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Spiel- und Lesetipps

VIER DAMEN GEGEN EINEN LÄUFER

Mark Weisshaupt, Lernwerkstatt SPIEL

Möglichst wenige, klare Regeln und zugleich motivierend variantenreiche Spielverläufe – eine der goldenen Regeln beim Spieldesign. Schach erfüllt dieses Prinzip vorbildlich. Dennoch meiden viele die seriöse Anmutung dieses Spiels – das vorhandene Zugwissen der Experten kann der experimentellen Neugier von Anfängern schnell den Garaus machen. Nicht so beim ironisch betitelten «Really Bad Chess»: Bei der auf Tablets und Smartphones

Schachzug – auch Traditionalisten sollten ein Probespiel wagen. Really Bad Chess, Zach Gage, 2016, www.reallybadchess.com

WER TRIFFT DEN HUMOR?

Mark Weisshaupt, Lernwerkstatt SPIEL

Weniger spieltief im Verlauf als Schach, aber aus anderen Gründen sehr motivierend ist das kleine, schon 2004 vorgelegte, aber immer noch feine «Wie ich die Welt sehe» von Schweizer Spieleautor Urs Hostettler. Eine Spieler*in legt eine ausgewählte Satzkarte wie «Ich mag die eigenartige Stimmung, die von (BITTE EINSETZEN) ausgeht» oder «Wenn Pferde sprechen könnten, verlangten sie (BITTE EINSETZEN)» ab. Die anderen wählen dann aus ihren Handkarten Begriffe aus, vielen Fällen urkomisch. Der lockere Rahmen und die wohlformulierten Satz- und Begriffskarten erzeugen auch in unterschiedlich besetzten Runden zuverlässig allgemeine Freude und heitere Diskussionen über die «besten» Vorschläge. Oft bekommt diesen Zuschlag, wer den Humor des Spielenden mit der Satz-Karte gut antizipiert. Das Spiel funktioniert ab ca. 9 Jahren, für zwei bis neun Spieler*innen. Ein steter Quell der Freude wider bierernste Zeiten. «Wie ich die Welt sehe» und «Neue Welten» (Erweiterungsset) von Urs Hostettler, ABACUSSPIELE

ROADTRIP DER SONNE NACH

Maria Riss, Zentrum Lesen

Dario ist sechzehn, in der Schule läuft es nicht so, wie es soll. Manchmal spürt er eine unbändige Wut auf alles, und er weiss nicht mal, warum. Und dann wird er mit gemeinnütziger Arbeit bestraft, er soll sich um

spielbaren Schachvariante werden die bekannten Spielfiguren bei jeder neuen Partie zufällig verteilt: So spielt man beispielsweise plötzlich mit 5 Springern und 2 Damen unter seinen 16 Figuren. Damit entstehen von Beginn an völlig neue Situationen, die statt traditioneller Eröffnungen experimentelle Neugier für alle gebieten. Ungleiche Stärken von Spielenden kann der Computer zudem durch ungleich verteilte Figurenstärken ausgleichen. Es sind auch Partien gegen den Computer möglich. Durch die Öffnung der traditionellen Regeln mit den Zufallsfiguren – was nur in dieser virtuellen Form als Game gut möglich ist – wird das Schachspiel für viele Gelegenheitsspieler und Anfänger jeden Alters lustvoller und motivierender, ohne dass die Spielregeln komplexer würden. Ein genialer

die in die Sätze eingesetzt werden. Und zwar möglichst so, dass es passend und auch lustig ist. Die verdeckten Vorschläge werden dann vom Spielenden mit der Satzkarte laut verlesen. Er/sie wählt dann die Kombination aus, die ihm/ihr am meisten gefällt und die jeweilige «Autor*in» des Vorschlags, die erst dann bekannt wird, bekommt Punkte. Die Ergebnisse schwanken von philosophisch über spielerisch böse bis hin zu absurd, sind dabei aber in sehr

Andy kümmern, diesen Jungen im Rollstuhl, der nicht richtig sprechen kann. Andys Augen strahlen selten, nur, wenn er in der Sonne sitzen kann

oder wenn Dario mit ihm in einem Affenzahn durch den Park rennt. Dario will einfach nur weg und er spürt, dass auch Andy das enge Leben im Heim satthat. An einem Sommertag nimmt dieses Roadmovie seinen Lauf: Dario packt den Rollstuhl und haut mit Andy ab, im Zug, bis ans Meer. Sie lernen einen Typen kennen, der aus dem einfachen Rollstuhl ein Rakmobil baut, ein Gefährt zwischen Motorrad und Rollstuhlseitenwagen. Dario lernt, Andys Signale zu lesen, und versteht meist genau, was Andy will. Und er gewinnt ihn immer lieber. Dario seinerseits will zu seinem Vater, um herauszufinden, weshalb dieser vor Jahren einfach ging. Diese Begegnung, so viel vorweg, wird ein ziemliches Desaster. Aber diese Reise war für beide Jungs gleichermassen wichtig, sie hat beide verändert und ein grosses Stück erwachsener gemacht. Gabriele Clima erzählt poetisch und spannend von Jugendlichen, die einander gegenseitig brauchen. Eine Empfehlung für Jugendliche wie Erwachsene. Gabriele Clima: Der Sonne nach. Aus dem Italienischen von Barbara Neeb, Katharina Schmidt. Hanser 2019

RIESENFLÖTE SELBER SPIELEN

Maria Riss, Zentrum Lesen

In Sofies Familie spielen alle Blockflöte. Weil Sofie die Kleinste ist, bekommt sie auch die kleinste Flöte, versteht sich. Doch Sofie findet das gemein. Sie spielt zwar wie ein Wunderkind, sie schmeisst ihre kleine, verhasste Flöte aber irgendwann in den Dorfbach und hofft, dass sich ein Kind in China darüber freuen wird. Und dann darf Sofie zu ihrer Oma in die Ferien. Oma wohnt ganz weit oben in den Bergen. Eines Morgens wird Sofie von einer wunderbaren Musik geweckt. Ein Ton, so schön, wie sie ihn noch nie gehört hat. Sofie folgt diesem Ton so lange, bis sie auf einen riesigen Mann trifft, der eine unglaublich grosse Flöte spielt. Sofie wäre nicht Sofie,

wenn sie nicht alles in Bewegung setzen würde, um diese Riesenflöte selber spielen zu dürfen. Ob sie das schafft? Hans Traxler hat ein ganz fantastisches Bilderbuch geschaffen. Da stimmt einfach alles: Eine spannende Geschichte, grossformatige und eindrückliche Bilder (das Alphorn ist so gross, dass es gleich 2 Buchseiten in Anspruch nimmt) und eine kleine, überaus willensstarke Heldin, die sich genauso willensstark benimmt, wie man oft selber sein möchte. Kinder ab etwa 5 Jahren werden dieses Buch lieben! Hans Traxler: Sofie mit dem grossen Horn. Hanser 2015.

Weitere Rezensionen zu Kinder- und Jugendbüchern finden sich auf dem Blog des Zentrums Lesen: blogs.fhnw.ch/zl/ IMPRESSUM

«das HEFT» – das Magazin der Pädagogischen Hochschule FHNW – erscheint zweimal jährlich, 2. Jahrgang, Nr. 3, Februar 2020, www.fhnw.ch/ph

Herausgeberin: Pädagogische Hochschule FHNW

Verantwortlicher Redaktor: Michael Hunziker

Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe: Sabina Larcher, Afra Sturm, Irène Dietschi, Elke Hildebrandt, Virginia Nolan, Thomas Röthlin, Wolfgang Beywl, Mark Weisshaupt, Maria Riss, Simon Libsig

Bildessay: Jan Eichenberger Illustration S. 45: Michael Mittag

Fotografinnen und Fotografen dieser Ausgabe: Barbara Keller, Adriana Bella, Daniel Desborough, Matthias Dietiker, Alex Spichale, Alwin Gasser

Gestaltung: HinderSchlatterFeuz, Zürich

Druck: Sprüngli Druck AG, Villmergen AG

Inserate: print-ad kretz gmbh, Austrasse 2, 8646 Wagen, Tel. 044 924 20 70, Fax 044 924 20 79, E-Mail: info@kretzgmbh.ch

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Postadresse: Pädagogische Hochschule FHNW, Kommunikation, Bahnhofstrasse 6, 5201 Windisch, 056 202 72 60

Auflage: 7000 Exemplare Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck von Artikeln nur mit Genehmigung der Redaktion.

ISSN 2624-8824 (Print)

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