude, und ißt mit Melvin Weiner Pommes frites. Nicht wahr? Lüg mich nicht auch noch an. Stopfst du dich etwa nicht nach der Schule auf der Hawthorne Avenue mit Pommes frites und Ketchup voll, ja oder nein? Jack, komm her, ich will, daß auch du das mitkriegst“, ruft sie meinem Vater zu, der sich jetzt im Badezimmer aufhält. „Hör mal, ich könnte jetzt vielleicht Stuhlgang haben, ich bemühe mich“, antwortet er. „Hab ich’s nicht schon schwer

genug, auch ohne daß irgendwer nach mir brüllt, wenn ich mich um Stuhlgang bemühe?“ „Weißt du, was dein Sohn nach der Schule macht, der Klassenerste, zu dem seine eigene Mutter nicht mehr ,Würstchen‘ sagen darf, weil er so erwachsen ist? Was denkst du wohl, was dein erwachsener Sohn tut, wenn er sich unbeobachtet glaubt?“ „Willst du mich bitte in Ruhe lassen, bitte?“ ruft mein Vater. „Kann ich nicht vielleicht ein bißchen Ruhe haben, bitte, damit ich nicht wie­der umsonst hier drin sitze?“ „Warte du nur, bis dein Vater erfährt, was du tust, den simpelsten Gesundheitsvorschriften zum Trotz. Alex, antworte mir. Du bist doch so klug und weißt auf alles eine Antwort, also antworte mir: auf welche Weise hat Melvin sich seine Magengeschichte geholt? Warum hat die­ses Kind sein halbes Leben in Krankenhäusern verbracht?“ „Weil er Schweinefraß ißt.“ „Mach dich ja nicht auch noch lustig über mich!“ „Also gut“, brülle ich, „wie hat er sich also seine Magengeschichte geholt?“ „Weil er Schweinefraß ißt! Und das ist kein Scherz! Weil er es als eine Mahlzeit betrachtet, wenn er einen Schokoladenriegel mit einer Flasche Pepsi herunterspült. Weil sein Frühstück weißt du woraus be­steht? Die wichtigste Mahlzeit des Tages – und nicht nur deine Mutter denkt so, Alex, sondern auch die bedeutendsten Ernährungswissenschaftler – weißt du, was das Kind morgens zu sich nimmt?“ „Einen Krapfen.“ „Einen Krapfen, jawohl, Mister Schlaukopf, Mister Gernegroß. Und Kaffee. Kaffee und einen Krapfen, und damit soll ein dreizehnjähriger Pischer mit nur einem halben Magen seinen Tag beginnen. Du aber bist, Gott sei Dank, anders erzogen worden. Deine Mutter scharwenzelt nicht immerzu in der Stadt rum – ich könnte da Namen nennen – von Barns zu Hahns, von Hahns zu Kresges –, den ganzen lieben langen Tag. Alex, antworte mir, ist es denn zu begreifen, oder bin ich vielleicht einfach zu dumm – aber sag mir doch, was steckt OBJeT TROUVÉ

189


dahinter, was willst du damit erreichen, daß du dich mit diesem Dreck vollstopfst, wo dich zu Hause Mohnkuchen und ein gutes Glas Milch erwarten? Ich will die Wahrheit hören. Ich werd’s deinem Vater nicht sagen“, sie senkt vielsa­gend die Stimme, „aber ich muß die Wahrheit wissen.“ Pause. Ebenfalls recht vielsagend. „Sind es bloß Pommes frites oder auch noch was anderes? … Bitte, sag mir, was du sonst noch an verdorbenem Zeug in den Mund nimmst, ich will diesem Durchfall auf den Grund kommen! Ich will eine ehrliche Antwort, Alex. Ißt du Hamburgers auf der Straße? Antworte mir, bitte, hast du deshalb auf der Toilette gezogen, waren da Hamburgers drin?“ „Ich hab dir doch schon gesagt – ich kuck nicht ins Klo, bevor ich ziehe! Ich bin weniger an anderer Leute Würstchen interessiert als du!“ „Oh, oh, oh – erst dreizehn und schon ein solches Mundwerk! Und so antwortet er jemandem, der sich um seine Gesundheit, sein Wohlerge­hen, kümmert!“ Die gänzliche Unverständlichkeit der Situation läßt ihr dicke Tränen in die Augen steigen. „Alex, warum bist du in letzter Zeit so, versuch doch wenigstens, es mir zu erklären. Sag mir doch bitte, was für schreckliche Dinge wir dir unser ganzes Leben lang angetan haben, daß dies unser Lohn sein soll?“ Ich glaube, sie nimmt an, daß diese Frage noch nie gestellt worden ist. Ich glaube, sie nimmt an, daß diese Frage unbeantwortbar ist. Und, das schlimmste daran: auch mir scheint es so. Was haben sie denn ihr ganzes Leben lang anderes getan, als sich für mich aufzuopfern? Und daß eben das so unerträglich ist, übersteigt mein Begriffsvermögen – immer noch, Doktor! Bis zum heutigen Tag! Nun wappne ich mich gegen das Geflüster. Ich weiß genau, wann es soweit ist – das hab ich im Gefühl. Wir sind im Begriff, die Kopfschmer­zen meines Vaters zu erörtern. „Alex, hat er nicht heute solche Kopfschmerzen gehabt, daß er kaum aus den Augen sehen konnte?“ Sie lauscht … kann er uns auch nicht hören? Er darf nicht erfahren, wie kritisch sein Zustand ist, Gott soll schützen, er würde wie immer behaupten, 190

OBJeT TROUVÉ

sie übertreibe. „Zum Arzt wird er gehen nächste Woche und sich auf einen Tumor untersuchen lassen!“ „Wirklich?“ „,Schicken Sie ihn her‘, sagte der Doktor, ,ich werd ihn untersuchen auf einen Tumor.‘“  Ein Erfolg. Ich weine. Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, doch in diesem Hause versuchen alle, sich mindestens einmal am Tag tüchtig auszuweinen. Mein Vater, müssen Sie wissen – und wie Sie zweifellos ebenfalls wissen, stellen Erpresser ein beachtliches Kontingent der menschlichen Gesellschaft – auch Ihres Patientenkreises, wie ich mir vorstellen könnte – mein Vater „geht“ schon fast so lange, wie ich denken kann, zu dieser Tumoruntersuchung. Er hat natürlich immerzu Kopfschmerzen, weil er immerzu an Verstopfung leidet – und an Ver­stopfung leidet er, weil sein Verdauungssystem sich fest in Händen der Firma Sorge, Angst & Pech befindet. Es stimmt, daß mal ein Arzt zu meiner Mutter gesagt hat, er würde ihren Mann auf Gehirntumor un­tersuchen, wenn sie das glücklich mache – ich glaube, das waren seine Worte; er deutete jedoch an, es wäre billiger und höchstwahrscheinlich erfolgversprechender, wenn er sein Geld in einer Klistierspritze anlegte. All das genau zu wissen, macht jedoch die Vorstellung, eine bösartige Krankheit könnte den Schädel meines Vaters bersten lassen, für mich nicht weniger herzzerreißend. Ja, sie hat mich dort, wo sie mich haben will, und das weiß sie genau. Mein eigener Krebs ist vergessen vor dem Kummer, der jetzt auf mich zukommt – heute wie damals –, wenn ich daran denke, ein wie großer Teil des Lebens schon immer (wie er es selbst sehr treffend formuliert) „über seinen Horizont“ ging. Sich seinem Fassungsvermögen entzog. Kein Geld, keine Sprachen, keine höhere Schulbildung, Wißbegier ohne entsprechende Geistesbildung, innerer Antrieb ohne die Möglichkeit, ihn zu betätigen, Erfahrungen ohne Einsichten … Wie leicht seine Unzulänglichkeiten mich zu Tränen rühren können. Ebenso leicht, wie sie mich in Zorn bringen. Quelle: Portnoys Beschwerden (www.rowohlt.de)

OBJeT TROUVÉ

191


dahinter, was willst du damit erreichen, daß du dich mit diesem Dreck vollstopfst, wo dich zu Hause Mohnkuchen und ein gutes Glas Milch erwarten? Ich will die Wahrheit hören. Ich werd’s deinem Vater nicht sagen“, sie senkt vielsa­gend die Stimme, „aber ich muß die Wahrheit wissen.“ Pause. Ebenfalls recht vielsagend. „Sind es bloß Pommes frites oder auch noch was anderes? … Bitte, sag mir, was du sonst noch an verdorbenem Zeug in den Mund nimmst, ich will diesem Durchfall auf den Grund kommen! Ich will eine ehrliche Antwort, Alex. Ißt du Hamburgers auf der Straße? Antworte mir, bitte, hast du deshalb auf der Toilette gezogen, waren da Hamburgers drin?“ „Ich hab dir doch schon gesagt – ich kuck nicht ins Klo, bevor ich ziehe! Ich bin weniger an anderer Leute Würstchen interessiert als du!“ „Oh, oh, oh – erst dreizehn und schon ein solches Mundwerk! Und so antwortet er jemandem, der sich um seine Gesundheit, sein Wohlerge­hen, kümmert!“ Die gänzliche Unverständlichkeit der Situation läßt ihr dicke Tränen in die Augen steigen. „Alex, warum bist du in letzter Zeit so, versuch doch wenigstens, es mir zu erklären. Sag mir doch bitte, was für schreckliche Dinge wir dir unser ganzes Leben lang angetan haben, daß dies unser Lohn sein soll?“ Ich glaube, sie nimmt an, daß diese Frage noch nie gestellt worden ist. Ich glaube, sie nimmt an, daß diese Frage unbeantwortbar ist. Und, das schlimmste daran: auch mir scheint es so. Was haben sie denn ihr ganzes Leben lang anderes getan, als sich für mich aufzuopfern? Und daß eben das so unerträglich ist, übersteigt mein Begriffsvermögen – immer noch, Doktor! Bis zum heutigen Tag! Nun wappne ich mich gegen das Geflüster. Ich weiß genau, wann es soweit ist – das hab ich im Gefühl. Wir sind im Begriff, die Kopfschmer­zen meines Vaters zu erörtern. „Alex, hat er nicht heute solche Kopfschmerzen gehabt, daß er kaum aus den Augen sehen konnte?“ Sie lauscht … kann er uns auch nicht hören? Er darf nicht erfahren, wie kritisch sein Zustand ist, Gott soll schützen, er würde wie immer behaupten, 190

OBJeT TROUVÉ

sie übertreibe. „Zum Arzt wird er gehen nächste Woche und sich auf einen Tumor untersuchen lassen!“ „Wirklich?“ „,Schicken Sie ihn her‘, sagte der Doktor, ,ich werd ihn untersuchen auf einen Tumor.‘“  Ein Erfolg. Ich weine. Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, doch in diesem Hause versuchen alle, sich mindestens einmal am Tag tüchtig auszuweinen. Mein Vater, müssen Sie wissen – und wie Sie zweifellos ebenfalls wissen, stellen Erpresser ein beachtliches Kontingent der menschlichen Gesellschaft – auch Ihres Patientenkreises, wie ich mir vorstellen könnte – mein Vater „geht“ schon fast so lange, wie ich denken kann, zu dieser Tumoruntersuchung. Er hat natürlich immerzu Kopfschmerzen, weil er immerzu an Verstopfung leidet – und an Ver­stopfung leidet er, weil sein Verdauungssystem sich fest in Händen der Firma Sorge, Angst & Pech befindet. Es stimmt, daß mal ein Arzt zu meiner Mutter gesagt hat, er würde ihren Mann auf Gehirntumor un­tersuchen, wenn sie das glücklich mache – ich glaube, das waren seine Worte; er deutete jedoch an, es wäre billiger und höchstwahrscheinlich erfolgversprechender, wenn er sein Geld in einer Klistierspritze anlegte. All das genau zu wissen, macht jedoch die Vorstellung, eine bösartige Krankheit könnte den Schädel meines Vaters bersten lassen, für mich nicht weniger herzzerreißend. Ja, sie hat mich dort, wo sie mich haben will, und das weiß sie genau. Mein eigener Krebs ist vergessen vor dem Kummer, der jetzt auf mich zukommt – heute wie damals –, wenn ich daran denke, ein wie großer Teil des Lebens schon immer (wie er es selbst sehr treffend formuliert) „über seinen Horizont“ ging. Sich seinem Fassungsvermögen entzog. Kein Geld, keine Sprachen, keine höhere Schulbildung, Wißbegier ohne entsprechende Geistesbildung, innerer Antrieb ohne die Möglichkeit, ihn zu betätigen, Erfahrungen ohne Einsichten … Wie leicht seine Unzulänglichkeiten mich zu Tränen rühren können. Ebenso leicht, wie sie mich in Zorn bringen. Quelle: Portnoys Beschwerden (www.rowohlt.de)

OBJeT TROUVÉ

191


Es gibt Gesichter, die kann man nur dem Spiegel im Badezimmer zeigen. Jeder von uns hat so eins – weil auch die beste Matratze einem den Look ruiniert.

Paul, Haut: Anthony, Facial Moisturizer SPF 15; Augen: Klein-Becker, StriVectin-SD Eye Cream Haare: Kiehl’s, Creme with Silk Groom; Kette: Model’s own

Von Rainer Elstermann (Fotos) und Servullo (Grooming & Spezialeffekte)

192

BEAUTÉ

BEAUTÉ

193


Es gibt Gesichter, die kann man nur dem Spiegel im Badezimmer zeigen. Jeder von uns hat so eins – weil auch die beste Matratze einem den Look ruiniert.

Paul, Haut: Anthony, Facial Moisturizer SPF 15; Augen: Klein-Becker, StriVectin-SD Eye Cream Haare: Kiehl’s, Creme with Silk Groom; Kette: Model’s own

Von Rainer Elstermann (Fotos) und Servullo (Grooming & Spezialeffekte)

192

BEAUTÉ

BEAUTÉ

193


194 BEAUTÉ BEAUTÉ 195

Severino, Haut: Kiehl’s, Soothing, Nourishing Face Cream for Men Augen: Kiehl’s, Cryste Marine Firming Serum; T-Shirt: Photographer’s own

Daniel, Haut: Kiehl’s, Facial Fuel SPF 15; Lippen: Rosebud Salve Haare: Jonathan Product, Redo Freshen-Up Mist For Hair & Skin; Unterhemd: Schiesser


194 BEAUTÉ BEAUTÉ 195

Severino, Haut: Kiehl’s, Soothing, Nourishing Face Cream for Men Augen: Kiehl’s, Cryste Marine Firming Serum; T-Shirt: Photographer’s own

Daniel, Haut: Kiehl’s, Facial Fuel SPF 15; Lippen: Rosebud Salve Haare: Jonathan Product, Redo Freshen-Up Mist For Hair & Skin; Unterhemd: Schiesser


196 BEAUTÉ BEAUTÉ 197

Gontzales, Haut: Philosophy, Hope In A Jar; Lippen: Vichy, Capital Soleil Sunblock Haare: Jonathan Product, Dirt Texturizing Paste; T-Shirt: Hanes

Hannes, Haut: Malin + Goetz, Vitamin E Face Moisturizer; Augen: N.V. Perricone, Alpha Lipoic Acid Eye Area Therapy Haare: Phyto, Phytobaume Light Untangling Balm; Unterhemd: H&M


196 BEAUTÉ BEAUTÉ 197

Gontzales, Haut: Philosophy, Hope In A Jar; Lippen: Vichy, Capital Soleil Sunblock Haare: Jonathan Product, Dirt Texturizing Paste; T-Shirt: Hanes

Hannes, Haut: Malin + Goetz, Vitamin E Face Moisturizer; Augen: N.V. Perricone, Alpha Lipoic Acid Eye Area Therapy Haare: Phyto, Phytobaume Light Untangling Balm; Unterhemd: H&M


198 BEAUTÉ BEAUTÉ 199

Quentin, Haut: Lancôme, Pure Focus T-Zone Mattifier; Lippen: Ole Henriksen, Fresh Lips SPF 15 Haare: L’Oréal Professionnel, Haarpaste mit mattierendem Effekt; Unterhemd: Stylist’s own

Fabian, Haut: Peter Thomas Roth, Acne Clearing Gel; Lippen: Caudalie, Matte Finish Fluid Haare: Phyto, Phytovolume Actif Maximizing Volume Spray – Fine Limp Hair; Unterhemd: Stylist’s own


198 BEAUTÉ BEAUTÉ 199

Quentin, Haut: Lancôme, Pure Focus T-Zone Mattifier; Lippen: Ole Henriksen, Fresh Lips SPF 15 Haare: L’Oréal Professionnel, Haarpaste mit mattierendem Effekt; Unterhemd: Stylist’s own

Fabian, Haut: Peter Thomas Roth, Acne Clearing Gel; Lippen: Caudalie, Matte Finish Fluid Haare: Phyto, Phytovolume Actif Maximizing Volume Spray – Fine Limp Hair; Unterhemd: Stylist’s own


BEAUTÉ

BEAUTÉ

Stephan, Haut: Dr. Hauschka, Translucent Bronze Concentrate Haare: L’Oréal Professionnel, Haarspray –n3; Tanktop: Ralph Lauren

Ritchie, Haut: Jack Black, Beard Lube Conditioning Shave; Augen: MD Skincare, Lift & Lighten Eye Cream Lippen: Dr. Hauschka, Lip Care Stick; Haare: Jack Black, Sleek Finish Texture Cream; T-Shirt: Stylist’s own

200

Fotografie: Rainer Elstermann (www.danielawagner.de) Grooming & Spezialeffekte: Servullo (www.basics-berlin.de) Styling: Andreas Stamm Assistenz: Franziska Pruetz, Michel Schüler Models: Gontzales, Daniel (streetcasting), Quentin, Ritchie (www.public-heroes.de), Hannes, Paul (www.dbps.de), Fabian, Severino, Stephan (www.type-face.de) Bildbearbeitung: Jeremy Wells (www.appel-grafik.de)

201


BEAUTÉ

BEAUTÉ

Stephan, Haut: Dr. Hauschka, Translucent Bronze Concentrate Haare: L’Oréal Professionnel, Haarspray –n3; Tanktop: Ralph Lauren

Ritchie, Haut: Jack Black, Beard Lube Conditioning Shave; Augen: MD Skincare, Lift & Lighten Eye Cream Lippen: Dr. Hauschka, Lip Care Stick; Haare: Jack Black, Sleek Finish Texture Cream; T-Shirt: Stylist’s own

200

Fotografie: Rainer Elstermann (www.danielawagner.de) Grooming & Spezialeffekte: Servullo (www.basics-berlin.de) Styling: Andreas Stamm Assistenz: Franziska Pruetz, Michel Schüler Models: Gontzales, Daniel (streetcasting), Quentin, Ritchie (www.public-heroes.de), Hannes, Paul (www.dbps.de), Fabian, Severino, Stephan (www.type-face.de) Bildbearbeitung: Jeremy Wells (www.appel-grafik.de)

201


Es besteht meist nur aus wenigen Zutaten, die sind auch noch jeden Tag die gleichen, und es wird in Eile, im Stehen oder ganz in Ruhe mit begleitender Zeitung eingenommen. Das Frühstück ist die erste Mahlzeit des Tages und als solches ein festes Ritual. Wir zeigen die berühmtesten Stücke weltweit in einer ungewöhnlichen Inszenierung. Von Oliver Schwarzwald (Fotos), Volker Hobl (Foodstyling) und Sabine Manecke (Text)

Französisches Frühstück / Petit déjeuner: Croissant, Milchkaffee, filterlose Zigarette

In einer seiner legendären Beleidigungsarien bedachte Herbert Wehner vor dem Bundestag einen ungeliebten Parlamentarier mit dem schrecklichen Schimpfwort „Frühstücksverleumder“. Einem Menschen zu unterstellen, er würde das Frühstück nicht ausreichend wertschätzen, hielt der aufbrausende SPDChef für ähnlich beleidigend wie „Brüllaffe“, „Rotzjunge“ oder „Lümmel“. Dem Deutschen ist das Frühstück heilig. Dem Franzosen aber auch, dem Engländer erst recht, dem Amerikaner und Chinesen desgleichen. Beim Frühstück hört alle Experimentierlust auf. Keine Mahlzeit ist derart ritualisiert wie die erste des Tages. Gleich nach dem Aufstehen schätzt der Mensch keine Überraschungen. Er will sicher sein, dass er lebt, ihm der Himmel des Nachts nicht auf den Kopf gefallen ist und dass auf dem Frühstückstisch das steht, was schon gestern, letztes Jahr und überhaupt immer dort stand. Ein Unterschied wird höchstens am Sonntag gemacht. Jetzt darf ausgeschlafen werden, und mit wachem Kopf leistet man sich die eine oder andere Verrücktheit. Ein zweites Brötchen, Krabbensalat oder gar etwas, was in anderen Ländern gang und gäbe ist. Ein Deutscher isst ein Croissant, ein Franzose vielleicht ein Ei, beim Chinesen wissen wir das nicht, wir haben kein Kindermädchen aus Shanghai. Bei der Zubereitung des Frühstücks will man nicht nachdenken. Stellen Sie sich vor, neben der Überlegung „Was gibt’s

202

photo essai

denn heute Abend?“ oder „Auf was habe ich heute Mittag Lust?“ müsste man mit schläfrigem Hirn auch noch eine Einkaufsliste fürs Frühstück erstellen. Hunde essen jeden Tag das Gleiche und freuen sich jedes Mal aufs Neue, weil sie die Mahlzeit vom Vortag schon vergessen haben. So ähnlich funktioniert ein Frühstück. Das Hirn läuft noch auf Sparflamme, ein paar wenige Zutaten reichen, und man freut sich jeden Morgen wieder über ein Marmeladenbrötchen und eine Tasse Kaffee, als wäre es die erste im Leben. Auf das Minimum an Zutaten reduziert, ist das Frühstück die Mahlzeit für Puristen. Es wird zu Hause eingenommen oder allerhöchstens in einem Café um die Ecke, das als Zuhause empfunden wird. Natürlich gibt es auch Menschen, die „frühstücken gehen“. Das sind Menschen, die das Frühstück behandeln wie jede andere Mahlzeit. Als ob man ein Frühstück zusammenstellen könnte wie ein Menü. Als ob man einen Tag beginnen könnte mit einer Bestellung, mit Kommunikation, mit wechselnder Besetzung, mit „Darf ich mich dazusetzen?“, mit „Ich ruf noch Peter und Sandra an, die wollten auch kommen“. Sie bestellen „Einmal Fritz vegetarisch“, wohnen in Hamburg, Berlin oder Freiburg, haben vielleicht kein wirkliches Zuhause und sind deshalb zu bemitleiden. Oder zu beleidigen, denn am Morgen ist die Laune meistens noch nicht so brillant. „Sie Frühstücksverleumder, Sie!“

photo essai

203


Es besteht meist nur aus wenigen Zutaten, die sind auch noch jeden Tag die gleichen, und es wird in Eile, im Stehen oder ganz in Ruhe mit begleitender Zeitung eingenommen. Das Frühstück ist die erste Mahlzeit des Tages und als solches ein festes Ritual. Wir zeigen die berühmtesten Stücke weltweit in einer ungewöhnlichen Inszenierung. Von Oliver Schwarzwald (Fotos), Volker Hobl (Foodstyling) und Sabine Manecke (Text)

Französisches Frühstück / Petit déjeuner: Croissant, Milchkaffee, filterlose Zigarette

In einer seiner legendären Beleidigungsarien bedachte Herbert Wehner vor dem Bundestag einen ungeliebten Parlamentarier mit dem schrecklichen Schimpfwort „Frühstücksverleumder“. Einem Menschen zu unterstellen, er würde das Frühstück nicht ausreichend wertschätzen, hielt der aufbrausende SPDChef für ähnlich beleidigend wie „Brüllaffe“, „Rotzjunge“ oder „Lümmel“. Dem Deutschen ist das Frühstück heilig. Dem Franzosen aber auch, dem Engländer erst recht, dem Amerikaner und Chinesen desgleichen. Beim Frühstück hört alle Experimentierlust auf. Keine Mahlzeit ist derart ritualisiert wie die erste des Tages. Gleich nach dem Aufstehen schätzt der Mensch keine Überraschungen. Er will sicher sein, dass er lebt, ihm der Himmel des Nachts nicht auf den Kopf gefallen ist und dass auf dem Frühstückstisch das steht, was schon gestern, letztes Jahr und überhaupt immer dort stand. Ein Unterschied wird höchstens am Sonntag gemacht. Jetzt darf ausgeschlafen werden, und mit wachem Kopf leistet man sich die eine oder andere Verrücktheit. Ein zweites Brötchen, Krabbensalat oder gar etwas, was in anderen Ländern gang und gäbe ist. Ein Deutscher isst ein Croissant, ein Franzose vielleicht ein Ei, beim Chinesen wissen wir das nicht, wir haben kein Kindermädchen aus Shanghai. Bei der Zubereitung des Frühstücks will man nicht nachdenken. Stellen Sie sich vor, neben der Überlegung „Was gibt’s

202

photo essai

denn heute Abend?“ oder „Auf was habe ich heute Mittag Lust?“ müsste man mit schläfrigem Hirn auch noch eine Einkaufsliste fürs Frühstück erstellen. Hunde essen jeden Tag das Gleiche und freuen sich jedes Mal aufs Neue, weil sie die Mahlzeit vom Vortag schon vergessen haben. So ähnlich funktioniert ein Frühstück. Das Hirn läuft noch auf Sparflamme, ein paar wenige Zutaten reichen, und man freut sich jeden Morgen wieder über ein Marmeladenbrötchen und eine Tasse Kaffee, als wäre es die erste im Leben. Auf das Minimum an Zutaten reduziert, ist das Frühstück die Mahlzeit für Puristen. Es wird zu Hause eingenommen oder allerhöchstens in einem Café um die Ecke, das als Zuhause empfunden wird. Natürlich gibt es auch Menschen, die „frühstücken gehen“. Das sind Menschen, die das Frühstück behandeln wie jede andere Mahlzeit. Als ob man ein Frühstück zusammenstellen könnte wie ein Menü. Als ob man einen Tag beginnen könnte mit einer Bestellung, mit Kommunikation, mit wechselnder Besetzung, mit „Darf ich mich dazusetzen?“, mit „Ich ruf noch Peter und Sandra an, die wollten auch kommen“. Sie bestellen „Einmal Fritz vegetarisch“, wohnen in Hamburg, Berlin oder Freiburg, haben vielleicht kein wirkliches Zuhause und sind deshalb zu bemitleiden. Oder zu beleidigen, denn am Morgen ist die Laune meistens noch nicht so brillant. „Sie Frühstücksverleumder, Sie!“

photo essai

203


204 photo essai photo essai 205

Schwedisches Frühstück / Frukost: Knäckebrot, eingelegter Hering, Kaffee

Englisches Frühstück / English Breakfast: Toast, Spiegelei, Würstchen, Baked Beans, schwarzer Tee


204 photo essai photo essai 205

Schwedisches Frühstück / Frukost: Knäckebrot, eingelegter Hering, Kaffee

Englisches Frühstück / English Breakfast: Toast, Spiegelei, Würstchen, Baked Beans, schwarzer Tee


206 photo essai photo essai 207

Chinesisches Frühstück / Zăocān: Nudelsuppe, getrockneter Fisch, grüner Tee, Salzpflaumen

Deutsches Frühstück / Continental Breakfast: Brötchen, Toast, Ei, Butter, Marmelade, Filterkaffee


206 photo essai photo essai 207

Chinesisches Frühstück / Zăocān: Nudelsuppe, getrockneter Fisch, grüner Tee, Salzpflaumen

Deutsches Frühstück / Continental Breakfast: Brötchen, Toast, Ei, Butter, Marmelade, Filterkaffee


Fotografie: Oliver Schwarzwald (www.oliverschwarzwald.de) Foodstyling: Volker Hobl (www.volkerhobl.com) Fotoassistenz: Frank Schmitt Bildbearbeitung: Jeremy Wells (www.appel-grafik.de), Martina Huber

208 photo essai photo essai 209

Amerikanisches Frühstück / American Breakfast: Pfannkuchen mit Blaubeeren und Ahornsirup, Cornflakes mit Milch, Orangensaft

Russisches Frühstück / Zavtrak: Weißbrot mit Kaviar, Käsebrot, gekochtes Ei, eingelegte Früchte, Eiswasser


Fotografie: Oliver Schwarzwald (www.oliverschwarzwald.de) Foodstyling: Volker Hobl (www.volkerhobl.com) Fotoassistenz: Frank Schmitt Bildbearbeitung: Jeremy Wells (www.appel-grafik.de), Martina Huber

208 photo essai photo essai 209

Amerikanisches Frühstück / American Breakfast: Pfannkuchen mit Blaubeeren und Ahornsirup, Cornflakes mit Milch, Orangensaft

Russisches Frühstück / Zavtrak: Weißbrot mit Kaviar, Käsebrot, gekochtes Ei, eingelegte Früchte, Eiswasser


Fast zwei Jahre vor den Präsidentschaftswahlen in den USA lockert eine Vielzahl möglicher Kandidaten öffentlich die Muskulatur. Dabei ist schwer zu entziffern, wer dem Land eine neue politische Vision geben kann. Noch haben die Kräfte, die gegen neue Kriege und für Kyoto sind, längst nicht gesiegt – wenn sie überhaupt jemals antreten werden. Von Jürgen Kalwa (Text) und Martin Müller (Illustration)

210

ESSAI

Alle vier Jahre bewegen sich in den USA die Kandidaten beim Kampf um das höchste Staatsamt wie in einem Zug rasender Lemminge kreuz und quer durchs Land. Die Streckenplanung scheint so unklar wie das Ziel, und dennoch bewältigen sie innerhalb weniger Wochen Tausende von Kilometern – permanent darauf eingestellt, die hingehaltenen Mikrofone zu füttern, Hände zu schütteln etc. Die Apparatschiks nennen das eine „Kampagne“. Im Grunde ist es jedoch nichts anderes als eines langen Tages Reise in die Nacht. Während dieser Reise verwischt das Land unter den mobilen Kandidaten irgendwann zu einem einzigen langen Asphaltstreifen, der ständig von den Demoskopen vermessen wird. Alles, was dabei zurückbleibt, ist ein Kondensstreifen aus vergänglichen Gelübden, die sich bald in nichts auflösen. Das Nichts aber hat seinen Preis, auch finanziell. Der letzte Präsidentschaftswahlkampf von 2004 zwischen Amtsinhaber George W. Bush und seinem demokratischen Herausforderer

John Kerry verschlang nach verlässlichen Angaben die Rekordsumme von 1,2 Milliarden Dollar. Das Geld geht in die Fernsehwerbung, in Umfrageinstitute und riesige Stäbe teurer Helfer und Berater, die sich ausdenken, was der Kandidat als Nächstes so sagt und repräsentiert. Die Rekordmarke wird keinen Bestand haben. Denn seit Jahresbeginn antichambrieren in den beiden großen Parteien eine unübersichtliche Anzahl von Männern und eine Frau, um sich schon jetzt für das Wahljahr 2008 in Stellung zu bringen. Das Scharren mit den Hufen, das mehr als zwölf Monate vor den ersten innerparteilichen Abstimmungen einsetzte, hat Gründe. Politische Kampagnen in den USA sind erst in zweiter Linie ein Kampf um die Sympathien der Bürger. In erster Linie sind sie ein Kampf um die Kontakte zu den reichsten und einflussreichsten Spendern, Lobbyisten, Gewerkschaftsbossen und Industriekapitänen. Die wollen rasch geknüpft und ausgebaut sein, um seinen Gegnern den Weg zu verlegen.

ESSAI

211


Fast zwei Jahre vor den Präsidentschaftswahlen in den USA lockert eine Vielzahl möglicher Kandidaten öffentlich die Muskulatur. Dabei ist schwer zu entziffern, wer dem Land eine neue politische Vision geben kann. Noch haben die Kräfte, die gegen neue Kriege und für Kyoto sind, längst nicht gesiegt – wenn sie überhaupt jemals antreten werden. Von Jürgen Kalwa (Text) und Martin Müller (Illustration)

210

ESSAI

Alle vier Jahre bewegen sich in den USA die Kandidaten beim Kampf um das höchste Staatsamt wie in einem Zug rasender Lemminge kreuz und quer durchs Land. Die Streckenplanung scheint so unklar wie das Ziel, und dennoch bewältigen sie innerhalb weniger Wochen Tausende von Kilometern – permanent darauf eingestellt, die hingehaltenen Mikrofone zu füttern, Hände zu schütteln etc. Die Apparatschiks nennen das eine „Kampagne“. Im Grunde ist es jedoch nichts anderes als eines langen Tages Reise in die Nacht. Während dieser Reise verwischt das Land unter den mobilen Kandidaten irgendwann zu einem einzigen langen Asphaltstreifen, der ständig von den Demoskopen vermessen wird. Alles, was dabei zurückbleibt, ist ein Kondensstreifen aus vergänglichen Gelübden, die sich bald in nichts auflösen. Das Nichts aber hat seinen Preis, auch finanziell. Der letzte Präsidentschaftswahlkampf von 2004 zwischen Amtsinhaber George W. Bush und seinem demokratischen Herausforderer

John Kerry verschlang nach verlässlichen Angaben die Rekordsumme von 1,2 Milliarden Dollar. Das Geld geht in die Fernsehwerbung, in Umfrageinstitute und riesige Stäbe teurer Helfer und Berater, die sich ausdenken, was der Kandidat als Nächstes so sagt und repräsentiert. Die Rekordmarke wird keinen Bestand haben. Denn seit Jahresbeginn antichambrieren in den beiden großen Parteien eine unübersichtliche Anzahl von Männern und eine Frau, um sich schon jetzt für das Wahljahr 2008 in Stellung zu bringen. Das Scharren mit den Hufen, das mehr als zwölf Monate vor den ersten innerparteilichen Abstimmungen einsetzte, hat Gründe. Politische Kampagnen in den USA sind erst in zweiter Linie ein Kampf um die Sympathien der Bürger. In erster Linie sind sie ein Kampf um die Kontakte zu den reichsten und einflussreichsten Spendern, Lobbyisten, Gewerkschaftsbossen und Industriekapitänen. Die wollen rasch geknüpft und ausgebaut sein, um seinen Gegnern den Weg zu verlegen.

ESSAI

211


Bekanntheits- und Sympathiewerte, wie sie von den Umfrageinstituten ermittelt werden, sind das eine. Doch sie sind nichts gegen beste Verbindungen und ein in vielen Jahren gesponnenes Netzwerk aus politischen Freundschaften, wie sie Familien wie die Bushs pflegen. „Du verbringst 90 Prozent deiner Zeit damit, Geld aufzutreiben“, sagte Newt Gingrich, in den 90ern Sprecher des Abgeordnetenhauses und stärkster parlamentarischer Widersacher von Präsident Bill Clinton. Das zeigt bereits, dass sich der Preis, den die Politiker wie die funktionierende Demokratie zahlen müssen, nicht nur in Geld messen lässt. Nicht von ungefähr ist im Laufe der Jahrzehnte eine dynastische Kultur entstanden, in der die Söhne von Politikern und zunehmend auch die Ehefrauen Karriere machen – und sicher bald auch die Töchter. Selten dagegen besser qualifizierte Personen, die von einem exponierten Sprungbrett wie dem Amt des Bürgermeisters von New York aus starten. Die Meritokratie, die aus einem Bürgerkrieg mit der britischen Krone hervorging, befindet sich auf dem Weg zur Ersatz-Aristokratie. Dieser Eindruck mag angesichts der vielen neuen Aspiranten nicht sofort aufkommen. Was daran liegt, dass bei diesem Spiel jeder mitmachen darf, der sich stark genug fühlt und hinreichend egozentrisch ist. Also herrscht zunächst eine Unruhe wie vor einem Pferderennen. Bei den Demokraten sieht man Hillary Clinton, Ex-First-Lady und Senatorin in New York, den Ex-Senator John Edwards, der vor vier Jahren Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten war, sowie die neue Hoffnung Barack Obama, einen dunkelhäutigen Senator aus Illinois, und ein Cadre an Senatoren und Gouverneuren, die auf diese Weise die Gelegenheit nutzen, aus dem Schatten des Washingtoner Alltags herauszutreten. Bei den Republikanern bieten sich an: John McCain, Senator und vor sechs Jahren innerhalb seiner Partei an George W. Bush gescheitert; Rudy Giuliani, ehemaliger Bürgermeister von New York, der während der schweren Tage im September 2001 zum Inbegriff des Krisenmanagers wurde; Mitt Romney, Organisationschef der Winterspiele in Salt Lake City und zuletzt Gouverneur von Massachusetts; sowie ebenfalls eine Gruppe nicht besonders profilierter Kongressabgeordneter. Eine dieser Figuren wird trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer mangelnden politischen Erfahrung mehr beäugt als die anderen. Der 45-jährige Barack Obama, Mischlingskind aus einer früh geschiedenen Ehe und Sohn eines Harvard-Absolventen aus Kenia, verbrachte einen großen Teil seiner Jugend bei den weißen Großeltern in Honolulu und ist – anders als die meisten Schwarzen in den USA, die sich so nennen – tatsächlich Afroamerikaner. Ein Mensch, der Diskriminierung und soziale Benachteiligung kennt, aber dank seiner Eloquenz und oft überparteilicher Standpunkte zu einem Idol für all jene geworden ist, die sich nach Veränderungen sehnen. Dazu gehört auch ein großer Teil der Irakkriegsgegner, die bei den Demokraten lange Zeit auf taube Ohren stießen und sich jetzt, wo die Partei die Kontrolle über beide Häuser des Kongresses hat, nicht länger hinter PR-bewussten Stepptänzern einreihen wollen. Stepptänzerinnen wie etwa Hillary Clinton, die auch nach dem Einmarsch noch für diesen Krieg war, weil sie die Gunst des patriotischen Mobs zu verlieren fürchtete. Barack Obama jedoch war im Unterschied dazu schon immer dagegen – und darf seinen Mut nun mit Schmutzkampagnen der Republikaner bezahlen, die ihn, Kostprobe, wegen seines Stipendiums an einer indonesischen Schule jüngst als Günstling der Islamisten darstellen wollten. Nicht zuletzt ist das auffällig breite Panorama der Kandidaten aber auch deshalb interessant, weil ein Mann bisher fehlt. 212

ESSAI

Nämlich jener, der längst im Weißen Haus säße, wäre im Herbst 2000 alles mit rechten Dingen zugegangen; der keinen Krieg im Irak angezettelt und das Kyoto-Protokoll unterzeichnet hätte; der nicht die längste und stärkste Konjunkturphase in der Geschichte des Landes vergeudet und die Haushaltsschulden in die Höhe getrieben hätte; der die Macht der Energiekonzerne zurückgedrängt und nicht jenen Wissenschaftsfeinden die Türen geöffnet hätte, die heute vom Weißen Haus aus sexuelle Enthaltsamkeit predigen und behaupten, dass die Erde exakt so alt ist, wie es in der Bibel steht. Dieser Mann, der Al Gore heißt und das andere, fortschrittlichere, offenere und nachdenklichere Amerika repräsentiert, das vor allem in den Staaten des Westens und Nordostens dominiert, dieser Mann also ziert sich. Typisch seine Antwort, als er im Oktober zur Deutschland-Premiere seines Films über die sich anbahnende Klimakatastrophe („Eine unbequeme Wahrheit“) vom Berliner „Tagesspiegel“ gefragt wurde, ob er ein weiteres Mal für das Amt des Präsidenten kandidieren würde. „Nein“, entgegnete Gore knapp, „ich plane keine Kandidatur.“ Diese Haltung kann man verstehen. Amerikanischer Wahlkampf ist nicht nur Waschmittelwerbung mit anderen Slogans – er wird auch wie viele Schismen in den Religionsgemeinschaften des Mittelalters ausgelebt. Der Verlierer ist hinterher froh, wenn er mit angesengten Haaren dem Scheiterhaufen einer medialen Hexenverbrennung entrinnt. Mit den Gepflogenheiten der politischen Kultur in Deutschland ist das nicht zu vergleichen. Willy Brandt unterlag in den 60er-Jahren zweimal als Kanzlerkandidat, eher er über die Hintertreppe einer Großen Koalition zum Regierungschef aufstieg. Und Helmut Kohl hatte bei einer parteiinternen Auseinandersetzung mit dem rüden Franz Josef Strauß ebenfalls zuerst das Nachsehen. Solche Verhaltensmuster – Klammern, Abwarten, Lauern – sind typisch für die parteipolitische Karrierewelt in Europa. In den USA herrschen härtere Verhältnisse. Hier zählt nur, wer sich von Sieg zu Sieg hangeln kann. Hier darf man als Gewinner sogar ein paar unangenehme Eigenschaften haben, inklusive ein paar korrupter Freunde. Man darf auch wie der gegenwärtige Amtsinhaber die Öffentlichkeit belügen, die Medien einschüchtern und Menschenrechte aus den Angeln heben – zumindest bis die Stimmung kippt und die Inkompetenz unübersehbar wird. Nur einer kam in den letzten hundert Jahren in Amerika als Loser durch: „Tricky Dick“ Richard Nixon, der acht Jahre vor seiner Wahl (1968) knapp gegen John F. Kennedy verloren hatte. Nixon war ein paranoider Machtmensch, der in der Zeit des Vietnamkrieges und des politischen Aufruhrs als Repräsentant der „schweigenden Mehrheit“ angetreten war und später, reichlich desavouiert, vorzeitig zurücktrat. Es kann also sein, dass Al Gore gar nicht der Richtige für einen Job ist, bei dem man das größte Waffenarsenal der Welt kommandieren und den Größenwahn einer zerbröckelnden Wirtschaftsmacht in vernünftige Bahnen lenken muss. Gut möglich auch, dass die Wähler ihm nicht wirklich zutrauen, ihre Interessen zu beschützen. Wahrscheinlich würden ihn die Aktivisten seiner Partei auch nur in einem Ausnahmefall auffordern, sich noch einmal zur Verfügung zu stellen: wenn sich zeigt, dass Hillary Clinton nicht gewinnen kann, Obama vom Establishment kein Spendengeld erhält – und sich die anderen darauf besinnen, dass sie eigentlich keinen Besseren haben als Gore. Es ist aber nicht ganz leicht, Al Gore zu mögen. Im Wahlkampf von 1992 sah ich ihn an einem sonnig-kalten Herbst-

nachmittag vor Tausenden von Zuschauern auf den Stufen des Capitols von Madison, Wisconsin, zum ersten Mal. Da stand er, gescheitelt, aufrecht und steif, als ob unter der Anzugjacke aufgepumpte Muskeln steckten, und warb um die Stimmen der Einwohner eines Bundesstaates, der die widersprüchlichsten Charakteristika in sich vereint – politisch bisweilen progressiv, aber dank eines starken deutschen Einwandererpools immer auch rückwärts orientiert. Die Sachwalter von Bier und Bratwurst in Amerika können eben nicht aus ihrer Pelle. Gores Rede war nicht besonders flammend. „Denen läuft die Zeit davon“, rief er mit jener Stimme, in der die Geisteshaltung eines Professors mitschwingt. „Denen gehen die Entschuldigungen aus. Denen gehen die Ideen aus.“ Es sei an der Zeit, den amtierenden Präsidenten George Bush und die Republikanische Partei von den Schlüsselpositionen der Macht zu verdrängen, verlangte er. Und dann stellte er dem Publikum jenen Mann vor, der das bewerkstelligen sollte: „Bill Clinton, der nächste Präsident der Vereinigten Staaten.“ Damals sahen die beiden Wahlkämpfer nicht gerade wie Männer aus, die bei ihrer Klettertour zum Gipfel der Macht dem Land sehr viel an Neuem beibiegen würden. Sie wirkten allenfalls wie zwei nassforsche Burschen, die sich dem politischen Establishment so kurz nach dem Zusammenbruch des Ostblocks – und nach den Jahren mit Reagan und Bush sen. - als Wegbereiter eines fälligen Generationswechsels empfahlen. Der eine, Clinton, ein hochintelligenter ehemaliger RhodesScholar aus zerrütteten familiären Verhältnissen, der Saxofon spielte und sich „Elvis“ nennen ließ. Der andere, Gore, Sohn eines prominenten Senators sowie selbst Vietnam-Veteran, eines der Vorbilder für die Figur des Oliver Barrett in der „Love Story“-Schnulze und ferner Studienfreund von Tommy Lee Jones. Diese beiden gewannen die Wahlen damals nicht aus eigener Kraft, sondern weil ein dritter Kandidat namens Ross Perot Amtsinhaber George Bush so viele Wähler aus dem konservativen Lager streitig machte. Mit 43 Prozent der Stimmen übernahm das Tandem im Januar 1993 das Ruder – und lief sogleich in schweres Wetter. Zehn Jahre später sah ich Al Gore dann wieder – in einem Restaurant in Memphis, Tennessee, wo er Gästen die Hand schüttelte. Er sah nicht mehr ganz so steif aus, nicht mehr ganz so aufgezogen. Eher wie ein Verlierer, der froh ist, dass man ihn noch mag. Dabei war er das im Grunde nie gewesen. Gore hatte nach einer erfolgreichen Amtszeit als Vizepräsident unter Clinton mehr Stimmen als sein Gegner George W. Bush erhalten und gezeigt, dass der Verlust von Stimmen an Ralph Nader, den Kandidaten der Grünen, nicht weiter ins Gewicht gefallen wäre. Und das nicht nur in der Gesamtabrechnung, sondern, wie später nachgewiesen, auch in Florida, wo nach der Wahl ein Chaos um korrekte Stimmzettel herrschte, das erst der rechtslastige Oberste Gerichtshof in Washington beendete. Wahrscheinlich wirkte Gore nur wie ein Verlierer, weil er sich nach den Wahlen vor einer Aufgabe gedrückt hatte, die es in den USA zwar verfassungsmäßig nicht gibt, zu jener Zeit aber mehr gebraucht wurde als je zuvor: Er hätte der Oppositionsführer sein können, der die Millionen von Wählern zusammenhält, die für ihn und gegen George W. Bush gestimmt hatten. Sie hatten sich einen Politiker gewünscht, der keine Furcht davor haben würde, gegen die sich anbahnende Demagogie, den Sozialabbau und die Inkompetenz des ehemaligen Alkoholikers und bestens vernetzten Geschäftsmanns aus Texas anzugehen. Einen besseren Dienst hätte Gore seinem Land also kaum erweisen können – doch er wählte damals den anderen Weg.

Er war müde und hatte Angst vor dem Image des „sore loser“ (schlechter Verlierer) – eine so hässliche wie wirkungsvolle Vokabel, mit der man in der Stimmungslandschaft der USA gern Menschen diskreditiert, deren Argument man nicht hören will. Gore verkroch sich damals ins Private und verlor dadurch tatsächlich. Er verlor die Menschen, die im November 2000 darauf gesetzt hatten, dass er das Land vor dem Übel einer anhaltenden republikanischen Machtdemonstration bewahre. Es schien, als habe Gore vergessen, was er 1992 nach der Rede in einem Saal der Universität Wisconsin gesagt hatte. Damals saß er neben Clinton und erklärte in vorsichtig gewählten Worten den Fragestellern einer Radiosendung mit einem studentischen Millionenpublikum die Logik der Demokratie: „Du kannst dabei helfen, Veränderungen herbeizuführen.“ Er trug dann unter Hinweis auf den indischen Politiker Mahatma Gandhi einen ganzen Wunschzettel vor – vom nachhaltigen Umweltschutz über die Chancengleichheit bis zum Ende der Vorurteile und der Bigotterie. Was wie eine Offenbarung und eine echte Aufgabe klang, waren jedoch nur hohle Worte. 14 Jahre später mag Gores wiedererwachter Idealismus zwar gefragt sein, und sein Dokumentarfilm gilt bereits als der erfolgreichste in der Kinogeschichte. Aber seine Fähigkeit, eine Koalition von fortschrittlichen Wählern zu inspirieren, ihm ihre Stimme und den Auftrag zu geben, das von Krisen bedrohte Land zu reformieren – diese Fähigkeit scheint verpufft zu sein. Illustration: Martin Müller (www.undaddy.com)

ESSAI

213


Bekanntheits- und Sympathiewerte, wie sie von den Umfrageinstituten ermittelt werden, sind das eine. Doch sie sind nichts gegen beste Verbindungen und ein in vielen Jahren gesponnenes Netzwerk aus politischen Freundschaften, wie sie Familien wie die Bushs pflegen. „Du verbringst 90 Prozent deiner Zeit damit, Geld aufzutreiben“, sagte Newt Gingrich, in den 90ern Sprecher des Abgeordnetenhauses und stärkster parlamentarischer Widersacher von Präsident Bill Clinton. Das zeigt bereits, dass sich der Preis, den die Politiker wie die funktionierende Demokratie zahlen müssen, nicht nur in Geld messen lässt. Nicht von ungefähr ist im Laufe der Jahrzehnte eine dynastische Kultur entstanden, in der die Söhne von Politikern und zunehmend auch die Ehefrauen Karriere machen – und sicher bald auch die Töchter. Selten dagegen besser qualifizierte Personen, die von einem exponierten Sprungbrett wie dem Amt des Bürgermeisters von New York aus starten. Die Meritokratie, die aus einem Bürgerkrieg mit der britischen Krone hervorging, befindet sich auf dem Weg zur Ersatz-Aristokratie. Dieser Eindruck mag angesichts der vielen neuen Aspiranten nicht sofort aufkommen. Was daran liegt, dass bei diesem Spiel jeder mitmachen darf, der sich stark genug fühlt und hinreichend egozentrisch ist. Also herrscht zunächst eine Unruhe wie vor einem Pferderennen. Bei den Demokraten sieht man Hillary Clinton, Ex-First-Lady und Senatorin in New York, den Ex-Senator John Edwards, der vor vier Jahren Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten war, sowie die neue Hoffnung Barack Obama, einen dunkelhäutigen Senator aus Illinois, und ein Cadre an Senatoren und Gouverneuren, die auf diese Weise die Gelegenheit nutzen, aus dem Schatten des Washingtoner Alltags herauszutreten. Bei den Republikanern bieten sich an: John McCain, Senator und vor sechs Jahren innerhalb seiner Partei an George W. Bush gescheitert; Rudy Giuliani, ehemaliger Bürgermeister von New York, der während der schweren Tage im September 2001 zum Inbegriff des Krisenmanagers wurde; Mitt Romney, Organisationschef der Winterspiele in Salt Lake City und zuletzt Gouverneur von Massachusetts; sowie ebenfalls eine Gruppe nicht besonders profilierter Kongressabgeordneter. Eine dieser Figuren wird trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer mangelnden politischen Erfahrung mehr beäugt als die anderen. Der 45-jährige Barack Obama, Mischlingskind aus einer früh geschiedenen Ehe und Sohn eines Harvard-Absolventen aus Kenia, verbrachte einen großen Teil seiner Jugend bei den weißen Großeltern in Honolulu und ist – anders als die meisten Schwarzen in den USA, die sich so nennen – tatsächlich Afroamerikaner. Ein Mensch, der Diskriminierung und soziale Benachteiligung kennt, aber dank seiner Eloquenz und oft überparteilicher Standpunkte zu einem Idol für all jene geworden ist, die sich nach Veränderungen sehnen. Dazu gehört auch ein großer Teil der Irakkriegsgegner, die bei den Demokraten lange Zeit auf taube Ohren stießen und sich jetzt, wo die Partei die Kontrolle über beide Häuser des Kongresses hat, nicht länger hinter PR-bewussten Stepptänzern einreihen wollen. Stepptänzerinnen wie etwa Hillary Clinton, die auch nach dem Einmarsch noch für diesen Krieg war, weil sie die Gunst des patriotischen Mobs zu verlieren fürchtete. Barack Obama jedoch war im Unterschied dazu schon immer dagegen – und darf seinen Mut nun mit Schmutzkampagnen der Republikaner bezahlen, die ihn, Kostprobe, wegen seines Stipendiums an einer indonesischen Schule jüngst als Günstling der Islamisten darstellen wollten. Nicht zuletzt ist das auffällig breite Panorama der Kandidaten aber auch deshalb interessant, weil ein Mann bisher fehlt. 212

ESSAI

Nämlich jener, der längst im Weißen Haus säße, wäre im Herbst 2000 alles mit rechten Dingen zugegangen; der keinen Krieg im Irak angezettelt und das Kyoto-Protokoll unterzeichnet hätte; der nicht die längste und stärkste Konjunkturphase in der Geschichte des Landes vergeudet und die Haushaltsschulden in die Höhe getrieben hätte; der die Macht der Energiekonzerne zurückgedrängt und nicht jenen Wissenschaftsfeinden die Türen geöffnet hätte, die heute vom Weißen Haus aus sexuelle Enthaltsamkeit predigen und behaupten, dass die Erde exakt so alt ist, wie es in der Bibel steht. Dieser Mann, der Al Gore heißt und das andere, fortschrittlichere, offenere und nachdenklichere Amerika repräsentiert, das vor allem in den Staaten des Westens und Nordostens dominiert, dieser Mann also ziert sich. Typisch seine Antwort, als er im Oktober zur Deutschland-Premiere seines Films über die sich anbahnende Klimakatastrophe („Eine unbequeme Wahrheit“) vom Berliner „Tagesspiegel“ gefragt wurde, ob er ein weiteres Mal für das Amt des Präsidenten kandidieren würde. „Nein“, entgegnete Gore knapp, „ich plane keine Kandidatur.“ Diese Haltung kann man verstehen. Amerikanischer Wahlkampf ist nicht nur Waschmittelwerbung mit anderen Slogans – er wird auch wie viele Schismen in den Religionsgemeinschaften des Mittelalters ausgelebt. Der Verlierer ist hinterher froh, wenn er mit angesengten Haaren dem Scheiterhaufen einer medialen Hexenverbrennung entrinnt. Mit den Gepflogenheiten der politischen Kultur in Deutschland ist das nicht zu vergleichen. Willy Brandt unterlag in den 60er-Jahren zweimal als Kanzlerkandidat, eher er über die Hintertreppe einer Großen Koalition zum Regierungschef aufstieg. Und Helmut Kohl hatte bei einer parteiinternen Auseinandersetzung mit dem rüden Franz Josef Strauß ebenfalls zuerst das Nachsehen. Solche Verhaltensmuster – Klammern, Abwarten, Lauern – sind typisch für die parteipolitische Karrierewelt in Europa. In den USA herrschen härtere Verhältnisse. Hier zählt nur, wer sich von Sieg zu Sieg hangeln kann. Hier darf man als Gewinner sogar ein paar unangenehme Eigenschaften haben, inklusive ein paar korrupter Freunde. Man darf auch wie der gegenwärtige Amtsinhaber die Öffentlichkeit belügen, die Medien einschüchtern und Menschenrechte aus den Angeln heben – zumindest bis die Stimmung kippt und die Inkompetenz unübersehbar wird. Nur einer kam in den letzten hundert Jahren in Amerika als Loser durch: „Tricky Dick“ Richard Nixon, der acht Jahre vor seiner Wahl (1968) knapp gegen John F. Kennedy verloren hatte. Nixon war ein paranoider Machtmensch, der in der Zeit des Vietnamkrieges und des politischen Aufruhrs als Repräsentant der „schweigenden Mehrheit“ angetreten war und später, reichlich desavouiert, vorzeitig zurücktrat. Es kann also sein, dass Al Gore gar nicht der Richtige für einen Job ist, bei dem man das größte Waffenarsenal der Welt kommandieren und den Größenwahn einer zerbröckelnden Wirtschaftsmacht in vernünftige Bahnen lenken muss. Gut möglich auch, dass die Wähler ihm nicht wirklich zutrauen, ihre Interessen zu beschützen. Wahrscheinlich würden ihn die Aktivisten seiner Partei auch nur in einem Ausnahmefall auffordern, sich noch einmal zur Verfügung zu stellen: wenn sich zeigt, dass Hillary Clinton nicht gewinnen kann, Obama vom Establishment kein Spendengeld erhält – und sich die anderen darauf besinnen, dass sie eigentlich keinen Besseren haben als Gore. Es ist aber nicht ganz leicht, Al Gore zu mögen. Im Wahlkampf von 1992 sah ich ihn an einem sonnig-kalten Herbst-

nachmittag vor Tausenden von Zuschauern auf den Stufen des Capitols von Madison, Wisconsin, zum ersten Mal. Da stand er, gescheitelt, aufrecht und steif, als ob unter der Anzugjacke aufgepumpte Muskeln steckten, und warb um die Stimmen der Einwohner eines Bundesstaates, der die widersprüchlichsten Charakteristika in sich vereint – politisch bisweilen progressiv, aber dank eines starken deutschen Einwandererpools immer auch rückwärts orientiert. Die Sachwalter von Bier und Bratwurst in Amerika können eben nicht aus ihrer Pelle. Gores Rede war nicht besonders flammend. „Denen läuft die Zeit davon“, rief er mit jener Stimme, in der die Geisteshaltung eines Professors mitschwingt. „Denen gehen die Entschuldigungen aus. Denen gehen die Ideen aus.“ Es sei an der Zeit, den amtierenden Präsidenten George Bush und die Republikanische Partei von den Schlüsselpositionen der Macht zu verdrängen, verlangte er. Und dann stellte er dem Publikum jenen Mann vor, der das bewerkstelligen sollte: „Bill Clinton, der nächste Präsident der Vereinigten Staaten.“ Damals sahen die beiden Wahlkämpfer nicht gerade wie Männer aus, die bei ihrer Klettertour zum Gipfel der Macht dem Land sehr viel an Neuem beibiegen würden. Sie wirkten allenfalls wie zwei nassforsche Burschen, die sich dem politischen Establishment so kurz nach dem Zusammenbruch des Ostblocks – und nach den Jahren mit Reagan und Bush sen. - als Wegbereiter eines fälligen Generationswechsels empfahlen. Der eine, Clinton, ein hochintelligenter ehemaliger RhodesScholar aus zerrütteten familiären Verhältnissen, der Saxofon spielte und sich „Elvis“ nennen ließ. Der andere, Gore, Sohn eines prominenten Senators sowie selbst Vietnam-Veteran, eines der Vorbilder für die Figur des Oliver Barrett in der „Love Story“-Schnulze und ferner Studienfreund von Tommy Lee Jones. Diese beiden gewannen die Wahlen damals nicht aus eigener Kraft, sondern weil ein dritter Kandidat namens Ross Perot Amtsinhaber George Bush so viele Wähler aus dem konservativen Lager streitig machte. Mit 43 Prozent der Stimmen übernahm das Tandem im Januar 1993 das Ruder – und lief sogleich in schweres Wetter. Zehn Jahre später sah ich Al Gore dann wieder – in einem Restaurant in Memphis, Tennessee, wo er Gästen die Hand schüttelte. Er sah nicht mehr ganz so steif aus, nicht mehr ganz so aufgezogen. Eher wie ein Verlierer, der froh ist, dass man ihn noch mag. Dabei war er das im Grunde nie gewesen. Gore hatte nach einer erfolgreichen Amtszeit als Vizepräsident unter Clinton mehr Stimmen als sein Gegner George W. Bush erhalten und gezeigt, dass der Verlust von Stimmen an Ralph Nader, den Kandidaten der Grünen, nicht weiter ins Gewicht gefallen wäre. Und das nicht nur in der Gesamtabrechnung, sondern, wie später nachgewiesen, auch in Florida, wo nach der Wahl ein Chaos um korrekte Stimmzettel herrschte, das erst der rechtslastige Oberste Gerichtshof in Washington beendete. Wahrscheinlich wirkte Gore nur wie ein Verlierer, weil er sich nach den Wahlen vor einer Aufgabe gedrückt hatte, die es in den USA zwar verfassungsmäßig nicht gibt, zu jener Zeit aber mehr gebraucht wurde als je zuvor: Er hätte der Oppositionsführer sein können, der die Millionen von Wählern zusammenhält, die für ihn und gegen George W. Bush gestimmt hatten. Sie hatten sich einen Politiker gewünscht, der keine Furcht davor haben würde, gegen die sich anbahnende Demagogie, den Sozialabbau und die Inkompetenz des ehemaligen Alkoholikers und bestens vernetzten Geschäftsmanns aus Texas anzugehen. Einen besseren Dienst hätte Gore seinem Land also kaum erweisen können – doch er wählte damals den anderen Weg.

Er war müde und hatte Angst vor dem Image des „sore loser“ (schlechter Verlierer) – eine so hässliche wie wirkungsvolle Vokabel, mit der man in der Stimmungslandschaft der USA gern Menschen diskreditiert, deren Argument man nicht hören will. Gore verkroch sich damals ins Private und verlor dadurch tatsächlich. Er verlor die Menschen, die im November 2000 darauf gesetzt hatten, dass er das Land vor dem Übel einer anhaltenden republikanischen Machtdemonstration bewahre. Es schien, als habe Gore vergessen, was er 1992 nach der Rede in einem Saal der Universität Wisconsin gesagt hatte. Damals saß er neben Clinton und erklärte in vorsichtig gewählten Worten den Fragestellern einer Radiosendung mit einem studentischen Millionenpublikum die Logik der Demokratie: „Du kannst dabei helfen, Veränderungen herbeizuführen.“ Er trug dann unter Hinweis auf den indischen Politiker Mahatma Gandhi einen ganzen Wunschzettel vor – vom nachhaltigen Umweltschutz über die Chancengleichheit bis zum Ende der Vorurteile und der Bigotterie. Was wie eine Offenbarung und eine echte Aufgabe klang, waren jedoch nur hohle Worte. 14 Jahre später mag Gores wiedererwachter Idealismus zwar gefragt sein, und sein Dokumentarfilm gilt bereits als der erfolgreichste in der Kinogeschichte. Aber seine Fähigkeit, eine Koalition von fortschrittlichen Wählern zu inspirieren, ihm ihre Stimme und den Auftrag zu geben, das von Krisen bedrohte Land zu reformieren – diese Fähigkeit scheint verpufft zu sein. Illustration: Martin Müller (www.undaddy.com)

ESSAI

213


STS-90: 18.04.1998 „Think“ von Aretha Franklin 24.04.1998 „She Drives Me Crazy“ von den Fine Young Cannibals 01.05.1998 „If I Only Had a Brain“ aus „Der Zauberer von Oz“ STS-91: 08.06.1998 „Manic Monday“ von den Bangles STS-95: 07.11.1998 „La Cucaracha“ von Louis Armstrong STS-93: 26.07.1999 „The Sound of Silence“ von Simon and Garfunkel STS-103: 27.12.1999 „The Cup of Life“ von Ricky Martin STS-99: 15.02.2000 „New York, New York“ von Frank Sinatra 17.02.2000 „Die Moldau“, gespielt vom Boston Symphony Orchestra STS-106: 09.09.2000 „I Say a Little Prayer“ von Diana King 17.09.2000 „YMCA“ von Village People „Houston, wir haben ein Problem. Wir wissen nicht, wie wir unsere Astro-

STS-92: 13.10.2000 „Girls Just Want to Have Fun“ von Cyndi Lauper

STS-5: 16.11.1982 „Take Me Home, Country Roads“ von John Denver

16.10.2000 „Je t’aimais, je t’aime et je t’aimerai“ von Francis Cabrel

nauten wach kriegen sollen!“ So oder so ähnlich müssen Mitarbeiter der NASA-Bodenkontrolle gedacht haben, als sie 1965 eine ganz besondere Tra-

STS-41-C: 07.04.1984 „A Boy Named Sue“ von Johnny Cash STS-97: 02.12.2000 „I Believe I Can Fly“ von R. Kelly

dition zum Leben erweckten: die NASA-Wake-up-Calls. Seit der Gemini-7Mission ist der erste Funkruf des Tages gleichzeitig auch der Weckruf für

STS-41-G: 06.10.1984 „Flashdance – What a Feeling“ von Irene Cara

die Astronauten. Statt eines Weckerklingelns werden Songs in den Orbit

09.10.1984 Filmmusik von „Rocky“

STS-98: 09.02.2001 „Who Let the Dogs Out“ von Baha Men 13.02.2001 „For Those About to Rock“ von AC/DC

geschickt, ausgesucht von der Familie am Boden, als Nachricht für die Angehörigen im Kosmos. Oft sind die Wake-up-Calls der einzige Austausch

STS-26: 30.09.1988 „Gooood Morning Discovery!“ von Robin Williams

14.02.2001 „To the Moon and Back“ von Savage Garden 17.02.2001 „Blue“ von Eiffel 65

von persönlichen Eindrücken während der Mission. Für uns sind die Songs der letzten 40 Jahre vor allem eins: eine musikalische Zeitreise, die manche

STS-27: 05.12.1988 Filmmusik von „Star Wars“

18.02.2001 „Fly Away“ von Lenny Kravitz

STS-29: 14.03.1989 „I Got You (I Feel Good)“ von James Brown

STS-100: 21.04.2001 „Danger Zone“ von Kenny Loggins

Frage aufwirft. Was hat „Flashdance“ im Skylab zu suchen? Müssen wir uns Sorgen machen, wenn Astronauten von „Attack of the Killer Tomatoes“ ge-

(Soundtrack „Top Gun“)

weckt werden? Unser Mann im All Ulf Merbold hat mit seinem Team auf der Space-Shuttle-Mission STS-9 übrigens keinen Wake-up-Call erhalten. Weil

STS-32: 13.01.1990 „Attack of the Killer Tomatoes“

STS-62: 08.03.1994 „Space Shuttle Boogie“ von Cindy und Michael Rosen-

die Herren einfach nie schlafen gegangen sind.

18.01.1990 „Born to Be Wild“ von Steppenwolf

baum 12.03.1994 „Be Our Guest“ aus „Die Schöne und das Biest“

STS-37: 10.04.1991 „La Bamba“ von Brass Rhythm and Reeds GEMINI 7: 18.12.1965 „Going Back to Houston“ von Dean Martin

STS-104: 14.07.2001 „Space Cowboy“ von N’Sync 15.07.2001 „No Woman, No Cry“ von Bob Marley

11.04.1991 Filmmusik von „Magnum PI“ mit persönlicher Widmung von

STS-68: 11.10.1994 „Tiny Bubbles“ von Don Ho. Das Team konnte keine

Tom Selleck

Kohlensäure für das Trinkwasser herstellen.

STS-40: 14.06.1991 „What a Wonderful World“ von Louis Armstrong

STS-71: 01.07.1995 Russisches Poplied „Kuca, Kuca, Kuca“ (ausgesprochen

12.04.2002 „Testify to Love“ von Wynonna Judd

„Keesa Keesa Keesa“)

19.04.2002 „Message in a Bottle“ von The Police

24.07.2001 „Hold Back the Rain“ von Duran Duran STS-110: 10.04.2002 „Rapunzel Got a Mohawk“ von Joe Scruggs

APOLLO 10: 24.05.1969 „It’s Nice to Go Trav’ling“ von Frank Sinatra APOLLO 15: 04.08.1971 „2001: A Space Odyssey“ STS-48: 16.09.1991 „Are You Lonesome Tonight?“ von Elvis Presley APOLLO 17: 11.12.1972 „City of New Orleans“ von John Denver 12.12.1972 „Ride of the Valkyries“ von Wagner

29.04.2001 „Miles from Nowhere“ von Cat Stevens

04.07.1995 „America the Beautiful“ von Whitney Houston 07.07.1995 „Take the Long Way Home“ von Supertramp

STS-111: 06.06.2002 „Gettin’ Jiggy With It“ von Will Smith

STS-49: 10.05.1992 Musik aus dem Disneyfilm „Winnie the Pooh“ STS-69: 09.09.1995 Filmmusik von „Scooby Doo“

STS-113: 26.11.2002 „Gimme All Your Lovin’“ von ZZ Top

18.12.1972 „We’ve Only Just Begun“ von den Carpenters

STS-53: 03.12.1992 „Jingle Bells“ von den Singing Dogs

17.09.1995 Filmmusik von „Snoopy – Peanuts“

30.11.2002 „Walkin’ on Sunshine“ von Kylie Minogue

SKYLAB 3: 21.08.1973 „The Girl from Ipanema“ von Astrud Gilberto

STS-57: 25.06.1993 „The Walk of Life“ von Dire Straits

STS-72: 15.01.1996 „Star Trek Next Generation“ von James Horner

15.09.1973 „Paralyzed“ von Stardust Cowboy

26.06.1993 „Holiday“ von Madonna

15.12.1972 „The First Time Ever I Saw Your Face“ von Roberta Flack

04.12.2002 „The Ketchup Song“ von Las Ketchup

01.07.1993 „I’ll Be Home For Christmas“ SKYLAB 4: 06.12.1973 Nikolaus-Tag – eine Nachricht von deutschen Familienangehörigen, gefolgt von Weihnachtsliedern. Danach: „Stille

STS-51: 15.09.1993 „Don’t Let the Stars Get in Your Eyes“ von Perry Como

Nacht“ von Barbara Streisand

19.09.1993 „Rendezvous“ von den Hudson Brothers

31.12.1973 „Come Back My Love“ von Brigitte Bardot

20.09.1993 „Heartbreak Hotel“ von Max-Q

13.01.1974 „Light My Fire“ von den Lettermen

21.09.1993 „Surfin’ Safari“ von den Beach Boys

STS-107: STS-77: 24.05.1996 „Hold Me, Thrill Me, Kiss Me“ von Gloria Estefan

22.01.2003 „Hakuna Matata“ von The Baha Men aus

28.05.1996 „Start Me Up“ von den Rolling Stones

„Der König der Löwen“ 23.01.2003 „Kung Fu Fighting“ von Carl Douglas

STS-78: 27.06.1996 „Every Breath You Take“ von The Police

29.01.2003 „Imagine“ von John Lennon

STS-79: 20.09.1996 „Cheeseburger in Paradise“ von Jimmy Buffett

STS-114: 28.07.2005 „Vertigo“ von U2

22.09.1996 „Got Me Under Pressure“ von ZZ Top

17.01.1974 „O What a Beautiful Morning“ von Ray Charles 31.01.1974 „Burning Love“ von Elvis Presley

STS-61: 03.12.1993 „Get Ready“ von Rare Earth

05.02.1974 „Out in the Country“ von Three Dog Night

05.12.1993 „With a Little Help From My Friends“ von den Beatles

STS-81: 16.01.1997 „Celebration“ von Kool and the Gang

12.12.1993 „Cosmos“ von Frank Hayes

22.01.1997 „Day-O, the Banana Boat Song“ von Harry Belafonte

STS-2: 13.11.1981 „Schweine im Weltall“ aus der Muppet Show

STS-60: 06.02.1994 „The Bug“ von Mary Chapin Carpenter

STS-87: 29.11.1997 „California Dreamin’“ von The Mamas and the Papas

STS-3: 26.03.1982 „Sail Away“ von Christopher Cross

08.02.1994 „Sweet Home Alabama“ von Lynyrd Skynyrd

03.12.1997 „Flight of the Bumble Bee“ von Rimski-Korsakow

28.03.1982 „Six Days on the Road and I’m Gonna Make It Home Tonight“

11.02.1994 „Homeward Bound“ von Simon and Garfunkel

STS-115: 19.07.2006 „Ne Partez Pas Sans Moi“ (Don’t Leave Without Me) von

STS-116: 12.12.2006 „Waterloo“ von ABBA

SPACE SHUTTLE

STS-89: 23.01.1998 „It’s Not Unusual“ von Tom Jones

von Dave Dudley

214

Celine Dion

SAVOIR

Quelle: http://history.nasa.gov/wakeup.htm Illustration: Karina-Christin Neumann (www.karina-christin.com) Text und Auswahl: Zhoi Hy Bildbearbeitung: Holger Speth (www.appel-grafik.de)

SAVOIR

215


STS-90: 18.04.1998 „Think“ von Aretha Franklin 24.04.1998 „She Drives Me Crazy“ von den Fine Young Cannibals 01.05.1998 „If I Only Had a Brain“ aus „Der Zauberer von Oz“ STS-91: 08.06.1998 „Manic Monday“ von den Bangles STS-95: 07.11.1998 „La Cucaracha“ von Louis Armstrong STS-93: 26.07.1999 „The Sound of Silence“ von Simon and Garfunkel STS-103: 27.12.1999 „The Cup of Life“ von Ricky Martin STS-99: 15.02.2000 „New York, New York“ von Frank Sinatra 17.02.2000 „Die Moldau“, gespielt vom Boston Symphony Orchestra STS-106: 09.09.2000 „I Say a Little Prayer“ von Diana King 17.09.2000 „YMCA“ von Village People „Houston, wir haben ein Problem. Wir wissen nicht, wie wir unsere Astro-

STS-92: 13.10.2000 „Girls Just Want to Have Fun“ von Cyndi Lauper

STS-5: 16.11.1982 „Take Me Home, Country Roads“ von John Denver

16.10.2000 „Je t’aimais, je t’aime et je t’aimerai“ von Francis Cabrel

nauten wach kriegen sollen!“ So oder so ähnlich müssen Mitarbeiter der NASA-Bodenkontrolle gedacht haben, als sie 1965 eine ganz besondere Tra-

STS-41-C: 07.04.1984 „A Boy Named Sue“ von Johnny Cash STS-97: 02.12.2000 „I Believe I Can Fly“ von R. Kelly

dition zum Leben erweckten: die NASA-Wake-up-Calls. Seit der Gemini-7Mission ist der erste Funkruf des Tages gleichzeitig auch der Weckruf für

STS-41-G: 06.10.1984 „Flashdance – What a Feeling“ von Irene Cara

die Astronauten. Statt eines Weckerklingelns werden Songs in den Orbit

09.10.1984 Filmmusik von „Rocky“

STS-98: 09.02.2001 „Who Let the Dogs Out“ von Baha Men 13.02.2001 „For Those About to Rock“ von AC/DC

geschickt, ausgesucht von der Familie am Boden, als Nachricht für die Angehörigen im Kosmos. Oft sind die Wake-up-Calls der einzige Austausch

STS-26: 30.09.1988 „Gooood Morning Discovery!“ von Robin Williams

14.02.2001 „To the Moon and Back“ von Savage Garden 17.02.2001 „Blue“ von Eiffel 65

von persönlichen Eindrücken während der Mission. Für uns sind die Songs der letzten 40 Jahre vor allem eins: eine musikalische Zeitreise, die manche

STS-27: 05.12.1988 Filmmusik von „Star Wars“

18.02.2001 „Fly Away“ von Lenny Kravitz

STS-29: 14.03.1989 „I Got You (I Feel Good)“ von James Brown

STS-100: 21.04.2001 „Danger Zone“ von Kenny Loggins

Frage aufwirft. Was hat „Flashdance“ im Skylab zu suchen? Müssen wir uns Sorgen machen, wenn Astronauten von „Attack of the Killer Tomatoes“ ge-

(Soundtrack „Top Gun“)

weckt werden? Unser Mann im All Ulf Merbold hat mit seinem Team auf der Space-Shuttle-Mission STS-9 übrigens keinen Wake-up-Call erhalten. Weil

STS-32: 13.01.1990 „Attack of the Killer Tomatoes“

STS-62: 08.03.1994 „Space Shuttle Boogie“ von Cindy und Michael Rosen-

die Herren einfach nie schlafen gegangen sind.

18.01.1990 „Born to Be Wild“ von Steppenwolf

baum 12.03.1994 „Be Our Guest“ aus „Die Schöne und das Biest“

STS-37: 10.04.1991 „La Bamba“ von Brass Rhythm and Reeds GEMINI 7: 18.12.1965 „Going Back to Houston“ von Dean Martin

STS-104: 14.07.2001 „Space Cowboy“ von N’Sync 15.07.2001 „No Woman, No Cry“ von Bob Marley

11.04.1991 Filmmusik von „Magnum PI“ mit persönlicher Widmung von

STS-68: 11.10.1994 „Tiny Bubbles“ von Don Ho. Das Team konnte keine

Tom Selleck

Kohlensäure für das Trinkwasser herstellen.

STS-40: 14.06.1991 „What a Wonderful World“ von Louis Armstrong

STS-71: 01.07.1995 Russisches Poplied „Kuca, Kuca, Kuca“ (ausgesprochen

12.04.2002 „Testify to Love“ von Wynonna Judd

„Keesa Keesa Keesa“)

19.04.2002 „Message in a Bottle“ von The Police

24.07.2001 „Hold Back the Rain“ von Duran Duran STS-110: 10.04.2002 „Rapunzel Got a Mohawk“ von Joe Scruggs

APOLLO 10: 24.05.1969 „It’s Nice to Go Trav’ling“ von Frank Sinatra APOLLO 15: 04.08.1971 „2001: A Space Odyssey“ STS-48: 16.09.1991 „Are You Lonesome Tonight?“ von Elvis Presley APOLLO 17: 11.12.1972 „City of New Orleans“ von John Denver 12.12.1972 „Ride of the Valkyries“ von Wagner

29.04.2001 „Miles from Nowhere“ von Cat Stevens

04.07.1995 „America the Beautiful“ von Whitney Houston 07.07.1995 „Take the Long Way Home“ von Supertramp

STS-111: 06.06.2002 „Gettin’ Jiggy With It“ von Will Smith

STS-49: 10.05.1992 Musik aus dem Disneyfilm „Winnie the Pooh“ STS-69: 09.09.1995 Filmmusik von „Scooby Doo“

STS-113: 26.11.2002 „Gimme All Your Lovin’“ von ZZ Top

18.12.1972 „We’ve Only Just Begun“ von den Carpenters

STS-53: 03.12.1992 „Jingle Bells“ von den Singing Dogs

17.09.1995 Filmmusik von „Snoopy – Peanuts“

30.11.2002 „Walkin’ on Sunshine“ von Kylie Minogue

SKYLAB 3: 21.08.1973 „The Girl from Ipanema“ von Astrud Gilberto

STS-57: 25.06.1993 „The Walk of Life“ von Dire Straits

STS-72: 15.01.1996 „Star Trek Next Generation“ von James Horner

15.09.1973 „Paralyzed“ von Stardust Cowboy

26.06.1993 „Holiday“ von Madonna

15.12.1972 „The First Time Ever I Saw Your Face“ von Roberta Flack

04.12.2002 „The Ketchup Song“ von Las Ketchup

01.07.1993 „I’ll Be Home For Christmas“ SKYLAB 4: 06.12.1973 Nikolaus-Tag – eine Nachricht von deutschen Familienangehörigen, gefolgt von Weihnachtsliedern. Danach: „Stille

STS-51: 15.09.1993 „Don’t Let the Stars Get in Your Eyes“ von Perry Como

Nacht“ von Barbara Streisand

19.09.1993 „Rendezvous“ von den Hudson Brothers

31.12.1973 „Come Back My Love“ von Brigitte Bardot

20.09.1993 „Heartbreak Hotel“ von Max-Q

13.01.1974 „Light My Fire“ von den Lettermen

21.09.1993 „Surfin’ Safari“ von den Beach Boys

STS-107: STS-77: 24.05.1996 „Hold Me, Thrill Me, Kiss Me“ von Gloria Estefan

22.01.2003 „Hakuna Matata“ von The Baha Men aus

28.05.1996 „Start Me Up“ von den Rolling Stones

„Der König der Löwen“ 23.01.2003 „Kung Fu Fighting“ von Carl Douglas

STS-78: 27.06.1996 „Every Breath You Take“ von The Police

29.01.2003 „Imagine“ von John Lennon

STS-79: 20.09.1996 „Cheeseburger in Paradise“ von Jimmy Buffett

STS-114: 28.07.2005 „Vertigo“ von U2

22.09.1996 „Got Me Under Pressure“ von ZZ Top

17.01.1974 „O What a Beautiful Morning“ von Ray Charles 31.01.1974 „Burning Love“ von Elvis Presley

STS-61: 03.12.1993 „Get Ready“ von Rare Earth

05.02.1974 „Out in the Country“ von Three Dog Night

05.12.1993 „With a Little Help From My Friends“ von den Beatles

STS-81: 16.01.1997 „Celebration“ von Kool and the Gang

12.12.1993 „Cosmos“ von Frank Hayes

22.01.1997 „Day-O, the Banana Boat Song“ von Harry Belafonte

STS-2: 13.11.1981 „Schweine im Weltall“ aus der Muppet Show

STS-60: 06.02.1994 „The Bug“ von Mary Chapin Carpenter

STS-87: 29.11.1997 „California Dreamin’“ von The Mamas and the Papas

STS-3: 26.03.1982 „Sail Away“ von Christopher Cross

08.02.1994 „Sweet Home Alabama“ von Lynyrd Skynyrd

03.12.1997 „Flight of the Bumble Bee“ von Rimski-Korsakow

28.03.1982 „Six Days on the Road and I’m Gonna Make It Home Tonight“

11.02.1994 „Homeward Bound“ von Simon and Garfunkel

STS-115: 19.07.2006 „Ne Partez Pas Sans Moi“ (Don’t Leave Without Me) von

STS-116: 12.12.2006 „Waterloo“ von ABBA

SPACE SHUTTLE

STS-89: 23.01.1998 „It’s Not Unusual“ von Tom Jones

von Dave Dudley

214

Celine Dion

SAVOIR

Quelle: http://history.nasa.gov/wakeup.htm Illustration: Karina-Christin Neumann (www.karina-christin.com) Text und Auswahl: Zhoi Hy Bildbearbeitung: Holger Speth (www.appel-grafik.de)

SAVOIR

215


Die Zeit, in der man schon eine Krawatte binden kann, aber noch keine Krawatte binden muss, das ist die beste Zeit, die es gibt. So was kommt nie wieder. Von Faubel Christensen (Fotos) und Timothy Reukauf (Styling)

Tanktop von Givenchy, Halskette aus Sterlingsilber von Karen Walker

216

MODE

MODE

217


Die Zeit, in der man schon eine Krawatte binden kann, aber noch keine Krawatte binden muss, das ist die beste Zeit, die es gibt. So was kommt nie wieder. Von Faubel Christensen (Fotos) und Timothy Reukauf (Styling)

Tanktop von Givenchy, Halskette aus Sterlingsilber von Karen Walker

216

MODE

MODE

217


Sonnenbrille von Karen Walker, weißes Hemd von Jil Sander, schmale Seidenkrawatte von Givenchy, schwarz-weiß gepunktete Kapuzenjacke von Shimotsuki für Reebok

218

MODE

MODE

219


Sonnenbrille von Karen Walker, weißes Hemd von Jil Sander, schmale Seidenkrawatte von Givenchy, schwarz-weiß gepunktete Kapuzenjacke von Shimotsuki für Reebok

218

MODE

MODE

219


Seiden-Morgenmantel, Hemd und Krawatte von Givenchy, Shorts mit Streifen von adidas Y-3, Ring von Karen Walker

220

MODE

MODE

221


Seiden-Morgenmantel, Hemd und Krawatte von Givenchy, Shorts mit Streifen von adidas Y-3, Ring von Karen Walker

220

MODE

MODE

221


Leinen-Trenchcoat und Smokinghemd von Burberry Prorsum, Boxershorts von Charvet

222

MODE

Polo mit Streifen am Kragen von John Varvatos U.S.A., Strickjacke von Boss

MODE

223


Leinen-Trenchcoat und Smokinghemd von Burberry Prorsum, Boxershorts von Charvet

222

MODE

Polo mit Streifen am Kragen von John Varvatos U.S.A., Strickjacke von Boss

MODE

223


Baumwollhemd von Paul Smith, gemustertes T-Shirt von Kim Jones f端r Umbro, Jeans von Diesel, Strickpullover von Marc Jacobs, Halskette aus Sterlingsilber von Karen Walker

224

MODE

MODE

225


Baumwollhemd von Paul Smith, gemustertes T-Shirt von Kim Jones f端r Umbro, Jeans von Diesel, Strickpullover von Marc Jacobs, Halskette aus Sterlingsilber von Karen Walker

224

MODE

MODE

225


Pinkfarbene Strickjacke aus Kaschmir von Polo Ralph Lauren, blaues Hemd aus Baumwolle mit weißem Kragen von Ralph Lauren Purple Label, gestreifte Krawatte von Givenchy

Blauer Regenmantel von Jil Sander, weißes Hemd von Boss, schwarze Seidenkrawatte von Givenchy, gestreiftes Longsleeve mit V-Kragen von Pringle of Scotland, Wollhose von Givenchy, Sneakers von Shimotsuki für Reebok

226

MODE

MODE

227


Pinkfarbene Strickjacke aus Kaschmir von Polo Ralph Lauren, blaues Hemd aus Baumwolle mit weißem Kragen von Ralph Lauren Purple Label, gestreifte Krawatte von Givenchy

Blauer Regenmantel von Jil Sander, weißes Hemd von Boss, schwarze Seidenkrawatte von Givenchy, gestreiftes Longsleeve mit V-Kragen von Pringle of Scotland, Wollhose von Givenchy, Sneakers von Shimotsuki für Reebok

226

MODE

MODE

227


Fotografie: Faubel Christensen (www.faubelchristensen.com) Styling: Timothy Reukauf Haare & Make-up: Lisa-Raquel (www.seemanagement.com) Fotoassistenz: Adam Klimaszewski und Maciek Jasik Stylingassistenz: Audrey Chaney Model: Philip Marciniak (www.imgmodels.com) Bildbearbeitung: Kai Alexander Schabacker, Holger Speth (www.appel-grafik.de) Besonderer Dank gilt: Arts Corporation Studio New York (www.artscorporation.com)

WeiĂ&#x;e Lederschuhe von Givenchy

228

MODE

MODE

229


Fotografie: Faubel Christensen (www.faubelchristensen.com) Styling: Timothy Reukauf Haare & Make-up: Lisa-Raquel (www.seemanagement.com) Fotoassistenz: Adam Klimaszewski und Maciek Jasik Stylingassistenz: Audrey Chaney Model: Philip Marciniak (www.imgmodels.com) Bildbearbeitung: Kai Alexander Schabacker, Holger Speth (www.appel-grafik.de) Besonderer Dank gilt: Arts Corporation Studio New York (www.artscorporation.com)

WeiĂ&#x;e Lederschuhe von Givenchy

228

MODE

MODE

229


Das Leben hat verrücktgespielt im Juli 2001. Am Tag nach einer Demonstration zum G7-Gipfel in Genua wacht ein Globalisierungsgegner mit einer Platzwunde im Krankenhaus auf. An seinem Bett sitzt ein Polizist, der ihm gestern noch in voller Montur gegenüberstand. Beide kennen sich seit ihrer Kindheit. Die wahre Geschichte einer wechselvollen Freundschaft zwischen Hamburg und Apulien. Von Vito Avantario (Text) und Oliver Griep (Illustration)

In den staubigen Straßen Genuas roch es nach Spiritus und Urin. Es hatte sich unter uns Demonstranten herumgesprochen, dass Carlo Giuliani, ein junger Demonstrant, durch einen Kopfschuss eines Polizisten getötet worden war. Wir begegneten uns in einer Gasse, in die uns die Hundertschaft Polizisten hineingetrieben hatte. Er marschierte auf Seiten der Ordnungskräfte, ich an der Front der „Tute Bianche“, italienischer Globalisierungsgegner. Sein Blick war fest, da war keine Freude, keine Unsicherheit, kein Harren zu erkennen, nichts, was uns in dieser Situation hätte zueinanderführen können. Mein Blick könnte auf ihn ebenso hart gewirkt haben wie seiner auf mich. Hinter den Visieren unserer Schutzhelme hielten wir einander mit unseren Blicken in Schach. Mein Freund Agostino war vor 16 Jahren aus Deutschland weggezogen. Wir waren gemeinsam in Hamburg aufgewachsen und hatten uns in den letzten Jahren hin und wieder in Fiesso d’Artico getroffen, einem Städtchen in der Nähe von Venedig, in dem er allein in einer kleinen Eigentumswohnung lebte. Vor vier Jahren hatte er sich von seiner Ehefrau Mariuccia getrennt. Zu einer Ausbildung zum Beamten der italienischen Guardia di Finanza hatten ihn seine Eltern gedrängt. Er war damals 22 Jahre alt. Ein hochgerüsteter Beamter stand mir nun gegenüber. Ich ertappte mich bei einem lächerlichen Gedanken, als ich ihn erblickte. Seine Uniform stand ihm gut, dachte ich. 230

PROFILE

Als er noch in Deutschland lebte, war Agostino ein anderer Mensch, und doch war es der gleiche wie derjenige, den ich in diesem Moment höchster Anspannung fürchtete. Damals trug er schulterlange gelockte Haare, er war gepierct an Brustwarzen und Ohren, und ein tätowierter Sensenmann dekorierte seinen Rücken. Jedem, der ihm vorgestellt wurde, bot er sofort seinen Spitznamen an. Er sagte immer diesen Satz: „Hallo, ich bin Agostino, aber du kannst mich Ago nennen.“ Dabei betonte er stets das Du, was seinem Gegenüber immer das Gefühl gab, geehrt zu werden, und lachte die Menschen immer an. Sein Lachen war ein wundervolles Versprechen. Wen er anstrahlte, wurde zu seinem Verbündeten. Auf der Reeperbahn war Ago für seinen Gang bekannt. Er hatte den leichten Schritt eines Menschen, der keine Furcht kannte und Sorgen nur aus Erzählungen anderer. Sie nannten ihn „Gummi“, weil er beim Thaiboxtraining den Spagat an der Wand beherrschte: Er legte ein Bein vertikal der Länge nach an die Mauer und stand da wie eine Säule aus Muskeln. Solange ich ihn kannte, trug er immer Sneakers, Levi’s-Jeans und amerikanische Collegejacken. Nur einmal, als ich ihn zur Hochzeit seiner Cousine Graziella begleitete, trug er Anzug, Hemd, Krawatte und geschnürte schwarze Lederschuhe. Er sah albern aus damit. Für Typen wie ihn mit langen, öligen Haaren und goldenen Ohrringen hatten Deutsche eine Bezeichnung: Auf der Straße riefen sie ihn einen „italienischen Lackaffen“. PROFILE

231


Das Leben hat verrücktgespielt im Juli 2001. Am Tag nach einer Demonstration zum G7-Gipfel in Genua wacht ein Globalisierungsgegner mit einer Platzwunde im Krankenhaus auf. An seinem Bett sitzt ein Polizist, der ihm gestern noch in voller Montur gegenüberstand. Beide kennen sich seit ihrer Kindheit. Die wahre Geschichte einer wechselvollen Freundschaft zwischen Hamburg und Apulien. Von Vito Avantario (Text) und Oliver Griep (Illustration)

In den staubigen Straßen Genuas roch es nach Spiritus und Urin. Es hatte sich unter uns Demonstranten herumgesprochen, dass Carlo Giuliani, ein junger Demonstrant, durch einen Kopfschuss eines Polizisten getötet worden war. Wir begegneten uns in einer Gasse, in die uns die Hundertschaft Polizisten hineingetrieben hatte. Er marschierte auf Seiten der Ordnungskräfte, ich an der Front der „Tute Bianche“, italienischer Globalisierungsgegner. Sein Blick war fest, da war keine Freude, keine Unsicherheit, kein Harren zu erkennen, nichts, was uns in dieser Situation hätte zueinanderführen können. Mein Blick könnte auf ihn ebenso hart gewirkt haben wie seiner auf mich. Hinter den Visieren unserer Schutzhelme hielten wir einander mit unseren Blicken in Schach. Mein Freund Agostino war vor 16 Jahren aus Deutschland weggezogen. Wir waren gemeinsam in Hamburg aufgewachsen und hatten uns in den letzten Jahren hin und wieder in Fiesso d’Artico getroffen, einem Städtchen in der Nähe von Venedig, in dem er allein in einer kleinen Eigentumswohnung lebte. Vor vier Jahren hatte er sich von seiner Ehefrau Mariuccia getrennt. Zu einer Ausbildung zum Beamten der italienischen Guardia di Finanza hatten ihn seine Eltern gedrängt. Er war damals 22 Jahre alt. Ein hochgerüsteter Beamter stand mir nun gegenüber. Ich ertappte mich bei einem lächerlichen Gedanken, als ich ihn erblickte. Seine Uniform stand ihm gut, dachte ich. 230

PROFILE

Als er noch in Deutschland lebte, war Agostino ein anderer Mensch, und doch war es der gleiche wie derjenige, den ich in diesem Moment höchster Anspannung fürchtete. Damals trug er schulterlange gelockte Haare, er war gepierct an Brustwarzen und Ohren, und ein tätowierter Sensenmann dekorierte seinen Rücken. Jedem, der ihm vorgestellt wurde, bot er sofort seinen Spitznamen an. Er sagte immer diesen Satz: „Hallo, ich bin Agostino, aber du kannst mich Ago nennen.“ Dabei betonte er stets das Du, was seinem Gegenüber immer das Gefühl gab, geehrt zu werden, und lachte die Menschen immer an. Sein Lachen war ein wundervolles Versprechen. Wen er anstrahlte, wurde zu seinem Verbündeten. Auf der Reeperbahn war Ago für seinen Gang bekannt. Er hatte den leichten Schritt eines Menschen, der keine Furcht kannte und Sorgen nur aus Erzählungen anderer. Sie nannten ihn „Gummi“, weil er beim Thaiboxtraining den Spagat an der Wand beherrschte: Er legte ein Bein vertikal der Länge nach an die Mauer und stand da wie eine Säule aus Muskeln. Solange ich ihn kannte, trug er immer Sneakers, Levi’s-Jeans und amerikanische Collegejacken. Nur einmal, als ich ihn zur Hochzeit seiner Cousine Graziella begleitete, trug er Anzug, Hemd, Krawatte und geschnürte schwarze Lederschuhe. Er sah albern aus damit. Für Typen wie ihn mit langen, öligen Haaren und goldenen Ohrringen hatten Deutsche eine Bezeichnung: Auf der Straße riefen sie ihn einen „italienischen Lackaffen“. PROFILE

231


Auf St. Pauli ging er im Hollywood ein und aus. Heute hat der Konzertclub Docks dort seine Räume. Ende der 70er war das eine Discothek, die jugendliche Einwanderer besuchten. Sie hatten die Sitzparzellen fein säuberlich nach nationalen Territorien unter sich aufgeteilt. Links neben der Bühne: die Türken. Gegenüber: die Jugoslawen. Davor: die Italiener, Spanier und Griechen. Die billigen Plätze am Eingang waren für Nationalitäten, deren Mitglieder im Gastarbeiter-Deutschland der 70er- und 80er-Jahre in eindeutiger Unterzahl waren. Afros, Asiaten, Latinos und so. Deutsche trauten sich hier nicht rein, keine Ahnung, warum. Im Hollywood grüßten Ago die Gäste von links und rechts, wenn er an den Wochenenden hineinkam. Aus diesem Club rekrutierten sich später zwei stadtbekannte Banden, die Sparks und die Streetboys. Die Mitglieder trugen Namen wie Sharam, Costa, Karim, Siri oder Atillio. Sie waren Perser, Griechen, Ägypter, Türken oder Italiener. In welchem Viertel auch immer das Gerücht ging, dass sich Rassisten dort breit machten, fuhren die hin, lauerten denen auf und schlugen dazwischen, erbarmungslos. Diese Jungs sahen es gewissermaßen als Mission an, die rechte Brut, wo immer sie wie ein Geschwür auftauchte, sofort auszumerzen. In Stadtteilen wie Wilhelmsburg, Lohbrügge und Billstedt gingen sie abends Patrouille, um Freunde und Familienangehörige vor Überfällen zu schützen. Ago gehörte zu ihnen, und dafür liebte ich ihn damals. Er war gewissermaßen Politiker, Ordnungshüter und Halbweltler in Personalunion. „Arbeit ist das Joch der Menschheit“, war eine seiner Parolen. Dieses Credo spuckte er jedem, den er kennenlernte, nach kurzer Aufwärmphase unaufgefordert ins Gesicht. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, verkaufte er geklaute Autoradios und Perserteppiche, auf Anfrage beschaffte er auch Versace-Wäsche und Bonzenschmuck. Er räumte mit einer Horde von Ganoven in der Nacht Lagerschuppen im Freihafen aus oder überfiel am helllichten Tage Juwelierläden. Einmal raubte er auch eine Bank aus. Die erbeuteten zwölf Tausender investierte er in Freundschaftsgesten. Er selbst besaß kein Auto, keine Wohnung, keinen Schmuck. Er trug meist SecondhandKleidung und roch nach Drogerieseife. Mit dem beim Bankraub erbeuteten Geld lud er seine Bekannten vom Kiez zu einem Zug durchs Hamburger Nachtleben ein. Er verschwen232

PROFILE

dete sich und seinen Reichtum an andere. Als ich ihn in jener Nacht dabei beobachtete, wie er nach der Anerkennung anderer süchtelte, verstand ich: Mein Freund Agostino war im Begriff, sich in den Wirren seines schäbigen Lebens zu verlieren. Was seine Geberlaune anging, war Ago im Laufe der Jahre zwanghaft geworden. Auf Teufel komm raus versuchte er ständig. das seiner Ansicht nach ärmliche Gastgebertalent der Deutschen hervorzuheben, indem er seine Wohlfahrtsgesten derart übertrieb, dass die ihm gegenüber immer beschissen dastanden, sobald er sie mit seinem Protz überlud. Seine Nase hatte Löcher, so groß wie Staubsaugerrohre, und irgendwann begann er, von morgens bis abends das Kokain in den Nasenraum zu schnorcheln, während ich mich über seinen Massenkonsum zu wundern begann. Das Rauschgift schien in den Weiten seiner Gehirnwindungen zu verschwinden, als sei da eine Pipeline ins Unendliche gelegt. Ich frage mich noch heute, wie dieser Junge, der bei diesen großzügigen Eltern wohnte, sich das Zimmer mit seiner geigespielenden Schwester Rosamaria teilte und in seiner Freizeit japanische Sakuranishiki-Goldfische züchtete, derart aus der Bahn geraten konnte. In jener Zeit begann sich bereits ein tiefer Schmerz in mir zu bilden, während ich Ago begleitete. Mir war, als vergiftete sein toxischer Lebenswandel zunehmend meine Blutbahnen. Ich rief ihn nie zur Räson. Niemals verurteilte ich Ago für etwas. Ich schaute seinem zerstörerischen Treiben gebannt und gleichzeitig verzweifelt zu. Weil wir uns ein Leben lang kannten, fühlte ich eine tiefe Verbindung zu ihm, die ich nie hätte zerschlagen wollen. Unsere Eltern kamen mit dem Schwung an Arbeitskräften Ende der 50er-Jahre nach Deutschland. Ein Plakat hing damals an der Bushaltestelle der Piazza Marconi in Andria, einem Städtchen in Apulien, das in Italien für nichts berühmt ist, nur für das Jagdschloss, das sich Friedrich II. einst vor den Toren der Stadt bauen ließ. Heute hat es immerhin das Castel del Monte zur Prägung auf der italienischen Eincentmünze gebracht. „Vita nuova“ stand da in großen Buchstaben, „neues Leben“. Die deutsche Regierung suchte billige Arbeitskräfte. Die italienische Regierung wollte sich der teuren Arbeitslosen entledigen. Es war ein gutes Geschäft für beide Seiten. Agos Vater arbeitete bei der Howaldtswerft als Schweißer, meiner

bei Blohm & Voss als Schiffsbauer. Unsere tapferen Mütter verdingten sich als Näherinnen im Akkord. Sie gehörten zu den besten Kräften einer Lederschneiderei, was Monat für Monat, wenn ihnen die Gehaltsabrechnung vorgelegt wurden, zum Streit mit dem Vorarbeiter führte, weil der ihr Pensum nicht wahrhaben wollte und sie des Betrugs bezichtigte. Wenn sich unsere Eltern an den Wochenenden trafen, war dies für uns Jungen der Höhepunkt der Woche. Die Ruhe, Kraft und Behaglichkeit, die diese Runde auf uns Kinder ausstrahlte, hat sich in meinem Gefühlszentrum eingebrannt und ist jederzeit abrufbar, ich brauche nur an den kindlichen Agostino zu denken. Ich erinnere mich, wie wir gemeinsam an diesen Wochenenden die schwieligen Hände unserer Väter studierten. Jeder für sich hielt die Hand seines alten Herrn in seiner und betrachtete die Innenflächen, während unsere Eltern ihre typischen Gespräche führten: über die Arbeit, die niemals endete, den Urlaub, der in weiter Ferne lag, und die Rückkehr nach Italien, die niemals eintrat. Unser Wohnzimmer roch nach dem beißenden Haarlack unserer toupierten Mütter. Es war der Duft des neuen Stolzes ehemals armer Leute. Heute arbeitet mein Freund also im italienischen Staatsdienst. Als Polizist jagt er im Namen des Gesetzes Mörder, Diebe, Drogendealer und auch in Italien lebende „Illegale“. Vor einigen Monaten hatte ich ihn auf meiner Durchreise nach Bari in Fiesso d’Artico besucht. Wir standen mal wieder am geschwungenen Holztresen dieser Dorfbar. Auf dem Tresen lag die neonationalistische Tageszeitung „La Padania“. Ich erinnere mich an die Titelzeile, sie lautete: „Stoppt Immigration nach Italien!“ Der Barmann reichte uns einen Campari Gin mit Olive über den Tresen, und Agostino und ich kamen ins Gespräch. Er berichtete von seiner letzten Razzia, bei der er ein halbes Dutzend fliegender Händler aus Afrika hatte hochgehen lassen. Unterhaltungen dieser Art hatten sich in den letzten Jahren zwischen uns gehäuft. Ago berichtete aus seinem Alltag als Polizist, und wann immer von ihm die Politik ins Feld geführt wurde, entzweiten wir uns. Er behauptete stets zu wissen, was wirklich schiefläuft in Italien, er sagte: „Die Mafia ist ein Kreuz, auch die Korruption und die Arbeitslosigkeit, sowieso die roten Socken in der Regierung.“ Sie lasse Massen Marokkaner, Tunesier, Ghanaer,

Albaner, Zigeuner und Kurden ins Land hinein. Seitdem Italien sich vom klassischen Auswandererland zum südeuropäischen Immigrationszentrum gewandelt habe, könne die Bevölkerung in seinem Revier nicht mehr ruhig schlafen. Diebstahl, Betrug, Totschlag hätten Konjunktur, sagte er. Berauscht von seiner Rede, bemerkte Agostino nicht, wie mein Blick in ihn eindrang und die Kartografie seines Wesens ausleuchtete: Ich erinnerte mich an einen Freund, den ich in seinem ersten Deutschland-Urlaub nach seiner Einberufung zum Polizeidienst traf, als er kahl geschoren von der Militärakademie nach Hamburg kam. Ich sah einen verängstigten Burschen, dessen Hände zitterten und dessen Blick sich ständig senkte, wenn er auf meinen traf. Inmitten der Hundertschaft von Polizisten in Genua starrte ich ihn an und dachte: Ago erträgt die Konfusion des Lebens nicht, der verdrängt den Wildwuchs in seinem Hirn, der hat genug vom Durcheinander, der strebt nach Ordnung, der sieht nicht, dass er Opfer der Falle ist, weil er nun auf der anderen Seite steht. Über Genua kreisten die Helikopter. In der Luft lag der beißende Gestank von Tränengas. Ich schluckte und spürte einen brennenden Wasserfilm in den Augen. Ich nahm meinen Helm ab und schaute durch den Tränenschleier auf Agostino. Dann nahm ich einen auf mich zurasenden Gegenstand aus den Augenwinkeln wahr. Ich spürte einen Schlag am Kopf, und der Vorhang vor meinen Augen zog sich zu. Als ich erwachte, lag ich in einem Krankenhaus. „Was hast du in Genua verloren, du Arschloch. Warum bist du nicht in Hamburg geblieben, wo du herkommst?“, sagte Agostino. Was klang wie eine Frage, war keine. Er stellte nie Fragen. Ago hatte lieber Meinungen. Er meinte in diesem Moment, es hätte mir besser getan, nicht hierhergekommen zu sein. Ein väterlicher Ton lag in seiner Stimme. Er saß auf einem Plastikstuhl an meinem Bett und lächelte sanft. Hinter seinem festen Blick, dessen Ausdruck im Laufe der Jahre schleichend seine gesamte Aura vereinnahmt hatte, erkannte ich die Augen des kindlichen Agostino. Meine Haut an der Schläfe fühlte sich an wie ein gespanntes Segel im reißenden Wind. Zehn Stiche hatten sie gesetzt, sagte Agostino. Ich lächelte zurück. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag zu einem Campari Gin auf Eis mit Olive. PROFILE

233


Auf St. Pauli ging er im Hollywood ein und aus. Heute hat der Konzertclub Docks dort seine Räume. Ende der 70er war das eine Discothek, die jugendliche Einwanderer besuchten. Sie hatten die Sitzparzellen fein säuberlich nach nationalen Territorien unter sich aufgeteilt. Links neben der Bühne: die Türken. Gegenüber: die Jugoslawen. Davor: die Italiener, Spanier und Griechen. Die billigen Plätze am Eingang waren für Nationalitäten, deren Mitglieder im Gastarbeiter-Deutschland der 70er- und 80er-Jahre in eindeutiger Unterzahl waren. Afros, Asiaten, Latinos und so. Deutsche trauten sich hier nicht rein, keine Ahnung, warum. Im Hollywood grüßten Ago die Gäste von links und rechts, wenn er an den Wochenenden hineinkam. Aus diesem Club rekrutierten sich später zwei stadtbekannte Banden, die Sparks und die Streetboys. Die Mitglieder trugen Namen wie Sharam, Costa, Karim, Siri oder Atillio. Sie waren Perser, Griechen, Ägypter, Türken oder Italiener. In welchem Viertel auch immer das Gerücht ging, dass sich Rassisten dort breit machten, fuhren die hin, lauerten denen auf und schlugen dazwischen, erbarmungslos. Diese Jungs sahen es gewissermaßen als Mission an, die rechte Brut, wo immer sie wie ein Geschwür auftauchte, sofort auszumerzen. In Stadtteilen wie Wilhelmsburg, Lohbrügge und Billstedt gingen sie abends Patrouille, um Freunde und Familienangehörige vor Überfällen zu schützen. Ago gehörte zu ihnen, und dafür liebte ich ihn damals. Er war gewissermaßen Politiker, Ordnungshüter und Halbweltler in Personalunion. „Arbeit ist das Joch der Menschheit“, war eine seiner Parolen. Dieses Credo spuckte er jedem, den er kennenlernte, nach kurzer Aufwärmphase unaufgefordert ins Gesicht. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, verkaufte er geklaute Autoradios und Perserteppiche, auf Anfrage beschaffte er auch Versace-Wäsche und Bonzenschmuck. Er räumte mit einer Horde von Ganoven in der Nacht Lagerschuppen im Freihafen aus oder überfiel am helllichten Tage Juwelierläden. Einmal raubte er auch eine Bank aus. Die erbeuteten zwölf Tausender investierte er in Freundschaftsgesten. Er selbst besaß kein Auto, keine Wohnung, keinen Schmuck. Er trug meist SecondhandKleidung und roch nach Drogerieseife. Mit dem beim Bankraub erbeuteten Geld lud er seine Bekannten vom Kiez zu einem Zug durchs Hamburger Nachtleben ein. Er verschwen232

PROFILE

dete sich und seinen Reichtum an andere. Als ich ihn in jener Nacht dabei beobachtete, wie er nach der Anerkennung anderer süchtelte, verstand ich: Mein Freund Agostino war im Begriff, sich in den Wirren seines schäbigen Lebens zu verlieren. Was seine Geberlaune anging, war Ago im Laufe der Jahre zwanghaft geworden. Auf Teufel komm raus versuchte er ständig. das seiner Ansicht nach ärmliche Gastgebertalent der Deutschen hervorzuheben, indem er seine Wohlfahrtsgesten derart übertrieb, dass die ihm gegenüber immer beschissen dastanden, sobald er sie mit seinem Protz überlud. Seine Nase hatte Löcher, so groß wie Staubsaugerrohre, und irgendwann begann er, von morgens bis abends das Kokain in den Nasenraum zu schnorcheln, während ich mich über seinen Massenkonsum zu wundern begann. Das Rauschgift schien in den Weiten seiner Gehirnwindungen zu verschwinden, als sei da eine Pipeline ins Unendliche gelegt. Ich frage mich noch heute, wie dieser Junge, der bei diesen großzügigen Eltern wohnte, sich das Zimmer mit seiner geigespielenden Schwester Rosamaria teilte und in seiner Freizeit japanische Sakuranishiki-Goldfische züchtete, derart aus der Bahn geraten konnte. In jener Zeit begann sich bereits ein tiefer Schmerz in mir zu bilden, während ich Ago begleitete. Mir war, als vergiftete sein toxischer Lebenswandel zunehmend meine Blutbahnen. Ich rief ihn nie zur Räson. Niemals verurteilte ich Ago für etwas. Ich schaute seinem zerstörerischen Treiben gebannt und gleichzeitig verzweifelt zu. Weil wir uns ein Leben lang kannten, fühlte ich eine tiefe Verbindung zu ihm, die ich nie hätte zerschlagen wollen. Unsere Eltern kamen mit dem Schwung an Arbeitskräften Ende der 50er-Jahre nach Deutschland. Ein Plakat hing damals an der Bushaltestelle der Piazza Marconi in Andria, einem Städtchen in Apulien, das in Italien für nichts berühmt ist, nur für das Jagdschloss, das sich Friedrich II. einst vor den Toren der Stadt bauen ließ. Heute hat es immerhin das Castel del Monte zur Prägung auf der italienischen Eincentmünze gebracht. „Vita nuova“ stand da in großen Buchstaben, „neues Leben“. Die deutsche Regierung suchte billige Arbeitskräfte. Die italienische Regierung wollte sich der teuren Arbeitslosen entledigen. Es war ein gutes Geschäft für beide Seiten. Agos Vater arbeitete bei der Howaldtswerft als Schweißer, meiner

bei Blohm & Voss als Schiffsbauer. Unsere tapferen Mütter verdingten sich als Näherinnen im Akkord. Sie gehörten zu den besten Kräften einer Lederschneiderei, was Monat für Monat, wenn ihnen die Gehaltsabrechnung vorgelegt wurden, zum Streit mit dem Vorarbeiter führte, weil der ihr Pensum nicht wahrhaben wollte und sie des Betrugs bezichtigte. Wenn sich unsere Eltern an den Wochenenden trafen, war dies für uns Jungen der Höhepunkt der Woche. Die Ruhe, Kraft und Behaglichkeit, die diese Runde auf uns Kinder ausstrahlte, hat sich in meinem Gefühlszentrum eingebrannt und ist jederzeit abrufbar, ich brauche nur an den kindlichen Agostino zu denken. Ich erinnere mich, wie wir gemeinsam an diesen Wochenenden die schwieligen Hände unserer Väter studierten. Jeder für sich hielt die Hand seines alten Herrn in seiner und betrachtete die Innenflächen, während unsere Eltern ihre typischen Gespräche führten: über die Arbeit, die niemals endete, den Urlaub, der in weiter Ferne lag, und die Rückkehr nach Italien, die niemals eintrat. Unser Wohnzimmer roch nach dem beißenden Haarlack unserer toupierten Mütter. Es war der Duft des neuen Stolzes ehemals armer Leute. Heute arbeitet mein Freund also im italienischen Staatsdienst. Als Polizist jagt er im Namen des Gesetzes Mörder, Diebe, Drogendealer und auch in Italien lebende „Illegale“. Vor einigen Monaten hatte ich ihn auf meiner Durchreise nach Bari in Fiesso d’Artico besucht. Wir standen mal wieder am geschwungenen Holztresen dieser Dorfbar. Auf dem Tresen lag die neonationalistische Tageszeitung „La Padania“. Ich erinnere mich an die Titelzeile, sie lautete: „Stoppt Immigration nach Italien!“ Der Barmann reichte uns einen Campari Gin mit Olive über den Tresen, und Agostino und ich kamen ins Gespräch. Er berichtete von seiner letzten Razzia, bei der er ein halbes Dutzend fliegender Händler aus Afrika hatte hochgehen lassen. Unterhaltungen dieser Art hatten sich in den letzten Jahren zwischen uns gehäuft. Ago berichtete aus seinem Alltag als Polizist, und wann immer von ihm die Politik ins Feld geführt wurde, entzweiten wir uns. Er behauptete stets zu wissen, was wirklich schiefläuft in Italien, er sagte: „Die Mafia ist ein Kreuz, auch die Korruption und die Arbeitslosigkeit, sowieso die roten Socken in der Regierung.“ Sie lasse Massen Marokkaner, Tunesier, Ghanaer,

Albaner, Zigeuner und Kurden ins Land hinein. Seitdem Italien sich vom klassischen Auswandererland zum südeuropäischen Immigrationszentrum gewandelt habe, könne die Bevölkerung in seinem Revier nicht mehr ruhig schlafen. Diebstahl, Betrug, Totschlag hätten Konjunktur, sagte er. Berauscht von seiner Rede, bemerkte Agostino nicht, wie mein Blick in ihn eindrang und die Kartografie seines Wesens ausleuchtete: Ich erinnerte mich an einen Freund, den ich in seinem ersten Deutschland-Urlaub nach seiner Einberufung zum Polizeidienst traf, als er kahl geschoren von der Militärakademie nach Hamburg kam. Ich sah einen verängstigten Burschen, dessen Hände zitterten und dessen Blick sich ständig senkte, wenn er auf meinen traf. Inmitten der Hundertschaft von Polizisten in Genua starrte ich ihn an und dachte: Ago erträgt die Konfusion des Lebens nicht, der verdrängt den Wildwuchs in seinem Hirn, der hat genug vom Durcheinander, der strebt nach Ordnung, der sieht nicht, dass er Opfer der Falle ist, weil er nun auf der anderen Seite steht. Über Genua kreisten die Helikopter. In der Luft lag der beißende Gestank von Tränengas. Ich schluckte und spürte einen brennenden Wasserfilm in den Augen. Ich nahm meinen Helm ab und schaute durch den Tränenschleier auf Agostino. Dann nahm ich einen auf mich zurasenden Gegenstand aus den Augenwinkeln wahr. Ich spürte einen Schlag am Kopf, und der Vorhang vor meinen Augen zog sich zu. Als ich erwachte, lag ich in einem Krankenhaus. „Was hast du in Genua verloren, du Arschloch. Warum bist du nicht in Hamburg geblieben, wo du herkommst?“, sagte Agostino. Was klang wie eine Frage, war keine. Er stellte nie Fragen. Ago hatte lieber Meinungen. Er meinte in diesem Moment, es hätte mir besser getan, nicht hierhergekommen zu sein. Ein väterlicher Ton lag in seiner Stimme. Er saß auf einem Plastikstuhl an meinem Bett und lächelte sanft. Hinter seinem festen Blick, dessen Ausdruck im Laufe der Jahre schleichend seine gesamte Aura vereinnahmt hatte, erkannte ich die Augen des kindlichen Agostino. Meine Haut an der Schläfe fühlte sich an wie ein gespanntes Segel im reißenden Wind. Zehn Stiche hatten sie gesetzt, sagte Agostino. Ich lächelte zurück. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag zu einem Campari Gin auf Eis mit Olive. PROFILE

233


Links: Hans, schwarzer Blouson von Tiger of Sweden Rechts: Laust, schwarzes Lederhemd, blau-weiĂ&#x;es Tanktop und blaue Jeans von Acne Jeans Unten: Hans, dunkelblau-kariertes Hemd von Bayicon, schwarzes Tanktop und graue Jeans von Acne Jeans, Schuhe von Burberry Prorsum

Es hat nur einen Abend gedauert, um zu wissen, wer sie wirklich sind. Oder ein ganzes Leben. Von Fergus Padel (Fotos) und Isabelle Thiry (Styling)

234

MODE

MODE

235


Links: Hans, schwarzer Blouson von Tiger of Sweden Rechts: Laust, schwarzes Lederhemd, blau-weiĂ&#x;es Tanktop und blaue Jeans von Acne Jeans Unten: Hans, dunkelblau-kariertes Hemd von Bayicon, schwarzes Tanktop und graue Jeans von Acne Jeans, Schuhe von Burberry Prorsum

Es hat nur einen Abend gedauert, um zu wissen, wer sie wirklich sind. Oder ein ganzes Leben. Von Fergus Padel (Fotos) und Isabelle Thiry (Styling)

234

MODE

MODE

235


Links: Hans, Jackett von Filippa K., Hose von Whyred, Schuhe von Burberry Prorsum Laust, Lederjacke und Henley, beides von J.Lindeberg, Anzughose von Windsor, Schuhe von Acne Jeans Rechts: Laust, Tanktop von Petar Petrov

236

MODE

MODE

237


Links: Hans, Jackett von Filippa K., Hose von Whyred, Schuhe von Burberry Prorsum Laust, Lederjacke und Henley, beides von J.Lindeberg, Anzughose von Windsor, Schuhe von Acne Jeans Rechts: Laust, Tanktop von Petar Petrov

236

MODE

MODE

237


Links: Hans, dunkelblaue Jeans von April 77 Rechts: Laust, Pullover von Burberry Prorsum Hans, Tanktop von Fifth Avenue Shoe Repair

238

MODE

MODE

239


Links: Hans, dunkelblaue Jeans von April 77 Rechts: Laust, Pullover von Burberry Prorsum Hans, Tanktop von Fifth Avenue Shoe Repair

238

MODE

MODE

239


Oben: Laust, Hoddy von American Apparel Unten: Hans, cremefarbenes Hemd und schwarzer Kurzarmpullover von Burberry Prorsum

240

MODE

MODE

241


Oben: Laust, Hoddy von American Apparel Unten: Hans, cremefarbenes Hemd und schwarzer Kurzarmpullover von Burberry Prorsum

240

MODE

MODE

241


Oben: Hans, Kaschmirpullover mit Knopfleiste von Gucci, Jeans von Diesel Laust, T-Shirt von Fifth Avenue Shoe Repair, Hose von WoodWood Rechts: Laust, Satin-Bomberjacke von Bayicon, Henley von Cinque, Hose von Wooyoungmi, Schuhe von Repetto Hans, Nylon-Windjacke von adidas Y-3, Hemd von Filippa K., Jeans von Cheap Monday

Fotografie: Fergus Padel (www.ferguspadel.de) Styling: Isabelle Thiry (www.thiry.info) Haare & Make-up: Troy Dabski (www.bigoudi.de) Models: Laust Frederiksen (www.vivamodels.de) und Hans-Christian Bussert Bildbearbeitung: Thomas Kaiser (www.appel-grafik.de) Vielen Dank an DRS

242

MODE

MODE

243


Oben: Hans, Kaschmirpullover mit Knopfleiste von Gucci, Jeans von Diesel Laust, T-Shirt von Fifth Avenue Shoe Repair, Hose von WoodWood Rechts: Laust, Satin-Bomberjacke von Bayicon, Henley von Cinque, Hose von Wooyoungmi, Schuhe von Repetto Hans, Nylon-Windjacke von adidas Y-3, Hemd von Filippa K., Jeans von Cheap Monday

Fotografie: Fergus Padel (www.ferguspadel.de) Styling: Isabelle Thiry (www.thiry.info) Haare & Make-up: Troy Dabski (www.bigoudi.de) Models: Laust Frederiksen (www.vivamodels.de) und Hans-Christian Bussert Bildbearbeitung: Thomas Kaiser (www.appel-grafik.de) Vielen Dank an DRS

242

MODE

MODE

243


Iza hat einen ganzen Schrank voller Launen und Gesichter. Sie zeigt dir immer gerade das, was sie ausgewählt hat – sie, nicht du. Sei dir nicht zu sicher, dass hier was läuft. Obwohl ... Von Jean-Francois Carly (Fotos) und Carly Brook (Styling)

Regenmantel von Paule Ka, Seidenstrümpfe von House of Harlot, Lackpumps von Natasha Morrow für House of Harlot, BH von Agent Provocateur

244

PRIVÉ

PRIVÉ

245


Iza hat einen ganzen Schrank voller Launen und Gesichter. Sie zeigt dir immer gerade das, was sie ausgewählt hat – sie, nicht du. Sei dir nicht zu sicher, dass hier was läuft. Obwohl ... Von Jean-Francois Carly (Fotos) und Carly Brook (Styling)

Regenmantel von Paule Ka, Seidenstrümpfe von House of Harlot, Lackpumps von Natasha Morrow für House of Harlot, BH von Agent Provocateur

244

PRIVÉ

PRIVÉ

245


Links: Korsage von Agent Provocateur, Lacklederhandschuhe von House of Harlot Oben: Stretchtop von Vivienne Westwood, Kniestrümpfe von House of Harlot, Glitzerpumps von Natasha Morrow für House of Harlot

246

PRIVÉ

PRIVÉ

247


Links: Korsage von Agent Provocateur, Lacklederhandschuhe von House of Harlot Oben: Stretchtop von Vivienne Westwood, Kniestrümpfe von House of Harlot, Glitzerpumps von Natasha Morrow für House of Harlot

246

PRIVÉ

PRIVÉ

247


Kleid von Natasha Morrow für House of Harlot, Lacklederstrümpfe von House of Harlot, Peitsche von Coco de Mer

Beiges Korsett von Agent Provocateur, rote Pumps mit Glitzersteinchen von Natasha Morrow für House of Harlot, schwarze Spitze von Gucci (Vintage)

248

PRIVÉ

PRIVÉ

249


Kleid von Natasha Morrow für House of Harlot, Lacklederstrümpfe von House of Harlot, Peitsche von Coco de Mer

Beiges Korsett von Agent Provocateur, rote Pumps mit Glitzersteinchen von Natasha Morrow für House of Harlot, schwarze Spitze von Gucci (Vintage)

248

PRIVÉ

PRIVÉ

249


Plateaupumps von House of Harlot

250

PRIVÉ

PRIVÉ

251


Plateaupumps von House of Harlot

250

PRIVÉ

PRIVÉ

251


Schwarze Korsage von Vivienne Westwood (Vintage), schwarzer Stiftrock von House of Harlot, rote Glitzerpumps von Natasha Morrow für House of Harlot

Fotografie: Jean-Francois Carly (www.webberrepresents.com) Fotoassistenz: Kim Curtin Styling: Carly Brook (www.carolhayesmanagement.co.uk) Haare: Christopher Sweeney (DWM) Make-up: Florrie White (www.dandvmanagement.com) Model: Iza Olak (www.premiermodelmanagement.com) Bildbearbeitung: Kai Alexander Schabacker (www.appel-grafik.de)

252

PRIVÉ

PRIVÉ

253


Schwarze Korsage von Vivienne Westwood (Vintage), schwarzer Stiftrock von House of Harlot, rote Glitzerpumps von Natasha Morrow für House of Harlot

Fotografie: Jean-Francois Carly (www.webberrepresents.com) Fotoassistenz: Kim Curtin Styling: Carly Brook (www.carolhayesmanagement.co.uk) Haare: Christopher Sweeney (DWM) Make-up: Florrie White (www.dandvmanagement.com) Model: Iza Olak (www.premiermodelmanagement.com) Bildbearbeitung: Kai Alexander Schabacker (www.appel-grafik.de)

252

PRIVÉ

PRIVÉ

253


Alfred Chase, Agentur Success Model Management: Jacke von Petar Petrov, Tanktop von Wendy & Jim

NEU

Was gestern noch neu war, ist heute schon alt. Deswegen zeigen wir hier und jetzt die Models, die erst morgen neu sein werden. Also eigentlich neuer als neu. Von Axl Jansen (Fotos) und Nicole Hardt (Styling)

254

MODE

MODE

255


Alfred Chase, Agentur Success Model Management: Jacke von Petar Petrov, Tanktop von Wendy & Jim

NEU

Was gestern noch neu war, ist heute schon alt. Deswegen zeigen wir hier und jetzt die Models, die erst morgen neu sein werden. Also eigentlich neuer als neu. Von Axl Jansen (Fotos) und Nicole Hardt (Styling)

254

MODE

MODE

255


Stas Svelti, Agentur Success Model Management: Sakko von Gilles Rosier

256

MODE

MODE

257


Stas Svelti, Agentur Success Model Management: Sakko von Gilles Rosier

256

MODE

MODE

257


Vinicius Cenzi de Castro, Agentur Ford Homme: Hemd von Gaspard Yurkievich

258

MODE

MODE

259


Vinicius Cenzi de Castro, Agentur Ford Homme: Hemd von Gaspard Yurkievich

258

MODE

MODE

259


Luc Priester, Agentur Ford Homme: Pullover von Bless

260

MODE

MODE

261


Luc Priester, Agentur Ford Homme: Pullover von Bless

260

MODE

MODE

261


Julien Balestier, Agentur Success Model Management: Jackett und Hemd von Cosmic Wonder

Fotografie: Axl Jansen (www.axljansen.com) Assistenz: Chloe Menza Styling: Nicole Hardt Make-up: Sandrin Cano Haare: Rémy Pilot

262

MODE

MODE

263


Julien Balestier, Agentur Success Model Management: Jackett und Hemd von Cosmic Wonder

Fotografie: Axl Jansen (www.axljansen.com) Assistenz: Chloe Menza Styling: Nicole Hardt Make-up: Sandrin Cano Haare: Rémy Pilot

262

MODE

MODE

263




gramm.de

Acne Jeans

ADD

+46-8-55 57 99 00 acnejeans.com

+49-30-94 88 04 77 welcomeadd.com

adidas Y-3 Häberlein & Mauerer +49-30-726 20 82 63 adidas.com

Agent Provocateur

Alessandro Dell’Acqua

American Apparel

Ann-Sofie Back

+44-20-79 27 69 98 agentprovocateur.com

+39-02-97 37 99 11 alessandrodellacqua.com

+49-211-38 54 09 66 americanapparel.net

ibeyo.se

April 77

Bayicon

+33-476-14 75 20 april77.fr

+46-8-30 09 59 bayicon.se

Birkenstock Push a Product +49-228-94 37 70 birkenstock.de

Bless Agentur V +49-30-28 09 90 39 bless-service.de

Brioni +39-02-76 39 00 86 brioni.com

Burberry Prorsum Loews PR +49-89-219 37 91 21 burberry.com Celine Antje Campe-Thieling PR +49-40-48 09 64 06 celine.com

Calvin Klein Collection Loews PR +49-89-219 37 91 21 calvinklein.com Cheap Monday

Cinque

Coco de Mer

cheapmonday.com

+49-21 61-96 53 cinque.de

+44-20-78 36 88 82 coco-de-mer.co.uk

Cosmic Wondershop

Diesel Henri & Frank PR +49-40-32 02 77 10 diesel.com

cosmicwonder.com Diet Butcher Slim Skin

Dior Homme

DSquared

+44-20-74 36 73 43 metalburger.com

dior.com

+39-02-42 29 78 90 dsquared2.com

Fifi Chachnil +33-1-42 21 19 93 fifichachnil.com Fifth Avenue Shoe Repair Global Bohemians GmbH +49-211-20 43 23 shoerepair.se

Filippa K PR Deluxe +49-89-18 94 78-0 filippa-k.com

Gaspard Yurkievich +33-1-42 01 51 00 gaspardyurkievich.com

Gilles Rosier

Givenchy Hommes

+33-1-49 96 44 44 gillesrosier.fr

+33-1-44 31 51 80 givenchy.com

Gucci Network PR +49-40-450 30 60 gucci.com

H&M

Henrik Vibskov Agentur V +49-30-28 09 90 39 henrikvibskov.com

+49-40-30 39 37 23 hm.com Hope Showrespect +49-30-28 09 99 99 hope-sthlm.com

Jil Sander Loews PR +49-89-219 37 91 28 jilsander.de

House of Harlot +44-20-77 00 14 41 houseofharlot.com

J Lindeberg

+49-30-44 65 31 57 io-berlin.com

+49-211-518 02 11 jlindeberg.com

+1-212-965 07 00 johnvarvatos.com Karen Walker Mandi Lennard Publ. Ltd. +44-20 77 29 27 70 karenwalker.com

La Perla Black Label +49-89-14 30 45 47 laperla.com

266

MODE

ich lieb ihn nicht,

ICH LIEB IHN, ich lieb ihn nicht,

ich lieb ihn,

ich lieb ihn nicht …

Hugo Boss Network PR +49-71 23-940 hugoboss.com

io Berlin

John Varvatos

Ich lieb ihn,

Joop! Nicole Weber PR +49-40-448 03 80 joop.com Kiminori Morishita Cristofoli Press +33-1-44 84 49 49 Levi’s Häberlein & Maurer +49-89-38 10 80 levi.com

VO L O RV E D

0. 3 C

anderen zu Den einen mag er zu frech sein, anderen zu kühn und wieder h wirklic nie noch Dich hat hübsch. Mal ehrlich: Was andere denken, t. denks C30 Volvo den über gekümmert. Aber uns interessiert, was Du , wissen uns lass’ und ng.de Deshalb: Klick auf www.sag-uns-deine-meinu ob Du ihn liebst oder nicht.


gramm.de

Acne Jeans

ADD

+46-8-55 57 99 00 acnejeans.com

+49-30-94 88 04 77 welcomeadd.com

adidas Y-3 Häberlein & Mauerer +49-30-726 20 82 63 adidas.com

Agent Provocateur

Alessandro Dell’Acqua

American Apparel

Ann-Sofie Back

+44-20-79 27 69 98 agentprovocateur.com

+39-02-97 37 99 11 alessandrodellacqua.com

+49-211-38 54 09 66 americanapparel.net

ibeyo.se

April 77

Bayicon

+33-476-14 75 20 april77.fr

+46-8-30 09 59 bayicon.se

Birkenstock Push a Product +49-228-94 37 70 birkenstock.de

Bless Agentur V +49-30-28 09 90 39 bless-service.de

Brioni +39-02-76 39 00 86 brioni.com

Burberry Prorsum Loews PR +49-89-219 37 91 21 burberry.com Celine Antje Campe-Thieling PR +49-40-48 09 64 06 celine.com

Calvin Klein Collection Loews PR +49-89-219 37 91 21 calvinklein.com Cheap Monday

Cinque

Coco de Mer

cheapmonday.com

+49-21 61-96 53 cinque.de

+44-20-78 36 88 82 coco-de-mer.co.uk

Cosmic Wondershop

Diesel Henri & Frank PR +49-40-32 02 77 10 diesel.com

cosmicwonder.com Diet Butcher Slim Skin

Dior Homme

DSquared

+44-20-74 36 73 43 metalburger.com

dior.com

+39-02-42 29 78 90 dsquared2.com

Fifi Chachnil +33-1-42 21 19 93 fifichachnil.com Fifth Avenue Shoe Repair Global Bohemians GmbH +49-211-20 43 23 shoerepair.se

Filippa K PR Deluxe +49-89-18 94 78-0 filippa-k.com

Gaspard Yurkievich +33-1-42 01 51 00 gaspardyurkievich.com

Gilles Rosier

Givenchy Hommes

+33-1-49 96 44 44 gillesrosier.fr

+33-1-44 31 51 80 givenchy.com

Gucci Network PR +49-40-450 30 60 gucci.com

H&M

Henrik Vibskov Agentur V +49-30-28 09 90 39 henrikvibskov.com

+49-40-30 39 37 23 hm.com Hope Showrespect +49-30-28 09 99 99 hope-sthlm.com

Jil Sander Loews PR +49-89-219 37 91 28 jilsander.de

House of Harlot +44-20-77 00 14 41 houseofharlot.com

J Lindeberg

+49-30-44 65 31 57 io-berlin.com

+49-211-518 02 11 jlindeberg.com

+1-212-965 07 00 johnvarvatos.com Karen Walker Mandi Lennard Publ. Ltd. +44-20 77 29 27 70 karenwalker.com

La Perla Black Label +49-89-14 30 45 47 laperla.com

266

MODE

ich lieb ihn nicht,

ICH LIEB IHN, ich lieb ihn nicht,

ich lieb ihn,

ich lieb ihn nicht …

Hugo Boss Network PR +49-71 23-940 hugoboss.com

io Berlin

John Varvatos

Ich lieb ihn,

Joop! Nicole Weber PR +49-40-448 03 80 joop.com Kiminori Morishita Cristofoli Press +33-1-44 84 49 49 Levi’s Häberlein & Maurer +49-89-38 10 80 levi.com

VO L O RV E D

0. 3 C

anderen zu Den einen mag er zu frech sein, anderen zu kühn und wieder h wirklic nie noch Dich hat hübsch. Mal ehrlich: Was andere denken, t. denks C30 Volvo den über gekümmert. Aber uns interessiert, was Du , wissen uns lass’ und ng.de Deshalb: Klick auf www.sag-uns-deine-meinu ob Du ihn liebst oder nicht.


Here you see exactly what you're made of. Licentious Cube PR +44-20-72 42 54 83 licentious.rendez-vousparis.com

Marc Jacobs +1-212-34 31 49-0 marcjacobs.com

Martin Margiela 10 Henri & Frank PR +49-40-32 02 77 10 maisonmartinmargiela.com

Masatomo Systeme D +33-1-40 26 47 81 masatomo-paris.com

Mihara Yasuhiro

O’Neill Intenics_Surf Gear +49-82- 98 87 79 oneill.de

+44-20-74 39 98 88 sosu.co.jp

©2007 Finlandia Vodka Worldwide Ltd., Helsinki, Finland. Finlandia Vodka 40% Alc./Vol.

Paul & Joe Mrs Politely PR +33-1-45 44 97 70 paulandjoe.com Petar Petrov Systeme D +33-1-40 26 47 81 petarpetrov.com

Paule Ka +33-1-40 29 03 06 pauleka.com

Prada Loews PR +49-89-21 93 79 10 prada.com Pringle of Scotland Public Images PR +49-21-54 49 39-0 pringle-of-scotland.com

Puma puma.com

Raf Simons Jus +46-8-20 67 77 rafsimons.com

Ralph Lauren +49-89-29 19 38-0 ralphlauren.com Repetto

Romain Kremer Systeme D +33-1-40 26 47 81 romainkremer.com

repetto.com Schiesser

Shimotsuki für Reebok

+49-77 32-90 26 31 schiesser.com

+49-91 32 84-80 00 rbk.com

Spastor Systeme D +33-1-40 26 47 81 spastor.org

Surface 2 Air

The North Face

+33-1-49 27 04 54 surface2air.com

+39-0-423 68 31 00 thenorthface.com

Tiger of Sweden

Umbro by Kim Jones

+49-211-336 71 29 tigerofsweden.com

+44-20-79 07 72 62 umbrobykimjones.com

Unconditional +44-20-74 34 45 46 unconditional.uk.com Ute Ploier +43-0-699 11 60 29 50 uteploier.com Velour Patriksson Communication +46-8-52 80 05 90 p-com.se

Versace Loews PR +49-89-21 93 79 10 versace.com

Vivienne Westwood Man +44-20-74 39 11 09 viviennewestwood.com

Wendy&Jim Cristofoli Press +33-1-44 84 49 49 wujsympathisant.com

Whyred Global Bohemians +49-211-20 43 23 whyred.com

Windsor

Wonhundred Brand Central +49-30-46 60 69 19 wonhundred.com

+49-21-61 96 53 windsor.de WoodWood Agentur V +49-30-28 09 90 39 woodwood.dk

Made from pure glacial spring water, untouched, untainted, and unspoiled. Keep your judgement pure. Drink responsibly.

finlandia.com

Wooyoungmi Systeme D +33-1-40 26 34 81 wooyoungmi.com

MODE

269


Here you see exactly what you're made of. Licentious Cube PR +44-20-72 42 54 83 licentious.rendez-vousparis.com

Marc Jacobs +1-212-34 31 49-0 marcjacobs.com

Martin Margiela 10 Henri & Frank PR +49-40-32 02 77 10 maisonmartinmargiela.com

Masatomo Systeme D +33-1-40 26 47 81 masatomo-paris.com

Mihara Yasuhiro

O’Neill Intenics_Surf Gear +49-82- 98 87 79 oneill.de

+44-20-74 39 98 88 sosu.co.jp

©2007 Finlandia Vodka Worldwide Ltd., Helsinki, Finland. Finlandia Vodka 40% Alc./Vol.

Paul & Joe Mrs Politely PR +33-1-45 44 97 70 paulandjoe.com Petar Petrov Systeme D +33-1-40 26 47 81 petarpetrov.com

Paule Ka +33-1-40 29 03 06 pauleka.com

Prada Loews PR +49-89-21 93 79 10 prada.com Pringle of Scotland Public Images PR +49-21-54 49 39-0 pringle-of-scotland.com

Puma puma.com

Raf Simons Jus +46-8-20 67 77 rafsimons.com

Ralph Lauren +49-89-29 19 38-0 ralphlauren.com Repetto

Romain Kremer Systeme D +33-1-40 26 47 81 romainkremer.com

repetto.com Schiesser

Shimotsuki für Reebok

+49-77 32-90 26 31 schiesser.com

+49-91 32 84-80 00 rbk.com

Spastor Systeme D +33-1-40 26 47 81 spastor.org

Surface 2 Air

The North Face

+33-1-49 27 04 54 surface2air.com

+39-0-423 68 31 00 thenorthface.com

Tiger of Sweden

Umbro by Kim Jones

+49-211-336 71 29 tigerofsweden.com

+44-20-79 07 72 62 umbrobykimjones.com

Unconditional +44-20-74 34 45 46 unconditional.uk.com Ute Ploier +43-0-699 11 60 29 50 uteploier.com Velour Patriksson Communication +46-8-52 80 05 90 p-com.se

Versace Loews PR +49-89-21 93 79 10 versace.com

Vivienne Westwood Man +44-20-74 39 11 09 viviennewestwood.com

Wendy&Jim Cristofoli Press +33-1-44 84 49 49 wujsympathisant.com

Whyred Global Bohemians +49-211-20 43 23 whyred.com

Windsor

Wonhundred Brand Central +49-30-46 60 69 19 wonhundred.com

+49-21-61 96 53 windsor.de WoodWood Agentur V +49-30-28 09 90 39 woodwood.dk

Made from pure glacial spring water, untouched, untainted, and unspoiled. Keep your judgement pure. Drink responsibly.

finlandia.com

Wooyoungmi Systeme D +33-1-40 26 34 81 wooyoungmi.com

MODE

269


EINFACH WEITERMACHEN! Wer jemals eine Katze gesehen hat, die sich wie eine Ziehharmonika nach vorn würgt, weil sie versucht, ihren Magen von störendem Gewöll zu befreien, der weiß, warum der Kater Kater heißt und nicht Hamster oder Amsel. Ersparen wir uns lästige Details, wie es zu einem Kater kommt; er ist eben da und stört nach dem Aufwachen ganz gewaltig. Zum Umgang mit einem ordentlichen Kater gibt es haufenweise wohlgemeinte Ratschläge. Immer mal zwischendurch Wasser trinken bzw. vor dem Zubettgehen eine Flasche davon abpumpen ist das Präventivmittel der Wahl. Schlauberger. Wenn man in der Lage wäre, eine Apfelschorle als abwechslungsreiches Intermezzo zwischen zwei Bierchen zu genießen, dann käme man nie so weit.

Und wer abends richtig besoffen ins Bett poltert, nuckelt nicht vorher noch eine Flasche Evian leer. Was also tun gegen Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Durst, gefolgt von Gliederschmerzen, Lethargie und Depression? Der Körper beschäftigt sich während des Katers folgendermaßen: Alkohol wird in der Leber zunächst zu Acetaldehyd abgebaut, das die Blutgefäße erweitert und Kopfschmerzen auslöst. Ein in der Leber begrenzt vorhandenes Enzym baut Acetaldehyd zu Essigsäure ab. Ist es verbraucht, verstärken sich die Vergiftungssymptome. Zum Frühstück rät der Verband der Heilpraktiker zum klassischen Katerfrühstück mit Rollmops und Gurken. Das gleicht den Mineralstoffverlust aus. Dazu viel Mineralwasser oder Fruchtsaftschorle, auf schwarzen Kaffee sollte man lieber verzichten. Er wirkt – wie Alkohol – dehydrierend. Kamillen- und Pfefferminztee dagegen beruhigen den aufgebrachten Magen und helfen gegen die Übelkeit. Nun reden wir allerdings nicht von einem Kätzchen, sondern von einem ausgewachsenen Kater. Allein der vorwurfsvolle und strafende Charakter, der die genannten Produkte begleitet, macht alles noch schlimmer. Und schon die Vorstellung eines fischigen Frühstücks in Begleitung von Kamillentee wirkt ebenso dehydrierend wie Kaffee. Nehmen wir es also wie ein Mann und greifen den Stier bei den Hörnern. Ohne Zähneputzen raus in die Eckkneipe und ein schönes Konterbierchen (aka Stützbier) verzehren. Das mag aus medizinischer Sicht Unsinn sein, aus der Sicht eines unausgeschlafenen Mannes mit reichlich Restalkohol im Blut ist es das einzig Richtige: da anfangen, wo man aufgehört hat. Das ist mehr als eine Katertherapie, das ist eine Lebensmaxime! Das ist Testosteron, das ist Ritterlichkeit, das ist der Konter, der durch die Mitte des Raums zum schnellen Torerfolg führt. Nach ein, zwei, drei, vier Konterbierchen geht’s wieder nach Hause, ins Bett, und der Kater am nächsten Morgen, der ist schon gar nicht mehr so schlimm.

270

MÄNNERSACHE

Konnten wir Ihr Interesse wecken? Und wenn ja, hat es Falten vom langen Rumliegen, eine Bettfrisur, ist es unrasiert und pickelig? Wo es nun schon mal wach ist, Ihr Interesse, wollen wir es kontinuierlich weiter bedienen. Ein aufgewecktes Kerlchen wie Sie braucht ständig neues Futter im Oberstübchen. Erkenntnisgewinn, Geschichten, Reportagen, Interviews genauso wie üppige Modestrecken, Accessoires, fashionable Tipps und anderes Gedöns. Wenn Ihr Geist nach drei Monaten

wieder einzuschlafen droht, dann ist die neue Ausgabe von FELD HOMMES druckfrisch am Start, um das nächste Quartal gedanklich zu überbrücken. Damit Ihr wacher Geist weiter in einer trägen Masse ruhen kann, füllen Sie bitte unten stehenden Coupon aus, und das neue FELD HOMMES kommt für ganze 20 Euro im Jahr viermal zu Ihnen ins Haus – ohne Ihnen mit Versandkosten auf den Wecker zu gehen, versteht sich.

£ Ja, ich möchte ein Jahresabo FELD HOMMES zum Subskriptionspreis von 20 Euro (inkl. Versand). £ Ja, ich möchte ein Jahresabo FELD HOMMES verschenken. Den Subskriptionspreis von 20 Euro (inkl. Versand) zahle ich.

Ihre Daten

Die Lieferung geht (als Geschenk) an

Name __________________________________________

Name __________________________________________

Straße/Nr. _______________________________________

Straße/Nr. _______________________________________

PLZ ____________________________________________

PLZ ____________________________________________

Ort ____________________________________________

Ort ____________________________________________

Telefon _________________________________________

Telefon _________________________________________

E-Mail _________________________________________

E-Mail _________________________________________

Ich zahle per

£ Rechnung

£ Scheck (anbei im Briefumschlag)

£ Lastschrift:

Kontonummer ___________________________________

BLZ ___________________________________________

Kontoinhaber ____________________________________

Kreditinstitut ____________________________________

Datum/Unterschrift _______________________________

Faxen an +49-40-65 68 55-17 oder per Post an FELD Verlag, Alter Wall 55, 20457 Hamburg

Garantie: Die Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen schriftlich per Post oder Fax an oben angegebene Adresse widerrufen werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Das Abonnement gilt für vier Ausgaben und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn es nicht mit einer Frist von acht Wochen vor Ablauf der Bezugszeit schriftlich per Post oder Fax an oben angegebene Adresse gekündigt wird.

ABONNEMENT

271


EINFACH WEITERMACHEN! Wer jemals eine Katze gesehen hat, die sich wie eine Ziehharmonika nach vorn würgt, weil sie versucht, ihren Magen von störendem Gewöll zu befreien, der weiß, warum der Kater Kater heißt und nicht Hamster oder Amsel. Ersparen wir uns lästige Details, wie es zu einem Kater kommt; er ist eben da und stört nach dem Aufwachen ganz gewaltig. Zum Umgang mit einem ordentlichen Kater gibt es haufenweise wohlgemeinte Ratschläge. Immer mal zwischendurch Wasser trinken bzw. vor dem Zubettgehen eine Flasche davon abpumpen ist das Präventivmittel der Wahl. Schlauberger. Wenn man in der Lage wäre, eine Apfelschorle als abwechslungsreiches Intermezzo zwischen zwei Bierchen zu genießen, dann käme man nie so weit.

Und wer abends richtig besoffen ins Bett poltert, nuckelt nicht vorher noch eine Flasche Evian leer. Was also tun gegen Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Durst, gefolgt von Gliederschmerzen, Lethargie und Depression? Der Körper beschäftigt sich während des Katers folgendermaßen: Alkohol wird in der Leber zunächst zu Acetaldehyd abgebaut, das die Blutgefäße erweitert und Kopfschmerzen auslöst. Ein in der Leber begrenzt vorhandenes Enzym baut Acetaldehyd zu Essigsäure ab. Ist es verbraucht, verstärken sich die Vergiftungssymptome. Zum Frühstück rät der Verband der Heilpraktiker zum klassischen Katerfrühstück mit Rollmops und Gurken. Das gleicht den Mineralstoffverlust aus. Dazu viel Mineralwasser oder Fruchtsaftschorle, auf schwarzen Kaffee sollte man lieber verzichten. Er wirkt – wie Alkohol – dehydrierend. Kamillen- und Pfefferminztee dagegen beruhigen den aufgebrachten Magen und helfen gegen die Übelkeit. Nun reden wir allerdings nicht von einem Kätzchen, sondern von einem ausgewachsenen Kater. Allein der vorwurfsvolle und strafende Charakter, der die genannten Produkte begleitet, macht alles noch schlimmer. Und schon die Vorstellung eines fischigen Frühstücks in Begleitung von Kamillentee wirkt ebenso dehydrierend wie Kaffee. Nehmen wir es also wie ein Mann und greifen den Stier bei den Hörnern. Ohne Zähneputzen raus in die Eckkneipe und ein schönes Konterbierchen (aka Stützbier) verzehren. Das mag aus medizinischer Sicht Unsinn sein, aus der Sicht eines unausgeschlafenen Mannes mit reichlich Restalkohol im Blut ist es das einzig Richtige: da anfangen, wo man aufgehört hat. Das ist mehr als eine Katertherapie, das ist eine Lebensmaxime! Das ist Testosteron, das ist Ritterlichkeit, das ist der Konter, der durch die Mitte des Raums zum schnellen Torerfolg führt. Nach ein, zwei, drei, vier Konterbierchen geht’s wieder nach Hause, ins Bett, und der Kater am nächsten Morgen, der ist schon gar nicht mehr so schlimm.

270

MÄNNERSACHE

Konnten wir Ihr Interesse wecken? Und wenn ja, hat es Falten vom langen Rumliegen, eine Bettfrisur, ist es unrasiert und pickelig? Wo es nun schon mal wach ist, Ihr Interesse, wollen wir es kontinuierlich weiter bedienen. Ein aufgewecktes Kerlchen wie Sie braucht ständig neues Futter im Oberstübchen. Erkenntnisgewinn, Geschichten, Reportagen, Interviews genauso wie üppige Modestrecken, Accessoires, fashionable Tipps und anderes Gedöns. Wenn Ihr Geist nach drei Monaten

wieder einzuschlafen droht, dann ist die neue Ausgabe von FELD HOMMES druckfrisch am Start, um das nächste Quartal gedanklich zu überbrücken. Damit Ihr wacher Geist weiter in einer trägen Masse ruhen kann, füllen Sie bitte unten stehenden Coupon aus, und das neue FELD HOMMES kommt für ganze 20 Euro im Jahr viermal zu Ihnen ins Haus – ohne Ihnen mit Versandkosten auf den Wecker zu gehen, versteht sich.

£ Ja, ich möchte ein Jahresabo FELD HOMMES zum Subskriptionspreis von 20 Euro (inkl. Versand). £ Ja, ich möchte ein Jahresabo FELD HOMMES verschenken. Den Subskriptionspreis von 20 Euro (inkl. Versand) zahle ich.

Ihre Daten

Die Lieferung geht (als Geschenk) an

Name __________________________________________

Name __________________________________________

Straße/Nr. _______________________________________

Straße/Nr. _______________________________________

PLZ ____________________________________________

PLZ ____________________________________________

Ort ____________________________________________

Ort ____________________________________________

Telefon _________________________________________

Telefon _________________________________________

E-Mail _________________________________________

E-Mail _________________________________________

Ich zahle per

£ Rechnung

£ Scheck (anbei im Briefumschlag)

£ Lastschrift:

Kontonummer ___________________________________

BLZ ___________________________________________

Kontoinhaber ____________________________________

Kreditinstitut ____________________________________

Datum/Unterschrift _______________________________

Faxen an +49-40-65 68 55-17 oder per Post an FELD Verlag, Alter Wall 55, 20457 Hamburg

Garantie: Die Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen schriftlich per Post oder Fax an oben angegebene Adresse widerrufen werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Das Abonnement gilt für vier Ausgaben und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn es nicht mit einer Frist von acht Wochen vor Ablauf der Bezugszeit schriftlich per Post oder Fax an oben angegebene Adresse gekündigt wird.

ABONNEMENT

271


Olga Samuel • gloss postproduction • Appel Grafik • Feld Hommes

Jeder Euro hilft

Leben retten.

Spendenkonto: HSH Nordbank. BLZ 210 500 00. Konto 305 201 000.


Olga Samuel • gloss postproduction • Appel Grafik • Feld Hommes

Jeder Euro hilft

Leben retten.

Spendenkonto: HSH Nordbank. BLZ 210 500 00. Konto 305 201 000.


HEISS

Ab Juni 2007 im Zeitschriftenhandel.


HEISS

Ab Juni 2007 im Zeitschriftenhandel.


Erwachen

www.joop.com

1/07

Deutschland 5,00 € / Österreich 5,00 € / Schweiz 7.50 sfr / www.feld-magazin.de

Unaufhaltsam

Unglaublich

Formel-1-Pilot Alex Wurz im Exklusiv-Interview

Erweckungskirchen in Deutschland

Unvereinbar

Ungewaschen

Zwei Freunde an einer Demo-Front

Unbeugsam Weiterleben nach dem Flugzeugabsturz

Unsere Männer zeigen ihr wahres Gesicht

Alles auf Anfang: ein ganzes Heft zum Erwachen

Frühjahr 07


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.