In An wesenheit der Re gisseurin 20:15 E XPLOITATION CINEMA –ROTHMAN STYLE
Ein Ab end mit S tephanie Ro thman
Gespräch in englisc her Spr ache, 7 0', Eintritt frei
Sa 17.8. 8
20:15 STEPHANIE ROTHMAN
TERMINAL ISL AND Stephanie Rothman, USA 1973
Anschliessend: Q& A mi t der Re gisseurin i n engl ischer Spr ache
Mi 21.8. 23 L ANDRIÁN
UNA NOCHE CON LANDRIÁN
In An wesenheit v on Kurator und A utor Ni els Walter – mi t Musi k, Moj ito und Mari quitas 18:30 FIN – PERO NO E S EL FIN: LANDRIÁNS KURZFILME
Nicolas Guillen Landrián, Kuba 1963 – 1971
20:45 LANDRIÁN
Ernesto Daranas Serrano, Kuba/Spanien 2023
Fr 3 0.8. 8 21:00 STEPHANIE ROTHMAN EXPLOITATION
DOUBLE FE ATURE IN DER FILMPODIUM-LOUNGE
IT'S A BIKINI W ORLD Stephanie Rothman, USA 1967
+ ÜBERR ASCHUNGSFILM
mit Beach- Cocktails v on der Bar
Do 5.9. 25
20:30 PREMIERE VERBRANNTE ERDE
T homas Arslan, Deutschland 2024
Anschliessend: Filmgespräch mi t dem Re gisseur, 30 '
Fr 6.9. 25
18:30 PREMIERE
IM SCHATTEN
T homas Arslan, Deutschland 2010
Anschl iessend: Q& A mi t dem Re gisseur
Sa 14.9. 13
18:00 HENRI- GEORGES CLOUZOT
LES DIABOLIQUE S Henri- Georges Clouzot, Frankreich 1955
Anschl iessend: Ge spräch mi t Cl ouzotBewunderer und Re gisseur Pi erre Monnar d
Do 19.9. 26
VORLESUNGSREIHE
FILMGESCHICHTE DURCH
DIE JAHRZEHNTE
16:15 EINE EINL ADUNG IN DIE (FRÜHE) FILMGE SCHICHTE Öff entliche Vorlesung de s S eminars für F ilmwissenschaft / Uni versität Z ürich mi t Pr of. Dr D aniel W iegand, E intritt fr ei
18:30 SINGIN’ IN THE R AIN
Gene Kelly, USA 1952
Do 26.9. 26
VORLESUNGSREIHE
FILMGESCHICHTE DURCH
DIE JAHRZEHNTE
16:15 DAS FRÜHE KINO: EIN «KINO DER ATTRAKTIONEN» Öffentliche Vorlesung de s S eminars für F ilmwissenschaft / Uni versität Z ürich mi t Pr of. Dr D aniel W iegand, E intritt fr ei
18:30 KINO -KONZERT KURZ, KNACKIG, BUNT EINE REISE DURCH DIE FRÜHE FILMGE SCHICHTE, 1898 – 190 7
Einführung v on D aniel W iegand, 2 0'
Live-Musik: Gün ter A Buch wald (Pi ano, V ioline)
HENRI–GEORGES
EIN SOMMER AM SWIMMING POOL 14
LICHTBLICKE AUS KUBA 22
SÉLECTION LUMIÈRE 24
THE FEMALE GAZE IN EXPLOITATION CINEMA
Leichtfüssig, fröhlich und sprühend vor Ideen kommen sie daher, die Exploitation-Filme, die Stephanie Rothman zwischen 1966 und 1974 als Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin erst für Roger Corman und dann für die eigene Firma New Dimension Pictures realisiert hat. Rothman gelang das Kunststück, die Grundingredienzien des Genres –viel nackte Haut und Gewalt – auf selbstverständliche und glaubwürdige Weise aus einer feministischen Grundhaltung heraus zu präsentieren und sie mit den drängenden politischen und sozialen Themen der Zeit –Vietnamkrieg, Migration, Rassismus, Patriarchat – zu verbinden. Es mögen dieser eigenwillige Cocktail und Rothmans formale Meisterschaft sein, die ihr Kino bis heute so zeitlos machen. Anders als ihren männl ichen Kollegen Scorsese, Bogdanovich oder Coppola, die alle auch die Talentschmiede Corman durchlaufen hatten, blieb ihr der ersehnte Wechsel ins Hollywood-Mainstreamkino aber verwehrt. Ihr schmales Werk ist bis heute ein Geheimtipp. Nun aber erhält Stephanie Rothman endlich die verdiente Ehrung: Ihre Filme wurden aufwendig vom MoMA restauriert und werden in Venedig, Bologna, New York – und Zürich präsentiert. Im Filmpodium in Anwesenheit der Filmemacherin! Mitgebracht hat uns Rothman auch Filme, die sie inspiriert haben oder die sie gerne selbst gemacht hätte.
Essay von Hannah Pilarczyk
«Leave my ass out of this!», weist Chris (Aimée Eccles) ihren Langzeitfreund Sander (Solomon Sturges) am Anfang von Group Marriage zurecht. Sander hatte ihr zuvor befohlen, ihren «ass» schleunigst in sein Auto zu bewegen. Zu lang hatte er schon auf sie gewartet. Doch Chris hat andere Pläne – für ihren Hintern genauso wie für ihr Leben. Beim Trampen auf dem Weg zu Sander, der auch ein Weg durch das Los Angeles des Jahres 1972 ist, hat sie einen Mann kennengelernt. Der soll nach ihrem Willen nun mit auf die ursprünglich nur für das Pärchen geplante Spritztour kommen. Doch Sanders Auto ist kaputt. Um nach der Ursache zu forschen, öffnet die gelernte Automechanikerin Chris die Motorhaube und beugt sich derartig weit vorneüber, dass ihr ohnehin knapper Mini-
rock noch weiter hochrutscht. So wird ihr Hintern doch wieder Teil des Geschehens. Nur eben nicht zu den Bedingungen von Sander, sondern zu denen von Regisseurin und Co-Autorin Stephanie Rothman. Whose ass is in? Whose ass is out? Müsste man sich auf eine Dynamik beschränken, um das aussergewöhnliche Kino von Rothman zu beschreiben, dann böte sich diese an: zu schauen, wessen Hintern eingeschlossen und wessen Hintern ausgeschlossen wird. (Nur dass es um Hintern gehen muss, ist nicht verhandelbar – schliesslich dreht es sich bei Rothmans Filmen um Exploitation-Kino, bei dem das Zurschaustellen von «T & A», von «tits and ass», von vornherein eingepreist ist.)
Dem Zeitgeist einen ungehetzten Schritt voraus
Am offenkundigsten ist das Prinzip des Einund Ausschlusses in der Sexkomödie Group Marriage, Rothmans fünfter Regiearbeit. Hier wird die heterosexuelle Pärchenkonstellation beherzt, aber nicht rücksichtlos über den Haufen geworfen: Erst machen Chris und Sander in ihrer Beziehung Platz für Dennis (Jeff Pomerantz), den Mann, den Chris beim
Trampen kennengelernt hat. Einmal mit der Erweiterung angefangen, können sie nicht aufhören: In schneller Folge stossen noch ein Mann und eine Frau zur polyamourösen Konstellation hinzu. Für einen weiteren Platz in der Beziehung schaltet die Gruppe schliesslich sogar eine Anzeige im Lokalblatt. Die Bewerber werden dabei allerdings streng aussortiert: Für Kink und für Pansexualität ist kein Platz. «We’re straight!», betont die Gruppe. Und auch gegenüber der Presse, die die ungewöhnliche Anzeige anzieht, pocht sie auf ihre Art von Anstand: Gruppensex habe man auf keinen Fall. Am Ende wird zu sechst geheiratet – eben eine «group marriage» eingegangen.
Rothmans behutsam erweiterte Sexualmoral, die dem Zeitgeist stets einen ungehetzten Schritt voraus ist, spiegelt sich in der Bildpolitik des Films, besonders in einer Szene am Strand. Dort löst sich die jüngst aufgenommene Jan (Victoria Vetri) für einen Spaziergang von der Gruppe und trifft dabei auf den durchtrainierten Rettungsschwimmer Phil (Zack Taylor). Ein kurzes Gespräch reicht, dann ziehen sie bereits weiter in die nächste Bucht, um sich dort privat zu vergnügen. Während sie der Kamera den Rücken zuwenden und sich von ihr wegbewegen, zeigt sich in der Totale, was zuvor nicht eindeutig zu erkennen war: Jan trägt einen Bikini, Phil jedoch ist nackt, und im Kontrast zu seinem restlichen, sonnengebräunten Körper leuchtet sein Po wie von einem Scheinwerfer ausgeleuchtet weiss auf. His ass is in the picture – und Phil zugleich neuester Teil der angehenden Gruppenehe.
Begierden über Kreuz
Drei Jahre bevor die britische Filmwissenschaftlerin Laura Mulvey in ihrem massgeblichen Aufsatz «Visual Pleasure and Narrative Cinema» den Zusammenhang von männlicher Regieposition und männlichem Blick («male gaze») im narrativen Kino benannte, nahm Rothman in Szenen wie der beschriebenen aus Group Marriage einen wichtigen Kritikstrang an Mulveys Analyse vorweg: Klar heteronormativ geordnete Blickregimes, wie Mulvey sie konstatierte, sind abseits des klassischen Erzählkinos viel seltener anzutreffen. Besonders im Exploitation-Genre können die Begierden über Kreuz gehen und die Übergänge von der Überaffirmation zur Subversion fliessend sein: Wenn schon die Hosen runtergelassen werden, kann sich unter
die Vielzahl der weiblichen T & A umstandslos auch ein männlicher «A» mischen. Welchen Unterschied zudem eine Frau auf der Regieposition (und als Co-Autorin) machen kann, bewies Rothman schon in The Velvet Vampire von 1971, einem erotischen Schocker, der ihr ohnehin unberechenbares inszenatorisches Spektrum auch noch um Gothic Horror erweiterte. In The Velvet Vampire lernt das junge Paar Susan und Lee (Sherry E. DeBoer und Michael Blodgett) auf einer Vernissage die mysteriöse Diane (Celeste Yarnall) kennen und wird von ihr sofort auf ihr Anwesen in der kalifornischen Wüste eingeladen. Dort angekommen, weist die Gastgeberin dem Paar ein Schlafzimmer zu, das mit einem grossen Spiegel an der Wand gegenüber dem Bett ausgestattet ist. Es handelt sich dabei um einen Einwegspiegel, der von der anderen Seite durchsichtig ist. Auf dieser Seite nimmt Diane nach dem Abendessen Platz und beobachtet, wie sich die nackten Susan und Lee küssen und streicheln. Die Kamera wechselt dabei beständig zwischen Dianes Perspektive und derjenigen auf sie. Als das Vorspiel des Paares an Fahrt aufnimmt, fokussiert die Kamera immer stärker auf Susans Augen. Sie liegt auf dem Rücken, und während sich Lee aus dem Bild zurückzieht – mutmasslich, um Susan oral zu befriedigen –, wandert deren Blick zum Spiegel. Susan scheint zu ahnen, was Diane von dort aus sieht, und hinter dem Spiegel scheint Diane zu ahnen, was Susan fühlt. Noch bevor sich Susans Mund dank Lees Stimulationen zu einem lustvollen Lächeln verzieht, ist es Diane, die von sanfter Ekstase ergriffen zu lächeln beginnt. Sehen und gesehen werden verschmelzen in diesem Moment zu einem einzigen homoerotisch aufgeladenen Begehren, das in der Folge immer wieder dann aufblitzt, wenn sich die Blicke von Diane und Susan treffen. Müsste man neben einer Dynamik auch noch eine Figur auswählen, die für Rothmans Kino steht, dann wäre es wohl Diane. Wie sie sich ihr Besucherpärchen vor dem Einwegspiegel arrangiert, ähnelt stark den Inszenierungen, die eine Regisseurin vor ihrer Linse vornimmt. Und der Spass, den Diane angesichts des von ihr arrangierten Spektakels empfindet, dürfte auch ganz der von Rothman in diesen Momenten gewesen sein.
Anerkennung verweigert Sieben Spielfilme hat Stephanie Rothman in ihrer aktiven Zeit als Regisseurin von 1966 bis 1974 fertiggestellt. Von den ersten zwei Arbeiten – Blood Bath und It’s a Bikini World – hat sie sich später distanziert: Sie gelten ihr als niedere Fingerübungen, mit denen sie sich trotz ihres Filmstudiums an der University of Southern California und als erste Stipendiatin der Director’s Guild of America erst noch in der männlich dominierten Filmbranche beweisen musste. Doch auch nach Box-Office-Erfolgen wie beispielsweise The Student Nurses , der nicht nur Roger Cormans neue Produktionsfirma New World Pictures konsolidierte, sondern gleich auch noch eine ganze Serie von Schwesternschülerinnen-Filmen ins Leben rief, musste Rothman um Anerkennung ringen. Als Assistentin des legendären Exploitation-Produzenten hatte sie zwar schnell Zugang zu dessen Kontakten und Ressourcen. Im Kontrast zu männlichen Protegés von Corman wie Martin Scorsese oder Francis Ford Coppola blieb ihr der erhoffte Wechsel vom B-Movie zum Autorenfilm aber verwehrt. Frustriert sattelte Rothman schliesslich auf Immobilienhandel um. Sie, die in ihren Filmen stets mehr Hintern ein- als ausgeschlossen hatte, war es am Ende selbst, die aus der Branche gedrängt wurde. Höchste Zeit also, den «ass» von Stephanie Rothman wieder in die Kinoprogramme zu holen.
Hannah Pilarczyk arbeitet als Filmkritikerin bei «Der Spiegel».
Für die Unterstützung danken wir:
THE WORKING GIRLS
IT ’ S A BIKINI WORLD
EXPLOITATION DOUBLE FEATURE IN DER FILMPODIUM-LOUNGE
Fr 3 0.8. 21:00
IT ’ S A BIKINI WORLD + ÜBERRASCHUNGSFILM
Eine spielbare Kopie ist von diesem sommerleichten Film im «Surfboardformat» leider nicht erhältlich, wir zeigen It′s a Bikini World in einer DVD- F assung kostenlos in der Filmpodium Lounge als Double Feature mit einem weiteren Überraschungsfilm. Und selbstverständlich mit Beach-Cocktails von der Bar.
Ein Strand in Südkalifornien. Ein Hang-out für junge Menschen mit Surfbrettern, die auch in Restaurants und Nightclubs ausschliesslich Bikini und Badehosen tragen. Delilah (Deborah Walley) verbringt hier den Sommer mit ihrer Freundin Pebbles (Suzie Kaye) und zieht schon am ersten Tag die Aufmerksamkeit von Herzensbrecher Dan (Tommy Kirk) auf sich. Delilah lässt den selbstgefälligen Beachboy abblitzen; sie steht auf seriöse Jungs. Mike, der das nicht auf sich sitzen lassen will, schliesst mit seinem besten Buddy eine Wette ab: Er wird Delilah erobern und ihr dann das Herz brechen – verkleidet als sein ernsthafter Zwillingsbruder Herbert, mit Brille, Buch, Hemd und Fliege. Tatsächlich ist Delilah angetan von Herbert, fordert aber gleichzeitig Mike, den Sportstar des Strandes, zu Duellen auf Surfbrett, Skateboard, Motorboot etc. heraus – immer unterstützt von Mikes Alter Ego Herbert, der sie gegen sich selber coacht «Ich glaube, ich habe den letzten Strandfilm dieser Art gedreht, und ich stelle mir gerne vor, ich habe das Genre ausgerottet», sagt Stephanie Rothman über It’s a Bikini World . Tatsächlich sollte dieser einer der letzten Filme des erfolgreichen StrandpartyGenres (1959–1966) werden und gleichzeitig das Werk, das Rothman als erste «eigene» Regiearbeit betrachtet. Rothmans Verhältnis zu It’s a Bikini World ist bis heute gespalten. Sie ist zwar stolz auf die Comicelemente und die Sprechblasen im Pop-Art-Stil, die etwas Neues waren – aber so ganz will sie ihn wie auch Blood Bath (wenn auch aus anderen Gründen) nicht zu ihrem Werk zählen. Zu Unrecht: Schon hier ist die Filmemacherin mit stilistischem Anspruch und politischem Bewusstsein durchaus zu erkennen. Beispielsweise wenn sie die Auftritte angesagter Bands wie The Animals, The Gentrys, The Castaways und Pat and Lolly Vegas im Club Daddy’s Dungeon in Szene setzt. (nr)
THE STUDENT NURSES
Di 2 0.8. 20:45 M o 26 .8. 18:30
USA 1970, Farbe, 35 mm, E/e*, 89 REGIE Stephanie Rothman DREHBUCH Don Spencer, Charles S. Swartz, Stephanie Rothman KAMERA Stevan Larner MUSIK Clancy B. Glass III, Roger Dollarhide SCHNITT Stephen Judson MIT Elaine Giftos, Karen Carlson, Barbara Leigh, Brioni Farrell, Darrell Larson.
«The Student Nurses, gedreht 1970 für Roger Cormans neu gegründete Produktionsfirma New World Pictures, war der Startschuss für eine ganze Serie von ‹Schwesternfilmen›. Doch niemand konnte Rothman in puncto feministischer Subversion des Exploitation-Genres das Wasser reichen. Sex und Gewalt ja, aber in einer Erzählung, die um vier sehr unterschiedliche junge Frauen kreist, die in einer WG in L.A. zusammenleben und deren Alltag von den gesellschaftlichen Umbrüchen der 1960er- und beginnenden 1970er-Jahre durchdrungen ist: Women’s Liberation, der Kampf gegen Polizeigewalt und Rassismus, der Widerstand gegen den Vietnamkrieg. Gleich in der Anfangssequenz des Films leitet eine versuchte Vergewaltigung zu einer Diskussion um Gewalt in der Schulmedizin über. Eine Abtreibung wird unter Freund:innen kollektiv durchgeführt, und eine dokumentarisch anmutende Strassentheaterszene von mexikanischen Aktivist:innen (Teatro Popular) setzt die Politisierung einer der ‹student nurses› in Gang. Auch experimentiert Rothman sichtlich begeistert mit filmischen Formen, etwa bei der Inszenierung von Love-ins und LSD-Trips. Der Titelsong von Clancy B. Grass III steht programmatisch für den Optimismus der Zeit: ‹We can make it› – ‹If we’re all in›, antwortet der Chor.» (Gaby Babić, Remake – Frankfurter Frauen Film Tage, 2023)
«Vier Krankenschwesternschülerinnen zerlegen ein Stereotyp. Von einem abgewehrten Vergewaltiger und der Frage, was das Stethoskop vom Penis unterscheidet, über eine LSDErfahrung, die den Easy Rider als Macho entlarvt sowie eine Abtreibungsdebatte auslöst, bis hin zum bewaffneten Kampf der mexikanischen Minderheit in L.A.: Die Schwestern wissen, was sie wollen, und sie setzen es durch. Rothmans zweiter Film, (…) gedreht im klassischen 35-mm-Format, war ein Kassenschlager und in seiner Verbindung von (S)Exploitation und Politisierungsauftrag vorbildlich für Filmemacher wie Quentin Tarantino und Álex de la Iglesia.» ( Viennale, 2016)
Restored by The Museum of Modern Art with funding support from Stephanie Rothman.
THE VELVET VAMPIRE
Sa 24.8. 2 1:00 M i 28.8. 1 8:30 USA 1971, Farbe, 35 mm, E/e*, 80 REGIE Stephanie Rothman DREHBUCH Charles S. Swartz, Stephanie Rothman, Maurice Jules KAMERA Daniel Lacambre MUSIK Clancy B. Glass III, Roger D ollarhide SCHNITT Stephen Judson, Barry Simon, MIT Michael Blodgett, Sherry Miles, Celeste Yarnall, Jerry Daniels, Gene Shane.
«Die lesbische Vampirin Diane LeFanu lernt auf einer Kunstausstellung ein junges Paar kennen, das sie auf ihren luxuriösen Landsitz in der Wüste lockt. Als das neugierige Paar die wahre Natur seiner Gastgeberin und die Gefahr erkennt, versucht es zu fliehen. (…) Dieser bemerkenswerte, in Südkalifornien angesiedelte Vampirinnenfilm macht sich über die sexuellen Konventionen seiner Zeit lustig und dreht dabei die klassische Erwartungshaltung der Vampir-Mythologie – die Frau in der Opferrolle – um.» (Pam Cook, Viennale, 2007)
The Velvet Vampire war Stephanie Rothmans zweiter und letzter Film für Cormans New World Picture, mit einem kleinen Budget (165’000 US-Dollar) und unter schwierigen Bedingungen in der Mojave-Wüste gedreht. Es ist Rothmans surrealistischster und avantgardistischster Film, beeinflusst von Salvador Dalí, Jean Cocteau und Georges Franju. Schon die Eröffnungssequenz in Downtown L.A. mit ihrem Farbenspiel ist betörend schön und erinnert an die Meister des Genres wie Dario Argento: Die Kamera gleitet von oben nach unten einen Kirchturm entlang, und mit der Bewegung macht die gleissende Mittagssonne der Nacht Platz, um auf dem Boulevard die Vampirin LeFanu willkommen zu heissen. Einmal mehr geht es in diesem Film aber auch um «sexual and gender politics»: Das männliche Begehren als dominierendes Element der freien Liebe wird enttarnt und die queere Begegnung zwischen der Vampirin und Susan zum befreienden Moment. (nr)
Restored by The Museum of Modern Art with funding support from Stephanie Rothman.
TERMINAL ISLAND
Sa 17.8. 2 0:15 M o 2.9. 1 8:30 USA 1973, Farbe, 35 mm, E/d*, 88 REGIE Stephanie Rothman DREHBUCH Charles S. Swartz, Stephanie Rothman, Jack Barrett KAMERA Daniel Lacambre MUSIK Michael Andres SCHNITT John A. O’Connor, Jere Huggins MIT Don Marshall, Barbara Leigh, Tom Selleck, Phyllis Davis, Marta Kristen.
«Auf einer Gefängnisinsel vor der Küste Kaliforniens, umringt von Haien und Minen, die Wärter überflüssig machen, herrscht ein strenges Regiment. Einige Frauen werden als Sklavinnen gehalten. Die gerade neu angekommene Carmen bildet zusammen mit ihnen und einigen Männern eine Rebellengruppe, die aufbegehrt und mit Carmen als Anführerin in den Kampf zieht. Terminal Island , Stephanie Rothmans vielleicht bekanntester Film, besitzt dennoch mit seinen impliziten Ideen von einem friedlichen, egalitären Zusammenleben beinahe utopische Qualitäten.» (Viennale, 2007)
«1972 lag die letzte Hinrichtung in den USA zehn Jahre zurück. Die Besorgnis, die Todesstrafe verstosse gegen das Grundgesetz, war damals sehr weit verbreitet. Diese Besorgnis wurde nicht nur von Richtern und Anwälten geteilt; die Todesstrafe wurde auch in der Öffentlichkeit heftig diskutiert. Ein häufig genutztes Argument dafür war, dass die Unterhaltung lebenslang Gefangener zu teuer sei. Dieses Argument lieferte die Basis für die Story von Terminal Island. Der Film stellt Spekulationen darüber an, was passieren könnte, wenn die Todesstrafe abgeschafft würde und der Staat dadurch Geld sparen wollte, indem er die Verurteilten auf eine Insel verbannt. Dort würden sie gerade genug Vorräte bekommen, um ein primitives Leben zu führen. Würden sie sich umbringen? Würden sie ihre eigene Gesellschaft gründen? Das waren die Fragen, die James Barnett, Charles Swartz und mich beschäftigten, als wir das Drehbuch schrieben.» (Stephanie Rothman, Viennale, 2007)
Sa 17.8. 2 0:15
Nach der Filmvorstellung findet ein Q&A mit der Regisseurin Stephanie Rothman statt – in englischer Sprache. Moderation: Nicole Reinhard
USA 1967, Farbe + s w, Digital SD, E, 86
REGIE Stephanie Rothman DREHBUCH Charles S. Swartz, Stephanie Rothman KAMERA Alan Stensvold
MUSIK Mike Curb, Bob Summers SCHNITT Leo H. Shreve MIT Deborah Walley, Tommy Kirk, Bobby Pickett, Suzie Kaye, The Animals.
THE VELVET VAMPIRE
TERMINAL ISLAND
GROUP MARRIAGE
Sa 31.8. 2 0:45 M i 4.9. 1 8:30 USA 1973, Farbe, DCP, E/e*, 90 '
REGIE Stephanie Rothman DREHBUCH Charles S. Swartz, Stephanie Rothman, Richard Walter KAMERA Daniel Lacambre MUSIK Michael Andres SCHNITT John A. O’Connor, Kirby Timmons MIT Victoria Vetri, Aimee Eccles, Solomon Sturges, Claudia Jennings, Jeffrey Pomerantz.
Chris (Aimée Eccles) ist Automechanikerin und arbeitet bei einem Mietwagenservice in L.A. Mit ihrem Freund Sander (Solomon Sturges), der Autoaufkleber mit nihilistischen Sprüchen kreiert, ist sie seit vielen Jahren zusammen. Er interessiert sich inzwischen aber mehr für seine Arbeit als für sie. Da trifft es sich gut, dass ihr der charmante Bewährungshelfer Dennis (Jeffrey Pomerantz) über den Weg läuft. Chris nimmt ihn kurzerhand mit nach Hause und ins Bett. Als Sander sich wenig begeistert zeigt von der nächtlichen Aktion, lädt Dennis seine Freundin Jan (Victoria Vetri) zum gemeinsamen Abend ein. Nach kleinen Anlaufschwierigkeiten stellen die zwei Paare fest, dass es sich zu viert besser liebt. Und was zu viert so gut klappt, könnte vielleicht zu sechst noch mehr Spass machen? Aber dann bekommen die Nachbarn und die Presse Wind und auch innerhalb der offenen Partnerschaft gibt es Probleme: Sind zum Beispiel Seitensprünge erlaubt? (nr) «Eine wichtige Erzähltechnik in all meinen Filmen ist das Umkehren der Erwartungshaltung. Ich benutze sie, um Dinge anzusprechen, die bei Fans von Exploitation-Filmen normalerweise auf Ablehnung stossen würden. Das vielleicht drastischste Beispiel dieser Art ist die Wirkung, welche die Schwulenhochzeit in Group Marriage auf das Publikum hatte. Heute schockiert die Idee einer Hochzeit zwischen Lesben oder Schwulen die meisten Leute nicht mehr, damals schon. Mit der sympathischen Zeichnung der schwulen Figuren im Film baute ich darauf, dass sich die anfängliche Verwunderung der Zuschauer:innen in Zustimmung umwandeln würde. Es funktionierte. Es gab spontane Applausbekundungen. (...) Ich stelle mir gern vor, dass dadurch die konventionellen Vorstellungen von Familie etwas gelockert wurden. Warum sollten nicht auch Exploitation-Filme das Bewusstsein ändern können?»
(Stephanie Rothman, in: Girls, Gangs, Guns, Schüren 2000) Restored by The Museum of Modern Art with funding support from Stephanie Rothman.
Fr 1 6.8. 20:15
Ein Abend mit Stephanie Rothman
THE WORKING GIRLS
Fr 1 6.8. 18:30
Exploitation Cinema – Rothman Style Do 22.8. 2 0:45 S a 7.9. 2 0:45
USA 1974, Farbe, DCP, E/d*, 80
REGIE Stephanie Rothman DREHBUCH Stephanie Rothman KAMERA Daniel Lacambre MUSIK Michael Andres SCHNITT John A. O’Connor MIT Sarah Kennedy, Laurie Rose, Cassandra Peterson, Lynne Guthrie, Solomon Sturges.
«Stephanie Rothmans unabhängig produzierter Spielfilm folgt drei jungen, alleinstehenden Frauen auf ihrem Weg in die Grossstadt, in das gebatikte Los Angeles der 1970er-Jahre, wo ein Geist der persönlichen Befreiung und neuer Möglichkeiten in der Luft liegt. Honey (Sarah Kennedy) ist eine Newcomerin vom Bauernhof, die ohne Geld und ohne Job in der Stadt ankommt und einen Job als bezahlte Begleiterin eines einsamen Millionärs findet. Denise (Laurie Rose) ist eine Künstlerin, die für ihren Lebensunterhalt Plakate malt und sich mit einem Strassenmusiker einlässt, der ein dunkles Geheimnis hat. Jill (Lynne Guthrie) ist eine Jurastudentin, die einen Job als Cocktailkellnerin annimmt und sich mit einem Bandenmitglied einlässt.» (La Biennale di Venezia, 2023)
«Ich habe ihn so verpackt, wie es mir aufgetragen wurde, nämlich als hübschen, sexy, grafisch starken und (so hoffe ich) komischen Film. Heute nennen Filmwissenschaftler so etwas Second-Wave-Exploitation, aber als ich ihn drehte, war es einfach ein Low-Budget-Exploitation-Film, der transgressiver sein musste als die Filme der grossen Studios, um konkurrenzfähig zu sein. Zu meiner Überraschung und Freude gab es schon damals einige Wissenschaftler und Kritiker, die über diese Merkmale hinaus die Kernaussage des Films erkannten. Für mich war es immer ein Film über die Identitätssuche, auf der wir alle sind, wenn wir jung sind. Es ist ein ernsthafter Film über drei junge Frauen, die keinen richtigen Job finden und die niemand ernst genug nimmt.» (Stephanie Rothman, La Biennale di Venezia, 2023)
Gespräch in englischer Sprache, 70', Moderation: Nicole Reinhard, Eintritt frei Nacktheit, Sex, Gewalt – das sind die zentralen Elemente des Exploitation-Kinos. Selbstverständlich kommen sie auch in Stephanie Rothmans Filmen vor – aber sie werden gemäss den «Rothman Rules» in Szene gesetzt! E in Ethik-Code, der es der Regisseurin erlaubte, die ge forderten Schauwerte und ihre Wertvorstellungen in Einklang zu bringen. Rothman hat die Freiheit, die das Exploitation-Kino bietet, zudem geschickt genutzt, um stilistisch ambitioniert brennende gesellschaftliche Themen anzusprechen – und das Genre selber mit viel Humor hinterfragt. Nicole Reinhard spricht mit St ephanie Rothman darüber, wie die Regisseurin mit 165'000 Dollar einen Vampir-Film in der Wüste gedreht, erfolgreich Feminismus ins Drive-In-Kino gebracht und im Exploitation-Kino ihre Integrität bewahrt hat. Über ihre Vorbilder, das Kino, das sie gerne gemacht hätte –und natürlich auch über ihren Mentor Roger Corman.
Zuvor um 18:30 – in Anwesenheit von Stephanie Rothman: THE WORKING GIRLS
LES ENFANTS DU PARADIS
So 25.8. 1 8:00 S o 15.9. 1 5:00
Frankreich 1945, sw, DCP, F/d*, 182 '
REGIE Marcel Carné DREHBUCH Jacques Prévert
KAMERA Roger Hubert, Marc Fossard MUSIK Maurice Thiriet, Joseph Kosma, Georges Mouqué SCHNITT
Henri Rust, Madeleine Bonin (ungenannt) MIT Arletty, Jean-Louis Barrault, Pierre Brasseur, Maria Casarès, Marcel Herrand, Pierre Renoir, Jane Marken, Louis Salou, Gaston Modot, Fabien Loris, Étienne Decroux.
«Paris, im Jahre 1827: Auf dem Boulevard du Crime wimmelt es nur so von Strassenkünstlern, Gauklern und schaulustigen Besuchern. Hier, mitten in der Menge, begegnen sich zum ersten Mal eine Handvoll Menschen, deren Schicksale zeitlebens auf tragische Weise miteinander verbunden sein werden: die schöne Garance, der sensible Pantomime Baptiste Debureau, der Schauspieler und Frauenliebhaber Frédérick Lemaître, der Graf Édouard de Montray und der anarchistische Gauner Lacenaire. Im Zentrum der Verwicklungen: Garance und Baptiste, der die junge Frau trotz seiner tiefen Gefühle sitzenlässt, weil er ihrer Zuneigung misstraut. Erst Jahre später gibt es ein zweites Treffen. Les enfants du paradis bildet den Höhepunkt des poetischen Realismus und auch der Partnerschaft von Drehbuchautor Jacques Prévert und Regisseur Marcel Carné.» (Filmpodium, Apr/Mai 2015)
«Ich habe diesen französischen Film zum ersten Mal mit spanischen Untertiteln in Mexico City gesehen, als ich elf war. Alles, was er für mich damals sein konnte, war ein Stummfilm mit Musik. Aber ich habe ihn nie vergessen, und als ich ihn als Erwachsene wiedersah, bestätigte sich mein damaliger Eindruck, dass es ein grossartiger Film ist. Die Musik, das Schauspiel und die Regie sind perfekt, aber was mir am besten gefällt, ist die Unvollkommenheit der Figuren. Oscar Wilde schrieb: ‹Wir liegen alle in der Gosse, aber einige von uns betrachten die Sterne.› Und genau so ist es bei Les enfants du paradis .» (Stephanie Rothman)
ORPHÉE
Fr 23.8. 1 8:30 D o 29.8. 1 5:00
S o 22.9. 20 :45
Frankreich 1950, sw, DCP, F/d, 95 '
REGIE Jean Cocteau DREHBUCH Jean Cocteau
KAMERA Nicolas Hayer MUSIK Georges Auric
SCHNITT Jacqueline Sadoul MIT Jean Marais, Marie Déa, Maria Casarès, François Périer, Juliette Gréco.
«Jean Cocteaus Neuinterpretation des OrpheusMythos handelt von einem berühmten Dichter (Jean Marais), der von der jungen Kunstszene verachtet wird, von der Liebe zu seiner Frau Eurydike (Marie Déa) und einer geheimnisvollen Prinzessin (Maria Casarès). Auf der Suche nach Inspiration folgt der Dichter der Prinzessin aus der Welt der Lebenden in das Land der Toten, durch Cocteaus berühmtes Spiegelportal. Die unvergleichliche visuelle Poesie und die traumhafte Erzählweise von Orphée zeigen den legendären Cocteau auf dem Höhepunkt seines Könnens.» (The Criterion Collection)
«In der Orpheus-Sage verspricht der Poet dem Tod, seine Frau niemals wieder anzublicken, wenn er sie wieder zum Leben erweckt. In Cocteaus Film verliebt sich der Poet in den Tod, eine Frau, die seine Liebe erwidert und sich für ihn opfert, damit der Dichter leben kann. Was mich an diesem Film beeindruckt hat, war seine atemberaubende Mischung aus visueller Fantasie und Bildern des alltäglichen Lebens. Ein Stilmittel, das ich in meiner eigenen Arbeit auch immer wieder verwendet habe. Und dann ist da noch die wunderbare Besetzung: die kalte Intensität von Maria Casarès als Tod und die überirdische Schönheit von Jean Marais als Orpheus.»
(Stephanie Rothman)
Restored by The Museum of Modern Art with funding support from Stephanie Rothman.
So 18.8. 1 5:00 S o 8.9. 1 8:30
F r 20.9. 20 :45
Schweden 1957, sw, DCP, Schwed/d, 95 REGIE Ingmar Bergman DREHBUCH Ingmar Bergman KAMERA Gunnar Fischer MUSIK Erik Nordgren
SCHNITT Lennart Wallén MIT Max von Sydow, Gunnar Björnstrand, Nils Poppe, Bibi Andersson, Bengt Ekerot, Gunnel Lindblom, Bertil Anderberg, Inga Gill.
«Ein heimkehrender Kreuzritter findet seine Heimat von der Pest verwüstet vor und fordert den Tod zu einem Schachspiel heraus, das zu der nie endenden Frage um die Existenz Gottes wird. In den Ereignissen und Begegnungen weniger Tage offenbart sich die existenzielle Not einer Gesellschaft am Abgrund. Im Rückgriff auf die Tradition mittelalterlicher Mysterienspiele meditiert der mit grosser künstlerischer Kraft gestaltete Film über den Verlust von Sinnbezügen und die Suche nach Haltepunkten in einer neuzeitlichen Welt. Eine symbolträchtige Allegorie, geprägt von bitterer Skepsis.» (Lexikon des int. Films)
«Als ich den Film das erste Mal sah, dachte ich, dass ich auch so einen Film machen möchte. Das habe ich nie getan, aber es war der Auslöser für meine Karriere als Filmemacherin. Wie bei Cocteaus Orphée dominiert thematisch der Tod, doch die Welt des Siebten Siegels ist nicht vom Zauber eines Mythos erfüllt, sondern vom grausamen Horror religiösen Wahns. Ich liebte die kühle, leidenschaftslose Sichtweise auf die Conditio humana und das zärtliche Ende mit der naiven Liebe eines Paares namens Joseph und Maria.» (Stephanie Rothman)
UP IN THE AIR
Di 27.8. 2 0:45 D o 12.9. 2 0:45
M o 23.9. 1 8:00
USA 2009, Farbe, DCP, E/d*, 109 ' REGIE Jason Reitman DREHBUCH Jason Reitman, Sheldon Turner, nach dem gleichnamigen Roman von Walter Kirn KAMERA Eric Steelberg MUSIK Rolfe Kent SCHNITT Dana E. Glauberman MIT George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick, Jason Bateman. «Ryan Bingham ist immer unterwegs: Wenn er sein Leben nicht gerade in Flugzeugen, Leihautos oder Airport-Hotels verbringt, macht er für seine Firma die Drecksarbeit. Sein Job ist es, andere aus ihrem Job zu entfernen. In Krisenzeiten wie den jetzigen, wenn Entlassungen – euphemistisch ‹Freistellungen› genannt – zum Sanierungsprogramm der Firmen werden, hat er Hochkonjunktur. 322 Tage im Jahr jettet er von Ort zu Ort, von Unternehmen zu Unternehmen, um im Auftrag einer Consulting-Firma die lästigen Entlassungsgespräche zu führen: ‹Ich arbeite für eine Firma, die mich an Feiglinge verleiht, die nicht den Mut haben, ihre Angestellten zu feuern. Und das aus gutem Grund. Leute machen verrückte Sachen, wenn sie rausgeschmissen werden!› Er steht kurz vor der Erfüllung seines grossen Ziels, die Zehn-Millionen-Frequent-Flyer-MeilenHürde zu nehmen. Als eine neue Mitarbeiterin Ryans Chef eine Möglichkeit eröffnet, wie man künftig auch auf Ryan verzichten könnte, sieht sich Bingham mit einem Leben konfrontiert, in dem Begriffe wie Zuhause oder Liebe plötzlich eine Bedeutung bekommen.» (Rainer Gansera, epd Film, 1.2.2010)
«Ich wünschte, ich hätte diesen Film machen können. Denn Up in the Air erzählt eine aufrichtige Geschichte über Wandel: den schmerzhaften sozialen Wandel und den Sinneswandel eines Mannes. Sein Job ist es, den Schmerz von Menschen zu lindern, die ihre Arbeit verloren haben, indem er ihnen verspricht, ihnen bei der Suche nach einem neuen Job zu helfen. Der Film ist teils Fiktion und teils Dokumentarfilm: Die Arbeitslosen sind keine Schauspieler:innen, sondern Laien, die real ihre Jobs verloren haben. Der Mann fliegt von einem Reiseziel zum nächsten und unterhält zu niemandem eine enge Bindung. Das schirmt ihn vom Schmerz der Arbeitslosen ab und gibt ihm das Gefühl von Freiheit. Bis das nicht mehr funktioniert –und er merkt, dass er ein Gefangener in der Luft ist.» (Stephanie Rothman)
GROUP MARRIAGE
HENRI–GEORGES CLOUZOT
LOHN DER ANGST
Der Weg ins Verderben ist für die Figuren in Henri-Georges Clouzots Filmen nie weit. Eine flüchtige Bekanntschaft, eine schnell gefällte Entscheidung oder einfach nur am falschen Ort zur falschen Zeit zu sein reicht aus, damit Clouzots Protagonist:innen in eine perfekt erzählte und inszenierte Thriller-Maschinerie geraten. Clouzot war eine Schlüsselfigur des französisches Kinos der 1940er- und 50er-Jahre, seine Filme wie Le corbeau oder Le salaire de la peur begeisterten (wie verstörten) das Publikum und übten einen immensen Einfluss auf nachfolgende Generationen von Filmemacher:innen aus. Das Filmpodium widmet diesem Meister des Kriminalfilms eine umfassende Retrospektive und zeigt alle seine Langfilme sowie den auf seinem letzten, unvollendeten Werk basierenden Dokumentarfilm L’enfer d’Henri-Georges Clouzot Ein grosser Bewunderer von Clouzots Schaffen ist der Schweizer Regisseur Pierre Monnard (Platzspitzbaby, Bisons). Am 14. September spricht er anlässlich der Aufführung von Les diaboliques über den Einfluss und die Inspiration, den dieser Film auf seine eigene Arbeit hat.
menten besteht, lässt erahnen, dass diese Ambition gar nicht so unrealistisch war. Und auch, dass die im Französischen so geläufige wie unübersetzbare Bezeichnung des «monstre sacré» auf kaum jemanden so zugeschnitten ist wie auf Clouzot.
Kollaboration oder Subversion?
Grevens in Paris wieder, für den er nebst verschiedenen Drehbucharbeiten seine ersten beiden Spielfilme erstellte. Auf das ziemlich unterhaltsame «whodunit» L’Assassin habite au 21 (1942), von manchen bereits als frühes Meisterwerk bezeichnet, folgt mit Le Corbeau (1943) eine bemerkenswert subversive Abrechnung mit der französischen Denunziationsgesellschaft. Eine Serie von anonymen Briefen, deren unbekannte:r Verfasser:in über alle schmutzigen Geheimnisse im Dorf Bescheid zu wissen scheint, vermag es, die Stimmung in einer Kleinstadt – gelinde gesagt – zu trüben. Ähnliches galt auch für Clouzots Ansehen bei der «Commission d’Épuration» nach der Libération, die ihm Kollaboration vorwarf und mit einem lebenslangen, später auf zwei Jahre reduzierten Berufsverbot belegte. Zwar scheint niemand ernsthaft der Meinung gewesen zu sein, dass Clouzots bitterbös-negatives Porträt des französischen Gemeinsinns unzutreffend sei, bloss dass die Okkupationszeit der denkbar unangemessenste Moment dafür war. Die Idee einer politisch-ideologischen Kollaboration Clouzots bezeichnete unter anderem sein Bruder Marcel als komplett absurd. Der einzige Ismus, mit dem sich sein apolitischer Bruder je identifizieren würde, sei der «Clouzotismus».
Keine Rettung
währende Glücksarrangements, gefolgt von einem versöhnlichen (und sehr ästhetischen) Pathos im Tod sind das Höchste, was eine Figur in einer vom Clouzotismus bestimmten Welt von ihrem Schicksal erwarten darf.
Überwältigende Methoden Ähnlich konsistent scheinen auch – zumindest Aussagen zahlreicher Mitarbeiter:innen zufolge – Clouzots Methoden gewesen zu sein, um jenen besonderen Affekt zu erreichen, mit dem er auch über die düstersten Handlungsverläufe zu faszinierenden, oft ästhetisch überwältigende Kunstwerken gelangen konnte. Allem Anschein nach war Clouzot auf seinen Filmsets ein Tyrann, der gerne auch mal zu «folterähnlichen» Methoden griff. Regelmässig soll er seine Schauspielerinnen (seltener die Männer) geschlagen haben, um den richtigen emotionalen Ausdruck in ihr Spiel zu bringen. Brigitte Bardot erinnert sich an ganze Schlagabtausche, an psychologische Grausamkeiten und daran, wie ihr einmal der Magen ausgepumpt werden musste, nachdem ihr Clouzot statt des behaupteten Aspirins zwei starke Schlaftabletten gegeben hatte, um für La vérité (1960) eine glaubwürdige schläfrige Darstellung von ihr zu erhalten. Als exzessiven und aufdringlichen Mann, «der alle Schauspieler völlig unter seiner Kontrolle haben wollte und mehr von ihnen verlangte, als sie jemals vorher gegeben hatten», beschreibt ihn eine Nebendarstellerin von La prisonnière . «Mais», fügt sie schwärmerisch an, «quel résultat!»
«Dieses monstre sacré », stellt die Erzählerstimme am Anfang von L’enfer d’Henri-Georges Clouzot (2009) bestimmt fest, «war einer der grössten Regisseure der Filmgeschichte.» Zum Beweis nennt sie fünf der Meisterwerke von Clouzot, darunter natürlich auch Le salaire de la peur (1953) und Les diaboliques (1955). Was folgt, wird jedoch vom Scheitern handeln: jenem der Dreharbeiten zum Eifersuchtsdrama L’enfer mit Romy Schneider, mit dem Clouzot 1964 nichts weniger als sein «absolutes Meisterwerk» schaffen und mittels nie gesehener, psychologisch motivierter Kameratricks die Filmsprache revolutionieren wollte. Das Projekt kam zu einem abrupten Ende, als erst der vergraulte Hauptdarsteller das Set verliess und der Regisseur kurze Zeit später einen Herzinfarkt erlitt. Serge Brombergs und Ruxandra Medreas Dokumentarfilm, der zu grossen Teilen aus Clouzots Kameraexperi-
Geboren 1907 als Sohn eines Buchhändlers ganz im Westen Frankreichs, blieb ihm seine angestrebte Marinekarriere aufgrund von Kurzsichtigkeit verwehrt. Auch das Jurastudium an der Science Po musste er, als die Weltwirtschaftskrise den Familienreichtum vernichtete, abbrechen. Also wurde er Journalist, Filmeditor und Drehbuchbearbeiter und ging alsbald – 1932 – nach Berlin, wo er französische Fassungen deutscher Filmproduktionen erstellte. Zur baldigen Abreise zwangen ihn zwei Jahre später sowohl die politische Situation – Clouzot war, als Goebbels bereits die Kontrolle über die Universum-Film Aktiengesellschaft (UFA) übernommen hatte, mit jüdischen Produzenten befreundet – als auch die Tuberkulose, die ihn mehrere Jahre in Sanatorien immobilisieren sollte. Dort las er «tausende Bücher» und eignete sich einen ausgeprägten Sinn für Dramatik und ein ausgesprochen tragisches Welt- und Menschenbild an.
Einige Zeit und einen Einmarsch nationalsozialistischer Besatzungstruppen später findet sich Clouzot als Drehbuchautor und Regisseur für die deutsche Produktionsfirma «Continental Films» unter der Leitung Alfred
Was diesen ausmacht, lässt sich in Clouzots nächsten Filmen beobachten. Im populären Eifersuchtskrimi Quai des Orfèvres (1947) etwa, mit dem er nicht zum letzten Mal eine seiner grössten Stärken unter Beweis stellte: wie damals Hitchcock und heute Fincher mittels perfekter Inszenierung und Schauspielerführung einen wenig plausiblen Krimiplot reibungslos zu vermitteln. Gleich darauf gelang es ihm in Manon (1949) überraschend erfolgreich, Abbé Prévosts Erzählung der Manon Lescaut aus dem frühen 18. Jahrhundert in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zu transportieren, wobei der Film trotz Kriegsende kaum Optimismus vermittelt. Die zentrale Liebesbeziehung ist von Exzessen, Betrug und Misstrauen geprägt, während Hauptwie Nebenfiguren fast ausschliesslich auf den eigenen Vorteil bedacht sind. Eine meisterhaft misanthropische Sequenz, in der die Protagonistin in einem überfüllten Zug nach dem Geliebten sucht, zeigt ein Panorama der französischen Nachkriegsgesellschaft, die jeglichen Sinn für Empathie und Hilfsbereitschaft verloren hat. Selbst die geglückte Flucht in eine neue Welt – in Clouzots Version liegt diese in Palästina – verheisst keine Rettung. Kurz-
Resultate wie Le salaire de la peu r : ein eher misanthropisches Action-Meisterwerk über Männer, die aus ökonomischer oder existenzieller Not zwei Lastwagen voller Nitroglycerin, das jederzeit zu explodieren droht, durch eine südamerikanische Wüstenlandschaft steuern. Dieses waghalsige Unterfangen – für Figuren in einem nihilistischen Actionfilm zumindest ist es die denkbar schlechteste Idee – vermag Clouzot gerade dank der relativ einfachen Ausgangslage gradlinig und mit sparsam eingesetzten Mitteln in eine Spannung zu übersetzen, die in der Filmgeschichte immer noch Vergleichbares sucht. Wieder zwei Jahre später schuf er mit Les Diaboliques (1955), basierend auf einem Buch, das auch Hitchcock verfilmen wollte, das perfekte filmische Puzzle: Zwischen drei Figuren, einer Badewanne und einem Swimmingpool entwickelt sich eine morbid-elegante filmische Maschinerie mit düster-schönen Zahnrädchen, die sämtliche psychologische Unglaubwürdigkeit unwesentlich machen. Vielleicht passt allgemein die Maschinenmetapher ganz gut zu Clouzot, wenn man bedenkt, dass es oft die von Technologie gerahmten Bilder sind, die nachwirken: die Zugfahrt und der Mord im Kinokeller in Manon, die monströsen Lastwagen von Le Salaire de la peur , ja selbst die kafkaeske Überwachungsparanoia von Les espions (1957), der gemeinhin als Misserfolg gilt («als metaphysische Fabel zynisch und nihilistisch, als Thriller sinnlos verquer und prätentiös»), der aber gerade in dieser Inkongruenz irgendwie zeitgemäss wirkt. Verschiedene – metaphorische, psychologische, kulturelle – Ebenen, die sich zueinander verhalten müssen, die sich aneinander reiben, einander bedingen: La Prisonnière (1968), Clouzots letzter Film, ist geradezu besessen davon, Bilder für dieses produktive Nichtzueinanderpassen zu finden. Auf der Handlungsebene mag es um moderne kinetische Kunst gehen, die Clouzot überdies Gelegenheit bietet, die Kamerastudien von L’enfer zu rezyklieren. Dahinter steht vielleicht aber auch ein finaler filmischer Blick Clouzots auf das eigene Leben und Werk. Das Monströse und das Heilige: Bei Clouzot scheint sich das gegenseitig zu bedingen.
Dominic Schmid hat Filmwissenschaft und J apanologie in Zürich und Berlin s tudiert und arbeitet als freier Filmkritiker, Videothekar und Moderator zwischen Biel und Zürich.
Für die Unterstützung danken wir:
Essay von Dominic Schmid
L’ASSASSIN
HABITE ... AU 21
Mo 19.8. 1 8:30 S o 15.9. 1 8:45 S a 28.9. 20 :45
Frankreich 1942, sw, 35 mm, F/e, 84
REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Stanislas-André Steeman, nach dem gleichnamigen Roman von Stanislas-André Steeman
KAMERA Armand Thirard MUSIK Maurice Yvain
SCHNITT Christian Gaudin MIT Pierre Fresnay, Suzy Delair, Pierre Larquey, Noël Roquevert, Jean Tissier, Louis Florencie, Raymond Bussières, Odette Talazac.
«Ein mysteriöser Mörder geht um. Wie zum Spott für die Ermittler hinterlässt er am Tatort eine Visitenkarte mit dem Namen Durand. Das nützt dem Kommissar Wens vorerst wenig, doch gelingt es ihm, mithilfe anderer Spuren die Fährte aufzunehmen. Bei seinen Ermittlungen stösst er auf die kleine Pension Mimosas in der Avenue Junot, Hausnummer 21. Dort logiert eine Schar exzentrischer Gäste, und alle Indizien deuten darauf hin, dass einer davon der Verbrecher ist. Als Pfarrer getarnt, schleust sich Wens in die Pension ein, um dem Täter mithilfe seiner Mätresse endlich das Handwerk zu legen. Aber das ist schwieriger als gedacht, denn hinter der Angelegenheit steckt mehr, als es scheint. L’assassin habite… au 21 ist die erste Regiearbeit HenriGeorges Clouzots. Angelegt als Film noir à la française erlaubt sich der Film dennoch Ausflüge ins Komödiantische und Burleske, wozu vor allem die turbulente Liebesbeziehung zwischen dem Kommissar und der erfolglosen Sängerin Mila Malou beiträgt. Clouzot hatte sich an dem Detektiv-Duo Nick und Nora in dem Kriminalklassiker The Thin Man (USA 1934) orientiert sowie an dem Drehbuch, das er ein Jahr zuvor für Georges Lacombes Le dernier des six geschrieben hatte. Jean Cocteau notierte in sein Tagebuch: ‹Den Film von Clouzot gesehen: L’assassin habite… au 21 . Er hatte recht, ins Regiefach zu wechseln. Der Film trägt unverkennbar seine Handschrift. (…) Treffer! Man sieht einen französischen Kriminalroman, voller Fehler, aber sehr amüsant.›» (Ralph Eue, Zeughauskino Mai 2016)
LE CORBEAU
Sa 17.8. 1 8:15 F r 23.8. 1 5:00 S o 8.9. 20 :45
Frankreich 1943, sw, 35 mm, F/e/d*, 92 REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Louis Chavance KAMERA Nicolas Hayer MUSIK Tony Aubin SCHNITT Marguerite Beaugé MIT Pierre Fresnay, Ginette Leclerc, Pierre Larquey, Micheline Francey, Antoine Balpêtré, Héléna Manson, Noël Roquevert, Liliane Maigné, Louis Seigner.
«Anonyme Briefe vergiften die Atmosphäre in einer französischen Kleinstadt. Gerüchte von Liebschaften, heimlichen Abtreibungen und Drogenmissbrauch machen die Runde; die schliesslich einschreitenden Behörden tappen lange im Dunkeln. Le corbeau ist einer der umstrittensten Filme der französischen Okkupationszeit. Produziert von der Firma Continental, die unter deutscher Leitung stand, und realisiert von ihrem Chefszenaristen Henri-Georges Clouzot, ist er von tiefem Zweifel an der menschlichen Fähigkeit zum Guten geprägt, der sich auch in späteren Clouzot-Filmen niederschlägt und auffällige Parallelen zur Weltsicht des zeitgenössischen Film noir aufweist. Unter dem Titel ‹Der Rabe ist gerupft› publizierte ‹L’écran français› 1943 einen Artikel gegen Clouzots ‹Unterfangen der Herabwürdigung› und argumentierte, dass Le corbeau in Deutschland als Vorzeigeobjekt für die Degeneriertheit der Franzosen zirku-
liere. Nach der Befreiung griffen prominente Vertreter der französischen Filmszene diese Polemik auf, während Leute wie Sartre, Prévert und René Clair den Regisseur, der faktisch zweieinhalb Jahre Berufsverbot hatte, verteidigten. Aus heutiger Sicht kann die damalige Polemik auch als Verdrängungsakt gedeutet werden, zeigt Le corbeau gegen das schnell etablierte Bild vom heroischen Frankreich der Résistance doch eine Gesellschaft, in der Spitzelei und Denunziation allgegenwärtig sind.» (Andreas Furler, Filmpodium, Apr/Mai 2010)
QUAI DES ORFÈVRES
So 18.8. 2 0:45 S a 31.8. 1 8:30
S a 7.9. 1 5:00
Frankreich 1947, sw, 35 mm, F/d*, 105
REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Jean Ferry, nach dem Roman «Légitime Défense» von Stanislas-André Steeman KAMERA
Armand Thirard MUSIK Francis López, Albert Lasry
SCHNITT Charles Bretoneiche MIT Louis Jouvet, Bernard Blier, Suzy Delair, Pierre Larquey, Simone Renant, Raymond Bussières, Claudine Dupuis.
«Ein Kriminalinspektor soll den Mord an einem reichen alten Mann aufklären, für den man einen jungen Pianisten in Haft genommen hat. Er merkt bald, dass der Verdächtigte alles daransetzt, seine junge Frau zu entlasten: eine Sängerin, die um jeden Preis Karriere machen will.» (Filmpodium, Apr/Mai 2010)
«In der Filmgeschichte hat man HenriGeorges Clouzot gern als (schwächeren) ‹französischen Hitchcock› und bissigen Misanthropen abklassifiziert. Beide Zuschreibungen stellt er in diesem ausgezeichnet besetzten, atmosphärisch bestechenden Noir auf den Kopf, ohne je in Sentimentalität zu verfallen oder Stereotype zu bemühen. Die Krimihandlung um die Mordermittlungen eines Inspektors (gross: Louis Jouvet) in der Halbwelt von Künstlern und Gangstern ist ihm hier hauptsächlich Vorwand für eine enorm detailreiche Milieuschilderung und komplexe Figurenzeichnung. Die grossen emotionalen ‹Überraschungseffekte› des Films verdanken sich nicht der Aufklärung des Verbrechens, sondern der unerwarteten Aufdeckung von Seelenverwandtschaft zwischen dem Ermittler und den Hauptverdächtigen, darunter einer Sängerin mit dem Bühnennamen Jenny Lamour und einem so unscheinbaren wie eifersüchtigen Gatten.» (Christoph Huber, Österreich. Filmmuseum, Mrz 2015)
MANON
Di 20.8. 1 8:30 D i 3.9. 1 8:30
D o 12.9. 1 5:00
Frankreich 1949, sw, DCP, F/e, 100
REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Jean Ferry, nach der Novelle «L’Histoire du Chevalier des Grieux et de Manon Lescaut» von Abbé Prévost KAMERA Armand Thirard MUSIK Paul Misraki SCHNITT Monique Kirsanoff MIT C écile Aubry, Serge Reggiani, Michel Auclair, Gabrielle Dorziat, Raymond Souplex, Simone Valère.
«In der Normandie des Juni 1944 verfällt der Résistance-Kämpfer Robert der Lebedame Manon, der enge Beziehungen zu den Nazis nachgesagt werden. Als sich die Lynchstimmung gegen Manon verdichtet, fliehen die Liebenden nach Paris, wo Manons zwielichtiger Bruder lebt. Damit beginnt eine Odyssee, die über Schwarzmärkte und Bordelle in die Hafenstadt Marseille führt und in der Wüste Palästinas endet. Clouzots Übertragung des ‹Manon Lescaut›-Stoffs aus dem 18. Jahrhundert in die Zeit der französischen Libération schockierte das Premierenpublikum vordergründig mit Ausdrücken wie ‹merde› und Sätzen wie: ‹Nichts ist schmutzig, wenn man sich liebt.› Das eigentlich Verstörende aber war, ähnlich wie bei Le corbeau , das düstere Bild, das Clouzot vom Frankreich der Nachkriegszeit mit seiner Schattenwirtschaft und der Verdrängung jeder Schuld zeichnete.»
(Filmpodium, Apr/Mai 2010)
«Der selten gezeigte Film Manon , der von Ado Kyrou als eine der reinsten Darstellungen der Amour fou im Kino gepriesen wurde, ist ein düsterer, surrealistischer Fiebertraum und eine der grössten Entdeckungen in Clouzots Schaffen. (…) Der knabenhafte Serge Reggiani wird ein williges und masochistisches Opfer des zweischneidigen Charmes von Manon, die von Cécile Aubry in die ultimative Femme fatale verwandelt wird.»
(Harvard Film Archive, 2011)
MIQUETTE ET SA MÈRE
Fr 30.8. 1 5:00 M o 16.9. 2 0:45
F r 27.9. 1 5:00
Frankreich 1950, sw, 35 mm, F/e, 95 REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Jean Ferry, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Gaston Armand de Caillavet, Robert de Flers KAMERA Louis Née, Armand Thirard MUSIK Alber t Lasry SCHNITT Monique Kirsanoff MIT Louis Jouvet, Danièle Delorme, Mireille Perrey, Bourvil, Saturnin Fabre, Pauline Carton, Jeanne Fusier-Gir, Madeleine Suffel, Maurice Schutz.
BRASIL Vorfilm
Frankreich 1950, sw, DCP, F, 11 '
REGIE Henri-Georges Clouzot
Als Vorfilm zeigen wir den Anfang des unvollendeten Dokumentarfilms BRASIL (Frankreich 1950), den HenriGeorges Clouzot anlässlich seiner Hochzeitsreise mit Véra Clouzot in Brasilien drehen wollte.
«Ein Kostümfilm, eine Komödie, eine Theaterverfilmung, ein Remake und damit ein Solitär in Clouzots Filmografie: Im Frankreich der Belle Époque wird die junge Provinzlerin und aufstrebende Tänzerin Miquette von einem alternden Schauspieler, einem Marquis und von dessen Sohn umworben. Miquettes Mutter zwingt sie in die Liaison mit dem Marquis, der ihr in Paris eine Theaterkarriere verspricht, doch in Paris und auf Tournee kreuzen sich die Wege aller Beteiligten auf unerwartete Weise wieder.» (Filmpodium, Apr/Mai 2010)
«Eine Verschnaufpause in Clouzots Werk. Er sucht noch keine neuen Gleise. (…) Er zögert und nutzt dieses Zögern, um ein Unterhaltungsstück zu realisieren, das vom Rest seines Werks aber weniger weit entfernt ist, als man ihm gern nachsagt. Es sind die satirischen Elemente (…) und manche Charaktere, die mit anderen Clouzot-Figuren durchaus verwandt sind.» (Jacques Chevalier, Image et Son, Nr. 64, 1953)
LE SALAIRE DE LA PEUR
Sa 24.8. 1 8:00 M i 11.9. 2 0:30 S o 22.9. 1 5:00
Frankreich/Italien 1953, sw, DCP, OV/e/d*, 148 ' REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, nach dem gleichnamigen Roman von Georges Arnaud KAMERA Armand Thirard MUSIK Georges Auric SCHNITT Madeleine Gug, Henri Rust MIT Yves Montand, Charles Vanel, Folco Lulli, Peter van Eyck, Véra Clouzot, William Tubbs, Darío Moreno, Jo Dest, Luis De Lima.
«In einem brütend heissen Nest irgendwo in Venezuela warten vier gestrandete europäische Abenteurer auf die Chance, ihrer trostlosen Situation zu entkommen. Sie heuern als Lastwagenfahrer an: Zwei Lkws voller Nitroglyzerin sollen auf steilen, unbefestigten Gebirgspisten zu einer brennenden Erdölquelle gefahren werden. Erst unterwegs realisieren die vier Wagemutigen, auf was für ein Himmelfahrtkommando sie sich eingelassen haben.» (Filmpodium, Okt/Nov 2009)
«Hier ist ein Film, der für sich steht als die reinste Studie in Sachen filmische Spannung, die je auf Zelluloid gebannt wurde, ein Kunstwerk, das so elementar nervenzerfetzend ist, dass man Angst hat, ein deplatziertes Flüstern aus dem Publikum könnte die Leinwand explodieren lassen. So besessen Clouzot in seiner Aufmerksamkeit für das erzählerische Rückgrat der Geschichte auch sein mag – vier Männer fahren zwei Lastwagen mit Nitroglyzerin dreihundert Meilen durch eine Höllenlandschaft voller Schlaglöcher, verdorrter Fauna, steinübersäter Pässe, Haarnadelkurven und baufälliger Brücken auf bröselnden Balken, um einen Ölbrand zu löschen, der auf der anderen Seite des Berges tobt –, so grimmig ist er auch in seinem Kommentar über den wirtschaftlichen Imperialismus und die amerikanische Ausbeutung fremder Kulturen, die Schändung der Erde und den lächerlichen Irrsinn des Menschen.» (Dennis Lehane, criterion.com, 21.4.2009)
LE SALAIRE DE LA PEUR
QUAI DES ORFÈVRES
LES DIABOLIQUES
Do 2 2.8. 18:15 M i 2 8.8. 15:00 S a 14.9. 1 8:00
Frankreich 1955, sw, 35 mm, F/e/d*, 115 REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Jérôme Géronimi, René Masson, Frédéric Grendel, nach dem Roman «Celle qui n’était plus» von Pierre Boileau, Thomas Narcejac KAMERA Armand Thirard MUSIK Georges Van Parys SCHNITT Madeleine Gug MIT Simone Signoret, Véra Clouzot, Paul Meurisse, Charles Vanel, Pierre Larquey.
Der Leiter eines tristen Provinzinternats ist ein widerwärtiger Despot. Seine herzkranke Frau, die schwer unter ihm leidet, tut sich schliesslich mit seiner Mätresse zusammen; gemeinsam planen sie den perfekten Mord. Ein Thriller im Stil eines Film noir, dessen «Story von raffinierter Konsequenz ist. Es gibt keine Abschweifungen; mit der Exaktheit eines Uhrwerks greifen die Szenen ineinander. (…) Perfekt wie das Drehbuch ist auch die visuelle Gestaltung. Sie überzeugt durch eine Ökonomie, die keine Längen kennt, sich keine Leere, keinen überdrehten Gag erlaubt, sich aber für jeden Schock eine kurze Atempause gönnt.» ( Reclams Filmführer)
PIERRE MONNARD ÜBER
LES DIABOLIQUES
Sa 14.9. 1 8:00
Ob als Regisseur für die Serie Wilder oder in seinen Kinofilmen wie Platzspitzbaby oder zuletzt Bisons Pierr e Monnard interessiert sich in seiner Arbeit s tets für die Arbeit mit Genreelementen und wie diese das Erzählen einer Geschichte an treiben. Das Werk von Clouzot stellt dabei eine be sondere Inspirationsquelle für ihn dar. In einem Gespräch im Anschluss an die Vorstellung von Les diaboliques geht er auf seine Bewunderung für diesen Film ein und erzählt, was die F ilme Clouzots auszeichnet.
«Clouzot in seinem Element und am Zenit des kommerziellen Erfolgs. Les diaboliques zelebriert den Thrill als effektvolle Suspense-Maschinerie, gebaut um publikumswirksame Horror-Überraschungen im Drehbuch: Eine Texttafel am Schluss bittet darum, das Ende nicht zu verraten. Es passt nur zu gut, dass auch Hitchcock Interesse an der Romanvorlage zeigte: Mit Vertigo lieferte er bald darauf seine lyrischere, aber nicht weniger perverse Boileau-Narcejac-Adaption.» (Christoph Huber, Ös terreich. Filmmuseum, Mrz 2015)
LE MYSTÈRE PICASSO
Mi 4.9. 1 5:00 F r 13.9. 1 8:30 D i 24.9. 20 :45
Frankreich 1956, Farbe + s w, 35 mm, F/d/i, 78 ' REGIE UND DREHBUCH Henri-Georges Clouzot KAMERA Claude Renoir MUSIK Georges Auric SCHNITT Henri-Georges Clouzot, Henri Colpi MIT Pablo Picasso, Henri-Georges Clouzot, Claude Renoir.
«Ein filmisch überragender Versuch, Picassos Malkunst ‹direkt› und unmittelbar darzustellen: Vor der Kamera malt Picasso auf ein transparentes Spezialmaterial und kommentiert dabei höchst eigenwillig und amüsant seine Ideen. Clouzot hat mehr als drei Monate bei der Erarbeitung dieses Films mit dem Maler verbracht. Das Ergebnis ist eine technisch brillante Studie über den künstlerischen Schaffensprozess.» (Lexikon des int. Films)
«Während die meisten Gemälde in leuchtenden Farben gedreht wurden, sind die zwischenzeitlichen Atelierszenen, in denen Regisseur, Kameramann und Maler ihre Fortschritte diskutieren, in kontrastreichem Schwarzweiss gefilmt. Die Farbe (die Clouzot zum ersten Mal in seiner Karriere verwendete) hat somit die offensichtliche ästhetische Funktion, den künstlerischen Schaffensprozess zu betonen. (…) Der Film ist auch fünfzig Jahre später ein ausserordentlich ansprechendes und ehrgeiziges Dokument über den grössten Künstler des zwanzigsten Jahrhunderts und seinen Dialog mit einem brillanten Filmemacher.» (Christopher Lloyd, in: Henri-Georges Clouzot, Manchester University Press 2007)
LES ESPIONS
Do 5.9. 1 8:15 F r 13.9. 1 5:00 F r 27.9. 1 8:30
Frankreich/Italien 1957, sw, 35 mm, F/d*, 100
REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Jérôme Géronimi, nach dem Roman «Der Mitternachtspatient» von Egon Hostovský KAMERA Christian Matras MUSIK Georges Auric SCHNITT Madeleine Gug MIT Curd Jürgens, Peter Ustinov, Otto Edouard Hasse, Véra Clouzot, Martita Hunt, Gérard Séty, Sam Jaffe, Gabrielle Dorziat, Louis Seigner, Pierre Larquey, Paul Carpenter, Daniel Emilfork.
«Der leitende Arzt einer psychiatrischen Klinik nimmt gegen gute Bezahlung das harmlos klingende Angebot eines amerikanischen Obersten, einen anonymen Mann für kurze Zeit als Patienten unterzubringen, gerne an. Aber plötzlich geben sämtliche Agenten aus Ost und West einander die Klinke in die Hand, das Wartezimmer wird zum Tribunal, die Revolver sitzen locker. Niemand weiss mehr, wer für wen arbeitet – geschweige denn der Zuschauer! (…) Nach diesem Kinobesuch hält man für eine halbe Stunde lang alle Menschen, denen man begegnet, für Spione. Nur langsam löst sich der Bann. Denn in diesem Film von Henri-Georges Clouzot, dem Spezialisten hautnaher Themen, vor allem der Angst und des Unheimlichen, ist wahrhaftig der Zustand totaler Spionage erreicht.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.12.1957)
«Weit entfernt von einem klassischen Spionagefilm ist Les espions eher eine Satire auf das Genre. Clouzot schildert mit grimmiger Ironie eine Welt des Unsinns und des falschen Scheins. Die Situationen und Dialoge sind oft treffend. Letztendlich ist dies Clouzots witzigster und daher auch unerwartetster Film.» (Joël Daire, La Cinémathèque française)
LA VÉRITÉ
Di 27.8. 1 8:00 F r 6.9. 1 5:00 M o 23.9. 2 0:30
Frankreich/Italien 1960, sw, DCP, F/e, 130 ' REGIE Henri-Georges Clouzot DREHBUCH HenriGeorges Clouzot, Véra Clouzot, Jérôme Géronimi, Simone Drieu, Christiane Rochefort KAMERA Armand Thirard MUSIK Ludwig van Beethoven, Igor Strawinsky SCHNITT Albert Jurgenson MIT Brigitte Bardot, Sami Frey, Marie-José Nat, Charles Vanel, Louis Seigner, Paul Meurisse.
«Im Verlaufe des Prozesses gegen Dominique Marceau (Brigitte Bardot) – sie ist des Mordes an ihrem Geliebten Gilbert Tellier angeklagt –wird ihre Geschichte durch verschiedene Zeugen aufgerollt. Die flatterhafte Dominique hatte Gilbert (Sami Frey), den Verlobten ihrer Schwester, verführt; von ihrer Frivolität enttäuscht, kehrte dieser aber zu Annie (MarieJosé Nat) zurück und zog so Dominiques Zorn auf sich. Verteidiger und Staatsanwalt zeichnen zwei völlig verschiedene Porträts der Angeklagten.» (Dictionnaire des films Larousse)
«Die Sezierung von Lebensweise und Amoralität der desillusionierten Jugend in den späten fünfziger Jahren, mit Bardot in ihrer besten Rolle als junge Frau, deren überstürzte Flucht aus einem bürgerlichen Elternhaus zu einer Reihe von frustrierenden Affären mit Pariser Intellektuellen und schliesslich zu einer Mordanklage führt. Clouzot ist in seinen Beobachtungen der französischen Sitten so kalt und heftig wie immer. (...) Verglichen mit ihm ist Fassbinder ein Romantiker.» (Geoff Andrew, Time Out Film Guide)
LA PRISONNIÈRE
So 1.9. 2 0:45 M i 18.9. 2 0:45
Frankreich/Italien 1968, Farbe, DCP, F/e, 106 REGIE UND DREHBUCH Henri-Georges Clouzot KAMERA Andréas Winding MUSIK Gilbert Amy, Gustav
Ein exzentrischer, von erotischen Komplexen geplagter Galeriebesitzer macht die sensible Gattin eines Nachwuchskünstlers von sich abhängig. Sie erwartet die wahre Liebe, wird jedoch zum Spielball grausamer Leidenschaften. «Clouzots Schwanengesang war La prisonnière , ein eigenartiger Exkurs in Voyeurismus und emotionale Spielereien (…). Dies ist Clouzots einziger kompletter Farbfilm. Vom Thema her ist La prisonnière Clouzot pur: Eine eifersüchtige Frau wird in die Arme eines Fotografen und Kontrollfreaks getrieben, dessen private Bibliothek voller Sadomasofilme die Frau fasziniert und gleichzeitig abstösst. Bis auf die lange psychedelische Sequenz gegen Ende des Films ist La prisonnière durchaus klassisch gefilmt.» (Fiona Watson, Senses of Cinema, Mai 2005)
L’ENFER D’HENRIGEORGES CLOUZOT
So 25.8. 1 5:00 M o 9.9. 2 0:45 F r 20.9. 1 8:30 Frankreich 2009, Farbe + s w, DCP, F/d*, 94 REGIE Serge Bromberg, Ruxandra Medrea DREHBUCH Serge Bromberg KAMERA Irina Lubtchansky, Jérôme Krumenacker MUSIK Bruno Alexiu SCHNITT J anice Jones MIT Romy Schneider, Serge Reggiani, Bérénice Bejo, Jacques Gamblin, Dany Carrel.
«Mit dem Herzinfarkt von Regisseur HenriGeorges Clouzot endete auch sein überambitioniertes Filmprojekt L’enfer. Die Filmspulen des Filmes, mit Romy Schneider und Serge Reggiani in den Hauptrollen, galten seit den Dreharbeiten 1964 als verschollen. Um ihren Verbleib rankten sich mehr oder weniger originelle Mythen. Bis zu ihrer Entdeckung durch die Filmschaffenden Serge Bromberg und Ruxandra Medrea. Aus den 15 Stunden Material (und Interviews mit vielen damals Beteiligten – Anm. d. Red.) schnitten Bromberg und Medrea eine Collage, die die tatsächlich grossartigen Fragmente von Clouzots L’enfer zeigt, aber auch die albtraumartigen Drehbedingungen des megalomanischen Projekts erkennen lässt.» (Stadtkino Wien, Feb 2010)
« L’enfer d’Henri-Georges Clouzot stellt auch eine eigenständige Leistung dar, denn die Arbeit der beiden Historiker:innen erschöpft sich keineswegs in der Suche und Montage. Bromberg und Medrea erfassen dieses einzigartige Relikt in seiner intendierten Gesamtheit: Sie rekonstruieren chronologisch den Kern der Erzählung ebenso wie die unzähligen Legenden und lassen – wie als Kontrapunkt zur Bilderflut Clouzots – einzelne Dialoge von Bérénice Béjo und Jacques Gamblin in einem leeren Raum nachspielen. Hier taucht sie dann wieder auf: die Hölle.» (Michael Pekler, Filmbulletin, Nr. 2/2010)
Mahler, Anton Webern SCHNITT Noëlle Balenci MIT Laurent Terzieff, Elisabeth Wiener, Bernard Fresson, Dany Carrel, Dario Moreno, Michel Piccoli.
LES DIABOLIQUES
LA VÉRITÉ
EIN SOMMER AM SWIMMINGPOOL
Sommerhitze, tiefblaues Wasser, eine Luftmatratze und ein Drink am Beckenrand. Das Filmpodium verbringt die heissen Tage des Jahres am Pool. Als ein Ort des Luxus und Hedonismus, aber auch des Unheimlichen und Abgründigen spielt der Swimmingpool im Kino eine besondere Rolle. Sei es in The Graduate , La ci énaga oder The Party : Im mal verführerisch glitzernden, mal undurchsichtig trüben oder auch wild schäumenden Wasser der unterschiedlichen Pools kristallisieren sich Bilder heraus, die sich in unser Kinogedächtnis eingebrannt haben – und in denen sich das kollektive Glücksversprechen und der Fortschrittsglaube des 20. Jahrhunderts geradezu paradigmatisch spiegeln. Wir zeigen einige der prägenden Swimmingpool-Filme, die sich lustvoll einem vermeintlich besseren Leben widmen und in denen Verführung und Schrecken oft nah beieinanderliegen.
besonderen Form leicht dekadenter Sinnlichkeit. Ganz direkt entsteht in Footlight Parade (1933) aus einem Wasserballett, wie es nur Busby Berkeley choreografieren konnte, eine Kaskade von (weiblichen) Körpern, und in Billy Wilders Sunset Boulevard (1950) wird ein ganzer Film «erzählt» von einem Mann, den wir am Anfang tot im Swimmingpool der Ex-Diva gesehen haben. Der eine Film erzählt von der Entstehung des Lebens aus dem Wasser und der andere von seinem Ende. Aber beide erzählen auch von der Traumfabrik selber, vom optimistischen Beginn und vom melancholischen Abschied. Als wäre das Kino hier selbst aus dem Wasser gekommen – wie das Leben, nur eben aus dem Kunstwasser des Pools –und müsste auch dorthin zurück.
in T he Graduate (1967) ist noch einmal eine Legende innerhalb eines ohnehin legendären Films: das Wasser des Pools, das Licht, das Gesicht von Dustin Hoffman und die «Sounds of Silence»; an einem Punkt verschwindet Hoffmans Gesicht, und das Wasser glitzert für sich allein, dann ist er wieder da, auf seiner Luftmatratze, mit Sonnenbrille und Drink in der Hand, verschwindet wieder und so weiter. Wie The Graduate handelt auch Deep End (1970) vom Erwachsenwerden. Nur dass der Film nicht in der trostlosen Demontage eines Happy Ends, sondern mit einer letzten Umarmung im Tod unter den Wassern des Pools aufhört. Wenn in The Graduate das Wasser im Pool glänzt, dann gurgelt es in Deep End , und was hier eine flüssige Vergiftung ist, ist dort ein Sog in den Abgrund. So einer tut sich in Blake Edwards’ The Party (1968) glücklicherweise nur in Form der anarchischen Komik auf: Diese (Hollywood-) Gesellschaft, die sich da um den Pool und dann in ihm versammelt, ist wahrlich nicht zu retten. Am Ende versinkt sie in einem grandiosen Schaumbad.
Erinnerungsorte
Ein Swimmingpool ist blau. So, als hätte man den Himmel und den Ozean eingefangen und domestiziert. Dieses Blau nun ist reine Kunst und erklärt der undeutlichen Natur den Krieg der Reinheit. So zeigt der Pool im doppelten Sinne, was man geschafft hat. Reichtum und Zivilisation. Im Privaten als Symbol des Status, in Hotels als Ort der mondän-riskanten Begegnungen (wo zum Beispiel Goldfinger lauert) und im öffentlichen Schwimmbad assoziiert mit Familienlärm, Sporthose und Kindheitstraum, ein Ort des Erwachens und der Erfahrung wie bei den Halbstarken von einst. Damals, im Jahr 1956, stritten und liebten die Teenager am Beckenrand noch in Schwarzweiss. Ohne das Blau ist auch der Swimmingpool unrein, wenn auch nicht so, wie er gewöhnlich verunreinigt wird, durch eine Leiche, durch Blut oder durch geraubtes Geld. Swimmingpools sind mythische Bilder in einer Fortschrittsgeschichte und ebenso Bilder ihrer Dekadenz und ihres Verfalls. Ein Pool hat etwas Unheimliches, weil er, wenn er nicht benutzt wird, von gespenstischer Ruhe ist, eine sonnenglitzernde oder nächtlich funkelnde Oberfläche, eine Totendecke, die nur durch einen «Bigger Splash» wieder lebendig wird. In wie vielen Thrillern oder Serienkrimis beginnt oder endet das Drama
mit der Leiche im Pool, von bizarrer Schönheit! In den meisten Filmen ist der Swimmingpool dabei freilich nur eine Kulisse unter anderen, bedeutsam für einen Plotpoint, gewiss, oder für die Charakterisierung eines sozialen Milieus oder auch als Objekt für einen erotisch-tragischen Moment wie, sagen wir, albtraumhaft, in Dario Argentos Suspiria (1977): Tod und Wiedergeburt, Schuld und Reinigung, Eros und Thanatos. Einen Swimmingpool auf dem Boden eines Native-Americans-Friedhofes zu errichten wie in Poltergeist (1982), ist jedenfalls eine ganz schlechte Idee. Und sogar wenn man ausdrücken will, dass jemand sich hat korrumpieren lassen, dass jemand sein Leben vergeudet hat oder sich ganz einfach langweilt (so wie sich eben nur reiche Leute langweilen können), dann ist der Pool ein passend symbolischer Hintergrund. Der Pool ist die Schnittstelle von Aneignung und Entfremdung; kein Wunder, dass schöne Frauen und reiche Männer hier nur ermordet werden können und Gangsterbosse hier gern ihre Befehle geben, Zigarre im Mund, Pistole im Hosenbund. Wenn man in einer Komödie einen Pool sieht, muss früher oder später irgendjemand hineinfallen. Falsch angezogen, versteht sich.
Dekadente Sinnlichkeit
Aber es gibt auch Filme, in denen der Pool zugleich bestimmender Handlungsort und zentrale Metapher ist. Man kann Pool-Filme nicht gerade als eigenes Genre betrachten, aber vielleicht ähneln sie einander in einer
In Soy Cuba (1964) schliesslich beginnt alles mit einem Sprung in den Pool (auf dem Dach eines Hochhauses), der zugleich ein Sprung in die Geschichte und die Subgeschichte des Landes ist und ein visuelles Leitmotiv des Flüssigen, das sich förmlich auch auf die Kamera von Sergej Urussewski überträgt. Der Splash bedeutet auch in Soy Cuba die Überschreitung einer Grenze, immer wieder und in unterschiedlichsten Filmen: zwischen Leben und Tod, zwischen Alltag und Traum, zwischen Gegenwart und Vergangenheit, zwischen Bewusstsein und Unbewusstem: abtauchen, eintauchen, auftauchen, schwimmen und irgendwann herausklettern. So macht es Burt Lancaster in The Swimmer (1968). Seine verrückte äussere Idee: über die Swimmingpools der Nachbarschaft zurück in sein eigenes Haus zu gelangen. In Wirklichkeit geht es um das Durchqueren des eigenen Lebens, das von Pool zu Pool mit mehr Enttäuschung, mehr Abkehr und mehr Kälte aufwartet. Und wie verhält es sich mit dem Swimmingpool als Tatort eines Eifersuchtsmordes in La piscine (1969)? Am Ende scheint es, als könne man ihn gar nicht mehr verlassen. Für eine Lebensweise ist der Pool so zentral, dass er mit dem Luxus zugleich zum Gefängnis wird.
Glitzerndes Wasser Überhaupt scheinen die sechziger Jahre eine gute Zeit für Pool-Filme gewesen zu sein, lange bevor die Gärten der Einfamilienhäuser mit Pool-Parodien aus Plastik und Gestänge gefüllt wurden, lange bevor man aus der Perspektive von Google Earth die Swimmingpools als klima- und landschaftszerstörende Monstren erkennen musste. Die Pool-Szene
Die Erzählung vom Swimmingpool als Symbol der Beziehung von Fortschritt, Luxus und Sinnlichkeit aus den fünfziger und sechziger Jahren hat sich also gewandelt; der Swimmingpool ist nun hauptsächlich als Ort der Katastrophe geblieben. In Nanni Morettis Palombella rossa (1989) sehen wir, wie ein öffentliches Schwimmbad für einen Mann, der bei einem Autounfall das Gedächtnis verloren hat und sich nur seiner Fähigkeit zum Wasserballspielen entsinnt, zum Ort einer bangen Erinnerungsfrage wird: wie und warum zum Teufel er eigentlich Kommunist geworden ist. Ein Erinnerungsort jedenfalls ist der Pool allemal, und am schlimmsten ist es, ihn ausgetrocknet, verschlammt und seines strahlenden Blaus verlustig zu sehen. Um Erinnerung und Enttäuschung geht es auch in The Swimming Pool (1977), einem Beziehungsdreieck, das zugleich eine Darstellung bulgarischer Geschichte ist, als wäre da das Becken das Leben selbst, mit dem sich Körper und Träume verbinden. Und dann, vielleicht, bleibt nur noch die Kunst, die Pool-Bilder, die David Hockney malte, zugleich hyperrealistisch und abstrakt, die Essenz von Momenten, in denen sich Sinnlichkeit und Spiritualität in einem Splash begegnen, genauer gesagt in einem «Bigger Splash», wie es der gleichnamige Film aus dem Jahr 1973 andeutet. Konstant in der Entwicklung des Motivs scheint nur der Mord zu sein, der in seiner Ästhetik immer an eine Art Opferritual erinnert: Im Pool stirbt man für die Sünden des Luxus und des Lasters. Als Mordort mit hohem Symbolwert jedenfalls fungiert das Schwimmbassin von den französischen Filmen der schwarzen Serie wie etwa der BoileauNarcejac-Verfilmung Les diaboliques (1955) bis zum Wilsberg -Serienkrimi, in dem ein Klassentreffen seinen tristen Höhepunkt mit einer Leiche im Pool findet. Nach dem Splash verwandelt sich der Pool wieder in den Rahmen eines Bildes von Stillstand und Vergänglichkeit. Und was gerade noch soziale Geschäftigkeit war, drückt nun auf grandiose Weise nur noch eines aus: Einsamkeit.
Georg Seesslen schreibt über Film und anderes.
Essay von Georg Seesslen
A BIGGER SPLASH
5 16 . AUG — 30 . SEP 2024
5 16. AUG — 30. SEP 2024
STEPHANIE ROTHMAN
THE FEMALE GAZE IN EXPLOITATION CINEMA
HENRI-GEORGES CLOUZOT
LOHN DER ANGST
A BIGGER SPLASH
EIN SOMMER AM SWIMMINGPOOL
Fr 16
15:00
SWIMMING POOL SUNSET BOULEVARD
Billy Wilder, USA 1950, DCP, E/d*, 110 '
18:30 STEPHANIE ROTHMAN THE WORKING GIRLS
Stephanie Rothman, USA 1974, DCP, E/d*, 80' In Anwesenheit der Regisseurin
20:45 HENRI-GEORGES CLOUZOT L’ASSASSIN HABITE ... AU 21
Henri-Georges Clouzot, Frankreich 1942, 35 mm, F/e, 84
So 29
15:00 SWIMMING POOL THE SWIMMING POOL
Binka Scheljaskowa, Bulgarien 1977, 35 mm, Bulgarisch/e, 148
18:30 SWIMMING POOL LA CIÉNAGA
Lucrecia Martel, Argentinien/Frankreich/ Spanien/Japan 2001, 35 mm, Sp/d/f, 103 ' 20:45 SWIMMING POOL FOOTLIGHT PARADE
Lloyd Bacon, USA 1933, DCP, E/d*, 104 '
Mo 30
18:15 SWIMMING POOL
CHILDREN OF A LESSER GOD
Randa Haines, USA 1986, 35 mm, E/d/f, 118
20:45 SWIMMING POOL THE SWIMMER
Frank Perry, USA 1968, DCP, E, 95
FOOTLIGHT PARADE
So 1.9. 1 5:00 M i 18.9. 1 8:30 S o 29.9. 20 :45
USA 1933, sw, DCP, E/d*, 104 REGIE Lloyd Bacon, Busby Berkeley DREHBUCH Manuel Seff, James Seymour KAMERA George Barnes MUSIK Harry Warren, Al Dubin, Sammy Fain SCHNITT George Amy MIT James Cagney, Joan B londell, Ruby Keeler, Dick Powell, Ruth Donnelly, Claire Dodd, Hugh Herbert, Frank McHugh.
« Footlight Parade ist das dritte Musical, das Busby Berkeley für Warner Bros. drehte. In diesem spielt James Cagney seine erste Musicalrolle, nachdem er in den Filmen davor stets Gangster und harte Männer verkörpert hatte. Doch Cagney sehnte sich danach, zu seinen Vaudeville-Wurzeln zurückzukehren, und wollte aus diesem Grund die Hauptrolle in Footlight Parade übernehmen. Und so spielt er den Regisseur Chester Kent, der seine Karriere wieder aufleben lässt, indem er sich auf Live-Bühnenproduktionen spezialisiert, die als Vorprogramm und Teil des Kinoerlebnisses präsentiert werden. Da ein wichtiger Vertrag ansteht, muss Kent drei neue Ideen entwickeln und dabei aufpassen, dass sie ihm nicht gestohlen werden. Gleichzeitig verliebt er sich in seine Sekretärin Nan (Joan Blondell).» (George Eastman House, Jun 2023)
Höhepunkt von Footlight Parade sind die von Busby Berkeley choreografierten Musicalnummern, die in einem geradezu halluzinatorischen Wasserballett kulminieren. Über 100 Revuetänzerinnen rutschen einen im Studio nachgebauten Wasserfall hinunter, der sich in einen Pool verwandelt. Die Körper ergeben dabei Szenen, die in ihrer Abstraktion wie ihrer choreografierten Genialität «Pop-Art-Avantgardefilme mit einem Grad kinematografischer Verdichtung [darstellen], die im Hollywoodkino beispiellos geblieben sind». (Harry Tomicek, Österreich. Filmmuseum, Mai/ Jun 2016) (lb)
SUNSET BOULEVARD
Fr 16.8. 1 5:00 D o 29.8. 1 8:15 D i 10.9. 20 :45
USA 1950, sw, DCP, E/d*, 110
REGIE Billy Wilder DREHBUCH Billy Wilder, Charles Brackett, D. M. Marshman jr. KAMERA John F. Seitz
MUSIK Franz Waxman SCHNITT Arthur Schmidt MIT William Holden, Gloria Swanson, Erich von Stroheim, Nancy Olson, Fred Clark, Lloyd Gough, Jack Webb, Cecil B. DeMille, Hedda Hopper, Buster Keaton, Anna Q. Nilsson, H. B. Warner.
«Im Hollywood der 1950er-Jahre: Dem unbekannten (erfolglosen) Drehbuchautor Joe Gillis gelingt es nicht, seine Arbeiten bei einem Filmstudio zu platzieren. Hoch verschuldet denkt er darüber nach, in seine Heimatstadt zurückzukehren und sich mit dem Scheitern seines ‹American Dream› abzufinden. Doch dann wird er angeheuert, um das Drehbuch eines in Vergessenheit geratenen Filmstars zu verbessern. Joe nimmt den Job an, verstrickt sich aber in eine gefährliche Beziehung.
(…) Der Film beginnt mit der Leiche des Protagonisten, die in einem Pool schwimmt. Der Blick der Kamera vom Grund des Pools hinauf zur an der Oberfläche treibenden Leiche ist immer noch eines der ikonischsten Bilder der Filmgeschichte und das zu Recht. Im Voiceover erzählt Joe die Geschichte aus dem Jenseits und kommentiert die Ironie seines eigenen Schicksals: ‹Der arme Trottel. Er wollte immer einen Pool haben. Nun, am Ende hat er sich einen Pool besorgt – nur war der Preis dafür etwas hoch.› In dieser bildgewaltigen und transgressiven Eröffnungssequenz werden auf wunderbare Weise Symbole des Reichtums und des sozialen Status beschworen, um sie dann zu dekonstruieren und unterlaufen.»
(Swapnil Dhruv Bose, Far Out Magazine, 10.8.2020)
LES DIABOLIQUES
Do 2 2.8. 18:15 M i 2 8.8. 15:00
S a 14.9. 1 8:00
Frankreich 1955, sw, 35 mm, F/e/d*, 115
Der Swimmingpool als Ort der Angst und Verzweiflung wurde wohl nie eindrücklicher in Szene gesetzt als in Henri-Georges Clouzots meisterhaftem Thriller Les diaboliques . Ein Schlüsselfilm des Pool-Kinos, den wir im Rahmen unserer Clouzot-Retrospektive zeigen. (Filmbeschrieb siehe Seite 13).
SOY CUBA
Mi 28.8. 2 0:30 M i 4.9. 2 0:45 M o 9.9. 1 5:00
Kuba/UdSSR 1964, sw, 35 mm, Sp/d/f, 141 ' REGIE Michail Kalatosow DREHBUCH Enrique Pineda Barnet, Jewgenij Jewtuschenko KAMERA Sergej Urussewski MUSIK Carlos Fariñas SCHNITT Nina Glagolewa MIT Luz María Collazo, José Gallardo, Raúl García, S ergio Corrieri, Celia Rodriguez, Jean Bouise.
Anhand von vier Episoden zeichnet der russische Regisseur Michail Kalatosow den Weg Kubas von der Diktatur Batistas hin zur Revolution nach. Während die ersten zwei Episoden sich auf die Ausbeutung des Landes konzentrieren, feiern die letzten zwei Teile die Heldenhaftigkeit der kubanischen Bevölkerung. Beginnen lässt Kalatosow den Film jedoch mit einem geradezu revolutionären Prolog, in dem eine der berühmtesten Kamerasequenzen der Filmgeschichte zu sehen ist: In einer langen Plansequenz gleitet seine fliegende Kamera vom Dach eines Hotels durch die bei einem Rock-’n’-Roll-Konzert und einem Schönheitswettbewerb dekadent feiernden Menschen. Und mittendrin: ein Swimmingpool, in den die Kamera zu guter Letzt eintaucht. Selten wurde das hedonistische Poolleben spektakulärer eingefangen. (lb) «Nur wenige Filme verschmelzen in Intensität und Ausgelassenheit mit ihrer Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte so sehr wie Soy Cuba . Dieses sowjetisch-kubanische Artefakt ist schlicht eine optische Berauschung und eine Geschichte des Scheiterns. 1962 bis 1964 von einem prominenten russisch-kubanischen Team wie im Delirium geschrieben, gedreht und montiert, stiess der Film bei seinem Kinostart auf Ablehnung beim kubanischen Publikum, und auch in Russland machte sich Befremdung über so viel pathetische Vehemenz breit. (…) Doch seine eigentliche Erfolgsgeschichte begann erst zu Beginn der 90er-Jahre, als Francis Ford Coppola und Martin Scorsese Soy Cuba für das internationale Kino neu entdeckten. (...) Soy Cuba provoziert Staunen und sinnliche Lust, erzählt von Rache und Niederlagen, von Sehnsüchten und sexueller Anziehung.» (viennale.at)
THE GRADUATE
Mo 19.8. 2 0:45 S a 31.8. 1 5:00
S a 21.9. 20 :45
USA 1967, Farbe, DCP, E/d*, 105 ' REGIE Mike Nichols DREHBUCH Calder Willingham, Buck Henry, nach dem gleichnamigen Roman von Charles Webb KAMERA Robert Surtees MUSIK Dave Grusin, Paul Simon, Art Garfunkel SCHNITT Sam O’Steen MIT Dustin Hoffman, Anne Bancroft, Katharine Ross, Murray Hamilton, William Daniels, Elizabeth Wilson, Brian Avery, Alice Ghostley, Walter Brooke.
«Ein frisch diplomierter College-Absolvent aus gutbürgerlichem Haus lässt sich mit einer verheirateten Frau aus dem Freundeskreis seiner Eltern ein, verliebt sich dann aber in deren Tochter, was zum Eklat führt. Bei der Erstaufführung ein Medienereignis und Kassenschlager, glänzt der Film noch heute mit einer Vielzahl scharfer Beobachtungen von subtiler Komik, in die sich zusehends ein melancholischer Unterton mischt, nicht zuletzt dank dem nach wie vor kongenialen Soundtrack von Simon and Garfunkel.» (Filmpodium, Jul/Aug/Sep 2017)
«An seinem 21. Geburtstag soll Benjamin das Geschenk der Eltern, einen teuren Taucheranzug, im familieneigenen Pool vorführen. Wie ferngesteuert stapft er zum Becken. Die Kamera nimmt seine Sicht aus der ovalen Taucherbrille heraus ein, die lebhaften Kommentare der elterlichen Gäste verstummen. Ben taucht ab und verharrt reglos auf dem Beckengrund. Wasser und Neopren schotten ihn doppelt von seiner Umwelt ab, die Kamera gleitet zurück. Endlich Ruhe. Die ikonografische Schlüsselszene aus Mike Nichols’ The Graduate bringt den Coming-of-Age-Film auf den Punkt. Der brave Sohn aus gutem Haus lebt ganz im Sinn der spiessigen Eltern; bevor er rebellieren kann, muss er die Fremdbestimmung überwinden und entsprechend handeln.» (Christian Horn, kinofenster.de, 7.8.2017)
FOOTLIGHT PARADE
THE GRADUATE
Fr 30.8. 2 0:45 S o 22.9. 1 8:30 S a 28.9. 1 5:00
USA 1968, Farbe, DCP, E, 99
REGIE Blake Edwards DREHBUCH Blake Edwards, Tom Waldman, Frank Waldman KAMERA Lucien Ballard MUSIK Henry Mancini SCHNITT Ralph E. Winters MIT Peter Sellers, Claudine Longet, Marge Champion, Fay McKenzie, Steve Franken, Sharron Kimberley, Denny Miller, Gavin MacLeod.
«The Party ist einer der lustigsten Filme überhaupt: Blake Edwards’ Hommage an den Stummfilmslapstick basiert auf einem 63-Seiten-Skript, dessen Szenen grösstenteils am Set improvisiert wurden. Stets im Mittelpunkt des Chaos: Hrundi V. Bakshi, als Kleindarsteller auf peinlichste Weise ein Versager und versehentlich eingeladen zur Party in die mondäne Villa [samt Pool als zentralem Anziehungspunkt] eines Studiobosses. Er taucht auf und fällt rein: überall Fallen und Fettnäpfchen; eine zerstörerische Heimsuchung der High Society. Doch neben komischen Glanzstücken beim Abendessen, auf der Toilette, beim Papageienfüttern oder beim Telefonieren spürt Bakshi auch genau, was falsch läuft unter all den weinsteinmässigen Hollywoodbonzen, die für Probeaufnahmen Schlafzimmergefälligkeiten einfordern. Kein Wunder, dass er in einer zarten Französin, Opfer der Ruhm-gegen-Sex-Maschinerie Hollywoods, eine Seelenverwandte findet. Und kein Wunder, dass das überkandidelte Filmende die Schaumschlägerei der Traumfabrik ins elefantöse Extrem führt.» (Harald Mühlbeyer, epd-film.de, 21.7.2021)
THE SWIMMER
So 18.8. 1 8:30 D o 5.9. 1 5:00 F r 13.9. 20 :30 M o 30.9. 20 :45
USA 1968, Farbe, DCP, E, 95 REGIE Frank Perry, Sydney Pollack DREHBUCH Eleanor Perry, nach einer Kurzgeschichte von John Cheever KAMERA David Quaid MUSIK Marvin Hamlisch SCHNIT T Sidney Katz, Carl Lerner, Pat Somerset MIT Burt Lancaster, Janice Rule, Janet Landgard, Kim Hunter, Tony Bickley, Marge Champion, Nancy Cushman, Bill Fiore, John Garfield Jr., Rose Gregorio, Charles Drake, Bernie Hamilton.
«Umgeben von der schwülstigen Eleganz der 60er-Jahre springt ein Adonis in engen Badeshorts in den Swimmingpool. Seine Vision: Er will durch sämtliche Schwimmbecken der Nachbarschaft nach Hause schwimmen. Es folgt eine absurde Odyssee durch die sonnigen Vorgärten der Oberklasse von Connecticut. Am Rande jedes Pools trifft der athletische Mittfünfziger auf ehemalige Verehrerinnen, die in Anbetracht ihrer bierbäuchigen Ehemänner dem gut erhaltenen Schönling gar nicht so abgeneigt sind. Nicht nur alte Liebschaften, sondern auch die Blässe des Spiessbürgertums kommt bei dieser Schwimmtour zutage. Je mehr er sich seinem Zuhause nähert, desto unglaubwürdiger scheint seine Geschichte. Von Pool zu Pool entpuppt sich der harmlose Schwimmausflug allmählich als Flucht vor der Wirklichkeit, welche die Tragik des Protagonisten entblösst und mit ihr die Tragik des modernen Menschen. Der Filmtitel verspricht nicht viel, doch ist genau das Gegenteil der Fall. The Swimmer zieht das Publikum in seinen Bann, heute wie damals.» (Cécile Hauser, Filmstelle der ETH Zürich, 2015)
LA PISCINE
Sa 17.8. 1 5:00 S o 1.9. 1 8:00 S a 14.9. 2 1:00
Frankreich/Italien 1969, Farbe, DCP, F/d, 120
REGIE Jacques Deray DREHBUCH Jean-Claude Carrière, Jean-Emmanuel Conil, Jacques Deray KAMERA J ean-Jacques Tarbès MUSIK Michel Legrand SCHNITT Paul Cayatte MIT Romy Schneider, Alain Delon, Maurice Ronet, Jane Birkin.
«In trauter Zweisamkeit verbringen die Liebenden Marianne und Jean-Paul ihre Sommerferien in einer traumhaften Villa mit grossem Swimmingpool in der Nähe von Saint-Tropez. Doch die Harmonie wird vom plötzlich auftauchenden Harry gestört. Harry ist nicht nur ein alter Freund von Jean-Paul, er war auch Mariannes Geliebter, bevor sie Jean-Paul kennenlernte. Ausserdem bringt er mit seiner 18-jährigen und äusserst attraktiven Tochter Pénélope zusätzlich erotischen Zündstoff in die Konstellation. Bald kommt es zwischen Harry und Marianne sowie Jean-Paul und Pénélope zu anfänglich harmlosen Flirtereien. Doch allmählich spitzt sich die Situation zu, bis die beiden rivalisierenden Männer aneinandergeraten – mit fatalen Folgen. In der flirrenden Hitze der Côte d’Azur drehte Regisseur Jacques Deray diese erotische Vierecksgeschichte mit Thrillerelementen und landete damit einen Grosserfolg.» (Kinok – Cinema in der Lokremise, Sep 2023)
«Seine Hand streicht durch Wasser, aus Langeweile, doch mit Lust. Das Wasser plätschert sacht. Die Oberfläche aber gerät kaum in Bewegung, sie ist glatt genug, damit die Welt sich in ihr spiegelt; allerdings verkehrt, plötzlich scheinen die Vögel an den Ästen des Baums zu hängen. Die Kamera schwenkt am makellosen Körper des Mannes entlang. Plötzlich kommt Leben in ihn, als die Frau seinen Namen ruft: «Paul!» Er springt ins Wasser, schwimmt zu ihr, gibt ihr am Beckenrand einen Kuss. Ihre Umarmung ist heftig. So beginnt La piscine , den Jacques Deray 1968 gedreht hat und in dem Alain Delon und Romy Schneider ein Paar spielen, das eine einzigartige sinnliche Übereinkunft ausstrahlt. Auch nach diesem Auftakt tut die Kamera über weite Strecken nicht viel mehr, als ihnen beim Müssiggang zuzuschauen. Er ist dem Film Attraktion genug. (…) Viel mehr als das sinnliche Einerlei des Poollebens braucht Derays Film nicht, um das Publikum in seinen Bann zu schlagen. Es ist ein ‹huis clos› unter freiem Himmel.» (Gerhard Midding, epd-film.de, 1.7.2020)
DEEP END
Do 22.8. 1 5:00 D i 10.9. 1 8:30 D o 19.9. 20 :45
BRD/GB 1970, Farbe, DCP, E/d*, 92 ' REGIE Jerzy Skolimowski DREHBUCH Jerzy Skolimowski, Jerzy Gruza, Boreslaw Sulik KAMERA Charly St einberger MUSIK Cat Stevens, Can SCHNITT Barrie Vince MIT Jane Asher, John Moulder-Brown, Karl Michael Vogler, Erica Beer, Dieter Eppler, Louise Martini, Matt McCoy.
«Mike hat die Schule geschmissen und arbeitet in einer öffentlichen Badeanstalt. Susan, zehn Jahre älter als er, also gerade mal Mitte zwanzig und doch scheinbar eine Welt weit weg, führt ihn ein in die Gepflogenheiten des Jobs. Dazu gehören auch flink bewerkstelligbare sexuelle Dienstleistungen, wie der Teenager zu seiner Verwirrung an den mächtigen Brüsten einer Madame besten Alters erfährt. Bald ist Mike verknallt in Susan, die ihre Spielchen mit dem Jungen treibt – jene Art von Anziehungs- und Abstossungsritualen, die tödlich enden können. Einer der quintessenziellen London-Filme, gedreht zu einem Gutteil in München.» (Rui Hortênsio da Silva e Costa, Österreich. Filmmuseum, Feb 2013)
«Susan ist Mikes flatterhafte, unantastbare Führerin in der Welt des Fleisches, und Skolimowski hat Spass daran, wie Mike staunend Sex und Lust in allen Formen entdeckt, was seinem Film ein lockeres, freies Gefühl verleiht und ihn mit einem Fuss in der realen Welt und mit dem anderen in der allegorischen Welt des Pools stehen lässt. Zusammen mit der Musik von Can und Cat Stevens ist ein bizarrer, schöner Schluss der Höhepunkt dieses wunderbar geheimnisvollen Films.» (Dave Calhoun, Time Out, 3.5.2011)
A BIGGER SPLASH
Sa 7.9. 1 8:30 M o 16.9. 1 8:30 F r 27.9. 20 :45
GB 1973, Farbe, DCP, E/d*, 106 ' REGIE Jack Hazan DREHBUCH Jack Hazan, David Mingay KAMERA Jack Hazan MUSIK Patrick Gowers SCHNITT David Mingay MIT David Hockney, Peter Schlesinger, Celia Birtwell, Henry Geldzahler, John Kasmin, Ossie Clark.
«Der Film von Jack Hazan, der zu den originellsten Filmen über einen modernen Künstler gehört (ebenso fesselnd wie Clouzots Le mystère Picasso), verdankt seinen Titel David Hockneys berühmtestem Gemälde. A Bigger Splash ist dabei weder ein Stück Cinéma vérité noch eine klassische Dokumentation. Hazan, der von Hockneys Porträts fasziniert war, drehte in den frühen 1970er-Jahren über drei Jahre hinweg und mit teils widerwilliger Beteiligung Hockneys. Aus diesem Material erschuf er eine Geschichte, die das Ende der Affäre zwischen Hockney und seinem Geliebten und Modell, dem Kalifornier Peter Schlesinger, nachzeichnet. Hockney war zunächst entsetzt über die Intimität des Films, wurde von seinen Freunden aber bald von dessen Brillanz überzeugt, und in der Tat ist es ein aufschlussreiches Porträt des Künstlers und seiner Welt, kunstvoll gestaltet und wunderschön beleuchtet.» (Philip French, The Guardian, 4.3.2012)
«Hockneys Bilder sind traumartige Szenen, Fantasien, vor allem jene, die die Pools und Häuser in Kalifornien zeigen. (…) Ein Thema von A Bigger Splash ist die Entstehung eines Gemäldes. Dabei handelt es sich nicht um das gleichnamige Gemälde, das etwa ein Jahr vor Beginn der Produktion entstand, sondern um ‹Portrait of an Artist (Pool with Two Figures)› (1972), ein Werk, das rund 40 Jahre später, im November 2018, für 90,3 Millionen Dollar verkauft wurde und damit das teuerste Gemälde eines lebenden Künstlers ist.» (Kevin McGarry, metrograph.com)
DEEP END
A BIGGER SPLASH
THE SWIMMING POOL BASEJNAT
So 8.9. 1 5:00 M i 25.9. 2 0:30
S o 29.9. 1 5:00
Bulgarien 1977, Farbe, 35 mm, Bulgarisch/e, 148 REGIE Binka Scheljaskowa DREHBUCH Hristo Ganew KAMERA Ivajlo Trenchew MUSIK Simeon Pironkow SCHNITT Madlena Djakowa MIT Costa Zonew, Zwetana Manewa, Janina Kaschewa, Kliment Denchew.
«Aus dem Zusammentreffen dreier ganz unterschiedlicher Menschen entsteht eine unerwartete Freundschaft: Die junge Bela wird an ihrem Schulabschlussball sitzengelassen und findet sich im Abendkleid auf dem Sprungbrett des Schwimmbads wieder – wie auch der etwa 40-jährige Architekt Apostol. Die beiden nähern sich vorsichtig an, zu ihnen stösst Apostols Freund Buffo, ein Künstler, der auf Konventionen pfeift. Währenddessen filmt ein Fernsehteam eine Gruppe von ehemaligen Partisanen im Schwimmbad, ohne wirklich an deren Lebensgeschichte interessiert zu sein. In der Begegnung der Generationen treffen abweichende Erfahrungswelten aufeinander und zeigen sich Risse einer Gesellschaft, die nach Orientierung zwischen den Werten von gestern und denen von heute sucht. (…) Binka Scheljaskowa (1923–2011) war die erste Spielfilmregisseurin Bulgariens. Mit den sieben Spiel- und zwei Dokumentarfilmen, die sie zwischen 1957 und 1988 drehte, war sie wiederholt Zensur und Verboten ausgesetzt und musste sich Freiräume für ihr filmisches Werk stets neu erarbeiten. Als kühne Filmemacherin, die ihre humanistischen Werte kompromisslos verteidigte, schuf sie so poetische wie metaphorische Bilder.» (Kino Arsenal, Nov 2022)
CHILDREN OF A LESSER GOD
Fr 6.9. 2 0:45 D o 12.9. 1 8:15 M o 30.9. 1 8:15
USA 1986, Farbe, 35 mm, E/d/f, 118 '
REGIE Randa Haines DREHBUCH Mark Medoff, Hesper Anderson KAMERA John Seale MUSIK Michael C onvertino SCHNITT Lisa Fruchtman MIT William Hurt, Marlee Matlin, Piper Laurie, Philip Bosco, Allison Gompf.
«Diejenigen, die wir befreien, können wir nicht zu besitzen hoffen. Das ist die Botschaft von Mark Medoffs Bühnenhit, den er und Hesper Anderson für die Leinwand adaptiert haben, und zwar auf eine Weise, die die Dimensionen des Stücks erweitert, ohne die Absichten zu vernebeln oder die Spannungen zu entschärfen. Hurt ist James, ein sympathisch unorthodoxer Lehrer für Hörgeschädigte, der sich zu Sarah (Matlin, ein umwerfendes Debüt) hingezogen fühlt, einer Schülerin, die die Schule mit nicht viel mehr als einem grossen Komplex und dem Wissen verlassen hat, dass Sex keine allzu grosse Konversationsfähigkeit erfordert. Ihre Beziehung ist sowohl eine wirklich berührende Liebesgeschichte als auch perfekt erzähltes und geschliffenes Kino, das die Schranken der Sprache aufzeigt und überwindet. Sie enthält auch eine wahrhaft didaktische anderweitige Dimension, die einige sehr heilsame Dinge über unsere oft unbeabsichtigten Beleidigungen gegenüber Gehörlosen aufzeigt, ohne eine einfache Schnulzen- oder Problemgeschichte zu sein.» (Stephen Garrett, Time Out, 10.9.2012)
In Children of a Lesser God ist der Pool ein sicherer Zufluchtsort, in dem die menschliche Sprache keine dominante Rolle hat: Erst im Schulschwimmbecken gelingt es James, die Art von Verbindung und Bindung zu Sarah aufzubauen, nach der er sich sehnt. Hier, in Sarahs stillem Reich, können sie auf Augenhöhe kommunizieren – körperlich. Sie umarmen sich, verbinden sich, und dies geschieht zu Sarahs Bedingungen, in ihrer eigenen Art der Kommunikation. (lb)
PALOMBELLA ROSSA
Fr 23.8. 2 0:45 M o 9.9. 1 8:30
D i 17.9. 20 :45
Italien/Frankreich 1989, Farbe, DCP, I/d, 89
DREHBUCH Nanni Moretti
REGIE Nanni Moretti
KAMERA Giuseppe Lanci MUSIK Nicola Piovani
SCHNITT Mirco Garrone MIT Nanni Moretti, Asia Argento, Silvio Orlando, Mariella Valentini, Eugenio Masciari.
«Nach einem Autounfall wird Michele Apicella unverhofft ins Team einer Wasserball-Mannschaft aufgenommen. Wie das Thermalbad Chianciano in Fellinis Otto e mezzo für Guido Anselmi ist das Schwimmbecken für Michele der Ort, an dem ihn verdrängte und verlorene Kindheitserinnerungen einholen und an dem er über seine persönliche wie berufliche Krise sinniert. Nach dem Unfall weiss er zwar noch, dass er im Wahlkampf als Politiker der Kommunistischen Partei Italiens (PCI) an einer Fernseh-Talkshow teilgenommen hat, doch ringt er um Worte und Gründe, warum er Mitglied dieser Partei ist. Und neben dem starken Gegner im Wasser bedrängen ihn im Trockenen eine naive Reporterin mit fiesen Fragen, Parteigenoss:innen mit Torten und Süssspeisen oder Christdemokraten mit dem Wunsch, ihn für die politische Mitte zu gewinnen. (…) Natürlich ist das Wasserballspiel Parabel und Satire auf die zerfahrene Situation der italienischen Linken im Jahr des Mauerfalls. Der Film stellt darüber hinaus aber auch eine Zäsur für die Kunstfigur Michele Apicella dar: ‹Mir ist für den Gedächtnisverlust, von dem Palombella rossa erzählt, Jahre später noch ein anderer Grund klar geworden. Ich wollte wohl, ohne dass mir dies damals bewusst gewesen wäre, mit einer neuen Person, wie von einem Nullpunkt aus, neu anfangen.› (Nanni Moretti)» (Stadtkino Basel, Nov 2011)
ALLE ANDEREN
Mi 21.8. 1 5:00 M o 2.9. 2 0:45
S a 21.9. 1 8:00
Deutschland 2009, Farbe, 35 mm, D, 124 REGIE Maren Ade DREHBUCH Maren Ade KAMERA Bernhard Keller SCHNITT Heike Parplies MIT Lars Eidinger, Birgit Minichmayr, Nicole Marischka, HansJochen Wagner, Mira Partecke, Atef Vogel.
«Am Anfang steht eine noch entspannte Urlaubssituation. Sonne, Bikinistimmung, Räkeln am Pool, Ferien im Haus der Eltern auf Sardinien. Es ist der erste gemeinsame Urlaub von Chris (Lars Eidinger) und Gitti (Birgit Minichmayr), einem Berliner Paar, das sich noch nicht ganz im Leben eingerichtet hat. Sie arbeitet für ein Musiklabel, er ist Architekt mit kleinen bis gar keinen Aufträgen. Er ist der grüblerische Stubenhocker, sie dominant und extrovertiert. Er will in Ruhe lesen, während sie ihn ausgelassen davon
LA CIÉNAGA
Mo 26.8. 2 0:45 F r 20.9. 1 5:00 S o 29.9. 1 8:30
Argentinien/Frankreich/Spanien/Japan 2001, Farbe, 35 mm, Sp/d/f, 103 REGIE Lucrecia Martel DREHBUCH Lucrecia Martel KAMERA Hugo Colace SCHNITT Santiago Ricci MIT Graciela Borges, Mercedes Morán, Martín Adjemian, Juan Cruz Bordeu, Daniel Valenzuela, Sofia Bertolotto, Leonora Balcarce, Andrea Lopez, Silvia Bayle. «Der Februar im Nordwesten Argentiniens ist schwül. So schwül, dass man die Zeit am besten auf dem Land verbringt, wo es genauso schwül ist. In die Sommerfrische, die keine ist, fährt auch Mecha, eine Mutter um die 50, mit ihrer Familie. Die Kinder rennen mit Gewehren durch den Wald oder baden im ekelhaft trüben, vielleicht schon fauligen Wasser des Pools. Das Indio-Dienstmädchen scheint nicht mehr ganz bei der Sache und die Töchter sind mächtig am Pubertieren. ‹Nichts funktioniert mehr›, findet die Hausherrin und schenkt sich noch einen nach. (…) So fremd und dennoch stimmig, so seltsam angeschnitten und dabei doch so genau komponiert, dass man sich ihrem Rhythmus einfach überlassen muss wie einem Rausch, den man nicht kennt und trotzdem verführerisch findet.» (Katja Nicodemus, Die Zeit, 22.8.2002)
«In ästhetisch ungemein faszinierender Weise seziert Martels Debütfilm die Lethargie der privilegierten weissen argentinischen Mittelschicht. Durch genau rhythmisierte, angeschnittene Bilder und hervorgehobene Geräusche – das Klirren von Eis im Glas, das Kratzen von Liegestühlen auf Beton – wird der Stillstand, mit dem sich alle arrangiert haben, zu einer körperlich spürbaren Erfahrung.» (Birgit Kohler, Kino Arsenal, Jul 2017)
abhält. Sie kennt seine Stärken und Schwächen, er drückt sich um beides. Es sind kleine Kabbeleien, beiläufige Dialoge, aber sie deuten bereits an, dass es mit der Harmonie nicht so weit her ist. Beim Spiel mit ‹Schnappi›, einem aus Ingwerknollen gebastelten Beziehungsmaskottchen, erschliesst sich, dass auch die Lust auf Sex nicht ganz gleichmässig verteilt ist. (…) In Alle anderen beginnen sich die Kräfteverhältnisse und Konstellationen innerhalb des Paares ganz langsam zu verschieben. (…) So wird der Ferienaufenthalt allmählich zum Prüfstand der Selbstbilder und Lebensweisen, zu einem so feinfiebrig wie klug erzählten Drama, dem man gebannt und immer wieder auch belustigt zuschaut.» (Katja Nicodemus, Die Zeit, 18.6.2009)
Maren Ades Beziehungsdrama benützt den Pool, diesen Inbegriff sommerlicher Urlaubsträume, als eigentliche Leerstelle. Bernhard Kellers Kamera lässt ihn zwar an den Bildrändern hoffnungsvoll aufblitzen, aber hier gleitet niemand lasziv und selbstvergessen durchs Wasser. In diesem Pool werden Beziehungen ausagiert: Wenn’s kompliziert wird, lässt man sich entweder selber reinfallen oder wird reingeworfen – gnadenlos und erniedrigend. (nr)
PALOMBELLA ROSSA
LA CIÉNAGA
LANDRIÁN
Lichtblicke aus Kuba
Eine aus der Zeit gefallene Insel einmal anders. Im Filmpodium kann man das revolutionäre Kuba neu entdecken. Durch die Augen eines Unzähmbaren: Nicolás Guillén Landrián (1938–2003). Seine kurzen Dokfilme aus den 1960er- und frühen 1970er-Jahren waren kühn, poetisch, einzigartig – zu freigeistig für das Regime des Fidel Castro. Landrián und sein Werk «wurden aus dem Verkehr gezogen», wie man so sagt, wenn man das Unerträgliche erträglich machen will. Jetzt, Jahrzehnte später, kommt endlich fast alles ans Licht: ein Teil von Landriáns Filmen, gerettet und restauriert, sowie die Geschichte dahinter, filmisch grandios erzählt von Regisseur Ernesto Daranas. Kuba erhellend und kompakt. Am 21.8. präsentieren wir diese Lichtblicke aus Kuba im Doppelpack und in Anwesenheit von Kurator und Autor Niels Walter. Zwischendurch gibt es Mojitos und Mariquitas zur Erfrischung.
der Santería-Religion, Altäre, Gläubige, die in der Kirche Jesus preisen … dies alles in einem Land, das gerade den Klassenkampf und den Sozialismus ausgerufen hat, sein Volk umerziehen und den Neuen Menschen erschaffen will. Ein Land auf dem Weg zum Atheismus, wo es nur noch einen Glauben geben darf, den an die Revolution, und nur noch einen Gott: Fidel Castro. Landrián zeigt ein Kuba, das die Herrscher der Revolution mit allen Mitteln auf den Müllhaufen der Geschichte werfen wollen. Aber es sind nicht nur seine Bilder, mit denen er aneckt. Es ist auch das, was er mit ihnen macht. Am Schneidetisch. Er fügt spitzbübisch zusammen, was im neuen Kuba nicht mehr zusammengehören darf: Jesus neben Fidel und Lenin, stutzige Gesichter an Vollversammlungen, wirrer Buchstabensalat zu didaktischen Anweisungen. Er schiebt Zwischentitel ein wie zu Stummfilmzeiten, pfiffig und zweideutig, experimentiert mit Musik, Tönen und Stimmen. Für die damalige Zeit mutig und experimentell, aber nie agitatorisch. Aus all diesem Rohmaterial entstehen dokumentarische Juwelen, grosses Kino in Kürze. Für das offizielle Kuba sind es Verrücktheiten eines Verwirrten.
Überwachen und strafen
mit dem Hauptfilm, spannt der Vorführer zur Überbrückung Ociel del Toa ein. Die Jungs und Mädchen im Saal pfeifen, sie können diesen Ociel nicht mehr sehen. Ernesto hingegen freut sich jedes Mal, er liebt diesen Film, weil er ihn an seine ersten Lebensjahre erinnert, in denen er mit seinen Eltern in jener Region gelebt hat, wo Landrián Ociel del Toa gedreht hat. Anfang der 70er-Jahre realisiert Landrián seine letzten drei von insgesamt 17 Filmen. Viele von ihnen enden mit dem Satz: fin –pero no es el fin, Ende – aber nicht das Ende. Vielleicht ein Gag, vielleicht aber sah dieser einzigartige Künstler schon damals Kubas traurige Zukunft voraus. Dass es – bis heute – noch nicht das Ende dieser Revolution ist, obwohl sie schon lange am Ende ist. Das Filminstitut wirft Landrián raus, er ist ein Geächteter, darf nirgends mehr arbeiten. Sein Werk verschwindet in der Vergessenheit, er selbst endet mittellos und stirbt mit 65 an Krebs im Exil.
Essay von Niels Walter, Havanna
Kuba, 1959. Triumph der Revolution. Ein Erdbeben. Ein junger Maler, gerade 20, denkt sich, diese Revolution, das ist mein Ding. Sein Name: Nicolás Guillén Landrián, ein Künstler mit einer unbändigen Kreativität. Sein Land ist plötzlich in der Weltöffentlichkeit, und er will etwas von dieser Welt sehen. Er tritt in die Diplomaten-Schule ein, aber die ist nichts für einen wilden Kerl wie ihn. Man wirft ihn raus, er geht zum Radio, danach zum staatlichen Filminstitut. Zunächst als Assistent für dies und das, dann darf er, dank Lehrmeistern und Mentoren, die sein Talent erkennen, als Regisseur im Departement für Dokumentationsfilme arbeiten.
Die Realität und die Ideologie Der Neuling geht raus, in die Quartiere Havannas, aufs Land, zu den Leuten. Mit seinem ebenso talentierten Kameramann, Livio Delgado, fängt er scheinbar zufällig Bilder ein, mit einem Geist frei wie der Wind. Ohne Drehbuch und oft ohne direkte Tonaufnahmen. Die Mächtigen interessieren ihn nicht. Landrián filmt das Alltägliche, Menschen aus allen sozialen Klassen, Leute in feinen Kleidern, Bettler, Kinder barfuss auf der Strasse, fröhlich und frenetisch Tanzende, Rituale
Die Verwerfungen bei einer Revolution und die Kontraste, die dabei entstehen, sind gewaltig, verstörend, bisweilen grotesk. Landrián wusste das wie niemand sonst einzufangen. In den ersten chaotischen Jahren existieren noch Freiräume und Freiheiten, gerade beim Film. Es wird zwar schon zensiert, aber es kommen auch Produktionen in die Kinos, bei denen man sich bis heute fragt, wie die durch die Zensur gerutscht sind. Man lässt Landrián einige Filme realisieren, eigene Werke und Auftragsfilme. Er gewinnt in Europa Preise dafür, in nicht sozialistischen Ländern. Noch ein Grund, weshalb dieser spleenige Schwarze ein Problem ist für die wachsamen Augen der Revolution. Vom grossen Bruder, der Sowjetunion, übernimmt Kuba mehr und mehr die Methoden des Stalinismus: Bespitzelung, Überwachung, Verhöre, Schauprozesse, Straf-, Arbeits- und Umerziehungslager, Folter, Ächtung, Vertreibung ins Exil, das ganze Programm. Landrián bekommt einen ersten Vorgeschmack: Hausarrest, mal da in einem Knast der Staatssicherheit, mal dort Zwangsarbeit auf einer Geflügelfarm, Elektroschocks und Pillencocktails in der Psychiatrie. Angeblich nicht wegen seiner Kunst, sondern wegen irgendwas sonst. Die Stasi findet immer etwas, um ihre berüchtigten Fallakten zu füllen. Bei Landrián: Marihuana, Kontakte zu falschen Leuten, liederliches Verhalten, ideologische Verwirrung, alles Mögliche, was für die sozialistische Gesellschaft eine Gefahr darstellen könnte. Raus aus dem Gefängnis und der Psychiatrie gibt man Landrián eine neue Chance, lässt ihn wieder Filme machen, didaktische und sonstige Auftragswerke für die Propaganda. Für einen wie ihn müssen es Strafaufgaben gewesen sein. Doch was tut der Gepeinigte in und mit seiner kurzzeitigen Freiheit als Erstes? Er schafft ein Meisterwerk: Coffea Arábiga (1968), ein Schelmenstreich über Fidels Kaffeeanbau-Grossoffensive um Havanna. Eine Art Schulfilm, wie man Kaffee säen, ziehen und ernten muss, rasant, dreist, gespickt mit Landrián’schen Einfällen, dass einem schier schwindlig wird. Ein avantgardistisches Propagandawerk oder ein genialer Racheakt? Eine Art doppelte Enttarnung: die eines vom System malträtierten, aber unzähmbaren Freigeistes und der kubanischen Realität, die kein bisschen weniger verrückt erscheint als er selbst. Starker Kaffee. Für Landrián ist danach wieder mal Schluss mit Film. Man sperrt ihn erneut weg.
Spurensuche und Ehrenrettung
In jener Zeit geht ein Knabe in Havanna an den Sonntagen oft ins Kino in seinem Quartier. Sein Name: Ernesto Daranas. In Nachmittagsvorstellungen sieht der junge Filmfreak immer wieder denselben Streifen: Ociel del Toa . Ein brillantes Frühwerk von Landrián. Der Kurzfilm über das Leben eines Jungen im entfernten Baracao ist nur ein Lückenfüller. Jedes Mal, wenn es ein Problem gibt
Ernesto Daranas, der Geografie studiert hat, landet eher durch Zufall ebenfalls bei Radio und Film und gehört heute zu den erfolgreichsten Regisseuren Kubas. Seine Filme (u. a. Conducta und Sergio & Serguéi ) haben weltweit Preise gewonnen. 2019, bei einer Recherche im Filminstitut, erinnert sich Daranas zufällig an Ociel del Toa . Er fragt, was aus dem Streifen geworden sei, und erhält nur ahnungsloses Achselzucken als Antwort. Daranas denkt sich, das darf doch nicht wahr sein, geht ins Filmarchiv und erschrickt. Es ist ein perfektes Abbild seines Landes: in einem himmeltraurigen Zustand. Gestelle und Filmdosen, die vor sich hin rosten, aus vielen quillt aufgelöstes, giftiges Zelluloid. Die Archivare arbeiten in Schutzanzügen und mit Gasmasken. Daranas begibt sich auf eine Mission, die vier Jahre dauert: die Suche nach Landriáns Werk sowie die Rettung und Restaurierung von dem, was bis heute gefunden worden ist, zehn Filme. Während dieser fast schon archäologischen Sisyphusarbeit kommt Daranas auf die Idee, aus alldem selbst einen Film zu machen. Daraus entstanden ist Landrián , eine eindrückliche und bewegende Dokumentation. Eine längst fällige Hommage und wie Landriáns Werk ein Lichtblick von dieser Insel im scheinbar endlosen Sonnenuntergang.
Niels Walter ist Journalist und Autor –er lebt in Kuba.
SCHNITT Pedro Suárez Boza MIT Gretel Alfonso Fuentes, Livio Delgado, Ociel Romero Lavañino. Wer war Nicolás Guillén Landrián, «ese negro loco», dieser verrückte Schwarze, wie er seinerzeit sowohl von seinen Freunden wie auch von seinen Feinden genannt wurde? Was machte diesen Künstler und seine Filme aus dem Kuba der 1960er- und frühen 1970erJahre so einzigartig? Und weshalb endete einer wie er, der sein Land und seine Leute innig liebte und sie mit Chuzpe porträtierte, im Gefängnis, in der Psychiatrie und im Exil? Ernesto Daranas’ Dokumentarfilm ist eine Annäherung an Landrián, dessen Geschichte und Werk, auch eine späte Ehrenrettung und kollegiale Wiedergutmachung kubanischen Unrechts. Der Film zeigt, wie das vom Stalinismus infizierte Kuba des Fidel Castro mit Unangepassten umgeht – bis heute. Gleichzeitig weckt Landrián Lust auf dieses einzigartige Werk, das lange Zeit unter Verschluss gehalten wurde und dem Zerfall ausgesetzt war. Ein Teil davon konnte dank Daranas’ Initiative und Beharrlichkeit gerettet und restauriert werden.
FIN
– PERO NO ES EL FIN: LANDRIÁNS KURZFILME
Mi 21.8. 1 8:30 D o 29.8. 2 0:45 D i 17.9. 1 8:30
Jesus am Kreuz, Fidel Castro an der Wand, Menschen, die mit einem lebenden Alligator tanzen und afrokubanische Gottheiten anrufen, und das alles in demselben Haus. Bauersleute, die jeden Sonntag kilometerweit zu Fuss über Berge gehen müssen, um Lesen, Schreiben und das Abc des Sozialismus zu lernen. Vollversammlungen, an denen Fabrikarbeiter «analysiert» werden. Stoische Vogelkäfigverkäufer, tanzende Beine, lebensfrohes Lachen, misstrauische und fragende Blicke. Landriáns Filme und die Menschen in diesen sind die pure Essenz von dem, was Kuba ist und ausmacht. Keine Revolution, keine Ideologie, nichts kann diese kubanische DNA verändern. Landrián sah und begriff dies und erfasste es gekonnt in Bildern. Er war vieles: ein exzellenter Beobachter, poetischer Feingeist und ein ausgefuchster Schlawiner, der alles und alle durchschaute. Auch sich selbst. Ein Unzähmbarer, der nirgendwo reinpasste ausser in sein Werk. Einer, der es wagte, den Máximo Líder zu zeigen, wie er am Revolutionsplatz auf eine Anhöhe steigt, dies zu einem Song von den damals in Kuba verbotenen Beatles: «The Fool on the Hill».
Das Filmpodium zeigt sieben von den zehn bis anhin gefundenen und restaurierten Filmen – freie Werke und Auftragsarbeiten.
UNA NOCHE CON LANDRIÁN
Mi 2 1.8. 18:30
M i 2 1.8. 20:45
Kuba in den ersten Jahren nach der Revolution, porträtiert von einem Freigeist – ein Abend mit Filmen von und über den in Ungnade gefallenen Regisseur Nicolás Guillén Landrián. Das Filmpodium präsentiert Ernesto Daranas’ Biopic sowie Landriáns be ste restaurierten Kurzfilme, zusammengestellt von Niels Walter. Der Autor lebt in Kuba, führt an diesem Abend durchs P rogramm und beantwortet Fragen aus dem Publikum. Zwischendurch gibt es Mojitos und Mariquitas zur Erfrischung.
Online sind Tickets zu den beiden Filmen separat erhältlich; vergünstigte Kombi tickets für Mittwoch, 21.8. gibt es nur an der Kinokasse.
Kuba 1963, sw, DCP, Sp/d, 9
REGIE
SCHNITT Caíta Villalón.
LOS DEL BAILE
Kuba 1965, sw, DCP, Sp/d, 7
REGIE Nicolás Guillén Landrián DREHBUCH Nicolás Guillén Landrián KAMERA Luis García MUSIK Federico García, Pello el Afrokán SCHNITT María Esther Valdés, Justo Vega.
REGIE Nicolás Guillén Landrián DREHBUCH Nicolás Guillén Landrián, Miguel de Zárraga Pedro KAMERA Lupercio López SCHNITT Iván Arocha.
TALLER CL AUDIO A C AMEJO DE LÍNE A Y 18.
Kuba 1971, sw, DCP, Sp/d, 15 ' REGIE Nicolás Guillén Landrián DREHBUCH Nicolás Guillén Landrián, Juan Torrente KAMERA Luis García SCHNITT Miriam Talavera.
EN UN BARRIO VIE JO
Nicolás Guillén Landrián DREHBUCH Nicolás Guillén Landrián KAMERA Livio Delgado, Humberto López y Guerra MUSIK Ricardo Istueta
EN UN BARRIO VIEJO
LANDRIÁN
LOS
THELONIOUS MONK: STRAIGHT, NO CHASER
Sa 24.8. 1 5:00 M i 11.9. 1 8:15 M i 25.9. 1 8:15
USA 1988, Farbe + s w, 35 mm, E, 98
REGIE Charlotte Zwerin KAMERA Christian Blackwood
MUSIK Dick Hyman MIT Thelonious Monk, Harry Colomby, Jimmy Cleveland, John Coltrane, Ray Copeland, Nica De Koenigswarter, Tommy Flanagan, Larry Gale s, Charlie Rouse, Johnny Griffin, Samuel E. Wright.
«Er war ein einzigartiges Genie. Seine künstlerische Anerkennung musste sich Thelonious Monk jedoch hart erkämpfen. Er selbst aber war überzeugt von seinem Talent und wurde schliesslich zum gefeierten Star der Szene. Bis heute gilt Monk als exzentrische Grösse des Jazz, sein Humor ist legendär, aber auch seine heftigen Stimmungswechsel. Grundlage für Charlotte Zwerins Film über den Hohepriester des Bebop bilden Aufnahmen von 1967/68. Christian Blackwood drehte damals, von einem westdeutschen Fernsehsender beauftragt, einen einstündigen Film über Monk. Sechs Monate lang begleitete er den grossen Pianisten und Komponisten. Zwanzig Jahre später gestaltete Charlotte Zwerin aus den 14 Stunden Schwarzweiss-Archivmaterial ein meisterhaftes Porträt. Es zeigt einen unverwechselbaren Menschen und Musiker in Aktion: Monk im Studio, Monk unterwegs, Monk am Klavier, Monk beim Interview, Monk im Zusammenspiel mit seinen Bandkollegen Charlie Rouse (Tenorsaxofon), Larry Gales (Bass) und Ben Riley (Schlagzeug). ‹Round Midnight›, ‹Blue Monk›, ‹Well, You Needn’t›, ‹Epistrophy›, ‹Ruby My Dear›. It’s Monk Time!» (DOK.fest München, 2006)
«Wie der reichhaltige musikalische Soundtrack verdeutlicht, vertraten sein sparsames, knorriges Spiel, seine rastlosen Stop-StartRhythmen und seine durch nichts zu erschütternde Beharrlichkeit eine Perspektive auf
Sin título-7.pdf 1 20/5/24 18:00
SE LECTION LUMIE RE
Der Wunschfilm unseres Fördervereins
das Leben und die Kunst, die trotzig exzentrisch, obsessiv forschend und zutiefst persönlich war. (…) Die Teile des Films aus den späten 60er-Jahren, die eine Europatournee dokumentieren und Monk beim Spielen in Clubs und bei Aufnahmesessions zeigen, gehören zu den wertvollsten Jazzsequenzen, die je gedreht wurden. Nahaufnahmen von Monks Händen auf der Tastatur offenbaren eine Technik, die ungewöhnlich angespannt, spitzig und aggressiv war. Andere Szenen zeigen ihn, wie er seine Kompositionen und Akkordstrukturen erklärt und Anweisungen in knappen, kaum verständlichen Knurrlauten gibt, die selbst für seine Mitmusiker schwer zu interpretieren waren. (…) Die Musik von Monk, die sich durch den Film zieht, ist aussergewöhnlich in ihrer Bandbreite an Gefühlen. Eine stürmische Aufführung seiner berühmtesten Komposition, ‹Round Midnight›, erinnert an eine Art jazzmusikalischen Kubismus, während Popsongs wie ‹I Should Care› mit einer beissenden Ergriffenheit vorgetragen werden. Der Film erinnert uns immer wieder daran, dass Monk als Jazzkomponist ebenso wichtig war wie als Pianist. Stücke wie ‹Rhythm-A-Ning›, ‹Blue Monk›, ‹Ugly Beauty›, ‹Crepuscule with Nellie›, ‹Epistrophy› und ‹Misterioso› waren viel mehr als ausgedehnte Songs. Sie definierten einen dichten, vom Bebop geprägten Jazz-Impressionismus, dessen Einfluss und Kraft erst seit Kurzem voll anerkannt werden.» (Stephen Holden, The New York Times, 30.9.1989)
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PREMIERE
Neues Kino – exklusiv im Filmpodium
VERBRANNTE ERDE
Do 5.9. 2 0:30 S o 15.9. 2 0:45
M i 18.9. 1 5:00 S a 28.9. 1 8:30
Deutschland 2024, Farbe, DCP, D/e, 101
REGIE Thomas Arslan DREHBUCH Thomas Arslan
KAMERA Reinhold Vorschneider MUSIK Ola Fløttum
SCHNITT Reinaldo Pinto Almeida MIT Mišel Matičević, Marie Leuenberger, Alexander Fehling, Tim Seyfi, Marie-Lou Sellem, Katrin Röver, Bilge Bingül, Anja Schneider, Tamer Yiğit.
« Verbrannte Erde ist nach Im Schatten der zweite Teil von Thomas Arslans Trojan-Trilogie. Zwölf Jahre nachdem der Berufskriminelle Trojan (Mišel Matičević) aus Berlin flüchten musste, führt ihn die Suche nach Aufträgen erneut in die Stadt. Er hat kaum noch Geld und braucht dringend einen neuen Job. Doch Berlin hat sich verändert, Trojans alte Kontakte geben nicht mehr viel her. Und seine Maxime, nur Bargeld-Jobs anzunehmen, lässt sich in einer immer stärker digitalisierten Welt kaum noch durchhalten. So dauert es einige Zeit, bis sich ihm schliesslich durch die Vermittlerin Rebecca (Marie-Lou Sellem) die Aussicht auf einen lukrativen Auftrag bietet: Ein Gemälde von Caspar David Friedrich soll aus einem Museum gestohlen werden. Der Coup bringt Trojan mit der Fluchtfahrerin Diana (Marie Leuenberger), seinem ehemaligen Weggefährten Luca (Tim Seyfi) und dem jungen Chris zusammen. Alles lässt sich vielversprechend an, doch der undurchsichtige Auftraggeber und dessen Handlanger Victor (Alexander Fehling) haben ihre eigenen Pläne mit dem Gemälde. Bald geht es immer weniger ums Geld und vielmehr darum, mit dem Leben davonzukommen.» (Berlinale, 2024)
FILMGESPRÄCH ZU
«Das Kino liebt es, seinen Helden beim Älterwerden zuzusehen. Arslans zweiter Film seiner geplanten Trojan-Trilogie thematisiert die Zeit, die vergangen ist; es geht um den genreüblichen letzten Job. Luca hat Frau, Kind, ein Restaurant – und noch ein paar Schulden zu begleichen. Man wird halt bürgerlich. Trojan aber ist immer noch der Alte, lebt in Hotelzimmern, lässt sich in bar auszahlen. Bloss keine Spuren hinterlassen in der Welt der Nullen und Einsen. Ein analoges Phantom, andere Zeitrechnung. Mit Verbrannte Erde beweist Arslan noch einmal, wie zeitlos der Film noir ist, solange man die Spielregeln beherrscht. Er betreibt ‹reverse engineering›: eine Abfolge von Routinen, viel Bewegung, wenig Sprache. Eine grossartige Verfolgungsjagd gibt es, ein Zitat aus Walter Hills The Driver, die mit einem sagenhaften Ruhepuls die Stadt durchmisst. Und Arslans ‹hardboiled› Dialoge sind so lakonisch, so im Genre verkapselt, dass sie nie Gefahr laufen, unfreiwillig komisch zu klingen. Eine Masterclass in Genrekino.» (Andreas Busche, Tagesspiegel, 21.2.2024)
VERBRANNTE ERDE
Do 5.9. 2 0:30 30', Moderation: Hannes Brühwiler 2010 begeisterte Thomas Arslan mit Im Schatten, ein fulminanter Thriller über den Berufskriminellen Trojan. Nun erzählt er mit dem an der diesjährigen Berlinale begeistert aufgenommen Verbrannte Erde die Geschichte von Trojan w eiter. Anlässlich der Schweizer Premiere seines neusten Films ist Thomas Ar slan zu Gast im Filmpodium und spricht mit Hannes Brühwiler über die Herausforderungen und Freuden, die der Genrefilm mit sich bringt.
Auch wenn Verbrannte Erde die Fortsetzung von Im Schatten ist, funktioniert er als eigenständiges Werk.
IM SCHATTEN
Di 3.9. 2 0:45 F r 6.9. 1 8:30
Deutschland 2010, Farbe, DCP, D/e, 85
REGIE Thomas Arslan DREHBUCH Thomas Arslan
KAMERA Reinhold Vorschneider MUSIK Geir Jenssen
SCHNITT Bettina Blickwede MIT Mišel Matičević, Karoline Eichhorn, Uwe Bohm, Rainer Bock, David Scheller, Peter Kurth, Hanns Zischler, Timo Jacobs, Jörg Malchow, André Szymanski, Albrecht Hirche.
Trojan (Mišel Matičević) ist ein professioneller Verbrecher, der auf Raubüberfälle spezialisiert ist. Kaum aus dem Gefängnis entlassen, macht er dort weiter, wo er vor seiner Verhaftung aufgehört hatte. Doch muss er jetzt wieder fast von null anfangen. Ohne Geld und vertrauenswürdige Kontakte steht er vor zahlreichen Hindernissen, die sein starkes Bedürfnis nach Unabhängigkeit gefährden. (hb)
«Trojan (Mišel Matičević) wurde gerade aus dem Gefängnis entlassen und kehrt umgehend in sein kriminelles Metier zurück. Er besorgt sich eine Waffe und hält Ausschau nach neuen Jobs. Mit wenigen Einstellungen etabliert Thomas Arslan die anonyme Welt seiner Gangsterfigur, indem er auf die Motive und Figuren des Genrekinos zurückgreift. Das Hinterzimmer einer Autowerkstatt, Parkplätze, möblierte Wohnungen. Man trifft auf Männer und Frauen, die einander misstrauen, weil jeder nur in die eigene Tasche wirtschaftet. Permanente Schauplatzwechsel, Observations- und Verfolgungsszenen sorgen für einen dynamischen Erzählrhythmus. (…) Im Schatten ist ein Genrefilm, der konsequent die Mechanik, die äussere Aktion eines Verbrechens in den Mittelpunkt stellt. Er entwickelt grosse Spannung, ohne seine Figuren mit persönlichen Geschichten zu beladen. Jede Handbewegung muss sitzen. Auf einmal wird die Frage, ob Trojan das Fluchtauto rechtzeitig knacken kann, zum grossen Kinomoment.» (Berlinale, 2010)
FILMGESPRÄCH ZU
IM SCHATTEN
Fr 6.9. 1 8:30
Nach der Filmvorstellung findet ein Q&A zu Im Schatten statt. Moder ation: Hannes Brühwiler.
VERBRANNTE ERDE
VERBRANNTE ERDE
IM SCHATTEN
FILMGESCHICHTE DURCH DIE JAHRZEHNTE: VOM KINO DER ATTRAKTIONEN BIS 1945
Vorlesungsreihe des Seminars für Filmwissenschaft, Universität Zürich
Die Filmgeschichtsvorlesung am Seminar für Filmwissenschaft (Universität Zürich) findet in diesem Jahr als öffentliche Veranstaltung im Filmpodium statt. Daniel Wiegand und Gäste behandeln von September bis Dezember jeweils am Donnerstagnachmittag Aspekte der Filmgeschichte aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: von den Anfängen im aus gehenden 19. Jahrhundert über wesentliche Stationen der Stummfilmzeit bis hin zum Übergang z um Tonfilm und zum klassischen Hollywoodkino.
Die Vorträge werden ergänzt durch anschliessende Filmvorführungen.
Do 19.9. 16:15 E INE EINLADUNG IN DIE (FRÜHE) F ILMGESCHICHTE
Anschliessend: SINGIN’ IN THE RAIN
Do 26.9. 16:15 DAS FRÜHE KINO: EIN «KINO DER ATTRAKTIONEN»
Anschliessend: KURZ, KNACKIG, BUNT: EINE R EISE DURCH DIE FRÜHE FILMGESCHICHTE
Alle Vorlesungen von Prof. Dr. Daniel Wiegand. Dauer: 90 Min. Eintritt frei.
SINGIN’ IN THE RAIN
Do 19.9. 1 8:30 D i 24.9. 1 8:30
USA 1952, Farbe, DCP, E/d, 103
REGIE Gene Kelly, Stanley Donen DREHBUCH Betty Comden, Adolph Green KAMERA Harold Rosson
MUSIK Nacio Herb Brown SCHNITT Adrienne Fazan
MIT Gene Kelly, Donald O’Connor, Debbie Reynolds, Jean Hagen, Millard Mitchell, Douglas Fowley, Rita Moreno, King Donovan, Judy Landon. Don Lockwood und Lina Lamont sind das Traumpaar Hollywoods in der Stummfilmzeit. Niemand ahnt, dass sich die beiden hinter den Kulissen nicht ausstehen können und dass Linas Stimme so gar nicht ihrem Äusseren entspricht. Da bricht der Tonfilm wie ein plötzliches Ungewitter über die Filmindustrie herein, mischt die Karten neu und gibt Anlass zu einem Reigen an absurden Vorkommnissen. Und wenn sich schliesslich Gene Kelly als Don Lockwood in die Revuetänzerin Kathy Selden verliebt, ist endlich die Gelegenheit für seinen berühmten Tanz durch Hollywoods Studioregen gekommen ... Kaum jemals wurde Film-Mediengeschichte so unterhaltsam verpackt – und dennoch in vielen Teilen akkurat wiedergegeben – wie in Stanley Donens märchenhaftem Hollywoodmusical, das aus den 1950er-Jahren zurückblickt auf das erste halbe Jahrhundert des Films. Der ideale Auftakt für unsere Vorlesungsreihe. (dw)
KURZ, KNACKIG, BUNT:
EINE REISE DURCH DIE FRÜHE FILMGESCHICHTE
KINO KONZERT
Do 26.9. 18:30 Einführung von Daniel Wiegand, 20 ' Live M usik: Günter A. Buchwald ( Piano, Violine)
Das Kurzfilmprogramm führt durch die wichtigsten Filmgenres des frühen Kinos: von der poetischen Schönheit der ersten Natur- und Alltagsaufnahmen über schonungslos derbe Burlesken bis hin zu den ersten sozialkritischen Dramen und knallbunten Märchenfilmen. Fast alles, was das spätere Kino auszeichnet, ist hier schon im Kern vorhanden. Den Anfang machen digitale Neurestaurierungen von Aufnahmen im seltenen 68-mmFormat, das mit seiner ungewohnten Bildschärfe spektakuläre Einblicke ins späte 19. Jahrhundert ermöglicht. (dw)
IRISH MAIL, L. & N. W. RAILWAY, TAKING UP WATER AT FULL SPEED
GB 1898, s/w, DCP, stumm, 1 33 THE BOULEVARD OF SCHE VENINGEN
GB 1898, s/w, DCP, stumm, 0 ' 33 " BATH SCENE – HOLLAND
GB 1898, s/w, DCP, stumm, 0 31 DOG PULLS C ART IN FRONT OF MILL
HONDENKARREN
GB/Niederlande 1898, s/w, DCP, stumm, 0 32 FUN ON A SANDHILL
Deutschland 1899, s/w, stumm, 0 33 IN A GERMAN BATH
Deutschland 1899, s/w, DCP, stumm, 1 ' 02 " A TR AM STORM ON THE DAM ON SUNDAY EEN TRAMBESTORMING OP Z ONDAG OP DEN DAM
Niederlande 1899, s/w, DCP, stumm, 0 35 PANORAMA OF THE GR AND C ANAL, VENICE, PASSING THE VE GETABLE MARKET
GB 1898, s/w, DCP, stumm, 0 38 VENICE, FEEDING THE PIGEONS IN ST. MARK ’ S SQUARE
GB 1898, s/w, DCP, stumm, 0 ' 59 "
Die oben genannten Kurzfilme wurden von der Mut oscope & Biograph Company produziert und auf 68 mm gedreht.
Frankreich 1902, Pathé, s/w, DCP, stumm, 2 ' 04 " EINE FLIEGENJAGD ODER DIE R ACHE DER FRAU SCHULTZE
Deutschland 1906, s/w, DCP, stumm, 7 48 REGIE Eugen Skladanowsky
RÊVE À LA LUNE
Frankreich 1905, tinted, DCP, stumm, 5 ' 39 " REGIE Gaston Velle, Ferdinand Zecca
LE CHEMINE AU
Frankreich 1905, tinted + t oned, DCP, stumm, 4 ' 58 " REGIE Albert Capellani
LA VIE ET LA PASSION DE NOTRE
SEIGNEUR JÉ SUS CHRIS T
Frankreich 1907, tinted + handkoloriert, DCP, stumm, 7 46
REGIE Lucien Nonguet, Ferdinand Zecca
L’ INDISCRET MYSTIFIÉ
Frankreich 1905, Pathé, s/w, DCP, stumm, 2 ' 19 "
LE ROI DES DOLLARS
Frankreich 1905, schablonen- + handkoloriert, DCP, stumm, 1 ' 45 " REGIE Segundo de Chomon
LA POULE A UX ŒUF S D ’ OR Frankreich 1905, tinted + t oned + schablonenkoloriert, DCP, stumm, 13 40 REGIE Gaston Velle
Das Programm wurde von Elif Rongen-Kaynakçi und Daniel Wiegand aus den Beständen des E ye-Filmmuseums in Amsterdam zusammengestellt.
Eine Kooperation mit dem Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich.
LA POULE AUX Œ UFS D’OR
SINGIN’ IN THE RAIN
FAMILIENFILM
Vergnügen für Gross und Klein
FILM-WORKSHOP FÜR KINDER
Sa 14.9. u nd 21.9. ca. 30 gratis, ohne Voranmeldung Leitung: Stefanie Schlüter
Im Anschluss an die beiden Vorstellungen bietet das Filmpodium einen F ilm-Workshop f ü r K inder an. Die Kinder werden auf eine Entdeckungsreise durch die Welt der Filmsprache mitgenommen und an einzelne Szenen und T hemen de s Films herangeführt.
CHECKER TOBI UND DAS GEHEIMNIS UNSERES PLANETEN
Sa 14.9. 1 5:00 S a 21.9. 1 5:00
Deutschland 2019, Farbe, DCP, D, 84 ', 6 (6) REGIE Martin Tischner DREHBUCH Martin Tischner KAMERA Johannes Obermaier MUSIK Sonja Glass SCHNITT Florian Kohlert MIT Tobias Krell, Lars Rudolph, Ulla Lohmann.
«Sein erster Kinofilm ist für Checker Tobi ein grosses Abenteuer. (...) Tobi findet eine Flaschenpost mit einem Rätsel. Das dreht sich um nichts weniger als das Geheimnis unserer Erde. Gar nicht so einfach, die Botschaft richtig zu verstehen: Tobi soll ins Herz der Erde blicken, einen Bären mit acht Beinen wecken, im Gedächtnis der Welt lesen und den wertvollsten Schatz Indiens sammeln. Natürlich will der Checker das Rätsel unbedingt lösen. Er spricht mit einer Vulkanforscherin auf dem Inselstaat Vanuatu. Weiter geht’s in die Unterwasserwelt von Tasmanien, zu Seedrachen, Delfinen und Tieren, die sogar im Weltall überleben. In Grönland erfährt Tobi bei den Klimaforschern, wie sie etwas aus der Zukunft vorhersagen können. (…) Hast du schon eine Idee, was das Geheimnis unseres Planeten sein könnte?
Wer Checker Tobi als Reporter aus den KiKA-Sendungen kennt, der weiss, dass er gerne Fragen stellt, um Dinge zu verstehen. In seinem Kinofilm tut er das auch, ist aber gleichzeitig so etwas wie ein Weltentdecker. Er findet ganz unglaubliche Sachen heraus. Die Orte und Menschen, die Tobi besucht, sind besonders und einzigartig. Und viele Lebewesen, die er mit Forscherfreunden entdeckt, sind sehr selten. Das macht Tobis Reise so spannend. Mit ihm und seinem Kamerateam siehst du Bilder aus Ländern, die weit weg sind und in die du vielleicht niemals reisen wirst.» (kinderfilmwelt.de)
PEDRO COSTA MARLENE DIETRICH
EINE ODE AN DIE NEBENFIGUREN
Unser Dank für das Zustandekommen dieses Programms gilt: American Genre Film Archive, Austin; Be ta Film, Oberhaching; British Film Institute, London; Bulgarian National Film Archive, Sofia; Contemporary Films, London; Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin; EYE Film Institute Netherlands, Amsterdam; Fernsehjuwelen GmbH, Walluf; The Festival Agency, Paris; F ilmautor, Sofia; Gaumont, Neuilly sur Seine; Harry Guerro, Austin; Institut Français, Paris; Komplizen Film, Berlin; Les Amis de la Cinémathèque suisse, Lausanne; Look Now!, Zürich; The Match Factory, Köln; MFA+ Filmdistribution, Regensburg; Missing Films, Berlin; MK2, Paris; Museum of Modern Art, New York; Newen Connect, Paris; Park Circus, Glasgow; Sacher Distribuzione, Rom; Studiocanal, Berlin; trigon-film, Ennetbaden; Unzéro Films, Paris.