„Ach, du bist Schriftsteller*in?“ Einblicke in einen Beruf im Wandel Bücher schreiben als Brotberuf ist ein Traum Vieler. Star-Autor Thomas Brezina, Debüt-Autorin und Journalistin Eva Reisinger und Influencer, Kabarettist und Autor Michael Buchinger sprechen mit SUMO darüber, wie ihr Leben als Schriftsteller*innen aussieht und wie sie den Wandel in der Branche sehen. Geschichten schreiben und damit das Leben finanzieren; davon träumen viele Menschen, nicht nur Kinder. Allerdings ist der Wunsch, Autor*in zu werden, neben den anderen oft genannten Tätigkeiten wie Astronaut*in oder Tierärzt*in einer der Dauerbrenner unter den Traumberufen der Kleinen. Doch im Gegensatz zur Astronautischen Raumfahrt oder Veterinärmedizin gibt es für den Beruf des/der Schriftsteller*in keine klassische wie unbedingte Ausbildung. Vor allem nicht an europäischen Universitäten. In den USA existieren an fast jedem College und auch schon an der High-School Kursangebote für kreatives Schreiben, die überlaufen sind. Ein solches Netz an Ausbildungsmöglichkeiten gibt es in Österreich nicht, vor allem nicht im sekundären Bildungsbereich. Auf Hochschulen werden mittlerweile vereinzelt Studiengänge im Literaturbereich angeboten, primär im östlichen Teil Österreichs. Seit dem Wintersemester 2009/10 besteht an der Universität für angewandte Kunst in Wien ein Institut für Sprachkunst. Anfänglich konnte dort lediglich ein künstlerisches Bakkalaureat-Studium in der Sparte Literatur absolviert werden. Im Wintersemester 2020 kam auch ein Masterstudiengang dazu. Außerdem bildet auch die Wiener Schule für Dichtung Autor*innen aus; wie der Name aber bereits vermuten lässt, liegt der Fokus hier sehr stark auf der Poesie. So versteht sich diese Institution auch selbst weniger als klassische Bildungseinrichtung, sondern mehr als Raum für „lehrhafte Begegnungen mit renommierten Autor*innen.“ Abgesehen von diesen Angeboten kommen diverse Kurse an den österreichischen Volkshochschulen dem „creative writing“Charakter der US-Kursangebote wohl noch am nächsten. Es gibt zwar noch Angebote, wie jene der Leondinger Akademie für Literatur, allerdings dürfte allein der Preis dieser für die meisten Literaturinteressierten Ausschlusskriterium genug sein. Ein Semester kostet dort 4.000 €. Auch in Deutschland sind solche Angebote eher dünn gesät, eine Vorzeigerolle nimmt hier das deutsche Literaturinstitut in Leipzig ein. Dort werden
jeweils ein Bachelor- und ein Masterstudiengang in der Disziplin „Literarisches Schreiben“ angeboten. Ähnliche Ausbildungsmöglichkeiten bieten außerdem noch das Literaturinstitut der Universität Hildesheim und das Institut für szenisches Schreiben an der Universität der Künste in Berlin an. Doch braucht es für diesen Beruf unbedingt eine spezifische akademische Ausbildung? Thomas Brezina sieht das nicht so. Er persönlich ist davon überzeugt, dass die Freude am Lesen und Schreiben und die ständige Neugier, wie man seinen eigenen Stil verfeinern kann, das Wichtigste seien. Sein Wissen verdankt er interessanten Funden in der Literatur zum Thema „Schreiben“ und er hat sich den Großteil seines Könnens über Dramaturgie, Dialog und Charaktere im Theater in London, sowie beim Lesen von – vor allem englischer – Literatur angeeignet. Brezina befindet sich in einer privilegierten Situation, seine Bücher rangieren zumeist in den Bestsellerlisten. Auch international ist er gut im Geschäft. Zudem arbeitet er auch als Produzent im TV-Bereich.Doch wie ergeht es Newcomer*innen und weniger Bekannten?
„Das kann man jetzt diskutieren, aber ich verstehe es einfach aus finanzieller Sicht komplett“. Gerhard Ruiss von der Interessensgemeinschaft Autorinnen Autoren (IG) schätzte im einem „KURIER“-Artikel 2016 die Anzahl der Personen, die in Österreich vom Schreiben leben können auf etwa 200 bis 500. Allerdings inklusive derer, die Tätigkeiten wie Werbetexten oder Ähnlichem nachgehen. Die Zahl der hauptberuflichen österreichischen Autor*innen von literarischen Werken dürfte demnach eher zweistellig sein. Gernot Wolfgruber, der im Kanon früherer Schülergenerationen Österreichs stand, proklamierte 2014 gar, dass niemand in Österreich vom Schreiben leben könne. Von den Tantiemen möglicherweise selten – sieht man von Brezina, Michael Köhlmeier, Arno Geiger und anderen Bestsellern ab –, bei anderen sind es Kräfte verzehrende Lesereisen, insbesondere für Kinderbuchautor*innen. Ein Autor zu SUMO: „Die IG hatte ausverhandelt, dass man für eine Lesung 300 Euro bekommt. Das Resultat heute ist dasselbe wie bei Musiker*innen: Sie spannen dich zusammen mit anderen, und du bekommst ein Drittel. Oder unter Vorwänden Spenden – grindig!“
Money, Money, Money - wie man als Schriftsteller*in über die Runden kommt Durch das Schreiben Geld zu verdienen ist hart. Eva Reisinger, die 2021 mit ihrem essayistischen Buch „Was geht, Österreich?“ debütierte, stellt klar, dass der Zugang zu Fördermitteln für Autor*innen in Österreich offener gestaltet werden müsse. „Entweder man ist sehr gut, was die Antragstellung von Förderungen angeht oder man ist auf einen Nebenverdienst angewiesen. Von den Vorschüssen, die man von einem Verlag bekommt, lebt man meist nicht allzu lang. Ausnahme sind einige wenige Starautor*innen.“ Hier sieht sie auch den Grund dafür, dass das Dasein als Schriftsteller*in und Influencer*in zunehmend verschmilzt und eine Reichweite in den sozialen Netzwerken immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Michael Buchinger Copyright: Dominik Pichler
Michael Buchinger ist ebenfalls der Meinung, dass das alleinige Dasein als
„Ach, du bist Schriftsteller*in?“ Einblicke in einen Beruf im Wandel
21