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Warum sollen Kinder Philosophieren lernen?
Überfachliche Kompetenzen wie zuhören, geduldig sein oder Kritik ertragen, werden beim Philosophieren mitgelernt.
Von Christoph Buchs
Der Lehrplan 21 enthält den Auftrag, dass Kinder ab dem Kindergarten lernen, über grundlegende Fragen des Lebens nachdenken zu können. Wie ist diese Kompetenz zu verstehen? Inhaltlich geht es um philosophische Themen. Viele denken dabei an abstrakte Texte und Theorien von Platon oder Kant, die schwer zu verstehen scheinen. Damit sollen sich Kinder befassen? Nein, Philosophieren in der Schule und die Fachphilosophie unterscheiden sich stark, teilen aber in gewisser Weise den Ausgangspunkt. Denn auch die wissenschaftliche Philosophie geht ursprünglich von Fragen aus, die allen zugänglich sind; einfach deshalb, weil sie dem menschlichen Leben, Denken und Sprechen entspringen. Bereits Vierjährige verwenden Ausdrücke wie «ich weiss», «das ist wahr/ falsch» oder «das ist gut/schlecht». Solche Ausdrücke verwenden wir im Alltag ganz selbstverständlich.
Sie können aber zum Thema von philosophischem Interesse werden, wenn Erwachsene wie auch Kinder in Situationen geraten, in denen diese Begriffe fragwürdig erscheinen: Die Erde sieht flach aus, aber wir wissen, dass sie rund ist. Wie kann das sein? Das kann zum Weiterfragen führen: Wann weiss man eigentlich etwas zweifelsfrei? Oder Kinder hören von ihren Eltern, es sei schlecht, zu lügen, aber dann «erwischen» sie den Vater bei einer Höflichkeitslüge. Ist es doch manchmal gut, zu lügen? Und weitergefragt: Was sind eigentlich die Entscheidungsmerkmale von gutem Handeln? Das sind Fragen, für die sich auch Kinder interessieren. basale und ihrem Alter angepasste Schritte im Erlernen und Üben dieser Kompetenzen machen können.
Überfachliche Kompetenzen
Grundlegende Fragen stellen – Meinungen äussern – Einwände formulieren: Philosophieren findet in einem interaktiven Rahmen statt; der gemeinsame Dialog ist zentral. Miteinander ein Gespräch führen können, erfordert auch sogenannt überfachliche Kompetenzen wie geduldig sein, zuhören, etwas auf den Punkt bringen oder Kritik ertragen können. Diese Kompetenzen werden beim Philosophieren quasi mitgelernt und entsprechen Schlüsselkompetenzen wie Kommunikation, Kooperation, Kritisches Denken und Kreativität, die von der OECD als besonders wichtig für das Aufwachsen und Leben im 21. Jahrhundert betrachtet werden (4 K). Die Kinder können diese Fähigkeiten in anderen Fächern, im Klassenleben aber auch ausserhalb der Schule mit Gewinn anwenden.
Für Bildung wichtig
Fazit: Philosophieren ist eine allgemeinbildende Aufgabe für die Volksschule, weil dabei Fragen aufgegriffen werden, die für alle bedeutsam sind, und weil die Kinder dabei Werkzeuge kennenlernen, um mit solchen Fragen erkenntniserweiternd umgehen zu können. Sie lernen dabei, sich im Denken und Handeln mehr und mehr eigenständig zu orientieren.
Zum Thema Philosophieren mit Kindern bietet die gleichnamige Fachstelle der PH FHNW Beratung, Aus- und Weiterbildungen an und führt Entwicklungs- und Forschungsprojekte durch.
CHRISTOPH BUCHS ist Leiter der Fachstelle Philosophieren mit Kindern an der Pädagogischen Hochschule FHNW.
Erste Schritte beim Nachdenken-Lernen
So fragen zu können, ist bereits eine philosophische Teilkompetenz. Wie der Beitrag über die 5. Klasse zeigt (vgl. S.43), schaffen Lehrpersonen im Unterricht etwa durch das Erzählen von kurzen Geschichten Situationen, die Kinder zum philosophischen Fragen anregen sollen. Danach geht es jedoch weiter: Fragen rufen nach Meinungen und Meinungen nach guten Gründen. Diese können wiederum Zweifel, Einwände und Gegengründe hervorrufen. All das tun zu können, heisst Philosophieren können. Es scheint offensichtlich, dass Kinder dies nicht einfach mitbringen, sondern lernen müssen. Das Ziel des philosophischen Unterrichts auf der Kindergarten- und Primarstufe besteht denn auch darin, dass Kinder erste,
Dieser Beitrag ist im September 2022 in ähnlicher Form bereits auf der Bildungsseite der PH FHNW in Zeitungen von CH Media bzw. der Basler Zeitung erschienen.