21 minute read
» „Da kann ich mich daschiaßn als Nachrichtensatiriker“ von Linus Duschl
from SUMO #37
Mit einem seriösen Auftreten und Fragen, die sich sonst vielleicht keiner zu stellen traut, ist Satire-Reporter Peter Klien DIE mediale Kultfigur der Stunde - vom Publikum geliebt, von Politikern gefürchtet. Ein Gespräch über die Grenzen der Satire, die Dünnhäutigkeit der ÖVP, Schmerzensschreie der Politik, den direkten Draht aus dem Bundeskanzleramt in den ORF und seinem Verhältnis zu Herbert Kickl. Und nicht zuletzt auch über die Verhaberung in Österreich und die positiven Seiten des Nichts-Tuns.
SUMO: Peter Klien, Sie haben als Briefträger und in der ORF-Wissenschaftsredaktion gejobbt, Gedichte geschrieben, sind leidenschaftlicher Hobbykicker und riesiger Yoga Fan, Universitätslektor für Philosophie, Bibliothekar der TU Wien, Pressesprecher des österreichischen Bibliotheken Verbundes, Gag-Schreiber und Außenreporter von „Willkommen Österreich“, Journalist für den „online-Wiener“, „Millionenshow“ Kandidat, Sänger, LateNight Host von „Gute Nacht Österreich“ (GNÖ), Moderator für Ö1 in der Sendung „Neue Musik im Härtetest“, haben die Schauspielschule besucht und sind nicht zuletzt Bergbauer im Ötztal! Klien: Gut, nachdem sie mehr oder weniger mein Leben zusammengefasst haben, sind wir durch. (lacht)
SUMO: Wie passt das zusammen, wie sind Sie in die Satire gerutscht? Klien: Na ja, das hat schon länger in mir geschlummert. Ich habe schon immer gerne Kabarett gehabt. Ich habe als Kind schon gerne den Komikern auf der Theaterbühne zugeschaut. Es hat mich immer schon selbst fasziniert, Witze auszuprobieren zum Beispiel auf irgendwelchen Kinderlagern am Lagerfeuer was zu spielen, und dann zu schauen, ob irgendwer lacht. Dementsprechend habe ich mir schon nach der Matura überlegt eine Kabarettkarriere einzuschlagen, hab davor schon mit Freunden Bühnenszenen geschrieben und aufgeführt. Ich habe mich aber doch dagegen entschieden, das professionell zu machen und hab gesagt, ich studiere etwas Vernünftiges. Hab mich dann, damit ich viel Geld verdiene für Philosophie entschieden. Nein, natürlich nicht. (lacht) Hat nicht zu großem Reichtum geführt. Es hat sich erst über die Jahre gezeigt, dass es für mich die größte Freude ist, auf der Bühne zu stehen.
SUMO: Warum braucht es Satire, es gibt ja normale Nachrichten? Klien: Eine abgedroschene Rede sagt ja, dass die Realität die Satire permanent überholt. Die Chats, die aufgetaucht sind zwischen dem Bundeskanzler, dem Finanzminister und dem Chef der ÖBAG, haben natürlich in vielerlei Hinsicht Satire-Potenzial. In GNÖ habe ich Chats innerhalb der Bundesregierung präsentiert, die wahrscheinlich gar nicht so lustig waren, wie die echten Chats. Von daher mag schon etwas dran sein, dass die Realität die Satire überholt hat. Allerdings bin ich der fixen Überzeugung, dass es Satire als eigene Schiene braucht. Wenn man jetzt nach den Gründen suchen würde - ich bleib jetzt bei GNÖ - ist es glaube ich schon ein Faktum, dass die Menschen nach der Mischung zwischen Fakten, harten Fakten und vielleicht Fakten, die gar nicht so eingängig sind, suchen. Eine Mischung aus Fakten, mit einer satirischen Präsentation, mit einem Augenzwinkern, mit einem Schmäh zwischendurch, ist ein Format, das den Leuten gefällt. Vor allem für die jungen Leute ist die Mischung attraktiv. Man lernt etwas, aber bekommt es nicht trocken präsentiert. Aus diesen Gründen sehe ich Satire als notwendig.
SUMO: Sind Satiriker*innen die besseren Journalist*innen? Klien: Kann man nicht per se sagen. Es gibt guten und schlechten Journalismus, es gibt gute und schlechte Satire. Satire hat die Freiheit einer eigenen Meinung. Journalismus hat das per se nicht. Es gibt zwar die Glosse oder den Kommentar aber diese werden als solche ausgeschildert. Bei Satire sind die Grenzen fließend, es werden Fakten gezeigt, aber auch schnell kommentiert, bestätigt, gelobt, kritisiert, verworfen. Das ist eine große Freiheit und die andere Freiheit der Satire ist die der Form der Präsentation. Ich kann am Moderatorenpult Nachrichten verlesen, genauso wie ich im Feld als Reporter die verschiedensten verrückten Sachen
machen kann. Ich bin sehr frei in der Form. Diese Freiheit, in der inhaltlichen Präsentation als auch in der formalen Aufarbeitung, eröffnet viele Möglichkeiten, die normaler Journalismus nicht hat. Das macht den Journalismus nicht schlechter, aber grenzt Satire von Journalismus ab.
SUMO: In GNÖ war der erste Teil immer newslastig während der zweite sich auf die Satire konzentriert hat. Hat das einen bestimmten Grund? Klien: Nein, die Grundidee der Show war ein satirisches Dossier. Einen Sendungsschwerpunkt zu einem Thema zu machen, das sich dann in unseren Plänen von 10 bis 15 Minuten erstreckt. Und das sollte das Herzstück der Sendung werden, das hat sich dann auch so verwirklicht. Der zweite Teil der Sendung war, was die Sendung besonders gemacht hat und den Wiedererkennungswert der Sendung garantiert hat. War natürlich etwas Neues, haben wir in Österreich bisher nicht gehabt, eine so ernsthafte Auseinandersetzung mit, Themen, die aufs Erste gar nicht so interessant klingen. Bodenverbrauch, Flächenversiegelung, dass Österreich zubetoniert wird. Ist vielleicht nicht so, dass man sofort darauf klickt oder sich besonders dafür interessiert, aber wenn man hineingezogen wird ins Thema, kann das passieren.
SUMO: Ganz viele Jugendliche und junge Erwachsene nehmen Satire als Information wahr. Sind Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst? Müsste man die Jungen nicht noch mehr mit Satire abholen? Klien: Ja das ist etwas, was ich unbedingt machen möchte. Ich bin mir der Verantwortung bewusst, nehme diese
auch voll inhaltlich wahr. Gerade bei den Auseinandersetzungen mit den größeren Themen im zweiten Teil der Sendung. Sie werden lachen es wird ernst (lacht). Dann haben wir immer genau geschaut, dass es penibel recherchiert ist, dass keine Information verbreitet wird, die nicht tatsächlich doppelt und dreifach überprüft ist. Also, da bin ich ganz weit weg von einem der einfach nur Stimmung machen möchte, der gewisse Leute nicht mag und zu Felde ruft oder Öl ins Feuer gießt, oder auch populistisch vordergründig auf Themen draufsetzt. Mir waren die inhaltliche Recherche und die Überprüfung der Fakten immer extrem wichtig und ich glaube, in dem Kontext funktioniert dann auch Satire als Informationsvehikel für junge Leute ausgezeichnet.
SUMO: Sie fanden heraus, dass die Republik 90 Millionen zu viel für Corona Tests gezahlt hat. Sie haben dann auch noch andere Dinge aufgedeckt. z.B. Seilschaften in der ÖVP, die angekündigt wurden, die aber nicht ausgestrahlt worden sind. Was war da los? Wie sehr eckt man mit brisanten Themen an? Klien: Ich möchte das mal klarstellen. Es ist nichts zugedeckt worden. Es wurde angekündigt und wurde dann nicht gleich ausgestrahlt. Es geht um die Erklärstrecke zum Kurz-Netzwerk, sie ist dann nachher, eine Woche später voll ausgestrahlt worden, es ist also keine Zensur geübt worden.
SUMO: Wieso ist sie dann nicht in der Sendung wie geplant ausgestrahlt worden? Im Trailer, der die Sendung präsentiert hat, wurde dieser Teil angekündigt. Klien: Das ist richtig. Ich will nicht auf alle Details dieser Geschichte eingehen, zumal sie schon sehr lange her ist. Fakt ist nur, dass die Politik - ich denke mir, das war zu keiner Zeit anders - bei Satire im ORF genau hinschaut: was wird behandelt, wie wird das behandelt. Auch der ORF schaut da sehr genau hin. Der ORF ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, er hat die meisten Zuseher. Da gibt es da und dort Diskussionen, oder man hört, dass die eine Partei über diesen Beitrag nicht glücklich war und die andere über diesen nicht. Aber ja, ich habe versucht, mich nie beeinflussen zu lassen, hab das auch, glaube ich, nicht.
Ich glaub, ich habe schon mit meiner Arbeit für den „Report“ oder als Reporter auf der Straße - die gibt es schon um einiges länger als GNÖ - immer bewiesen, dass mir wichtig ist, dass ich zu allen Parteien gleich bin, nämlich gleich schlecht und dieser Maxime bin ich auch bei GNÖ treu geblieben. Das kann jeder Zuseher nachvollziehen, das ist auch der Grund, weswegen die Arbeit geschätzt wird. Weil man mir keine Parteilichkeit vorwerfen kann. Das ist für mich das Allerwichtigste, weil ich mich nicht in ein Eck stellen lassen möchte. Die größte Glaubwürdigkeit erreicht man als politischer Satiriker dadurch.
SUMO: Wie hoch ist der Druck auf Journalist*innen und Satiriker*innen in Österreich, wie groß ist er auf Sie? Hat es je Hinweise gegeben, etwas nicht zu senden? Klien: (ringt sichtlich länger um Worte) Im Grunde sind wir schon sehr frei gewesen. Wir konnten die Themen frei aussuchen, die Ergebnisse präsentieren, wie sie nach der Recherche vorgelegen sind.
Peter Klien / Copyright: ORF; Thomas Ramstorfer
Peter Klien / Copyright: Ingo Pertramer
Dass die Sendung auf Pause geschickt worden ist, muss ich trotzdem in Verbindung damit bringen, dass es halt (überlegt wieder länger), dass auch der ORF lernen muss, mit dem Druck von verschiedenen Seiten umzugehen und dazu zu stehen, dass man Satire macht. Ich habe aber Signale aus dem Haus, dass die Sendung eine Fortsetzung erfahren soll, deswegen bin ich hoffnungsvoll, dass das einfach ein Lernprozess gewesen ist.
SUMO: Sie haben den Druck angesprochen, der auf den ORF, auf Verantwortliche im ORF ausgeübt wird. Ist Österreich noch nicht bereit für eine Sendung wie GNÖ, die die politische Landschaft doch sehr intensiv beleuchtet? In Deutschland gibt es solche Shows schon länger und der Druck auf Verantwortliche, so scheint es, ist nicht so hoch wie hierzulande… Klien: Eine gute Beobachtung, das würde ich bestätigen. Was mich schon selbst überrascht hat, wie ich die Show begonnen habe, wie dünnhäutig die Politik ist, wie schnell man bei Punkten ist, wo es dann Rufe gibt, Schmerzensschreie gibt. (lacht) Ich bin immer davon ausgegangen als Satiriker und auch als Journalist ist es kein Thema, dass man einfach sagt, wenn man etwas gefunden hat, wenn einem etwas wichtig ist, wenn man etwas aufzeigen möchte. Das kann ich natürlich als Kabarettist sowieso auf der Bühne machen, diese Freiheit habe ich Gott sei Dank immer. In den Medien ist es doch so, dass die Wege kurz sind. Das ist jetzt kein Wortspiel. (lacht) Ich glaube, das war nie anders. Österreich ist ein kleines Land, das unterscheidet uns von Deutschland. Die Distanzen sind recht kurz, man trifft die Leute immer und immer wieder. Die Leute, die an den Schaltstellen sitzen - sowohl in den Medien, bei den Herausgebern, Chefredakteure, als auch in der Politik - sind oft einmal Leute, die sich seit 20 Jahren kennen. Die einander dann ständig anrufen wegen dieser Sache, wegen jener Sache. Und auch, wenn sie nur Stimmung machen, muss nicht einmal ein massiver Druck sein, dann geht das sehr schnell. So ist man dann halt sehr schnell bei dem „ich tu dir nicht weh, du tust mir nicht weh und wir kehren lieber alles unter den Teppich“, ein österreichischer Klassiker.
SUMO: Hat sich die Medienlandschaft geändert? Ist es schwieriger geworden sein Metier auszuüben unter der jetzigen Regierung? Klien: Ja, diese Angst muss man haben, dass sich die Medienlandschaft verändert hat. Ich habe mich sehr viel mit Viktor Orbán beschäftigt, ich hatte damals diese Erklärstrecke, vor einem Jahr ist das ja auf Sendung gegangen. Zu dem Thema „wie hat Orbán innerhalb von 10 Jahren die Medien umgebaut.“ Ich habe nicht alle Texte in GNÖ selbst geschrieben, aber diesen habe ich selber geschrieben und bin sehr tief in die Materie eingetaucht. Es ist schon erschreckend zu sehen, wie der Herr Orbán sehr geschickt in unserem Nachbarland, in ganz kleinen Schritten, die Presse so verändert hat, dass du einfach mit Nachrichten, die sich gegen ihn wenden, die kritisch zu ihm stehen, kaum noch durchkommst in Ungarn. Weil alles so gleichgeschaltet ist, die wichtigen großen Medien erzählen nur noch schöne Sachen über ihn. Ein furchtbarer Zustand, den es um jeden Preis zu verhindern gilt in Österreich. Wenn man sich Slowenien, Serbien anschaut, die sind auch nicht anders unterwegs. Vielleicht ist das ein Phänomen unserer Zeit, dem es auf jeden Fall entschieden entgegenzutreten gilt und deswegen möchte ich auch doppelt hellhörig sein.
Was schon passiert ist in den letzten Monaten, dass der direkte Draht aus dem Bundeskanzleramt in die Redaktionen sehr heiß sein dürfte, dass man einfach wirklich immer wieder durchruft zu den Chefredakteuren, zu bestimmten Themen, auf Storys, die schon veröffentlicht worden sind, Bezug nimmt, sich um Umformulierung einzelner Sätze bemüht und, aus meiner Sicht völlig unpassend, Einfluss zu nehmen versucht. Ich finde die Trennung zwischen Politik und Journalismus muss so weit wie möglich aufrechterhalten bleiben. Im Augenblick stehen die Zeichen schon darauf, dass sie aufgeweicht wird.
SUMO: Können Sie sich vorstellen, Ihre Sendung GNÖ in den privaten Rundfunk zu verlagern z.B. auf Servus TV? Klien: Ja, kann ich mir durchaus vorstellen. An sich ist für mich der Sender und das Gefäß nicht vorrangig, es gibt in Österreich durchaus auch sehr guten privaten Journalismus. Es gäbe auch die Möglichkeit, GNÖ als reine Internetsendung fortzuführen, mit einem Sponsoring- Modell, mit Sponsoren aber auch mit Abonnenten. Ich schaue mir alle möglichen Plattformen an. Ich bin gesprächsbereit. Nach allen Seiten hin mein erster Ansprechpartner bleibt aber der ORF.
SUMO: Warum hat sich in Österreich nur eine Late-Night Satire Sendung durchgesetzt mit „Willkommen Österreich“? Sowohl „Die Tagespresse“ als auch „Gute Nacht Österreich“ konnten sich nicht durchsetzen, während in Amerika und Deutschland eine Vielzahl von solchen Sendungen existiert. Klien: Ich bin total überzeugt, dass das funktionieren würde in Österreich, man muss es halt mal konsequent durchziehen. Aus dem Comedy Bereich weiß ich es. „Was gibt es Neues“ beispielsweise hätte nach einem Jahr abgesetzt werden sollen. Man muss dranbleiben und zu einem Format stehen. Ich gebe gern zu, dass es auch Schwächen gegeben hat bei GNÖ. Es gibt genug Rädchen, an denen man noch drehen kann, aber grundsätzlich muss man sich dafür entscheiden und weiterführen.
Ich denke, dass wir eh das beste Beispiel sind, unsere Quoten sind ständig gewachsen. Die Leute müssen sich halt mal an eine Sendung gewöhnen, unser Problem war, dass wir drei verschiedene Sendeplätze hatten. So bringst du halt eine Sendung auch nicht konsequent in die Höhe. Es sind auch Fehler gemacht worden.
SUMO: Welche konkret? Klien: Ich kann eine Nachrichtensatire
Ich kann eine Nachrichtensatire nicht parallel senden zur zweitgrößten Nachrichtensendung des Landes, ...
nicht parallel senden zur zweitgrößten Nachrichtensendung des Landes, da kann ich mich daschiaßn als Nachrichtensatiriker. Weil das gehört wie die „heute-show“, die rennt nach dem „heute-Journal“ um 22 Uhr. Von 22 bis 22:30 ist das „heute-Journal“ und im Anschluss um 22:30 ist die „heuteshow“, so funktioniert das. Da schauen viele die Nachrichten an am Freitagabend, dann lehnen sie sich zurück, machen sich noch ein Bier auf und schauen sich die Satire an und genießen das!
SUMO: Ist Ihre Rolle überholt, weil jeder Sie kennt? Klien: Meine Rolle ist eine andere geworden. Diese Art von journalistischem Partisanenkampf, wo ich aus dem Busch hervorspringe, dann dem Gegenüber als Waffe mein Mikrofon hinhalte, irgendwas Böses frage oder sage und weglaufe - hat natürlich hervorragend funktioniert in den ersten zwei Jahren. Aber der Charakter des Reporters hat sich verändert, weil ihn jetzt alle kennen. Aber es ändert nichts daran, dass es für die Politiker*innen unberechenbar bleibt, was ich mache und auch was ich frage. Entsprechend versuchen die einen, weiterhin vor mir davonzulaufen oder mich abzudrängen, möglichst in keine Konfrontation zu geraten. Andere wiederum trauen sich das zu, einzusteigen auf den spontanen Dialog und da entwickeln sich dann auch schöne Sachen. Zum Beispiel der Besuch bei der SPÖ Wien vor ein paar Monaten nach dem Wahlsieg, da haben mich alle gekannt natürlich. Ich glaube, dass sich die Politik von einer ganz anderen Seite zeigen kann, zeigen muss, wenn sie mir begegnet, und das bleibt für den Zuschauer reizvoll.
SUMO: Sie werden von Sebastian Kurz und Herbert Kickl mit Nichtbeachten gestraft. Ist es so in Zukunft nicht mehr möglich Beiträge zu gestalten? Klien: Wenn Sie den Herrn Kickl ansprechen, der hat mich von oben herab behandelt, sehr, sehr unfreundlich. Ich finde, dass man mit der Reaktion auch was machen hat können. Ich finde der Beitrag lebt sehr gut davon, dass er sehr unfreundlich ist. Dadurch entlarvt er sich selbst, sein Verhältnis zur Satire, zu Humor, auch zum ORF, also das finde ich hat sehr gut funktioniert. Beim
Herrn Kurz, auch wenn ich den durch Corona schon länger nicht gesehen habe, war es ja nicht möglich, Beiträge draußen aufzunehmen. Muss man auch sagen im ersten Halbjahr der Krise wäre es auch nicht gut gekommen, die auf die Schaufel zu nehmen, da war die Regierung ein bisserl sakrosankt. Aber ansonsten ist das hochentlarvend, wenn die ÖVP nicht darauf eingehen will, wenn da jemand kommt und sich spontan nähert, sondern stattdessen 10 bis 15 Leute schickt um den Reporter abzudrängen. Es legt das Verhältnis SUMO: Wie sieht ihr Alltag aus, so ganz ohne Show und jetzt während Corona? Klien: Das darf ich ja nicht laut sagen, sonst hassen mich alle, aber ich genieße den Lockdown. Ich mach das, was die anderen vor einem Jahr gemacht haben. Ich räum die Wohnung zusammen, ich überleg, ob ich was an die Wand häng, ich sortiere die Fotos der letzten 15 Jahre und lese endlich wieder!
Von Linus Duschl
Neues Entertainment im Altenheim – Eine Reise in die zukünftige Vergangenheit
Das Verlangen nach Entertainment bleibt auch im höheren Alter nicht aus. Vor allem aber in Seniorenheimen ist Unterhaltung ein großes Thema. SUMO hat darüber mit Amadeus Linzer, Geschäftsführer des Unternehmens VitaBlick, und Leopold Kern, Obmann des Pensionistenverbands Ortsgruppe St. Pantaleon - Erla, gesprochen.
Es ist keine Ausnahmeerscheinung. Die Rede ist von der Pflege und Betreuung von älteren Menschen. Alleine in Österreich waren 2019 laut Statistik Austria 96.458 Menschen in einer stationären Pflegeeinrichtung untergebracht. Wichtig hierbei ist es den Unterschied zwischen den einzelnen Pflegeeinrichtungen zu beachten. Denn Pflegeheime und Altenheime unterscheiden sich im Wesentlichen im Grad der Pflegebedürftigkeit der BewohnerInnen. Wo in Pflegeheimen die Pflege im Vordergrund steht, liegt die Priorität bei Senioren- und Altersheimen in der Betreuung und dem eigentlichen Wohnen. In Pflegeheimen ist es somit oft gar nicht mehr möglich, die BewohnerInnen mit genügend Unterhaltung zu versorgen, da der Aspekt der Gesundheit an vorderster Stelle steht. Anders ist es in Altenheimen. Hier wird Unterhaltung erwünscht. Beobachtet man verschiedene Werbeangebote, merkt man schnell, dass Unterhaltung ein wichtiges Auswahlkriterium bei der Wahl nach der SeniorInnenresidenz ist. Viele Senioren- und Pensionistenvereine nehmen das Angebot wahr, sich bei einem gemeinsamen Essen von VertreterInnen verschiedene Heime vorstellen zu lassen und auch da ist das Interesse nach dem Unterhaltungsangebot sehr hoch.
Gemeinsame Unterhaltung ist die beste Unterhaltung
Ebenfalls mit den Interessen von SeniorInnen beschäftigt sich Leopold Kern. Seit 2016 ist er Obmann des Pensionistenverbands Ortsgruppe St. Pantaleon - Erla. Neben dem Planen und Organisieren besteht Kerns Hauptaufgabe darin die Interessen und unternehmerischen Vorlieben der 100 Vereinsmitglieder (Stand April 2021) zu vertreten und umzusetzen. Sei es das Organisieren der Musik oder das Veranstalten der gemeinsamen Clubnachmittage, es gibt meist immer etwas zu tun. Normalerweise finden um die acht Ausflüge im Jahr zu den verschiedensten Zielen statt. Des Weiteren werden auch andere Events, wie der Pensionisten-Fasching, ein Sommerfest und eine Weihnachtsfeier, veranstaltet. Bei der Frage nach dem beliebtesten Ausflug der Mitglieder wurde das Wandern thematisiert. Vor allem Spaziergänge auf den Berg oder um den See sind bei vielen sehr beliebt. Aber auch das gemeinsame Essen danach darf nicht fehlen. Dabei wird der Ausflug oft Revue passiert und so manch andere Geschichten und Erlebnisse werden geteilt. Weitere Angebote, die von den PensionistInnen freudig genutzt werden, sind unter anderem Nordic-Walking in der Gruppe, gemeinsames Turnen oder Stockschießen. Außerdem werden auch Krankenbesuche gemacht, beispielsweise werden zu Weihnachten ehemalige Mitglieder, die sich im Heim befinden, besucht. Das Motto des Pensionistenverbands ist: „Der Mensch steht im Vordergrund“. Genau nach diesem Motto ist es ebenfalls für Leopold Kern von großer Bedeutung, dass die Bedürfnisse und Interessen der Vereinsmitglieder bestmöglich erfüllt werden. Die VR-Brille – Ein Blick in die zukünftige Vergangenheit
Genau diese Wünsche und Sehnsüchte möchte Amadeus Linzer, der Geschäftsführer von VitaBlick, auch Menschen in Seniorenheimen erfüllen. Mit seinem am 1. März 2020 gegründeten Unternehmen macht er es möglich, mittels 360-Grad-Videos die HeimbewohnerInnen an verschiedenste Orte in Österreich zu bringen. Um dies zu ermöglichen, werden virtuelle Ausflüge produziert, verarbeitet und dem Format angepasst. Diese Ausflüge sind speziell für SeniorInnen in Pflegeeinrichtungen, sprich Altenheime und Pflegeheime gedacht, jedoch wurde das Angebot auch auf Menschen mit eingeschränkter Mobilität ausgeweitet: beispielweise Menschen mit einer Beeinträchtigung oder psychischen Problemen, wie Angststörungen. Mithilfe dieser Technologie in Form einer VR-Brille ist es für solche Menschen wieder möglich am Aachensee in Tirol die schöne Gegend zu genießen, im Wiener Prater mit dem Riesenrad zu fahren oder im Tierpark ein paar Tiere zu beobachten. Und dies sind nur drei Beispiele der derzeit über 50 verfügbaren Ausflugsziele. Durch die VRBrille erscheint das ganze sehr lebendig. Linzer erklärt, dass die NutzerInnen durch Kopfschwenken ihre Blickwinkel verändern und den Ort so erkunden können, als wären sie wirklich dort. Durch das Gefühl des „Vor-Ort-seins“ kämen durch die Anwendung einer VRBrille Emotionen und Erinnerungen in den SeniorInnen auf, die durch andere Medien, wie dem Fernseher, gar nicht erst in der Form ausgelöst werden können.
Zu dieser außergewöhnlichen Idee kam er durch seinen Großvater. Er erzählt, dass dieser ein Mensch war, der viel reiste, jedoch an Krebs erkrankte und bettlägerig wurde und somit nicht mehr an jene Orte reisen konnte, die er noch oder wieder besichtigen wollte. Aufgrund dieses Umstandes wollte Linzer
ihm etwas aus der Welt draußen in sein Zimmer bringen, damit er wieder gewisse Highlights und Glücksmomente spüren konnte. Das Ganze passierte während eines Auslandsaufenthaltes in Rotterdam. Mit einem Studienkollegen, der ein ähnliches Problem mit seiner Großmutter hatte, diskutierte er die Umstände und so kamen sie auf die VR-Brille. Denn durch diese könnten sie ihren Großeltern geografisch unabhängiges Reisen ermöglichen. Zu Beginn probierten sie ihre Idee in einem Seniorenheim in Rotterdam aus. Linzer erwähnt, dass sie zuvor Reiseziele aus aller Welt vorbereitet hatten. Als sie dann die BewohnerInnen fragten, wohin sie den virtuell reisen möchten, kam als Antwort, dass sie am liebsten zu dem See oder der Markthalle in Rotterdam möchten. Es waren Orte in der Nähe, an denen die SeniorInnen früher waren und jetzt nicht mehr hinkönnen. An diesem Punkt haben die beiden gemerkt, dass vor allem der regionale Bezug für die SeniorInnen eine große Rolle spielt. Deshalb werden nun hauptsächlich Orte in Österreich reproduziert.
Das Unternehmen VitaBlick wurde dann zwei Wochen vor dem ersten Lockdown gegründet. Dies war auch der Grund, dass die Verbreitung der von VitaBlick bereitgestellten VR-Technologie etwas langsamer verlief. Durch die Kontaktbeschränkungen war es schwierig, die VR-Brillen an den Altenheimen bekannt zu machen und dort mit den SeniorInnen gemeinsam zu testen. Dafür wurde die Zeit auf andere Art effizient genutzt. Viele neue Ausflugsziele wurden produziert, mittlerweile sind es über 50 virtuelle Ausflüge in Österreich. Seitdem die Mehrheit der HeimbewohnerInnen gegen den Corona-Virus geimpft sei, gebe es sehr viel Interesse an der Technologie von VitaBlick. Mittlerweile zählen bereits einige namhafte Organisationen wie das Österreichische Hilfswerk und die Volkshilfe zu ihren Kunden, und zahlreiche Testphasen in weiteren Pflegeinstitutionen sind zurzeit im Gange.
Meist reagieren die SeniorInnen sehr verwundert und sind begeistert, was die moderne Technologie schon alles möglich macht. Linzer erzählt außerdem, dass viele sich zurückerinnern und in Erinnerungen schwelgen. Doch was ist mit der „Motion Sickness“? Motion Sickness wird vor allem beim Thema Virtuell Reality oft als negativer Aspekt in den Vordergrund gerückt. Linzer erklärt das Phänomen anhand eines virtuellen Spaziergangs so, dass es bei bewegter Kameraführung einen Widerspruch zwischen dem Gesehenen und dem tatsächlichen Gefühlten gebe – das Auge würde eine Bewegung des Körpers sehen, die der Körper aber nicht fühlt. Dieser Widerspruch wirke sich dann auf das Wohlbefinden aus und bewirke Schwindelgefühle. Zu Beginn hatten sie auch mit der Motion Sickness zu kämpfen, danach aber viel ausprobiert und getestet, und anschließend einige Faktoren verändert. Beispielsweise wurden statische Videos gedreht, dabei stand die Kamera während des Drehs auf einem Stativ. Es wurde ein virtueller Unterkörper eingebaut, damit man beim Runterschauen die „eigenen“ Beine und Hände sieht und sich so „geerdet“ fühlt. Außerdem gibt es gewisse Szenen-Voraussetzungen, die die Motion Sickness nahezu ausschalten. Laut Linzers Angaben hätte VitaBlick es durch eine Kombination aus diesen verschiedenen Faktoren geschafft, jene negative Begleiterscheinung zu 95% zu unterbinden.
Zurzeit versucht das Team rund um Amadeus Linzer und VitaBlick sich langsam den meist schon sehr routinierten Abläufen in der Altenbetreuung und -pflege zu nähern, um allfällige Angst vor neuen Technologien zu nehmen. In den nächsten Jahren wollen sie ihre Ausflüge erweitern und auch in den Bereich der Therapie einsteigen, insbesondere die Bewegungstherapie, beispielsweise um die Bewegung von SchlaganfallpatientInnen zu fördern. Wichtig für Linzer ist es außerdem anzumerken, dass sie keinesfalls Ausflüge in die Natur ersetzen oder die SeniorInnen mit der Brille „ruhigstellen“ wollten, sondern jenen Menschen, denen es schlichtweg nicht mehr möglich ist, das Haus zu verlassen, mithilfe der VR-Brillen wieder Mobilität zu verleihen und dadurch die Kommunikation mit MitbewohnerInnen und Betreuungspersonen zu stimulieren. Die Technik soll einen positiven Nutzen für die SeniorInnen haben und ihnen damit wieder ein Stück Reisefreiheit zurückgeben.
von Jennifer Binder
Amadeus Linzer / Copyright: Julian Hobmaier