ausgabe 4 | jänner 2017
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ein fachmagazin des studiengangs media-und kommunikationsberatung der fh st. pölten
INTERNATIONALE PR medien & wirtschaft
Media- und Kommunikationsberatung Eventmanagement
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Werbung Public Relations Direkt Marketing Marketing
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medien & wirtschaft
Editorial
© Claudia Mann
Liebe Leserin, lieber Leser!
FH-Prof. Mag. Roland Steiner, Bakk. (l) FH-Dozent Department Medien und Wirtschaft Medien
FH-Prof. Mag. Helmut Kammerzelt, MAS (r) Studiengangsleiter Media- und Kommunikationsberatung (Bachelor/Master)
Inhalt >> Editorial 01 Public Relations der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl 03 Ökonomisierung und Glaubwürdigkeit internationaler NGOs 05 Krise und Diplomatie – Öffentlichkeitsarbeit bei Waldheim und Klestil 07 Shitstorms, Zensur, Ausnahmezustände – ein Einblick in internationale Film-PR 09 Internationale Positionierung des österreichischen Frauenfußball-Nationalteams Herausforderungen für Behörden-PR in der 11 Flüchtlingspolitik 13 Unternehmenskommunikation zwischen Wiener Schmäh und Fachchinesisch 15 PR-Beratung von Agenturen bei Mergers & Acquisitions 17 Cloud-Computing: Andere Länder, andere Sitten? 19 „Die Welt in absoluten Gleichklang zu bringen, ist ein äußerst ambitioniertes Projekt“ 21 Beschwerdemanagement als Säule der internationalen Kommunikationsarbeit in der Hotellerie
Globalisierung: Kaum ein Schlagwort wurde in den letzten zwei Jahrzehnten häufiger als Knüppel in der politischen, medial-diskursiven Auseinandersetzung verwendet. Betrachtet man das Phänomen seriös, vermengt es überschneidende wie mutmaßlich konträre Tendenzen: die schnellere Zunahme des Welthandelsvolumens gegenüber dem globalen Bruttoinlandsprodukt, die intensivere Vernetzung von Volkswirtschaften, eine globale Mediengesellschaft qua medialem Content und Kommunikation darüber, intensive Migrationsbewegungen, auch Massentourismus. Jede nationale Institution wie Parteien bzw. Regierungen, supranationale Vereinigungen wie die EU, viele NGOs, insbesondere Unternehmen mussten und müssen hierzu Position beziehen: ob das Vorantreiben des TTIP- oder die allfällige Rückwicklung des NAFTA-Abkommens (nach Trump), neokoloniales Wirtschaften seitens China et al., die Er- oder Wiederöffnung bzw. „Schließung“ neuer Märkte betreffend (Iran, Russland u.a.). Auch traten neue Phänomene auf, etwa der Entgrenzung von Gemeinschaften und Unternehmen, andererseits der Glokalisierung (z.B. Nachbildung von Hallstatt in China) bzw. translokaler Adaptierungen (z.B. Hallen-Schifahren in Dubai), oder der Entortung (Shoppingmalls außerhalb von Wohngebieten). Wie aber bezieht „man“ Position, wie kommuniziert man inter- versus nationale, gar regionale Anliegen, Kooperationen und Gegenpositionen, interkulturelle Adaptionen? Studierende des Master Studiengangs Media- und Kommunikationsberatung haben sich dieser Fragen zum Rahmenthema „Internationale PR“ angenommen. Sie recherchierten und interviewten – im Rahmen einer Lehrveranstaltung unter der Leitung von Daniela Zeller – ExpertInnen u.a. zu folgenden Aspekten:: Wie lief die Blog-Kommunikation über die US-Präsidentschaftswahl, welche transatlantischen Barrieren musste der Sprecher von Bundespräsident Waldheim überwinden, wie erfolgt Beschwerdemanagement eines internationalen Hotelkonzerns, welche PR-Probleme sind bei der internationalen Positionierung des Frauen-Nationalfußballteams zu überwinden, wie kommunizieren lokale Polizeibehörden mit CNN, worin unterscheidet sich internationale Film-Öffentlichkeitsarbeit? Dies und vieles mehr lesen Sie hier in dieser Ausgabe, die wie stets fruchtbar in Kooperation mit Studierenden des von Teresa Sposato geleiteten Seminars „Gestalten für Printmedien“ (Master Studiengang Digitale Medientechnologien) entstand. In diesem vernetzten Sinne allen Beteiligten dankend, wünsche ich Ihnen eine interessante, aktivierende Lektüre und freue mich auf Ihr Feedback, Ihr
23 Internationale Destination-PR am Beispiel Wien 25 70 Länder, ein Konzern: Regionales Issues Management >> Impressum
Roland Steiner, Chefredakteur roland.steiner@fhstp.ac.at
Public Relations der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl Davina Brunnbauer
Politikberater Stefan A. Sengl bespricht anlässlich der US-Wahl über amerikanische Wahlkampagnen, die Unterschiede zur politischen Kommunikation in Österreich und welche österreichischen Eigenheiten sich beharrlich halten.
© Claudia Mann
Davina Brunnbauer: Bereits 2011 haben Sie den Blog „USA2012.at“ zur regelmäßigen Analyse des damaligen US-Präsidentschaftswahlkampfes gegründet und diesen nun als „USA2016.at“ weitergeführt. Wie kam es zu dem Projekt?
Stefan A. Sengl: 2011 haben Yussi Pick, Josef Barth und ich festgestellt, dass es bei der Berichterstattung über den US-Wahlkampf eine Lücke gibt, weil es in die hiesigen Medien nur die Highlights schaffen. Wir haben daher einen Blog gestaltet, den wir – an die Öffentlichkeit hierzulande gerichtet – auch selbst gerne gelesen hätten. Das ist sehr gut angenommen worden, weshalb wir ihn 2016 wiederholt haben. Brunnbauer: Was machte den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 so besonders?
Sengl: Es gibt einige Besonderheiten, die diesen Wahlkampf vom vorigen unterscheiden. Es macht einen Unterschied, ob beide KandidatInnen „neu“ sind, also ob eine Wiederwahlkampagne mit einem Amtsinhaber geführt wird oder ob die Karten neu verteilt werden. Dieses Mal gab es mit Donald Trump einen Kandidaten, der so doch eine Überraschung war und mit sehr vielen Konventionen und Grundregeln der bisherigen Kampagnenarbeit gebrochen hat. Das ist auch aus der Kommunikationsperspektive betrachtet interessant: Was ist davon erfolgreich und was stellt sich als nicht Erfolg versprechend heraus? Brunnbauer: Was sind die größten Unterschiede zwischen den USA und Österreich in der politischen Kommunikation?
Sengl: Das beginnt mit den unterschiedlichen politischen Strukturen. Ein/e Präsidentschaftskandidat/in muss in der Lage sein, eine entsprechende Wahlplattform aufzubauen, die fähig ist, Spendengelder zu lukrieren und eine Kampagnenorganisation zu generieren, die in weiterer Folge für Öffentlichkeit und Präsenz sorgt. Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass die Finanzierung von Kampagnen zum überwiegenden Teil über Spenden erfolgt. Das heißt, man muss in der Kampagne das 01
Fundraising kommunikativ sehr stark mitberücksichtigen, insbesondere um das „Schwungrad“ ins Laufen zu bringen. Es gibt in den USA keine Wahlgeschenke: Wenn ein/e Wähler/in ein T-Shirt oder einen Button tragen möchte, dann kauft er oder sie das als Unterstützung der Kampagne. In Österreich funktioniert dies andersherum. Ein weiterer Unterschied resultiert aus der Staatengröße: Die Kampagnenarbeit gestaltet sich in einem Land mit mehr als 200 Millionen Wahlberechtigten und aufgrund der Flächenerstreckung ganz anders. Da ist die Bedeutung der elektronischen Medien, insbesondere das Internet mit den sozialen Medien von einer erheblich größeren Relevanz. Es ist kein Zufall, dass die diesbezüglichen Trends, die wir nun hier erleben, aus den USA kommen. Ein weiterer zentraler Unterschied ist das Vorwahl-System, auch taktisch und strategisch gesehen, sowie die Dauer der Kampagnen. Und es gibt noch andere Besonderheiten, wie zum Beispiel das Datenschutzrecht und den Umgang mit der systematischen Erfassung, Auswertung und Analyse von WählerInnendaten. Das gibt es in dieser Form in Österreich nicht. Brunnbauer: Können Sie eine „Amerikanisierung“ in der politischen PR in Österreich feststellen?
Sengl: In bestimmten Aspekten. Man sieht das immer wieder, auch bis hin zu einzelnen Kampagnenideen. Die FPÖ hat sich schon in den Jahren Jörg Haiders hemmungslos von US-Kampagnen „inspirieren“ lassen. Sie haben beispielsweise Aktionen wie den „Vertrag mit Österreich“ – das hieß bei den Republikanern „Contract with America“ – oder auch Slogans wie „Österreich zuerst“ aus den USA übernommen. Die mediale Inszenierung, die auch bei uns an Bedeutung gewonnen hat, wird in den USA schon sehr viel länger kultiviert. Da gibt es sehr viel Know-how in Hinsicht auf bildstarke Inszenierungen, welches man in der einen und anderen Form auch bei uns übernimmt: Luft-
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Stefan A. Sengl ist Partner und Geschäftsführer der Wiener PR-Agentur „The Skills Group“, Blogger und Buchautor. Der Politik-Berater hat bereits zahlreiche politische Kampagnen geführt, darunter war er Leiter der Wiederwahlkampagne von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer und schon in dessen erster Wahlkampagne aktiv.
ballon- und Konfettiregen beispielsweise gehören zu den Abschlussinszenierungen von Wahlkämpfen nunmehr beinahe dazu.
famierungs- und Diskreditierungsversuche, kurz: übler Nachrede im weitesten Sinne einzuordnen sind. Das gibt es in den USA natürlich auch, ich bin mir aber gar nicht sicher, ob das in Österreich übertragen auf die Bevölkerung anteilig nicht fast noch stärker ausgeprägt ist. Es gibt aber immer noch eine Reihe von Unterschieden, Vielleicht nicht als zielgerichtete Kampagnenarbeit, aber die sich ganz hartnäckig halten. Aus irgendeinem Grund im Sinne der starken Verbreitung von Gerüchten, die setzt sich der Teleprompter (Anm.: technische Souffleunie öffentlich überprüft werden können, die jede/r aber se am TV-Kameramonitor) in Österreich nicht durch, schon einmal gehört hat. Ich obwohl das für die Qualität der „Während in den USA habe den Eindruck, das wird geRhetorik und der Reden an sich vorteilhaft und in den USA seit TV- und Online-Werbung die großen rade auch in den sozialen NetzJahrzehnten ein bewährtes Ins- Themen sind, bekommt ein Wahlkampf werken sehr intensiv und gezielt eingesetzt und ist nicht nur die trument ist. Wir haben auch bei uns erst durch Plakate seinen spontane Volksmeinung, wie nicht dieselbe Kultur des SpenBühnenhintergrund. “ sie am Stammtisch die Runde dens für politische Kampagnen, macht. Das ist aber ein schwer wiewohl sich das mittlerweile zu fassbarer Bereich, weil sich alles in einem nicht deklaändern beginnt. Eine österreichische Eigenheit ist die rierten und nicht öffentlich sichtbaren Feld abspielt. Relevanz des Plakates. In den USA spielt dieser Botschaftsträger alleine schon aufgrund der Fläche und der damit verbundenen Kosten eine ziemlich untergeordnete Brunnbauer: Man sagt Bundeskanzler Christian Kern einen neuen politischen Stil nach. Würden Sie seine Rolle. Während in den USA TV- und Online-Werbung Kommunikation als „amerikanisiert“ bezeichnen? die großen Themen sind, bekommt ein Wahlkampf bei uns erst durch Plakate seinen Bühnenhintergrund. Sengl: Ich denke, dass er in erster Linie modern und zeitgemäß kommuniziert. Bei gewissen Versatzstücken Brunnbauer: In den USA sind Negative und Dirty Camkönnte man sagen, das wird in den USA auch so praktipaigning sehr verbreitet. Wird auch in Österreich verziert, andere sind meiner Einschätzung nach zutiefst eumehrt auf diese Mittel gesetzt? ropäisch, auch von der Positionierung her. Es ist in erster Sengl: Negative Campaigning im Sinne von negativer, Linie ein Modernisierungsschub in dieser Funktion. Er aber faktenbasierender Werbung ist tatsächlich ein Segist der erste Bundeskanzler, der bei seinen Auftritten, in ment, das in den USA sehr systematisch betrieben wird seinen Interviews und in den sozialen Medien diesen und das bei uns zwar auch immer wieder in Ansätzen zu Spagat zwischen der Würde der Funktion und der Nahsehen ist, für das es in Wahlkämpfen hier aber weniger barkeit und direkter Ansprache zeitgemäß bewältigt. Er Akzeptanz gibt. Allerdings glaube ich, dass es anteilig verwendet sehr gezielt die neuen Medien, aber auch seimehr werden wird, weil in einer Phase, in der die Glaubne Sprache und versucht damit Distanz zu überwinden. würdigkeit der Politik sehr niedrig ist, Negativwerbung Diesbezüglich war in Österreich sicher ein Aufholbedarf eine höhere Wirkung erzielt. gegeben und ein Potenzial, das er jetzt systematisch hebt. Dirty Campaigning auf der anderen Seite ist nicht faktenbasiert, sondern die Verbreitung von Gerüchten mit unklarer Absenderschaft. Das sind böse Behauptungen und Unterstellungen, die in die Kategorie gezielter Dif02
Ökonomisierung und Glaubwürdigkeit internationaler NGOs
Teresa Egle
Gabriele Faber-Wiener, Vorsitzende des PR-Ethik-Rates und Geschäftsführerin des „Center for Responsible Management“, diskutiert mit „PRaktivium“ Selbstkritik, Verantwortung und ethische Dilemmata von international tätigen NGOs.
© Claudia Mann
Teresa Egle: Sie blicken auf eine langjährige PR-Karriere im NGO-Bereich zurück. Wodurch unterscheidet sich internationale PR von NGOs von Öffentlichkeitsarbeit bei Unternehmen?
Gabriele Faber-Wiener: Normativ gesehen sollte PR für ein Unternehmen genauso funktionieren wie für eine NGO. Im Alltag gibt es aber große Unterschiede. Das ergibt sich einerseits aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung, andererseits dadurch, wie man von Medien wahrgenommen wird. Hinzu kommt die zentralere Rolle der Kommunikation, denn viele Organisationen haben den Auftrag, gesellschaftspolitisch etwas zu verändern: „Ärzte ohne Grenzen“ leistet z.B. medizinische Hilfe in Krisensituationen, gleichzeitig sieht sich die NGO als Sprachrohr für seine Patienten und will deren Rahmenbedingungen verändern. Das geht nur durch Kommunikation, und damit ist Kommunikation oft der eigentliche Organisationszweck einer NGO. Der Stellenwert der PR geht somit weit über jenem bei Unternehmen hinaus, denn dort ist Kommunikation letztlich fast immer eine vertriebsunterstützende Maßnahme. Egle: Inwiefern unterscheidet sich die Kommunikation mit den unterschiedlichen Stakeholdern?
Faber-Wiener: Die Kommunikation von NGOs wird oft nicht als PR wahrgenommen. Wenn PR-Verantwortliche von NGOs bei Medien anrufen, werden sie als willkommene Dialogpartner gesehen, die exklusive Informationen liefern. Im Vergleich dazu ist man als Unternehmen bei Medien oft weniger beliebt. Als NGO kann man viel leichter auf Augenhöhe mit Journalisten agieren, da man nicht in die Ecke gedrängt wird, etwas verkaufen zu wollen. In Wirklichkeit macht man als NGO oft Sachpolitik. Zudem entscheiden Presseverantwortliche in NGOs oft selbst, welche Themen kommuniziert werden, und sind nicht an lange Freigabeprozesse eines Unternehmens gebunden. Egle: Als internationale NGO muss man sich dennoch länderübergreifend abstimmen. Wie funktioniert diese Zusammenarbeit?
Faber-Wiener: Natürlich gibt es Abstimmungen, aber 03
die Freiräume sind insgesamt viel größer als in Unternehmen. Man bekommt grobe Linien vorgegeben und je nach Situation kann es Anweisungen geben, über ein bestimmtes Thema nicht zu sprechen, um die Organisation nicht zu gefährden. Diese Entscheidungen werden meist im Diskurs gelöst. Bei Unternehmen ist oft nicht genug Zeit, etwas auszudiskutieren, auch deshalb, weil Diskurs als ineffizient angesehen wird. Unternehmen denken in Effizienz, NGOs hingegen in Effektivität, also in Wirkung – und das ist natürlich zeitintensiv. Bei „Ärzte ohne Grenzen“ wurde z.B. jahrelang international diskutiert, wie man die Malariabehandlung verbessern kann: Wenn man das in Stunden misst, könnte man es als ineffizient bezeichnen. Das Ergebnis aber war bahnbrechend und konnte nur dadurch entstehen, dass dieser intensive Diskurs stattfand. Nur so kann eine NGO ihre Rolle als Korrektiv in der Gesellschaft wahrnehmen. Egle: Sie beschreiben NGOs als ein zivilgesellschaftliches Korrektiv. Sehen Sie darin auch deren Existenzberechtigung?
Faber-Wiener: In einer Gesellschaft gibt es drei wichtige Akteure: Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, und die Medien als vierte Macht. NGOs vertreten in diesem Dreieck die organisierte Zivilgesellschaft. Eine demokratisch basierte Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn die drei Akteure in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen und die Zivilgesellschaft ihre Rolle als Korrektiv zu den anderen auch wahrnehmen kann. Das ist nicht überall der Fall und auch nicht immer leicht. Egle: Verändert sich der Stellenwert von NGOs?
Faber-Wiener: Es gibt immer mehr Kooperationen von NGOs mit Politik und Wirtschaft. Von den drei großen Playern im österreichischen Lebensmittelhandel hat jeder einzelne eine Kooperation mit einer Umwelt-NGO. Natürlich entstehen dabei schöne Projekte, aber es kann gleichzeitig die Watchdog-Funktion der NGOs schwächen. Egle: Sehen Sie eine Entwicklung zu einer stärkeren finanziellen Abhängigkeit von Unternehmen im Vergleich zu Privatspendern?
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Gabriele Faber-Wiener verfügt über langjährige PR- und Management-Erfahrung bei NGOs, in der Wirtschaft und der Beratung. So war sie u.a. bei Greenpeace und hat als Communications Director „Ärzte ohne Grenzen“ in Österreich mit aufgebaut. Als Partnerin und Gründerin des „Center for Responsible Management“ und Vorsitzende des österreichischen PR-Ethik-Rats beschäftigt sie sich mit Themen der Business Ethics, CSR und Responsible Communication.
Faber-Wiener: Nicht generell, aber punktuell sehe ich Egle: Sehen Sie Unterschiede, wie international mit Verantwortung im Netz umgegangen wird? schon bedenkliche Entwicklungen. Wir befinden uns in einer Ökonomisierung der Gesellschaft, und diese ÖkoFaber-Wiener: Gerade zwischen angloamerikanischem und nomisierung kann man auch bei NGOs beobachten. Das westeuropäischem Raum gibt es große kulturelle UnterThema Fundraising gewinnt zusehends an Bedeutung: schiede. In den USA wird vieles toleriert, das bei uns nicht Wenn ich an Hochschulen untermöglich wäre. Generell gelten auch richte und frage, wozu NGOs da für Social Media journalistische Kri„Unternehmen denken in Effizienz, sind, antworteten die Studierenterien. Gerade in diesem Bereich NGOs hingegen in Effektivität, also den früher oft „die Welt veränsind aber oft noch wenige Gesetzesin Wirkung – und das ist dern“. Heute wird meist „Spenvorgaben vorhanden. Dadurch sind den sammeln“ als erstes genannt. eigene Prinzipien umso wichtiger. natürlich zeitintensiv.“ Das ist jedoch nicht der Zweck Hier offen zu sein, auch durchaus einer NGO, sondern nur das Mittel zum Zweck. Legitimal Selbstkritik zu üben und beim Fundraising auf gewisse mierung bekommt eine NGO nicht durch Fundraising, Dinge zu verzichten, verstärkt letztlich auch die Glaubwürsondern ausschließlich durch Werte und Mission. digkeit. Egle: Zur täglichen Arbeit von NGOs gehört oft auch Aktivismus. Inwieweit befinden sich NGOs dabei in einem Konflikt zwischen Wahrheit und Inszenierung?
Egle: Wie funktioniert glaubwürdige Krisenkommunikation bei NGOs?
Egle: Wie geht man als NGO generell mit Bildethik um?
Egle: Wie wird sich die internationale PR von NGOs entwickeln?
Faber-Wiener: Ein gewisses Maß an Aktivismus kann helfen, mediale Aufmerksamkeit auf eine Problematik zu lenken. Aber man muss sich als NGO dabei auch die unangenehmen Fragen stellen, selbstkritisch sein und reflektieren. Dieser Diskurs ist unvermeidbar, damit ethische Konflikte nicht in den Hintergrund treten. Dabei muss man sehr sensibel sein, auch was zum Beispiel Klischees betrifft. Bilder von Hungerbäuchen oder großen Kulleraugen auf Spendenbriefen und in Publikationen zum Beispiel muss man sich sehr genau überlegen. Faber-Wiener: Aus juristischer Perspektive gibt es das Medien- und Urheberrecht, diese stellen aber immer nur das ethische Minimum dar. Darüber hinaus gibt es einen großen Graubereich, für den jede NGO Guidelines definieren muss. Diese regeln etwa den Umgang mit Fotografen, aber auch die Frage, was genau unter Bildnisschutz fällt und wo da die Grenzen sind. Gerade beim Fundraising bewegt man sich auf einem schmalen Grat, da man ja auch Bilder zum Aufrütteln braucht.
Faber-Wiener: Das ist ein klassisches Dilemma zwischen den zwei Funktionen von PR-Verantwortlichen. Einerseits sind sie Sprachrohr nach innen und außen, gleichzeitig fungieren sie als internes Korrektiv, das die Außenwelt und ihre Ansprüche in die Organisation reinbringt. Dabei stellt sich die Frage, ob die Informationspflicht der Bevölkerung oder der Schutz der eigenen Organisation vorgeht. Dieser Konflikt ist sogar in den Ethikkodizes verankert und lässt sich nur durch Diskurs lösen. Dafür benötigt eine Organisation interne Prozesse, eine offene Geschäftsführung und starke Persönlichkeiten.
Faber-Wiener: Die sozialen Medien erhöhen das Tempo der Kommunikation enorm. Gleichzeitig haben NGOs in der digitalen Welt den Vorteil, dass sie über sehr viel relevanten Content und eine hohe Glaubwürdigkeit verfügen. Als eine der größten Herausforderungen für eine NGO sehe ich aber, sich immer wieder die Frage nach der eigenen Legitimation zu stellen. In der Gesellschaft nimmt die Wichtigkeit der Rolle von NGOs zu, auch ihre Watchdog-Funktion wird im globalen Umfeld von einigen wenigen, sehr mächtigen Unternehmen immer relevanter. 04
Krise und Diplomatie – Öffentlichkeitsarbeit bei Waldheim und Klestil Mathias Hadwiger
Heinz Nußbaumers Jahre als Sprecher zweier Bundespräsidenten waren von politischen Krisen geprägt. Im Interview gibt er tiefe persönliche Einblicke in die Herausforderungen, die das höchste Amt im Staat für die Kommunikationsarbeit mit sich bringt.
© Claudia Mann
Mathias Hadwiger: Als außenpolitischer Journalist des „Kurier“ haben Sie die ganze Welt bereist und zahlreiche große Persönlichkeiten kennengelernt. Was hat Sie veranlasst, Pressesprecher von Kurt Waldheim zu werden?
Hadwiger: Waldheim gilt als umstrittener Präsident. Welche Möglichkeiten hatten Sie bei Ihrer Arbeit als sein Pressesprecher?
Nußbaumer: Als ich 1989 zu ihm kam, war das Land zerrissen und meine Möglichkeiten, das noch Heinz Nußbaumer: Ich hatte damals mit schweren zu verändern, waren nahezu homöopathisch. Da uns Krankheiten zu kämpfen. Es war mir unmöglich, Auslandskontakte weitgehend nicht zur Verfügung in dieser Situation außenpolitischer Ressortleiter zu standen, haben wir viel im Inland gemacht. Hier haben bleiben. Waldheim lernte ich bereits in seiner Zeit als wir versucht, das Amt bestmöglich auszufüllen, aber es UNO-Generalsekretär näher kennen, war schon sehr dornig. Margaret Thatda ich ihn öfter auf Reisen begleitete. In cher sagte einmal in einem Interview: „Es war zum Teil eine Zeiten existenziellen Zweifels bekam ich „I have nothing against Kurt Waldheim. ‚Mission impossible‘.“ dann das Angebot, sein Pressesprecher He is just bad news.“ Und dieses „He is zu werden. Waldheim hat mir damals gejust bad news“ war die täglich erlebte Resagt: „Wenn du willst, kannst du daneben Bücher schreialität. Wir hatten kaum eine Chance, an diesem Image ben oder Orchideen züchten.“ Davon war natürlich bei etwas zu verändern. meinem Eintritt keine Rede mehr. Hadwiger: Als Sie Waldheims Pressesprecher wurden, stand dieser bereits auf der Watchlist der USA und war damit außenpolitisch isoliert. Wie haben Sie diese Problematik in Erinnerung?
Nußbaumer: Bevor ich damals sein Pressesprecher wurde, schrieb ich ihm einen Brief, in dem ich erklärte, warum ich angesichts der Watchlist an seiner Stelle zurücktreten würde. Waldheim hat mir daraufhin einen eindrucksvollen Brief zurückgeschrieben, in dem er schilderte, warum das nicht ginge, weil das Land zwischen jenen, die ihn gewählt und jenen, die ihn nicht gewählt hätten, zerklüften würde. Im Nachhinein muss ich sagen, dass er wahrscheinlich recht hatte. Ich habe ihm dann noch vor Ablauf der ersten Amtszeit geraten, keinesfalls wieder zu kandidieren – um seinen Gegnern das Feindobjekt zu entziehen. Das hat ihm große seelische Qualen bereitet, weil es aus seiner Sicht der Sieg des Unrechts war. Aber er hat sich schließlich doch dazu überwunden. Einen Textentwurf seiner TV-Ansprache zu seiner NichtKandidatur hatte ich übrigens bereits vor seiner Entscheidung geschrieben. 05
Hadwiger: Welche Veränderungen brachte für Sie der Wechsel zu Thomas Klestil?
Nußbaumer: Im Lauf meiner zehn Hofburg-Jahre habe ich 863 Redeentwürfe geschrieben. Da zeigte sich beim Präsidentenwechsel schnell, dass die Reden – um den Persönlichkeiten Waldheims und Klestils individuell zu entsprechen – verschieden geschrieben werden mussten. Ich musste mit der Emotionalität der Sprache ganz anders umgehen. Hadwiger: Klestil hat sich sehr bemüht, mit Medien zu kooperieren. Wie beurteilen Sie sein außergewöhnliches Naheverhältnis zu bestimmten Medien?
Nußbaumer: Es war für mich sehr belastend. Ich habe Klestil wiederholt gesagt, dass Exklusivwege der Information nur ins Abseits führen können. Zum einen haben uns Exklusivgeschichten meist „Rachegeschichten“ von anderen Medien eingebracht. Zum anderen hat Klestil geglaubt, dass er ein paar JournalistInnen an der Hand hat, die er durch Nähe steuern kann. Er dachte, er macht damit Gutes – doch es hat nie Gutes gebracht.
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Prof. Heinz Nußbaumer, geb. 1943, leitete von 1971 bis 1989 das Außenpolitik-Ressort des „Kurier“. Von 1989 bis 1999 war er Sprecher der Bundespräsidenten Kurt Waldheim und Thomas Klestil. Nußbaumer ist Autor zahlreicher Bücher und Herausgeber der Wochenzeitung „Die Furche“.
Hadwiger: Die Beziehung zu Margot Löffler, seiner engen Mitarbeiterin und Wahlkampfmanagerin, wurde öffentlich. Wie haben Sie diese Situation erlebt?
Nußbaumer: Die Ehekrise war für mich eine sehr herausfordernde, eigentlich die herausforderndste Zeit. Plötzlich wurde Klestil zum Gelächter – und das ist das Schlimmste, was einem Bundespräsidenten passieren kann. Zunächst war es wichtig, Klestil wieder im Amt stabil zu machen. Dazu schien es seinen engsten Vertrauten notwendig, dass seine neue Partnerin auf ihre berufliche Nähe in der Hofburg verzichtet. Das war schwer durchzusetzen, da Klestil sie verständlicherweise in seiner Nähe haben wollte. Dann waren da auch noch Probleme mit der getrennt lebenden Gattin. Sie hat anfangs öffentliche Auftritte gesucht, die unser Dilemma nur noch größer machten. Das hat für mich ein großes und komplexes Geflecht an schwierigen Situationen gegenüber allen Beteiligten ergeben. Es war zum Teil eine „Mission impossible“. Hadwiger: Neben seiner privaten Krise hatte Klestil auch mit gesundheitlichen Problemen im Amt zu kämpfen.
Nußbaumer: Das war für mich die belastendste Krise. Auf der einen Seite war der Bundespräsident als Patient, der die Dramatik seines gesundheitlichen Zustands nicht sehen konnte und wollte. Auf der anderen Seite waren die Ärzte, die teilweise in einem unglaublichen Hahnenkampf versuchten, diverse Diagnosen durchzubringen. Dazu kamen noch seine völlig überforderte Familie und die Medien, die mir tagein tagaus die Hölle heiß machten. In dieser Situation war ich irgendwie am verlassensten. Hadwiger: Welche Lehren können Sie aus Ihrer Tätigkeit als Pressesprecher zweier Bundespräsidenten ziehen?
Nußbaumer: Zwei wesentliche Erfahrungen: Erstens, das unglaubliche Ausmaß an politischer Verlogenheit, das ich unter Waldheim erlebte: Wer da nicht aller in der
Nacht da war, große Politiker, auch aus den USA, die im Stillen trotz gleichzeitiger Watchlist bei ihm um Unterstützung angesucht haben. Diese Verlogenheit vor und hinter den Kulissen war unbeschreiblich. Zweitens, eine massive Entfremdung mit meiner eigentlichen Profession, dem Journalismus. Ich habe die inneren Abläufe selbst miterlebt und es in den Medien oftmals dann ganz anders gelesen – ohne, dass eine Informationsschuld meinerseits vorlag. Manchmal habe ich auch einzelnen Journalistenkollegen, mit denen ich befreundet war, zum Verständnis der Wahrheit sehr vertraulich Hintergründe erzählt. Nur um dann diese vertraulichen Informationen am nächsten Tag in der Zeitung zu lesen. Enttäuschung über die Verlogenheit der Politik und die Entfremdung gegenüber meiner eigenen Profession sind zwei Erkenntnisse, die ich aus dieser Zeit mitnehme. Hadwiger: Als Journalist ist es Ihnen geglückt, ein einstündiges Exklusiv-Interview mit US-Präsident Ronald Reagan zu erhalten. Schildern Sie bitte diese Erfahrung.
Nußbaumer: Unser Gespräch war zu meiner Überraschung von Anfang an ein sehr privates. Reagan sprach hauptsächlich über Persönliches abseits der Fallstricke der Tagespolitik. Ich habe mich immer gefragt, wann ich jetzt meine Fragen unterbringen soll bzw. könne. Als das Interview fast vorbei war, habe ich es doch noch geschafft, die eine oder andere Frage zu stellen. Zum Teil hatte Reagan große Schwierigkeiten, diese zu beantworten – was war schon Österreich für ihn… Als ich das Oval Office verließ, fragte ich mich: Und was war jetzt mein Interview? In diesem Augenblick kam sein Pressesprecher und überreichte mir ein Kuvert mit von mir nie gestellten, sondern vom Büro erarbeiteten Fragen und Antworten. Ich fragte mich, ob man so etwas überhaupt abdrucken kann. Mein Chefredakteur hat dann zu mir gesagt: „Sind Sie wahnsinnig! Natürlich werden wir das abdrucken. Wer hat schon ein Interview mit Reagan!“ Letztlich zeigte sich, dass er sowieso mehr Interesse an den Fotos meiner Begegnung mit Reagan hatte, als an dem politischen Inhalt des „Interviews“. 06
Shitstorms, Zensur, Ausnahmezustände – ein Einblick in internationale Film-PR
Jasmin Angel
Isabell Maron, Marketing & Presseleiterin bei„Constantin Film Verleih“, erläutert in „PRaktivium“ Schwierigkeiten der Film-PR aus Österreich, den Umgang mit Zensur unerwünschter negativer Themen durch amerikanische PR-Firmen und unkontrollierbare Shitstorms. © Claudia Mann
Jasmin Angel: Im Dezember 2016 kam der neue Film „Allied“ mit Brad Pitt in die Kinos, davor war seine von Angelina Jolie eingereichte Scheidung stark in den Medien vertreten. Haben solche Fälle Auswirkungen auf die PR-Arbeit?
Angel: Organisieren Sie selbst Interviews in Wien oder schicken Sie JournalistInnen ins Ausland?
Maron: Prinzipiell gibt es hier drei Möglichkeiten: Zum einen das Festival-Jahr, das vom Toronto Festival im Oktober bis zu den Filmfestspielen von Cannes im Mai Isabell Maron: Je größer der Star ist, umso klarer werreicht. Hier wird die PR-Arbeit international organisiert. den von den amerikanischen PR-Firmen Schranken Wir werden von den großen amerikanischen PR-Firmen gesetzt, die festlegen, über was gesprochen werden darf eingeladen, JournalistInnen aus Österreich zu nominieund über was nicht. In Interviews kommen also gar keine ren. Diese werden dann je nach Reichweite und Relevanz Fragen zu seiner Privatsituation für den Star und den Film genehauf und es werden vorneweg keine migt oder manchmal auch nicht. „Die User beziehen Stellung zu Medien zugelassen, die solche Themen, wie zum Beispiel der Schei- Und gerade für einen Markt Fragen stellen. Meine ganz perwie Österreich bleiben von zehn dung von Brad Pitt. Selbst wenn wir Nominierungen ungefähr zehn sönliche Meinung: Solche Gedas verhindern wollten, könnten rüchte und Skandale sind auch bis höchstens 30 Prozent über. immer wichtig für die AufmerkEs können also lediglich ein bis wir es nicht.“ samkeit für einen Film. Und drei Interviews realisiert werden. da müssen und können wir gar nichts tun, wir würden Wenn der Filmstart näher rückt, gibt es dann als zweiaber natürlich nie in unserem Presseheft oder unseren te Möglichkeit „Press Junkets“ in London, Berlin oder Informationen darauf Bezug nehmen. Venedig. Die dritte Möglichkeit wird interessant, wenn ein Cast tatsächlich nach Deutschland oder Österreich Angel: Wie laufen die klassischen Schritte bei einer inkommt, dann organisieren wir selbst Interview-Nachmitternationalen Film-PR-Kampagne ab? tage und aktivieren die Medien nach dem Prinzip: „Ist der Maron: Die PR-Arbeit für einen Kinofilm startet beFilm für das Medium relevant und umgekehrt?“ reits ein halbes bis zu einem ganzen Jahr im Voraus. Unsere Arbeit beginnt in der Regel, sobald ein Trailer oder Angel: Wie ist die heimische Besuchsquote? Kommen viele Casts nach Österreich? ein erstes Plakat veröffentlicht wird, da wir über Social Media-Kanäle bereits früh PR für den Film machen Maron: Nein, leider nicht. Für „Bridget Jones“ gab können. Wenn der Titel auf internationalen Filmfestivals es Junkets in Los Angeles und London, sowie die gespielt wird, sind manchmal sogar schon über ein Jahr Premiere in Berlin. Und auch für „Allied“ war nur etwas vor dem Start erste Interviews mit den Stars möglich. in Deutschland geplant. Bis nach Österreich geht es in den meisten Fällen nicht. Ehrlicherweise haben wir in In der Kampagnenvorbereitung evaluieren wir zuerst die Wien mehr mit deutschsprachigen Stars zu tun. Wenn Zielgruppe und analysieren dann Tools, mit denen wir ein Elyas M’Barek da ist, bringt er das Donau Plex-Kino das potenzielle Publikum am besten ansprechen können. in Wien in den Ausnahmezustand, weil so viele Fans und Ziel ist es, dass potenzielle ZuschauerInnen den Filmtitel Medien da sind. Wir hatten die „Mission Impossible“so oft vor der Premiere gehört haben, dass sie sich den Premiere mit Tom Cruise in der Staatsoper und Jean Reno Film unbedingt anschauen wollen. war auch schon mal da, das sind jedoch eher Ausnahmen. 07
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Isabell Maron war nach dem Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaften sowie Philosophie in unterschiedlichen Institutionen im Kulturbereich tätig, unter anderem in der Produktionsabteilung des Tanzquartiers Wien. 2011 erfolgte die Gründung einer eigenen PR-Agentur, wobei der Fokus auf Mode-, Lifestyle- und Kulturthemen lag. Seit 2014 arbeitet die gebürtige Eisenstädterin im Bereich Marketing und Presse für den „Constantin Film Verleih“.
Angel: Können Sie die PR-Arbeit über US-amerikanische Filme autonom gestalten oder werden Sie aus den USA beeinflusst?
Maron: Von der Filmproduktion wird ein offizielles Presseheft mit Hauptinformationen wie den ProduktionsteilnehmerInnen, generischen Interviews mit den SchauspielerInnen oder Sachverhalte zur Entstehungsgeschichte erstellt, die wir unverändert an die Presse weitergeben. Was die Marketing-Kampagne angeht, haben wir viel Spielraum, da es im Interesse aller Produktions- und VermarktungsteilnehmerInnen ist, eine größtmögliche Anzahl an potenziellen ZuschauerInnen anzusprechen. Angel: Wie reagieren Sie auf Shitstorms auf ihrer „Facebook“-Site?
Maron: In Social Media wird in den Kommentaren zu Trailern und Co. die Meinung der Menschen lesbar. Die User beziehen Stellung zu Themen, wie zum Beispiel der Scheidung von Brad Pitt. Selbst wenn wir das verhindern wollten, könnten wir es nicht. Bei einem Shitstorm würden wir so reagieren, wie wir es generell tun: Wir lassen jede Meinung zu und schreiten nicht ein, denn das Besondere an Social Media ist ja, dass man seine Meinung öffentlich machen kann. Wir leben in einem Land mit Pressefreiheit, da sollten Social Media-Kommentare nicht zensiert werden. Angel: Gibt es Besonderheiten bei der PR für das österreichische Publikum?
Maron: Ich glaube, dass sich das österreichische Publikum in Sachen Rezeption von PR nicht stark vom deutschen unterscheidet; prägnanter sind die Unterschiede zum USamerikanischen. Hier in Europa muss ein sachlicherer Ton vorherrschen, um beim Publikum anzukommen. Ein platter Ton bringt nichts und man kann dem deutschsprachigen Publikum keine „Katze im Sack“ verkaufen. Aber die Tools, die wir anwenden, sind in Wahrheit weltweit die gleichen. Ob ein Film aus Österreich oder den
USA kommt, ist chancentechnisch ebenfalls irrelevant, solange der Film gut ist. Nationale Produktionen schaffen es oft näher an das Publikum, weil die Bekanntheit von Personen größer ist oder der Bezug zur Geschichte leichter fällt. Das ist das Spannende am Kino. Am Ende entscheidet der/die Zuseher/in, welchen Film er oder sie sich ansehen will. Angel: Sie hatten zwei Blockbuster für zwei komplett unterschiedliche Zielgruppen im Kino: „Bridget Jones“ und „Snowden“. Welche PR-Maßnahmen haben Sie für diese zugeschnitten verwendet?
Maron: Für „Bridget Jones“ hatten wir als eine von vielen Bewerbungsmöglichkeiten Frauenzeitschriften. Unsere Zielgruppe umfasste die „Bridget“-Fans der ersten Stunde mit 35 plus sowie die jungen „Bridget“Zuschauerinnen. Österreich ist ein Print-Land, daher haben wir eine Crossmedia-Collage kreiert, welche die RezipientInnen motivieren sollte, sich mit Bridget und ihrer Welt zu beschäftigen. Diese haben wir dann in den meistgelesenen Frauenzeitschriften als Advertorials untergebracht. Um die Werbeerinnerung zu verstärken, haben wir zusätzlich einseitige Werbeanzeigen in Form des Filmplakats geschaltet. Das Ziel war, die Menschen so frequentiert zu bespielen, dass sie im Oktober an einer Frauenzeitschrift mit Bridget-Inhalt gar nicht vorbeikommen konnten. Bei „Snowden“ geht es um ein ernsteres Thema: Datenschutz. Da haben wir im Zuge der Premiere eine Podiumsdiskussion initiiert, an der unter anderem die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments anwesend war. Hier hofften wir vor allem auf den Word-of-Mouth-Effekt. Für jeden Film überlegen wir uns neue Tools, um uns ein bisschen von der Masse hervorzuheben, zum Beispiel einen Filmstart-Countdown online, lustige Promotion-Aktionen oder Blogger-Frühstück.
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Internationale Positionierung des österreichischen FrauenfußballNationalteams
Melanie Pisek
Iris Stöckelmayr, Media Officer des Österreichischen FußballBundes (ÖFB), spricht in „PRaktivium“ über die Bedeutung und Schwierigkeiten einer internationalen Positionierung des Frauenfußball-Nationalteams angesichts der erstmaligen Qualifikation für die Endrunde der Europameisterschaft 2017.
© Claudia Mann
Melanie Pisek: Welchen Stellenwert hat die internationale Positionierung?
aufbauend kann man dann schauen, was international möglich ist. Der erste Auftritt auf der ganz großen internationalen Bühne wird die EM-Endrunde 2017 in den Niederlanden sein: Im Rahmen dieser Endrunde gibt es natürlich zahlreiche internationale Medienaktivitäten, die Spiele sind live via TV-Sender vieler Länder sichtbar und ausländische Medien werden sich für unser Team und den Trainer interessieren. Spannend ist ein Fall wie Island, das durch die Leistung bei der EURO in Frankreich weltweite Aufmerksamkeit erregt hat.
Iris Stöckelmayr: Gerade im Frauenfußball sind wir derzeit in einer großen Entwicklungs- bzw. Aufbauphase, sowohl was das Sportliche, als auch das Kommunikative betrifft. Wie der Name „Nationalteam“ schon sagt, steht für uns die nationale Positionierung ganz klar im Vordergrund. Es gilt einmal das Bewusstsein in der Sportöffentlichkeit, aber auch in der gesamten Öffentlichkeit in Österreich zu schaffen, dass es Frauenfußball in Österreich gibt, dass sich dieser auf Nationalteamebene auf hohem „Als österreichisches Frauennational- Pisek: Wie erfolgt die KommuNiveau abspielt und man nach team bin ich in erster Linie für mein nikation zur Bevölkerung, vor Jahren der Aufbauarbeit jetzt Heimatland interessant, die internat- allem, wenn der TV-Bereich nur begrenzte Möglichkeiten bieauch erste internationale Erfolge ionale Aufmerksamkeit erhält man erst tet? feiert. Deswegen ist es jetzt undurch Spiele gegen andere Stöckelmayr: Ich sehe hier drei sere große Aufgabe, diese Erfolge große Bereiche: Erstens die klasund die Arbeit dahinter transNationalverbände.“ sische Medienarbeit mit Presseparent darzustellen, damit das aussendungen oder Interviewkoordination, wo natürlich gesamte Team und alle Beteiligten die Aufmerksamkeit sehr viel Aktivität gefragt ist – sprich, aktiv auf die Mebekommen, die sie verdienen. Zusätzlich möchten wir dien zugehen. Beim Männernationalteam ist es vielfach auch die Rolle des ÖFB als Wegbereiter und treibende so, dass man nicht immer alle Medienanfragen bedienen Kraft dahinter entsprechend darstellen. kann. Beim Frauenfußball haben wir noch die Chance, verstärkt auf die Wünsche der einzelnen Medien einzugePisek: Welche Maßnahmen gibt es speziell für die internationale Positionierung und welche Unterschiede hen. Die zweite Säule ist das Bedienen der eigenen Medizwischen nationaler und internationaler Kommunikaenkanäle: die ÖFB-Website und die ÖFB-Medien – etwa tion? das Magazin „Corner“, das vier Mal im Jahr erscheint – und natürlich ganz stark die Social Media-Kanäle, wo man Stöckelmayr: Die internationale Positionierung ist für direkt mit den Fans kommunizieren kann. Drittens das ein Nationalteam eine schwierige Sache in der KommuniFernsehen: Durch die Live-Übertragung aller Heimspiele kation. Die Ressourcen sind zeitlich oder auch in puncto seit zwei Qualifikationsperioden auf „ORF SPORT+“ ist Budget begrenzt und man muss sehr genau haushalten, das Interesse am Frauenfußball stark gestiegen. in welche Bereiche man wie viel investiert. Wie jetzt das Frauennationalteam in Japan wahrgenommen wird, ist vielleicht der letzte Kristall auf der Spitze des Eisbergs, Pisek: Wieso werden Ihrer Meinung nach Frauenfußball bzw. Frauensportarten generell in der öffentliaber wir müssen erst einmal die Basis schaffen. Wir sind chen Kommunikation, vor allem bei der Fernsehübergerade einmal auf dem Teil des Eisbergs, der aus dem tragung vernachlässigt? Wasser herauskommt, um sichtbar zu werden. Auf dem 09
© Katharina Stögmüller © Shutterstock: Fotokostic
Iris Stöckelmayr ist Media Officer beim Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) und seit 2013 verantwortlich für die Kommunikation der österreichischen Frauen- und Nachwuchsteams. Sie wusste bereits sehr früh, dass sie im Kommunikationsbereich im Fußball arbeiten möchte und hat dementsprechend auch ihre Ausbildung gewählt – Kommunikationswissenschaft mit Vertiefung Sportjournalismus.
Stöckelmayr: In Österreich liegt natürlich der Vergleich zum Skifahren nahe, wo das Verhältnis in etwa eins zu eins ist. Hier ist es wohl aus der Tradition so gewachsen, dass sich der Sport relativ parallel entwickelt hat. Im Fußball ist die Entwicklung eine andere: Ein Männernationalteam gibt es seit 1902, ein Frauennationalteam hingegen erst seit 1990 – das sind fast 90 Jahre Vorsprung. Unser großes Bestreben ist es, durch ständige Informationsbereitstellung mit ein bisschen Fingerspitzengefühl die möglicherweise vorhandenen Berührungsängste der Medien zu minimieren. Wenn eine Sportart aufkommt, bei der man vielleicht keine einzige Spielerin kennt, gibt es eine gewisse Berührungsangst, und dann fühle ich mich in dem Thema vielleicht nicht so wohl und bin thematisch nicht sattelfest. Die Strategie ist: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Wenn ich jetzt auf einmal nicht mehr nur zweimal im Jahr, sondern zweimal pro Woche etwas über Frauenfußball lese, wird es zur Normalität. Pisek: Läge es Ihrer Meinung nach in der Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Sender, die Übertragung von Frauenfußball zu fördern und dadurch die Popularität bzw. zumindest das Interesse zu steigern?
Stöckelmayr: Ich bin eine Verfechterin einer nachhaltigen Entwicklung. Ich glaube, man ist zuerst als Sportlerin oder Sportler in der Verantwortung eine gewisse Leistung zu erbringen, um das öffentliche Interesse zu wecken. Das hat das Frauen-Nationalteam auf jeden Fall getan und ist seit der geschafften Qualifikation im TV verstärkt präsent. Wir wollen so gut sein, dass TV-Anstalten an uns nicht mehr vorbeikommen, und die Spiele zum Beispiel auch auf „ORF eins“ übertragen werden. Am sinnvollsten ist es meiner Meinung nach, Druck durch Leistung auszuüben. Es war jetzt schon ein großer Schritt, dorthin zu kommen, dass unser TV-Partner „ORF“ alle Heimspiele in den letzten drei Jahren live auf „ORF SPORT+“ übertragen hat. Es ist immer die Frage, was vorher da war: „die Henne oder das Ei“. Ist vorher das öffentliche Interesse so
groß, sodass übertragen wird, oder weckt man das öffentliche Interesse durch die Übertragung? Ich glaube, dass es wechselseitig wachsen muss. Und das tut es auf jeden Fall. Pisek: Wieso ist die mediale Präsenz – international verglichen – zum Beispiel in Deutschland so hoch? Liegt das nur am Erfolg der deutschen Mannschaft oder auch an den kommunikativen Maßnahmen?
Stöckelmayr: Ich glaube, dass es zum einen mit der langen Tradition im deutschen Frauenfußball zu tun hat, zweitens mit den großen Erfolgen, drittens mit der WM, die 2011 in Deutschland stattgefunden hat. Ein Heimevent ist natürlich immer ein großer Push. Es hängt außerdem mit der Stärke der Liga zusammen. Da es sehr erfolgreiche und bekannte Einzelspielerinnen gibt, ist die Außendarstellung der Mannschaft einfacher. Ein Nationalteam besteht aus vielen Spielerinnen, und zu Einzelsportlerinnen hat man leichter ein Gesicht. Wir haben jetzt versucht, in einem ersten Schritt vier bis fünf Spielerinnen herauszunehmen, die immer wieder in den Medien auftauchen, um eine gewisse Wiedererkennung zu erzielen und Bekanntheit aufzubauen, um der Mannschaft auch ein Gesicht nach außen zu geben. Pisek: Woran würden Sie anno 2017 erkennen, dass Ihre PR-Maßnahmen gegriffen haben?
Stöckelmayr: Wir haben bereits im letzten halben Jahr gemerkt, dass sie gegriffen haben. Wenn man jetzt sämtliche Anfragen und Interviews, die wir in der letzten Zeit gegeben haben, denen gegenüberstellt, die wir noch vor einem Jahr gegeben haben, dann sehen wir einen eklatanten Anstieg. Dieser ist natürlich der sportlichen Leistung des Teams geschuldet.
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Herausforderungen für Behörden-PR in der Flüchtlingspolitik
Emira Abidi
Als Bilder von Geflüchteten, die zu Fuß nach Österreich marschierten, um die Welt gingen, war Helmut Marban Stimme und Gesicht der Polizei Burgenland auf „CNN“, „Al-Jazeera“ und und in anderen Medien.
© Claudia Mann
Emira Abidi: An welcher Art von Informationen waren die Medien im Spätsommer 2015 vor allem interessiert?
Helmut Marban: Es war so, dass wir es bis Ende August mit steigenden Flüchtlingszahlen zu tun hatten. An manchen Tagen kamen einige hundert Menschen, die von Schleppern irgendwo auf der Autobahn oder in einer Ortschaft ausgesetzt wurden, bzw. teilweise auch über die grüne Grenze gekommen sind. Das Medieninteresse beschäftigte sich vor allem damit, wie es die Polizei schafft, diese Menschen unterzubringen.
und uns auf keinerlei Spekulationen eingelassen. Es wurde versucht, für alle verständlich darzustellen, was da passiert. Diese Situation, mit der niemand in Österreich gerechnet hat, war für die Bevölkerung eine gewaltige Herausforderung, da täglich tausende Menschen nach Österreich gekommen sind. Da fragten sich viele, ob diese kontrolliert werden und ob die Polizei etwas tue oder bloß zusehe. Es war viel Krisenkommunikation von Nöten, auch mit der betroffenen Bevölkerung. Wichtig war es, mit ihr zu sprechen und zu versichern, dass wir alles Menschenmögliche tun, um jene schwierige Situation zu bewältigen. Im Nachhinein gesehen hat alles sehr gut geklappt, solange Deutschland mitgespielt hat.
Der Vorfall mit dem LKW auf der Autobahn, in dem sich 71 Tote befanden, löste international einen Medienhype aus. Medien von „CNN“ bis „Al-Jazeera“ waren vor Abidi: Was waren die größten Herausforderungen und Probleme für die PR-Kommunikation nach dem Fund Ort, und da galt es diesen Medienansturm zu bewältides LKW? gen. Als Anfang September jene Massenflucht anfing, bei der aus Ungarn täglich Tausende zu uns gekommen sind, Marban: Das war ein Tag, den ich nie wieder vergeshat sich das mediale Interesse vor allem auf Zahlen konsen werde. Wir waren mit der Innenministerin einige zentriert. Gefragt wurde auch: Kilometer entfernt, wo wir ihr Wie läuft die Zusammenarbeit „Der Vorfall mit dem LKW auf der Au- ein Gebäude zur Unterbringung mit den ungarischen Behörden? tobahn, in dem sich 71 Tote befanden, von einigen hundert Menschen Mit wie vielen Menschen rechnet löste international einen Medienhype zeigen wollten. Dann kam der man gegen Ende des Herbstes, Anruf. Am Tatort angekommen, wenn das Wetter wieder schlech- aus. Medien von ‚CNN‘ bis ‚Al-Jazeera‘ habe ich die Medienarbeit überter werden würde? Wie und vor waren vor Ort, und da galt es diesen nommen. Für mich unvorstellallem wo werden sie untergebar sind dort MedienmitarbeiMedienansturm zu bewältigen.“ bracht? Wie funktioniert der terInnen mit ihren Autos und Abtransport und wo werden sie hingebracht? Das waren Mopeds gefahren und hielten mitten drin an, um Fotos jeden Tag die wichtigsten Fragen. zu machen. Wir rechneten bereits mit einem Massenunfall. Abidi: Die Ereignisse im Burgenland traten sehr plötzlich ein und haben bei vielen BewohnerInnen sicherlich Angst ausgelöst. Rechtsextreme und populistische Parteien in Europa nutz(t)en genau diese Ängste für ihre Zwecke und zur Hetze gegen Geflüchtete. Wie haben Sie kommunikativ versucht, diesen Ängsten entgegenzuwirken?
Marban: Wir – also mein Stab an Mitarbeitern, der damalige Landespolizeidirektor und ich – haben von Beginn an Fakten in der Öffentlichkeitsarbeit dargestellt 11
Auf einer Brücke in unmittelbarer Nähe gaben wir den ReporterInnen dann Pressestatements. In kürzester Zeit waren 20 Medien vor Ort, wohl weil zum selben Zeitpunkt in Wien eine große internationale Konferenz stattfand. Dort habe ich dann ab Mittag bis etwa 17 Uhr permanent Interviews für Medien wie „ZDF“ und „BBC“ gegeben. Für den „ORF“ lieferten wir stündliche Nachrichten-Updates. Nachdem viele internationale Medien vor Ort waren, habe ich mich spontan dazu
© Helmut Marban/Privat © Shutterstock: Fishman64
Helmut Marban ist seit Anfang 2016 Pressesprecher des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport. Davor war er als Polizeibeamter sowie Leiter des Büros für Öffentlichkeitsarbeit der Landespolizeidirektion Burgenland tätig. Bis 2014 war er Vizebürgermeister und Parteiobmann der SPÖ in seiner Heimatstadt Mattersburg.
entschieden, Interviews auf Englisch zu geben, was für mich eine große Herausforderung war. Rund 14 Tage später, mit Beginn der Fluchtwelle, hat sich nicht nur in Nickelsdorf, sondern auch in Heiligenkreuz ein Grenzübergang ergeben, wo ungarische Behörden Flüchtlinge hingebracht haben. Wir hatten dann zwei Standorte, von denen wir Medienbetreuung machen mussten. Mit nicht einmal drei Mitarbeitern war das Ganze eine gewaltige Herausforderung. In dieser Situation haben wir fast automatisch funktioniert. Abidi: Wie verlief die Kommunikation mit Ungarn?
Marban: Die Kommunikation mit Ungarn hat ab einem gewissen Zeitpunkt überhaupt nicht mehr funktioniert. Das ist natürlich Spekulation, aber es gab ein Ereignis, bei dem der damalige österreichische Bundeskanzler Kritik am ungarischen Ministerpräsidenten Orbán geübt hat, woraufhin die Informationskanäle versiegten. Wir hatten keinerlei Informationen darüber, wie viele Flüchtlinge uns im Laufe des Tages erreichen würden. Manchmal erhielten wir Anrufe von Privatpersonen, welche uns benachrichtigten, wenn Züge in Budapest losfuhren. Wo diese ankommen würden, wussten wir teilweise auch nicht. Am ersten Tag der Fluchtwelle Anfang September sind, glaube ich, 80 Busse von den ungarischen Behörden an die Grenze gebracht worden, wovon wir nichts wussten. Die Informationslage war sehr unbefriedigend. Davor und auch jetzt danach hatte die Landespolizeidirektion Burgenland allerdings immer ein ausgezeichnetes Arbeitsverhältnis mit den ungarischen Behörden. Abidi: Oft ist die Rede von den Begriffen „Flüchtlingskrise“, „Flüchtlingsstrom“ und „Flüchtlingswelle“. Menschen werden hierbei zu einer homogenen Masse, die mit einer Naturkatastrophe verglichen wird. Welchen Einfluss hat dies Ihrer Meinung nach auf RezipientInnen von Medien?
Marban: Das ist eine Frage, die ich mir auch permanent stelle. Es ist ganz wichtig, auf die Wortwahl zu achten. Uns, die wir mit der Öffentlichkeitsarbeit zu tun haben, ist bewusst, welche Macht Worte und Formulierungen
haben. Die Frage, ob LeserInnen, die immer mit diesen Wörtern konfrontiert sind ein schlechteres Bild von der Situation haben, würde ich auf jeden Fall bejahen, denn Formulierungen erzeugen Bilder, und das oft unbewusst. LeserInnen haben diese Bilder dann zu bestimmten Wörtern und dies lässt sich schwer steuern. Man kann mit diesen Beschreibungen natürlich etwas bewirken und wenn es bei mir funktioniert, dann auch bei anderen. Abidi: Welche Erkenntnisse haben Sie und Ihr Team in dieser turbulenten Zeit dazugewonnen?
Marban: Natürlich haben wir unsere Lehren aus dieser Situation gezogen. Jetzt kommt die typische Beamtenantwort: „Wir brauchen mehr Leute.“ Mir ist aber auch klar, dass man nicht immer für den Super-GAU planen und auch nicht das Personalkonzept immer so aufstellen kann. Sollte es in Zukunft wieder einen solchen Großeinsatz geben, werden wir personell von KollegInnen anderer Bundesländer unterstützt. Ganz wichtig für die Polizeiarbeit ist es stets, ein Bild des professionellen Arbeitens zu vermitteln, weil auch die Bevölkerung zu Recht darauf vertrauen darf, muss oder soll, dass die Polizei hier nicht nach Emotionen, sondern nach Fakten vorgeht und korrekt gearbeitet wird. Was ich zum damaligen Zeitpunkt vielleicht unterschätzt habe, weil mein persönlicher Zugang ein anderer war, ist die Nutzung von sozialen Medien. Es wären sehr viele nützliche Informationen für die Polizei und die Öffentlichkeitsarbeit möglich gewesen, wenn jemand parallel die Ereignisse im Internet mitverfolgt hätte. Mittlerweile wurde „Facebook“ als Kommunikationsquelle für die Polizei implementiert. Es schadet auch nicht, wenn man in Fortbildungen für MedienmitarbeiterInnen stressige Krisenkommunikation übt, denn es ist eine Materie, die lebt und immer wieder neue Facetten bringt. Glücklicherweise haben wir einige Monate davor in einem Lehrgang einen Vortrag darüber gehört und praktisch geübt.
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Unternehmenskommunikation zwischen Wiener Schmäh und Fachchinesisch
Maria Giannaki
Catharina Rieder, Kommunikationsleiterin bei Huawei Österreich, gewährt Einblicke in die Chancen und Herausforderungen dezentraler PR-Strategien und das internationale Arbeitsumfeld.
© Claudia Mann
Maria Giannaki: Huawei ist weltweit in über 170 Ländern tätig. Wieso ist eine dezentrale Steuerung der PR-Maßnahmen gerade bei einem internationalen Telekommunikationskonzern wie Huawei so wichtig?
Catharina Rieder: Es gibt Konzerne, die eine zentrale Strategie vorgeben und die Länder müssen folgen. Ich denke aber, dass das in der Umsetzung sehr schwierig ist. Jedes Land hat seine eigene Kultur, ein spezielles Marktumfeld und unterschiedliche Kundenerwartungen. Und obwohl wir in Europa noch eher homogen agieren, heißt es trotzdem nicht, dass die Kulturen in Spanien und in Norwegen ähnlich sind. KonsumentInnen und auch Großkunden agieren auch innerhalb Europas unterschiedlich. Giannaki: Liegt die Notwendigkeit einer dezentralen PR-Strategie hauptsächlich an den kulturellen Unterschieden?
wiefern sind Erfolgsmeldungen aus China für unseren Markt relevant?
Rieder: Kaum. Wir haben unterschiedliche Stakeholder: unsere Großkunden, also alles was den Providerbereich betrifft, die EndkonsumentInnen und das Segment der B2B-Kunden. Auf diese drei Stakeholder hat es keinen direkten Einfluss, was in China passiert. Auch für den Public Affairs-Bereich stellt es maximal eine Information dar. Wir sind im heimischen Markt sehr stark und etabliert, aber das hat so gut wie keinen Impact für das österreichische Geschäft. Giannaki: Schlanke Prozesse spielen bei internationalen Konzernen sicherlich eine Rolle. Welche Schritte beinhaltet der PR-Prozess bei Huawei Österreich?
Rieder: Da muss man zwischen internationalen und lokalen Projekten unterscheiden. Bei einem Handy-Launch zum Beispiel handelt es sich natürlich um eine große SaRieder: Das ist nicht nur kulturell bedingt. Auch die che. Hier wird vom Headquarter aus eine große, interwirtschaftlichen Bedingungen nationale Pressekonferenz orgaund gesetzlichen Rahmenbenisiert. Es kommen dann knapp „ChinesInnen haben öfter einmal dingungen sind unterschiedlich. Meetings, in denen geschrien und ge- 1.000 MedienvertreterInnen aus Der österreichische Mobilfunkder ganzen Welt angereist. Wir markt ist zum Beispiel ein ganz schimpft wird, aber danach versteht man in den einzelnen Ländern laden sich auch persönlich rasch wieder.“ anderer als der deutsche. Wir JournalistInnen dazu ein, die für sind Nachbarn, aber die wirtuns von großer Bedeutung sind. schaftliche Situation des Mobilfunks unterscheidet sich Einige Tage vorher werden die Pressemeldungen auf Engsehr. Das merkt man vor allem am Preisniveau. lisch in alle Länder geschickt. Jedes Land übersetzt diese dann in die eigene Sprache. Die Spezifikationen des neuen Gerätes bleiben allerdings bis zum Tag der PressekonGiannaki: Resultieren aus dezentralen PR-Strategien auch Herausforderungen? ferenz „ausgegraut“. Rieder: Ja und nein. Auf der einen Seite schätze ich es Bei einem lokalen Projekt gibt es interne Abstimmungen sehr, Individualität leben zu können. Man braucht natürhier im Haus, bzw. gemeinsam mit dem Kunden und lolich mehr Ressourcen, aber auch eine zentral vorgegebekalen Agenturen. Man stimmt sich über Inhalte, Aufgane Strategie muss von jemandem umgesetzt werden. Es benverteilungen und Release-Dates ab. Auch hier laden bringt mehr Vorteile mit sich, wenn man Projekte indiviwir FotografInnen und JournalistInnen ein. dueller adaptieren kann. Giannaki: Huawei ist im chinesischen Markt sowohl im Hauptgeschäftsfeld der Netzwerktechnik, als auch im Bereich der Mobilfunkendgeräte sehr erfolgreich. In13
Giannaki: Wie funktioniert die interne Abstimmung mit Ihren chinesischen KollegInnen und Vorgesetzten?
Rieder: Uns stehen alle Kommunikationskanäle für regel-
© Huawei © Shutterstock: © Shutterstock: Rawpixel.com Rawpixel.com
Mag. (FH) Catharina Rieder, MBA, ist leidenschaftliche Fotografin und gelernte Tourismus- und Hotelfachfrau. Nach ihrem berufsbegleitenden Studium an der Fachhochschule für Marketing und Sales in Wien war sie mehrere Jahre auf Agenturseite tätig, bevor sie bei Tele2 ihren Einstieg in die Telekommunikationsbranche fand und dort neun Jahre für die Kommunikation zuständig war. Seit 2011 ist sie die Kommunikationsleiterin bei Huawei Österreich.
mäßige Abstimmungen zur Verfügung: via Mail, über ein hausinternes Kommunikationssystem, sowie Tele- und Videokonferenzen. Außerdem nutzen wir natürlich auch „WeChat“, das chinesische Pendant zu „WhatsApp“. Das geschieht dann auf Englisch – manchmal besser, manchmal schlechter. Giannaki: Sind das internationale Arbeitsumfeld und die Sprachbarrieren nicht ein Hindernis für einen schnellen und reibungslosen PR-Prozess?
Rieder: Natürlich ist das eine Herausforderung. Es ist das einfachste in der eigenen Muttersprache alles kommunizieren zu können. Das findet man heute aber fast nirgendwo mehr. Der Nachteil ist, dass es oftmals Missverständnisse gibt. Ich habe mittlerweile gelernt, mich in einem chinesischen Stakkato-Englisch auszudrücken, weil ich so am besten verstanden werde. Aber es hat auch Vorteile, wie ich finde. Man hat dadurch die Möglichkeit, mit vielen unterschiedlichen Kulturen zu kommunizieren, und mein Englisch ist in der Zeit wirklich gut geworden.
Giannaki: Ein Verständnis für die chinesisch geprägte Unternehmenskultur Huaweis muss wichtig für Ihre Position sein. Wie versuchen Sie sich aber die chinesische Kultur anzueignen?
Rieder: Das ist eine sehr spannende und wichtige Frage. Wir merken leider jeden Tag, dass viele österreichische KollegInnen Probleme damit haben. Es ist eine eigene Kultur, die aber auch sehr spannend ist, wenn man sich darauf einlässt. Grundsätzlich geht es aber nicht um das Aneignen: Ich glaube, der wichtigste Punkt ist es, respektvoll miteinander umzugehen. Giannaki: Wieso fällt dies manchen KollegInnen schwer?
Rieder: In Asien ist ein sehr hoher Druck gegeben, schon von Kindesbeinen an. Die Menschen dort sind es gewohnt, extrem viel zu arbeiten. Das haben wir in Europa in der Form nicht an der Tagesordnung. Bei 1,3 Milliarden Menschen in China, die alle etwas erreichen wollen,
existiert natürlich eine ganz andere Arbeitseinstellung. Da können viele ÖsterreicherInnen nicht ganz folgen. Wenn man offen und neugierig bleibt, hat die chinesische Kultur aber durchwegs sehr schöne Seiten, die man annehmen kann, obwohl das Arbeitsumfeld hart ist. Giannaki: Sehen Sie die kulturellen Unterschiede zwischen China und Österreich bei Ihrer Arbeit eher als Hindernis oder als Bereicherung?
Rieder: Das ist situationsabhängig. Es gibt sehr schöne und spannende Momente, in denen man merkt, dass einem Dankbarkeit und Vertrauen entgegengebracht wird. Dann gibt es aber Tage, an denen man am Verzweifeln ist, weil Prozesse und Entscheidungen wesentlich mehr Zeit benötigen. Ich bin allerdings immer noch ein Mensch, der sagt, mir ist eine Horizonterweiterung lieber, als dass ich engspurig immer meinen Weg fahre. Letztlich ist es eine Bereicherung für die Persönlichkeit. Giannaki: Was sind Ihre Learnings der letzten fünf Jahre als Kommunikationsleiterin bei Huawei?
Rieder: Ich sage immer, das Allerwichtigste ist es offen zu bleiben und stets Neues lernen zu wollen. Das bedeutet, dass man sehr viel Druck aushalten muss. Viele Dinge darf man nicht persönlich nehmen. Man weiß nie, welche Gründe hinter Entscheidungen stehen. Ich finde, wir ÖsterreicherInnen nehmen alles immer zu persönlich und sind schnell beleidigt. Giannaki: Was waren Ihre Highlights der letzten fünf Jahre?
Rieder: Wir haben jedes Jahr im Januar ein globales Zusammentreffen von allen PR-ManagerInnen, und je länger man dabei ist, desto besser kennt man die Leute. Das hat dann schon ein bisschen etwas von einer Klassenfahrt. Die enorme Entwicklung Huaweis mitzuerleben war für mich auch sehr spannend. Als ich 2011 begonnen habe, hatten wir so gut wie keine Handys, die in irgendeiner Form repräsentativ gewesen wären. Heute sind wir die Nr. 3 der Welt und haben ganz tolle Geräte.
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PR-Beratung von Agenturen bei Mergers & Acquisitions Yvonne Neumeyer
Nicole Bäck-Knapp, geschäftsführende Gesellschafterin der PR-Agentur „Ecker & Partner“, spricht mit „PRaktivium“ über die Besonderheiten der M&A-Kommunikation sowie die Aufgaben und die Zusammenarbeit lokaler PR-Agenturen bei internationalen Firmenzusammenschlüssen.
© Claudia Mann
Yvonne Neumeyer: Was ist das Spezielle an der Kommunikation auf internationalen Finanzmärkten und was muss man beachten?
eine Change Kommunikation. Wir sagen unseren Kunden immer: „Culture eats strategy for breakfast.“ Man kann die tollste Strategie oder die tollsten Finanzzahlen haben, wenn du aber die MitarbeiterInnen nicht an Board hast und keine Kultur schaffst, in der Integration gelingt, wird der Merger scheitern. In der Realität ist dies leider sehr oft der Fall. Von „Burson-Marsteller“, unserem internationalen Partner, wird z.B. eine Cultural Due-Diligence angeboten, welche die Basis bietet, um ein echtes kulturelles Zusammenwachsen und Neuschaffen eines Unternehmens zu ermöglichen.
Nicole Bäck-Knapp: Prinzipiell ist der größte Unterschied zwischen Finanzkommunikation und anderen PRBereichen, dass diese extrem geregelt ist. Es gibt kaum einen Bereich, der so reguliert ist wie der Finanzmarkt. Aus diesem Grund ist die Kommunikation ziemlich eingeschränkt. Andererseits sind zwei der Grundprinzipien der Finanzmarktkommunikation die Transparenz und die Ehrlichkeit, ohne die man am Finanzmarkt nicht funktioniert. Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen sich börsenfit macht und eine Erstplatzierung an der Börse anstrebt, ist Neumeyer: Wie kann man sich das Verfahren der Cultural Due-Diligence im Rahmen der M&A-Strategie eine der wichtigsten Agenden die Kommunikation. Für vorstellen? Unternehmen bedeutet dies nicht nur eine strukturelle Veränderung, sondern auch eine Änderung der Kultur. Bäck-Knapp: Wenn ein Unternehmen ein anderes Viele UnternehmensgründerInkauft, kommt es zu einer Due„Wir sagen unseren Kunden immer: nen haben ein Problem damit, Diligence, das heißt, der Käualle Zahlen zu veröffentlichen. ‚Culture eats strategy for breakfast‘.“ fer sieht sich das Unternehmen Denn auch wenn es in einem genau an. Er prüft die Zahlen Unternehmen nicht gut läuft, muss dies in einer Ad-hocund Fakten, die Entwicklungen, die Strukturen und SysPublizität kommuniziert werden. teme. Dies ist die letzte Phase vor der Entscheidung, ob ein Unternehmen gekauft wird oder nicht. Eine Cultural Neumeyer: Was ist bei der M&A Kommunikation beDue-Diligence wiederum ist eine sehr detaillierte Untersonders wichtig? suchung unterschiedlicher Unternehmenskulturen, vor Bäck-Knapp: In erster Linie muss man unterscheiden: allem, wenn das Unternehmen einem anderen KulturM&As und M&As sind nicht dasselbe, sie unterscheikreis, einer anderen Nationalität angehört. Es gibt aber den sich in der Ausgangssituation: Ist es eine feindliche auch viele Unterschiede auf der Führungsebene: Manche Übernahme? Ist es ein echter Merger, also ein ZusamUnternehmen sind hierarchischer aufgebaut und andere menschluss von zwei Unternehmen? Dies hat andere Imwiederum werden egalitärer geführt. Diese unterschiedplikationen sowohl für die interne als auch die externe lichen Kulturen und Systeme müssen zusammengeführt Kommunikation. Besonders wichtig bei Firmenzusamwerden. menschlüssen ist die interne Kommunikation. Wir haben oft erlebt, dass M&As im staatlichen oder halbstaatlichen Neumeyer: Worauf muss man beim Zusammenschluss mit internationalen Unternehmen, neben der internen Bereich stattfinden, bei Privatisierungen bzw. wenn priKommunikation, noch achten? vate Unternehmen oder Fonds sich in staatliche oder halbstaatliche Unternehmen einkaufen. In diesen Fällen Bäck-Knapp: Einerseits gibt es die internationalen Fispielen Public Affairs eine Rolle, die Stakeholder-Politik nanzmärkte, die in Europa in erster Linie in London und im weitesten Sinne. Das Wichtigste für einen gelungenen in Frankfurt ansässig sind. Auf diesen Märkten geht es M&A ist im Grunde eine gute interne Kommunikation, darum, dass die M&A-Transaktion positiv kommuniziert 15
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Mag.a Nicole Bäck-Knapp, MSc, arbeitet seit dreizehn Jahren bei „Ecker & Partner“ und ist geschäftsführende Gesellschafterin und Eigentümerin. Davor war sie in einer kleinen Agentur sowie in einem wissenschaftlichen Verlag tätig. Sie studierte Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien und absolvierte den Master für PR und Integrierte Kommunikation an der Donau-Universität Krems.
wird. Andererseits gilt es immer zu beachten: „PR is local.“ In den meisten Fällen verfügt man über mehrere BeraterInnen in unterschiedlichen Ländern. Solch ein Team besteht aus ÖsterreicherInnen, jemanden in Brüssel, jemanden in London und jemanden aus dem Land des Unternehmens, das gekauft wird oder das kauft. Agenturnetzwerke oder internationale PR-Firmen verfügen über internationales Know-how über Change-Prozesse und M&A-Kommunikation. Das Besondere an solch einer Zusammenarbeit ist, dass man über ein Wissen aus all den Bereichen verfügt, in denen es notwendig ist kommunikativ aktiv zu werden. Ein weiteres wichtiges Thema bei M&As ist auch das Wettbewerbsrecht und Regulatory Affairs. In vielen Fällen muss erst die Wettbewerbsbehörde in Brüssel oder anderen Ländern zustimmen. Dann gilt es abermals aktiv zu kommunizieren, um die Geschichte positiv darzustellen. Neumeyer: Welche Rolle spielen M&As aktuell am Finanzmarkt?
Bäck-Knapp: Mit der Finanzkrise sind M&As zurückgegangen. Damals gab es in erster Linie nicht freiwillige M&As, sondern Zwangskäufe oder Verkäufe, die aber gut kommuniziert und dem Finanzmarkt verkauft werden mussten. Selbst wenn die Verkäufe erzwungen waren, die interne Kommunikation und der Change Prozess mussten gut gemanagt werden. Dies hat sich in letzter Zeit geändert, da es derzeit zu einer Konsolidierung vieler Branchen kommt. Eine Vielzahl von Unternehmen in Europa oder den USA verschmelzen miteinander, da sie alleine nicht effizient genug sind oder zu wenig Marktmacht haben. In China entstehen riesige Unternehmen, die den Preis um einiges günstiger anbieten können. Vor allem in der klassischen Industrie gibt es daher immer mehr Zusammenschlüsse, um mithalten zu können.
berater. In Österreich geschieht dies bei größeren M&As ebenso. Vor allem dann, wenn es sich um börsennotierte Unternehmen handelt oder Unternehmen, die mit dem Finanzmarkt agieren. Hier holt man sich in den meisten Fällen professionelle Unterstützung. Neumeyer: Warum ist Ecker & Partner der richtige Ansprechpartner bei Mergers & Acquisitions und was unterscheidet die Agentur von anderen in der Beratung?
Bäck-Knapp: Wir haben einen Zugang, der sich von einer reinen Finanzmarktkommunikation unterscheidet. Auf der einen Seite sind die klassischen Investor Relations sehr relevant, hier haben wir Erfahrung. Wir wissen aber auch, dass Österreich anders tickt als Großbritannien oder Deutschland, denn die Finanzmarktlogik wirkt nicht alleine. Bei uns spielen etwa die Stakeholder-Kommunikation, das Networking oder politische Einflussnahme eine stärkere Rolle als auf dem internationalen Finanzmarkt. Hier braucht man lokales Know-how. Auf der anderen Seite haben wir mit „Burson-Marsteller“ einen internationalen Partner, der riesengroße Unternehmen bei M&As begleitet hat, sowohl in der Finanzmarktkommunikation, als auch bei Change Prozessen. Wir verfügen somit auf diesem Gebiet über zusätzliche Erfahrung. Neumeyer: Was sind die aktuellen Trends der FinanzPR?
Bäck-Knapp: Ein aktueller Trend weltweit ist die Digitalisierung und folglich ist dies auch der aktuelle Trend in der Finanz-PR. Medien sind nicht mehr das, was man noch vor fünf Jahren als Medien bezeichnet hat. Aber gerade Kommunikation über soziale Medien ist in der Finanzkommunikation außerhalb von Österreich absolut gang und gäbe.
Neumeyer: Wie weit ist die PR bei M&A in Österreich entwickelt?
Bäck-Knapp: International hat man bei großen Mergers & Acquisitions zu 95% einen externen Kommunikations16
Cloud-Computing: Andere Länder, andere Sitten?
Lisa Kocher
Sigrid Moser-Sailer, Sprecherin des Unternehmens T-Systems Austria, diskutiert über Datenwolken und Herausforderungen in der internationalen Kommunikation in der IT-Branche.
© Claudia Mann
Lisa Kocher: Bei Cloud-Computing bietet T-Systems ihren Kunden verschiedene Varianten an. Gibt es hier Tendenzen, welche in den unterschiedlichen Ländern unterschiedlich stark angenommen werden?
bale Bedrohungen im Bereich der IT-Security bewältigen zu müssen – bei uns hat Cyber-Security höchste Priorität. Alleine die IT-Security-Abteilung der Deutschen Telekom zählt über 1.100 MitarbeiterInnen, die sich nur um den Schutz der Daten ihrer Kunden kümmern. In Österreich betreiben wir ein eigenes Cyber-Security-Kompetenzzentrum mit 30 Verantwortlichen. Ein weiteres großes Thema ist die Frage, ob meine Daten in Europa oder etwa in den USA liegen. So bietet auch Microsoft seit 2016 seine Cloud-Dienste auch aus deutschen Rechenzentren an. Als strategischer Partner fungiert dabei T-Systems, die sowohl als Betreiber der Rechenzentren, als auch als Datentreuhänder agiert.
Kocher: Das Thema Datenschutz und das Problembewusstsein sind von Staat zu Staat unterschiedlich stark ausgeprägt. Gibt es in Österreich Unterschiede in der Kommunikation?
Kocher: Kann man bei der Kommunikation von CloudLösungen in verschiedenen Ländern einen Unterschied ziehen?
Sigrid Moser-Sailer: T-Systems hat ein umfassendes Cloud-Portfolio, das wir unser „House of Clouds“ nennen. Wir bieten unterschiedlichste Cloud-Lösungen – von der Private-, über die Hybrid- bis zur Public-Cloud – an, jedoch nicht jede Lösung in jedem Land. Beispielsweise gibt es in Österreich die von T-Systems hierzulande entwickelte vCloud, die nach einem Pay-per-Use-Prinzip funktioniert. Einige Länder haben diese Lösung von Österreich übernommen.
Moser-Sailer: Generell sind die Strukturen der UnternehMoser-Sailer: Auf jeden Fall. T-Systems bietet seit vielen men in Deutschland und Österreich sehr unterschiedlich. Jahren Cloud-Lösungen an und unterliegt dem europäiEin großes Unternehmen in Österreich zählt im Verhältschen, aber auch dem österreichinis in Deutschland maximal zu schen Datenschutzgesetz, wobei „Am Ende des Tages lautet die Frage: einem Mittelstandunternehmen. der Datenschutz hierzulande der Die Themen, welche in DeutschWem vertraue ich meine Daten an strengste in Europa ist. Das Theland aufbereitet werden, passen und wer hat am Markt das nötige ma Datenschutz und Datenhalspeziell auf deren Markt. Das Know-how?“ tung ist ein äußerst sensibles, das bedeutet, dass T-Systems in Öswir mit der höchsten Aufmerkterreich für sich entscheidet, wie samkeit behandeln. In Deutschland arbeitet T-Systems das deutsche Portfolio auf den österreichischen Markt daran, ihre Rechenzentren zu konsolidieren und wenige, transformierbar ist. Wir setzen hier neben vielen anderen dafür höchst sichere Standorte anzubieten. Gerade bei der Themen einen besonderen Schwerpunkt auf Lösungen Speicherung und dem Austausch von Daten sieht man, im Gesundheitsbereich und haben das erwähnte Kompedass die Grenzen zwischen den Ländern zunehmend vertenzcenter im Security-Bereich. schwinden. Wünscht sich ein Kunde, dass seine Daten in Österreich bleiben, dann wird diesem Wunsch selbstKocher: Laut Ihrer Website biete das eben angesprochene eHealth enormes Potenzial: Gibt es hier Unterverständlich entsprochen. Wir betreiben im T-Center in schiede im Öffentlichkeitsauftritt? Wien ein eigenes Rechenzentrum, das den höchsten Sicherheitsstandards entspricht. Moser-Sailer: Laut der „Healthcare Information and Management Systems Society“ gibt es ein 7-Stufen-Modell, Kocher: Gibt es Länder, die beim Thema Datenschutz um Digitalisierung in Krankenhäusern zu messen: In Ösweniger Sicherheit in der Kommunikation benötigen? terreich sind Krankenhäuser zwischen den Stufen 2 und 3. Moser-Sailer: Wir stehen vor der Herausforderung, gloEntwicklungspotenzial gibt es im Bereich der Dokumen17
© T-Systems © Shutterstock: Cloud.
Sigrid Moser-Sailer (45) studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie Theaterwissenschaften an der Universität Wien, postgradual Public Relations. Sie arbeitete über acht Jahre als Senior Consultant für „Pleon Publico“, und machte sich 2006 als PR-Beraterin selbständig. Seit 2010 ist sie Unternehmenssprecherin bei T-Systems Austria und seit 2016 auch Associate Partner bei „pantarhei corporate advisors“.
tation, Prozesse, Vernetzung und im Bereich der Kommunikation und Kollaboration in Ergänzung mit mobile Devices. Wie man Digitalisierung optimal einsetzen kann, zeigt unser Kunde, das Kardinal Schwarzenberg´sche Krankenhaus in Schwarzach, das sich bereits seit Jahren mit dem Thema der Digitalisierung beschäftigt und die zahlreichen Vorteile von eHealth nutzt. Kocher: Andere Märkte haben also bereits mehr Akzeptanz in eHealth?
Moser-Sailer: Wenn ich in ein Krankenhaus gehe, werden meine persönlichen Daten x-mal abgefragt. Diese Abfrage ist einerseits lästig, dient aber dazu, eine korrekte Identifizierung vorzunehmen, sodass die Befunde etc. der richtigen Person zugeordnet werden. Aber jede/r Patient/ in ist sicher froh, wenn die eigenen Daten sicher gespeichert und für den zuständigen Arzt oder die Ärztin auf einen Blick abrufbar sind. Kritischer zu sehen ist andererseits die Datenhaltung im niedergelassenen Arztbereich. Da ist es für mich verständlich, dass die Öffentlichkeit äußerst sensibel reagiert. Ob hier allerdings Unterschiede zwischen Ländern bestehen, kann ich nicht beantworten, da ich die Marktgegebenheiten nicht kenne. Kocher: Auf Ihrer Website habe ich den Begriff „absoluter Datenschutz“ gefunden. Die Verlinkung des Begriffs führt zu einer Seite, die nicht existiert – bedeutet das, symbolisch gesprochen, dass es absoluten Datenschutz nicht gibt?
Moser-Sailer: Das stimmt, absoluten Datenschutz gibt es nicht.
Kocher: Wie gehen Sie dieses Thema im Markenauftritt an, um Kunden trotzdem das Gefühl zu geben, dass Sie alles Mögliche dafür tun?
Moser-Sailer: Jedes Unternehmen sollte sich eingehend mit seinem Anbieter auseinandersetzen und Fachleute zu Rate ziehen. Jedoch muss jeder seine eigene DatenschutzStrategie haben, Bedrohungsszenarien definieren und Schutzmaßnahmen implementieren. Wenn ein Vorfall passiert und das Unternehmen beispielsweise angegrif-
fen wird, dann muss man wissen, was zu tun ist und die Krisenstrategie stehen. Das ist einem Shitstorm gleichzusetzen – beginne ich erst dann Zuständigkeiten zu definieren, Lösungen zu diskutieren und reagiere Tage später, dann ist es definitiv zu spät. Kocher: Wenn etwas passiert, ist die Krisenkommunikation beim Kunden selbst verankert und bzw. oder bei T-Systems?
Moser-Sailer: Wir haben neben einem Krisenstab, der sich um die technischen Lösungen kümmert selbstverständlich auch ein Krisenkommunikationsteam, das die Kommunikation verantwortet und gegebenenfalls auch die Kommunikation mit dem Kunden organisiert. Kocher: T-Systems übernimmt doch auch die Verantwortung, wenn etwas passiert?
Moser-Sailer: Absolut, wenn der Fehler bei uns liegt. Wir helfen aber dem Kunden natürlich, wenn er selbst Probleme hat. Kocher: Gelten hierzu internationale Vorgaben, wie die Krisenkommunikation ablaufen soll oder erledigt das jedes Land für sich?
Moser-Sailer: Jedes Land hat seinen eigenen Krisenstab und laufend Krisenübungen, bei welchen der Stab zusammengerufen und analysiert wird, wie schnell T-Systems im Stande ist, die Kommunikation aufzustellen. Das ist ein wichtiges und sich ständig veränderndes Thema, denn keine Krise ist wie die andere und jede bringt unterschiedliche Herausforderungen mit sich.
Kocher: Was war das schönste PR-Erlebnis bei T-Systems für Sie?
Moser-Sailer: Vor einem Jahr haben wir im eigenen Haus in Kooperation mit der Österreichischen Post die „Kofferraum-Logistik“ entwickelt. Dieses Machine-toMachine-Projekt wurde komplett durch unsere eigenen MitarbeiterInnen initiiert und mit der Post umgesetzt. Kommunikationstechnisch hat diese Geschichte eine sehr breite und überaus positive Öffentlichkeit erfahren. 18
„Die Welt in absoluten Gleichklang zu bringen, ist ein äußerst ambitioniertes Projekt“
Sonja Kollerus
Walter Schneebauer, PR-Manager von Kiehl’s, Urban Decay und Clarisonic, spricht mit „PRaktivium“ über Chancen und Stolpersteine der interkulturellen Kommunikation.
© Claudia Mann
Sonja Kollerus: Mit Ihrem Markenportfolio bewegen Sie sich sowohl in der pflegenden, als auch in der dekorativen Kosmetik. Für wie wichtig halten Sie kulturelle Prägungen in der Schönheitsindustrie und welchen Unterschieden begegnet man in verschiedenen Märkten?
Walter Schneebauer: Eines der plakativsten Beispiele stellt der Teint dar: In Asien gilt es als schön, möglichst blass zu sein. Bei uns assoziiert man Blässe eher mit Kränklichkeit, ein leicht bronzefarbener Teint hingegen wirkt vital, frisch, jugendlich und entspannt. Diese Unterschiede spiegeln sich in der Produktwelt wieder. So gibt es für den asiatischen Markt von Kiehl’s Produkte, die Whitening-Effekte aufweisen. In Österreich führen wir solche Produkte nicht im Sortiment, da die Nachfrage schlichtweg nicht gegeben ist. Auch in der dekorativen Kosmetik bei Urban Decay variieren die Ideale je nach Kulturkreis: Während sich mitteleuropäische Frauen zwar gerne schminken, halten sie das Make-up für den Alltag doch dezent. In den USA oder auch in Großbritannien gilt das Motto „Mehr ist mehr“. Hier begegnet man Make-up auf der Straße, die eine Österreicherin nur für ein spezielles Event wählen würde. Kollerus: Kommt es bei solch konträren Schönheitsidealen vor, dass die Bedürfnisse einer Kultur auf Nichtakzeptanz in anderen stoßen?
Schneebauer: Ich würde es eher „Unverständnis“ nennen. Sicherlich wird es in europäischen Ländern Menschen geben, die es nicht nachvollziehen können, dass in asiatischen Ländern ein gewisses Kindchenschema gepaart mit heller Haut ein Trend ist. Auch unsere Schönheitsideale werden von anderen Kulturen sicherlich belächelt. Ob es hierzulande jemals zu Kritik kam, kann ich nicht beantworten, denn die besagte Whitening Creme steht in Österreich nicht zum Verkauf. Kollerus: In China ist es Pflicht, Tierversuche für Kosmetika durchzuführen. Wie geht man mit den Rah19
menbedingungen in verschiedenen Ländern um und welche Risiken und Chancen ergeben sich daraus?
Schneebauer: Das sind ganz wichtige Themen, weil wir natürlich auch ethische Werte vertreten. Urban Decay gibt es beispielsweise nicht am chinesischen Markt genau aus diesem Grund. Wir möchten uns hierbei keinen Tierversuchen unterziehen, weil wir die Marke weitgehend vegan halten wollen. Das ist eine Prinzipienfrage. Aber die ökonomische Realität betrachtend ist China ein großer Markt. Natürlich schraubt es die Umsatzzahlen in die Höhe, wenn man dort vertreten ist. Jedoch ist es immer noch wichtiger, dass alles, was wir tun, mit unseren Prinzipien vereinbar ist. Natürlich ergeben sich aus solchen Rahmenbedingungen auch Chancen. Durch den Verzicht auf die Platzierung in China sind wir wesentlich attraktiver am europäischen Markt. Hiesige KundInnen werden immer bewusster in puncto Kauf: Ist ein Produkt vegan, glutenfrei, parabenfrei oder silikonfrei? Das sind Themen, für die gewisse Zielgruppen sehr sensibel sind. Dabei gilt es transparent aufzutreten, dann wird man auch als Marke mit Gewissen wahrgenommen. Kollerus: Lässt sich dies auch tatsächlich umsetzen, oder wird dann wiederum die Zugehörigkeit zu einem nicht-tierversuchsfreien Konzern kritisiert?
Schneebauer: Das lässt sich schon umsetzen, wenn ich jetzt nur für Urban Decay spreche. Es gilt dies auch vom Konzern zu trennen. Die Marken stehen für sich, haben unterschiedliche Markenbilder und vertreten unterschiedliche Werte. Kollerus: Inwieweit wird die Kommunikation dezentralisiert bzw. zentralisiert, um die Markenbilder weltweit zu vermitteln?
Schneebauer: Es gibt Guidelines für alle Brands. Ich vertrete drei internationale Marken und es ist wichtig, dass auch weltweit eine Corporate Identity bewahrt
© Privat © Shutterstock: oliveromg
Walter Schneebauer, Jahrgang 1987, studierte Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. Während seines Bachelor-Studiums arbeitete er bei „Ö3“, „KRONEHIT“, „Antenne Wien“ und „Schau TV“. Nach einem Praktikum in der Marketingabteilung von Giorgio Armani Parfums war er im L’OréalKonzern, dann mehr als zwei Jahre im Marketing für Yves Saint Laurent Beauté tätig, ehe er in die PR wechselte.
wird. Nur so kann die Integrität der Marke und deDann muss man ehrlich kommunizieren, um transparen Wiedererkennungswert gewährleistet werden. Eine rent zu bleiben, aber ohne zu viel vorwegzunehmen, Marke wie Kiehl’s, die traditionell und in ihrer Markenwenn man eventuell selbst noch ein Kommunikationsgeschichte in der Pharmazie verankert ist, verlangt nach Embargo hat. Im Print-Bereich sind Veröffentlichungen gut kontrollierbar, online fällt die Steuerung des einem sachlicheren Kommunikationsstil. Hier werben Informationsflusses schwer. Das ist natürlich schade, wir rein mit Produkten und Produktabbildungen. Urban denn man möchte gerne mit Neulancierungen, die heiß Decay hingegen ist eine Make-up-Marke: Hier dürfen erwartet werden, einen WOW-Effekt zaubern. Diese Formulierungen einer Presseaussendung auch wesentMöglichkeit wird durch das Internet oft genommen. lich lustiger und frecher sein. Die Sujets jedoch werden Natürlich wäre es hier wünschenswert, wenn alles weltan den Kulturkreis angepasst, etwa im arabischen Raum. weit zum gleichen Zeitpunkt in den Regalen stehen Wie viel Haut darf ich zeigen? Kommen prominente würde, damit wir am gleichen Strang ziehen. Aber die Testimonials zum Einsatz? So ist die geografische AusWelt in absoluten Gleichklang dehnung des Sujets zum Einem zu bringen, ist ein äußerst ambivon den Vertragsbedingungen „Das kulturelle Schönheitsideal ist tioniertes Projekt, befürchte ich. mit der jeweiligen Person, aber ganz essentiell, da dieses je nach Präauch von der internationalen gung konträr ausfällt.“ Strahlkraft des/r Prominenten Kollerus: Wird dies nicht zugleich zum Vorteil, wenn für abhängig. Summa summarum Produkte im Vorfeld Neugierde geweckt wird? kann man hier nicht generalisieren: Inwieweit im operativen Kommunikationsmanagement zentralisiert wird, Schneebauer: Natürlich kann das auch ein Vorteil sein: hängt von variablen Faktoren ab. Man erkennt, wie stark um ein Produkt ein Hype entsteht. Dies ist ein wichtiger Input für den heimischen Kollerus: Das Internet sprengt örtliche und zeitliche Markt. Daraus kann man ableiten, worauf der Fokus in Barrieren. Dabei wird besonders die Kosmetikbrache der Kommunikation zu legen ist. von Digital Influencers besetzt. Inwieweit hat man selbst noch die Kommunikation in der Hand, sind Botschaften überhaupt noch geografisch zu trennen?
Schneebauer: Es ist durchaus eine stetig zunehmende Herausforderung, auch wenn das Internet per se, soziale Netzwerke im Speziellen längst kein neues Phänomen sind. Die unterschiedlichen Lancierungsdaten in diversen Ländern stellen für uns in Österreich eine Herausforderung dar. Bedingt durch Produktions- und Lieferzyklus können hier zeitliche Verzögerungen resultieren. So kommt es vor, dass ein Produkt in den USA schon am Markt ist, bei uns jedoch erst in einem halben Jahr erscheinen wird. Heimische KooperationspartnerInnen kommen dann auf mich zu, weil diese natürlich auch international recherchieren und Informationen wollen.
Kollerus: Was sind für Sie zusammenfassend die zentralen Erfolgsfaktoren in der internationalen Kommunikation?
Schneebauer: Zum einem ist es wichtig, ein engmaschiges Netzwerk mit den KooperationspartnerInnen aufzubauen. Hier lauten die obersten KommunikationsMaximen: Ehrlichkeit und Transparenz. Gibt man Halbinformationen preis, rächt sich das früher oder später. Ehrlichkeit währt immer noch am Längsten. Und auch Schnelligkeit, Genauigkeit und Flexibilität sind zu betonen. Du bist in der PR, um erreichbar zu sein.
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Sonja Schrötter
Beschwerdemanagement als Säule der internationalen Kommunikationsarbeit in der Hotellerie
© Claudia Mann
Virtuelle Kundenbewertungen beeinflussen Entscheidungen zukünftiger KonsumentInnen in hohem Maße. In der Hotellerie haben sich einige Kanäle etabliert, die gleichzeitig als Segen und als Fluch angesehen werden. Anne Wahl, Public Relations und Communications Manager im Palais Hansen Kempinski Wien, erläutert in ,,PRaktivium“ die Relevanz des Beschwerdemanagements für eine internationale Hotelgruppe.
Sofia Schrötter: Welchen Stellenwert hat das Beschwerdemanagement im Palais Hansen Kempinski und inwiefern nutzen Sie es für die Öffentlichkeitsarbeit?
keitsfaktor kommt die hohe Reichweite der digitalen Kanäle: Diese können eindeutig als Medien an sich betrachtet werden, und daher sehe ich es als Aufgabe der PR sich ihrer anzunehmen.
Anne Wahl: Das Beschwerdemanagement ist bei uns an oberster Stelle angesiedelt, da jeder Gast mit gewissen Erwartungshaltungen in ein 5 Sterne-Haus kommt, und Schrötter: Segen oder Fluch – wie schätzen Sie das Potenzial von Online-Bewertungsportalen wie „Holidaydementsprechend sehen wir es als unsere Mission, diesen check“, „Tripadvisor“ oder auch Erwartungen mehr als gerecht zu Social Media-Kanälen für die PR werden. Wenn es eine Anmer„Es ist wichtig, individuell auf jeden ein? kung gibt, heißt das für uns in einzelnen Gast einzugehen, sich die allererster Linie, dass wir es an irWahl: Das Wichtigste an solchen gendeinem Punkt nicht geschafft Sorgen und Nöte anzuhören und dann Kanälen ist, sie respektvoll und haben. Zum Glück erfreuen wir nach einer ebenso individuellen Lö- mit sehr viel Bedacht zu bearbeiuns einer sehr guten Gästezufrieten. Besonders schade sind beisung zu suchen.“ denheit und sind deswegen auch spielsweise falsche sowie gekaufte auf Online-Bewertungsportalen Bewertungen, unter denen diese wie „Tripadvisor“ sehr gut gelistet. Darüber hinaus gibt Portale leiden. Das ist es, was viele als Fluch bezeichnen. es eine Kempinski-Umfrage, die nach der Abreise an die Auf der anderen Seite entsteht ein unglaublicher Mehrwert Mail-Adresse des Gastes verschickt wird, wenn diese beim für die Privatperson, und der Vertrauensaufbau beginnt Check-In hinterlegt wurde. bereits in dieser Vorbereitungsphase. Auch die Hotels profitieren davon – über Bewertungsportale erhalten wir viel Schrötter: Viele PR-Branchenfachleute sehen Bemehr Feedback, das wir entsprechend umsetzen können. schwerdemanagement nach wie vor nicht als Teil von Public Relations. Warum ist das Ihrer Meinung so?
Wahl: Diese Diskussion kenne ich sehr gut, da ich sie selbst schon oft geführt habe. Eines ist dabei ganz entscheidend: Kommunikation muss man als großes Ganzes sehen – egal in welchem Kanal kommuniziert wird. Wenn man PR in der klassischen Definition als reine Pressearbeit versteht, befindet sich das Beschwerdemanagement relativ weit davon entfernt. Allerdings sind Beschwerden, Anmerkungen und jegliches Feedback aufgrund ihrer Dialogorientierung und der sozialen Medien öffentlich geworden und daher in unserer Zeit auf jeden Fall ein relevanter Teilbereich der Öffentlichkeitsarbeit. Zusätzlich zu diesem Öffentlich21
Schrötter: Kann davon ausgegangen werden, dass StammkundInnen eine höhere Toleranzgrenze haben, wenn in ihrem Urlaub etwas nicht reibungslos klappt?
Wahl: Ich glaube nicht. Generell hängt es sehr von der individuellen Erwartungshaltung des Gastes ab, an was er oder sie sich stört und an was nicht. Wenn jemand ein Hotel in der Erwartung betritt, dass dort kein Staubkorn liegt (was erwartet werden darf ), wird er oder sie darauf besonders genau achten. Jemand, dem das Speisenangebot besonders wichtig ist, wird so etwas wahrscheinlich nicht einmal bemerken. Von besonderer Bedeutung ist insgesamt die emotionale Ebene. Ein Business-Gast erwartet natür-
© Palais Hansen Kempinski Wien © Shutterstock: Den Rise
Mit 28 Jahren kann Anne Wahl, Public Relations and Communications Manager im Palais Hansen Kempinski Vienna, schon auf ein spannendes Berufsleben zurückblicken. Bereits während ihres Studiums der Kommunikationswissenschaft und Wirtschaftswissenschaften in München sammelte sie erste PR-Erfahrungen in Agenturen. Durch Zufall gelangte sie anschließend in die Hotellerie und begann ihre Karriere als Public Relations Coordinator im Hotel Adlon Kempinski Berlin. Nach zweieinhalb Jahren wurde die Stuttgarterin nach Wien befördert, wo sie nun seit Februar 2015 die Public Relations des Palais Hansen Kempinski leitet.
lich perfekten Service. Aber wenn jemand in das Hotel kommt, um einen Heiratsantrag zu machen, misst er oder sie dem Aufenthalt einen ganz anderen Wert bei. Hier ist es wesentlich im Voraus zu beachten, dass mit der persönlichen Bedeutung der Situation auch die Gefahr negativer Emotionen steigt. Auf der anderen Seite kann man hier natürlich auch besonders punkten. Schrötter: Sind Beschwerden kulturell geprägt und falls ja: Welche Unterschiede sind dabei bei der Handhabung zu beachten? Setzen Sie dabei auf budgetfreundliche Standardisierung oder auf Differenzierung?
Wahl: Ich glaube, der Punkt muss früher angesetzt werden. Man muss sich im Klaren sein, dass Menschen unterschiedlicher Kulturen in ein internationales Hotel kommen und sich dementsprechend darauf vorbereiten. Beispielsweise erwarten asiatische Gäste Zahnbürsten im Zimmer und muslimische Gäste wollen oft keinen Alkohol in der Minibar. Unterschiedliche Mentalitäten legen Wert auf unterschiedliche Dinge und darauf sollte man aufbauen. Wenn jeder seinen Job so gut macht, wie es erwartet wird, und man sich im Vorfeld vorbereitet, kann man negativen Anmerkungen gut vorbeugen und die Erwartungen des Gastes sogar übertreffen. Schrötter: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Fehler, die man im Bereich des internationalen Beschwerdemanagements machen kann?
Wahl: Nicht zuhören. Es ist unabdingbar, dass dem Gast zuallererst die Möglichkeit gegeben wird, sich über mehrere Kanäle mitzuteilen. Der größte Fehler, den man machen kann ist, Sachverhalte „abzubügeln“ und zu denken, dass sich der Gast aus irgendeinem pauschalisierten Grund beschwert.
Schrötter: Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung des Beschwerdemanagements als Teilgebiet der PR?
Wahl: Je mehr die Vernetzung der Menschen zunimmt, desto mehr werden sich die verschiedenen Bereiche ineinander verzahnen. Der Gast unterscheidet nicht, ob die Kommunikation persönlich erfolgt, per Mail, auf Social Media oder via mobiler Applikation – der Gesamteindruck zählt. Genau deshalb wird die Verschmelzung der verschiedenen Bereiche auch eine Herausforderung für die Zukunft. Ich glaube auch, dass die entsprechenden Bewertungsportale an sich arbeiten müssen, um einen hohen Standard gewährleisten und Glaubwürdigkeit bewahren zu können. Schrötter: Durch welche Besonderheiten ist die Arbeit in der internationalen Hotellerie, verglichen mit anderen Branchen, gekennzeichnet?
Wahl: Ich glaube, Nervenstärke ist eine Voraussetzung für jede Person, die im Kommunikationsbereich in der Hotellerie arbeitet. Man muss sich daran gewöhnen – und das ist ein Fakt, der nicht zu unterschätzen ist –, dass ein Hotel 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche geöffnet hat. Das heißt, es können zu jedem Zeitpunkt Dinge passieren und man muss einfach auch lernen gedanklich abzuschließen. Ansonsten ist es wichtig, sehr offen für jegliche Menschen und Kulturen sein, weil wir hier Gäste aus aller Welt empfangen, was ich als sehr große Bereicherung empfinde. Dies erfordert allerdings auch Flexibilität: Ich kann mich morgens mit jemandem aus Dubai unterhalten, zwischendurch mit einem Amerikaner, abends mit einer Österreicherin und dabei führe ich drei von Grund auf unterschiedliche Gespräche – aber genau diese Abwechslung macht den Job auch so spannend.
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Internationale Destination-PR am Beispiel Wien
Viktoria Feiks
Um einer Destination zu positiver internationaler Medienpräsenz zu verhelfen, benötigt es Know-how und Kooperationen. Isabella Rauter, Leiterin des Medienmanagements von WienTourismus, spricht im „PRaktivium“-Interview über Ziele, Ansprüche und Herausforderungen internationaler Destination-PR.
© Claudia Mann
Viktoria Feiks: Gerade bei länderübergreifender Tourismus-PR gilt es, viele unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Was benötigt in Ihren Augen eine gute PR-Strategie, um unterschiedliche Gruppen und Märkte ansprechen zu können?
sich dies gut ergänzt. Derartige Kriterien sind jedoch sehr marktspezifisch und individuell, eine allgemeingültige Antwort kann ich daher nicht geben. Feiks: Was ist neben einem Netzwerk noch von Bedeu-
tung, wenn es darum geht, international eine DestinaIsabella Rauter: WienTourismus arbeitet aktiv mit 20 tion zu kommunizieren? Herkunftsmärkten, aus diesem Grund ist es besonders wichtig, ein gutes Netzwerk an PartnerInnen zu haben. Rauter: Zusätzlich ist es wichtig, der gesamten KommuNeben der Österreich Werbung arbeiten wir in gewissen nikation – nicht nur einem Teilbereich – eine Leitlinie Märkten wie Deutschland, Großvorzugeben. Wir haben beispielsbritannien, Türkei oder Brasilien weise bestimmte Brand-Assets „Es kommt durchaus vor, dass auf auch mit PR-Agenturen zusamdefiniert, die das breite Angebot einem bestimmten Markt gewisse men. Sie fungieren als zusätzliche von Wien widerspiegeln und steAnsprechstationen und können Aspekte eines Themas sehr gut funkti- tig kommuniziert werden. Daonieren, andere dafür gar nicht.“ zu JournalistInnen im betreffenrüber hinaus werden auch Jahden Land Kontakt halten. Darresthemen gesetzt, wodurch die über hinaus werden durch PartnerInnen wichtige Inforgesamte Kommunikation einen gewissen thematischen mationen über einzelne Medien, die Medienlandschaft Schwerpunkt erhält. Danach kommt wieder die Marktgenerell, aber auch über wirtschaftliche oder politische kenntnis der einzelnen MedienmanagerInnen und der Entwicklungen eingeholt. Man bekommt dadurch einen PartnerInnen ins Spiel, um herauszufinden, welche Theviel besseren Eindruck von den Gegebenheiten und erhält men auf welchem Zielmarkt wie funktionieren. wichtige Hinweise auf Veränderungen, auf die vielleicht reagiert werden muss. Je weiter der Markt weg ist, desto Es kommt durchaus vor, dass auf einem bestimmten schwieriger wird es für einen selbst, solche Informationen Markt gewisse Aspekte eines Themas sehr gut funktiozu beschaffen und desto wichtiger ist es, gute PartnerInnieren, andere dafür gar nicht. Hier muss man sich an nen zu haben. die spezifischen Marktgegebenheiten, die sehr unterschiedlich sein können, anpassen. Beispielsweise müssen Feiks: Wie gehen Sie bei der Auswahl dieser Partnerbei einem neuen Markteintritt erst einmal die „Basics“ Innen vor? einer Destination nähergebracht werden. Würde man Rauter: In einem ersten Schritt wird meistens recherdie gleichen Themen in sogenannten „Nahmärkten“ wie chiert, welche Agenturen oder potenzielle andere PartnerDeutschland, Italien oder Frankreich kommunizieren, Innen es gibt. Zum Teil informieren wir uns auch bei würde den JournalistInnen vermutlich langweilig werden. JournalistInnen, mit welchen Agenturen sie zusammenEs ist sehr interessant, sich die verschiedenen Presseclips arbeiten. Bei der Auswahl kommt es dann darauf an, was anzusehen: Wir kommunizieren ein Thema auf untereinem wichtig ist: Für uns ist es wesentlich, dass diese schiedlichen Märkten und sehen dann, wie unterschiedAgenturen Tourismuserfahrung haben, da dies ein ganz lich JournalistInnen die Themen wahrnehmen und weieigener Bereich in der PR ist. Aber sie sollen auch ein bissterverarbeiten, sei es mit Bild oder Text. Es ist wirklich chen über den Tellerrand blicken können, zum Beispiel, spannend zu sehen, wo dann – nach unserer PR – die indem die Agentur auch im Lifestyle-Bereich tätig ist, da einzelnen Schwerpunkte liegen. 23
© WienTourismus/Helmut Wallner © Shutterstock: maxsattana
Mag. Isabella Rauter ist Teamleiterin des Medienmanagements sowie stv. Leiterin des Markt- und Medienmanagements von WienTourismus. Nach ihrem Publizistik- und PhilosophieStudium an der Universität Wien war sie für verschiedene Wiener PR-Agenturen tätig. Bevor es sie zu WienTourismus verschlug, leitete sie fünf Jahre lang die PR von Kärnten Werbung.
Feiks: Also ist es tatsächlich so, dass Bildsprache und thematische Schwerpunkte der Berichterstattung je nach Markt variieren?
Rauter: Ja, absolut. Betrachten wir beispielsweise ein japanisches Medium und dessen Seitenaufbau, ist der Zugang schon ein komplett anderer. Auch würden gewisse Bildinhalte in manchen Ländern gar nicht akzeptiert werden. Gewisse Dinge kann man in gewissen Ländern einfach nicht kommunizieren, und das muss man auch wissen und in der internationalen Tourismus-Pressearbeit beachten. Das ist einer der Gründe, weshalb es so wichtig ist, das jeweilige Land und die Kultur zu kennen: um den richtigen Ton zu treffen. Hierfür gibt es, neben viel Know-how innerhalb unserer Firma, für unsere Abteilung zum Teil auch Kulturschulungen. Aber natürlich unterstützen und helfen uns da auch wieder unsere PartnerInnen vor Ort. Feiks: Wie werden die einzelnen Medien eingesetzt und welche Länderspezifika gibt es dabei?
Rauter: Grundsätzlich verfolgen wir eine LeitmedienStrategie. Wir definieren also schon im Vorfeld, welche Medien wir in erster Linie ansprechen wollen. Bei uns sind natürlich die Tourismus- und Reisemedien besonders wichtig. Es geht aber auch über klassische Medien hinaus, da sich die gesamte Medienwelt in einem Umbruch befindet und immer mehr in Richtung Digitalisierung geht. Heutige Leitmedien sind in zehn bis zwanzig Jahren vielleicht keine mehr. Es ist auf jeden Fall wesentlich, am Puls der Zeit zu sein, und diesen Anspruch stellen wir auch an uns selbst. Manche Länder sind technologisch schon sehr weit vorne oder nutzen andere Medien. Auch im Social Media-Bereich existieren Spezifika: Betrachtet man hier die Märkte China und Brasilien, sieht man, dass diese mitunter komplett andere Plattformen nutzen als wir. Daher muss man Bescheid wissen, welche Technologien wo genutzt werden. Wir arbeiten aber auch mit Bloggers und Influencers zusammen, wobei darauf geachtet wird, wie hoch deren Reichweite oder Interaktionsrate ist, wie
die Texte geschrieben sind und wie die Fotos aussehen. Das heißt, wir fokussieren darauf, wie das Gesamtbild zur Marke passt. Feiks: Gehen wir kurz auf Zielgruppen ein. Einerseits gibt es die Zielgruppen der Marke „Wien“, welche anhand neurowissenschaftlicher Erkenntnisse definiert wurden und andererseits die Zielgruppen Ihrer Tätigkeit. Werden die Zielgruppen in den Zielmärkten durch die „Limbic Map“ besser operationalisierbar und wird somit die Ansprache von JournalistInnen erleichtert?
Rauter: Ja, sicher sogar. Wir sprechen in erster Linie Reise- und darüber hinaus LifestylejournalistInnen an. Aber natürlich auch JournalistInnen aus den Bereichen Musik, Kultur, TV oder Radio. Das sind unsere primären Zielgruppen bei der internationalen PR. Erst vor kurzer Zeit hatten wir einen Markenrelaunch, bei dem auch die Zielgruppen der Marke neu definiert wurden. Nun haben wir eine globale Zielgruppe, die sogenannten „Offenen“, und drei erweiterte globale Zielgruppen. Diese Zielgruppen eignen sich besonders gut, um Wien-Gäste zu werden. Dementsprechend sind natürlich die Werbelinie und auch die PR-Arbeit ausgerichtet. Aus den schon zuvor erwähnten Brand-Assets werden die Inhalte generiert. Durch Rücksichtnahme auf die thematischen Interessen der Zielmärkte kann dann geschaut werden, wo man die JournalistInnen und in weiterer Folge die LeserInnen als Zielgruppe abholt.
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70 Länder, ein Konzern: Regionales Issues Management Alexandra Sponner
Die Allianz als globale Versicherungsgesellschaft ist in über 70 Ländern tätig. Manfred Rapolter, Leiter der externen Kommunikation in Österreich, spricht im „PRaktivium“-Interview über das Issues Management und die Rolle eines regionalen Fokus.
© Claudia Mann
Alexandra Sponner: Welchen Stellenwert nimmt das Issues Management in der Unternehmenskommunikation ein?
Manfred Rapolter: Im Feld der Unternehmenskommunikation ist es eines der wichtigsten Themen. Mit Issues Management als Teil der Krisenkommunikation soll die frühzeitige Identifikation von heiklen Themen, national oder international, ermöglicht werden. Diese Issues können beispielweise aus der Gesetzgebung, einer Veränderung im Kundenverhalten oder der medialen Berichterstattung resultieren. Sponner: Beschreiben Sie bitte kurz den Ablauf des Issues Management- Prozesses in der Allianz. Welche Instrumente setzen Sie dabei ein?
Sponner: Wird das Issues Management zentral gesteuert oder gibt es dabei Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern?
Rapolter: Wir haben in Österreich sehr viele Freiheiten und sind im Issues Management eigenständig. Das heißt, wir müssen unseren (Medien-)Markt im Griff haben. Unser Umfeld beobachten wir natürlich auch auf internationaler Ebene, beispielsweise bei Gesetzgebungsprozessen oder bei Produkten, die es in Österreich noch nicht gibt. Dann können wir auch sehen, wie dort die Medien reagieren. Größere und vor allem langfristige Themen, wie der demografische Wandel oder die Digitalisierung, beschäftigen uns ebenfalls international. Dabei kommt es immer wieder zu Abstimmungen. Vor allem bei der Krisenkommunikation gibt es Prozesse, die gleich ablaufen. Aber in puncto Zugang gibt es durchaus Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern: In Österreich existieren eher flache Hierarchien, wohingegen Frankreich wesentlich hierarchischer strukturiert ist.
Rapolter: Als längerfristige Maßnahme im Prozess haben wir in der Allianz Gruppe sogenannte „Topic-Manager“, die für die Kommunikation von Themen verantwortlich sind. Gemeinsam werden monatlich unterschiedlichste Themenfelder diskutiert, die für die aktive Kommunikation genutzt werden sollen. Aber auch heikle Themen Sponner: Welche Ziele verfolgen Sie durch den Einsatz von Issues Management und welche Risiken gibt es? werden berücksichtigt und es wird ein Vergleich mit anderen Ländern gezogen. Innerhalb der Allianz in ÖsterRapolter: Einerseits gibt es das reaktive Issues Managereich gibt es wöchentliche Vorstandssitzungen, wo ebenment im Bereich der Krisenprävention und andererseits falls relevante Themen diskutiert werden. Die klassische das aktive Issues Management, mit dem wir uns als TheMedienbeobachtung über nationale und menführer in verschiedenen Bereichen posiinternationale Presseagenturen sowie das „In der Allianz-Gruppe tionieren können. Social Media-Monitoring sind Instrumengilt der Grundsatz: Gerade in Österreich ist dieses Ziel sehr te, die wir täglich einsetzen. Dabei beziehen wir auch sehr viele Informationen aus ‚All business is local‘.“ wichtig, weil wir hier als VersicherungsgeDeutschland und der Schweiz. Mit Hilfe sellschaft, gemessen am Marktanteil, an vierdes Social Media-Monitorings beobachten wir, wie in den ter Stelle sind. Wir sind hierzulande nicht börsennotiert, unterschiedlichen Netzwerken über den Konzern berichtrotzdem wollen wir auch für (Wirtschafts-)JournalistIntet wird und wo es Interaktionen gibt, um beispielsweinen interessant sein. Das erreichen wir vor allem durch se auf einen „Shitstorm“ vorbereitet zu sein. Das Issues die aktive Kommunikation in den Themenfeldern DigitaManagement und der Schutz der Reputation der Allianz lisierung, Mobilität, demographischer Wandel, Asset Masind wesentliche Aspekte und schwingen daher im Unternagement, Altersvorsorge, Risikoabsicherung sowie Allinehmen überall mit, weil wir alle Stakeholder berücksichanz als Arbeitgeber. Das größte Risiko ist es, zu langsam tigen müssen – bei allem was wir tun. 25
© Fotostudio WILKE © Shutterstock: Mooshny
MMag. Manfred Rapolter, MA, ist seit mehr als zehn Jahren bei der Allianz Gruppe tätig und seit drei Jahren Leiter der externen Kommunikation / Media Relations. Er hat seine Magisterabschlüsse in Politikwissenschaft, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Volkswirtschaft und einen Masterlehrgang für Public Communication absolviert. Er ist seit zwölf Jahren als Lehrbeauftragter der Universität Wien tätig und hält auch Gastvorträge an anderen Hochschulen.
zu sein. Unser Kernziel ist es, nicht mit heiklen Themen von den Medien überrascht zu werden. Daher sollten die Prozesse intern demgemäß gestaltet sein, dass Issues schon vorher abgefedert werden können. Denn wenn man nicht schnell genug reagiert, haben auch kleine Ereignisse, wie etwa eine unbeantwortete Kundenbeschwerde, das Potenzial sich zu Größerem zu entwickeln. Besonders die Schnelligkeit der Reaktion ist hier sehr wichtig – das ist eine Entwicklung, die sich in den letzten zehn Jahren beschleunigt hat. Sponner: Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren beim Issues Management?
Rapolter: Wenn sich ein Issue in Richtung Krise entwickelt, geht es um Schnelligkeit. Grundsätzlich empfehle ich die Orientierung an den Prinzipien der „Arthur W. Page Society“. Diese Gesellschaft, die in den USA von führenden KommunikationsexpertInnen im Bereich Public Relations und Unternehmenskommunikation geründet worden ist, hat sieben Prinzipien guter Kommunikation festgelegt. Wenn man diese sieben Prinzipien als Richtschnur heranzieht, hat man sehr gute Chancen, das Issues Management erfolgreich zu gestalten. Und wenn es darum geht, Themen zu „treiben“, gerade auch im internationalen Bereich, ist es wichtig, dass jede Geschäftseinheit individuell für den entsprechenden Markt agiert. Denn grundsätzlich sollte es einen globalen Themenkonsens geben, die spezifizierte Umsetzung jedoch hängt idealiter von den einzelnen Gesellschaften ab. Wenn wir bei der Allianz etwa eine Studie erhalten, haben wir die Freiheit darüber zu entscheiden, ob wir sie verwenden und welche Themen wir herausnehmen und für Presseaktivitäten nutzen. Das ist auch der Grund, warum wir im Peer Group-Vergleich mit anderen Versicherungsgesellschaften auch international sehr erfolgreich sind.
Sponner: Bei welchen Aspekten des Issues Managements sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Rapolter: Im Vergleich mit der Medienarbeit, bei der durch die Beobachtung der Presseagenturen und der sozialen Netzwerke Themen identifiziert werden, können beim Kundenkontakt relevante Issues häufig erst durch Nachfrage oder Kundenbefragungen eingeschätzt werden. An dieser Schnittstelle fehlt es vor allem an Schnelligkeit, was für uns eine Herausforderung in der Optimierung darstellt. Auch hier geht es darum, frühzeitig darauf einzuwirken, dass alle KundenberaterInnen bestmöglich auf die Bedürfnisse der KundInnen eingehen, wenn sie ein Anliegen haben. Sponner: Welche Handlungsempfehlungen können Sie für das Issues Management in international tätigen Unternehmen geben?
Rapolter: Dringlich ist es, den Dialog zu fördern. Obwohl man Videokonferenzen oder Conference Calls abhalten kann, und auch wenn es budgetäre Restriktionen gibt, sollten sich die KommunikatorInnen, sei es weltoder europaweit, zumindest einmal im Jahr persönlich treffen. Dabei ist es wichtig, dass der Austausch zwischen den Gesellschaften in den einzelnen Ländern gefördert wird und man voneinander lernen kann. Aber es sollte auch eine entsprechende Feedbackkultur im Unternehmen geben, sodass die KommunikatorInnen auch Verbesserungsvorschläge für die internationale Kommunikation darlegen können. Und obwohl in Europa vieles zusammenwächst, funktionieren Medienmärkte in den einzelnen Ländern zum Teil realiter anders. Daher würde ich empfehlen, dass man die PR-Arbeit in regionale Hände gibt und eben dann im Krisenfall schnell den Draht zur Zentrale hat, um dort Rat einholen zu können, oder auch auf die Feedbackschleife zurückzugehen und sie zu informieren.
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Media- und Kommunikationsberatung Eventmanagement
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Media- und Kommunikationsplanung Public Relations Werbung und Dialogmarketing Marketing
Infos zum Bachelorstudium | www.fhstp.ac.at/bmk Das Bachelorstudium Media- und Kommunikationsberatung bereitet auf eine Karriere in nationalen und internationalen Agenturen und Marketing-Abteilungen vor. Sie erwerben Know-how in der Entwicklung von integrierten Marketingkonzepten und deren zielgerichteter Umsetzung und werden außerdem im Bereich Rhetorik und Präsentationstechniken ausgebildet.
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medien & wirtschaft
Digitale Medientechnologien TV- und Videoproduktion Postproduktion Audio Design Grafik Design Interface Design & Engineering
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Mobiles Internet Experimentelle Medien Augmented & Virtual Reality* *vorbehaltlich der Genehmigung durch das Kollegium der FH St. Pölten und des Erhalters.
Infos zum Masterstudium | www.fhstp.ac.at/mdm Der Master Studiengang Digitale Medientechnologien bietet eine praxisnahe, projektorientierte Ausbildung auf hohem wissenschaftlichen und theoretischen Niveau. Es wird ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt, der neue technologische Möglichkeiten, kreative Gestaltung und wirtschaftliche Anforderungen in gleicher Weise berücksichtigt. Ziel ist es, ein tiefgehendes Verständnis der gesamten digitalen Produktionskette, von der Idee bis zur Distribution, zu erreichen.
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medien & digitale technologien
IMPRESSUM Herausgeberin, Medieninhaberin und Verlegerin: Fachhochschule St. Pรถlten GmbH, Matthias Corvinus-Straร e 15, 3100 St. Pรถlten Verlagsort: 3100 St. Pรถlten Druckerei: druck.at Herstellungsort: Leobersdorf Chefredaktion: FH-Prof. Mag. Roland Steiner, Bakk. Art Direction: Teresa Sposato, MA Grafik/Layout/Satz: Maximilian Doeringer, Martin Gugler, Tamara Hoellersberger, Xiaowei Jin, Gerald Neubacher, Christine Safranek, Jacqueline Scheidl, Christoph Taucher