Future 04: Im freien Fluss des Wissens

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ausgabe 04

juni 2016

fu t ur e das magazin der fh st. pölten

Im freien Fluss des Wissens

Alle Hähne werden aufgedreht: Hochschulen wie Unternehmen öffnen sich f ü r B e i t r ä g e „ u n ü b l i c h e r “ P a r t n e r i n n e n u n d P a r t n e r. Campus der Zukunft

Erfolg mit Bröseln

Soziale UnternehmerInnen


Editorial

Ein Gewinn an Perspektiven Qualitätsvolle Lehre, innovative Forschung und hoher Praxisbezug gehen an der Fachhochschule St. Pölten Hand in Hand. Ein wichtiger Eckpfeiler ist für uns dabei ein laufender enger Austausch mit Partne­ rinnen und Partnern aus sämtlichen Berei­ chen und Disziplinen. So stellen wir sicher, dass wir stets am Puls der Zeit agieren. Und wir öffnen uns bewusst für neue Ideen, Meinungen und Ansätze von außen – und freuen uns tagtäglich über diesen wert­ vollen Gewinn an Perspektiven. Die kontinuierlich steigenden Studieren­ denzahlen zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Um dem damit ­wachsenden Raumbedarf gerecht zu ­werden, erweitern wir das bestehende FH-Gebäude in den kommenden Jahren zu einem innovativen „FH-Campus der Zukunft“. Eine partizipative Raumplanung, 2

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unter Einbeziehung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Studierenden, war uns dabei von Beginn an sehr wichtig. Denn auch in Zukunft stellen wir den hohen Anspruch an uns selbst, „Best Place to Learn and Work“ zu sein. Lesen Sie im aktuellen „future“ über die jüngsten Projekte und Highlights an der Fachhochschule St. Pölten und erfahren Sie zudem, wie Expertinnen und Experten unterschiedlichster Bereiche zum Thema Partizipation – dem Schwerpunktthema der vorliegenden Ausgabe – stehen. Dr. M. Gabriela Fernandes Dipl.-Ing. Gernot Kohl, MSc


I N H A L T

4 Aktuell

Neuigkeiten aus der Welt der FH St. Pölten

6 Der FH-Campus der Zukunft Die FH St. Pölten wächst

7 Neue Privatuniversität

Am Campus der FH entsteht eine Privatuni für Psychotherapie

8 Arbeiten am Ernährungskonsens EU-Projekt in der Diätologie

9 Von Workflows und Brückenbauern

Aktuelle Forschungsprojekte der FH St. Pölten

10 Verträgliche Erfolgszutaten Vom Hörsaal in die Backstube

12 Helle Köpfe

Dossier: Partizipation 14 Im freien Fluss des Wissens Open Science, Open Innovation, Open Source: über das Teilen von Wissen

19 Was bringt Partizipation? Expertinnen und Experten beziehen Stellung

20 „Die Menschen wollen selbst etwas tun“

Partizipation aus Sicht der Sozialen Arbeit

22 Auf der Suche nach neuen Antworten

Gesellschaftliche Veränderung durch soziales Unternehmertum

23 Mitreden für alle? Partizipation und Medien

26 Im Osten viel Neues

Martina Furtlehner zog es für ihr Auslandssemester nach Krakau

27 Best Practice für Südafrika

Südafrikanische Delegation besuchte Department Bahntechnologie und Mobilität

24 Lernen im Alter und Bild­steuerung durch Hirnströme

Projekte im Bereich Partizipation

25 Menschen wertschätzend einbinden Open Innovation in der Wirtschaft

28 Blitzlichter

Veranstaltungen an der FH und mit der FH

30 Buchtipps 31 Auch da steckt FH drin   3


A K T U E L L

Lehrende der FH St. Pölten sowie internatio­ nale Expertinnen und Experten unterrichten an der Creative Media Summer School. Österreichischer Radiopreis 2016

Ausgezeichnetes ·· gehort ausgezeichnet Mit dem „Österreichischen Radio­ preis 2016“ werden heuer zum zwei­ ten Mal herausragende Leistungen in öffentlich-rechtlichen und privaten Hörfunkprogrammen im Rahmen einer Gala-Veranstaltung im Wiener Rathaus ausgezeichnet. Vergeben wird der Preis vom „Verein Öster­ reichischer Radiopreis“. Mitglieder des Vereins sind der ORF, der Ver­ band Österreichischer Privatradios (VÖP) und die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH). Eine unabhängige Jury unter Feder­ führung der FH St. Pölten ermittelt die PreisträgerInnen. Österreichischer Radiopreis 2016 20.06.2016 Großer Festsaal im Wiener Rathaus oesterreichischer-radiopreis.at

Neuer Lehrgang

Sozialarbeit mit Flüchtlingen Die Entwicklungen der letzten Monate stellen die Sozialarbeit vor neue Herausforderungen, denn die Arbeit mit Menschen, die um Asyl ansuchen, erfordert spezielle Kennt­ nisse und Qualifikationen. Mit dem neuen Lehrgang „Sozialarbeit mit AsylwerberInnen und Konventions­ flüchtlingen“ reagiert die FH St. Pölten auf diesen Bedarf und bietet seit Mai 2016 ein maßgeschneidertes Weiterbildungsangebot. Der drei­ semestrige Kurzlehrgang richtet sich an PraktikerInnen der Sozialen Arbeit und umfasst die Themen­ bereiche Asyl- und Fremdenrecht, methodisches Arbeiten mit Asyl­ werbenden, Arbeit mit traumatisier­ ten Menschen sowie Englisch in der Beratung. www.fhstp.ac.at/lsak

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Creative Media Summer School

Alles rund um Animation Einmal im Jahr bietet der Master Studiengang Digitale Medien­ technologien seinen Studierenden eine Summer School zum Thema Animation. Diesen Sommer stehen der künstlerische Einsatz, kreative Prozesse und theoretische Reflexio­ nen der Animation am Programm. In Workshops, Filmvorführungen und Diskussionen können die ­TeilnehmerInnen ihre Kenntnisse ­vertiefen, Erfahrungen austauschen und neue Fertigkeiten erlangen. Neben Lehrenden der FH St. Pölten werden auch internationale Spe­ zialistinnen und Spezialisten sowie KünstlerInnen bei der Summer School vertreten sein. Creative Media Summer School 2016: 27.06.2016 – 01.07.2016 www.fhstp.ac.at/summerschool2016

International Summer School

Die Zukunft der Produktion Die diesjährige International Summer School der Zukunftsakademie Mostviertel in Kooperation mit der FH St. Pölten und der niederöster­ reichischen Wirtschaftsagentur ecoplus wird sich dem Thema „Die Zukunft der Produktion“ widmen. Im Fokus der Veranstaltung steht das produzierende Unternehmen mit all seinen Herausforderungen und interdisziplinären Aufgaben, darunter etwa Smart Automation oder die „Mensch-Maschine-Interaktion“. Neben den theoretischen Einführun­ gen durch renommierte Expertinnen und Experten werden den Teil­ nehmerinnen und Teilnehmern in anwendungsorientierten Workshops auch praxisnahe Herangehens­ weisen und Methoden vermittelt. International Summer School 08.09.2016 – 09.09.2016 Schloss an der Eisenstraße, Waidhofen/Ybbs www.summerschool.or.at


A K T U E L L

Community Care

Sechstes Arlt-Symposium

Fachmesse

Neues vom digitalen Marketing Der Studiengang Media- und Kommunikationsberatung kooperiert dieses Jahr mit DMX Austria & eCom World Vienna, der Fachmesse für Digital Marketing und E-Business. Im Rahmen der Zusammenarbeit wurden mit „Meeting Point“ und „DMX Campus Talk“ zwei neue Formate geschaffen, die zum Erfahrungsaustausch unter Alumni, Unternehmen und Digital- und Marketingfachleuten einladen und interessante Fallbeispiele von nationalen und internationalen Unternehmen bieten. DMX Austria & eCom World Vienna 01.06.2016 – 02.06.2016 Messe Wien

Mehr Studienplätze

Neue Vertiefung: Digital Entre­ preneurship Im Zuge des aktuellen Ausbaus des Fachhochschulsektors hat das Bundesministerium für Wissen­ schaft, Forschung und Wirtschaft der FH St. Pölten zehn weitere AnfängerInnen-Studienplätze für das Masterstudium Media Management zugesprochen. Ab dem Winterse­ mester 2017/2018 startet damit die neue Vertiefungsrichtung Digital Entrepreneurship, die die Wahlmög­ lichkeiten der Studierenden passend zu den Ansprüchen in einer verän­ derten Medienwelt erweitert. Die Vertiefung vermittelt vor allem Kom­ petenzen in den Bereichen digitale Geschäftsmodelle, veränderte Rah­ menbedingungen journalistischer Arbeit, neue Anforderungen an das Management sowie optimaler Ein­ satz neuer Technologien.

Das diesjährige Symposium des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusions­ forschung der FH St. Pölten beschäftigt sich mit dem Thema Community Care. Die zweitägige Veranstaltung wird in Kooperation mit dem Land Niederösterreich organisiert. In Vorträgen, Workshops und einer Podiumsdiskussion wer­ den die Bereiche „Community Social Care“ und „Community Health Care – Schwerpunkt Paramedic“ mit ­internationalen Expertinnen und Experten diskutiert und reflektiert. Arlt-Symposium 2016 21.09.2016 – 22.09.2016, Fachhochschule St. Pölten, Großer Festsaal symposium.fhstp.ac.at

karriere.netzwerk 2016

Physiotherapie/Arlt-Institut

Messe für Job & Karriere

Neue Namen an der Spitze

Auch heuer veranstaltet die FH St. Pölten wieder die Job- und Karrieremesse „karriere.netzwerk“. Unternehmen haben die Möglichkeit, sich vor Ort als potenzielle Arbeitge­ berInnen zu präsentieren und mit Interessierten ins Gespräch zu kom­ men. Studierende und Alumni wie­ derum lernen attraktive Arbeits- und Praktikumsfirmen persönlich ken­ nen, erfahren Wissenswertes rund um Berufseinstieg und Karriere und können das vielfältige Rahmenpro­ gramm nutzen, um ihren Bewer­ bungsauftritt zu optimieren.

Seit Jahresbeginn leitet Kerstin ­Lampel den Studiengang Physio­ therapie an der FH St. Pölten. Sie hatte diese Funktion bereits interi­ mistisch inne und ist seit 2007 als Dozentin an der FH St. Pölten tätig. Johannes Pflegerl übernahm mit Jahresbeginn die Leitung des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusions­ forschung von Monika Vyslouzil, die als Leiterin des FH-Kollegiums und FH-Dozentin, stellvertretende Departmentleiterin und stellvertre­ tende Leiterin des Ilse Arlt Instituts im Department Soziales tätig bleibt.

karriere.netzwerk 2016 09.11.2016, 10:00 – 15:00 Uhr Fachhochschule St. Pölten www.fhstp.ac.at/knw Studierende treffen beim „karriere.netzwerk“ auf potenzielle ArbeitgeberInnen.

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Bald werden 3.000 Studierende an der FH St. Pölten eine Ausbildung machen.

A K T U E L L

Arbeiten, lernen, leben: Der Campus der Zukunft

Mehr Studierende benötigen mehr Platz, neue Lehrkonzepte eine innovative Infrastruktur: Die FH St. Pölten erhält bis 2019 einen Zubau – und will s i c h z u e i n e m „ Vo r z e i g e c a m p u s “ e n t w i c k e l n .

Die Fachhochschule St. Pölten ist in den ver­ gangenen Jahren stetig gewachsen: von rund 1.300 Studierenden 2007 auf derzeit rund 2.600. In wenigen Jahren ist bereits mit mehr als 3.000 Studierenden zu rechnen. Um den steigen­ den Raumbedarf abzudecken, wurde Ende Fe­ bruar 2016 im St. Pöltner Gemeinderat die Er­ richtung eines FH-Zubaus beschlossen. Dieser soll bis zum Wintersemester 2019 fertiggestellt werden. Im Zuge dessen wird auch das Bestands­ gebäude adaptiert, um einen gemeinsamen, in­ novativen FH-Campus zu schaffen.

Best Place to Learn and Work. Die räumliche

Erweiterung der Fachhochschule soll dafür ge­ nützt werden, einen Vorzeigecampus für eine Hochschule der Zukunft zu gestalten. „Mit dem Zubau haben wir die Gelegenheit, Räume genau so zu gestalten, wie wir sie für die Zukunft brau­ chen“, erklärt Gernot Kohl, Geschäftsführer der FH St. Pölten. „Ein räumliches Konzept muss Kommunikation ermöglichen und fördern und so auch zum Wissensaustausch anregen, sei es un­ ter Studierenden, Lehrenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder zwischen den einzelnen Gruppen. Das ist für uns eine zentrale Anforde­ rung an den neuen FH-Campus.“ Der Campus soll insbesondere auch die neu entwickelten Lehrkon­ zepte „Inverted Classroom“ und das erfolgreich umgesetzte „Blocklehrsystem“, bei denen die Fachhochschule St. Pölten schon jetzt eine Vor­ reiterrolle im deutschsprachigen Hochschulraum einnimmt, mit passend ausgestatteten Räum­ lichkeiten weiter vorantreiben. Um Ideen einzu­ holen und Best-Practice-Beispiele zu identifizie­ ren, wurden im Vorfeld auch die Raumkonzepte anderer Hochschulen untersucht, darunter etwa

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die Universität in Maastricht. Am Standort in der Herzogenburger Straße werden aktuell verschie­ dene innovative Lehr- und Arbeitsraumkonzepte in Piloträumen getestet.

„Jede Idee ist wertvoll.“ Seit dem Frühjahr 2015

beschäftigt sich eine FH-interne Projektgruppe intensiv mit dem Thema „FH-Campus der Zu­ kunft“. „Uns war es von Anfang an sehr wichtig, dieses Projekt beteiligungs- und nutzerInnenori­ entiert durchzuführen. Daher ist die Einbindung von Erkenntnissen und Vorschlägen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Lehre, ­ Forschung, Administration und Services sowie unserer Studierenden unverzichtbar“, erklärt Kohl. Dazu wurden unter allen Zielgruppen in Workshops, Gruppendiskussionen und einer Zu­ kunftswerkstatt Wünsche, Ideen und Anregun­ gen gesammelt und ausgewertet. Diese fließen nun in die Pläne für den neuen FH-Campus ein. „Jede einzelne Idee ist wertvoll und wir versu­ chen, so viele Anregungen wie möglich auch um­ zusetzen. Denn auch künftig möchten wir ein ‚Best Place to Learn and Work‘ sein und eine Vor­ reiterrolle in diesem Bereich einnehmen.“ Der Zubau wird die ideale Infrastruktur für sämt­ liche Tätigkeiten und Arbeiten bieten. „Ziel ist es, einen lebendigen Campus zu schaffen mit aus­ reichend Raum zum Arbeiten und Lernen, zum Austausch untereinander, aber auch zum Ent­ spannen, Ausruhen und Leben. Der FH-Campus soll flexible Nutzungsmöglichkeiten bieten und verschiedenste Aktivitäten – vom Studieren und Arbeiten bis hin zur Freizeitgestaltung – ermög­ lichen.“ Bis 2017 sollen die Pläne für den Zubau fertiggestellt sein, danach startet die Bauphase.


A K T U E L L

Neue Privat­ universität Am Campus der FH St. Pölten soll künftig auch eine Privatuniversität gegründet werden, sodass ein gemeinsamer HochschulCampus entsteht. Die Fachhochschule St. Pölten arbeitet gemein­ sam mit dem ÖAGG (Österreichischer Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik) an der Gründung einer Privatuniversität. Angeboten werden sollen im ersten Schritt die Studiengänge Psychotherapie und Multimediale Kunsttherapie. Frühestmöglicher Start ist im Wintersemester 2017/18, vorbehaltlich der erforderlichen Akkredi­ tierung durch die AQ Austria. Durch eine geplante Gesetzesnovelle, die die Akademisierung der Psy­ chotherapie-Ausbildung vorsieht, wird der Bedarf an fachspezifischen Studienplätzen auf Hoch­ schulniveau in den kommenden Jahren steigen. Mit der Gründung der Privatuniversität kann künftig eine entsprechende qualitätsvolle univer­ sitäre Ausbildung angeboten werden. „Die Fachhochschule St. Pölten wird mit der ­Privatuniversität als zukünftiger Schwestergesell­ schaft eng kooperieren. Die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur und von zentralen Serviceein­ richtungen ergeben vielfältige Synergie­ poten­ ziale“, erläutert Gernot Kohl, Geschäftsführer der Fachhochschule St. Pölten. „Die Studierenden der Privatuniversität werden unseren Campus zu­ sätzlich bereichern. Auch auf fach­ licher Ebene eröffnen sich interessante Mög­lichkeiten der Zu­ sammenarbeit, beispielsweise bei gemeinsamen Projekten in Lehre und Forschung.“ Eigentümer der Privatuniversität werden zu 50 Prozent der Verein ÖAGG und zu 50 Prozent eine Hochschulen-Holdinggesellschaft im Eigen­ tum der Stadt St. Pölten sein.   7


F O R S C H U N G

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P R A X I S

Arbeiten am Ernährungs-Konsens

Was wir essen, hat wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit. In der Diätologie gibt es europaweit aber keinen Konsens über ernährungswissenschaftliche Diagnosen und Therapien. Ein Projekt der FH St. Pölten soll das ändern.

Die Diätologie ist eine junge Disziplin an europä­ ischen Hochschulen. Daher unterscheiden sich Lehrpläne und Ausbildung von Land zu Land und damit auch Methoden, nach denen Ernährungs­ muster erhoben, Befunde erstellt und Therapien vorgeschlagen werden. Derzeit gibt es noch keine europaweit einheitliche Grundlage dafür. Das EU-Projekt IMPECD wird jedoch zum Entwickeln einer solchen beitragen. „Eine europaweit ein­ heitliche Basis für Abläufe und Arbeitsweisen in der Diätologie würde Austausch und Diskussion und damit auch die Qualität in der diätetischen Versorgung verbessern und die praktische Arbeit mit Patientinnen und Patienten unterstützen und fördern“, sagt IMPECD-Projektleiterin Ale­­xan­dra Kolm vom Institut für Gesundheitswissenschaf­ ten der FH St. Pölten.

pertinnen und Experten. Das zu entwickelnde einheitliche Prozessmodell soll zukünftig auch den internationalen Austausch erleichtern.

Europäische Zusammenarbeit

Kathrin Kohlenberg-Müller, Hochschule Fulda: „Das Projekt wird auf Basis der Erfahrungen ein einheitliches Prozessmodell für die praktische Arbeit entwerfen und bildet dadurch eine Grundlage für eine verbesserte Ernährungstherapie in Europa.“

Gemeinsam mit Hochschulen aus Antwerpen, Fulda, Groningen und Neubrandenburg werden zehn virtuelle klinische Fallbeispiele entwickelt. Die Beispiele basieren auf realen Fällen, werden aber didaktisch aufbereitet und weiterentwi­ ckelt. Die didaktischen Unterlagen zu den einzel­ nen Fallbeispielen entwickelt die Artesis Plantijn Hogeschool Antwerpen unter der Leitung von Koen Vanherle. Der Schwierigkeitsgrad der Fall­ beispiele orientiert sich am individuellen Ausbil­ dungsstand der Studierenden. Der europäische und die nationalen Berufsverbände unterstützen das Projekt als Mitglieder eines Boards von Ex­ 8

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Offener Online-Kurs Für das Training an den Fallbeispielen wird ein Massive Open Online Course (MOOC) erarbeitet, also ein offener Online-Kurs. Dieser wird nach Abschluss des Projekts für Hochschulen später frei zugänglich sein. Im Sinne eines lebenslan­ gen Lernens soll dieser Online-Kurs zukünftig auch Diätologinnen und Diätologen zur Verfü­ gung stehen, die ihre Ausbildung bereits abge­ schlossen haben. impecd.fhstp.ac.at

Luzia Valentini, Hochschule Neubrandenburg: „Das einheitliche Prozessmodell begünstigt das Umsetzen internationaler Forschungsprojekte, den Vergleich von Projekt- und Therapieergebnis­ sen, die Wahl der Therapien und die grenzüber­ schreitende Mobilität von Fachkräften.“ Andrea Werkman, Hanzehogeschool Groningen: „Die klinischen Fallbeispiele basieren auf realen Fällen, werden aber didaktisch aufbereitet und weiterentwickelt.“

IMPECD (Improvement of Education and Competences in Dietetics) wird im Rahmen des EU-Programms „Erasmus+ Strategic Partnership for Higher Education“ aus Mitteln der Europäischen Union finanziert. Das von der FH St. Pölten koordinierte Projekt startete im September 2015 und läuft bis September 2018.


F O R S C H U N G

Dem Workflow auf der Spur Wie kam es zu einem bestimmten Forschungsergebnis? Das Projekt „VisOnFire“ macht Studien reproduzierbar. Die Wiederholbarkeit von Studienergebnissen gilt als Fundament der Wissenschaft. Denn repräsentative Studien sollten bei gleicher Durchführung natürlich immer die gleichen Ergebnisse liefern. Doch was, wenn die einzelnen Forschungsschritte nicht mehr nachvollziehbar sind? Im Rahmen des Forschungs­ projekts „VisOnFire“ arbeitet das Institut für Creative\ Media/Technologies der FH St. Pölten gemeinsam mit dem Institut für Computergrafik der Johannes Kepler Universität Linz derzeit an einer Lösung die­ ses Problems: Mithilfe eines forensischen visuellen Werkzeugs soll es Analystinnen und Analysten künf­ tig möglich sein, eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte zu bekommen, die zu ­veröffentlichten Studienresultaten geführt haben.

„Das primäre Ziel des Projekts ‚VisOnFire‘ liegt in der Realisierung von Provenanz auf allen Ebenen, das heißt, dass die Herkunft der Daten zu jeder Zeit klar und sichtbar ist“, erklärt Marc Streit, Projekt­ leiter und Assistenzprofessor am Institut für Com­ putergrafik der Johannes Kepler Universität Linz. Das ermögliche den Analystinnen und Analysten ein besseres ­Verständnis des Workflows und somit auch einen Einblick, wie sich Änderungen im Work­ flow auf die Resultate auswirken. „Bisher war es sehr aufwendig herauszufinden, welche konkreten Änderungen zu einer Variation im Resultat geführt haben“, so Wolfgang Aigner, wissenschaftlicher ­Leiter des Instituts für Creative\Media/Technologies an der FH St. Pölten. „Ziel von ‚VisOnFire‘ ist es, die Nachvollziehbarkeit möglichst einfach und zeit­ sparend zu gestalten.“

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P R A X I S

Das primäre Ziel des Projekts liegt darin, die Herkunft der Daten zu jeder Zeit klar und sicht­ ­bar zu machen.

www.fhstp.ac.at/visonfire Das Projekt VisOnFire (Visual Analysis of Large and Heterogeneous Scientific Workflows for Analytical Provenance) läuft von Jänner 2016 bis Dezember 2018 und wird vom Fonds zur Förderung der wissenschaft­ lichen Forschung (FWF; Projekt P 27975-NBL) abgewickelt und vom Land Oberösterreich sowie der Österreichischen Nationalstiftung finan­ ziert. Das Projektkonsortium besteht aus der Johannes Kepler ­Universi­tät Linz und der FH St. Pölten sowie internationalen Kooperations­partnern wie der Harvard University und der Universität Rostock.

Soziale und technische Brücken bauen „Bridging gaps“ vermittelt Kindergartenund Schulkindern Wissen zu Technik und Konstruktion von Brücken und schafft Bewusstsein für das Überwinden sozialer Barrieren.

Brücken bauen, Verbindungen schaffen: Im Projekt „Bridging gaps“ wird zusammen mit Kindergartenund Schulkindern die Funktion einer realen Brücke sowie deren Planung, Kostenrechnung und Instand­ haltung dargelegt und erforscht. Gleichzeitig wird die symbolische Bedeutung des Überbrückens ­sozialer Differenzen wie Bildungs- bzw. Herkunfts­ niveaus thematisiert und reflektiert. „Durch das Pro­ jekt soll bei den Kindern das Verständnis für soziale Unterschiede aufgrund von Herkunft, Geschlecht und Bildungshintergrund ebenso gesteigert werden wie ihr Interesse für Naturwissenschaft, Technik, Forschung und Innovation“, erklärt Projektleiter Frank Michelberger von der FH St. Pölten. Forsche­ rinnen und Forscher mit Migrationshintergrund übernehmen im Projekt die Funktion von Role Models für außergewöhnliche Karrieren. Parallel dazu laufen Workshops zum Thema Integration und Migration, in denen die soziale und symbolische Bedeutung von Brücken in der Gesellschaft gemein­ sam reflektiert wird. www.fhstp.ac.at/bridginggaps Das Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Partner im Projekt sind die exit14 MedienAgentur (Wolfgang Almstädter) und im-plan-tat RaumplanungsGmbH & Co KG (Martina Scherz). Am Projekt beteiligt sind der Kindergarten Neu-Viehofen sowie die Schulen HTL Krems, BHAK/BHAS St. Pölten, NNÖMS St. Pölten-Viehofen, NNÖMS Theodor Körner III und Volksschule St. Pölten-Viehofen.

Die Weichen werden auf Verständnis für soziale Unterschiede gestellt.

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Muffins und Co werden ökologisch korrekt per Lastenfahrrad transportiert.

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Verträgliche Erfolgszutaten

Sabine Aichmann hat ihr Hobby zum Beruf gemacht und mit ihrem glutenfreien Backatelier „bröselei“ den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Über den Alltag als Quereinsteigerin, tägliche Backfreuden und das eine oder andere Brösel mit der Bürokratie. V O N

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Wenn sich zwischen acht und neun Uhr morgens tausende Menschen in den Öffis drängen, um zur Arbeit zu gelangen, steht Sabine Aichmann bereits in ihrer Backstube im 17. Wiener Gemein­ debezirk. Für die studierte Diätologin beginnt der Tag um sieben Uhr morgens. Aufstehen, du­ schen, anziehen, eine Kleinigkeit frühstücken – die erste Stunde des Tages deckt sich vermutlich mit der von vielen anderen. Doch anstatt Bluse und Blazer gehören Schürze und Haube zu Sabine Aichmanns Arbeitsausstattung, anstatt der Computertastatur bedient sie vormittags für ge­ wöhnlich ihre Küchenmaschine. Denn die Ab­ solventin des Bachelor Studiengangs Diätologie hat sich mit der Eröffnung ihres eigenen glutenund laktosefreien Cafés einen Herzenswunsch erfüllt. Einen, der sie voll und ganz erfüllt – aber auch ein hohes Maß an Planung und Disziplin erfordert. „In der Früh mahle ich alle meine Getreide frisch und bereite die Zutaten vor. Dann backe ich meist sieben bis acht verschiedene Produkte – Muffins, Kuchen, Torten, Brot etc. – und arbeite auch Son­ derbestellungen ab“, erzählt die 27-Jährige. Mit dem Lastenfahrrad geht es dann von der Back­ stube in die „bröselei“ in der Strudlhofgasse im 9. Bezirk. „Mir ist ökologisch korrektes Wirtschaf­ ten wichtig. Mit dem Fahrradanhänger kann ich meine gesamte Produktpalette CO2-neutral transportieren.“ 10

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Auf Messers Schneide. Doch wie kam es zur „bröselei“? Begonnen hat alles im Frühjahr 2014. Damals gründete Aichmann einen Onlineshop, über den sie ihre Backwaren an Kunden in ganz Österreich verkaufte. Bereits wenige Monate ­später folgte mit der „bröselei“ der Traum vom eigenen Lokal. „Ausschlaggebend für die Ent­ scheidung war auf jeden Fall meine Liebe zum Kochen und Backen. Ich hatte schon von Kind­ heit an ein großes Interesse an Lebensmitteln“, so Aichmann, die sich aufgrund einer Unverträg­ lichkeit selbst seit einigen Jahren glutenfrei ­ernährt. „Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es in Österreich noch eine recht geringe Produktpalette für Menschen mit Unverträg­ lichkeiten gibt und auch die Allergen-Konta­ mination nach wie vor ein Problem ist. Denn ­viele Menschen wissen nicht, dass beispielswei­ se schon das Benutzen desselben Messers dazu führt, dass der eigentlich glutenfreie Kuchen für Zöliakiebetroffene ungenießbar wird.“ Ihr Studium an der FH St. Pölten sieht Sabine Aichmann als Vorteil. „Mein Diätologie-Studi­ um bewährt sich insofern, als viele meiner Kun­ dinnen und Kunden Unverträglichkeiten oder Allergien haben. Ich kann sie dann individuell beraten, ihnen Ernährungstipps und medizini­ sche Hinweise geben. Das unternehmerische Know-how sowie die speziellen Rezepturen habe ich mir aber selbst angeeignet.“


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Über die bröselei bröselei Shop & Café Strudlhofgasse 1 1090 Wien Öffnungszeiten: Mo – Fr 12:00–18:00 Uhr www.broeselei.at

Von der Backstube hinter die Theke. Neben Produktionsplanung, Rezeptentwicklung, Ein­ kauf und dem Backen an sich besteht Sabine Aichmanns Alltag auch aus der Arbeit im Lokal. Von zwölf bis 18 Uhr bedient und berät sie ihre

Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass es in Österreich noch eine recht geringe Produktpalette für Menschen mit Unverträglich­ keiten gibt und auch die Allergen-Kontamination nach wie vor ein Problem ist.

Kundinnen und Kunden, serviert Kaffee und süße Leckereien, spült Geschirr, putzt und schmeißt den gesamten Laden. Ein Fulltime-Job, der die gebürtige Niederösterreicherin dennoch Tag für Tag begeistert. „Ich liebe an meinem Beruf vor allem die Abwechslung – einerseits ­ das Backen und Rezepteschreiben, andererseits macht mir auch der Kontakt mit Kundinnen und Kunden sehr viel Freude.“

Behörden als Stolpersteine. Doch rund um die „bröselei“ war nicht immer alles einfach: Der Bü­ rokratiedschungel, hohe Auflagen und strenge Richtlinien machten den Schritt in die Selbst­ ständigkeit beschwerlich. „Es ist nicht leicht, als Quereinsteigerin eine Berechtigung zu bekom­ men, als Konditorin zu arbeiten. Auch bei der Eröffnung des Standorts mussten unzählige ­ Richtlinien eingehalten werden, die oft von den unterschiedlichen Behörden widersprüchlich aus­ gelegt werden.“ Die „bröselei“ sieht Aichmann keinesfalls als Endstation: „Ich kann mir durch­ aus vorstellen, in einigen Jahren auch wieder in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Denn als Unternehmerin fehlt die soziale Absicherung und es ist beispielsweise fast unmöglich, Kinder zu bekommen.“ Bis dahin hat Sabine Aichmann aber noch einiges vor: „Ich möchte demnächst eventuell Kochkurse geben, die sich speziell an ­Allergikerinnen und Allergiker richten. Und auch ein eigenes Kochbuch mit all meinen Rezepten steht auf meiner Wunschliste.“   11


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Digitaler Physiotherapeut Josef Bruckschlögl

Der Alma Mater verbunden Er ist FH-Absolvent der ersten Stunde und mit sei­ nem Telekom-Unternehmen mittlerweile internatio­ nal erfolgreich: Josef Bruckschlögl schloss im Jahr 2000 den Studiengang Telekommunikation und Medien, einen Vorgänger des Master Studiengangs Digitale Medientechnologien, an der FH St. Pölten ab und ist heute CEO der KWAK Telecom Ltd., des weltweit größten Telekomunternehmens für Mehr­ wertnummern. Trotz seines internationalen Erfolgs hat er seine Alma Mater aber nie vergessen: Im Rahmen eines dreijährigen Sponsoringvertrags gibt er sein Wissen regelmäßig an die Studierenden der FH St. Pölten weiter. So referierte er vergangenes Jahr etwa zum Thema Leadership oder gab den Studierenden Einblicke in die Entstehung einer erfolgreichen Unternehmensstrategie.

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Kacheata Eath

Eine therapeutische Assistenzapplikation, die die Physiotherapie in die digitale Zukunft führen will – das ist die „physiobox“. Entwickelt wurde die inno­ vative Tablet-App von Kacheata Eath, Absolvent des Studiengangs Physiotherapie und aktuell ­Student im interdisziplinären Master Studiengang Digital Healthcare, in Partnerschaft mit der Physio­ box OG. Das Projekt wurde im Herbst 2015 in den creative pre-incubator, das Förderprogramm der FH St. Pölten und des accent Gründerservice, auf­ genommen, wo es derzeit gemeinsam weiterent­ wickelt wird. Im Rahmen des Gründungsprogramms wird Kacheata Eath in verschiedenen Workshops auch in die Themen Markt, Konkurrenz, Patentrecht, Finanzierung, Vertrieb und Marketing eingeführt. Mittlerweile ist mit der „physiobox“ eine App am Markt, mit der Physiotherapeutinnen und -therapeu­ ten Fehlstellungen der Patientinnen und Patienten analysieren, Fortschritte beobachten und individu­ elle Trainingspläne auf dem Smartphone erstellen können. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Ver­ schlüsselung von sensiblen Gesundheitsdaten.

Spitzenplatz im „Forbes“-Ranking

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Das „Forbes“-Magazin ist bekannt für seine Rang­ listen: Wer ist am bekanntesten, wer am reichsten – oder auch: Wer gehört zu den 30 interessantesten Europäerinnen und Europäern unter 30 Jahren? Auf diese Rangliste hat es Marion Marschalek geschafft, Absolventin des Master Studiengangs Information Security. Die 28-jährige St. Pöltnerin ist mittlerweile eine weltweit gefragte Security-Analystin und hält Vorträge auf internationalen IT-Security-Konferen­ zen. Eine beeindruckende Karriere in einer Männer­ domäne, die sie für einige Zeit auch nach Kalifornien führte, wo sie für die US-Firma Cyphort tätig war. Ihr Spezialgebiet: die Analyse von Malware, also bösartiger Schadsoftware. Vor Kurzem wechselte Marschalek zu einem deutschen Unternehmen in Bochum. Dort soll die FH-Absolventin nun als oberste Malware-Analystin helfen, eine ResearchAbteilung aufzubauen. 2015 veranstaltete sie an der FH St. Pölten den ersten Reverse-Enginering-Work­ shop nur für Frauen.

An der FH St. Pölten wird seit September 2015 Gesundheits- und Krankenpflege als Bachelorstu­ dium angeboten. Ergänzend zum Studium können sich die Studierenden auch im Rahmen eines Lehr­ gangs für die präklinische Versorgung qualifizieren. FH-Dozent Christoph Redelsteiner erhielt für die Entwicklung dieses akademischen Lehrgangs Anfang des Jahres den Innovationspreis des „Jour­ nal of Emergency Medical Services“ (JEMS) in den USA. Die Kombination zwischen gehobener Pflege und Ausbildung im Rettungsdienst schafft – den Bedürfnissen der Menschen als auch den Änderun­ gen in der Bevölkerungsstruktur entsprechend – neue Möglichkeiten der Behandlung außerhalb eines Klinikums. Das internationale Fachmagazin „JEMS“ zeichnet jährlich Persönlichkeiten aus, welche dazu beitragen, in der Präklinik ­hervorstechende Neuerungen oder Änderungen herbeizuführen.

Marion Marschalek

Christoph Redelsteiner

US-Preis für innovativen Lehrgang


P A R T I Z I P A T I O N

Dossier: Partizipation 14 Coverstory Im freien Fluss des Wissens 19 Wörtlich genommen Was bringt Partizipation? 20 Partizipation und Soziale Arbeit „Die Menschen wollen selbst etwas tun“ 22 Soziales Unternehmertum Auf der Suche nach neuen Antworten 23 Ihre Meinung Sollen wirklich alle mitreden? 24 Projekte Zwischen Seniorinnen, Senioren und Hirnströmen 25 Blick von außen Menschen wertschätzend einbinden

Komm, forsch mit! Hochschulen öffnen sich der Gesellschaft: ­Bürgerinnen und Bürger werden in die Forschung einbezogen, alte wie junge Menschen lernen bei Seniorinnen-/Senioren- oder Kinder-Unis und über neue (soziale) Medien wird die Kommunikation über Wissenschaft vielseitiger. Open Science, Crowd Sourcing und Open Innova­ tion heißen die Schlagworte, wenn Hochschulen und Industrie Menschen in ihre Forschung einbin­ den. Das folgende Dossier bietet einen Überblick über diese und andere Aspekte von Partizipation. Die Coverstory widmet sich der Rolle der Teilhabe in Forschung und Wissenschaft, stellt aktuelle ­Projekte und historische Ansätze vor und zeigt, was Wissenschaft von partizipativen Methoden der Sozialen Arbeit lernen kann. Partizipations-Expertin Michaela Moser beschreibt den Forschungsschwerpunkt des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusionsforschung zum Thema. Jakob Detering vom Impact Hub Vienna erklärt, warum soziales Unternehmertum nachhaltig gesellschaft­ liche Veränderungen bewirken kann, und Michael Heiss und Christoph Krois von Siemens schildern, wie man Menschen in Open-Innovation-Initiativen der Industrie einbindet. Aber auch kritische Fragen stellt das Dossier – etwa nach den Grenzen der ­Partizipation oder ob Informationen wirklich immer ganz frei fließen sollen. Wir laden Sie ein, sich einen Überblick zum Thema Partizipation zu verschaffen, und wünschen eine spannende Lektüre. FH-Prof. Mag. Dr. Johannes Pflegerl, Leiter des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusionsforschung FH-Prof. Dipl.-Ing. Hannes Raffaseder, für Forschung und Wissenstransfer verantwortlicher Prokurist der FH St. Pölten und Mitglied des Hochschulmanagements

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P A R T I Z I P A T I O N

Im freien Fluss des Wissens

Ob Open Source, Open Science oder Open Innovation: Wenn Wissen geteilt wird, mehrt es sich. Auch an der FH St. Pölten, die den Austausch zwischen Hochschule, Gesellschaft und Wirtschaft gezielt fördert. V O N

F L O R I A N

Als der Internet-Pionier Rick Gates am 22. Okto­ ber 1993 in einer Newsgroup laut und online über eine von vielen Autorinnen und Autoren gemein­ sam erstellte Enzyklopädie nachdachte, ahnten weder er noch die Mitglieder der Newsgroup, was aus dieser Idee dereinst werden sollte: die On­ line-Enzyklopädie Wikipedia mit derzeit rund 37 Millionen Artikeln in rund 300 Sprachen. Wikipedia ist das bekannteste Beispiel dafür, wozu Menschen im Stande sind, wenn sie sich zur Wissensarbeit zusammentun. „Crowd Sour­ cing“ lautet der verbreitete Begriff für das kol­ lektive Zusammentragen, Aktualisieren und ­Optimieren von Informationen, den Jeff Howe vom US-Magazin „Wired“ geprägt hat. Die darin vollzogene Verschmelzung von „Crowd“ und „Outsourcing“ bringt auf den Punkt, worum es geht: um die Auslagerung ursprünglich organi­ sationsinterner Aufgaben an viele Dritte. Im Fall einer Enzyklopädie also von einer kleinen Redak­ tion wissenschaftlicher Expertinnen und Exper­ ten an zahlreiche Interessierte mit persönlicher Leidenschaft fürs Thema. Doch die Crowd kann noch mehr, als Wissen dar­ zustellen. Nämlich recht treffsichere Prognosen erstellen helfen, Projekte finanzieren oder Pro­ dukte wie beispielsweise Software verbessern. Von der kollektiven Bewertung und Verbesserung ist es nur ein kleiner Schritt zur kollaborativen Erfindung, zu „Open Innovation“, wie der Wirt­ schaftswissenschaftler Henry Chesbrough von der Haas School of Business an der University of California die Öffnung der Innovationsprozesse von Organisationen für externe PartnerInnen ge­

S E D M A K

nannt hat. Neben der Unübersichtlichkeit einer globalisierten Wirtschaft und dem steigenden Wettbewerbsdruck sind es die immer kürzeren Produktlebenszyklen, die Unternehmen zum Öffnen ihrer Forschungs- und Entwicklungspro­ zesse animieren. Zumeist dient das Einbeziehen externer WissensträgerInnen der Identifikation von Technologietrends und den Bedürfnissen von Kundinnen und Kunden. Open Innovation verkürzt idealerweise die Entwicklungszeiten, erleichtert den Zugang zu neuen Märkten und minimiert das Risiko, mit dem jede Marktein­ führung unweigerlich verbunden ist.

„Auf uns kommen wöchentlich Menschen und Unternehmen mit Ideen und Kooperations­ vorschlägen zu.“ Hannes Raffaseder, FH St. Pölten In Österreich passiert hierzu einiges: Das Austrian Institute of Technology (AIT) und Austria Wirt­ schaftsservice (aws) haben eruiert, dass zwei Drittel der heimischen Produktions- und Dienst­ leistungsunternehmen mit ihren Lieferantin­ nen und Lieferanten, ihren Kundinnen und Kun­ den sowie externen Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten, wenn es um die Entwick­ lung neuer Ideen geht. Hannes Raffaseder, an der FH St. Pölten für den Wissenstransfer zuständig, kann das bestätigen: „Auf uns kommen wöchent­ lich Menschen und Unternehmen mit Ideen und Kooperationsvorschlägen zu.“ Open Innovation löst viele Probleme, wirft aber auch Fragen auf. Zum Beispiel die, wem die ge­ meinsam erzielten Ergebnisse letztlich gehören – Fortsetzung auf Seite 16

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4.916 230.000 Fotos kamen zusammen, als Wikipedia unter dem Titel „Wiki Loves Monuments“ seine UserInnen 2015 dazu aufgerufen hatte, Bilder von Bau- und Naturdenkmälern einzureichen. Diese ­stehen nun unter freien Lizenzen jedem zur Ver­fügung – sogenannter „Open Content“.

400 Beiträge waren das Ergebnis des Projektes „Crowdsourcing ­Research Questions in Science“ (CRIS). Betroffene, Angehörige sowie Expertinnen und Experten be­antworteten die Frage: Welche ungelösten Probleme zu psychischen Erkran­ kungen soll die Wissen­ schaft Ihrer Meinung nach aufgreifen?

„Citizen Scientists“ haben sich auf natur­ beobachtung.at registriert und bisher mehr als 280.000 Sichtungen von Tieren und Pflanzen dokumentiert. Diese Daten bilden die Basis für Forschungs- und Naturschutz­projekte.

Glossar Open Innovation meint die Ö ­ ffnung des Innovati­ onsprozesses von Organisationen zur aktiven strategi­ schen Nutzung der Außenwelt zwecks Vergrößerung des eigenen Innovationspotenzials. Kollektive Intelligenz, auch Gruppen- oder Schwarmintelligenz genannt, ist ein Phänomen, bei dem ein System infolge des Zusammenspiels seiner Elemente neue Eigenschaften oder Strukturen ausbildet. Crowd Sourcing ist in der Definition von Nicole Martin, Stefan Lessmann und Stefan Voß „eine inter­ aktive Form der Leistungserbringung, die kollaborativ oder wettbewerbsorientiert organisiert ist und eine große Anzahl extrinsisch oder intrinsisch motivierter Akteurin­ nen und Akteure unterschiedlichen Wissensstands unter Verwendung moderner Informations- und Kom­ munikationssysteme auf Basis des Web 2.0 einbezieht. Leistungsobjekt sind Produkte oder Dienstleistungen.“ Open Science, auch als BürgerInnenwissenschaft oder Citizen Science bezeichnet, ist einerseits ein ­Sammelbegriff für alle Strömungen, die interessierten Laien akademisches Wissen leichter zugänglich machen wollen. Andererseits wird darunter auch die Einbeziehung wissenschaftlicher Amateurinnen und Amateure in die Forschung sowie das Aufgreifen von Forschungsanliegen aus der ­Bevölkerung verstanden. Für diese Demokratisierung der Wissenschaft haben sich vor allem Paul Feyerabend und Erwin Chargaff eingesetzt.

Der ganze Schwarm ist oft klüger als der klügste einzelne Fisch.

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oder worin der Nutzen der Mitarbeit für die Betei­ ligten von außerhalb der Organisation besteht. Wer offene Innovation mit dem Kalkül betreibt, das Know-how anderer unentgeltlich zu inha­ lieren oder sich Entwicklungskosten zu sparen, handelt sich Probleme ein. Sei es in Gestalt eines ausgewachsenen „Shitstorms“ in den sozialen Medien und eines nachhaltig beschädigten Rufs, sei es in unbefriedigenden Ergebnissen. Erfolg hat, wer nicht nur nimmt, sondern auch etwas zu geben hat. Das kann eine finanzielle Anerkennung sein oder ein privilegierter Zugriff auf Dienstleistungen und Informationen. Oder auch schlicht und einfach nur ein authentisches Wir-Gefühl. Echte Innovationsprozesse sind auf Gleichberechtigung ausgelegt und gelingen umso besser, je mehr eine Organisation zu bieten hat. Open Innovation lebt von der freien Zirkulation von Wissen und Ideen. Auch in der Wissenschaft, wo allerdings nicht von Open Innovation die Rede ist, sondern von Open Science. Von einer Wissenschaft, die den Menschen auf Augenhöhe begegnet, sie und ihre Fragen einbezieht und ih­ nen bewusst zu dienen versucht. Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft setzt sich für offenes In­ novieren im wissenschaftlichen Zusammenhang ein: Am LOIS – Lab for Open Innovation in Science leitet die Institution mit Schwerpunkt Gesund­ heitsforschung WissenschaftlerInnen dazu an, Prinzipien und Methoden von Open Innovation und Open Science in ihre Forschungsarbeit zu ­integrieren. Was das bringt, fasst LOIS-Leiterin Lucia Malfent so zusammen: „Durch die Einbin­ dung von ‚unüblichen‘ Wissensgeberinnen und Wissensgebern sowie Innovationspartnerinnen und -partnern bringt man neue Perspektiven,

Open Innovation made in Austria Auch die Bundesregierung setzt ein Zeichen für das barrierefreie Erfinden: Sie hat Infrastruktur-, Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium mit der Erarbei­ tung einer Open-Innovation-Strategie beauftragt. Zu den Themenfeldern gehört die neue Ökonomie des Teilens („Share Economy“) ebenso wie die Förderung von Unternehmensgründungen und die Weiterentwicklung der öffentlichen ­Verwaltung. Damit ist Österreich ein Vorreiter in der Europäischen Union. In den öffentlichen Konsultationsprozess fließen über eine BürgerInnenbeteili­ gungsplattform auch Ideen „von unten“ mit ein. openinnovation.gv.at

neue Ideen und neue ­Lösungsansätze in den In­ novationsprozess. Das erhöht die Wahrschein­ lichkeit, dass eine daraus entwickelte Innovation mehr Relevanz für die Gesellschaft hat.“ Wie eingeschränkt oder uneingeschränkt Wis­ sen dabei fließen soll, ist eine durchaus umstrit­ tene Frage. „Wichtig ist, dass Open Innovation und Open Science nicht automatisch bedeuten, dass alle Informationen gratis und frei verfügbar sind“, sagt Malfent: „Man muss Open und Closed Innovation sinnvoll miteinander verknüpfen, so­ dass nicht nur die eigene Organisation, sondern auch die Gesellschaft davon profitiert.“ Johannes Pflegerl, der an der FH St. Pölten das Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung leitet, bricht eine Lanze für frei verfügbares ­Wissen im akademischen Bereich: „Wir erleben gerade einen Abschottungskampf der wissen­ schaftlichen Verlage gegen die Open-SourceKultur, die alle wissenschaftlichen Artikel frei zugänglich machen will. Aber geistiges Eigen­ tum relativiert sich, und wir Wissenschaftlerin­ nen und Wissenschaftler haben weniger Interes­ se am ökonomischen Gewinn als vielmehr an der Beteiligung am Diskurs.“ Anders als in der Marktwirtschaft hat der Gedan­ ke des offenen Zugangs und der BürgerInnenbe­ teiligung hier bereits eine jahrhundertelange Tradition. Denn die Wissenschaften waren bis zu ihrer Akademisierung im späten 19. Jahrhundert vor allem das Metier gebildeter Amateurinnen und Amateure. Der berühmteste von ihnen war Charles Darwin, der eigentlich studierter Theolo­ ge war – als Naturwissenschaftler jedoch ledig­ lich ein fachlich sehr beschlagener Laie. In den Naturwissenschaften gibt es denn auch die längste Tradition der BürgerInnenbeteiligung. In Österreich knüpft naheliegenderweise vor al­ lem die Universität für Bodenkultur an die Tradi­ tion der „Citizen Sciences“ an. Und zwar, indem sie Studierende und HobbyforscherInnen beim Datensammeln und -auswerten für verschie­ denste Forschungsprojekte – etwa über die rapide Ausbreitung der spanischen Wegschnecke oder im Straßenverkehr getötete Tiere – einbezieht. Ohne neue Medien ist diese Form der Partizi­ Fortsetzung auf Seite 18

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Die Einzelkämpferinnen und Ein­ zelkämpfer sind ausgestorben Die Förderpolitik hat in den letzten Jahren den Geist der Kooperation gestärkt. Klassische Einzelkämpfe­ rInnen sind in der Wissenschaft schon so gut wie ausgestorben, Open Science erfordert aber noch einmal eine andere Haltung: die Bereitschaft zur Einlassung und dazu, sich bei Entwicklungen für eine bestimmte Zielgruppe von ihren Bedürfnissen leiten zu lassen. FH-Prof. Mag. Dr. Johannes Pflegerl, Leiter des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusionsforschung, FH St. Pölten

Begleitung ist ein Muss Bevor man ein Citizen-ScienceProjekt startet, sollte man sich sehr genau überlegen, welches Ziel man verfolgt und welche Aufgabe dabei den „Citizens“ zukommt. Klare Kom­ munikation sorgt für Transparenz und beugt falschen Erwartungen auf beiden Seiten vor. Ein partizipativer Prozess muss, um erfolgreich zu sein, gut gemanagt und begleitet werden – das ist in vielen Fällen ein arbeitsintensives Unterfangen. Dr. Lucia Malfent, Leiterin des Projekts „Open Innovation in Science“, Ludwig Boltzmann Gesellschaft

Viele steuern ihr Wissen bei – und wenn es richtig gefiltert wird, entstehen neue Erkenntnisse, bessere Produkte oder präzisere Prognosen.

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pation nicht mehr denkbar: Websites informieren und halten Schulungsvideos ebenso bereit wie Ein­ gabemasken. Dank spezieller Apps dienen Smart­ phones häufig der Erhebung der Daten genauso wie ihrer Übermittlung. Dass die Einbeziehung von Laien kommunikativ ei­ nen erheblichen Mehraufwand darstellen kann, weiß auch FH-Professor Johannes Pflegerl. Doch der Aufwand lohnt sich. Gerade dann, wenn die Projek­ te und Produkte, die es zu entwickeln gilt, direkt den Beteiligten zugutekommen sollen. ­Speziell hier könne die Soziale Arbeit viele Kompetenzen ein­ bringen, meint Pflegerl. Vor allem die Fähigkeit, auf individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten zu schauen und mit heterogenen Gruppen zu arbeiten. Die Devise „NutzerInnen wissen es am besten“ sei ein zutiefst sozialarbeiterischer Ansatz. Und der ist mit einer bestimmten Haltung verbunden: „Sie müssen als Wissenschaftlerin oder Wissenschaft­ ler vom hohen Ross steigen und die Menschen kon­ sequent als Subjekte ernst nehmen“, argumentiert Pflegerl für eine Wissenschaftskultur der Partizi­ pation. „Das heißt nicht, dass Sie Ihre Expertise aufgeben müssen. Sie müssen nur die Idee aufge­ ben, schon alles über die Menschen und ihre Be­ dürfnisse zu wissen. Dann bekommen Sie auch sehr viel Wertschätzung zurück.“ Die Wissenschaftskultur der Partizipation ist in die DNA einer Fachhochschule eingeschrieben. An der Nahtstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft liegt auch der logische Begegnungsort von Open Innovation und Open Science. So sieht es Hannes Raffaseder, der die Entwicklung der FH St. Pölten zur kollaborativen Innovationsplattform voran­ treibt. In den letzten Jahren ist aus seiner Sicht schon ein Biotop der Innovationskultur rund um das Haus entstanden: „Damit wir aber langfristig so wie jetzt Lehre auf hohem Niveau bieten kön­ nen, müssen wir anwendungsorientiert forschen. Und Anwendungsorientierung ist nur in Zusam­ menarbeit mit Partnerinnen und Partnern und mit der Bevölkerung möglich.“ Eine Perspektive, die für die Fachhochschule zwar herausfordernd sei, doch auch eine große Ent­ lastung: „Der Plattformgedanke beinhaltet die Überzeugung, dass wir nicht alles selber machen, können und wissen müssen. Wir müssen nur ent­ scheiden, wer wofür die beste Partnerin oder der beste Partner ist und an welchen realen oder vir­ tuellen Orten wir uns am besten begegnen.“ 18

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Linktipps: www.openinnovationinscience.at

Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft hat mit CRIS ein Crowdsourcing-Projekt lanciert, das Menschen außerhalb des Wissenschaftssystems in die Erfor­ schung psychischer Erkrankungen einbindet. LOIS, das Lab for Open Innovation in Science der Boltz­ mann Gesellschaft, ist ein Ausbildungsprogramm, in dem WissenschaftlerInnen Open-Innovation-Metho­ den erlernen und im Forschungsalltag trainieren. www.juliusraabstiftung.at

Auch der Think Tank Julius Raab Stiftung hat Ideen für einen österreichischen Weg auf dem Gebiet der offenen Innovation entwickelt. Das Papier steht zum Download bereit unter www.juliusraabstiftung.at/resources/files/2015/6/2/1324/ open-innovation-screen-ds.pdf www.citizen-science.at

Das Open-Science-Portal der Universität für ­Bodenkultur mit einer Einführung ins Thema und zahlreichen Projekten. wilawien.ac.at

Der Wissenschaftsladen Wien zählt seit 1991 zu den Vorreitern der BürgerInnenwissenschaft in Österreich und ist Teil des globalen Netzwerks Living Knowledge: www.livingknowledge.org www.challenge.gov

Über die offene Innovations- und CrowdsourcingPlattform der US-Regierung wurden unter Beteiligung der BürgerInnen Lösungen für Aufgaben und Prob­ leme von 69 Bundesämtern gelöst, die dort mit der Bitte um Lösungsvorschläge veröffentlicht wurden. Dazu wurden mehr als 286 Wettbewerbe in den letz­ ten vier Jahren ausgeschrieben und Preise in der Höhe von 72 Millionen US-Dollar vergeben. www.pgconnectdevelop.com

Mit Connect + Develop hat der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble eine Open-Innovation-Plattform für Crowd Sourcing geschaffen, auf der das Unterneh­ men den Innovationsbedarf für seine 300 Marken definiert. MitarbeiterInnen, Kundinnen und Kunden sowie Unternehmen sind zur Zusammenarbeit einge­ laden. de.raidlight.com

Das 1999 vom französischen Profiläufer Benoit Laval gegründete Unternehmen RaidLight entwickelt Trail-Running-Ausrüstung in enger Zusammenarbeit mit Outdoor-Sportlerinnen und -Sportlern. www.emporia.de

Das Telekommunikationsunternehmen gestaltet seine besonders nutzerInnenfreundlichen Mobiltelefone unter intensiver Einbindung älterer Menschen. www.openinnovation-suedtirol.it

Open Innovation Südtirol macht Crowd Sourcing ­mittelgroßen bis kleinsten Handwerksbetrieben in Südtirol zugänglich.


WAS BRINGT PARTIZIPATION? 01

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Thomas Thurner

Für Kleinunternehmen, die Softwareprodukte am internationalen Markt positionieren, sind partizipative Innovationsprozesse wesentlich. Wir setzen dabei auf offene Standards, die – international vereinbart – das Rückgrat für abgestimmte und i n e i n a n d e r g r e i f e n d e I T- P r o d u k t e d a r s t e l l e n . Thomas Thurner ist Head of Transfer bei der Semantic Web Company GmbH. Das Unternehmen entwickelte die PoolParty-Suite, eine semantische Technologie zum erleichterten Umgang mit Daten für Unternehmen.

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Judith Pühringer

Partizipation heißt, denen eine Stimme zu geben, um die es im Projekt oder einer Organisation geht: Bei Fragen der sozialen Ausgrenzung sind das meist armutsbetroffene und arbeitslose Menschen. Es ist bereichernd und spannend, sich der großen Methodenvielfalt zu bedienen, um Beteiligung – im Sinne echter Te i l h a b e – z u e r m ö g l i c h e n . Mag. Judith Pühringer ist Geschäftsführerin von arbeit plus, dem österreichweiten Netzwerk Sozialer Unternehmen, und seit vielen Jahren im Koordinationsteam der Armutskonferenz aktiv.

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Aletta Bonn

Citizen Science erzielt einen Mehrwert für die Gesellschaft: M e n s c h e n e r w e i t e r n i h r W i s s e n ü b e r N a t u r , Te c h n i k , G e s c h i c h t e – und lernen, wie Wissenschaft funktioniert. Unabdingbar ist, dass bei allen Citizen-Science-Projekten der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn im Fokus bleibt. Und der Spaß am Forschen darf nicht zu kurz kommen. Prof. Aletta Bonn leitet die Forschungsgruppe für Ökosystemare Dienstleistungen am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig. Sie leitet zusammen mit dem Museum für Naturkunde Berlin das Projekt „BürgGEr schaffen WISSen (GEWISS)“, bei dem mehr als 700 Personen aus 350 Organisationen beim Entwickeln des Grünbuchs „Citizen Science Strategie 2020 für Deutschland“ eingebunden wurden.

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„Die Menschen wollen selbst etwas tun“

In der Sozialen Arbeit gilt Partizipation schon länger als eine der großen Leitideen. FH-Dozentin Michaela Moser über die n e u e W a h r n e h m u n g g e s e l l s c h a f t l i c h e r Te i l h a b e , d i e R e l e v a n z verschiedener Perspektiven und partizipative Forschungsprojekte. V O N

FH-Prof. Mag. Dr. Michaela Moser ist Expertin für Partizipation am Department Soziales der FH St. Pölten.

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Das Thema Partizipation war in der breiten öster­ reichischen Öffentlichkeit bislang eher ein Rand- oder Nischenthema. Spätestens die soge­ nannte Flüchtlingskrise im Jahr 2015 führte aber vor Augen, was Menschen, die sich gemeinsam für etwas einbringen, bewirken können. Medien über die Landesgrenzen hinweg berichteten über das zivilgesellschaftliche Engagement der öster­ reichischen Bevölkerung – und Partizipation er­ langte auf einen Schlag öffentliche Wahrneh­ mung. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es um mehr geht als um das reine Helfen, nämlich etwa um die Mitgestaltung von konkreten An­ geboten wie Unterkünften für die Geflüchteten oder gesetzliche Rahmenbedingungen. Für FHDozentin Michaela Moser, Expertin für Partizipa­ tion am Department Soziales der Fachhochschu­ le St. Pölten, zeigt sich hier die wachsende Be­ deutung des Themas Beteiligung. Neu ist Partizipation jedoch nicht: „Partizipative Methoden werden beispielsweise in der Sozialen Arbeit bereits seit einigen Jahrzehnten angewen­ det. Neu ist allerdings, dass Partizipation in un­ terschiedlichen Bereichen und von immer mehr Menschen als wichtig erachtet wird“, erklärt Mi­ chaela Moser. „Die Menschen möchten sich nicht mehr auf die Entscheidungen der Politik verlassen, sondern selbst etwas tun. Die immer größer werdende Politikverdrossenheit hat somit dazu geführt, dass das Thema Partizipation stär­ ker wahrgenommen wird und eine höhere Auf­ merksamkeit und Relevanz erfährt.“

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M A R C H H A R T

Lieber keine Alibiprozesse. Doch was versteht

man eigentlich unter „Partizipation“? Für Mi­ chaela Moser hat der Begriff eine enorme Band­ breite. „Partizipation beginnt bei ‚informieren‘ und reicht über das aktive Mitgestalten bis hin zur kollektiven Ownership. Grob geht es also ­darum, die Gesellschaft miteinzubeziehen und eine Beteiligung an Entscheidungsprozessen zu ermöglichen.“ Laut Moser hat hier in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden – sowohl in der Wissenschaft als auch in Organisationen und Unternehmen. „Heute besteht ein Konsens da­ rüber, dass das Wissen der beteiligten Personen benötigt wird und dass unterschiedliche Pers­ pektiven essenziell sind, um sich weiterzuent­ wickeln. Kurz: Partizipation bedeutet einen Gewinn an Wissen und Erfahrungen. Auf der ­ anderen Seite steigt auch die Zufriedenheit der partizipierenden Menschen, da sie vermittelt bekommen, dass ihre Meinung gehört wird.“ ­ Eine Win-win-Situation? Nicht zwangsläufig. „Wichtig bei partizipativen Prozessen ist Trans­ parenz und dass die Teilnehmenden ernst ge­ nommen werden. Alibiprozesse, bei denen im Vorfeld schon alle Entscheidungen getroffen wurden, sind kontraproduktiv“, so Moser. Außer­ dem müssten partizipative Prozesse immer ganze Systeme betreffen. „Möchte ich beispielsweise in einem Kindergarten die Kinder an einer Ent­ scheidung teilhaben lassen, so müssen auch die Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern und alle Beteiligten integriert werden. Isolierte Partizipa­ tion funktioniert nicht.“


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Die Betroffenen müssen lernen, sich stärker einzumischen – nur dann kann Partizipation ihr Potenzial entfalten.

Mitreden muss man lernen. Laut Moser gilt es

auch die Forschung immer partizipativer zu gestal­ ten und relevante Zielgruppen als Subjekte schon ins Forschungsdesign mit einzubeziehen. Das Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten beschäftigt sich in einigen wissen­ schaftlichen Projekten derzeit mit diesem Thema. Dabei nimmt der Bereich „Wohnen“ einen beson­ deren Schwerpunkt ein. „Gerade beim Wohnen ist Mitgestaltung extrem wichtig. Wir erarbeiten in­ novative Konzepte für generationenübergreifendes und gemeinschaftliches Wohnen.“ Bereits abge­ schlossen ist etwa das Projekt „Living City“, im Rahmen dessen ein Konzept für eine Wohnhausan­ lage in der Stadt St. Pölten erarbeitet wurde, das intergenerationale Wohnmöglichkeiten und Ge­ sundheitsversorgung verbindet und partizipative Architektur, Stadt(teil)planung, Quartiersentwick­ lung und Gemeinwesenarbeit vernetzen soll. Ein ähnliches Projekt läuft gerade mit der Wohnbauge­ nossenschaft BWS und der Volkshilfe NÖ: Entste­ hen soll ein zukunftsweisendes Wohnprojekt, das Jung und Alt verbindet. Das Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung erstellt für dieses Pro­ jekt die Machbarkeitsstudie und erarbeitet in einer Zukunftswerkstatt gemeinsam mit Interessierten aus der Bevölkerung und potenziellen Bewohne­ rinnen und Bewohnern die Grundlagen für ein qualitätsvolles Wohnen unter einem Dach. „Die ­ Schwierigkeit besteht im Moment noch darin, die Bevölkerung zum Mitmachen zu bewegen. Die meisten Menschen sind es nicht gewohnt, mitre­ den zu können. Ihnen fehlt die Erfahrung, dass

Partizipation tatsächlich auch etwas bewirken kann“, erklärt Moser. „Das ist ein Lernprozess, der aktuell noch im Gange ist. In einigen Jahren wird die Situation vermutlich schon anders aussehen.“ An der FH St. Pölten werden Partizipationsprozes­ se auch abseits der Forschung genutzt, etwa wenn es um die hausinterne Planung und Nutzung von Räumlichkeiten geht. 2015 übersiedelte das De­ partment Soziales vom Standort in der Matthias Corvinus-Straße in jenen in der Herzogenburger Straße. Michaela Moser leitete dazu einen partizi­ pativen Planungsprozess zur Gestaltung der neu­ en Räume. Sie organisiert auch die partizipative Planung zum im Jahr 2015 beschlossenen Zubau der Fachhochschule, im Zuge dessen ein Konzept für einen „FH-Campus der Zukunft“ erarbeitet wird (siehe Artikel S. 6).

Vorbild Vorarlberg. Was Michaela Moser sich für

die Zukunft wünscht? „Mehr Anerkennung und Offenheit gegenüber Partizipation – sowohl von Seiten der Politik als auch von Unternehmen und Organisationen. Das Potenzial von gesellschaftli­ cher Beteiligung muss stärker erkannt werden. Aber auch die Betroffenen selbst müssen lernen, sich stärker einzumischen.“ Als Vorbild nennt Moser etwa die BürgerInnen-Räte in Vorarlberg: In verschiedenen Arbeitsgruppen können BürgerIn­ nen regelmäßig Verbesserungs- und Lösungsvor­ schläge einbringen. Seit 2013 ist die partizipative Demokratie in der Vorarlberger Landes­verfassung verankert.   21


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Auf der Suche nach neuen Antworten

Soziales Unternehmertum erlebt in den letzten Jahren eine starke Konjunktur – und hat für Jakob Detering vom Impact Hub Vienna das Potenzial, nachhaltig g e s e l l s c h a f t l i c h e Ve r ä n d e r u n g e n z u b e w i r k e n .

Social Entrepreneurship ist eines der großen Schlagworte in der modernen Ökonomie. Für Jakob Detering nicht ohne Grund, wie er im ­ ­Gespräch mit der „future“-Redaktion verrät. Als Leiter des Social Impact Awards, des größten ­Studierendenwettbewerbs für soziales Unterneh­ mertum in Österreich, und erfolgreicher Social Entrepreneur ist es für ihn weit mehr als ein kurzlebiges Phänomen.

Soziales Unternehmertum liegt im Trend. Warum boomt das Thema derzeit so? Jakob Detering: Ich glaube, weil wir als Gesell­ schaft nach neuen Antworten suchen. Wir leben in einer Zeit, in der das Vertrauen darauf, dass alles so weitergeht wie bisher, immer mehr schwindet. Sehr vereinfacht gesagt besteht unse­ re Gesellschaft aus drei Akteuren: der Wirtschaft, die gerade in den letzten Jahren gezeigt hat, dass der gesellschaftliche Nutzen für sie nicht unbe­ dingt an erster Stelle steht, der Politik, die diesem Treiben etwas hilflos zusieht und weder ausrei­ chend Macht noch Kapital hat, um die sozialen Probleme ernsthaft anzugehen, und als Drittes dem klassischen NGO-Sektor, der zwar mit viel Engagement und Herzblut versucht, Markt- und Staatsversagen entgegenzutreten, es teilweise aber an Innovation, Professionalität und unter­ nehmerischem Denken mangeln lässt. In dieses Gefüge tritt nun ein Social Entrepreneur – je­ mand, der mit der Effizienz und Professionalität eines Managers, dem einenden Geist eines Poli­ tikers und dem Herzblut eines Sozialarbeiters un­ sere gesellschaftlichen Probleme anpackt.

Handelt es sich dabei um ein kurzlebiges Phänomen oder kann Social Entrepreneurship ­bestehende Strukturen nachhaltig verändern? Ich bin der festen Überzeugung, dass Social 22

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Entrepreneurship nachhaltig einen wichtigen Beitrag leisten kann. Voraussetzung dafür ist je­ doch aus meiner Sicht, dass wir den Weg von So­ zialunternehmerinnen und Sozialunternehmern nicht als den Heiligen Gral verstehen, sondern als eine Ergänzung bestehender Strukturen. So­ cial Entrepreneurs werden nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich mit anderen Sektoren vernet­ zen und nicht in ein Silodenken verfallen. Gerade aus der Kooperation mit staatlichen Akteuren, For-Profit-Unternehmen oder klassischen NGOs kann Innovation und Breitenwirkung entstehen.

Sie haben sich ja selbst bereits als Social Entrepreneur engagiert, mit SOMARO, einem Social Business, das in Rumänien Sozialmärkte betreibt. Was sind Ihre Erfahrungen im Aufbau eines Sozialunternehmens? Ein Unternehmen aufzubauen, auch wenn es sich um ein „klassisches“ Start-up handelt, ist immer schwierig. Beim Sozialunternehmen kommen einige weitere Herausforderungen dazu – zum Beispiel, dass die Zielgruppe, mit der man arbeitet, oft nur eine geringe Kaufkraft aufzu­

Das Vertrauen darauf, dass alles so weitergeht wie bisher, schwindet immer mehr. weisen hat. Was ich mir wünschen würde? Sei­ tens der Wirtschaft eine größere Bereitschaft, Synergien mit Sozialunternehmen zu nutzen, so wie wir das mit SOMARO erfolgreich versucht haben. Und seitens der Politik brauchen wir dringend einen geeigneten Rechtsrahmen für Sozialunternehmen, denn diese passen einfach nicht in die bisherige Konstruktion von klassi­ schen Unternehmen auf der einen oder NGOs auf der anderen Seite.

Jakob Detering leitet den Social Impact Award, einen Studierenden­ wettbewerb für soziales Unternehmertum.


IHRE MEINUNG Sollen wirklich alle mitreden?

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Die Medienwelt verändert sich vom klassischen „Senden“ durch Journalistinnen und Journalisten zum Diskutieren, Teilen, Liken und Posten auf und mit neuen Medien. „future“ hat bei drei Medienfachleuten nachgefragt, ob Medien Partizipation überhaupt brauchen, was sie im Mediensektor bringt und welche Medienbereiche mehr Partizipation vertragen könnten.

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Brauchen: Technologie gestaltet Kommunikation. Internet und soziale Netzwerke erlauben Bürgerinnen und Bürgern, Missstände aufzuzei­ gen und sich wahlentscheidende Meinungen zu bilden. Ein Problem ist aber die oft mangelnde Informati­ onsqualität und Überprüfbarkeit auf diesen Kanälen. Bringen: Partizipation ermöglicht Demokratie und beschützt deren Errungenschaften wie Meinungsfrei­ heit und Pressefreiheit. Partizipation fördert aber nicht nur die Teilnahme an politischen Prozessen, sondern fordert diese auch. Vertragen: Der Kern von Parti­ zipation ist Teilhabe. Transparente Open-Government-Daten ermögli­ chen es, informierte Entscheidungen zu treffen. Problematisch ist ande­ rerseits das Ausgrenzen durch tech­ nologischen Fortschritt und Verla­ gern des Diskurses. Auch Kinder, Menschen mit besonderen Bedürf­ nissen und vor allem ältere Men­ schen müssen inkludiert sein.

Jakob Doppler, MSc lehrt und forscht zum Thema Human Computer Interaction mit Schwerpunkt Digitale Gesundheit. Er leitet unter anderem das Forschungsprojekt „Brelomate II“, das eine Kommunikationsplattform für ältere Menschen entwickelt, um ihnen mehr soziale Kontakte zu ermöglichen.

FH-Prof. Dr. Jan Krone ist FH-Dozent am Depart­ ment Medien und Wirtschaft der FH St. Pölten. Er forscht zu ökonomischen und politischen Aspekten der Individual- und Massenkommunikation, Struktur- und Marktanalysen der Medien- und Kommunikations­­­industrie sowie zu Medienrecht und Kommunikations­­politik im Medienwandel.

Jakob Doppler

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Jan Krone

Brauchen: Nicht zwangsläufig. Es gibt bei klassischen Massenme­ dien Formen schwacher Partizipation: Briefe an die Redaktion, OnlineKommentare, Call-in-Sendungen, Studio-Publikum. Der ORF weist mit Stiftungs- und Publikumsrat eine mittelbare, strukturelle Partizipation auf. Freie Radios und CommunityFernsehen sind auf Partizipation hin ausgerichtet. Bringen: Grundsätzlich wider­ spricht eine breite Partizipation des Publikums an der Programmgestal­ tung dem Professionalitätsanspruch. Wird nicht-qualifizierten Bürgerinnen und Bürgern auch die Steuerung eines Atomkraftwerks überlassen? Massenmedien, Publikum und Politik nehmen an, sich via Social Media sehr nah zu sein. Das ist überwie­ gend ein Missverständnis. Vertragen: Einige nichtkommer­ zielle BürgerInnenmedien schöpfen die Optionen der Partizipation nicht aus. Das liegt weniger an der man­ gelnden Bereitschaft, sondern viel­ mehr an konkreten Formulierungen in dem maßgeblichen Fonds zur Mittel­ ausstattung. Partizipationsstrukturen für den Online-Sektor verlangen dementsprechende Mittel.

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Brauchen: Das Zusammenwach­ sen der Medienarten (Konvergenz) und die Digitalisierung schaffen neue Formen von Öffentlichkeit und eine Infrastruktur, innerhalb derer sich die Nutzungsbedingungen geändert haben und ändern. Partizipation braucht Planung und Gestaltung. Bringen: Partizipation bringt die Möglichkeit, sich als UserIn am Geschehen zu „beteiligen“ – einen Krisenherd mittels virtueller Realität zu erleben, in einem Spiel Wale zu retten oder in einem Kommentar neue Per­ spektiven aufzuzeigen. Partizipation bringt in manchen Netzgemeinden aber auch, dass Meinungen und Gerüchte zum sich selbst bestätigen­ den Nachrichtenbrei mutieren, unübersichtlich werden und/oder durch große Player gesteuert werden. Vertragen: In Bezug auf die Qualität der Medien sind insbeson­ dere öffentlich-rechtliche Medien aufge­fordert, Partizipationsmodelle zu gestalten, die in der Lage sind, Qualität zu schaffen.

FH-Prof. Mag. Rosa von Suess, PhD lehrt und forscht im Bereich TV-Formatentwicklung, Konzeption und Produktion von Medienprojekten sowie fernsehjournalistischer Praxis. Sie leitet das Ausbildungsfernsehen c-tv der FH St. Pölten und organisiert dessen jährliche Fachtagung zur Zukunft des Fernsehens, die c-tv-Konferenz.

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Wenn die Alten von den Jungen lernen Studierende überzeugten beim ­Ideenwettbewerb „Ö1 Hörsaal“ mit einem Konzept, um Hochschulen für ältere Menschen zu öffnen.

Fachkundige Studierende lernen gemeinsam mit Senorinnen und Senioren.

Der Wettbewerb „Ö1 Hörsaal“ suchte nach Pro­ jekten, die Wissenstransfer und Dialog zwischen Zivilgesellschaft und Universität fördern und neue Impulse bei der Thematisierung und Lösung gesell­ schaftlicher Herausforderungen setzen. Im Mittel­ punkt sollten der Austausch von Wissen und die Interaktion zwischen Universitäten, Bürgerinnen und Bürgern stehen. Lisa Kerschner, Anna Neu­ bacher und Katrin Zulechner, Studentinnen aus dem Masterstudium Media- und Kommunikations­ beratung der FH St. Pölten, haben im Rahmen der von FH-Dozent Thomas Duschlbauer geleiteten Lehrveranstaltung „Innovationsmanagement“ ein

Konzept entwickelt, das aus den 252 eingereichten Ideen unter die besten zwölf gereiht wurde. Fachkundige Studierende besuchen demnach Ein­ richtungen des betreuten Wohnens und Altersheime, um mit geistig fitten älteren Menschen zu lernen. Die Studierenden vermitteln verschiedenste Inhalte auf angepasstem Niveau (z. B. aktuelle Themen vor wis­ senschaftlichem Hintergrund) und tauschen gemein­ sam mit den Seniorinnen und Senioren individuelle Erfahrungen aus. Auch Familienmitglieder der älteren Menschen können mitwirken. Der „Ö1 Hörsaal“ ist ein von der Österreichischen Universitätenkonferenz uniko initiiertes Open-Innova­ tion-Projekt, das gemeinsam mit zwölf Uni­versitäten, der Ö1-Wissenschaftsredaktion und dem Innovation Service Network (ISN) organisiert wird.

Der Hirnscan macht den Film Beim Projekt „become“ bestimmen ­Emotionen der ZuseherInnen den Inhalt eines Films. Der Film „become“ bietet Zuseherinnen und ­Zusehern ein völlig neues Filmerlebnis. Emotionale Reaktionen der BetrachterInnen lenken den Ver­ lauf des Films in verschiedene Richtungen und steuern unterschiedliche, mögliche Handlungs­ stränge. Grundlage dafür sind Hirnströme. Ein kabelloses ­Headset misst nach dem Prinzip der Elektroen­zephalografie (EEG) Art und Intensität der Emotionen beim Betrachten des Kurzfilms und wandelt Gedanken und Gefühlszustände in elek­ trische S ­ ignale um. Je nach Art und Ausprägung der während einer bestimmten Szene auftretenden Emotion wird eine andere Wendung des Films gezeigt. Jede Vor­stellung kann daher auch bei derselben Person je nach Messergebnis eine neue mögliche Handlung bedeuten. Nicht nur das Drehbuch und die Regie bestimmen somit das Handeln der Protagonistinnen und ­Protagonisten sowie den Verlauf des Films, son­ dern auch die ZuschauerInnen selbst. Dadurch wird es möglich, einzelne, die Handlung des Films verändernde Entscheidungen unbewusst zu treffen und den Zuschauerinnen und Zuschauern ein in jeder Hinsicht einmaliges Film­erlebnis zu bieten. 24

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„become“ steht für „Brain and emotion controlled movie experience“. Entwickelt haben das Projekt 22 Studierende des Studiengangs Medientechnik im Rahmen des Projektsemesters unter der Leitung von Rosa von Suess („Film- und TV-Lab“-Leiterin), Andreas Büchele (Sound Design) und Markus Wintersberger (Interaktion). become-theproject.com

Ein Headset wandelt Gedanken und Gefühle in elektrische Signale um.


BLICK VON AUSSEN

P A R T I Z I P A T I O N

Menschen wert­ schätzend einbinden

„The lab is our world“ wird zu „The world is our lab“: Für Industrie­ unternehmen wird es zunehmend wichtig, das Know-how von externen Partnerinnen und Partnern einzubinden, um so die Qualität und Geschwindigkeit des Innovationsprozesses zu erhöhen. Open ­Innovation bedeutet die Öffnung der Unternehmen für Innovations­ impulse von außen. Dieser Paradigmenwechsel zu einer offenen Unternehmenskultur ist nicht zu unterschätzen. Österreich hat eine gute Ausgangsposition. Als kleines Land profitie­ ren wir davon, dass alle Player eng vernetzt und leichter an einen Tisch zu bekommen sind. So können innovative Modelle schneller und effizienter realisiert werden.

Michael Heiss und Christoph Krois glauben an den Paradigmenwechsel zu einer offenen Unternehmenskultur.

Open Innovation hat viele Ausprägungen und geht über klassische Innovationswettbewerbe hinaus, die „nur“ zur Ideenfindung – Stich­ wort Crowd-sourced-Ideation – genutzt werden. Weitere Beispiele für in der Industrie eingesetzte Open-Innovation-Methoden sind Hack­ athons, Co-Creation-Ansätze, Call for Proposals, Lead-Users, Start-up Founder Spaces, Crowdfunding und Software-Ecosysteme. Einen wesentlichen Unterschied macht es, ob man Open Innovation im B2C- oder im B2B-Umfeld einsetzt, da jeweils andere Regeln gel­ ten. Bindet man als Unternehmen die vielen unabhängigen Consumer oder Expertinnen und Experten ein, profitiert man von einer großen Zahl an möglichen TeilnehmerInnen, die allerdings oft uner­fahren sind. Man muss mit viel „Rauschen“ rechnen. Bindet man als Unternehmen andere Unternehmen ein, wird auf professioneller Vertragsbasis zusammengearbeitet und das „Rauschen“ ist deutlich geringer. Innovation entsteht in allen Fällen nicht nur durch einen Prozess, sondern durch die Einbindung von Menschen; Menschen mit verschiedenen Hintergründen, also hoher Diversität. Die Kunst von Open-Innovation-Initiativen ist, diese Menschen wertschätzend einzubinden und fair zu behandeln. Die TeilnehmerInnen können die neuen Kooperationsmodelle oft schwer in Bezug auf den Faktor Fairness bewerten. Fairness-Zertifikate von unabhängigen und fachlich anerkannten Dritten würden hier helfen, um TeilnehmerInnen mehr Sicherheit zu geben. Wichtig ist, dass faire Win-win-Situationen entstehen, damit Open Innovation funktioniert. Prof. Dr. Michael Heiss ist Experte für Open Innovation und Leiter der Research Group Cyber-Physical Systems bei Siemens Corporate Technology in Wien und Honorarprofessor für Innovations- und Technologiemanagement an der TU Wien. Darüber hinaus ist er Vice-Chair von IEEE Österreich und Chair des IEEE Technology and Engineering Management Chapters Central Europe. Dipl. Ing. (FH) Christoph Krois ist Experte für Open Innovation und Mitarbeiter des Teams Visioning und Scouting beim Innovations- und Technologiemanagement der Siemens Corporate Technology in München.

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Z U

G A S T

I N

Im Osten viel Neues

Krakau ist eine echte Studierendenstadt mit i n t e r n a t i o n a l e m F l a i r, M ö n c h e g e h ö r e n t r o t z d e m z u m S t r a ß e n b i l d . M a r t i n a F u r t l e h n e r, S t u d e n t i n im Master Studiengang Media Management, verbrachte ihr Auslandssemester an der größten Wirtschaftsuniversität Polens. V O N

Martina Furtlehner studierte ein Semester lang an der Wirtschafts­ universität Krakau.

E V A

M A R C H H A R T

Mehr als jede und jeder vierte Studierende der FH St. Pölten nutzt im Laufe des Studiums die Möglichkeit, ein Semester im Ausland zu ver­ bringen. Für den Großteil heißt es dabei „go west!“. Nicht so für Martina Furtlehner, die sich bei ihrem Auslandsaufenthalt für die polnische Stadt Krakau entschied. Eine Entscheidung, die sie zu keinem Zeitpunkt bereut hat. „Ich wollte etwas ganz Neues, sozusagen ein klei­ nes Abenteuer. Krakau hat mich absolut positiv überrascht: Es ist eine echte Studierendenstadt mit jungem Publikum aus aller Welt.“ An der Universität hat sich die 23-Jährige schnell zu­ rechtgefunden. Wie an der FH St. Pölten wird an der Wirtschaftsuniversität Krakau vermehrt auf Haus- und Gruppenarbeiten gesetzt.

Mit Krawatte im Hörsaal. Die Polinnen und

­ olen erlebte Martina Furtlehner als eher zu­ P rückhaltendes, aber sehr zuvorkommendes und höfliches Volk: Der Dame die Tür aufzuhalten gehört für die polnischen Männer zum guten Ton, lautstarkes Telefonieren oder Musikhören in öffentlichen Verkehrsmitteln sind tabu. Mit Turnschuhen und Jeans zur Uni? Nicht so in Kra­ kau! „Junge Polinnen und Polen achten sehr auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Studentinnen in Kostüm und hohen Schuhen oder Männer im ­Anzug waren an der Uni nicht ungewöhnlich.

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Da sind wir Erasmus-Studierenden mit unseren eher legeren Outfits doch etwas hervorgesto­ chen“, lacht Furtlehner.

Von Mönchen und Milchbars. Ihre Freizeit ver­ brachte die FH-Studentin häufig mit Freundin­ nen und Freunden beim gemeinsamen Essen. Denn anders als in Österreich gibt es in Krakau zahlreiche preiswerte Selbstbedienungslokale, sogenannte „Milchbars“, in denen es sich für we­ nige Euro gut speisen lässt. Die unterrichtsfreien Tage nutzte die Oberösterreicherin häufig auch für Ausflüge in andere Städte und Regionen Po­ lens. Dabei fiel ihr immer wieder der hohe Stel­ lenwert von Religion auf: „Junge Mönche und Nonnen gehören quasi zum normalen Straßen­ bild und sind in Polen nicht ungewöhnlich. In Krakau steht gefühlt alle zehn Meter eine Kirche, außerdem gibt es in der ganzen Stadt Statuen von Heiligen, zu denen die Polinnen und Polen täg­ lich frische Blumen und Kerzen bringen. Religi­ on ist hier allgegenwärtig.“ Neben vielen tollen Eindrücken nimmt Martina Furtlehner vor allem auch zahlreiche wertvolle Erfahrungen mit aus Krakau. „Die Gruppenar­ beiten mit Studierenden verschiedenster Natio­ nen waren eine wertvolle Erfahrung für mich. Außerdem kann ich ein für alle Mal das Vorurteil widerlegen, dass in Polen viel gestohlen wird.“


S T .

P Ö L T E N

U N D

D I E

W E L T

„Das Modell St. Pölten ist für uns Vorbild“

Eisenbahn-Expertinnen und -Experten aus Südafrika besuchten europäische Ausbildungsstätten – und waren vom praxisbezogenen Studium an der FH St. Pölten besonders beeindruckt.

„New Skills for New Jobs in South Africa“ – so lau­ tet der Name des EU-finanzierten Projekts, im Rahmen dessen eine sechsköpfige Delegation der südafrikanischen Eisenbahngesellschaft PRASA sowie des dortigen Bildungsministeriums im Jahr 2015 verschiedene europäische Ausbildungs­ stätten unter die Lupe nahm. Darunter auch das Department Bahntechnologie und Mobilität an der Fachhochschule St. Pölten. Ziel der Studien­ reise war es, einen Einblick in die modernen Aus­ bildungsmethoden in Europa zu bekommen und diese für die Weiterentwicklung der südafrikani­ schen Eisenbahnausbildung zu nutzen.

Praxisbezug begeistert. Für Noer Rylands, Leiter des Technologie-Departments bei PRASA, war die FH St. Pölten die prägendste Station während der gesamten Studienreise: „Wir wurden sehr herz­ lich in St. Pölten empfangen und bekamen einen ausgezeichneten Einblick sowohl in die wissen­ schaftliche als auch in die praktische Ausbildung im Department Bahntechnologie und Mobilität. Die Studierenden erhalten hier eine ganzheitliche Eisenbahnausbildung, die sie ideal auf das Be­ rufsleben vorbereitet.“ Das Team des Departments unter der Leitung von Otfried Knoll führte die süd­ afrikanischen Kolleginnen und Kollegen in die Ausbildungsinhalte der FH St. Pölten ein und lie­ ferte auch einen Überblick über aktuelle For­ schungsprojekte am Carl Ritter von Ghega Institut für integrierte Mobilitätsforschung. Einen Eindruck von der Hands-on-orientierten Ausbildung konnte sich die Delegation bei einem Besuch im ÖBB-Bildungszentrum in Wörth ma­ chen, wo im Rahmen des Studiums ein Großteil

der betrieblichen Ausbildung erfolgt. Noer Rylands zeigte sich von der gelungenen Verknüpfung zwi­ schen Theorie und Praxis besonders begeistert: „Die zahlreichen Kooperationen mit der Bahn­ industrie, der Privatwirtschaft sowie der Wissen­ schaft scheinen sehr gut zu funktionieren. Ich wünschte, wir könnten das St. Pöltner Modell auch in Südafrika umsetzen.“

M. Noer Rylands

Pr. Eng BSc (Elec. Eng) (UCT) MEng (UP) MSAIEE ist seit 20 Jahren in der Bahnindustrie tätig. Er ist Leiter des TechnologieDepartments bei der südafrikanischen Eisenbahngesellschaft PRASA und in dieser Funktion unter anderem für die Bereiche Forschung und Entwicklung, Produktionstechnik und Human Capital Development verantwortlich. Bahnausbildung in Südafrika vs. St. Pölten „Die Eisenbahnausbildung in Südafrika ist noch nicht so weit entwickelt wie jene in Europa. Der Großteil des eisenbahnspezifischen Trainings findet bei uns ‚inhouse‘ in den Unternehmen statt. Es gibt derzeit keine formale akademische Ausbildung, so wie sie etwa hier an der FH St. Pölten zu finden ist. Daher mangelt es bei uns auch an gleichwertig qualifiziertem Personal.“ „Brauchen spezifische Eisenbahn-Departments“ „Das St. Pöltner Modell gilt für uns in vielerlei Hinsicht als Vorbild. Wir brauchen künftig spezifische Eisenbahn-Departments an unseren Colleges und Univer­ sitäten, um eine international anerkannte Ausbildung auf Hochschulniveau sicherzustellen. Auch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und der Bahnindustrie muss aufgebaut bzw. gestärkt werden.“

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B L I T Z L I C H T

#icmbeyond16

Den Hörsaal umgedreht

chat.day

Digitaler Tag der offenen Tür Mit dem neuen Format des chat.day ermöglichte die FH St. Pölten Interessierten erstmals, sich an zwei Nachmittagen per Livestream online über das aktuelle Angebot zu informieren und via SMS, WhatsApp, Facebook oder Mail Fragen zu stellen. Zehn Stunden Live-Übertragung aus dem Studio, spannende Gespräche mit Studien- und Lehr­ gangsleiterinnen und -leitern und rund 100 beant­ wortete Fragen waren die positive Bilanz.

Ende Februar fand die internationale Konferenz „Inverted Classroom & beyond“ erstmals in Öster­ reich statt. Sie widmete sich neuen Unterrichts­ methoden wie dem Inverted Classroom Model (ICM). 150 Expertinnen und Experten nahmen teil. Organi­ siert haben die Tagung das Service- und Kompetenz­ zentrum für Innovatives Lehren und ­Lernen (SKILL) der FH St. Pölten, die Pädagogische Hochschule Niederösterreich und die Universität Marburg. skill.fhstp.ac.at

Bahntechnologie und Mobilität

Hoher Besuch Gerald Klug, Bundesminister für Verkehr, Innovation und Techno­ logie, besuchte im März die FH St. Pölten und informierte sich über die akademische Eisenbahnausbildung im Department Bahntechnologie und Mobilität.

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B L I T Z L I C H T

Lange Nacht der Forschung 2016

Forschung auf Tuchfühlung Virtuell durch Wien fliegen, mit dem Smartphone neue Perspek­ tiven entdecken, eine eigene Radio-Show moderieren oder dampfende Cocktails mixen: Das waren nur einige der Dinge, die BesucherInnen während der Langen Nacht der Forschung Ende April an der FH St. Pölten und einem Standort am Helden­ platz in Wien ausprobieren konnten. www.langenachtderforschung.at

Symposium Medienethik

Projektevernissage

Disruptiv, aber ethisch

100 neue Ideen

Im Februar fand das erste Symposium Medien­ ethik an der FH St. Pölten statt, organisiert vom Department Medien & Wirtschaft und dem IMEC (Interdisciplinary Media Ethics Center der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ÖAW). Thema waren ethische Fragen in Zeiten disruptiver Medienentwicklungen.

Knapp 100 neue Ideen stellten Studierende bei der elften Projekte­ vernissage an der FH St. Pölten im Jänner 2016 vor. Bei der jährlich stattfindenden Veranstaltung präsentieren Studierende ihre Projektarbeiten anderen Studierenden, Lehrenden sowie Interessierten und externen Projektpartnerinnen und -partnern. Eine Jury kürt zum Abschluss mit Unterstützung eines Publikumsvotings die herausragendsten Arbeiten. projektevernissage.fhstp.ac.at

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E M P F E H L E N S W E R T

Spezialgebiete der Public Relations – Teil II Helmut Kammerzelt, Bernhard Krumpel (Hrsg.) Nomois, 2015 171 Seiten, € 29,00 ISBN 978-3-8487-1944-0

Sumo | 1

Quelle: Frederic Zimmel

Public Relations beeinflussen unsere Meinung über Unternehmen, Personen und Institutionen. Sie sind allgegenwärtig und haben eine Vielzahl von Teildisziplinen. Der zweite Teil von „Spezial­ gebiete der Public Relations“ beschäftigt sich mit Dirty Campaigning, interner Kommunikation, Corporate Publishing, Public Affairs, PR in Krisen­ gebieten und PR-Erfolgskontrolle. Zu jedem Kapitel wurden Expertinnen und Experten interviewt, um eine Brücke von der Theorie zur Praxis zu bauen. Verfasst wurden die einzelnen Kapitel von Studierenden des Studiengangs Media- und Kommunikationsberatung.

sein vielfältiges Engagement nach wie vor prägen. Die Festschrift gliedert sich in sechs Abschnitte, die sich in Anlehnung an Schmids Herangehens­ weise mit der Welt, dem Politisieren sowie dem Lehren und Studieren beschäftigen: Armut, Partizipation/Inklusion, Persönliches, Psychiatrie/ Behinderung, Sozialpolitik und soziale Berufstätig­ keit. Bestellmöglichkeit: inclusion@fhstp.ac.at (Versandkosten € 1,50).

Jenisch in Loosdorf. Bachelorarbeiten aus der FH St. Pölten. Bildungs- und Heimatwerk NÖ (Hrsg.) Eigenverlag, 2015 180 Seiten, € 15,00

Das neu gestaltete Studierendenmagazin SUMO ist seit Kurzem verpflichtender Bestandteil des Bachelorstudiums Medienmanagement und widmet sich aktuellen Themen der Medienbranche. Unter fachlicher Leitung von FH-Dozent Roland Steiner und in von Praktikerinnen und Praktikern angeleite­ ten Workshops übernehmen die Studierenden sämtliche Schritte in der Entstehung eines Medien­ produkts und lernen alle Funktionen innerhalb eines Medienbetriebs kennen. Die im März im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Heftrahmenthema „Big Data aus Medienperspektive“ vorgestellte Aus­ gabe 26 ist die erste mit reinem Medien-Fokus – als studentisches Medien-Fachmagazin mit den Ziel­ gruppen MedienmanagerInnen, Medien-Studierende und -Lehrende sowie LehrerInnen und SchülerInnen von Schulen mit Medien-Schwerpunkt.

Die Jenischen sind ein fahrendes Volk, das in vielen Gemeinden Mitteleuropas beheimatet war. Die jenische Sprache und Kultur ist nur noch teilweise erhalten. Ein Team von Studierenden des Bachelor­ studiums Soziale Arbeit erforschte unter der Leitung von Manuela Brandstetter und Kathrin Gric die Besonderheiten der jenischen Kultur in Loosdorf: Wie verlief die neuere Geschichte der Jenischen in Loosdorf? Was ist von ihnen geblieben? Wie werden Reste der jenischen Sprache verwendet? Wie ist das Selbstverständnis der Jenischen in Loosdorf heute? Sozialpolitische Interventionen – Eine Festschrift für Tom Schmid Peter Pantuček-Eisenbacher, Monika Vyslouzil, Johannes Pflegerl (Hrsg.) Eigenverlag, 2015 271 Seiten, € 20,00 Die Festschrift für FH-Dozent Tom Schmid anläss­ lich seines 60. Geburtstags beinhaltet kollegiale Beiträge von Weggefährtinnen und -gefährten zu ausgewählten Themenbereichen, mit denen Schmid sich jahrzehntelang auseinandergesetzt hat und die

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SUMO Fachmagazin des Bachelorstudiums Medien­ management der FH St. Pölten

IMPRESSUM Herausgeberin: Fachhochschule St. Pölten GmbH, Matthias Corvinus-Straße 15, 3100 St. Pölten Chefredaktion: Mag. Daniela Kaser, MAS Redaktion: Mag. Mark Hammer, Mag. Eva Marchhart, Bakk. Mit Beiträgen von: Florian Sedmak Fotos und Illustrationen: Elisabeth Ockermüller/Egger&Lerch (S. 1, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 22, 24), Katarina Balgavy (S. 2, 4, 31), Foto Kraus (S. 2, 5, 12, 17, 23), Emil Bauer (s. 5), Martin Lifka Photography (S. 7), FH St. Pölten/Silvia Urban (S. 9), bröselei (S. 11), FH St. Pölten/Maximilian Döringer (S. 12), Marlena König (S. 12), FH St. Pölten (S. 12, 23), Tom Wagner (S. 17), Paul Pölleritzer (S. 19), arbeit plus/Pletterbauer (S. 19), Stefan Bernhard (S. 19), Harsieber (S. 20), Kai Wichmann/Impact Hub Vienna (S. 22), Rita Newman (S. 23), Siemens AG (S. 25), Anna Lena Brender (S. 26), Martina Furtlehner (S. 26), privat (S. 27), Eva Marchhart (S. 28), Raphaela Raggam (S. 28, 29), Mario Ingerle (S. 28, 29), Jakob Gramm (S. 29) Grafik und Produktion: Egger & Lerch Ges.m.b.H., 1030 Wien Druck: Ueberreuter Print GmbH, 2100 Korneuburg


AUCH DA STECKT DRIN

Steuersysteme von Verkehrs­ ampeln können – zumindest theoretisch – von Hackerinnen und Hackern beeinflusst werden: Ein „Grün“ auf allen Seiten könnte Unfälle verursachen. Studierende des Departments Informatik & Security und MitarbeiterInnen des Instituts für IT-Sicherheitsforschung zeigen im Projekt „Industrial Security Demonstrator“, welche Auswirkungen Sicherheitsschwachstellen im industriellen Umfeld schlimmstenfalls haben können.   31


„Ziel ist es, einen lebendigen Campus zu schaffen mit a u s ­r e i c h e n d R a u m z u m A r b e i t e n u n d Lernen, zum Austausch u n t e r e i n a n d e r, a b e r a u c h z u m E n t s p a n n e n , A u s r u h e n u n d L e b e n . “    Seite 6 „Die immer größer werdende Politikverdrossenheit hat dazu geführt, dass das Thema Partizipation stärker wahrgenommen wird und eine höhere Aufmerksamkeit und R e l e v a n z e r f ä h r t . “    Seite 20 „Ein kabelloses Headset misst Art und Intensität der Emotionen beim Betrachten des Kurzfilms und wandelt Gedanken und Gefühlszustände in e l e k t r i s c h e S i g n a l e u m . “    Seite 24 „ M i t Tu r n s c h u h e n u n d J e a n s z u r U n i ? Nicht so in Krakau! Junge Polinnen und Polen achten sehr auf i h r ä u ß e r e s E r s c h e i n u n g s b i l d . “    Seite 26

www.fhstp.ac.at


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