Brennpunkt – #4.0
Der Chef 4.0
hat ein Ablaufdatum Claudia Züger
N
eue Technologien, Produkte und Arbeitsformen: Die Digitalisierung hält uns auf Trab. Agilität und Dynamik sind gefordert, um auch morgen noch erfolgreich zu sein. Die Aufgaben von Unternehmen, Führungskräften und Mitarbeitenden verändern sich – und damit auch ihre Kompetenzprofile. Aber wie genau? Während traditionsreiche Unterneh men von der Bildfläche verschwin den, erobern Start-ups den Markt. Wa rum aber sind die einen erfolgreich, während die anderen scheitern? Und welche Rolle spielen dabei die Vor gesetzten? Diesen und weiteren Fra gen gingen Experten am diesjährigen HR-Update des Weiterbildungszent rums der Fachhochschule St.Gallen WBZ-FHS an der Ostschweizer Bil dungs-Ausstellung OBA nach. Der WBZ-Leiter Rubén Rodriguez Startz betont, dass die Art und Weise der Un ternehmensführung den Unterschied macht. Unternehmen bräuchten vor dem Hintergrund der digitalen Trans formation eine agile Führung und dy namische Fähigkeiten. Die Chefs der Zukunft müssen «Strukturen schaf fen, die es ermöglichen, schnell auf den Markt und sich verändernde
Umstände zu reagieren, Risiken und Chancen erkennen und richtig bewer ten.»
Führung auf Zeit Marc Stoffel ist CEO der St.Galler ITFirma Haufe-umantis und gleichzei tig der erste demokratisch gewählte CEO der Schweiz. Ob das so bleibt, wird sich in Kürze zeigen, wenn die Mitarbeitenden darüber abstimmen, ob sie weiterhin von ihm geführt wer den möchten. Der Mittdreissiger sieht dem Entscheid gelassen entgegen. Er ist überzeugt, dass es für Vorgesetzte genauso wie für Produkte ein Ablauf datum gibt. Was gestern richtig war, kann morgen überholt sein. Mit den rasanten Entwicklungen im und um das Unternehmen verändern sich auch die Anforderungen an die Lei tung. Mit einem Kreativworkshop im Silicon Valley, Büros nach dem Bei spiel von Google und dem Ausrufen unkonventioneller Führungsformen ist es nicht getan: Vielmehr braucht es
die Auseinandersetzung mit der Frage und Einigkeit darüber, wo ein Unter nehmen steht und was beziehungs weise wen es braucht, um seine Zu kunft zu gestalten.
Per Autopilot durch den Alltag Voraussetzung dafür sind nach Marc Stoffel eine klare Ab- und Ausspra che von Führungsfunktionen und des Führungsverständnisses. Vorgesetzte, betont er, müssen sich in erster Linie selbst im Klaren darüber sein, wie sie führen wollen und die Mitarbeiten den entsprechend orientieren. Und nicht zuletzt sollen sie ihre Aufgabe konsequent wahrnehmen: Dazu ge hört auch das Treffen und Kommuni zieren unliebsamer Entscheidungen. Nicht selten komme es vor, dass diese an die Mitarbeitenden delegiert wer den. So ist beispielsweise «Macht ihr das untereinander aus» für ihn eine zwar häufige aber keine akzeptable Antwort auf die Frage, wer den Sonn tagsdienst übernehmen muss.
«MIT DEM AUSRUFEN UNKONVENTIONELLER FÜHRUNGSFORMEN IST ES NICHT GETAN.»
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SUBSTANZ