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» Stereotypisiert und unterrepräsentiert? Wie Kinderbücher das Denken prägen von Juliana Steiger
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Stereotypisiert und unterrepräsentiert? Wie Kinderbücher das Denken prägen
HeldInnen aus Kinderbüchern prägen die Kindheit wie kaum etwas anderes – im Guten wie im Schlechten. Hier besteht die Möglichkeit, Stereotype für die nächste Generation aufzubrechen und mit Vorurteilen aufzuräumen. Ob und wie wir diese Chance als Gesellschaft bereits nutzen und was wir beitragen können, wollte SUMO im Gespräch mit Katrin Feiner, Kinderbuchlektorin beim Tyrolia-Verlag und mit Franz Orghandl, Autorin des Buches „Der Katze ist es ganz egal“ herausfinden.
Mit seiner Schrift „Émile oder Über die Erziehung“ ebnet Jean-Jacques Rousseau im Jahre 1762 der kindgerechten Betrachtung und Behandlung von jungen Menschen und damit der modernen Pädagogik den Weg. Bis zu diesem Zeitpunkt ist Jugendliteratur kaum vorhanden und im besten Fall an „kleine Erwachsene“ adressiert. Auch in den folgenden Jahrzehnten bleibt die Moral weiter im Vordergrund und wird erst Ende des 18. Jahrhunderts – mit Beginn der Romantik – durch eine romantisierte Vorstellung der kindlichen Unschuld und Reinheit abgelöst. Ein jähes Ende findet diese Epoche mit der Veröffentlichung des „Struwwelpeter“ im Jahre 1845 – gerade rechtzeitig für die Revolutionswelle, die viele europäische Staaten in den darauffolgenden Jahren erfasst. Grotesk und makaber bricht dieses Buch von Heinrich Hoffmann mit allen Traditionen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bringt die Auflösung der Ständegesellschaft die bürgerliche Gesellschaft hervor, die auch in der Jugendliteratur Niederschlag findet: Mit „Max und Moritz“ macht sich Wilhelm Busch 1865 über die spießbürgerliche Moral seiner Zeit lustig. Nur etwa zehn Jahre später erschafft Mark Twain mit „Tom Sawyer“ einen der ersten realistischen Helden der Kinderliteratur. Zum ersten Mal steht die Moral nicht an vorderster Stelle, sondern ein abenteuerlustiges Kind, das man neugierig ein Stück begleiten darf. Für Mädchen ist die Literatur zu dieser Zeit hingegen sehr geprägt von Moral und der Anleitung zum Angepasstsein. Mit der sogenannten Backfischliteratur („Der Trotzkopf“) wird den gutbürgerlichen Töchtern ein kleines Stück Freiheit vorgegaukelt, das am Ende doch nur in der standesgemäßen Heirat enden darf. sierung erobern zivilisationskritische Werke den Kinderbuchmarkt. „Heidi“, „Das Dschungelbuch“ oder auch „Biene Maja“ haben als zentrales Thema den Gegensatz von Zivilisation und Natur und die Folgen für den Menschen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden die Erzählungen sachlicher, handeln von echten Kindern in Städten und zeigen zum ersten Mal soziale Probleme auf. „Emil und die Detektive“ beschreibt die Geldsorgen der alleinerziehenden Mutter und das „Doppelte Lottchen“ beschäftigt sich erstmals mit den Sorgen von Scheidungskindern.
Die Nachkriegsjahre sind geprägt von Büchern, in denen Kinder das Sagen haben und ihre Welt selbst gestalten können, allen voran „Pippi Langstrumpf“ und „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“. In Österreich versucht man den Nationalsozialismus aufzuarbeiten und hinter sich zu lassen. Das gelingt bei den Kinderbüchern, ähnlich wie im echten Leben, eher schwer. Offensichtlich Nationalsozialistisches wird rasch verbannt, andere Formen von Rassismus fallen aber erst viel später auf. So bleibt zum Beispiel „Hatschi Bratschis Luftballon“ lange Zeit als Kinderbuch bestehen, trotz abwertender Darstellung von Menschen anderer Kulturen. Selbst die Überarbeitungen des Buches in den 60er Jahren („Menschenfresser“ werden Affen) ändert nichts am Grundgedanken des Buches: Das Fremde ist Böse.
Es etablieren sich zu dieser Zeit aber auch Autoren und vor allem Autorinnen, die mit ihren Werken den Kinderbuchmarkt für Jahrzehnte positiv prägen werden: Vera Ferra-Mikura, Mira Lobe, Käthe Recheis, Christine Nöstlinger, um nur einige zu nennen.
In den folgenden Jahren, begünstigt durch die 68er-Studentenbewegung,
werden Kinder weiter emanzipiert und ernster genommen. Der „Anti-Struwwelpeter“ kommt im Jahre 1970 auf den Markt. Das Mädchenbuch wird als Mittel zur Unterdrückung enttarnt und zurückgewiesen. Mit den 80er- und 90er-Jahren rücken immer mehr gesellschaftspolitische Themen wie Integration, Scheidung und Selbstidentifikation in den Fokus. Im Jahre 1980 schafft es ein Kinderbuch erstmals in die „SPIEGEL“-Bestsellerliste: Michael Endes „Unendliche Geschichte“ erzählt aus der Sicht eines lesenden, kindlichen Protagonisten und nimmt ihn mit auf eine fantastische Reise. An die Bestseller-Erfolge konnten seitdem einige Kinderbücher anknüpfen – die „Harry Potter“ Romanreihe zum Beispiel. Mit einer Mischung aus Märchen, Magie und Detektivgeschichte verzaubert J.K. Rowling ein Millionenpublikum von jung bis alt.
Spiegel, Fenster und Glastüren
Geschrieben von Erwachsenen, die brandaktuellen sozialen Themen ihrer Zeit behandelnd, prägen Kinderbücher somit die Generation, die nachfolgt. Bücher helfen Kindern dabei, sich selbst zu verstehen, ihre eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Ängste kennenzulernen sowie ihren Platz in der Familie und Gesellschaft zu finden. Die afro-amerikanische Professorin Rudine Sims Bishop hat unter anderem mit ihrem 1990 erschienenen Artikel „Mirrors, Windows and Sliding Glass Doors“ die entsprechenden Begriffe in Bezug auf Kinder- und Jugendliteratur geprägt. So schreibt sie, Bücher können Fenster in eine andere Welt sein. Sie können auch als eine Glastüre fungieren, durch die man nur hindurch gehen muss, um Teil der Geschichte zu werden. Im richtigen Licht kann aber genau dieses Fenster auch zum Spiegel werden, der mit der erzählten Geschichte die eigenen Erfahrungen widerspiegelt. Kinderliteratur dient als Vorbild für die eigene Person, aber auch als Abbild der Welt, die das Kind umgibt. Hält man sich das vor Augen, betrachtet man Kinderbücher gänzlich anders. Was für eine Welt bekommen Kinder durch die Bücher „vorgelebt“? Finden sich in ihnen unterschiedliche Kulturen, andere Religionen, alternative Lebensstile, starke Frauen und verletzliche Männer? Oder werden Stereotype weitertradiert und der nächsten Generation unbewusst eingeimpft? Jahr 2006 untersuchte dafür 200 Kinderbuch-Bestseller und LiteraturpreisGewinner in Bezug auf Gender-Stereotypisierung und Unterrepräsentation. Die Ergebnisse sind recht trist. So sind Buben fast doppelt so oft als Mädchen die Hauptcharaktere in diesen Büchern. Dasselbe gilt für Illustrationen und Erwachsene, die in den Geschichten vorkommen, aber auch für die Aktivitäten und Eigenschaften, die den entsprechenden Geschlechtern zugeordnet werden: Es bleibt stereotyp.
Die Mühlen mahlen langsam
Katrin Feiner vom Tyrolia-Verlag zeichnet ein positiveres Bild von der deutschsprachigen Kinderbuchlandschaft. Jährlich erscheinen rund 8.000 – 9.000 neue Kinder- und Jugendbücher im deutschsprachigen Raum und in dem kleinen Teil, dem sie ihre Aufmerksamkeit widmen könne, sehe sie sehr wohl einen erfreulichen Wandel. Haben sich vor zehn Jahren Bücher Themen wie Homosexualität, Patchwork-Familien und interkulturellen Freundschaften gewidmet, waren diese im zentralen Fokus der jeweiligen Texte. Mittlerweile kommen sie in einer Art „normalisierten“ Form, also nebensächlich und gleichsam selbstverständlich vor. „In Jugendromanen aus dem urbanen Bereich ist es nichts Besonderes mehr, wenn in der Schulklasse neben Jakob, Alexandra und Susi auch Mohammed und Fatima sitzen.“
Als einen möglichen Grund, warum diese positive Entwicklung hin zu mehr Inklusion immer noch so langsam voranschreitet, nennt Feiner die eingebaute Zwischenebene. Zwischen den AutorInnen und den LeserInnen stünden zumeist die Eltern oder Großeltern, welche sich von den Kinderbüchern angesprochen fühlen müssten und immer auch ihre eigenen Meinungen und Vorstellungen mitbrächten. Diese „Eltern- und KäuferInnenzensur“ verlangsame unter anderem eine rasche Etablierung von progressiven Themen.
Ein weiterer Aspekt sind AutorInnen, die glauben, ein Kinderbuch schreibe sich auf Grund der „lieben“ Zielgruppe schnell und einfach. „Hier steckt meistens die Meinung dahinter, so eine liebe Geschichte kann man schnell schreiben.“ Die Erinnerung an die eigene Kindheit und die Sehnsucht nach der heilen Welt, in der Probleme noch einfach zu lösen waren, spiele hier auch immer wieder mit.
Doch eine „liebe Geschichte“ reicht nicht. Der Tyrolia-Verlag legt großen Wert darauf, dass die ausgesuchten Kinderbücher literarisch-ästhetisch sind, dass die AutorInnen mit Sprache umgehen und literarische Bilder erschaffen können. Die Illustrationen sollen, wenn möglich, eine weitere Facette beitragen und im Idealfall in der Wechselwirkung mit dem Text eine neue Ebene schaffen, die die Geschichte weitererzählt. Diversität, Randthemen und Randgruppen sowie soziale Probleme seien auch willkommen. Es solle aber nicht zum „Muss“ werden und bei zensurähnlichen Ansichten zieht Feiner die Grenze. „Es kann nicht sein, dass eine Autorin dafür angefeindet wird, dass ihre Geschichte von einer klassischen Familie handelt. Eine gute Erzählung sollte man nicht ändern, nur um dem aktuellen Trend zu entsprechen, wenn es nicht dazu passt.“ Sie bezweifle, dass es diese Debatte um Diversität in der Erwachsenenbelletristik in ähnlich intensiver Form gäbe.
Auf die Frage, was ihrer Meinung nach helfen könnte den Wandel hin zu weniger Stereotypisierung zu vollziehen, antwortet Feiner: „Ich sehe es als Puzzle. Es sind viele unterschiedliche Puzzleteile und jeder einzelne ist wichtig und trägt dazu bei, die Situation zu verbessern.“ Preise und Auszeichnungen, wie etwa das KIMI-Siegel für Vielfalt, könnten das Bewusstsein schärfen. Aber vor allem wünscht sie sich eine größere Präsenz der Kinder- und Jugendliteratur in den Medien. „Kinderbuchempfehlungen sollten nicht nur eine Randnotiz sein, sondern in seriösen Medien ernsthaft und mit Tiefgang besprochen werden.” Auch die Aktion „Buchstart“ sei so ein Puzzleteil. Sie geht davon aus, dass Kinder und Bücher schon sehr früh zusammengebracht werden sollen, stattet Eltern von Neugeborenen mit entsprechenden Informationen aus, macht kostenlose Zugänge zu Literatur (wie die Bibliotheken) bewusst und versucht, etwaige Berührungsängste und Schwellen in diesem Bereich abzubauen – in manchen Bundesländern auch in Form eines Pappbilderbuchs, das zur Geburt geschenkt wird.
Brauchen Kinder Stereotype? „Ich glaube, man kann ihnen nicht entkommen. Absichtlich dagegen zu bürsten ist aber auch oft falsch. Ich glaube, im Großen und Ganzen (also bezogen auf den kompletten Kinder- und Jugendbuchmarkt) ist es wichtig, dass es Bücher gibt, die sich dessen annehmen und wo diese Themen – explizit oder nebenbei – vorkommen. Ich glaube nicht, dass alle so sein müssen.“ Für viele Kinder sei die traditionelle Familie immer noch gelebte Realität. Feiner meint, dass man von einem einzelnen Buch auch nicht alles erwarten solle, man solle es als Teil des Ganzen sehen. Es müssen sich an vielen Stellen kleine Dinge ändern und es braucht Zeit, oft mehr Zeit, als man dem Ganzen geben will.
„Leo hat einen schönen neuen Namen“
So lauten die ersten Worte des Buches von Franz Orghandl und wäre es nach der Autorin gegangen, hätte das ganze Buch so geheißen. Der Klett-Kinderbuch-Verlag schlug schließlich „Der Katze ist es ganz egal“ vor. Ein Kinderbuch müsse immer auch verkauft werden und einem interessanten Titel kommt dabei große Wichtigkeit zu. Dabei geht es gar nicht um die Katze. Es geht um Leo, der verlautbart, er heißt jetzt Jennifer und ein Bub ist er auch nicht mehr, sondern ein Mädchen. Franz Orghandl sagt, sie schreibe über Dinge, die sie selbst kenne und die ihr vertraut seien. Als Kind habe sie mit Blick auf ihre Zukunft immer gedacht, sie würde ein Mann werden. „Ich habe gedacht, ich werde Sylvester Stallone – mit dem Stirnband und dem Gewehr. Wow, das wär’s! Ich habe aber auch oft Prinzessin gespielt, immer indische Prinzessin.“ In der Pubertät habe sie sich danach gesehnt, ein cooler Typ zu sein, aber ein tolles Mädchen wäre sie auch gerne gewesen.
Gegen Kategorisierungen wehrt sie sich. „Ich würde mich nie als Frau einstufen.“ Die Frage einer Geschlechtsangleichung stellte sich aber für sie nicht. „Wenn ich sehe, wie sehr man immer wieder drauf angewiesen ist sich selbst zuzuordnen – selbst, wenn du zu einer Minderheit gehörst –, da möchte ich auf den Tisch hauen und sagen: ‚Jeder ist, wie er ist!‘“
Das Buch hält sich nicht an Traditionen und politisch korrekte Sprache. Jennifers Freund, der „dicke Gabriel“, ist schon einmal sitzen geblieben, nascht trotz seiner Körperfülle ungetrübt und ohne ermahnt zu werden Süßigkeiten und ist hoch angesehen bei seinen MitschülerInnen. In Orghandls Kindheit sei Sitzenbleiben ein großes Tabuthema gewesen und sie hätte sich gewünscht zu hören, dass davon die Welt nicht unterginge.
Ob es nicht diskriminierend sei, heutzutage eine Figur zu erschaffen, die „dicker Gabriel“ heißt? „Dick, sitzengeblieben, Migrationshintergrund – eigentlich ein No-Go – darf man eigentlich nicht schreiben. Aber hätte ich es deshalb nicht geschrieben, hätte ich damit bestätigt, dass irgendwas Schlechtes dran ist. Und da habe ich mir gedacht: Moment mal! In meinem Kopf ist der dicke Gabriel der heißeste Feger. Natürlich führt die Betonung von etwas gleichzeitig auch zu einer bedingten Reduzierung darauf und beinhaltet somit ein diskriminierendes Element. Aber ich finde beim Schreiben ist es wichtig, dass man nicht hinschreibt, was man richtig findet, sondern die Dinge so wiedergibt, wie sie einem begegnen.“ Die Kinder hätten hier einen ganz unvoreingenommenen Zugang zu der Thematik, wäre Gabriel nicht dick, wäre er vielleicht der große oder der kleine Gabriel. Die Erwachsenen-Sicht draufzudrücken, empfinde sie als krumme Tour – es seien Kinder unter sich, da zähle die Kindermeinung.
Untermalt wird diese ur-wienerische Geschichte mit Illustrationen von Theresa Strozyk und beschönigt auch hier nichts. Das unaufgeregte Zeigen von nackten Körpern mit dem kindlichen Versuch, die Klassifizierungen zu verstehen passt zur direkten Sprache, ohne vulgär zu wirken. Orghandl hatte eine genaue Vorstellung gehabt, wie die Illustrationen und handschriftlichen Erklärungen aussehen sollten. Kurz hat sie überlegt, ob sie das Buch selbst illustrieren soll, war aber glücklich mit der vom Verlag vermittelten Illustratorin. Durch die Begriffserklärungen wird das Buch auch für nicht aus Wien stammende Kinder lesbar und verständlich. Trotzdem meint Orghandl, es wäre ein gutes Buch zum Vorlesen, da es sowohl Ebenen für die Kinder als auch für die Erwachsenen enthalte.
Das Buch „Der Katze ist es ganz egal“ wurde mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2020 ausgezeichnet. Orghandl freut sich. Das sehr aktuelle Thema sei vielleicht ein Grund, warum sie den Preis gewonnen habe. Ob das gut sei, weiß sie nicht. Sie vergleicht es mit dem Feminismus, der auch oft mit Männerfeindlichkeit und auf ungutem Wege viel erreicht hat. Frauenquoten zum Beispiel empfinde sie als durchaus diskriminierend, aber oft sei es der einzige Weg etwas zu verändern. Vielleicht ist dieser Weg auch bei Diskriminierung, Stereotypendenken und Inklusion der einzige, der etwas bewirke. Es ginge um viel mehr als um die Reise von Leo zu seinem eigentlichen Ich, Jennifer. „Ich wollte ein zurückhaltendes, introvertiertes Kind, keine Rampensau. Ich fand wohl, dass das noch fehlt. Ein behütetes Kind, kein Mega-Konflikt zuhause, sondern reduziert auf die Basics.“ Es ginge um einen stillen, essentiellen Kampf, den jedes Kind nachempfinden könne. Um die Emanzipation, das Loslösen von den elterlichen Vorstellungen und das Finden des eigenen Ichs. Um alte Freundschaften, die sich nicht um optische Details kümmern und um neue Freundschaften mit unkonventionellen Menschen.
„Der Katze ist es ganz egal“ – ein Buch, das Toleranz versprüht, ganz ohne aufgesetzte politische Korrektheit, ohne erhobenem Zeigefinger, dafür mit kindlichem Enthusiasmus gerade bei Themen, die für Erwachsene oft schwer verdaulich sind. Vielleicht ein weiterer Puzzlestein, um bei der nächsten Generation etwas zum Positiven zu verändern.
von Juliana Steiger
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Eine Unterhaltung mit der Unterhaltung – parasoziale Beziehungen mit Medienfiguren
Beziehungsstatus: parasozial?! Was nach einem etwas komplizierten Verhältnis klingt, ist in der Medienwelt eine sehr weit verbreitete Beziehungsart. Um eine solche Beziehung besser verstehen zu können und beide Seiten dieser Verbindung zu beleuchten, sprach SUMO mit der Radiomoderatorin Stephanie Sperr („Life Radio“) und einer betroffenen Rezipientin, die in diesem Artikel den Namen Silvia trägt.
Im Buch „Parasoziale Interaktionen und Beziehungen“ (2010) erläutert Tilo Hartmann, dass eine parasoziale Beziehung aus einer parasozialen Interaktion hervorgeht. Als soziale Interaktion führt Hartmann das Beispiel einer Kontaktknüpfung zweier Menschen auf der Straße an. Sie beschreibt eine wechselseitige Interaktion: Beide InteraktionspartnerInnen wissen voneinander und können einander beobachten, auf den anderen reagieren und aufeinander eingehen. Bei einer parasozialen Interaktion wissen meist auch beide Parteien voneinander, jedoch fehlt hierbei der Aspekt der Beobachtung. „Eine parasoziale Interaktion stellt lediglich die Illusion einer normalen sozialen Interaktion dar“, so Hartmann. In Bezug auf die Umstände der medialen Erscheinung merkt er an, dass sich beide Parteien, sprich Medienfigur und RezipientIn, dieser parasozialen Interaktion bewusst sind, jedoch meist der oder die RezipientIn diesen Umstand verdrängt. Diese Interaktion ist Grundbaustein für eine parasoziale Beziehung, welche dann aus einer solchen Interaktion hervorgeht.
Die eine Seite der Beziehung
Um Einblick in diese beiden Seiten der Beziehung zu bekommen, führte SUMO Interviews mit den entsprechenden Parteien. Einerseits berichtet Stephanie Sperr von ihrem Agieren als Medienfigur und mit dem Umgang von parasozialen Beziehungen. Anderseits erläutert eine Rezipientin ihre Sichtweise auf die Situation der „irrealen“ Beziehung.
Die Linzerin Stephanie Sperr ist Moderatorin bei dem Radiosender „Life Radio“. Ihr Talent frei zu sprechen und sich mit Menschen zu unterhalten, zeigte sie auch schon bei ihrem eigenen Maturaball. Sie führte Interviews mit Politikern und wichtigen Gästen. Nach einem Jahr als Flugbegleiterin bewarb sie sich 2007 für ein Praktikum bei „Life Radio“. Sperr wurde dann für ein Volontariat begrenzt auf ein Jahr eingestellt, hierbei durchlief sie jede Stufe im Sender: angefangen bei der Redaktion, den Nachrichten, der Service-Redaktion über Marketing bis hin zur Moderation. Nach diesem Jahr als Volontärin wurde sie fest angestellt. Derzeit moderiert sie gemeinsam mit Christian Zöttl die Morgenshow „Perfekt geweckt“. Sie übernimmt in dieser Show die Position der Co-Moderatorin, sprich des SideKicks. Das bedeutet, dass es zwar zwei gleichwertige Moderatoren sind, jedoch sie selbst nicht bei den Reglern steht. Sie erläutert, dass sie hierbei den weiblichen Part und das Gegenstück zum Mann übernehme, um möglichst viele ZuhörerInnen zu erreichen. Doch nicht nur das sei wichtig, um die RezipientInnen zu unterhalten. Auch eine aktive Sprache sei essenziell, also den oder die HörerIn direkt anzusprechen. Um dies umzusetzen sei es möglich, sich eine Gruppe Menschen im Studio vorzustellen und diese direkt anzusprechen. Außerdem werde auch viel mit Tönen gearbeitet: Diese Melodien oder Geräusche sollten zur jeweiligen Situation passen und helfen, die Stimmung einer Nachricht besser zu übermitteln. Mittels dieser Methode wolle man Earcatcher erzeugen, um die Aufmerksamkeit der HörerInnen zu bekommen.
Zur Frage was denn die größte Herausförderung bei der Kontaktknüpfung mit den RezipientInnen ist, erklärt Sperr, dass vor allem die Kürze der Zeit, in welcher Nachrichten oder Gags übermittelt werden sollen eine Herausforderung darstelle. Denn diese Einstiege dauern meist nur 1:30 min, da die durchschnittliche Hördauer bei rund 15 Minuten liegt. Sie muss es also schaffen, innerhalb dieser 15 Minuten sehr viel
Information zu vermitteln. Das Schwierigste sei von Anfang an, kurz, knackig und interessant, mithilfe von Earcatchern die HörerInnen zum Dranbleiben zu bringen. Ein weiterer Punkt, der ihr bei dieser Aufgabe hilft, sei es, dass sie mit den RezipientInnen so spricht, als spreche sie mit der eigenen besten Freundin. Das bedeutet unter anderem auch eine Mischung aus Hochdeutsch und Dialekt zu verwenden, da die Zielgruppe von „Life Radio“ überwiegend OberösterreicherInnen sind und diese den Dialekt sehr schätzen. Außerdem erwähnt sie, dass ein kurzer und schlagwortartiger Satzbau von großer Bedeutung sei.
Ein weiterer Aspekt, der HörInnen das Gefühl gibt den oder die ModeratorIn zu kennen ist die Präsenz in sozialen Medien. Sperr erklärt, dass sie und ihre Kollegen sich nicht nur im Radio „mit“ den Menschen unterhalten, sondern auch via „Facebook“, „Instagram oder „TikTok“. Auch durch Podcasts erlangen ZuhörerInnen das Gefühl, die ModeratorInnen gut zu kennen. Hat sie persönlich schon einmal von einer parasozialen Beziehung etwas mitbekommen? Ja, so gab es einen Hörer, der genau wusste, wie viel Dioptrien sie hatte. Sie dachte dann: „Woher weiß der das? Ich kenne den Menschen gar nicht.“ Doch diese Dinge passieren deshalb, da man als ModeratorIn auch viel Privates preisgibt. „Je offener man erzählt aus seinem Leben, desto mehr können sich die Leute auch mit dem identifizieren“. Stephanie Sperr betont außerdem, dass wenn die HörerInnen einen wie einen Freund, Nachbarn oder Bekannten empfänden, man diese als treue RezipientInnen gewonnen hätte.
Die andere Seite der Beziehung
Silvia ist Teil einer solchen parasozialen Beziehung. Sie bezeichnet sich selbst als gute Freundin von so mancher Medienfigur. Vor dem Interview merkte sie an, dass es sehr schwierig für sie sei, dieses Interview zu führen. Außerdem erwähnte sie, dass sie sich selbst als ein Extrembeispiel für eine parasoziale Beziehung sehe. Silvia ist momentan in therapeutischer Behandlung, zwar nicht wegen der parasozialen Beziehungen, sondern ob anderer psychischer Probleme. Sie mache große Fortschritte und konnte sich unter anderem schon von vielen dieser Beziehungen lösen. Silvia betont, dass sie schon in ihrer Kindheit immer wieder parasoziale Beziehungen führte. Sie wisse nicht mehr genau, wann das anfing, jedoch sei sie bereits im Kindergarten mit einer fiktiven Figur
befreundet gewesen: „Der Wauga“ aus dem gleichnamigen Buch von Christine Nöstlinger und Axel Scheffler war einer ihrer besten Freunde im Kindergarten. Ihre Mutter las ihr abends daraus vor und so fühlte sie sich sehr nah mit ihm verbunden. Solche Beziehungen zogen sich bis ins Teenageralter. Silvia erzählt, dass sie in der Hauptschule oft wegen ihres Aussehens gemobbt wurde und sich fast gänzlich in ihr Zimmer verkroch und dort die Beziehungen mit Stars aus Jugendzeitschriften pflegte. Die äußere Welt sei ihr oft grausam erschienen, bei ihren parasozialen Kontakten dagegen hätte sie immer wieder Geborgenheit gefunden. Das Mobbing wurde nicht nur verbal an ihr ausgeübt, sondern auch vermehrt handgreiflich. Sie erklärt, dass sie dadurch an Suizidgedanken litt und mit schweren Depressionen zu kämpfen hatte. „Hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht meine FreundInnen aus Zeitschriften, Büchern und Co. gehabt, könntest du heute nur ein Interview mit meinem Grabstein führen“, so Silvia. Mit diesem Satz wurde das Interview vorerst abgebrochen. Silvia betonte jedoch, dass das Thema extrem wichtig für sie sei und weitere Einblicke sehr gerne an einem anderen Tag geben möchte. Im zweiten Interview wurde der Fokus daher weniger auf vergangene parasoziale Beziehungen gerichtet, sondern vielmehr auf ihren derzeitigen Umgang mit Medienfiguren. Silvia erläutert, dass ihre Tiefpunkte auch jetzt noch immer wieder auftauchten. Vor allem die Situation der Corona-Pandemie würde immer wieder Tiefs begünstigen. Sie erwähnt, dass sie weder einen Mann noch Kinder hat, ihre Eltern hätten sich nach ihrem Aufenthalt in einer Anstalt von ihr abgewandt. Auch jetzt seien parasoziale Beziehungen Zufluchtspunkte. Auf die Frage nach ihrem Tagesablauf erklärt sie, dass sie jeden Morgen mittels Radiowecker geweckt werde. Danach frühstücke sie gemeinsam mit dem Moderator oder der Moderatorin. Silvia betont, dass sie zwar weiß, dass die ModeratorInnen sie nicht hören oder sehen können, jedoch unterhalte sie sich immer wieder mit ihnen. In der Arbeit dann pflege sie soziale Kontakte und esse gemeinsam mit ihrer Arbeitskollegin zu Mittag. Am Nachmittag oder am Abend widme sie sich der Belletristik und stelle sich vor, selbst im Liebesroman zu sein. Abends habe sie dann eine Verabredung mit den Fernsehmoderatoren, um die neuesten Nachrichten zu erfahren. Silvia selbst sieht parasoziale Beziehungen als Zuflucht an. „Andere haben eine Katze, mit der sie sich unterhalten oder sprechen zu Gott. Bei mir sind es nun einmal die Personen aus der Medienwelt, die mich mental unterstützen.“
von Jennifer Binder
Stephanie Sperr / Copyright: privat
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Alles nur Spaß? Was hinter dem Beruf der KarikaturistInnen wirklich steckt
Wir schmunzeln über ihre Darstellungen. Wir ärgern uns mit ihnen über politische Geschehnisse. Wir bewundern ihre Fähigkeit, eine brenzlige Situation humorvoll dazustellen. KarikaturistInnen sind KünstlerInnen, die wissen, wie man Neuigkeiten, Skandale und Krisen so darstellt, dass man laut auflachen muss. SUMO sprach über das Berufsbild mit dem österreichischen Star-Karikaturisten Gerhard Haderer, sowie mit dem Künstlerischen Direktor des Karikaturmuseums Krems Gottfried Gusenbauer und mit der Leiterin des Österreichischen Karikaturenvereins Nina Herzog.
Was mit übertriebenen Portraits im 18. Jahrhundert anfing, hat sich zu einer eigenständigen Kunstform entwickelt. Die Karikatur ist eine Form der satirischen Darstellung einer bestimmten Person oder einer Situation. Nina Herzog promovierte zu diesem Thema. Im SUMO-Interview erklärt sie, dass man einst angefangen hätte, Persönlichkeiten wie Könige nicht als erhaben und mächtig dazustellen, sondern anhand eines spezifischen äußeren Merkmals, wie etwa einer großen Nase. Manchmal hätte man auch versucht, einen bestimmten negativen Charakterzug bildlich aufzubereiten. Mit der Zeit wurden die Zeichnungen immer satirischer und noch übertriebener. Diese Entwicklung hat sich bis heute durchgezogen. Herzog meint, dass die Karikatur ihren Höhepunkt an persönlicher Freiheit im 21. Jahrhundert erreicht hätte, da man zum Beispiel hochrangige PolitikerInnen auf der Toilette zeigt. Sie kann sich nicht vorstellen, dass man Karikaturen wie diese noch übertrumpfen könne, aber hofft, dass diese Freiheit erhalten bliebe. Die Grundfunktion der Karikatur habe sich nicht verändert: Personen in einer hohen gesellschaftlichen Position von ihrem sinnbildlichen Podium herunterzuholen und sie zu vermenschlichen.
Wie man überhaupt KarikaturistIn wird
Der Werdegang von KarikaturistInnen kann auf verschiedene Weisen verlaufen. Gerhard Haderer berichtet, dass er zu Beginn Grafikdesigner in Linz war und das Zeichnen von Karikaturen als Hobby angefangen habe. Er benutzte das Zeichnen als Methode zum Stressabbau. „Es ist nie meine Absicht gewesen, lustig zu sein. Für mich ist es eine Art Ventil. Wenn ich jetzt irgendeine Zeichnung mache, die auch politisch ist, wobei ich mich zum Beispiel an Herrn Kurz reibe, dann fühle ich mich danach besser, vor allem, weil ich etwas öffentlich gesagt habe. Ich zeichne mir meine Sichtweise praktisch von der Seele.“ Haderer habe anfangs nur für sich selbst und seinen Freundeskreis gezeichnet, da jedoch die Karikaturen so gut aufgenommen wurden, kamen die ersten Jobangebote von Zeitungen. Er bezeichnet seinen Werdegang geradezu als paradiesisch. Wenn man heute Karikaturist/in werden will, sehen die Umstände vermutlich etwas anders aus. Gottfried Gusenbauer berichtet, dass es für KarikaturistInnen zunehmend schwerer werde, vor allem durch die Gratiskultur und den internationalen Wettbewerb aufgrund der Digitalisierung. Es scheint, als wären immer weniger finanzielle Mittel da, um von dem Beruf leben zu können. Versuche dem entgegenzuwirken gibt es: Sowohl das Karikaturmuseum in Krems, als auch der Österreichische Karikaturenverein veranstalten immer wieder Wettbewerbe, um die KünstlerInnen aktiv zu fördern. Die Karriere des österreichischen Karikaturisten Thomas Wizany habe mit einem gewonnenen Malwettbewerb begonnen, und damit sei er kein Einzelfall. „Wir als Österreichischer Karikaturenverein haben den Salzburger Karikaturenpreis. Damit fördern wir Nachwuchstalente, also Leute mit Interesse ihr Talent auch zu zeigen. Wenn man so einen Wettbewerb gewinnt, hat man natürlich wieder einen Pluspunkt im Lebenslauf als Karikaturist/in und kommt so vielleicht auch weiter“, so die Leiterin des Karikaturenvereins.
Satirische Zeichnungen mit tiefer Bedeutung?
So prägnant wie die Zeichnungen oft sind, hinterfragt man als Rezipient/ in gleichwohl die Intentionen dahinter und ob der/die Karikaturist/in auf die Gesellschaft einwirken möchte. Haderer meint dazu: „Wenn ich den Eindruck hätte, dass ich einen Einfluss nähme auf die politischen Abläufe, wäre ich vollkommen gehemmt. Ich hatte niemals als Ziel etwas politisch zu ändern, sondern immer eine bestimmte Perspektive strapaziert. Das ist die Perspektive der einzelnen Betroffenen, sprich meiner FreundInnen und meiner Familie.“ Haderer berichtet auch, dass ihn vereinzelte PolitikerInnen immer wieder wegen seinen Arbeiten getadelt hätten, andere jedoch versuchen ihn als Verbündeten zu gewinnen und laden ihn dazu auch hin und wieder zum Essen ein. Auch Nina Herzog schreibt der Karikatur keinen großen Einfluss zu.
Sie konstatiert, dass Karikaturen eher einen Symbolwert hätten und eine Botschaft zusätzlich verstärkten bzw. mehr wAufmerksamkeit auf ein Thema oder einen Diskurs lenkten. Gottfried Gusenbauer sieht es ähnlich und meint, dass Karikaturen vor allem das Zeitgeschehen mitverfolgten und kommentierten. Speziell durch die zunehmende Bedeutung von Social Media könne man Ereignisse durch Karikaturen besser einordnen.
Neue Bedingungen für eine alte Kunstform
Das Arbeitsumfeld und die Bedingungen für den Beruf haben sich ebenso durch die Bedeutungszunahme sozialer Medien verändert. „Die Karikatur ist sehr stark mit der Geschichte des Mediums verhaftet. Sie ist richtig stark geworden mit dem Buchdruck, dann weiter mit dem Zeitungsdruck und natürlich jetzt noch stärker mit Social Media. Das sieht man vor allem anhand der vielen Karikaturen zum Arabischen Frühling, die massiv über die sozialen Medien verbreitet wurden“, sagt Gusenbauer. Andererseits gibt es auch Einschränkungen der Themenwahl. So wurden zum Beispiel im Juni 2019 die Karikaturen in der „New York Times“ gänzlich gestrichen und durch einen längeren Comic ersetzt, da die Inhalte und Themen der Karikaturen zu kontrovers gegenüber den Zeitungsinhalten wären, schreibt die „Washington Post“ in einem Bericht. Nach dem Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ haben sich Zeitungsredaktionen international dazu entschieden, die KarikaturistInnen speziell bei religiösen Themen etwas einzuschränken. Ob das der richtige Weg sei, wissen sowohl Haderer als auch Gusenbauer nicht, da man so der Angst nachgebe und dadurch eine Form der Selbstzensur betreibe. Über dies hinaus gibt es speziell für NeueinsteigerInnen noch andere Einstiegsbarrieren. So wird es durch die immer schneller werdende Nachrichtenwelt schwerer auf dem aktuellen Stand zu bleiben. „Der Job des Karikaturisten bzw. der Karikaturistin ist einer, bei dem man einige Dinge können muss. Man muss ein Talent zum Zeichnen haben, man sollte sich politisch auskennen. Man muss immer am aktuellen Stand sein und wissen, was gerade politisch passiert. Darüber hinaus sollte man dann noch historische Hintergründe kennen. Dazu kommt noch, dass es oft sein kann, dass die Zeichnung an Aktualität verliert, ehe sie noch veröffentlicht wurde. Der Job ist für mich mehr als ein Beruf, es ist ein Die Newcomer der Branche
Die österreichische Karikaturenszene ist mit vielen mittlerweile bekannten Namen geschmückt. Der Nachwuchs ist eher spärlich vorhanden und die drei interviewten ExpertInnen sind sich auch nicht sicher, ob es noch möglich sei, in Österreich von den Karikaturen die in Zeitungen und Zeitschriften publiziert werden alleine zu leben. Trotzdem versuche man vor allem durch Schülerwettbewerbe die nächste Generation von der Kunst der Karikatur zu überzeugen und somit die Darstellungsform weiter zu erhalten. Neben dieser dominieren zurzeit andere Kunstformen, die im Unterschied zur Karikaturenbranche vermehrt von weiblichen Künstlerinnen ausgeübt werden. Dazu gehören Manga, Graphic Novels und Illustrationen. „Was nicht aussterben wird, sind die SatirikerInnen. Die machen sich lustig über sich selbst und die ganze Welt, und wahrscheinlich wird es trotz der Digitalisierung auch nicht verloren gehen, dass talentierte Menschen immer wieder die Lust haben, richtig schön manuell auf Papier zu zeichnen“, meint Haderer.
Die Zukunft scheint nicht einfacher zu werden für die nächste Generation, dennoch deutet alles darauf hin, dass die Kunstform bestehen bleibt. Sie wird sich weiterentwickeln, in neuen Medienkanälen vertreten sein und die Freiheiten ihrer SchöpferInnen werden wohl weiterhin auszuloten sein. Man kann nur hoffen, dass es in Zukunft noch Künstler wie Gerhard Haderer gibt, die konstatieren: „Oft bekomme ich zu hören, du tust eigentlich nichts außer herumzusitzen und zu zeichnen. Das stimmt, aber für mich ist es die Welt.“
von Laura Sophie Maihoffer
Gottfried Gusenbauer / Copyright: Lukas Beck Nina Herzog / Copyright: Karikatur Verband Gerhard Haderer / Copyright: Christoph Haderer