Filmpodium Programmheft Februar-März 2025

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16. FEB — 31. MRZ 2025

FRANCESCO ROSI
SALVATORE GUILIANO FRANCESCO ROSI

PREMIERE 23 FAMILIES LIKE

Thomas Vinterberg, Dänemark 2024 So 16.2. 16:45 FAMILIES LIKE

EPISODEN 1 – 4 , 190' Fr 21.2. 20:00 FAMILIES LIKE OURS EPISODEN 5 – 7, 150'

Mi 19.2. 13

18:15 AUGE UM AUGE MIT DEM JURA L’ALLÉGEMENT

Marcel Schüpbach, Schweiz 1983 Einführung von Emilien Gür und David Wegmüller, 10'

Di 25.2. 9

18:30 FRANCESCO ROSI FIGLIA E FILMMAKER: CAROLINA ROSI ZU GAST IM FILMPODIUM

Gespräch mit Carolina Rosi, Regisseurin und Tochter von Francesco Rosi.

Moderation: Till Brockmann, 60' im Anschluss von CITIZEN ROSI Carolina Rosi, Didi Gnocchi, Italien 2019

Mi 26.2. 21

18:30 VORTRAGSREIHE RE:VISION 5/03

Vorlesung mit Filmausschnitten, präsentiert von Thomas Binotto, 90'

20:15 THE PIANO

Jane Campion, Australien/Neuseeland/ Frankreich 1993

Do 27.2. 24

20:45 SONDERVORSTELLUNG FANTOZZI

Luciano Salce, Italien 1975

Anschl. Diskussion mit dem Philosophen Raffaele Alberto Ventura über die Bedeutung des Films für die italienische Gesellschaft

Di 4.3. 12

18:30 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA KURZFILMPROGRAMM «JURABILDER –ANDRÉ PARATTE»

LA FOIRE AUX CRINIÈRES

André Paratte, Schweiz 1969 VIVRE SA VILLE

André Paratte, Schweiz 1972 LE ROSSIGNOL DE SIBÉRIE

André Paratte, Schweiz 1964

In Anwesenheit von Aude Joseph (Département audiovisuel de la Bibliothèque de la ville de La Chaux-de-Fonds) und Emilien Gür (Solothurner Filmtage)

Mo 10.3. 27

18:15 FILM IN WORTEN PRÄSENTATION DER ONLINE-PUBLIKATION «REPÉRAGES»

Anschl. Kurzfilmprogramm mit vier aktuellen feministischen Filmen von jungen Filmemacher:innen

Mi 12.3. 26

18:00 SONDERVORSTELLUNG

DAS HELMHAUS ZU GAST FILM IST KLASSE

KLASSENVERHÄLTNISSE AM BODENSEE

Ariane Andereggen, Schweiz 2023

AMT FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT Vorfilm Nicolle Bussien, Schweiz 2022

Anschl. Gespräch mit Ariane Andereggen, Ted Gaier und Nicolle Bussien zu Klasse und Klassismus. Moderation: Migmar Dolma

17. – 23.3.

SCHWEIZER FILMPREIS: WOCHE DER NOMINIERTEN

Die besten neuen Schweizer Filme In Anwesenheit vieler Filmschaffender

FRANCESCO ROSI

PROTEST UND ZIVILCOURAGE 6

EINE LANDSCHAFT ENTFALTEN 10

THE POWER OFJANE CAMPION

FRANCESCO ROSI

PROTEST UND ZIVILCOURAGE

Francesco Rosi (1922 – 2015) war einer der einflussreichsten Vertreter des politischen Kinos der 1960er- und 1970er-Jahre. Seine scharfsinnigen Analysen von Macht und Machtmissbrauch, im Spannungsfeld von institutionalisierter Gewalt und Widerstand, haben bis heute nichts an Aktualität eingebüsst. Seit Beginn seiner Karriere liess der gebürtige Neapolitaner keinen Zweifel an den fatalen Verflechtungen von organisiertem Verbrechen, Wirtschaft und Politik. Obwohl seine Filme auch immer wieder um Korruption und Spekulation in den grossen italienischen Städten kreisten, steht im Zentrum seiner Arbeiten die Auseinandersetzung mit den verarmten ländlichen Regionen des Südens, in denen die Mafia so fruchtbaren Boden fand. In all diesen Werken verbinden sich Protest und Zivilcourage auf beeindruckende Weise mit Rosis Filmsprache, die geschickt auf Genreelemente zurückgriff und damit die Massen zu begeistern verstand. Unsere umfangreiche Retrospektive wird begleitet von einem vertiefenden Gespräch mit Rosis Tochter Carolina, die auch einen Dokumentarfilm über ihren streitbaren, vor zehn Jahren verstorbenen Vater gedreht hat.

Essay von Fabian Tietke

der Demokratie durch sein eigenes Bewusstsein im Alltag teil. Ich mache diese Filme also einfach im Sinne einer Teilhabe am täglichen Fortentwickeln der Gesellschaft, in der ich lebe. Ich mache sie vermutlich auf diese Weise, um mein eigenes Verständnis und das von anderen für unsere alltägliche Realität zu vertiefen.»

Die Realität als Thriller Il caso Mattei (1972) beginnt mit dem bis heute umstrittenen Absturz des Direktors des staatseigenen Ölkonzerns Enrico Mattei auf dem Rückflug aus Sizilien 1962. In diesem Film treibt die Realität jene Form, die Rosi in Salvatore Giuliano entwickelt hatte, um einen ungeklärten Todesfall zu beleuchten, in Richtung Thriller. Vor den Dreharbeiten zu Salvatore Giuliano bat Rosi den Filmkritiker und Drehbuchautor Tullio Kezich, Einzelheiten des Falls zu recherchieren. 1970 beauftragte Rosi seinen Freund, den Journalisten Mauro De Mauro, mit Recherchen zu jener Reise Matteis, von der dieser nicht mehr zurückkehren sollte. Wenige Monate später wurde De Mauro entführt und seither nie wiedergesehen. Auch wenn eine Verbindung mit Untersuchungen zum Fall Enrico Mattei nur eine der möglichen Erklärungen für das Verschwinden De Mauros ist, scheint sie zu diesem Zeitpunkt für Rosi nachvollziehbarerweise auf der Hand zu liegen. Il caso Mattei gewinnt 1972 in Cannes ex aequo mit Elio Petris La classe operaia va in paradiso die Goldene Palme. Hauptdarsteller in beiden Filmen ist Gian Maria Volonté, einer der profiliertesten Schauspieler des politischen Kinos aus Italien in jenen Jahren und wiederkehrender Darsteller in Rosis Filmen.

Von oben herunter blickt die Kamera in einen Innenhof, in dessen Mitte ein Mann liegt, das weisse Unterhemd blutgetränkt, der Steinboden um ihn herum weitgehend blutfrei. Links neben dem Mann liegt ein Gewehr, oberhalb seines Kopfes eine Pistole, ein gutes Dutzend Männer steht und sitzt im Kreis um den Toten, ein Fotograf macht Aufnahmen. Der Innenhof liegt in einer Kleinstadt im Osten Siziliens, etwa 70 Kilometer südlich von Trapani. Elf Jahre bevor die Aufnahmen für Francesco Rosis Film Salvatore Giuliano entstanden, lag in dem Innenhof der echte

Salvatore Giuliano, Bandit und Kämpfer im bewaffneten Arm der sizilianischen Unabhängigkeitsbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Umstände von Giulianos Tod sind bis heute ungeklärt, es existieren zahlreiche Versionen der Ereignisse, die sich teils grundlegend widersprechen.

Salvatore Giuliano wurde der internationale Durchbruch für Francesco Rosi, die Jury um King Vidor und Emeric Pressburger verlieh dem Film 1962 auf dem Filmfestival in Westberlin den Silbernen Bären für die beste Regie. Der Film wird bis heute angesichts von Rosis akribischer Rekonstruktion und des Drehs an Originalschauplätzen bisweilen als dokumentarischer Spielfilm missverstanden. Doch Salvatore Giuliano ist weit von einer blossen Rekonstruktion entfernt, versucht vielmehr den Tod des Banditen, der sich in Interviews selbst zu einer Art Robin Hood verklärte, als soziales Phänomen zu verstehen.

Der Schriftsteller und Filmkritiker Alberto Moravia hat das schon in seiner Besprechung des Films verstanden: «Um den Film zu drehen, den er im Kopf hatte, musste Rosi eine komplett neue Form der Erzählung erfinden, die wir kollektiv oder episch nennen würden, wäre sie nicht in allererster Linie

realistisch. Der Realismus einer Geschichte wie der von Salvatore Giuliano besteht genau in dem, was Rosi gemacht hat: in einem Panorama der komplizierten Angelegenheit, einem Verzicht auf jedwede fantastische Verstärkung oder Hinzufügung – ein historischer Respekt für die Widersprüchlichkeiten und die offensichtlichen Absurditäten, Barmherzigkeit mit Sizilien und seiner unglücklichen Bevölkerung.»

Komplexität in populärer Form Vieles von dem, was Moravia an Rosis Film beobachtet, prägt dessen gesamtes Werk –der historische Aspekt ebenso wie eine humane Zugewandtheit zu Menschen (nicht zu verwechseln mit einer Verklärung der Bevölkerung). Das, was Moravia als Panorama beschreibt, trägt bisweilen Züge einer Collage, gerade dann, wenn es Rosi – wie so oft –weniger um das Herausarbeiten einer Wahrheit geht als um das Aufwerfen von Fragen. Eines fehlt jedoch in Moravias Aufzählung: Rosis Interesse für Genres. Genres dienen Rosi als Ausgangspunkt einer Interaktion mit dem Publikum, bei dem die Seherwartungen, die mit bestimmten Genres einhergehen, immer wieder Platz machen müssen für Abschweifungen.

Dieser bis heute immer wieder überraschenden Kombination aus Autorenfilm und Genrekino, die auch sperrige Themen in erstaunlich zugänglicher Form erzählbar machte, verdanken sich einige von Rosis bis heute eindrucksvollsten Filme. In Le mani sulla città (1963) zeigt Rosi korrupte Verbindungen zwischen Politik und Baubranche in einem langsamen Thriller. Der Film gewann 1963 den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen in Venedig. Wenig später befragt der Filmkritiker Gideon Bachmann Rosi für «Film Quarterly». In einer der Antworten weist Rosi die Idee, seine Filme seien Transportmittel für Botschaften, von sich: «Ich will keine Propaganda produzieren. Ich glaube, mein Interesse an diesen Themen verdankt sich der Tatsache, dass wir in Italien erst spät die Demokratie errungen haben und dieser Prozess eigentlich noch andauert. Daher nimmt jeder von uns an diesem Erringen

Vier Jahre später ist Rosi erneut mit einem Film im Wettbewerb von Cannes vertreten. Dieses Mal ist es der paranoide Thriller Cadaveri eccellenti, basierend auf einer Buchvorlage des sizilianischen Intellektuellen und Schriftstellers Leonardo Sciascia. Der Kriminalpolizist Amerigo Rogas ermittelt in einem Fall von drei Richtern, die kurz nacheinander unweit voneinander ermordet werden. Später kommen weitere Morde hinzu, und die Versuche, Rogas’ Ermittlungen in Richtung von linken Splittergruppen zu lenken, werden deutlicher. Cadaveri eccellenti kombiniert Sciascias gelehrtes Vexierspiel mit imposanten Bildern des Bildgestalters Pasqualino De Santis, mit dem Rosi seit Mitte der 1960erJahre zusammenarbeitet.

Neu gewonnene Vielfalt Im Werk Rosis ist Cadaveri eccellenti je nach Perspektive Endpunkt einer Entwicklung, die die anderthalb Jahrzehnte seit Salvatore Giuliano überspannt, oder Befreiungsschlag. So oder so werden Rosis Filme ab Ende der 1970er-Jahre vielfältiger. Mit einer zentralen Veränderung: Waren Historienfilme in der Zeit bis Mitte der 1970er-Jahre die Ausnahme (C’era una volta von 1967, Uomini contro,1970), bilden sie nun die Regel. Zudem häufen sich die Adaptionen von literarischen Vorlagen. Eines jedoch bleibt konstant im Werk Rosis: der Fokus auf den italienischen Süden. Dieser Fokus existierte schon, bevor Rosi, der 1922 in Neapel geboren wurde, überhaupt anfing, eigene Filme zu realisieren. Der erste Film, an dem Rosi mitwirkt, ist Luchino Viscontis La terra trema . Bei Viscontis Drama über die Fischer von Aci Trezza ist Rosi einer der Regieassistenten. Für die italienische Linke der Nachkriegszeit war die Questione meridionale, die Südfrage, eine der zentralen politischen Fragen. Für Francesco Rosi blieb sie bis zu seinem Tod im Januar 2015 Drehund Angelpunkt seiner Filme.

Fabian Tietke ist Filmkritiker und Programmgestalter von Filmreihen in Berlin.

Für die Unterstützung danken wir:

LA SFIDA

Mo 17.2. 20:45 Fr 7.3. 18:30

Italien/Spanien 1958, sw, 35 mm, I/e, 87 REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Suso Cecchi d’Amico, Enzo Provenzale, nach einer Geschichte von Francesco Rosi KAMERA Gianni Di Venanzo, Carlo Di Palma MUSIK Roman Vlad SCHNITT Mario Serandrei MIT José Suárez, Rosanna Schiaffino, Nino Vingelli, Decimo Cristiani, Pasquale Cennamo, José Jaspe.

«Vito Polara, ein junger und ehrgeiziger Neapolitaner, lebt vom Zigarettenschmuggel. Um zu grösserem Reichtum zu kommen, beschliesst er jedoch, sich der Camorra-Organisation anzuschliessen, die den Obst- und Gemüsemarkt kontrolliert. Dank eines Kredits und der anfänglichen Toleranz von Camorra-Boss Salvatore Ajello geht sein Plan auf. Vito glaubt nun, sein Glück in der Hand zu haben: Er verlobt sich und kauft eine luxuriöse Wohnung. Mit Schulden überhäuft, ist er allerdings gezwungen, Ajellos Anweisungen zunehmend zu missachten, was ihn in grosse Gefahr bringt.» (Torino Film Festival, Okt 1982)

«Francesco Rosis erste Regiearbeit ist ein realistisches Drama vor dem Hintergrund von Elend und Korruption in Süditalien, ein starkes soziales Pamphlet, das vom amerikanischen Film noir beeinflusst ist. Dieses schonungslose Porträt einer vom Geld beherrschten Welt, in der der Mensch doppelt korrumpiert wird, weil er die Gesellschaft selbst herstellt, die ihn dann erdrückt, ist Vorbote von Rosis kommenden Hauptwerken. La sfida beeindruckte 1958 auf dem Filmfestival von Venedig durch seine nicht romantisierende, schonungslose Wiedergabe der Wahrheit, seine Aufmerksamkeit für den sozioökonomischen Kontext sowie seine trockene und solide Erzählweise und gewann so den Grossen Preis der Jury.» (Cinémathèque suisse)

I MAGLIARI

So 23.2. 20:30 Di 25.3. 20:45 Italien/Frankreich 1959, sw, 35 mm, OV/e , 111 REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Suso Cecchi

D‘Amico, Francesco Rosi, Giuseppe Patroni Griffi KAMERA Gianni Di Venanzo MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Mario Serandrei MIT Alberto Sordi, Belinda Lee, Renato Salvatori, Nino Vingelli, Josef Dahmen, Aldo Giuffré, Aldo Bufi Landi, Linda Vandal.

«Der aus der Toskana stammende und kurz vor der Pleite stehende Mario Balducci folgt dem Ruf des Wirtschaftswunderlandes und begibt sich nach Norddeutschland. (…) Der Trickbetrüger Tortonno nimmt sich seiner an und fungiert als Mentor, doch es stellt sich langsam, aber sicher heraus, dass Mario aus ehrlichem Holz geschnitzt ist. Als er Paula, die Frau eines Auftraggebers Tortonnos, kennenlernt und sich eine leidenschaftliche Liaison anbahnt, fangen die Probleme erst an. Nach und nach bekommen es die italienischen Vertreter mit harter Konkurrenz auf St. Pauli zu tun, sodass es zu Revierkämpfen kommt. I magliari schildert eine von vielen tragischen Geschichten rund um Heim- und Fernweh, berichtet gestochen scharf über die Gleichgültigkeit des Nebeneinanderherlebens, prangert leise die Mechanismen gesellschaftlicher Spaltungen an und beweist in allem, dass es sich um einen stilistisch und inszenatorisch sehr wertvollen Gesellschaftsbeitrag handelt, der leider etwas in Vergessenheit geraten ist.» (Prisma, italo-cinema.de)

SALVATORE

GIULIANO

Di 18.2. 18:15 Sa 1.3. 20:45

Mi 12.3. 15:00

Italien 1962, sw, 35 mm, I/e/d*, 123

REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Suso Cecchi D’Amico, Franco Solinas, Enzo Provenzale KAMERA Gianni Di Venanzo MUSIK Piero Piccioni

SCHNITT Mario Serandrei MIT Frank Wolff, Salvo Randone, Pietro Cammarata, Sennuccio Benelli, Bruno Ukmar, Max Cartier, Cosimo Torino, Giuseppe Teti, Giuseppe Calandra.

In Salvatore Giuliano rekonstruiert Rosi durch eine Reihe von Rückblenden das ebenso kurze wie bewegte Leben des gleichnamigen Banditen, der während des Zweiten Weltkrieges und bis Ende der 40er-Jahre auf Sizilien Aufsehen erregte. Eine komplexe, spannende Figur, denn trotz seiner offensichtlich kriminellen Machenschaften, darunter zahllose Morde, galt er zeitweise als Freiheits­ und Unabhängigkeitskämpfer, als Volksheld gar, dann wieder als Handlanger der Mafia oder bloss als ruchloser Bandenchef. Nicht überraschend sieht Rosis mit neorealistischen Anklängen gedrehte Biografie Giuliano aber vor allem als Spielball der dunklen Mächte und Machenschaften im Hintergrund. (tb)

«In Salvatore Giuliano zeigte ich auf der Leinwand zum ersten Mal die Mafia als politische Macht. (…) Es war nicht meine Absicht, einen Film über die komplexe Psyche eines jungen Banditen zu drehen. Vielmehr wollte ich von dem Italien zur Zeit der Ankunft der Alliierten zwischen 1943 und 1945 erzählen. Auf der einen Seite gab es die Separatisten, die ein unabhängiges Sizilien herbeisehnten, und auf der anderen Seite stand dieser junge Bandit, der von der Staatsmacht manipuliert wurde. Diese Macht liess ihn glauben, er sei ein Patriot und kämpfe für die Freiheit Siziliens. Er war kein Patriot, sondern ein Verbrecher, der eine ganze Menge Menschen umgebracht hat.» (Francesco Rosi, Arte-Programmarchiv, 2002)

LE MANI SULLA CITTÀ

So 16.2. 20:45 Do 6.3. 21:00 Sa 15.3. 18:30

Italien/Frankreich 1963, sw, DCP, I/d, 105

REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Enzo Forzella, Raffaele La Capria, Enzo Provenzale, nach der Idee von Francesco Rosi, Raffaele La Capria

KAMERA Gianni Di Venanzo MUSIK Piero Piccioni

SCHNITT Mario Serandrei MIT Rod Steiger, Salvo Randone, Guido Alberti, Carlo Fermariello, Angelo D’Alessandro, Terenzio Cordova, Vincenzo Metafora, Dante Di Pinto, Marcello Cannavale, Dany Paris.

«Le mani sulla città prangert die Verflechtung der Politik mit der Baumafia in Rosis Heimatstadt Neapel an und gewann 1963 den Goldenen Löwen in Venedig. Im Zentrum des Films steht der Bauunternehmer, Bodenspekulant und Parlamentarier Nottola (Rod Steiger), der sich zum stellvertretenden Bürgermeister wählen lassen will, obschon er nach dem Einsturz einer Mietskaserne gerade einen Skandal am Hals hat und von der Linken erbittert bekämpft wird. Konträr zu gängigen psychologischen Dramen klammert Rosi Nottolas Persönlichkeit und Privatgeschichte weitgehend aus, um sich ganz auf das Gemauschel, die theatralischen Debatten und die Aufteilung von Pfründen zwischen Parteiführern, Parlamentariern und Wirtschaftsbossen zu konzentrieren, die teils von realen Politikern gespielt werden – die rein männliche Form ist hier absolut angebracht. Als die grossen Verlierer:innen des Polit­ und Wirtschaftspokers zeigt Rosi die einfachen Leute, die von den Mächtigen manipuliert, evakuiert und in jene namenlosen neuen Blöcke verfrachtet werden, die sich schon in der Eröffnungssequenz endlos über die Hügel Neapels erstrecken. Überhaupt besticht die Kamera des früh verstorbenen Gianni Di Venanzo, der auch Antonionis L’eclisse und Fellinis Otto e mezzo mit Kabinettstücken spickte: unvergesslich der Einsturz des Hauses und der Aufruhr in den Gassen Neapels, beissend sarkastisch der Moment, in dem die Parlamentarier der Rechten alle demonstrativ ihre sauberen Hände hochstrecken. Le mani sulla città zeigt, wie Italien wurde, was es ist: eine grosse Oper am Rande des Abgrunds.»

(Andreas Furler, cinefile.ch, Nov 2024)

IL MOMENTO DELLA VERITÀ

Mi 12.3. 20:45 Mo 24.3. 18:15 Italien/Spanien 1965, Farbe, 35 mm, I/e, 110 ' REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Pedro Portobella, Ricardo Muñoz Suay, Pedro Beltrán KAMERA Gianni Di Venanzo, Pasqualino de Santis MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Mario Serandrei MIT Miguel Mateo Miguelin, José Gómez Sevillano, Linda Christian, Pedro Basauri Pedrucho.

«Francesco Rosis Drama erzählt vom spanischen Bauernburschen Miguel, der sich für Ruhm und Reichtum in Lebensgefahr begibt. Für einen Jungen wie ihn gibt es nur einen Weg aus der Armut Südandalusiens: Er führt ihn in die Stierkampfarena, wo Miguel bald zu einem der gefeiertsten Toreros avanciert. Doch seine hochfliegenden Träume zerschellen, als er begreift, dass er selbst ein Opfer der Manege zu werden droht.» (cinema.de, Apr 2015)

«Beeindruckt von Spanien durch die Lektüre von Hemingways ‹Death in the Afternoon›, entschied sich Rosi für eine halb dokumentarische, halb fiktionale filmische Reise zum Kern des Geheimnisses der Liebe und des Todes, das dem Stierkampf zugrunde liegt. Der Film ist umrahmt von einem Prolog und einem Epilog, die anthropologisch die Riten der Karwoche aufnehmen. Und Rosis Film kommt fast ohne wirkliche Handlung aus, reiht Aufnahmen authentischer Stierkämpfe und Stationen des Kreuzwegs des Stierkämpfers Miguelin aneinander. Vor allem dank seines ergreifenden Realismus vibriert der Film durch visuelle Kraft und eine emotionale Spannung, die in anderen Spielfilmen zu diesem Sujet nie erreicht wurde.» (longtake.it)

LA SFIDA
LE MANI SULLA CITTÀ

UOMINI CONTRO

Mi 5.3. 18:30 Fr 14.3. 15:00

Italien/Jugoslawien 1970, Farbe, DCP, I/e, 101

REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Tonino Guerra, Raffaele La Capria, Francesco Rosi, nach einem Roman von Emilio Lussu KAMERA Pasqualino de Santis

MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero Mastroianni

MIT Mark Frechette, Alain Cuny, Gian Maria Volonté, Franco Graziosi, Giampiero Albertini, Pier Paolo Capponi, Mario Feliciani, Alberto Mastino.

«Ein General befiehlt unter Absolutsetzung des Kriegsrechts seiner Truppe den sinnlosen Angriff auf einen vom Gegner gehaltenen Berg, sodass sie entweder fallen oder als Deserteure erschossen werden. Keine spektakuläre Schlachtenmalerei, vielmehr – anhand einer authentischen Episode aus dem Ersten Weltkrieg – eine scharfe und parteiliche Analyse der Militärhierarchie als Spiegel gesellschaftlicher Machtverhältnisse, verbunden mit der Aufforderung zur Solidarität der Soldaten gegen die Unmenschlichkeit der Führer.» (Lexikon des int. Films)

« Uomini contro war einer der Referenzfilme des antimilitaristischen Protestes und der Kriegsdienstverweigerer. Eine Neuinterpretation des Ersten Weltkriegs ohne den Filter patriotischer Propaganda, die von der Grausamkeit und Sinnlosigkeit eines Krieges erzählt, der von unvorbereiteten und realitätsfernen Offizieren geführt wird, auf Kosten der armen Leute, vor allem Bauern und Arbeitern. Das ist Uomini contro von Francesco Rosi, ein Film aus dem Jahr 1970 mit dem grossen Performer Gian Maria Volonté. Für seine starke Anklage wurde er hart angegriffen, Rosi wegen Verunglimpfung der Armee angeklagt (er wurde in der Untersuchung freigesprochen) und der Film wurde boykottiert. Nicht zuletzt aus diesem Grund schrieb das Werk Geschichte.» (CFC, La stampa, 3.12.2014)

IL CASO MATTEI

Fr 28.2. 18:15 Fr 14.3. 20:45

Italien 1972, Farbe, 35 mm, I/e, 116 ' REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Tonino Guerra, Nerio Minuzzi, Tito Di Stefano KAMERA Pasqualino De Santis MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero Mastroianni MIT Gian Maria Volontè, Luigi Squarzina, Edda Ferronao, Renato Romano, Franco Graziosi, Gianfranco Ombuen, Peter Baldwin, Elio Jotta, Luciano Colitti, Francesco Rosi.

«Der Film erzählt die Geschichte Enrico Matteis, des neun Jahre zuvor ermordeten Chefs des staatlichen italienischen Erdölkonzerns ENI. Für die Polizei blieb der Fall ungeklärt. Rosi will die Zuschauer nicht mit einer letztgültigen These überraschen – doch er rekonstruiert in dem Film die vielen Indizien, die es hoch wahrscheinlich erscheinen lassen, dass Mattei einer Verschwörung der grossen Erdölkonzerne aus den USA und Grossbritannien, der italienischen Geheimdienste und der Mafia zum Opfer fiel.» (TAZ)

«Gigantisch, wie Volonté mit seiner gewohnt differenzierten Mimik einer Figur von grosser Tragweite und unternehmerischer Skrupellosigkeit Leben einhaucht (...): unvergesslich deren Diskussionen mit Politikern, Ölgesellschaften und Journalisten, die den Typus eines aufgeklärten und fortschrittlichen Industriellen veranschaulichen, mit einer starken Auffassung von Staatswirtschaft, aber auch einer ungewöhnlichen Sensibilität für Drittweltländer. Und genau diese Absicht, die Macht (die etablierte Ordnung, die mächtigen Player, wie wir heute sagen würden) zu unterwandern, wird ihm in einer Intrige zum Verhängnis. Denn politische und wirtschaftliche Interessen ausländischer Kräfte führten unter Mithilfe ihrer Geheimdienste zur Ermordung von Mattei durch die Sabotage seines Flugzeugs. Wie bei gutem Cinéma vérité ist der Stil trocken und streng. Il caso Mattei gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten investigativen Filme des italienischen Kinos sowie als einer der persönlichsten von Rosi.» (Davide Camotti, cinefiliaritrovata.it, Apr 2021)

LUCKY LUCIANO

Fr 21.2. 15:00 Fr 28.3. 20:45

Italien/Frankreich 1973, Farbe, 35 mm, I/e, 105 REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Lino Jannuzzi, Tonino Guerra, nach einer Geschichte von Francesco Rosi KAMERA Pasqualino De Santis MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero Mastroianni MIT Gian Maria Volonté, Rod Steiger, Edmond O'Brien, Charles Siragusa, Magda Konopka, Vincent Gardenia, Larry Gates, Charles Cioffi.

« Lucky Luciano ist das Porträt des Schurken Luciano, den die Amerikaner ausgewiesen hatten und der von Neapel aus den internationalen Rauschgifthandel dirigierte. Man sieht ihn mit ‹guten Freunden› tafeln, spazieren gehen, mit grossem Gefolge sein Heimatdorf besuchen, sieht ihn beim Friseur, auf dem Rennplatz, bei einer Pressekonferenz, mit Freundinnen, im gediegenen Luxus seiner Wohnung: die perfekte Fassade eines untadeligen Bürgers. Und nur die sieht man. Alle notwendigen Informationen, Zusammenhänge, Hintergründe erfährt man aus dem Kommentar oder aus Dialogen anderer Figuren. Den lautlosen, unauffälligen Mechanismus der Mafia wollte Rosi veranschaulichen, ihre Querverbindungen zu Politik, Justiz, Verwaltung, Industrie.» (Wolf Donner, Die Zeit, 12.4.1974)

«In Lucky Luciano erreicht Rosi eine Art Askese in der Strenge seiner Analyse: Er lässt keinen Raum für Anteilnahme und Empathie und zwingt den Zuschauer ständig, die Bedeutung dessen, was ihm gezeigt wird, zu hinterfragen. Er führt seinen Diskurs auf eine Art und Weise, dass es kein Entkommen aus dem schonungslos entblössten Räderwerk der Macht geben kann.» (Jean-A. Gili, Francesco Rosi: cinéma et pouvoir, 1977)

CADAVERI ECCELLENTI

Sa 22.2. 18:15 So 2.3. 15:00 Mo 10.3. 20:45

Italien/Frankreich 1976, Farbe, DCP / 35 mm, I/e, 120 REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Tonino Guerra, Lino Jannuzzi, nach einem Roman von Leonardo Sciascia KAMERA Pasqualino De Santis MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero Mastroianni MIT Lino Ventura, Alain Cuny, Charles Vanel, Max von Sydow, Fernando Rey, Renato Salvatori, Tino Carraro, Paolo Bonacelli, Marcel Bozzuffi, Maria Carta, Tina Aumont, Luigi Pistilli.

«Politthriller waren in den 1970er-Jahren in Italien in Mode gekommen – und zu einer neuen Genreform geronnen. Eines ihrer Meisterstücke: Die Macht und ihr Preis . Was als brillant inszenierter Kriminalfilm in elliptischem Stil beginnt, wird gleitend zur Beschreibung eines Klimas totaler Unsicherheit. Die Recherchen des Inspektors Amerigo Rogas führen von einer Reihe von Mordfällen ins Labyrinth politischer Machenschaften, ins Chaos korrumpierter Macht. Die Erforschung der Nacht hellt das Dunkel nicht auf. Aber Francesco Rosi gelingt ein Trapezakt. Sein Film ist in gleichem Mass albtraumhaftes Gleichnis und Analyse, barocker Irrgarten der Bilder und methodischer Diskurs: Versöhnung von Kritik und Fantasie, Aufklärung und Kinovergnügen. Francesco Rosi: ‹Dieser Film ist eine lange Reise zu den Monstern und Monstrositäten der Macht. Er ist eine visuelle Erinnerung an alle Verirrungen, an alle Verkommenheit der Macht, denen ich in meinem Leben begegnet bin.›» (Harry Tomicek, Filmmuseum Wien, Jan 2014)

CRISTO SI È FERMATO A EBOLI

So 23.2. 14:30 Sa 8.3. 20:15

So 30.3. 15:00

Italien 1978, Farbe, 35 mm, I/d, 153 ' REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Raffaele La Capria, Francesco Rosi, Tonino Guerra, nach einem Roman von Carlo Levi KAMERA Pasqualino De Santis MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero Mastroianni MIT Gian Maria Volonté, Paolo Bonacelli, Alain Cuny, Lea Massari, Irene Papas, François Simon, Luigi Infantino, Francesco Callari, Antonio Alloco.

«Carlo Levi, Arzt und Schriftsteller aus Turin, wird 1935 vom Mussolini-Regime in ein süditalienisches Bergnest verbannt, wo er eine von Zeit und Geschichte gleichsam vergessene Welt entdeckt. Den Roman, in dem er 1945 seine Erfahrungen niederschrieb, hat Francesco Rosi in einer sorgfältigen und bildstarken Adaption umgesetzt, die die Begegnung zweier Kulturen und ein sich differenzierendes Verständnis für die Eigenart des italienischen Südens widerspiegelt; eine ästhetisch faszinierende Verbeugung vor einer Landschaft, getragen von einem grossartig agierenden Hauptdarsteller.» (filmdienst.de) «Die Kultur des Südens – besonders zur Zeit des Faschismus! – ist geprägt durch Armut, Unterentwicklung, Rückständigkeit und Unterdrückung. Im Mittelpunkt des Films stehen jedoch nicht die Kritik und die Anprangerung solcher Missstände (…). Vielmehr gewinnt diese Kultur des Südens für Rosi noch eine andere Bedeutung, nämlich die eines bisher unverstandenen Universums. (…) Diese Kultur des Irrationalen, des Nichtrationalen, übt eine grosse Anziehung aus, der nicht nur Levi, sondern ganz offensichtlich auch Rosi selbst untersteht. Die faszinierte, liebende Zuneigung zu dieser Kultur des Irrationalen, zu dieser dem modernen Bewusstsein so fernstehenden archaischen Kultur des Südens, ist – sprechen wir es aus! – auch eine Art nostalgische Zuneigung.» (Thomas Burla, Cinema #28/2, 1982)

LUCKY LUCIANO
CADAVERI ECCELLENTI

TRE FRATELLI

TRE FRATELLI

Mo 3.3. 20:30 Sa 29.3. 18:00

Italien/Frankreich 1980, Farbe, 35 mm, I/e, 113 REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Tonino Guerra, Francesco Rosi, angelehnt an die Erzählung «Tretij syn» (Der dritte Bruder) von Andrej Platonow KAMERA Pasqualino De Santis MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero Mastroianni MIT Philippe Noiret, Charles Vanel, Michele Placido, Andréa Ferréol, Vittorio Mezzogiorno, Maddalena Crippa, Marta Zoffoli.

«Drei Brüder, in verschiedenen Berufen tätig und in verschiedenen Regionen Italiens lebend, werden vom Vater zur Beerdigung ihrer Mutter herbeigerufen und kehren zurück in ihr Heimatdorf im Süden des Landes. In den Gesprächen, die sie hier führen, aber auch in den Erinnerungen, Träumen und Albträumen, von denen jeder von ihnen heimgesucht wird, tritt das Leben ins Blickfeld, aus dem sie gekommen sind, das Leben im krisengeschüttelten Italien von heute. Die Rückkehr der drei Brüder in den Süden, auf den Bauernhof ihres Vaters, gewinnt dabei die Bedeutung einer Heimkehr in eine archaische bäuerliche Kultur, mit ihren existenziellen Werten und Gewissheiten, welche Rosi der Orientierungskrise der Gegenwart scheint entgegenstellen zu wollen. Die gefasste Ruhe des Vaters, seine Vertrautheit und sein stummer Einklang mit den unabänderlichen Gegebenheiten und Rhythmen des Lebens und der Natur bilden einen starken Gegensatz zu den Zweifeln und Ängsten, den Orientierungsschwierigkeiten und den unsicheren Hoffnungen und Überzeugungen seiner drei Söhne.» (Paul Huber, Cinema #28/2, 1982)

«Ein ständiger Kampf um das Leben, gegen den Tod und vor allem für die Bewahrung des zerbrechlichen Begriffs der Demokratie, ohne den Freiheit illusorisch bleibt. Zweifellos ein politischer Film, doch einer von grosser Aktualität, der seine Zeit kommentiert, und zugleich eine treffende Reflexion über die Widersprüche einer Gesellschaft in Gefahr; ein Höhepunkt im Werk von Francesco Rosi (...). Aus dieser Geschichte lässt sich keine Moral ableiten ausser einem Schrei der Hoffnung, einer schönen Lektion über die Liebe und einer konkreten Warnung: Wir müssen alles tun, um unsere wertvollsten Güter, die Freiheit, die Demokratie und das Streben nach Glück, zu bewahren. Und gleichzeitig ist es grosses Kino.» (Samuel Lachize, L’Humanité, 1982)

CRONACA DI UNA MORTE ANNUNCIATA

Mo 24.2. 20:45 Sa 1.3. 15:00 Italien/Frankreich/Schweiz 1987, Farbe, 35 mm, I/e, 107 REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Tonino Guerra, nach dem gleichnamigen Roman von Gabriel García Márquez KAMERA Pasqualino De Santis

MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero Mastroianni MIT Rupert Everett, Ornella Muti, Gian Maria Volonté, Irene Papas, Lucia Bosé, Anthony Delon, Carolina Rosi, Caroline Lang, Alain Cuny, Carlos und Rogerio Miranda.

«In der Literaturverfilmung Cronaca di una morte annunciata schildert ein Erzähler eine Geschichte, wie sie sich in den 50er-Jahren in einem kolumbianischen Kaff nahe der Karibikküste zugetragen hat. Dieses entlegene Dorf betritt Bayardo San Román auf Freiersfüssen. Da sein Vater reich ist, glaubt er, dass alles käuflich sei – selbst für die Liebe ist ihm kein Preis zu hoch. Schnell hat der merkwürdige Fremde in der scheuen Ángela Vicario seine Zukünftige gefunden. ‹Wenn ich aufwache›, bittet er lakonisch seine Zimmerwirtin, ‹erinnern Sie mich daran, dass ich sie heirate.› Als Bayardo in der Hochzeitsnacht erkennt, dass Ángela, sein Engel, nicht mehr Jungfrau ist, gibt er sie der Familie Vicario zurück wie ein fehlerhaftes Stück. Santiago Nasar, so gibt Ángela unter den Drohungen ihrer Brüder zu, sei der Übeltäter ihrer Schande. Daraufhin kündigen die Brüder dem schönen Verführer den Tod an. (…) Rosi will ‹vom Leben, der Liebe und dem Tod› erzählen, doch seine ‹Chronik› enthüllt mehr: Wie Márquez’ Roman handelt auch sein Film von Machismo, Matriarchat und von Ehrenhändeln und Blutrache, die aus solchen Konstellationen wachsen. Wie Márquez’ Buch ist auch Rosis Film eine Parabel auf die Gewalt, auf die Duldung von Gewalt und auf ‹kollektive Verantwortung, kollektive Schuld› (Rosi). Cronaca di una morte annunciata ist auch eine Reminiszenz an die eigene Vergänglichkeit. Mehr noch als Márquez’ Roman handelt Rosis Film von der verrinnenden Zeit und vom Schmerz, den Erinnerungen hervorrufen.» (Michael Fischer, Der Spiegel, 24/1987)

DIARIO NAPOLETANO

Di 11.3. 18:15

So 16.3. 20:15

Italien 1992, Farbe, 35 mm, I/e, 125

REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Raffaele La Capria, Francesco Rosi, Nino Vingelli KAMERA Pasqualino

De Santis MUSIK Piero Piccioni SCHNITT Ruggero

Mastroianni MIT Francesco Rosi, Simona Caramelli, Pietro Bontempo, Pasquale Mari, Antonio Mellino, Felice Alfarano, Carmen Scivittaro.

«Dokumentarfilm über die Stadt Neapel: Rosi beobachtet die Veränderungen und Zerstörungen in seiner Heimatstadt, während er zugleich einen Vortrag an der Fakultät für Architektur über seinen 30 Jahre alten Spielfilm Le mani sulla città hält. Rosi sieht Neapel entstellt von Spekulation, Korruption und Drogenkriminalität; dennoch sucht er beharrlich nach Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.» (filmdienst.de)

«Fast dreissig Jahre nach Le mani sulla città kehrte Francesco Rosi in seine Stadt zurück, die heute in extremen politischen Wirren darbt, um ein zeitgenössisches Porträt der Stadt zu zeichnen. ‹Ich liebe Neapel so sehr, dass ich es hasse, weil es nicht so ist, wie ich es gerne hätte›, sagt der Regisseur. ‹Wird es mir gelingen, den Menschen klarzumachen, dass der Staat, wenn er in Neapel aufgibt, auch überall sonst aufgibt?› (…) Diario napoletano unterscheidet sich von seinen anderen ‹denunziatorischen› Werken, die er fürs Kino oder fürs Fernsehen drehte, dadurch, dass sich Bilder aus der Gegenwart Neapels mit Ausschnitten aus seinen früheren Filmen abwechseln – Filme, die eher visionär als prophetisch, eher aufklärend als voraussehend waren (...). Diario napoletano ist vor allem deshalb anders, weil Rosi weder einseitig noch schablonenhaft argumentiert; er prangert leidenschaftlich den zivilen und sozialen Verfall der Stadt an, erinnert aber zugleich an ihre Geschichte, die schon oft von so dunklen Perioden wie der heutigen durchzogen war; er veranschaulicht ihre überragende Kultur, zeigt ihre bewegende Schönheit.»

(Lietta Tornabuoni, La stampa, Dez 1992)

LA TREGUA

So 9.3. 20:45 So 30.3. 20:45

Italien/Frankreich/Schweiz 1997, Farbe, 35 mm, I/d, 130 REGIE Francesco Rosi DREHBUCH Francesco Rosi, Tonino Guerra, Sandro Petraglia, Stefano Rulli, nach der gleichnamigen autobiografischen Erzählung von Primo Levi KAMERA Pasqualino De Santis, Marco Pontecorvo MUSIK Luis Bacalov SCHNITT Ruggero Mastroianni, Bruno Sarandrea MIT John Turturro, Massimo Ghini, Stefano Dionisi, Agnieszka Wagner, Lorenza Indovina, Claudio Bisio, Roberto Citran, Andy Luotto, Teco Celio, Rade Serbedzija.

«Der Film folgt dem Leben des italienischen Autors Primo Levi nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Auschwitz. 1962 verfasst er das Buch ‹La tregua›, in dem er seine neunmonatige Rückreise von Auschwitz nach Turin beschreibt. Ebenso wie die Vorlage beginnt der Film am Anfang von Levis Heimreise: Berittene russische Soldaten reissen das Tor von Auschwitz ein; Levi verlässt das Lager mit einem der ersten Konvois. Unterwegs trifft er auf Mitreisende, durch die er den Lebenswillen wiederfindet, aber auch Wut und ein Schuldgefühl, überlebt zu haben.» (filmportal.de)

«Das Tempo, das Rosi anschlägt, ist das eines langsamen Aufwachens: Verhalten, ein wenig traumatisiert, aber nie ins Elegische überhöht, lässt er Episoden ineinandergreifen, wobei er doch nie länger als nötig an einer Station verharrt. Rosi übt eine ungewöhnliche Diskretion in der Nachzeichnung des Heilungsprozesses, sofern sie die religiöse Befindlichkeit berührt – vielleicht klingt darin auch das Wissen um das spätere Leben Levis mit, den der in seiner Berufung um die Vermittlung des Holocaust gefundene Lebensmut wieder verlassen sollte und der sich 1987 das Leben nahm. Wenn Rosi etwa das Wiedererwachen von Humor zeigt – in jener komischen Pantomime, mit der sich Primo scheinbar in ein Huhn verwandelt, um einem russischen Bauern den Hunger der Gefährten zu vermitteln –, ufert das nicht ins Anekdotische aus. Und der spätere Augenblick der wiedergewonnenen Fähigkeit zu weinen will die Anteilnahme des Zuschauers dennoch nicht erzwingen.» (Daniel Kothenschulte, Film-Dienst, 7/1999)

CITIZEN ROSI

Di 25.2. 18:30

Italien 2019, Farbe + sw, DCP, I/e, 130 ' REGIE Carolina Rosi, Didi Gnocchi KAMERA Marco Alfieri, Lorenzo Giromini MUSIK Valerio Pellegri SCHNITT Valentina Ghilotti.

FIGLIA E FILMMAKER: CAROLINA ROSI ZU GAST

Di 25.2. 18:30

Gespräch in Italienisch mit deutscher Übersetzung, ca. 60'

Francesco Rosis Tochter ist nicht nur Koregisseurin von Citizen

Rosi , sie hat sich auch als Schauspielerin auf der Bühne und vor der Kamera einen Namen gemacht – ausser für den Vater hat sie unter anderem auch mit Pasquale Squitieri, Jacques Deray oder Lina Wertmüller gearbeitet. Das Gespräch über den Vater und sein Werk, das als demokratisches Engagement verstanden werden muss, findet im Anschluss an die Vorführung von Citizen Rosi statt und wird von Till Brockmann geführt.

«Der italienische Regisseur Francesco Rosi erfand einen Erzählstil, den es bis dahin so noch nicht im Kino gegeben hatte: Seine Filme sind das Ergebnis umfangreicher Recherchen und Befragungen in Italien. Citizen Rosi begibt sich auf Spurensuche und durchläuft das Werk Rosis nicht in der Reihenfolge, in der seine Filme entstanden sind, sondern er folgt der Chronologie der historischen Fakten, die sie behandeln. Die Dokumentation wird so auch zum Porträt eines halben Jahrhunderts italienischer Geschichte. (…) Rosi und seine Tochter Carolina begleiten uns auf dieser Reise auch mit Ausschnitten aus früheren Interviews, die seinem Kino zusätzlichen Sinn und Intensität ver­

leihen: Unter den zahllosen Gesprächspartnern waren Richter, Journalisten, Regisseure und Freunde.» (labiennale.org, 2019)

«Dies ist nicht das typische Künstlerporträt, in dem Interviewte einen Regisseur mit Lobeshymnen überhäufen. (…) Wir sehen Carolina und Francesco, wie sie sich gemeinsam seine Werke ansehen, Ausschnitte heraussuchen, darüber diskutieren, wer welche Filme kommentieren soll, sich streiten, lachen und manchmal auch einer Meinung sind. Eine Kamera ist neben der Couch platziert und fängt dieses lebhafte Szenario, die Quality Time zwischen Vater und Tochter ein – herzlich und berührend. ( ) Und wenn man sich das aussergewöhnliche Kino von Rosis Generation anschaut, wird man auch immer wieder daran erinnert, dass diese Filme immer auch ein erhebliches Gefühl der Ambiguität erzeugen – eine Qualität, die man bei den aktuellen, eher schwarz­weiss argumentierenden Produktionen nicht so leicht findet.»

(Cineuropa, Jan Lumholdt, Sep 2019)

AUGE IN AUGE MIT DEM JURA

EINE LANDSCHAFT ENTFALTEN

Weniger ikonisch als die Alpen und genau deshalb interessant fürs Kino: das Jura­Gebirge zieht Filmschaffende aus aller Welt magisch an, wenn sie nach einer urtümlichen Landschaft suchen. Die Solothurner Filmtage feiern ihr 60-jähriges Bestehen mit einer umfangreichen Retrospektive über die Jura-Landschaft. Wir präsentieren eine Auswahl dieses Programms und zeigen 13 Werke aus sieben Jahrzehnten, in denen der sanfte Hügelzug und wilde Westen der Schweiz als Protagonist auftritt – in den verschiedensten Rollen.

Essay von Emilien Gür und David Wegmüller

Von Baselland über die Neuenburger Täler bis weit nach Frankreich erstreckt sich der Jurabogen. Klusen, Tannenwälder, unterirdische Seen und sibirische Winter prägen diesen Landstrich. Mouthe und La Brévine sind die kältesten Orte Frankreichs respektive der Schweiz. Und quer durch das französischschweizerische Grenzgebiet schlängelt sich der Doubs, ein Fluss, der 453 Kilometer lang ist, dessen Quelle und Mündung aber nur 90 Kilometer auseinanderliegen. Hier hinterliess der Ski­ und Klippenspringer Armand Girard, der aus Le Locle stammte, ein frühes Zeugnis an jurassischen Sommer­ und Winterbildern auf 35-mm-Film in Plongeons (1936). Es sind Aufnahmen eines Felsen, der steil in den Lac des Brenets abfällt. Der Mensch, in diesem Fall Girard, wird herausgefordert von der aufgefalteten Gesteinsformation. Überlebt er den Sprung aus über 40 Metern ins Wasser, ist ihm der neue Weltrekord sicher. Aber er könnte auch scheitern.

Ein junger Schauspieler

Die Retrospektive zeigt verschiedene Rollen, die der Jura auf der Leinwand spielt: Westernkulisse, Tatort, Sehnsuchtsort. Doch was ist er für ein Charakter, wie wird er gecastet?

Aus geologischer Sicht ist der Jura ein junger Schauspieler – er ist erst 200 Millionen Jahre alt. Geformt wurde er, weil sich ein Meer zurückzog und sich der salzige Untergrund von zwei Seiten her zusammenschob. Das französische Erziehungsdepartement liess 1946 einen kurzen Lehrfilm über seine Biografie herstellen – Le Jura – Vignoble, plateaux,

Film Passe montagne (1978), wo er vom Jura wundersam empfangen, vielleicht sogar gerettet wird. Regie führte der französische Schauspieler Jean­François Stévenin, der in der Gegend lebte und in dessen Augen der Jura eine Westernkulisse war. Ein stimmiges Bild, wenn man bedenkt, wie oft Pferde, einsame Helden oder mächtige Frauen dieses filmische Terrain bevölkern. Insbesondere die Freiberge zeigen Merkmale einer Prärie: kaum Erhebungen und viel Weideland, sogar Büffel grasen hier. Wer in diese Landschaft blickt, verspürt «Erleichterung» – vom harten Leben oder von einem wilden Herzen – wie Rose-Hélène im ersten Langfilm L’allégement ( 1983) von Marcel Schüpbach. Der wahre Western des Programms ist allerdings La foire aux crinières (1969) vom Neuenburger André Paratte. 2016 verstorben, hinterliess der Regisseur eine Fülle von Auftragsfilmen, die er für die Uhrenbranche realisiert hatte. Seine heimliche Leidenschaft galt dem Natur­ und Tierfilm. Die Bilder des Pferdemarkts in Saignelégier sind eine Synthese von beiden – und eine kurze Fabel über Natur und Kultur.

plis . Hier erfahren wir, dass die für den Jura typischen Falten – ähnlich wie beim Menschen – Ausdruck einer spezifischen Lebensgeschichte sind. Diese ist auch im Fall des Juras nicht ohne Brüche verlaufen. Davon zeugt etwa der Creux du Van, ein Krater von vier Kilometern Umfang und der vielleicht bekannteste Drehort der Region. Von einer gebrochenen Landschaft kann man beim Jura aber nicht sprechen. Viel eher verkörpert er eine offene, mitspielende Landschaft.

Tatort Jura

So geschmeidig der Hügelzug, so leidenschaftlich sind die Verbrechen, die sich darin abspielen. Mit Vergnügen empfängt der Jura Geschichten über Schmuggel und andere Formen von Kriminalität. Seine Landschaften haben das Potenzial für Stoffe im Stil von Fargo (1996) oder Twin Peaks (1990 – 2017). Sie sind weitläufig, dünn besiedelt und schneesicher – mitunter ein pragmatisches Argument für die Wahl dieses Drehorts. Zwei Filme im Programm inszenieren den Jura als Tatort. Einerseits Les granges brûlées (1973) von Jean Chapot, ein Krimi auf dem Land mit Simone Signoret, Alain Delon und den einfachen Zutaten Leiche, schlaue Bäuerin, Kommissar. Und andererseits L’intrus (2004, Regie: Claire Denis; Kamera: Agnès Godard), ein visuell kühnes Werk, das von Organhandel und einer global agierenden Mafia erzählt. Hier teilt sich der Jura die Hauptrolle mit der Südsee, wobei die beiden Landschaften als «transplantierte Territorien» funktionieren. «Denis’ Film ist eine Überlagerung von inneren und äusseren, gelebten und geträumten sowie winterlichen und tropischen Gebieten, die eigentlich unterscheidbar sein sollten, stattdessen aber bedrohlich miteinander verwoben sind», schrieb die amerikanische Filmwissenschaftlerin Yasmina Price. Ist in diesem Film die Landschaft der Täter?

Wilder Westen

Wer ins jurassische Plateau hineinfährt, kann sich glücklich schätzen, eine Autopanne zu haben. Ein Pariser Architekt erlebt dies im

Natur und Industrie «Nur in der Schweiz gibt es diese Mischung aus wilder Natur und Geschäftstreiben», schrieb Jean-Jacques Rousseau in sein Heft des einsamen Spaziergängers («Les rêveries du promeneur solitaire»). Auf dem Chasseron im Waadtländer Jura sinniert er über die guten Geschäfte, die selbst in ländlichen Regionen gemacht würden. Doch mit welchen Folgen für die Umwelt? In der Tradition seiner Gedanken lesen sich zwei mittellange Dokumentarfilme, die erstaunlich kritisch mit dem Wirtschaftswunder im Jura umgehen: Le chatelôt (1953) von Marie-Anne ColsonMalleville über den Bau des gleichnamigen Staudamms am Doubs und Les hommes de la montre (1964) von Henry Brandt über die letzten «Paysans-Horlogers», die Heimarbeiter der Uhrmanufakturen im Val de Travers. Im Lebenslauf eines Gebirges muss man die Bedeutung eines Wasserkraftwerks und die Entstehung von Fabriken vielleicht relativieren. Aufstieg und Fall der Präzisionsindustrie haben die Gesichtszüge des Juras trotzdem verändert und in seinem Wesen Melancholie hinterlassen. Greg Zglinskis Tout un hiver sans feu (Schweizer Filmpreis 2004) kombiniert Jahrzehnte später die «klassischen» Winterszenerien der Vallée de la Brévine mit den urbanisierten Landschaften der Gegend, z. B. der Stadt La Chaux-de-Fonds. Am Drehort Choindez, einer Schlucht bei Moutier, fühlt man sich an Rousseaus Vision erinnert. Die ehemalige Stahlgiesserei der Von Roll AG wird zum Schauplatz einer menschlichen Renaissance, während die Fabrik selbst als Relikt einer postindustriellen Landschaft zurückbleibt.

Resonanzraum

Wann wird eine Landschaft zur aktiven Protagonistin, wann bleibt sie Kulisse? Eine Antwort gibt der jüngste Film im Programm, der eigentlich von den Menschen handelt –L’harmonie (2013) von Blaise Harrison. Nahe der Grenzstadt Pontarlier suchen die Mitglieder eines Orchesters nach der Quelle ihrer Musikalität. Im Gegensatz zum oben erwähnten Klippenspringer Girard, der seinen gestählten Körper vom Sprungbrett warf, versuchen sie aber nicht, die Landschaft zu beeindrucken. Sie wissen, dass sie es sind, die geprägt wurden, und lassen den Jura sprechen.

Emilien Gür und David Wegmüller sind Teil der Auswahlkommission der Solothurner Filmtage. Die Jura-Retrospektive haben sie gemeinsam kuratiert.

KURZFILMPROGRAMM «JURABILDER –ANDRÉ PARATTE»

Di 4.3. 18:30 Mo 31.3. 18:30

Di 4.3. 18:30 In Anwesenheit von Aude Joseph (Département audiovisuel de la Bibliothèque de la ville de La Chauxde-Fonds) und Emilien Gür (Solothurner Filmtage)

«In La foire aux Crinières wird der Marché­concours national de Saignelégier präsentiert, das Mekka für Pferderennen und den Pferdehandel. Hier feilschen Züchter in der lebhaften Atmosphäre eines Jahrmarkts um Tiere und Geschäfte. Die vom Filmemacher geschaffenen Bilder galoppierender Pferde und unerschrockener Bauernjungen verleihen dem Film einen Hauch von Western.»

« Vivre sa ville zeigt La Chaux-de-Fonds: eine Industriestadt inmitten des Juragebirges. In diesem Werbefilm, der im Auftrag der Firma Portescap gedreht wurde, filmt André Paratte die Hauptstadt der Uhrenindustrie wie eine glänzende Metropole.»

« Le rossignol de Sibérie , ein kurzer Dokumentarfilm, der im Dorf Les Bayards im Val-de-Travers gedreht wurde, fängt feinfühlig die langsame Arbeit des Geigenbaus ein und gibt die besondere Atmosphäre der Region wieder, die gleichzeitig still, karg und voller Wärme ist. Der vom Filmemacher selbst verfasste poetische Kommentar ist ebenso beredt wie die Stummheit der beiden Geigenbauer, die wie zwei Eremiten im Herzen Sibiriens wirken.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

LA FOIRE AUX CRINIÈRES

Schweiz 1969, sw, DCP, F/d, 14

REGIE André Paratte DREHBUCH Paul Jubin

KAMERA André Paratte, Pierre Bichet MUSIK Renée Paratte SCHNITT André Paratte.

VIVRE SA VILLE

Schweiz 1972, Farbe, DCP, ohne Dialog, 22 REGIE, DREHBUCH, KAMERA und SCHNITT André Paratte MUSIK Emile De Ceuninck.

LE ROSSIGNOL DE SIBÉRIE

Schweiz 1964, sw, DCP, F/d, 31 REGIE, DREHBUCH, KAMERA und SCHNITT André Paratte.

LE CHÂTELOT und LES HOMMES DE LA MONTRE

Mo 3.3. 18:30 Fr 28.3. 15:00

LE CHÂTELOT

Frankreich 1953, sw, DCP, F/d, 34

REGIE Marie-Anne Colson-Malleville DREHBUCH

Hubert Noël KAMERA Marcel Villet, Henri Champion

MUSIK Richard Cornu SCHNITT Henri Colpi.

«In der unberührten Landschaft am Doubs wird zwischen 1950 und 1953 ein Staudamm gebaut. Es ist ein schweizerisch­französisches Prestigeprojekt. Der Film beginnt mit idyllischen Bildern des ‹Saut du Doubs› und dokumentiert in der Folge die Bauetappen vom Fällen des ersten Baumes bis zum fertigen Wehr. Gastarbeiter lassen dabei ihr Leben – und auch die Herstellung des Films dürfte nicht ganz risikofrei gewesen sein. Was ist der Preis für unsere elektrifizierte Welt, wie viel Naturzerstörung darf sein? Fragen, die die launige Off­Stimme im Film aufwirft. Fragen, die auch 70 Jahre nach den Dreharbeiten von Le châtelot nachdenklich stimmen.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

LES HOMMES DE LA MONTRE

Schweiz 1964, Farbe, Digital HD, F/d 33 REGIE und DREHBUCH Henry Brandt MUSIK Claude de Coulon.

«‹Was bedeutet es für das Herz und den Geist, den gleichen Bewegungsablauf den ganzen Tag zu wiederholen?› Diese Frage steht im Zentrum dieses erstaunlichen Auftragsfilms. Wir lernen einen Mann namens Albert Bernet kennen, der auf einem abgelegenen Bauernhof im Val de Travers lebt. Mit Leidenschaft übt er zwei Berufe aus: Bauer und Uhrmacher. Damit gehört er 1960 zur aussterbenden Spezies der sogenannten «Paysans-Horlogers» –der Heimarbeiter, die langsam, aber sicher von den Fabrikarbeitern verdrängt werden. Die Produktion des Films wurde von der Uhrenfirma Ebauches S.A. in Auftrag gegeben. Umso wagemutiger erscheint der Regisseur, der ein düsteres Bild von den neuen Arbeitsprozessen in der Präzisionsindustrie zeichnet.»

(60. Solothurner Filmtage 2025)

LES GRANGES BRÛLÉES

Do 20.2. 20:45 Fr 28.2. 15:00

Frankreich/Italien 1973, Farbe, DCP, F/d, 98 REGIE Jean Chapot DREHBUCH Jean Chapot, Sébastien Roulet, nach einer Idee von Franz-André Burguet, Jean Chapot KAMERA Sacha Vierny MUSIK JeanMichel Jarre SCHNITT Hélène Plemiannikov MIT Alain Delon, Simone Signoret, Paul Crauchet, Bernard Le Coq, Christian Barbier, Pierre Rousseau, Miou-Miou, Jean Bouise, Catherine Allégret.

«Kommissar Larcher (Alain Delon) wird wegen eines Mordfalls in den Jura geschickt. Hier, in der Region Doubs, wurde die Leiche einer jungen Frau im Schnee gefunden. Schnell fokussiert er seine Ermittlungen auf einen Bauernhof, der von der mächtigen Bäuerin Rose (Simone Signoret) geführt wird. Unweit von hier wurde das Verbrechen begangen, und mit Paul, dem Sohn von Rose, gibt es auch einen Verdächtigen. Je systematischer Larcher jedoch ermittelt, desto nebulöser wird die Täterschaft. Der Film bringt zwei französische Leinwandstars zusammen und porträtiert den Jura als Gegend, in der nur Hartgesottene überleben. Die anderen fliehen in die Stadt. Neben der schlicht inszenierten Landschaft spielt in diesem Werk, das zwischen Krimi und Drama anzusiedeln ist, auch der futuristische Soundtrack von Jean­Michel Jarre eine Hauptrolle.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

PASSE MONTAGNE

Mo 24.2. 18:15 Mi 5.3. 15:00 Fr 14.3. 18:15

Frankreich 1978, Farbe, F/d, 113 ' REGIE Jean-François Stévenin DREHBUCH JeanFrançois Stévenin, Michel Delahaye KAMERA Lionel Legros, Jean-Yves Escoffier MUSIK Philippe Sarde SCHNITT Yann Dedet MIT Jean-François Stévenin, Jacques Villeret.

«Ein Pariser Architekt (Jean­François Stévenin) hat eine Panne auf der Autobahn. Ein Automobilist (Jacques Villeret) schleppt ihn ab und bringt ihn mitten in den Jura, wo sein Wagen repariert wird. Bald ist ihm sein Auto weniger wichtig als die Suche nach einem magischen Tal. So beginnen zwischen düsteren Wäldern, Wanderwegen und Dorfkneipen, wo der Alkohol in Strömen fliesst, eine geheimnisvolle Suche sowie eine tiefe Freundschaft. Vor der Kamera des aus Lons­le­Saunier stammenden Regisseurs und Schauspielers JeanFrançois Stévenin wird die Landschaft des Haut-Jura zu einer Western-Kulisse, die sich genauso wild und rau zeigt wie die Menschen, die darin leben. Hinter der Rohheit stecken jedoch Waldvögel und menschliche Schätze.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

«Ein erster Versuch, ein Geniestreich. Für sein Spielfilmdebüt erfindet Jean-François Stévenin eine Zauberformel. Auch wenn er seine Bewunderung für die Hysterie von John Cassavetes und die Trockenheit von Monte Hellman beteuert, führt er plötzlich einen neuen Ansatz ein. An jedem Entscheidungspunkt des Filmemachens wirft Stévenin alle etablierten Codes über Bord und bricht spektakulär alle Regeln: Besetzung, Schnitt, Ton usw. Alles ist hier überraschend, als ob es sich um eine permanente Flucht handeln würde.» (Jean-Pierre Rehm, Viennale 2018)

VIVRE SA VILLE
LES GRANGES BRÛLÉES

L’ALLÉGEMENT

Mi 19.2. 18:15 So 16.3. 18:00 Schweiz 1983, sw, DCP, F/d, 75 REGIE Marcel Schüpbach DREHBUCH Marcel Schüpbach, Yves Yersin, nach einer Geschichte von JeanPierre Monnier MIT Anne Caudry, Anne-Marie Blanc, Serge Avédikian, Hanns Zischler.

Mi 19.2. 18:15

Einführung von Emilien Gür und David Wegmüller, 10'

«Rose-Hélène liebt den Trödler Diego. Als der fremde Reiter Valentin auftaucht, ist sie zwischen den beiden hin­ und hergerissen. Erinnerungen werden wach: Rose-Hélènes Grossmutter Flore hatte die gleichen Augen und das gleiche wilde Herz. Doch sie trieb die Leidenschaft auf die Spitze und starb im Wahnsinn. Erfährt Rose-Hélène das gleiche Schicksal? L’allégement (deutsch: die Erleichterung) wurde in den Freibergen gedreht und zeigt hochästhetische und erotisierte Bilder der Jura­Landschaft. Die unkontrollierbaren Gefühle finden ihren Gegenpol in einer ruhigen, kaum bevölkerten Natur. Diese wird für Rose-Hélène zum Rückzugsort vor dem drohenden Liebestod.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

«Furchtlos hat Marcel Schüpbach zu einer Geschichte der mächtigen Gefühle gegriffen und sie in agitierende Bilder voller Sehnsucht und Passion gesetzt. Die traditionellen Metaphern von Kraft und Leidenschaft sind bei Schüpbach nicht zitierte schwerwiegende Dokumente, sondern unmittelbar affektauslösende, artikulierende Erzählträger.» (Peter Schneider, Cinemabuch, 1983)

LE JURA – VIGNOBLE, PLATEAUX, PLIS Vorfilm

Frankreich 1946, sw, DCP, F/d, 23 REGIE André Dolmaire, Louis Colin MUSIK Pierre Buttin. «Der Jura: kinderleicht erklärt, von seiner Geologie über den Weinbau bis zur Käseproduktion. Der Film zeigt dokumentarische Aufnahmen der Natur, der Landwirtschaft und der wichtigen jurassischen Gewerbe und vermittelt einen Einblick in die grenzübergreifenden Realitäten dieses schweizerischfranzösischen Hügelzugs.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

TOUT UN HIVER SANS FEU

So 2.3. 17:30 Sa 15.3. 15:00

Schweiz, Polen 2004, Farbe, 35 mm, F/d, 94

REGIE Greg Zglinski DREHBUCH Pierre-Pascal Rossi

KAMERA Witold Plociennik MUSIK Jacek Grudzien, Mariusz Ziemba SCHNITT Urszula Lesiak MIT Aurélien Recoing, Gabriela Muskała, Marie Matheron, Blerim Gjoci, Nathalie Boulin, Frédéric Landenberg, Michel Voïta, Roland Vouilloz, Jorge Lopez, Jean-Marie Daunas, Mufide Rrahmani, Visar Qusaj, Bernard Kordylas, Valérie Cotton.

«Der Winterfrost der Brévine und die Hitze des Von-Roll-Stahlwerks untermalen die Geschichte von Jean (Aurélien Recoing) und Laure (Marie Matheron), einem Paar, das durch ein tragisches Ereignis auf die Probe gestellt wird. Während Laure in einer Klinik Hilfe sucht, flüchtet sich Jean in seine Arbeit in der Giesserei inmitten brennender Funken, eingetaucht in den eisigen Winter seiner Seele. Dort lernt er eine Frau kennen und auch, dass er wieder Wärme empfinden kann. Greg Zglinskis Film wurde an unterschiedlichen Orten im Jurabogen gedreht und gewann 2005 den Schweizer Filmpreis als bester Spielfilm.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

L’INTRUS

Do 13.3. 20:30 Mo 24.3. 20:45

Frankreich 2004, Farbe, 35 mm F/e 130

REGIE Claire Denis DREHBUCH Claire Denis, Jean-Pol

Fargeau KAMERA Agnès Godard MUSIK Stuart A. Staples SCHNITT Nelly Quettier MIT Michel Subor, Grégoire Colin, Katia

Béatrice Dalle,

Caille, Alex Descas, Caroline (Bambou) Paulus, Lolita Chammah.

-

«Die Jura-Landschaft trifft auf die Südsee in Claire Denis’ L’intrus : Am Vorabend einer Herztransplantation beschliesst ein kranker Mann, sein einsames Leben in den jurassischen Bergen hinter sich zu lassen. Nur ab und zu besucht ihn seine Geliebte, eine Apothekerin, die ihm die Medikamente für sein Herz bringt. Auf der Suche nach einer verlorenen Vergangenheit und einem verlorenen Sohn reist er auf die polynesischen Inseln.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

«In ihrer gesamten Filmografie hinterfragt Denis vermeintliche Hierarchien zwischen Menschen und ihrer Umgebung. Es gibt zwar Szenen in Innenräumen, aber dieser Film wird von seinen Aussenaufnahmen überwältigt: L’intrus ist ein Film der Landschaften, und Denis’ langjährige Mitarbeiterin, die Kamerafrau Agnès Godard, bietet eine unendliche Reihe von ausgedehnten Aufnahmen von dunklen Wäldern, Schneeflächen, warmen, grasbedeckten Wiesen und verhüllten Blicken auf das Meer. Die Landschaften – nachdenklich, bedrohlich, romantisch – (…) vermitteln die beunruhigende Idee, dass man sich nirgendwo verstecken kann. Ununterbrochen untergraben sie die menschlichen Projekte von Landkarten und Grenzen, die in L’intrus inszeniert werden, wobei bewachte Grenzen immer einer widerborstigen Natur begegnen, die menschliche Unterscheidungen niemals anerkennen wird.» (Yasmina Price, Mrz 2021, Mubi Notebook)

L’HARMONIE

Mi 5.3. 20:45 Di 25.3. 18:30 Frankreich, Schweiz 2013, Farbe, DCP , F/d, 60 REGIE, DREHBUCH und KAMERA Blaise Harrison MUSIK Rhys Chatham SCHNITT Gwénola Héaulme.

«Die dichte Erzählung, die mehr zwischen den Bildern erzählt und andeutet, als sie offenlegt, ist beeindruckend und berührend. Der Film von Greg Zglinski ist ein Höhepunkt des Schweizer Spielfilms. Er schaffte letzten Herbst gar den Sprung in den internationalen Wettbewerb von Venedig und gewann dort den Preis der internationalen katholischen Jury. Zglinski ist ein Autor, der sowohl in der Schweiz als auch in Polen lebt. Er ist ein Schüler des polnischen Regisseurs Kieslowski, was man in seiner Bildsprache und seinem Sinn für die existenzielle Betroffenheit der Hauptfiguren deutlich wahrnimmt.» (Charles Martig, Medientipp, 2005)

«Eine kleine Stadt, eingebettet inmitten schneebedeckter Weiten. In einem belebten Saal wärmen sich Musiker auf. Eine Kakofonie. Der Dirigent fordert Stille. Am Ufer eines Flusses fischt ein alter Mann, aufmerksam. Weiter entfernt zieht eine Gruppe mit Musik durch die Strassen zum Karneval, während in einem Zimmer ein Jugendlicher mit seiner Krawatte kämpft, begleitet von dröhnendem symphonischem Metal-Rock. Zwischen Gemeinschaft und Momenten der Einsamkeit, im Wechsel von freitäglichen Proben und republikanischen Zeremonien, führt uns der Film mitten in diese bunte Gemeinschaft, auf der Suche nach Harmonie.» (cineforom.ch)

PLONGEONS Vorfilm

Schweiz 1936, sw, DCP, F/d, 17 REGIE, DREHBUCH, KAMERA, MUSIK und SCHNITT Cinégram S.A.

«Vom Skispringen bis zum Sprung in den Doubs: Der Film zeigt das sportliche Epos von Armand Girard. Die Landschaften des Jura dienen als Kulisse für seine Spitzenleistungen, die über Natur und Körperkultur hinausgehen.» (60. Solothurner Filmtage 2025)

Golubeva,
Flo
rence Loiret
L’ALLÉGEMENT

THE POWER OFJANE CAMPION

Die Heldinnen in Jane Campions Filmen müssen sich ihre Freiheit stets hart erkämpfen – sei es im Angesicht von gesellschaftlichen Ausgrenzungen, erdrückenden patriarchalen Strukturen oder familiären Tragödien. Die Suche nach der eigenen Identität und Stimme präsentiert sich dabei für sie nicht als eine Möglichkeit, sondern als überlebensnotwendig. Seit den 1980er-Jahren macht Jane Campion ihr ganz besonderes Kino, vielstimmig und stets überraschend. Ob Kostümdrama, Biopic, erotischer Thriller, Mystery-Serie oder wie zuletzt der Western The Power of the Dog , das Werk der Neuseeländerin begeistert nicht nur durch seine sensiblen wie kraftvollen Geschichten, sondern auch durch die überaus sinnliche Bildsprache und die mitreissende Mischung aus Poesie und Vitalität. Wir folgen Jane Campion in ihre Welt und präsentieren sämtliche Langfilme, eine Auswahl ihrer frühen Kurzfilme sowie die bahnbrechende Serie Top of the Lake

Essay von Barbara Schweizerhof

Unter den Preisen, die Jane Campion in den Jahrzehnten ihrer Karriere als Filmemacherin ansammeln konnte, ragt einer als ganz besondere Errungenschaft heraus. Es ist die Goldene Palme, die die Neuseeländerin 1993 mit The Piano in Cannes gewann. Sie war die erste Frau, der das gelungen war – und sie musste die Auszeichnung mit dem chinesischen Regisseur Chen Kaige ( Farewell My Concubine ) teilen. Dass sie bis zum Jahr 2021 (und Julia Ducournaus Titane ) die einzige Regisseurin mit diesem Ehrentitel blieb, sagt vielleicht mehr über die strukturelle Misogynie des Arthouse-Filmbetriebs aus als über Campion selbst. Dennoch will es im Nachhinein so scheinen, als ob dieser PalmenGewinn Campion eine gewisse Aura und vor allem Respekt verschaffte – und ihr die künstlerische Freiheit gab, zu der Ausnahmeerscheinung in der internationalen Kinolandschaft zu werden, als die sie mit ihren mittlerweile 70 Jahren dasteht. Wie so oft, wenn Frauen als Pionierinnen ihres Geschlechts gefeiert werden, lohnt es sich, hinter das feministische Label zu schauen. So stehen zwar in allen neun Spielfilmen – ihr erster, Two Friends (1986), war ein Fernsehfilm –, die Campion bislang realisiert hat, Frauenfiguren im Zentrum. Aber in keinem davon finden sich die modischen Narrative von Empowerment und Emanzipation so, wie

bedingt im Drehbuch: Ursprünglich hatte Campion geplant, ihre Figur mitsamt dem Piano im Meer versinken zu lassen. Als Vision ist dieser Tod im Film noch erhalten, nun zur Metapher einer Transformation geworden. Aber sei es Nicole Kidman als unglückliche Ehefrau in Portrait of a Lady, Meg Ryan als gefährlich lebende Grossstädterin im Thriller In the Cut, Abbie Cornish als sehnsüchtige Liebende in Bright Star oder zuletzt Kirsten Dunst als ihren inneren Dämonen ausgelieferte Frontier­Frau in The Power of the Dog: Campion liebt es, ihre Heldinnen mit einem ambivalenten Ende zu entlassen. Manches Mal hat ihr das den Vorwurf eingebracht, nicht genug Einblick in das Innenleben ihrer Figuren zu gewähren. Warum fällt es Nicole Kidmans Isabel in Portrait of a Lady so schwer, von ihrem kalten Ehemann (John Malkovich) wegzukommen? Welche Gespenster der Vergangenheit treiben Elisabeth Moss’ Ermittlerin in Top of the Lake wirklich an? Wie gelingt es Kerry Fox’ Janet Frame, bei aller Unbill ihrer Lebensumstände noch Romane abzufassen? Aber Campion setzt in ihren Filmen eben weniger darauf, dass sich die Zuschauer:innen mit den Figuren melodramatisch identifizieren und mit ihnen mitfühlen, sondern sie möchte das Publikum vielmehr mit deren Entwicklung und deren Handelsweise konfrontieren. Darin liegt etwas viel Emanzipatorischeres: Campions Heldinnen sind nicht nur durch ihre Gefühle charakterisiert, sondern ebenso durch ihr Agieren, auch wenn Letzteres, bedingt durch den jeweiligen – für Frauen besonders eng gesteckten – gesellschaftlichen Rahmen, oft mit Zaudern und Hadern einhergeht.

man sie vielleicht erwartet. Zwar sind Selbstermächtigung und Unabhängigkeitsstreben für ihre Figuren oft wichtige Anliegen, aber Campions Filme fesseln, weil immer noch etwas hinzukommt. Sie handeln nicht einfach von unterdrückten Heroinen, die gegen die Ungerechtigkeiten ihrer Zeit rebellieren, sondern zeigen, wie in der Auseinandersetzung mit Widrigkeiten eigensinnige Persönlichkeiten entstehen. Schwierige, komplizierte Frauen, die oft bemerkenswert ungefällig, wenn nicht gar unsympathisch wirken können.

Ambivalente Enden

Diesen Mut zur Ungefälligkeit zeichnet schon ihr Kinodebüt Sweetie von 1989 aus. Die Titelheldin des fast grotesk überzeichneten Familiendramas ist ein regelrechtes Monster. Und doch begreift man am tragischen Ende, dass sich im Monströsen der Figur die versteckte Dysfunktionalität der Familie äusserte, dass Sweetie zwar ihre Umwelt tyrannisierte, aber doch auch ihr eigenes Opfer war. In An Angel at My Table , der verfilmten Lebensgeschichte der neuseeländischen Autorin Janet Frame, variiert Campion dieses Thema auf subtilere Weise. Janet, von dicklich­ungelenker Figur und mit unbändigem rotem Wuschelkopf, ragt ebenfalls aus ihrer Umgebung der ärmlichen Provinz heraus. Die strenge Erziehung, der tragische Unfalltod von zwei Schwestern und die Anlage zur Verschlossenheit führen das intelligente Mädchen in eine soziale Isolation, die Depressionen auslöst. Die Hilfen, die sie bekommt, arten jedoch in Fehldiagnosen wie Schizophrenie und fast in Missbrauch aus. Mit einer Art natürlichem Stoizismus und auch mit Glück gelingt Janet das Überwinden dieser unglücklichen Jugend. Aber sie bleibt ein komplizierter, einsamer, widersprüchlicher Charakter.

Für Holly Hunters störrische Klavierspielerin in The Piano gibt es ein rares Happy End, nachdem die kleine Frau ihrer äusseren Stummheit zum Trotz sich vehement gegen ihren gewalttätigen Siedler­Ehemann (Sam Neill) und für den erotisch offeneren Nachbarn (Harvey Keitel) entschieden hat. Das glückliche Entkommen stand so nicht un­

Intensive Sinnlichkeit Campions eigener Weg zum Filmemachen war kein geradliniger. Bevor sie sich an der Australian Film, Television, and Radio School einschrieb, studierte die 1954 in Wellington Geborene Anthropologie und Kunst. Beide Interessen lassen sich in ihrem filmischen Schaffen weiterverfolgen, einerseits in ihrer akribischen Aufmerksamkeit für visuelle Komposition, für das Zusammenspiel von Licht, Farbe und Textur, andererseits in ihrem präzisen Gespür für den jeweiligen soziokulturellen Hintergrund, sei es Neuseeland oder England im 19. oder Montana zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Zusammen bringen diese Elemente die intensive Sinnlichkeit hervor, die Campions Filme zum Erlebnis werden lässt. Was darüber manchmal fast vergessen wird, ist Campions besonderes Talent sowohl bei der Besetzung ihrer Filme als auch bei der Schauspieler:innenführung. Man staunt, wie viele spätere grosse Stars man als junge Gesichter in ihren Filmen wiederfindet. Sie hat für The Piano die zehnjährige Anna Paquin entdeckt, die prompt den Oscar als beste Nebendarstellerin bekam. Ob Kerry Fox als Schriftstellerin Janet Frame oder Abbie Cornish als in den Romantik-Dichter John Keats (Ben Whishaw) verliebte Schneiderin: Immer wieder gelingt es Campion, sehr moderne Gesichter in vergangene Epochen zu transportieren. Sie markiert damit nicht etwa den Bruch zwischen den Held:innen im Zentrum und anderen, die nur den Zeithintergrund bilden, sondern schafft eine Selbstverständlichkeit, in der das Tragen – oder wie im Fall von Harvey Keitel in The Piano das Nichttragen – bestimmter Kleider völlig organisch erscheint. Und selbst in einem von steifen Umgangsformen handelnden Film wie Portrait of a Lady gewinnt sie Darsteller:innen wie Barbara Hershey, Christian Bale, Viggo Mortensen oder Shelley Duvall Auftritte von grösster Natürlichkeit ab. Die Menge an Nominierungen und Auszeichnungen, die es für das Figuren-Quartett Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst, Jesse Plemons und Kodi SmitMcPhee in ihrem letzten grossen Erfolg, The Power of the Dog, gab, spricht für sich. Bei den Oscars 2022 wurde Campion hochverdient – als erst dritte Frau – für die beste Regie ausgezeichnet. Fast 30 Jahre nach ihrer ersten Nominierung für The Piano war das eigentlich überfällig.

Barbara Schweizerhof lebt als Journalistin in Berlin, schreibt Filmkritiken (taz, Der Freitag) und arbeitet als Redakteurin bei epd Film.

2 16. FEB — 31. MRZ 2025

So 16

15:00  JANE CAMPION  TWO FRIENDS

Jane Campion, Australien 1987, DCP, E, 76

16:45 PREMIERE FAMILIES LIKE OURS EPISODEN 1–4

Thomas Vinterberg, Dänemark 2024, DCP,  OV/e, 190

16. FEB — 31. MRZ 2025

FRANCESCO ROSI

PROTEST UND ZIVILCOURAGE

AUGE IN AUGE MIT DEM JURA

EINE LANDSCHAFT ENTFALTEN

THE POWER OF JANE CAMPION

So 23

14:30 FRANCESCO ROSI CRISTO SI È FERMATO A EBOLI

Francesco Rosi, Italien 1978, 35 mm, I/d, 153 '

17:30 JANE CAMPION THE PORTRAIT OF A LADY

Jane Campion, GB/USA 1996, 35 mm, E/d/f, 144

20:30 FRANCESCO ROSI I MAGLIARI

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1959,  35 mm, OV/e , 111 '

So 2

15:00 FRANCESCO ROSI CADAVERI ECCELLENTI

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1976,  DCP/35 mm, I/e, 120

17:30 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA

TOUT UN HIVER SANS FEU

Greg Zglinski, Schweiz, Polen 2004, 35 mm,  F/d, 94 '

19:30 JANE CAMPION AN ANGEL AT MY TABLE

Jane Campion, Neuseeland 1990, 35 mm,  E/d/f, 158

Premiere

In Anwesenheit von Cast/Crew  35-mm-Film-Kopie

X/x Gesprochene Sprache/Untertitel x* Elektronische Untertitel vom  Filmpodium erstellt OV Mehrere Originalsprachen

6 (8) Freigegeben ab 6 Jahren, empfohlen ab 8 Jahren

KINO Nüschelerstr. 11, 8001 Zürich +41 44 415 33 66 www.filmpodium.ch

EINTRITTSPREISE

CHF 18.— / CHF 15.— (AHV/ Legi)  CHF 9.— (Alle unter 25 Jahren und Kulturlegi) Specials und Filme mit Überlänge: erhöhte Preise Vorverkauf zu den Kassenöffnungszeiten

ABONNEMENTE & VERGÜNSTIGUNGEN

• Filmpodium-Generalabonnement: CHF 400.— (freier Eintritt zu allen  Vorstellungen;  inkl. Abo Programmheft)

• Filmpodium-Halbtaxabonnement: CHF 80.— (halber Eintrittspreis bei allen Vorstellungen;  inkl. Abo Programmheft)

• Programm-Pass: CHF 60.—  (freier Eintritt zu allen  Vorstellungen einer   Programmperiode)

20:45 FRANCESCO ROSI LE MANI SULLA CITTÀ

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1963, DCP,  I/d, 105 '

Mo 17

18:15 JANE CAMPION THE PIANO

Jane Campion, Australien/Neuseeland/Frankreich 1993, 35 mm, E/d/f, 121

20:45 FRANCESCO ROSI LA SFIDA

Francesco Rosi, Italien/Spanien 1958, 35 mm,  I/e, 87 '

Di 18

18:15 FRANCESCO ROSI SALVATORE GIULIANO

Francesco Rosi, Italien 1962, 35 mm, I/e/d*, 123

20:45 JANE CAMPION SWEETIE

Jane Campion, Australien 1989, DCP, E/f, 99

Mi 19

15:00 JANE CAMPION BRIGHT STAR

Jane Campion, GB/Australien/Frankreich  2009, 35 mm, E/d/f, 118

18:15 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA L’ALLÉGEMENT

Marcel Schüpbach, Schweiz 1983, DCP, F/e, 75

LE JURA – VIGNOBLE, PLATEAUX, PLIS Vorfilm

André Dolmaire, Frankreich 1946, DCP, F/d, 23

Einführung von Emilien Gür, David Wegmüller, 10'

20:45 JANE CAMPION HOLY SMOKE !

Jane Campion, USA/Australien 1999, 35 mm,  E/d/f, 115 '

Do 20

16:15

VORLESUNGSREIHE

FILM NOIR

Vorlesung von Prof. Dr. Fabienne Liptay

18:30 VORLESUNG: FILMGESCHICHTE

GILDA

Charles Vidor, USA 1946, DCP, E, 110

20:45 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA LES GRANGES BRÛLÉES

Jean Chapot, Frankreich/Italien 1973, Farbe,  DCP, F/d, 98'

Fr 21

15:00 FRANCESCO ROSI LUCKY LUCIANO

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1973,  35 mm, I/e, 105

18:15 JANE CAMPION JANE CAMPIONS

KURZFILME 1982 – 2007

A GIRL’S OWN STORY

Jane Campion, Australien 1984, DCP, E, 27

AN EXERCISE IN DISCIPLINE – PEEL

Jane Campion, Australien 1982, DCP, E, 9 PASSIONLESS MOMENTS

Jane Campion, Australien 1983, DCP, E, 13 THE WATER DIARY

Jane Campion, Frankreich/Australien 2006,  Digital HD, E, 18

20:00 PREMIERE

FAMILIES LIKE OURS EPISODEN 5–7

Thomas Vinterberg, Dänemark 2024, DCP,  OV/e, 150 ' Sa  22

15:00 JANE CAMPION

AN ANGEL AT MY TABLE

Jane Campion, Neuseeland 1990, 35 mm,  E/d/f, 158

18:15 FRANCESCO ROSI

CADAVERI ECCELLENTI

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1976, DCP /  35 mm, I/e, 120 '

20:45 JANE CAMPION IN THE CUT

Jane Campion, Australien/USA/GB 2003,  35 mm, E/d/f, 119

Mo 24

18:15 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA PASSE MONTAGNE

Jean-François Stévenin, Frankreich 1978, DCP,  F/d, 113

20:45 FRANCESCO ROSI CRONACA DI UNA MORTE ANNUNCIATA Francesco Rosi, Italien/Frankreich/Schweiz  1987, 35 mm, I/e, 107 '

Di 25

18:30 FRANCESCO ROSI CITIZEN ROSI

Carolina Rosi, Didi Gnocchi, Italien 2019,  DCP, I/e, 130 ' Anschliessend: Gespräch mit Carolina Rosi, Regisseurin und Tochter von Francesco Rosi, Italienisch mit deutscher Übersetzung; Moderation: Till Brockmann

Mi 26

13:45 KINDERFILMCLUB DIE ZAUBERLATERNE

Vorstellungen für Mitglieder (6- bis 12-Jährige)

16:00 KINDERFILMCLUB DIE ZAUBERLATERNE

Vorstellungen für Mitglieder (6- bis 12-Jährige)

18:30 VORTRAGSREIHE RE:VISION 5/03

Vorlesung mit Filmausschnitten, präsentiert von Thomas Binotto, 90'

20:15 JANE CAMPION THE PIANO

Jane Campion, Australien/Neuseeland/Frankreich 1993, 35 mm, E/d/f, 121

Do 27

16:15 VORLESUNGSREIHE NEOREALISMUS

Vorlesung von Prof. Dr. Fabienne Liptay 18:30 VORLESUNGSREIHE ROMA, CITTÀ APERTA

Roberto Rossellini, Italien 1945, DCP, I/d*, 105 '

20:45 SONDERVORSTELLUNG FANTOZZI

Luciano Salce, Italien 1975, DCP, I/d, 108

Anschliessend: Diskussion mit dem Philosophen Raffaele Alberto Ventura, Italienisch mit deutscher Übersetzung, Moderation: Francesco Ziosi, ca. 45'

Fr 28

15:00 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA LES GRANGES BRÛLÉES

Jean Chapot, Frankreich/Italien 1973, Farbe,  DCP, F/d, 98'

18:15 FRANCESCO ROSI IL CASO MATTEI

Francesco Rosi, Italien 1972, 35 mm, I/e, 116 '

20:45 SÉLECTION LUMIÈRE THE POWER OF THE DOG Jane Campion, Neuseeland, Australien 2021,  DCP, E/d, 126

MRZ

Sa  1

15:00 FRANCESCO ROSI CRONACA DI UNA MORTE ANNUNCIATA

Francesco Rosi, Italien/Frankreich/Schweiz  1987, 35 mm, I/e, 107

18:15 JANE CAMPION BRIGHT STAR

Jane Campion, GB/Australien/Frankreich  2009, 35 mm, E/d/f, 118 '

20:45 FRANCESCO ROSI SALVATORE GIULIANO

Francesco Rosi, Italien 1962, 35 mm, I/e/d*, 123

21:00 SPECIAL KARAOKE

Veranstaltung in der Filmpodium-Lounge

Mo 3

18:30

AUGE IN AUGE MIT DEM JURA LE CHÂTELOT

Marie-Anne Colson-Malleville, Frankreich 1953,  DCP, F/d, 34 '

LES HOMMES DE LA MONTRE

Henry Brandt, Schweiz 1964, Digital HD, F/d, 33' 20:30 FRANCESCO ROSI TRE FRATELLI

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1980,  35 mm, I/e, 113

Di 4

18:30

AUGE IN AUGE MIT DEM JURA KURZFILMPROGRAMM «JURABILDER –ANDRÉ PARATTE»

LA FOIRE AUX CRINIÈRES

André Paratte, Schweiz 1969, DCP, F/d, 14 VIVRE SA VILLE

André Paratte, Schweiz 1972, DCP,  ohne  Dialog, 22 LE ROSSIGNOL DE SIBÉRIE

André Paratte, Schweiz 1964, DCP, F/d, 31 In Anwesenheit von Aude Joseph (Département audiovisuel de la ville de La Chaux- de-Fonds) und Emilien Gür (Solothurner Filmtage)

20:45 JANE CAMPION

TWO FRIENDS

Jane Campion, Australien 1987, DCP, E, 76

Mi 5

15:00 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA PASSE MONTAGNE

Jean-François Stévenin, Frankreich 1978, DCP,  F/d, 113

18:30 FRANCESCO ROSI UOMINI CONTRO

Francesco Rosi, Italien/Jugoslawien 1970, DCP,  I/e, 101

20:45 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA L’ HARMONIE

Blaise Harrison, Frankreich, Schweiz 2013,  DCP, F/d, 60 ' PLONGEONS Vorfilm

Cinégram S.A., Schweiz 1936, DCP, F/d, 17

Do 6

16:15 VORLESUNGSREIHE JAPANISCHES NACHKRIEGSKINO

Vorlesung von Prof. Dr. Fabienne Liptay 18:15 VORLESUNGSREIHE

TOKYO MONOGATARI

Yasujiro Ozu, Japan 1953, DCP, Jap/d/f, 136 ' 21:00 FRANCESCO ROSI LE MANI SULLA CITTÀ

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1963, DCP,  I/d, 105 ' Fr 7

15:00 JANE CAMPION HOLY SMOKE ! Jane Campion, USA/Australien 1999, 35 mm,  E/d/f, 115 18:30 FRANCESCO ROSI LA SFIDA

Francesco Rosi, Italien/Spanien 1958, 35 mm,  I/e, 87 '

20:30 JANE CAMPION THE PORTRAIT OF A LADY

Jane Campion, GB/USA 1996, 35 mm, E/d/f, 144

Sa  8

15:00 FAMILIENFILM MIKROKOSMOS –DAS VOLK DER GRÄSER C. Nuridsany, M. Pérennou, Frankreich/ Italien/ Schweiz 1996, 35 mm, ohne Dialoge, 74 , 6 (8) Anschliessend: FILM-WORKSHOP FÜR KINDER mit Stefanie Schlüter, 30' 18:00 JANE CAMPION SWEETIE

Jane Campion, Australien 1989, DCP, E/f, 99 20:15 FRANCESCO ROSI CRISTO SI È FERMATO A EBOLI Francesco Rosi, Italien 1978, 35 mm, I/d, 153

13:45 JANE CAMPION TOP OF THE LAKE 1. STAFFEL

Jane Campion 2013, DCP, E/d, 350 ' EINTRITT FREI

Mit Pause und Zwischenverpflegung, Ende um ca. 20:15

20:45 FRANCESCO ROSI LA TREGUA

Francesco Rosi, Italien/Frankreich/Schweiz  1997, 35 mm, I/d, 130 '

Mo 10

18:15 FILM IN WORTEN PRÄSENTATION DER PUBLIKATION «REPÉRAGES NR. 01/2025» MIT KURZFILMPROGRAMM

CRUSHED

Ella Rocca, Schweiz 2022, DCP, Dialekt/d, 8 LETZTE NACHT

Lea Bloch, Schweiz 2023, DCP, Dialekt/d, 15

MAMAN DANSE

Mégane  Brügger, Schweiz 2024, DCP, F/e, 23 LA GRAVIDITÉ

Jela Hasler, Schweiz 2023, DCP, Dialekt +  F/d/f, 15 '

Anschliessend: Gespräch mit den Regisseur:innen Ella Rocca, Lea Bloch und Mégane Brügger

20:45 FRANCESCO ROSI

CADAVERI ECCELLENTI

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1976, DCP /  35 mm, I/e, 120

Di 11

18:15 FRANCESCO ROSI

DIARIO NAPOLETANO

Francesco Rosi, Italien 1992, 35mm, I/e, 125

20:45 JANE CAMPION IN THE CUT

Jane Campion, Australien/USA/GB 2003,  35 mm, E/d/f, 119

Mi 12

15:00 FRANCESCO ROSI SALVATORE GIULIANO

Francesco Rosi, Italien 1962, 35 mm, I/e/d*, 123 ' 18:00 SONDERVORSTELLUNG KLASSENVERHÄLTNISSE AM BODENSEE

Ariane Andereggen, Schweiz 2022, DCP,   Dialekt/d, 82

AMT FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT  Vorfilm

Nicolle Bussien, Schweiz 2022, Digital HD,  Dialekt/D/E/d, 13

Anschliessend: Diskussion mit den Filmemachenden Ariane Andereggen, Ted Gaier und Nicolle Bussien

20:45 FRANCESCO ROSI IL MOMENTO DELLA VERITÀ

Francesco Rosi, Italien/Spanien 1965, 35 mm,  I/e, 110

Do 13

16:15 VORLESUNGSREIHE

NOUVELLE VAGUE

Vorlesung von Prof. Dr. Fabienne Liptay

18:30 VORLESUNGSREIHE CLÉO DE 5 À 7

Agnès Varda, Frankreich 1962, DCP, F/d*, 90 '

20:30 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA L’ INTRUS

Claire Denis, Frankreich 2004, 35 mm, F/e, 130'

Fr 14

15:00 FRANCESCO ROSI UOMINI CONTRO

Francesco Rosi, Italien/Jugoslawien 1970, DCP,  I/e, 101

18:15 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA PASSE MONTAGNE

Jean-François Stévenin, Frankreich 1978, DCP,  F/d, 113 '

20:45 FRANCESCO ROSI IL CASO MATTEI

Francesco Rosi, Italien 1972, 35 mm, I/e, 116

Sa  15

15:00 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA

TOUT UN HIVER SANS FEU

Greg Zglinski, Schweiz, Polen 2004, 35 mm,  F/d, 94

18:30 FRANCESCO ROSI LE MANI SULLA CITTÀ

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1963, DCP,  I/d, 105 '

20:45 JANE CAMPION THE PORTRAIT OF A LADY

Jane Campion, GB/USA 1996, 35 mm, E/d/f, 144

So 16

15:00 JANE CAMPION

THE PIANO

Jane Campion, Australien/Neuseeland/Frankreich 1993, 35 mm, E/d/f, 121

18:00

AUGE IN AUGE MIT DEM JURA L’ALLÉGEMENT

Marcel Schüpbach, Schweiz 1983, DCP, F/e, 75 ' LE JURA – VIGNOBLE, PLATEAUX, PLIS

Vorfilm

André Dolmaire, Frankreich 1946, DCP, F/d, 23' 20:15 FRANCESCO ROSI

DIARIO NAPOLETANO

Francesco Rosi, Italien 1992, 35mm, I/e, 125

17. — 23. MRZ

SCHWEIZER FILMPREIS: WOCHE DER NOMINIERTEN

Der Schweizer Filmpreis würdigt jährlich die herausragendsten Schweizer Filme sowie die wichtigsten Protagonist:innen des schweizerischen Filmschaffens. Eine Auswahl der für einen Schweizer Filmpreis nominierten Filme werden während der WOCHE DER NOMINIERTEN vom 17. bis 23. 3. 2025 im Filmpodium gezeigt – in vielen Fällen präsentiert von Cast & Crew.

Die Verleihung des Schweizer Filmpreises findet am  Freitag, 21. März in Genf statt. Am Wochenende  danach werden alle mit einem Preis ausgezeichneten  Film im Filmpodium wiederholt.

Eintrittspreise

Montag, 17. bis Freitag, 21. März: CHF 5.— Samstag, 22. und Sonntag, 23. März: Eintritt frei

Das Filmprogramm findet sich auf filmpodium.ch oder im Flyer, der im Kino aufliegt.

Mo 24

18:15 FRANCESCO ROSI IL MOMENTO DELLA VERITÀ

Francesco Rosi, Italien/Spanien 1965, 35 mm,  I/e, 110

20:45 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA L’ INTRUS

Claire Denis, Frankreich 2004, 35 mm, F/e, 130 '

Di 25

18:30

AUGE IN AUGE MIT DEM JURA L’ HARMONIE

Blaise Harrison, Frankreich, Schweiz 2013,  DCP, F/d, 60 PLONGEONS Vorfilm

Cinégram S.A., Schweiz 1936, DCP, F/d, 17

20:45 FRANCESCO ROSI I MAGLIARI

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1959,  35 mm, OV/e , 111

Mi 26

14:00 KINDERFILMCLUB DIE ZAUBERLATERNE

Vorstellungen für Mitglieder (6- bis 12-Jährige)

16:00 KINDERFILMCLUB DIE ZAUBERLATERNE

Vorstellungen für Mitglieder (6- bis 12-Jährige)

19:00 SÉLECTION LUMIÈRE GENERALVERSAMMLUNG LUMIÈRE

Für Mitglieder des Filmpodium-Fördervereins, 60', anschl. Apéro

20:45 SÉLECTION LUMIÈRE THE POWER OF THE DOG

Jane Campion, Neuseeland, Australien 2021,  DCP, E/d, 126

Do 27

16:15 VORLESUNGSREIHE DRITTES KINO: LATEINAMERIKA

Vorlesung von Prof. Dr. Fabienne Liptay

18:30 VORLESUNGSREIHE LA HORA DE LOS HORNOS –NEOKOLONIALISMUS UND GEWALT

Fernando E. Solanas, Argentinien 1968, DCP,  Sp/d, 88 '

20:45 JANE CAMPION IN THE CUT

Jane Campion, Australien/USA/GB 2003,  35 mm, E/d/f, 119

Fr 28

15:00 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA LE CHÂTELOT

Marie-Anne Colson-Malleville, Frankreich 1953,  DCP, F/d, 34 LES HOMMES DE LA MONTRE Henry Brandt, Schweiz 1964, Digital HD, F/d, 33' 18:15 JANE CAMPION BRIGHT STAR

Jane Campion, GB/Australien/Frankreich  2009, 35 mm, E/d/f, 118 '

20:45 FRANCESCO ROSI

LUCKY LUCIANO

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1973,  35 mm, I/e, 105

Sa  29

15:00 FAMILIENFILM

MIKROKOSMOS –DAS VOLK DER GRÄSER

C. Nuridsany, M. Pérennou, Frankreich/ Italien/ Schweiz 1996, 35 mm, ohne Dialoge, 74 , 6 (8)

Anschliessend: FILM-WORKSHOP FÜR KINDER mit Stefanie Schlüter, 30'

18:00 FRANCESCO ROSI TRE FRATELLI

Francesco Rosi, Italien/Frankreich 1980,  35 mm, I/e, 113 '

20:30 JANE CAMPION AN ANGEL AT MY TABLE

Jane Campion, Neuseeland 1990, 35 mm,  E/d/f, 158

So 30

15:00 FRANCESCO ROSI CRISTO SI È FERMATO A EBOLI

Francesco Rosi, Italien 1978, 35 mm, I/d, 153

18:00 SÉLECTION LUMIÈRE THE POWER OF THE DOG

Jane Campion, Neuseeland, Australien 2021,  DCP, E/d, 126

20:45 FRANCESCO ROSI LA TREGUA

Francesco Rosi, Italien/Frankreich/Schweiz  1997, 35 mm, I/d, 130 '

Mo 31

18:30 AUGE IN AUGE MIT DEM JURA KURZFILMPROGRAMM «JURABILDER –ANDRÉ PARATTE»

LA FOIRE AUX CRINIÈRES

André Paratte, Schweiz 1969, DCP, F/d, 14 VIVRE SA VILLE

André Paratte, Schweiz 1972, DCP,  ohne Dialog, 22 LE ROSSIGNOL DE SIBÉRIE

André Paratte, Schweiz 1964, DCP, F/d, 31

20:45 JANE CAMPION

JANE CAMPIONS

KURZFILME 1982 – 2007

A GIRL’S OWN STORY

Jane Campion, Australien 1984, DCP, E, 27 AN EXERCISE IN DISCIPLINE – PEEL

Jane Campion, Australien 1982, DCP, E, 9 PASSIONLESS MOMENTS

Jane Campion, Australien 1983, DCP, E, 13 ' THE WATER DIARY

Jane Campion, Frankreich/Australien 2006,  Digital HD, E, 18

BRIGHT STAR JANE CAMPION

Fr 21.2. 18:15 Mo 31.3. 20:45

Zwischen 1981 und 1984 studierte Jane Campion an der Australian Film, Television and Radio School und drehte dort ihre ersten Kurzfilme. In Peel geht es um einen Vater, der versucht, seinen Sohn zu disziplinieren, weil er Orangenschalen aus dem Autofenster geworfen hat. 1982 wurde der Film mit der Goldenen Palme als bester Kurzfilm in Cannes ausgezeichnet. Im experimentellen Passionless Moments blickt sie in kurzen Sketchen auf das Leben unterschiedlicher Menschen in Sydney. In ihrem Abschlussfilm, dem in den 1960ern auf dem Höhepunkt der Beatlemania angesiedelten A Girl’s Own Story , erkundet sie schliesslich aus Sicht dreier Mädchen das fragile Territorium zwischen Adoleszenz und Erwachsensein. Der knapp 20 Jahre später gedrehte The Water Diary handelt von einem elfjährigen Mädchen und dessen Familie, die im australischen Outback mit einer Dürre konfrontiert werden. Die Kinder im Ort versuchen mit einem Zauber, die Wolken zum Regnen zu bringen. (hb)

AN EXERCISE IN DISCIPLINE – PEEL

Australien 1982, Farbe, DCP, E, 9

REGIE und DREHBUCH Jane Campion KAMERA Sally

Bongers SCHNITT Jane Campion MIT Tim Pye, Katie Pye, Ben Martin.

PASSIONLESS MOMENTS

Australien 1983, sw, DCP, E, 13

REGIE Jane Campion DREHBUCH Jane Campion, Gerard Lee KAMERA Jane Campion SCHNITT Veronika Jenet MIT David Benton, Ann Burriman, Alan Brown, Sean Callinan, Paul Chubb, Sue Collie, Haedyn Cunningham, Ron Gobert, Elias Ibrahim, Paul Melchert, George Nezovic, Jamie Pride, Gordon Quiller, Keith Smith, Yves Stening.

A GIRL’S OWN STORY

Australien 1984, sw, DCP, E , 27 REGIE und DREHBUCH Jane Campion KAMERA Sally Bongers SCHNITT Christopher Lancaster MIT Gabrielle Shornegg, Geraldine Haywood, Marina Knight, John Godden, Joanne Gabbe, Colleen Fitzpatrick, Paul Chubb, Jane Edwards, Katharine Cullen.

THE WATER DIARY

Frankreich/Australien 2006, Farbe, Digital HD, E, 18 REGIE und DREHBUCH Jane Campion KAMERA Greig Fraser MUSIK Mark Bradshaw SCHNITT Heidi Kenessey MIT Alice Englert, Tintin Marova Kelly, Isidore Tillers, Harry Greenwood, Geneviève Lemon, Miranda Jakich, Justine Clarke, Russel Dykstra, Ian Abdulla, Di Adams, Chris Haywood, Clayton Jacobson, Cassia Jurcevic.

TWO FRIENDS

So 16.2. 15:00 Di 4.3. 20:45

Australien 1987, Farbe, DCP, E, 76 REGIE Jane Campion DREHBUCH Helen Garner KAMERA Julian Penney MUSIK Martin Armiger SCHNITT Bill Russo MIT Emma Coles, Kris Bidenko, Kris McQuade, Debra May, Peter Hehir, Kerry Dwyer, Stephen Leeder, Sean Travers, Emily Stocker.

«Dieser erste Spielfilm, den Jane Campion für das Fernsehen gedreht hat, ist chronologisch rückwärts erzählt und folgt dem Weg zweier Teenager, die sich immer weiter voneinander entfernt haben. Der Film, der bereits von den feministischen Themen geprägt ist, die das Werk der Regisseurin kennzeichnen, soll ‹die Summe zweier diametral entgegengesetzter Schicksale darstellen: das einer jungen Frau, die sich allmählich von der jüdisch­christlichen Moral vereinnahmen lässt, und das einer zweiten, die es vorzieht, der Welt zu entfliehen, um ihren Wünschen freien Lauf zu lassen. Für Campion sind Kelly (Kris Bidenko) und Louise (Emma Coles) zwei Seiten derselben Medaille: ein ungezwungenes Leben, das durch zwei Extreme, denen man sich nicht entziehen kann, polarisiert wird.› (Alexandre Jourdain)» (Cinemathèque suisse, Sep/Okt 2024)

Screening by permission of the Australian Broadcasting Corporation – ABC Commercial © ABC

SWEETIE

Di 18.2. 20:45 Sa 8.3. 18:00

Australien 1989, Farbe, DCP, E/f, 99 ' REGIE Jane Campion DREHBUCH Gerard Lee, Jane Campion KAMERA Sally Bongers MUSIK Martin Armiger SCHNITT Veronika Jenet MIT Geneviève Lemon, Karen Colston, Tom Lycos, Jon Darling, Dorothy Barry, Michael Lake, Andre Pataczek, Jean Hadgraft, Paul Livingston, Louise Fox, Ann Merchant, Robyn Frank.

«Sweetie (Geneviève Lemon) ist nicht süss, sondern laut, dick, leidenschaftlich und geradezu hemmungslos kreativ, während die introvertierte und von Phobien geplagte Kay (Karen Colston) stets im Schatten ihrer Schwester stand. Kay arbeitet in einer Bank und versucht, mit ihrem Mann abseits der Familie ein normales Leben zu führen. Als Sweetie aus heiterem Himmel mit ihrem Manager auftaucht und sich bei ihr einnistet, wird ihr Seelenfrieden auf eine harte Probe gestellt. Und als würde Sweetie nicht genug Chaos in ihr Leben bringen, steht plötzlich auch noch der Vater bei Kay vor der Tür, der von der Mutter verlassen wurde … Jane Campions Kinoerstling, von der australischen Kamerafrau Sally Bongers mit einem Blick für kleine, aber wichtige Details berückend ins Bild gesetzt, ist eine tragikomische Studie einer dysfunktionalen Familie. Luke Buckmaster schreibt in ‹The Guardian›: «Die Welt von Sweetie – ein wunderbar seltsames und fesselndes Filmdebüt – wird mit fast unfassbar subtiler Präzision aus der Form gebogen. Was ein düsteres Drama hätte werden können, gleicht Campion durch eine Atmosphäre aus, die zunehmend und auf beunruhigende Weise mystisch wird.» (kinok.ch)

AN ANGEL AT MY TABLE

Sa 22.2. 15:00 So 2.3. 19:30 Sa 29.3. 20:30

Neuseeland 1990, Farbe, 35 mm, E/d/f, 158 REGIE Jane Campion DREHBUCH Laura Jones, nach der dreiteiligen Autobiografie von Janet Frame KAMERA Stuart Dryburgh MUSIK Don McGlashan SCHNITT Veronika Jenet MIT Kerry Fox, Alexia Keogh, Karen Fergusson, Iris Churn, K.J. Wilson.

«‹A poetic soul has rarely come better disguised.› ‹Nini› ist ein quirliger, verträumter Rotschopf, ein Aussenseiterkind aus ärmsten Verhältnissen. Schon fr üh sucht und findet sie Worte f ü r eine Welt, die anderen verschlossen bleibt. Diese Welt gerät ins Wanken, als ihre zwei Schwestern innerhalb weniger Jahre ertrinken und sie als junge Frau mit der Fehldiagnose Schizophrenie acht qualvolle Jahre in der Psychiatrie verbringen muss. Eine Biografie voller Br üche, die durch eines zusammengehalten wird: das Schreiben. Mit einer spü rbaren Liebe, grosser Sensibilität und einem Blick f ü r das pur Menschliche übersetzt Jane Campion die inneren Landschaften der neuseeländischen Schriftstellerin Janet Frame in eine atemberaubende Filmpoesie. Vielfach prämiert und am Filmfestival Venedig mit dem grossen Preis der Jury ausgezeichnet – eine Ode an ein Werk voller Leben.» (Silvia Breuss, filmarchiv.at)

Film courtesy of Hibiscus Films, Te Tumu Whakaata Taonga New Zealand Film Commission and the Aotearoa New Zealand Film Heritage Trust

AN ANGEL AT MY TABLE
PASSIONLESS MOMENTS
SWEETIE

THE PIANO

Mo 17.2. 18:15 Mi 26.2. 20:15 So 16.3. 15:00

RE:VISION 5/03 18:30 (S. 21)

Australien/Neuseeland/Frankreich 1993, Farbe, 35 mm, E/d/f, 121

REGIE und DREHBUCH Jane Campion KAMERA Stuart Dryburgh MUSIK Michael Nyman SCHNITT Veronika Jenet MIT Holly Hunter, Anna Paquin, Harvey Keitel, Sam Neill, Kerry Walker, Geneviève Lemon, Tungia Baker, Ian Mune, Peter Dennett, Te Whatanui Skipwith, Cliff Curtis.

«Im 19. Jahrhundert kommen die stumme Ada und ihre neunjährige Tochter für eine arrangierte Heirat nach Neuseeland. Für Ada, eine begnadete Klavierspielerin, ist das Instrument Ersatz für ihre Stimme und eine Ausdrucksmöglichkeit ihrer Innenwelt. Ihr künftiger Ehemann erkennt die Bedeutung des Klaviers nicht und lässt es bei Adas Ankunft an der Küste zurück. Sein Nachbar dagegen, der sich in Ada verliebt, merkt, dass der Weg zum Herzen Adas über ihr Klavier führt. Inspiriert von Werken Emily Brontës und basierend auf einem intelligenten Drehbuch, ist diese packende Geschichte von der Selbstfindung einer Frau bestes Kino der Gefühle.» (Michel Bodmer, Zoom 6-7/93)

«Nie zuvor habe ich einen Film gesehen, der so einzigartig und eindringlich ist wie The Piano (...). Es ist einer dieser seltenen Filme, in denen es nicht nur um eine Geschichte oder einige Figuren geht, sondern um ein ganzes Universum von Gefühlen – darum, wie Menschen voneinander abgeschottet sein können, einsam und verängstigt, darum, wie Hilfe aus unerwarteten Richtungen kommen kann, und darum, dass man nie etwas erfährt, wenn man nicht fragt.» (Roger Ebert, rogerebert.com, 19. 11.1993)

THE PORTRAIT OF A LADY

So 23.2. 17:30 Fr 7.3. 20:30 Sa 15.3. 20:45

GB/USA 1996, Farbe, 35 mm, E/d/f, 144 REGIE Jane Campion DREHBUCH Laura Jones, nach dem gleichnamigen Roman von Henry James KAMERA Stuart Dryburgh MUSIK Wojciech Kilar SCHNITT Veronika Jenet MIT Nicole Kidman, John Malkovich, Barbara Hershey, Mary-Louise Parker, Martin Donovan, John Gielgud, Shelley Winters, Valentina Cervi, Richard E. Grant, Shelley Duvall, Christian Bale, Viggo Mortensen.

«Schon in der Eröffnungssequenz deutet diese Interpretation des Meisterwerks von Henry James eine moderne, fühlbare und einfühlsame Vision an, die ganz und gar Jane Campion zuzuschreiben ist. Nicole Kidman spielt die resolute junge Amerikanerin Isabel Archer, die den lukrativen Heiratsantrag ihres englischen Cousins (Richard E. Grant) ablehnt. Als sie ein Vermögen erbt, fällt sie den Machenschaften zweier Amerikaner:innen zum Opfer: der unabhängigen und weltgewandten Madame Merle (Barbara Hershey) und Gilbert Osmond (John Malkovich), einem dilettantischen Künstler mit wenig Mitteln, aber genug Gerissenheit, um Isabel zu umwerben. The Portrait of a Lady , prächtig in Szene gesetzt und äusserst intelligent, ist ein filmischer Fiebertraum, der von den bildlichen und sinnlichen Formen der Dominanz in James’ Text und der untrennbaren Verbindung zwischen romantischer Liebe und Gewalt fasziniert ist.» (Film at Lincoln Center New York)

HOLY SMOKE!

Mi 19.2. 20:45 Fr 7.3. 15:00

USA/Australien 1999, Farbe, 35 mm, E/d/f, 115 ' REGIE Jane Campion DREHBUCH Anna Campion, Jane Campion KAMERA Dion Beebe MUSIK Angelo Badalamenti SCHNITT Veronika Jenet MIT Kate Winslet, Harvey Keitel, Pam Grier, Julie Hamilton, Tim Robertson, Sophie Lee, Daniel Wyllie, Paul Goddard, Kerry Walker, George Mangos, Leslie Dayman, Dhritiman Chatterjee.

«Auf ihrem Indientrip erliegt die junge Australierin Ruth (Kate Winslet) der Faszination der fremden Welt. Sie findet bei einem Guru die Ruhe und Gelassenheit, die sie in ihrem Leben immer vermisst hat. Ihre Familie lockt sie jedoch mit einem Trick nach Hause zurück und will sie mit allen Mitteln aus ihrem Traum herausreissen. Der amerikanische Sektenpsychologe P.J. Waters verspricht, Ruth in drei Tagen zu ‹heilen›: Doch schon zwei Tage sp äter hat sich die Situation ver ä ndert: P.J. verfällt vollkommen Ruths erotischer Ausstrahlung.» (Filmpodium Biel/Bienne)

« Holy Smoke! markierte Campions Rückkehr nach Australien, zehn Jahre nach Sweetie Nach drei Reisen in die Vergangenheit ist Holy Smoke! eine zeitgenössische Geschichte und einer der exzentrischsten und am wenigsten populären Filme von Campion. Dennoch handelt es sich um ein Werk von grosser Originalität, das neue Gebiete erkundet. Angesichts des Niedergangs der traditionellen Religionen zeugt er von der Suche der Filmemacherin nach einer Spiritualität, die sie bereits in Sweetie angedeutet hat.» (Michel Ciment, Jane Campion on Jane Campion)

IN THE CUT

Sa 22.2. 20:45 Di 11.3. 20:45 Do 27.3. 20:45

Australien/USA/GB 2003, Farbe, 35 mm, E/d/f, 119 ' REGIE Jane Campion DREHBUCH Jane Campion, Susanna Moore, nach dem gleichnamigen Roman von Susanne Moore KAMERA Dion Beebe MUSIK Hilmar Örn Hilmarsson SCHNITT Alexandre de Franceschi MIT Meg Ryan, Jennifer Jason Leigh, Mark Ruffalo, Nick Damici, Micheal Nuccio, Allison Nega, Patrice O’Neal, Sharrieff Pugh, Kevin Bacon.

Als in der Nähe ihrer New Yorker Wohnung eine junge Frau ermordet aufgefunden wird, lernt die Literaturprofessorin Frannie (Meg Ryan) den Polizisten Malloy (Mark Ruffalo) kennen. Sie beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihm. Doch während Frannie sich nach dem Körper des Polizisten sehnt, kommt ihr sein Verhalten immer verdächtiger vor, und sie beginnt sich zu fragen, ob er etwas mit dem Mord zu tun hatte. Mit ihrer Rolle als distanzierte wie hingebungsvolle Frau brach Meg Ryan radikal mit ihrem Image des liebensw ürdigen Sweetheart. Die Kritik zeigte sich 2003 weitgehend irritiert von diesem Werk, das auch die Regeln des ThrillerGenres grundlegend herausforderte. Denn anstatt einen weiteren Film über einen Serienmörder zu inszenieren, ging es Campion um komplexes weibliches Begehren, das zwischen der Sehnsucht nach Liebe und Sex, romantischen Träumereien und gnadenloser Realität changiert. In the Cut ist bis heute der wohl unterschätzteste Film im Schaffen der Regisseurin. (hb)

BRIGHT STAR

Mi 19.2. 15:00 Sa 1.3. 18:15 Fr 28.3. 18:15

GB/Australien/Frankreich 2009, Farbe, 35 mm, E/d/f, 118 REGIE und DREHBUCH Jane Campion, nach der Biografie «Keats» von Andrew Motion KAMERA Greig Fraser MUSIK Mark Bradshaw SCHNITT Alexandre de Franceschi MIT Abbie Cornish, Ben Whishaw, Paul Schneider, Kerry Fox, Edie Martin, Thomas BrodieSangster, Claudie Blakley, Gerard Monaco, Antonia Campbell-Hughes, Theresa Watson, Samuel Roukin, Lucinda Raikes.

«1818 begegnen sich Fanny Brawne und John Keats im Londoner Vorort Hampstead. Sie, die wohlbehütete Tochter, lebt mit Mutter und Geschwistern in der einen Hälfte des Hauses. Keats, als Gast eines Freundes, in der anderen. Es ist eine Liebe im Korsett der englischen Klassengesellschaft, in der ein mittelloser Dichter nicht das Mädchen aus gutem Hause heiraten darf. Doch schon beim ersten öffentlichen Zusammentreffen auf einem Ball begegnen sich die beiden jenseits von Konversation und Plauderei mit unvermittelter Ehrlichkeit. Über allem schwebt die Verlegenheit des ersten Flirts. (…) In Campions Bright Star lernt man den zeitlebens verkannten Keats mit den Augen seiner Angebeteten Fanny Brawne kennen, einer jungen, selbstbewussten Frau. Und so ist daraus kein Film über einen Dichter geworden, sondern ein Liebesfilm, der uns einen Dichter entdecken lässt. (…) Wie findet man Bilder für eine zweihundert Jahre zurückliegende Liebe, die nur in einer Handvoll von Briefen überdauert? Wie erzählt man von Empfindungen, die zu Worten, zu Gedichten werden? ‹Indem man das Lebensgefühl, die Stofflichkeit, die Textur einer Epoche sucht›, sagt Campion. ‹Indem man dem Kostümfilm sein Kostüm auszieht.›» (Katja Nicodemus, Die Zeit, 17.12.2009)

HOLY SMOKE!
THE PIANO

So 9.3. 13:45

2013, Farbe, DCP, E/d,

REGIE Jane Campion

DREHBUCH Jane Campion, Gerard Lee MUSIK Mark Bradshaw MIT Elisabeth Moss, David Wenham, Peter Mullan, Thomas M. Wright, Holly Hunter, Thomas Jay Ryan, Kip Chapman, Jacqueline Joe, Robin Nevin, Calvin Tuteao, Robyn Malcolm, Sarah Valentine, Geneviève Lemon.

«Ein Mädchen wird eines Morgens aus einem Bergsee in Neuseeland gefischt. Ein Selbstmordversuch? Die Polizei stellt fest, dass die zwölfjährige Tui im vierten Monat schwanger ist. Eine Beamtin (Elisabeth Moss) die eigentlich nur zu Besuch bei ihrer krebskranken Mutter ist, kümmert sich um die Kleine. ‹No one› ist die einzige Antwort, die das Mädchen auf die Frage gibt, wer ihr das angetan hat. Die Spur führt zunächst zu ihrem Vater, dem charismatischen Patriarchen eines lokalen Verbrecher-Clans (Peter Mullan). Jane Campion zeigt in dieser herausragenden Miniserie ihr Geburtsland in spektakulären Landschaftspanoramen und wühlt zusammen mit Koautor Gerard Lee und Koregisseur Garth Davis tief im dunklen Grund menschlicher Triebe. Die Ruhe auf der Oberfläche des titelgebenden Sees ist trügerisch: So archaisch die Landschaft ist, so wenig zivilisiert sind auch die Verhältnisse zwischen den Menschen.» (Filmfestival Cologne, Okt 2017)

RE:VISION

Vortragsreihe mit Thomas Binotto

Genau hinschauen, erneut hinschauen, anders hinschauen eröffnet unerwartete Perspektiven. In Kooperation mit der Volkshochschule und dem Publizisten Thomas Binotto lädt das Filmpodium bereits zur fünften Staffel der Vorlesungsserie «Re:vision».

RE:VISION 5 / 03

Mi 26.2. 18:30

Online sind Tickets zu Film und Vorlesung separat erhältlich; vergünstigte Kombitickets gibt es nur an der Kinokasse.

Jane Campion und der weibliche Blick – «the female gaze» –, das wird spätestens seit The Piano in einem Atemzug genannt. Dieser besondere Blick erschöpft sich allerdings nicht im Erzählen einer Frauengeschichte. Es geht um eine eigenständige Erzählperspektive. In seiner «Re:vision» geht Thomas Binotto deshalb auf Spurensuche: Wo wird der weibliche Blick sichtbar? Mit welchen Mitteln manifestiert sich «the Campion gaze»?

THE PIANO

Mo 17.2. 18:15 Mi 26.2. 20:15

So 16.3. 15:00

Jane Campion, Australien/Neuseeland/ Frankreich 1993, Farbe, 35 mm, E/d/f, 121

SE LECTION LUMIE RE

Der Wunschfilm unseres Fördervereins

THE POWER OF THE DOG

Fr 28.2. 20:45 Mi 26.3. 20:45

So 30.3. 18:00

Neuseeland, Australien 2021, Farbe, DCP, E/d, 126 REGIE und DREHBUCH Jane Campion KAMERA Ari Wegner MUSIK Jonny Greenwood SCHNITT Peter Sciberras MIT Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst, Jesse Plemons, Kodi Smit-McPhee, Thomasin McKenzie, Geneviève Lemon, Frances Conroy, Peter Carroll, Keith Carradine, Alison Bruce, Adam Beach.

GENERALVERSAMMLUNG LUMIÈRE

Mi 26.3. 19.00

Für Mitglieder des Filmpodium-Fördervereins, 60', anschl. Apéro

«Es mag ungewöhnlich erscheinen, dass sich die feministische Regisseurin Jane Campion an ein durch und durch männliches Genre wie den Western heranwagt, aber die Art und Weise, wie sie ihr Material hier subtil unterläuft, ist ebenso spektakulär wie die Landschaften und Bergpanoramen, die sie inszeniert. Die Geschichte, die auf einem nahezu unbekannten Roman von Thomas Savage aus dem Jahr 1967 basiert, wirkt auf den ersten Blick vertraut: Zwei sehr unterschiedliche, aber symbiotische Brüder, Phil und George, besitzen gemeinsam eine Farm in Montana. Sie werden in eine Reihe von langsam eskalierenden Streitigkeiten verwickelt, als einer von ihnen eine Frau, Rose, und ihren jugendlichen Sohn Peter nach Hause bringt, dessen Schüchternheit und Eigenarten von den machohaften Farmarbeitern brutal verspottet werden. Doch das Machtgleichgewicht verschiebt sich immer wieder.» (Stefan Grissemann, Viennale, Okt 2021)

Sind Sie Fan vom Filmpodium? Wollten Sie schon immer das Kinoprogramm mitbestimmen, den Besuch von Filmemacher:innen ermöglichen und die Vielfalt der Kinokultur in Zürich aktiv unterstützen? Dann werden Sie jetzt Mitglied bei Lumière, dem Förderverein des Filmpodiums Zürich. Als Mitglied sorgen Sie nicht nur für die Glanzlichter im Filmpodium, sondern können auch beim Wunschfilm-Programm «Sélection Lumière» mitmachen, erhalten Freikarten für ausgewählte Veranstaltungen und bekommen das Programmheft per Post nach Hause geschickt. Wir freuen uns über jedes neue Mitglied!

Werden auch Sie Mitglied und sorgen Sie für Glanzlichter im Filmpodium. Infos unter: filmpodium.ch/foerderverein-lumiere

Eine Kooperation von Filmpodium und Volkshochschule Zürich.

FILMGESCHICHTE DURCH DIE JAHRZEHNTE: VOM NEOREALISMUS BIS ZUR GEGENWART

Vorlesungsreihe des Seminars für Filmwissenschaft, Universität Zürich

Der zweite Teil der Überblicksvorlesung, «Filmgeschichte 2: vom Neorealismus bis zur Gegenwart», des Seminars für Filmwissenschaft der Universität Zürich findet auch in diesem Jahr als öffentliche Veranstaltung im Filmpodium statt. Er schliesst an den ersten Teil (Vom Kino der Attraktionen bis 1945) an und widmet sich einigen wichtigen filmhistorischen Bewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg, speziell der Entwicklung «neuer» Filmformen im europäischen (Neorealismus, Nouvelle Vague) und US­amerikanischen Film (Film noir) sowie in Filmbewegungen des «Globalen Südens» (Drittes Kino in Lateinamerika).

Do 20.2. 16:15 FILM NOIR gefolgt von GILDA

Do 27.2. 16:15 NEOREALISMUS gefolgt von ROMA CITTÀ APERTA

Do 6.3. 16:15 JAPANISCHES NACHKRIEGSKINO gefolgt von TOKYO MONOGATARI

Do 13.3. 16:15 NOUVELLE VAGUE gefolgt von CLÉO DE 5 À 7

Do 27.3. 16:15

DRITTES KINO: LATEINAMERIKA gefolgt von LA HORA DE LOS HORNOS – NEOKOLONIALISMUS UND GEWALT

Alle Vorlesungen werden von Fabienne Liptay gehalten (90 Minuten, Eintritt frei) und ergänzt durch anschliessende Filmvorführungen (übliche Eintrittspreise).

GILDA

Do 20.2. 18:30

USA 1946, sw, DCP, E, 110

REGIE Charles Vidor DREHBUCH Marion Parsonnet, Jo Eisinger, nach einer Erzählung von E. A. Ellington

KAMERA Rudolph Maté MUSIK Hugo Friedhofer

SCHNITT Charles Nelson MIT Rita Hayworth, Glenn Ford, George Macready, Joseph Calleia, Steven Geray, Joe Sawyer, Gerald Mohr, Robert Scott, Lionel Royce, S. Z. Martel.

In einem Casino in Buenos Aires, während des Zweiten Weltkriegs, trifft der Glücksspieler Johnny Farrell (Glenn Ford) auf seine ehemalige Liebe Gilda (Rita Hayworth). Sie ist nun die Ehefrau des Casinobesitzers Ballin (George Macready), seines neuen Bosses, der ihn damit beauftragt, auf sie aufzupassen. In den Augen Johnnys hat es Gilda nur auf das Geld Ballins abgesehen, dem sie untreu ist. Allerdings erweist sich dieser Eindruck schon bald als Schauspiel, das sie nur für ihn aufführt. Rita Hayworth spielt Gilda als verführerische Femme fatale, deren legendärer Stripteasetanz zum Song «Put the Blame on Mame» sie zur erotischen Ikone des Film noir machte. (fl)

«There is a sense in which the narrative itself takes the form of a striptease, peeling away the layers of Gilda’s disguises in order to reveal the ‹good› woman underneath, the one who will ‹go home› with Johnny.» (Mary Ann Doane, Gilda: Epistemology as Striptease, 1983)

Do 27.2. 18:30

Italien 1945, sw, DCP, I/d*, 105 REGIE Roberto Rossellini DREHBUCH Sergio Amidei, Federico Fellini, Ferruccio Disnan, Celeste Negarville, Roberto Rossellini, nach einer Geschichte von Sergio Amidei, Alberto Consiglio KAMERA Ubaldo Arata MUSIK Renzo Rossellini SCHNITT Eraldo Da Roma MIT Anna Magnani, Aldo Fabrizi, Marcello Pagliero, Maria Michi, Francesco Grandjacquet, Harry Feist, Vito Annichiarico, Giovanna Galletti.

Roma, città aperta bildet mit Paisà und Germania anno zero die Kriegstrilogie Rossellinis. Der Film spielt 1943/44 in Rom in den letzten Monaten der deutschen Besatzung und ist eine Chronik der Ereignisse des antifaschistischen Widerstands. Episodenhaft werden unterschiedliche Stellvertreter des Widerstands miteinander verbunden. Zu ihnen gehören der Priester Don Pietro, der Kommunist Manfredi, sein Freund Francesco und dessen schwangere Verlobte Pina, die von Anna Magnani gespielt wird. Als Francesco am Morgen ihrer Hochzeit von der SS abtransportiert wird und Pina ihm nachläuft, wird sie auf offener Strasse erschossen. Ihr Tod markiert zugleich den Beginn des Neorealismus. (fl)

«In einer Welt, die immer noch und schon wieder von Terror und Hass besessen ist», schreibt der Filmkritiker André Bazin 1948 als Zeitgenosse, «ist das italienische Kino sicher das einzige, das in der Zeit, die es beschreibt, einen revolutionären Humanismus bewahrt». (André Bazin, Der filmische Realismus und die italienische Schule nach der Befreiung, 1948)

TOKYO MONOGATARI DIE REISE NACH TOKYO

Do 6.3. 18:15

Japan 1953, sw, DCP, Jap/d/f, 136 REGIE Yasujiro Ozu DREHBUCH Kogo Noda, Yasujiro Ozu KAMERA Yuharu Atsuta MUSIK Takanobu Saito SCHNITT Yoshiyasu Hamamura MIT Chishu Ryu, Chieko Higashiyama, Setsuko Hara, Haruko Sugimura, Nobuo Nakamura, Kyoko Kagawa, So Yamamura, Kuniko Miyake, Eijiro Tono.

Tokyo monogatari gilt als der bedeutendste Film des japanischen Regisseurs Yasujiro Ozu. Es ist der dritte Teil einer Trilogie, die vom gesellschaftlichen Wandel Japans in der Nachkriegszeit erzählt. Im Zentrum steht Noriko, gespielt von Hara Setsuko, die zwischen traditionellen und modernen Lebensentwürfen vermittelt. Als verwitwete junge Frau, deren Mann im Zweiten Weltkrieg gefallen ist, kümmert sie sich als Einzige um die alten Schwiegereltern, als diese mit dem Zug nach Tokio reisen, um ihre Kinder zu besuchen, die zu beschäftigt sind und keine Zeit für sie haben. Der Film erzählt vom Verschwinden einer Generation im Umbruch zur Moderne, vom Wertewandel in der japanischen Gesellschaft und der Auflösung der bindenden Kräfte der Tradition. Am Schluss verliert die Erzählung die Figuren regelrecht aus den Augen, die Kamera entfernt sich von ihnen, als Noriko im Zug, den Blick zurückgerichtet, in eine ungewisse Zukunft aufbricht. (fl)

GILDA
CLÉO DE 5 À 7

Do 13.3. 18:30

Frankreich 1962, sw, DCP, F/d*, 90

REGIE und DREHBUCH Agnès Varda KAMERA Paul Bonis, Alain Levent, Jean Rabier MUSIK Michel Legrand SCHNITT Pascale Laverrière, Janine Verneau MIT Corinne Marchand, Antoine Bourseiller, Michel Legrand, Dorothée Blanck, Dominique Davray, José Luis de Villalonga, Jean-Luc Godard, Anna Karina, Eddie Constantine.

Die Tarotkarten, die Cléo zu Beginn des Films gelegt werden, sagen ihr den Tod voraus. In den folgenden zwei Stunden, zwischen fünf und sieben Uhr, in denen sie auf den Befund einer Krebsuntersuchung wartet, folgt ihr die Kamera auf Streifzügen durch Paris. Während der Dauer des Films vergehen die langen Minuten des Wartens scheinbar in Echtzeit. Nach einer Reihe von Begegnungen trifft sie einen fremden Soldaten, der sie am Vorabend seines Aufbruchs in den Algerienkrieg ins Spital begleitet. Agnès Vardas Cléo de 5 à 7 gilt als Meisterwerk der Nouvelle Vague, obwohl sie ihren Film selbst nie als Teil dieser Bewegung sah. Wenn die Nouvelle Vague ein persönliches Kino war, dessen Vertreter «mit der Kamera ‹Ich› sagen» (Norbert Grob), so geht es in Vardas Film immer auch um die Öffnung des Blicks hin auf andere. Mit den flüchtigen Begegnungen, die Cléo macht, werden andere Geschichten und Schicksale angedeutet, die die Sicht auf ihr eigenes Leben verändern. (fl)

LA HORA DE LOS HORNOS – NEOKOLONIALISMUS UND GEWALT

Do 27.3. 18:30

Argentinien 1968, sw, DCP, Sp/d, 88

REGIE Fernando E. Solanas DREHBUCH Fernando E. Solanas, Octavio Getino KAMERA Juan Carlos De Sanzo MUSIK Roberto Lar, Fernando E. Solanas SCHNITT Antonio Ripoll, Carlos Masías, Fernando E. Solanas MIT María de la Paz, Fernando E. Solanas, Edgardo Suárez.

La hora de los hornos ist das filmische Manifest für ein Drittes Kino. Im Zuge des dekolonialen Widerstands war das Dritte Kino sowohl gegen das kommerzielle Kino Hollywoods (das «erste» Kino) als auch gegen den europäischen Autorenfilm (das «zweite» Kino) gerichtet. Die argentinischen Filmemacher Fernando Solanas und Octavio Getino entwarfen das Dritte Kino als ein militantes Kino im Dienst der Revolution. Archivdokumente von kolonialer Gewalt, agitatorische Rhythmen, gesprochene Kommentare und Schriftinserts, die zur politischen Debatte und zum Kampf auffordern, bilden eine dichte Bild­ und Toncollage. (fl)

« La hora de los hornos war das bislang umfassendste, aktuellste und kühnste Beispiel eines sowohl formal als auch in den Zielvorstellungen neuartig konzipierten politischen Kinos; so ist auch die elektrisierende Wirkung dieses Films auf Filmemacher:innen überall in der Welt, insbesondere in Europa, zu erklären: Hier wurde das neue, alternative und militante Filmverständnis vorgeführt, nach dem viele bisher nur unklar gesucht hatten.» (Ulrich Gregor, Geschichte des Films ab 1960, 1978)

Wir zeigen LA HORA DE LOS HORNOS – NEOKOLONIALISMUS UND GEWALT, den ersten und bekanntesten Teil dieser dreiteiligen dokumentarischen Collage.

PREMIERE

Neue Serien – exklusiv im Filmpodium

Nach der Weltpremiere am Lido in Venedig im Herbst 2024 feiert

Thomas Vinterbergs visionäre Miniserie zur Klima­ und Migrationskrise nun im Filmpodium ihre exklusive Vorpremiere im deutschsprachigen Raum.

FAMILIES LIKE OURS FAMILIER SOM VORES

So 16.2. 16:45 EPISODEN 1 – 4, 190'

Fr 21.2. 20:00 EPISODEN 5 – 7, 150'

Dänemark 2024, Farbe, DCP, OV/e

REGIE Thomas Vinterberg DREHBUCH Thomas Vinterberg, Bo Hr. Hansen KAMERA Sturla Brandth Grøvlen

MUSIK Valentin Hadjadj SCHNITT Anne Østerud, Janus Billeskov Jansen MIT Amaryllis April Maltha August, Albert Rudbeck Lindhardt, Nikolaj Lie Kaas, Paprika Steen, Helene Reingaard Neumann, Magnus Millang, Esben Smed, David Dencik, Thomas Bo Larsen, Max Kaysen Høyrup, Asta Kamma August.

«Dänemark, in einer nicht allzu fernen Zukunft: Der steigende Wasserspiegel kann nicht länger ignoriert werden und dem Land droht die Evakuierung. Die Menschen zerstreuen sich in alle Richtungen und müssen sich von dem, was sie lieben, was sie kennen und wer sie sind, verabschieden (…). Diejenigen, die es sich leisten können, reisen in wohlhabende Länder, während die weniger Privilegierten auf eine staatlich finanzierte Umsiedlung an schwierigere Orte angewiesen sind. Im Mittelpunkt dieser dramatischen Ereignisse steht die wohlsituierte Patchworkfamilie von Laura, die nie erwartet hätte, dass es ihr an irgendetwas mangeln würde, geschweige denn an einem Land. Laura selber steht kurz vor ihrem Schulabschluss und ist zum ersten Mal verliebt. Als die Nachricht von der Evakuierung bekannt wird, ändert sich ihr Leben und das ihrer Familie für immer.» (La Biennale di Venezia, 2024)

«Wie Vinterbergs Meisterwerke Festen und Jagten (und sein mitreissender Oscar­Gewinner Der Rausch) ist die Miniserie gleichzeitig eine Sozialkritik und ein intimes Drama. Families Like Ours nähert sich der Realität des steigenden Wasserspiegels sowohl auf der Makroals auch auf der Mikroebene, um etwas zutiefst Menschliches und Universelles an unserem Dasein zu erkunden. Der Film verzichtet auf die unrealistischen Katastrophensequenzen im Stil von Roland Emmerich und setzt stattdessen auf spannungsgeladene Realitätsnähe. Ein Taifun wird die Protagonisten nicht umbringen; verzweifelte Plünderer, Menschenhändler, Hunger und Armut oder eine flüchtlingsfeindliche Stimmung könnten es aber. Das ist unsere Zukunft.» (Movieweb.com, Matt Mahler, 17.9.2024)

FAMILIENFILM

Vergnügen für Gross und Klein

FILM ­ WORKSHOP FÜR KINDER

Sa 8.3. und 29.3. ca. 30 ' , gratis, ohne Voranmeldung Leitung: Stefanie Schlüter, Filmvermittlerin

Im Anschluss an die beiden Vorstellungen bietet das Filmpodium einen Film-Workshop f ü r Kinder an. Die Kinder werden auf eine Entdeckungsreise durch die Welt der Filmsprache mitgenommen und an einzelne Szenen und Themen des Films herangeführt.

FANTOZZI

Sondervorstellung

FANTOZZI

Do 27.2. 20:45

Italien 1975, Farbe, DCP, I/d, 108 '

REGIE Luciano Salce DREHBUCH Leonardo Benvenuti, Piero De Bernardi, Luciano Salce, Paolo Villaggio, nach Geschichten aus zwei Büchern von Paolo Villaggio KAMERA Erico Menczer MUSIK Fabio Frizzi SCHNITT Amedeo Salfa MIT Paolo Villaggio, Anna Mazzamauro, Gigi Reder, Giuseppe Anatrelli, Umberto D’Orsi, Liù Bosisio, Bernardino Emmanuelli, Plinio Fernando, Elena Tricoli, Pietro Zardini, Artemio Antonini, Amerigo Alberani, Mirko Baiocchi, Luciano Bonanni, Ettore Geri, Giovanni Pazzafini.

Vor fünfzig Jahren kam Luciano Salces Fantozzi in die italienischen Kinos. Ausserhalb unseres südlichen Nachbarlandes eher unbekannt, schuf der Film (und seine Nachfolger) dort die wohl bekannteste Filmfigur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und vielleicht auch die italienischste. Schauspieler Paolo Villaggio schrieb die literarische Vorlage für das in Episoden erzählte Leben seiner Kultfigur, des Buchhalters Ugo Fantozzi, gleich selbst. Fantozzi ist bei einem mächtigen Grossunternehmen angestellt und wird sowohl von seinen Vorgesetzten als auch von seinen Kolleg:innen im besten Fall ignoriert, oft aber auch systematisch schikaniert. Sein Privatleben mit seiner Frau und seiner von allen wegen ihrer mangelnden Schönheit verhöhnten Tochter verhilft ebenfalls nicht zu seelischer Erleichterung. Selbst die Meteorologie verschwört sich gegen ihn: Wenn er in die Ferien fährt, verfolgt ihn, und nur (!) ihn, die berühmte «nuvola di Fantozzi», eine Wolke, die es selbst bei Sonnenschein auf sein Auto regnen lässt.

Die Ironie und der Schalk der Commedia all’italiana werden mit Fantozzi noch schwärzer, grotesker, bitterer. Während die traditionellen Komödien der Nachkriegszeit die Laster und Sehnsüchte des Kleinbürgertums noch mit

lieblicher Verve behandelten, führen Wirtschaftsordnung und Bürokratie der Post-BoomZeit bei Fantozzi bereits zu einer Entmenschlichung, Entfremdung und Unterdrückung des Individuums. Diese Radikalität spiegelt sich auch in der Filmform wider: Statt dem vom Neorealismus übernommenen Anspruch einer gewissen Authentizität früherer Filme zu folgen, bewegt sich Fantozzi bereits in einer metaphorischen, fast surrealen Welt –Fantozzis Wolke, ist da nur ein Beispiel – und seine Missgeschicke werden zudem von einer ironischen Erzählstimme eingeführt und kommentiert. Dennoch liegt das Geheimnis des Erfolgs der FantozziFilme darin, dass alle Italiener:innen das Gefühl haben, irgendwann in ihren Leben Fantozzi gewesen zu sein. In dem Sinn ist Fantozzi auch ein soziokultureller Archetypus, das Symbol des italienischen «vittimismo», dieser prädestinierten Opferrolle des durchschnittlichen Bürgers, der kein Chance gegen ein übermächtiges System hat. (tb)

50 JAHRE FANTOZZI –EIN ITALIENISCHER KULTFILM UNTER DER LUPE

Do 27.2. 20:45

Gespräch in Italienisch mit deutscher Übersetzung, ca. 45'

Im Anschluss an den Film findet eine Diskussion mit dem bedeutenden Philosophen Raffaele Alberto Ventura (Mailand, 1983) statt – mit seinem Buch «Teoria della classe disagiata» (Theorie der mittellosen Klasse) sorgte er 2017 in ganz Italien für Furore. Im Gespräch wird die tiefgründige Bedeutung des Phänomens Fantozzi für die italienische Gesellschaft weiter erörtert und auch der Versuch gemacht, die skurrile Figur für all jene zu illustrieren, die nicht im Kulturkreis der Halbinsel aufgewachsen sind. Moderation: Francesco Ziosi (Direktor Istituto Italiano di Cultura di Zurigo).

Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem Istituto Italiano di Cultura di Zurigo organisiert.

MIKROKOSMOS –DAS VOLK DER GRÄSER

Sa 8.3. 15:00 Sa 29.3. 15:00 Frankreich/Italien/Schweiz 1996, Farbe, 35 mm, ohne Dialoge, 74 ' , 6 (8) REGIE und DREHBUCH Claude Nuridsany, Marie Pérennou KAMERA Thierry Machado, Marie Pérennou, Hugues Ryffel, Claude Nuridsany MUSIK Bruno Coulais SCHNITT Florence Ricard, Marie-Josèphe Yoyotte.

«Frühmorgens auf einer Wiese, irgendwo auf dieser Erde. Aber in dieser Wiese verbirgt sich eine andere Welt, gross wie ein Planet. Wilde Gräser werden zum undurchdringlichen Dschungel, Steine wachsen zu Bergen an und selbst das kleinste Wasserloch verwandelt sich in einen Ozean. Der Lauf der Zeit erhält andere Dimensionen. Eine Stunde wird zu einem Tag, ein Tag zu einer Jahreszeit, und eine Jahreszeit dauert so lang wie ein Leben. Aber psst, ganz leise sein! Nur so können wir in diese Welt eindringen und ihren Geräuschen lauschen.» (Verleihtext)

«In einer der erfolgreichsten Kinodokumentationen aller Zeiten wird ein Stück Wiese zur Bühne, auf der Käfer, Spinnen und Raupen die Hauptrolle spielen. Extreme Makroaufnahmen ermöglichen eine Entdeckung der Insekten auf Augenhöhe und ein Kennenlernen ihrer Welt aus nächster Nähe. Es scheint, als seien die Betrachtenden selbst auf die Grösse eines Mikroorganismus geschrumpft. Grüne Wiesen wirken wie undurchdringliche Urwälder, Tautropfen werden zu riesengrossen Ballons. Extreme Nahaufnahmen wechseln sich ab mit grossen Totalen (Landschaftsbilder, Aufnahmen des Himmels mit Wolkenformationen und Stürmen) und kosmischen Ausblicken (Bilder der Sonne, des Monds und des Sternenhimmels). Der gekonnte Einsatz von Licht und Ton sorgt dafür, dass die Miniaturhauptdarsteller:innen wie Kreaturen in einem Fantasy-Thriller aussehen.» (frauenfilmfest.com, Mrz 2022)

ZÜRICHS JUWEL

Neue Ausstellungen

Hallyu! The Korean Wave 4 4 –1 7.8.2025 Japan de luxe 2 6.9.2025–25.5 .2026 Mongolei 24 10.2025–22.2.2026

IST EIN MUSEUM

ENTDECKEN SIE DIE KUNST DER WELT IM SCHÖNSTEN PARK DER STADT

Kulturinstitution der Stadt Zürich

Foto:

Die Ausstellung im Helmhaus «Wirtschaft mit Armut. Kunst ist Klasse!» versammelt Schweizer Gegenwartskünstler:innen, die Armut und Klasse sichtbar machen und produktiv verhandeln. In Kooperation mit dem Helmhaus zeigen wir zwei Werke, die sich an der Schnittstelle von Film und Bildender Kunst befinden.

KLASSENVERHÄLTNISSE AM BODENSEE

Mi 12.3. 18:00

Schweiz 2022, Farbe + sw, DCP, Dialekt/d, 82 REGIE und DREHBUCH Ariane Andereggen.

AMT FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT Vorfilm

Schweiz 2022, Farbe, Digital HD, Dialekt/D/E/d, 13 REGIE und DREHBUCH Nicolle Bussien.

FILMGESPRÄCH

FILM IST KLASSE

Das Helmhaus zu Gast

Mi 12.3. 18:00

Armut versteckt sich in der Schweiz meist in Statistiken. Und ein Klassenbewusstsein kommt erst langsam wieder auf. Im Anschluss an die Vorführungen von Klassenverhältnisse am Bodensee und Amt für Wirtschaft und Arbeit (Vorfilm) diskutieren Ariane Andereggen, Ted Gaier (Sound und Dramaturgie) und Nicolle Bussien zu Klasse und Klassismus – und zum Motiv der Hand, das in beiden Filmen eine wichtige Rolle spielt. Moderiert wird das Gespräch von der Gewerkschafterin, Aktivistin und Autorin Migmar Dolma.

24.01.–23.03.2025

Ariane Andereggen hat in der neu aufkeimenden Diskussion um Klasse und Klassismus mit ihrem Film früh einen wichtigen Beitrag geleistet: In Klassenverhältnisse am Bodensee beleuchtet sie die soziale Spaltung und den Klassismus in der Ostschweiz, wo sie aufgewachsen ist. Anhand von persönlichen Erinnerungen und umfangreichen Recherchen verweist der filmische Essay auf Lücken und Risse im denkmalgeschützten Selbstbild der Region, auch wenn dort niemand von einer Klassengesellschaft reden will.

Ergänzt wird der Film durch die Videoarbeit Amt für Wirtschaft und Arbeit von Nicolle Bussien. Die Künstlerin hat zusammen

mit der Anwältin Cora Schmid ein Gesetz geschrieben und ins Leben gerufen, das es Gerüchten zufolge bereits im alten Ägypten in ähnlicher Form gegeben hat und das darauf zielte, das Vermögen in der Gesellschaft umzuverteilen. Das Video von Nicolle Bussien beobachtet das zuständige Amt beim Umsetzen dieses revolutionären Gesetzes. (hb)

Eine

Kooperation mit dem Helmhaus

«Repérages» ist die neue Onlinezeitschrift der Cinémathèque suisse. Die erste Ausgabe entstand in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich und widmet sich unter dem Titel «Texte zum frühen feministischen Film der Schweiz» (herausgegeben von Caroline Schöbi, Linda Waack und Seraina Winzeler) dem feministischen Filmschaffen und der feministischen Filmkultur, die in der Schweiz ab den 1970er-Jahren entstand. Ausgangspunkt für das Projekt waren Bestände und Sammlungen der Cinémathèque suisse, die in den letzten Jahren aufgearbeitet, digitalisiert und den Autor:innen für die Texte zu Verfügung gestellt wurden. Tula Roy, Gertrud Pinkus, Marianne Pletscher, Lucienne Lanaz, Jacqueline Veuve, June Kovach oder Carole Roussopoulos – um nur einige zu nennen –bereiteten auch den Boden für jüngere Generationen.

FILM IN WORTEN

Neue Publikationen zum Film: «Repérages»

KURZFILMPROGRAMM

Mo 10.3. 18:15

DER FEMINISTISCHE FILM DER SCHWEIZ –DAMALS UND HEUTE

Mo 10.3. 18:15

Präsentation von «Repérages Nr. 01/2025» Im Anschluss folgt ein Kurzfilmprogramm und ein Gespräch mit Lea Bloch, Ella Rocca und Megane Brügger; Moderation: Rahel Jung (Totale).

Das Programm umfasst vier Kurzfilme, die auf unterschiedlichste formal­ästhetische und inhaltliche Weise Einblick ins zeitgenössische feministische Filmschaffen bieten. In Gravidité von Jela Hasler wartet eine junge Frau auf das Resultat ihres Schwangerschaftstests und ringt mit der Verantwortung, die ihr Körper mit sich bringt. Lea Blochs Letzte Nacht zeigt einen Freundeskreis, der sich mit den Folgen einer Grenzüberschreitung in der vergangenen Partynacht auseinandersetzen muss. Fragen zu Schuld, Verantwortung und Einverständnis drängen sich auf. Im Desktop-Essay Crushed konfrontiert sich Ella Rocca mit der eigenen obsessiven Verliebtheit und recherchiert, was dagegen zu tun ist. Internetfunde und ein Moment intimer Direktheit finden zusammen. Was bleibt von einer Mutter nach Jahren der häuslichen Gewalt? Was ist von ihrem Körper, ihrer Würde und ihrer Kraft übrig geblieben? Diese Fragen wirft der dokumentarische Kurzfilm Maman danse von Mégane Brügger auf und stösst auf Worte, Erinnerungen und ein paar Tanzschritte, die weitergegeben werden. (nv)

LA

Schweiz 2023, Farbe, DCP, Dialekt + F/d/f, 15

REGIE und DREHBUCH Jela Hasler KAMERA Carolina Steinbrecher MUSIK Mario Hänni SCHNITT Rebecca Trösch MIT Jenna Hasse, Guillaume Miramond, Maximilian Kraus.

LETZTE NACHT

Schweiz 2023, Farbe, DCP, Dialekt/d, 15 REGIE und DREHBUCH Lea Bloch KAMERA Natascha Vavrina SCHNITT Eleonora Camizzi MIT Pablo Caprez, Timon Kiefer, Ali Kandas, Benjamin Dangel, Mina Geisseler, Julie Rüfli, Alex Gut, Benie Loudie Matumona.

UND AUSSERDEM

CRUSHED

Schweiz 2022, Farbe, DCP, Dialekt/d, 8 REGIE, DREHBUCH und SCHNITT Ella Rocca KAMERA Sam de Mena Fernández MUSIK Beni Mosele. MAMAN DANSE

Schweiz 2024, Farbe, DCP, F/e, 23 ' REGIE und DREHBUCH Mégane Brügger KAMERA Nina Refondini SCHNITT Margot Sylvestre.

KARAOKE IN DER FILMPODIUM ­ LOUNGE

Sa 1.3. 21:00

Eintritt frei

Vom dunklen Kinosaal direkt in die funkelnde Welt des Karaokes? Gemeinsam mit Freund:innen Lieblingssongs zum Besten geben? Am 1. März schmeisst das Filmpodium die Karaokeanlage an und lädt ein, bis tief in die Nacht zu singen und zu tanzen. Ob legendäre Filmsongs oder kultige 80s-Hits: Unsere Playlist hat für jeden Musikgeschmack etwas auf Lager. Für Verpflegung sorgt unsere Bar Clemens im Foyer.

GRAVIDITÉ
Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Cinéma thèque suisse und der Universität Zürich
DIE MACHT DER MÄNNER (SETFOTO)
LETZTE NACHT
CRUSHED

JIA

7 TH ARAB FILM FESTIVAL ZURICH BRÜCKE ZÜRICH ­TBILISSI

28. PINK APPLE: QUEERES FILMFESTIVAL

ABC Content Sales, Sydney; Archives audiovisuelles

du canton de Neuchâtel, La Chaux-de-Fonds; Bande à Part Films, Lausanne; Sarah Baumeler; BBC, London; Christoph Brandt, Jérôme Brandt, Neuchâtel; British Film Institute, London; Cinecittà Luce, Rom; Cinecittà Intl., Rom; Cinémathèque des Monts Jura, SaintClaude; Cineteca Nazionale, Rom; The Coproduction Office, Paris; Cristaldifilm, Rom; ECAL/Ecole cantonale d'art de Lausanne, Renens; Frenetic Films, Zürich; Hochschule Luzern – Design Film Kunst, Emmen; Intramovies, Rom; Istituto Italiano di Cultura, Zürich; JMH Distribution, Neuenburg; Langfilm, Freienstein; Les Amis de la Cinémathèque suisse, Lausanne; Minerva Pictures, Rom; Missing Films, Berlin; Netflix, Los Gatos; New Zealand Film Commission, Wellington; Newen Studios, Paris; Le Pacte, Paris; Jacqueline Paratte; Park Circus, Glasgow; Pathé Distribution, Paris; Isabelle Perrinjaquet-Girard; Jean-Louis Porchet; Pyramide Distribution, Paris; Rai Cinema, Rom; Gérard Ruey, Nyon; Société des Forces Motrices du Châtelot SA, Les Planchettes; Studiocanal, Berlin; Surf Film, Rom; Titanus, Rom; trigon-film, Ennetbaden.

BILDNACHWEIS

Cover: LE MANI SULLA CITTÀ, Francesco Rosi; S. 2, 3: CADAVERI ECCELENTI, Francesco Rosi; S. 4: SALVATORE GIULIANO, Francesco Rosi; S. 15, 18: BRIGHT STAR, Jane Campion; S. 19: AN ANGEL AT MY TABLE, Jane Camion, ©Hibiscus Films; S. 20: THE PIANO, Jane Campion, ©ParkCircusStudioCanal; S. 22: GILDA, Charles Vidor, ©ColumbiaPictures; S. 27: DIE MACHT DER MÄNNER (Setfoto), Cristina Perincioli; S. 29: THE PIANO, Jane Campion, ©ParkCircusStudioCanal; S. 30, 31: SWEETIE, Jane Campion; Backcover: AN ANGEL AT MY TABLE, Jane Campion, ©Hibiscus Films

FILMTEXTE: Hannes Brühwiler (hb), Till Brockmann (tb), Fabienne Liptay (fl), Noëmi Vollenweider (nv)

DATABASE PUBLISHING BitBee Solutions GmbH, Zürich

GESTALTUNG UND ART DIRECTION Elektrosmog, Zürich, Marco Walser, Marina Brugger, Natalie Rickert BEWEGTBILDER SCHNITT Mia Born KORREKTORAT

Nina Haueter, Daliah Kohn, Dominik Süess

DRUCK Vogt-Schild Druck AG AUFLAGE 4500 Ex.

Drucksache myclimate.org/01-24-710184

Für die Produktion der Programmzeitung wurde Schweizer Recyclingpapier verwendet.

Das Filmpodium ist ein Angebot des PRÄSIDIALDEPARTEMENTS in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse, Lausanne/Zürich

LEITUNG Nicole Reinhard (nr) STV. LEITUNG Hannes Brühwiler (hb) VERANTWORTLICHER KOMMUNIKATION & MARKETING Lorenzo Berardelli (lb) REDAKTOR Till Brockmann (tb) PRAKTIKANTIN Noëmi Vollenweider (nv)

SEKRETARIAT Laura Wehrli (lw)

BÜRO

Postfach, 8022 Zürich +41 44 412 31 28 info@filmpodium.ch

KINO Nüschelerstr. 11, 8001 Zürich +41 44 415 33 66 www.filmpodium.ch

ABONNEMENTE & VERGÜNSTIGUNGEN

• Filmpodium-Generalabonnement: CHF 400.— (freier Eintritt zu allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft)

• Filmpodium-Halbtaxabonnement: CHF 80.— (halber Eintrittspreis bei allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft)

• Programm-Pass: CHF 60.— (freier Eintritt zu allen Vorstellungen einer Programmperiode)

• Abonnement Programmzeitung: CHF 20.—

Anmeldung an der Kinokasse +41 44 412 31 28 info@filmpodium.ch

Als Mitglied ermöglichen Sie nicht nur aussergewöhnliche Veranstaltungen im Filmpodium, sondern können auch beim Wunschfilm-Programm mitmachen, erhalten Freikarten für exklusive Events und bekommen die Programmzeitung gratis nach Hause geschickt.

THE PIANO JANE CAMPION
JANE CAMPION

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PROTEST UND ZIVILCOURAGE

AUGE IN AUGE MIT D EM JURA

EINE LANDSCHAFT ENTFALTEN

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