FEMALE FEMALE CHARACTERS CHARACTERS
THE WOMEN POP CULTURE WANTS YOU TO HATE
Sie sind zu anstrengend, zu lüstern, zu ambitioniert, zu mörderisch – und damit schlicht «unlikeable». Frauen, die konventionellen Rollenvorstellungen widersprechen, gab es in der Filmgeschichte zwar schon immer. Aber abgesehen von der so kurzen wie glorreichen Hollywood-Pre-CodeÄra, kommen sie damit erst seit den 2000er-Jahren ungeschoren davon. Das befreiende und identitätsstiftende Potenzial von herausfordernden, komplexen und damit realistischen Frauenfiguren ist im Mainstreamkino angekommen und wird von Publikum und Presse zu Recht gefeiert. Die britische Autorin Anna Bogutskaya begleitet in ihrem erfrischenden Buch «Unlikeable Female Characters: The Women Pop Culture Wants You to Hate» solche Frauen durch die letzten 100 Jahre Filmgeschichte. Gemeinsam mit dem Filmpodium hat sie diese Retrospektive kuratiert und kommt für eine Lecture nach Zürich. Mit dem Regie-Duo Carmen Jaquier und Jan Gassmann wird sie zudem in einem Podiumsgespräch über dessen Film Les paradis de Diane (Schweiz, 2024) diskutieren.
Essay von Anna Bogutskaya
«Unlikeable» ist ein schwieriges Wort. Kein deutsches Synonym greift, was es im Englischen meint. Dazu kommt, dass der Begriff mit vielen Konnotationen und Erwartungen belegt ist. Selten, wenn überhaupt, werden Männer als «unlikeable», also als «unsympathisch» oder gar «unangenehm», bezeichnet. Sie sind «schwierig», «schrecklich», «problematisch», aber ihre Sympathie wird nie infrage gestellt. Selbst im Jahr 2024 kann ein Projekt von Sofia Coppola mit Florence Pugh in der Hauptrolle noch daran scheitern, dass die Protagonistin als «zu unsympathisch» gilt. Die herrschenden Vorurteile scheinen sich trotz zahlreicher Kassenerfolge und Auszeichnungen irgendwie nicht ausräumen zu lassen.
Ich habe mein Buch «Unlikeable Female Characters: The Women Pop Culture Wants You to Hate» aus Frustration über den Begriff der «starken Frauenfiguren» geschrieben. Was soll das heissen? Dass alle Frauen stark sein
müssen? Ist eine Figur schlecht, wenn sie nicht hart im Nehmen, erfolgreich oder selbstbewusst ist? Stark bedeutet nicht zwangsläufig filmisch interessant oder fesselnd. Ich will Drama. Konflikte. Komplexität. Und manchmal bedeutet das, dass die Charaktere gerade nicht perfekt und alles andere als stark sind. In dieser Filmreihe geht es um solche Figuren, um Frauen, die in irgendeiner Weise zu viel sind: zu mächtig, zu gierig, zu lüstern, zu verrückt, zu gemein, zu laut.
Die neuen Lieblingsschurkinnen Unsympathische Frauenfiguren, vor allem jene aus Hollywood, sind Frauen, die Männer entweder wirtschaftlich, sozial oder emotional dominieren. Seit den Anfängen des Kinos gibt es Variationen dieses Typs. Die zensurfreie Pre-Code-Ära war ein frühes goldenes Zeitalter solch furchtloser Protagonistinnen. Selbst aus heutiger Sicht wirken sie erstaunlich modern. Sie waren oft gierig, rücksichtslos in ihren Absichten und ihrer Leidenschaft. Damit empörten sie das Publikum. Baby Face (1933), in dem eine junge Frau ihr Aussehen nutzt, um in der Gesellschaft aufzusteigen, ist einer der Filme, die für die Einführung des Hays Code verantwortlich gemacht werden.
Mae West war mit ihrem explosiven und bissigen Humor für kontroverses Verhalten bekannt. Sie hatte sogar einige Zeit im Gefängnis verbracht, weil sie ein Theaterstück mit dem Titel «Sex» inszeniert hatte. Später
dem Weltbestseller von Gillian Flynn basiert. Der Film erzählt die Geschichte der Entführung von Amy Dunne, einer zwielichtigen Protagonistin, die mit unseren Erwartungen an ein perfektes Opfer spielt: reich, weiss, blond und schön. Der ganze Film (bis hin zum Meta-Casting von Ben Affleck als Amys untreuer Ehemann) ist eine Meditation darüber, was Sympathie bedeutet und wie sie sich Geld, Geschlecht, Rasse und sozialer Status darin widerspiegeln.
Machtstatus
Im Kern geht es bei «unlikeability» um Macht: wer sie hat, wer sie nicht hat und was man tun kann, um sie zu bekommen. Dazu gehört auch, was es für Frauen bedeutet, Macht auszuüben. In Whatever Happened to Baby Jane? (1962) bedeutet Macht Schönheit, Jugend und Ruhm. Zwei ehemalige Schauspielerinnen sitzen gemeinsam in ihrer heruntergekommenen Hollywoodvilla fest und lassen bittere alte Erinnerungen aufleben. Der Film, der mit Joan Crawford und Bette Davis von zwei der grössten Hollywoodstars ihrer Generation getragen wird, ist beispiellos in seiner Darstellung von Ressentiments und weiblicher Wut. Ihr Zorn gilt der Tatsache, dass sie ausrangiert wurden. Die Filmindustrie, die sie einst feierte, interessiert sich schon lange nicht mehr für sie.
In Baise-moi (2000) ist Macht eine Waffe: Hinter dem provokanten Titel verbirgt sich die blutgetränkte Rachegeschichte zweier Sexarbeiterinnen, die einen Amoklauf durch Frankreich planen. Und in Lady Macbeth (2016) ist Macht Klasse: Eine frustrierte und gelangweilte Ehefrau im 19. Jahrhundert (Florence Pugh in ihrer ersten grossen Rolle) beginnt eine Affäre und reisst damit alle Menschen um sich herum ins Verderben.
wurde sie zu einem der bestbezahlten Drehbuchstars Hollywoods. I’m No Angel (1933), bei dem sie sich die Hauptrolle sozusagen auf den Leib geschrieben hatte, war ihr letzter Film, der nicht den strengen Zensoren zum Opfer fiel.
In den folgenden Dekaden, bis zum Aufkommen von New Hollywood in den 1970erJahren, waren unsympathische Frauenfiguren verschiedenen moralischen Wertvorstellungen unterworfen. Sie konnten zwar aus der Reihe tanzen, aber sie mussten am Ende bestraft werden, entweder mit sozialer Ächtung oder dem Tod. Dennoch gab es sie: Im mexikanischen Drama Doña Bárbara (1943) schreckt die gleichnamige Protagonistin nicht davor zurück, das Leben der Männer um sich herum zu ruinieren – nur um sie so leiden zu sehen, wie sie unter ihnen gelitten hat. Und im düsteren Melodram (dem typischen Terrain der unsympathischen Frauen) Leave Her to Heaven (1945) spielt Gene Tierney eine Figur, deren romantische Besessenheit ihr zum Verhängnis wird.
Als der Hays Code ausser Kraft gesetzt wurde, erfand Hollywood vertraute Genres neu, begrüsste moralisch zwielichtige Charaktere – und liess sie oft mit ihrem Fehlverhalten davonkommen. Nur wenige dieser Figuren ähneln wahren Schurkinnen à la Cruella de Vil. Viel eher sind sie heimtückischer Natur; sie arbeiten mit Lügen und spielen mit Täuschungen – entweder zu ihrem Vorteil oder zu ihrem Vergnügen. Die Marquise de Merteuil in Dangerous Liaisons (1988) lässt sich aus reiner Bosheit auf ein riskantes Spiel mit einem früheren Liebhaber ein, der sie einst verschmäht hatte. Pedro Almodóvars Tacones lejanos (1991) dagegen erfindet das Melodrama als Kampf zwischen einer ehrgeizigen, abwesenden Mutter und einer mörderischen Tochter neu. Bridget Gregory in The Last Seduction (1994) ist eine direkte Nachfahrin der Femmes fatales des Film noir. In ihrem Blut fliesst ein ordentlicher Schuss der «Gier ist gut»-Philosophie der 1980erJahre, was sie zu einer der skrupellosesten Figuren macht, die je auf der Leinwand zu sehen waren.
Im letzten Jahrzehnt haben wir eine Zunahme komplizierter, nicht klassifizierbarer Hauptdarstellerinnen erlebt. Ich zögere, sie als «unlikeable» zu bezeichnen, da sie vom Publikum, den Kritikern und der Branche gleichermassen geliebt werden. Vielleicht gibt es in der Hinsicht keinen einflussreicheren Film als Gone Girl (2014), der auf
Zudem lässt sich Macht auch erlernen. In der Highschool nimmt sie die Form eines bösen Mädchens an – eine Figur, die in allen Teenager-Medien auftaucht. Aber nur wenige waren so schwarzherzig wie die jungen Frauen in Heathers (1988), der Teeniekomödie schlechthin. Der Film existiert in einem zeitlichen Vakuum, in dem böse Mädchen und Mord untrennbar miteinander in Verbindung stehen.
Die Freude am Nichtstun
Aber das, was wir manchmal als unsympathisch bezeichnen, kann auch eine Frage des Unbehagens den eigenen Gefühlen gegenüber sein. Die Figuren in diesen Filmen wehren sich oft gegen überholte Normen. A Woman Under the Influence (1974) und Under the Skin (1997) wirken wie zwei Seiten derselben emotionalen Medaille. Im ersten Film gibt Gena Rowlands eine erschütternde Darstellung als Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs. Im zweiten nimmt uns Samantha Morton mit auf die selbstzerstörerische Reise einer Tochter, die nach dem Tod ihrer Mutter auf sich allein gestellt ist. Beide Frauen implodieren. Ein dritter Film, Huesera (2022), nutzt das Horrorgenre, um das Unbehagen seiner schwangeren Protagonistin über das ihr bevorstehende Mutterdasein zu erforschen – was an sich schon ein Tabu darstellt.
Aber unsympathische Frauenfiguren machen Spass. Das aktuelle Kino hat eine tiefgreifende, subversive Freude an komplizierten Hauptfiguren gefunden: Tár (2022) etwa zeigt den Abstieg einer Dirigentin, deren Missbrauchsmuster ans Licht kommen, in Anatomie d’une chute (2023) wird eine Schriftstellerin nicht nur wegen Mordes, sondern auch wegen ihrer «likeability» (oder des Mangels derselben) vor Gericht gestellt, und in Poor Things (2023) begibt sich die Frankenstein-ähnliche Schöpfung Bella Baxter auf eine sexuell gesteuerte Selbstfindungsreise, auf der alles neu, interessant und lebendig erscheint. Bella ist herrlich frei von den Regeln und der Scham, die gewöhnlich mit weiblichen Figuren einhergehen. Wenn sie das unsympathisch macht, dann soll es so sein.
Anna Bogutskaya ist Filmkuratorin, Kritikerin und Autorin von «Unlikeable Female Characters: The Women Pop Culture Wants You to Hate».
Übersetzung: Pamela Jahn
Für die Unterstützung danken wir:
6 FILMPODIUM 3 1. APR 15. MAI
UNDER THE SKIN
I ′ M NO ANGEL
Mo 1.4. 20:45 Sa 20.4. 15:00
Sa 4.5. 20:45
USA 1933, sw, DCP, E/d*, 87'
REGIE Wesley Ruggles DREHBUCH Mae West, Harlan Thompson KAMERA Leo Tover MUSIK Harvey Brooks SCHNITT Otho Lovering MIT Mae West, Edward Arnold, Cary Grant, Gregory Ratoff, Ralf Harolde, Kent Taylor, Dennis O’Keefe.
Die schöne, verführerische Tira (Mae West) ist eine viel bewunderte Zirkusartistin. Ihr neuster Verehrer, ein verheirateter New Yorker Promi namens Kirk Lawrence (Kent Taylor), überhäuft sie mit Geschenken. Kirks Cousin Jack Clayton (Cary Grant) versucht sie zu überreden, die Affäre zu beenden. Kurzum verlieben sich die beiden ineinander. Aber als ihr neu gefundenes Glück Tira immer mehr von der Bühne fernhält, plant ihr Chef, die Verlobung zu lösen, um sie für immer an den Zirkus zu binden. (pj)
«Regisseur Wesley Ruggles lässt den Dingen in seinem Film fast uneingeschränkt freien Lauf und konzentriert sich auf die heisse West, die mit frechen Sprüchen voller sexueller Anspielungen um sich wirft.» (Dennis Schwartz, Ozu's World Movie Reviews, 17.1.2011)
LEAVE HER TO HEAVEN
Sa 13.4. 18:15 Di 30.4. 20:45
USA 1945, Farbe, 35 mm, E/e*, 110'
REGIE John M. Stahl DREHBUCH Jo Swerling, nach dem gleichnamigen Roman von Ben Ames Williams
KAMERA Leon Shamroy MUSIK Alfred Newman
SCHNITT James B. Clark MIT Gene Tierney, Cornel Wilde, Jeanne Crain, Vincent Price, Mary Philips, Ray Collins, Gene Lockhart, Reed Hadley.
John M. Stahls superbes Noir-Melodram in Technicolor zeigt Gene Tierney als Ellen, eine attraktive junge Dame mit Vaterkomplex und Hang zur Intrige. Getrieben von einer krankhaften Eifersucht setzt sie erst ihre frische Ehe mit Richard (Cornel Wilde) und schliesslich ihr eigenes Leben aufs Spiel, in dem sie alles und jeden aus dem Weg räumt, der ihr Glück stören könnte. (pj)
«Regisseur John M. Stahl inszenierte das schwarze Melodram kunstvoll in Form einer langen Rückblende. Gene Tierneys maskenhafte Schönheit steht in reizvollem Kontrast zu ihren seelischen Abgründen.» (cinema.de)
DOÑA BÁRBARA
So 28.4. 20:45 Fr 10.5. 15:00 Mexiko 1943, sw, DCP, Sp/e, 138' REGIE Fernando de Fuentes Miguel M. Delgado DREHBUCH Fernando de Fuentes, Rómulo Gallegos, nach seinem gleichnamigen Roman KAMERA Alex Phillips MUSIK Francisco Domínguez SCHNITT Charles L. Kimball MIT María Félix, Julián Soler, María Elena Marqués, Andrés Soler, Charles Rooner.
Als Santos Luzardo (Julián Soler) ins venezolanische Flachland zurückkehrt, um ein Stück Land einzufordern, das rechtmässig ihm gehört, wird er mit seiner skrupellosen Nachbarin Doña Bárbara (María Félix) konfrontiert, die sich des Grundstücks in seiner Abwesenheit bemächtigt hat. Doñas Leben ist von einer tragischen Vergangenheit gezeichnet: Sie hat den Mann, den sie liebte, verloren und eine Vergewaltigung überlebt. In ihrer tiefen Verbitterung waltet sie über die Menschen um sich herum mit einer Mischung aus Arglist und Hexerei. Als sie sich überraschend in Santos verliebt, ist der bereits mit ihrer verstossenen Tochter liiert – was Doñas Bosheit nur noch mehr erzürnt. María Félix verkörpert in Fernando de Fuentes’ intrigenreichem Western-Melodram, einer Adaption des Romans von Rómulo Gallegos, eine der berühmtesten Antiheldinnen in der lateinamerikanischen Literatur. Sie spielt sie mit dem nötigen Stolz, viel Verve und Würde, vom ersten bis zum letzten Augenblick. (pj)
WHAT EVER HAPPENED TO BABY JANE?
Mi 3.4. 15:00 Mi 8.5. 20:45
Sa 11.5. 20:45
USA 1962, sw, DCP, E/d*, 132'
REGIE Robert Aldrich DREHBUCH Lukas Heller, nach dem gleichnamigen Roman von Henry Farrell KAMERA Ernest Haller MUSIK Frank De Vol SCHNITT Michael Luciano MIT Bette Davis, Joan Crawford Victor Buono, Anna Lee, Maidie Norman, Marjorie Bennett, Dave Willock, Anne Barton, Barbara D. Merrill.
Bette Davis und Joan Crawford liefern sich ein famoses Leinwand-Duell als zerstrittene Schwestern, die einst beide im Showbiz Karriere gemacht haben – die eine als Varieté-Star, die andere als Schauspielerin. Nach einem Unfall sitzt Blanche, die Ältere, im Rollstuhl. Jane übernimmt die Rolle ihrer Pflegerin. Doch anstatt zusammenzuhalten, machen sie sich das Leben gegenseitig zur Hölle. Zunächst schwelt der physische und psychische Terror auf einer sehr zurückhaltenden Ebene. Doch in der konsequenten Wahnsteigerung seiner Titelfigur findet Regisseur Robert Aldrich zunehmend horrorartige Elemente, die unter die Haut gehen. (pj)
«Der eindrückliche Film bietet Paraderollen für die beiden gealterten Diven Bette Davis und Joan Crawford, die in ihren exaltierten Charakteren aufgehen und ihre ganze Leinwanderfahrung ausspielen.» (Lexikon des int. Films)
HEATHERS
LA TÍA TULA
Fr 12.4. 20:45 Do 9.5. 15:00
Spanien 1964, sw, 35 mm, Sp/e*, 109'
REGIE Miguel Picazo DREHBUCH Luis Sanchez Enziso, José Miguel Hernán, Manuel López Yubero, Miguel Picazo, nach dem gleichnamigen Roman von Miguel de Unamuno KAMERA Juan Julio Baena MUSIK Antonio Pérez Olea SCHNITT Pedro del Rey MIT Aurora Bautista, Carlos Estrada, Irene Gutiérrez Caba, Laly Soldevila, Paul Ellis, Enriqueta Carballeira. Zu sehen ist eine selten gezeigte 35-mm-Kopie. Als ihre Schwester stirbt, beschliesst Tula, eine 31-jährige unverheiratete Frau, ihren Schwager Ramiro und dessen zwei Söhne zu sich zu holen. Sie übernimmt die Führung ihres Alltags, spielt Ehefrau und Mutter, will aber nicht die erzieherische Verantwortung für die Kinder übernehmen und weist die Avancen ihres Schwagers zurück. Gleichzeitig kritisiert sie aber auch Ramiros Interesse an anderen Frauen. Als Tula mit ihrem Schwager und den Neffen auf einen Wochenendausflug zu ihrem Onkel in ein nahe gelegenes Dorf geht, überstürzen sich die Ereignisse. (pj)
«So gut wie die Regie und das sehr nuancierte, subtile Drehbuch ist auch die Schauspielerei. Aurora Bautista brilliert als Tula: eine würdevolle, unaufgeregte Frau, aber auch die Tula, die von alldem, was ihr widerfährt, emotional erschüttert wird.» (Cid Vasconcelos, madhulikaliddle.com, 8.2.2013)
A WOMAN UNDER THE INFLUENCE
Mi 10.4. 15:00 Sa 20.4. 20:15
Mi 1.5. 20:15
USA 1974, Farbe, 35 mm, E/d, 155'
REGIE UND DREHBUCH John Cassavetes KAMERA
Mitch Breit, Al Ruban MUSIK Bo Harwood SCHNITT
David Armstrong, Sheila Viseltear MIT Peter Falk, Gena Rowlands, Fred Draper, Matthew Labyorteaux, Matthew Cassel, Katherine Cassavetes.
In einer amerikanischen Vorstadtsiedlung versucht eine Frau Mitte dreissig verzweifelt, ihrer Rolle als Ehefrau, Hausfrau und Mutter dreier Kinder gerecht zu werden. Ihr Mann reagiert mit hilfloser Bevormundung, als er ihren Nervenzusammenbruch kommen sieht. (pj) «Cassavetes’ wohl berühmtester Film ist ein Zeitdokument vom Rang der Bergman’schen Szenen einer Ehe : In den mittleren siebziger Jahren aufsehenerregend, weil kaum jemand zuvor so kompromisslos das verdrängte gesellschaftliche Drama der Hausfrauen und Mütter aufgezeigt hatte, heute in seiner ganzen schmerzhaften Hysterie noch immer grossartig, weil er zu seinem verheerenden Befund ohne jede Denunziation, sondern mit äusserst liebe- und humorvoller Zeichnung seiner Figuren gelangt.» (Andreas Furler, Filmpodium, Oktober/ November 2005)
HEATHERS
Fr 19.4. 20:45 Sa 4.5. 15:00
Di 7.5. 18:30
USA 1988, Farbe, Digital HD, E/d, 103'
REGIE Michael Lehmann DREHBUCH Daniel Waters
KAMERA Francis Kenny MUSIK David Newman
SCHNITT Norman Hollyn MIT Winona Ryder, Christian Slater, Shannen Doherty, Lisanne Falk, Kim Walker, Penelope Milford.
«Die Westerburg-Highschool ist die Hölle auf Erden – jedenfalls für diejenigen Schüler:innen, die nicht zu einer der elitären Cliquen gehören. An oberster Stelle der pubertären Hackordnung stehen die Heathers, drei Mädchen mit dem gleichen Vornamen, die als Massstab auf jedem relevanten Gebiet gelten –sie sind die Coolsten und Schicksten, aber auch die Eingebildetsten und Gemeinsten. Da kommt ein Neuer: J. D., mit schwarzer Lederjacke, schwerer Maschine und grosskalibrigem Revolver erweist er sich als noch cooler, wenn auch extremer in seinen Methoden. Nun beginnt eine rätselhafte und kuriose Selbstmordserie (...). Eine unkonventionelle Kriminalkomödie, die ungeniert die Highschool-Gesellschaft, lediglich eine Vorstufe der realen Sozietät, als eine auf Lügen, Schein und Hinterlist basierende Image-Welt attackiert, in der die Probleme anderer leidlich ausgenutzt werden.» (filmkreis.de)
DANGEROUS LIAISONS
Fr 5.4. 15:00 Do 11.4. 20:45
Sa 27.4. 20:45
GB/USA 1988, Farbe, 35 mm, E/d/f, 119' REGIE Stephen Frears DREHBUCH Christopher Hampton, nach seinem Theaterstück, beruhend auf dem gleichnamigen Briefroman von Choderlos de Laclos KAMERA Philippe Rousselot MUSIK George Fenton SCHNITT Mick Audsley MIT Glenn Close, John Malkovich, Michelle Pfeiffer, Swoosie Kurtz, Keanu Reeves, Uma Thurman, Mildred Natwick, Peter Capaldi, Joe Sheridan, Valerie Gogan.
«Die schöne, reife Marquise de Merteuil will den reptilhaften Lebemann Valmont, einen verflossenen Geliebten, für eine Nacht in ihren Schoss zurücklocken. Dafür soll er aber zuerst die keusche Cécile entjungfern. Valmont jedoch, dem solche Aufgaben zu leichtgewichtig sind, will seinerseits, dass ihm die Marquise den Zugang zu Lustbarkeiten mit der frommen, verheirateten Madame de Tourvel verschafft. Es beginnt ein grausamer Ball der falschen Gefühle.» (Michael Lang, SonntagsZeitung)
Glenn Close spielt die Marquise «wie eine Python, die sich um ihre Beute windet und auf den richtigen Moment wartet, um ihr den Atem abzudrücken. Elektrisierend und erotisch. Die Verwandlung geschieht fast unmerklich, bis sie sich – aufflammend in Valmonts Gesicht – auf der Leinwand zeigt.» (Anna Bogutskaya, Unlikeable Female Characters, 2023)
7 FILMPODIUM 3 1. APR 15. MAI
I′M NO ANGEL
TACONES LEJANOS
Sa 6.4. 21:00 Fr 12.4. 15:00
So 5.5. 18:15
Spanien/Frankreich 1991, Farbe, 35 mm, Sp/d/f, 112'
REGIE Pedro Almodóvar DREHBUCH Pedro Almodóvar
KAMERA Alfredo F. Mayo MUSIK Ryuichi Sakamoto
SCHNITT José Salcedo MIT Victoria Abril, Marisa Paredes, Miguel Bosé, Pedro Díez del Corral, Féodor Atkine, Ana Lizarán, Bibiana Fernández.
«Wenn ein bedeutender Mann in seinem Bett erschossen aufgefunden wird und er an seinem letzten Abend drei Damen nacheinander zu Besuch hatte, seine Geliebte, seine Ehefrau und seine Schwiegermutter, mit der er ebenfalls ein Verhältnis unterhielt – dann müsste der diensthabende Kommissar kaum weiter nach Verdächtigen suchen. Doch durch die Affäre geistert auch ein Fremder von chamäleonhaft wechselndem Aussehen. (...) Pedro Almodóvar hat wieder mal ins volle Menschenleben gegriffen. In seinem Psychothriller
Tacones lejanos fechten Marisa Paredes und Victoria Abril ein furioses Mutter-TochterDuell aus, das sich, mit Exkursen ins Musical, um Spielregeln des Genres nicht schert: Bei Geständnissen wird so schamlos gelogen, noch auf dem Sterbebett, dass sogar das knallbunte Dekor erröten möchte.» (Der Spiegel, 16.3.1992)
THE LAST SEDUCTION
Mi 3.4. 20:15 Di 23.4. 18:30
So 12.5. 20:15
GB/USA 1994, Farbe, 35 mm, E/d/f, 106' REGIE John Dahl DREHBUCH Steve Barancik KAMERA Jeffrey Jur MUSIK Joseph Vitarelli SCHNITT Eric L. Beason MIT Linda Fiorentino, Bill Pullman, Peter Berg, Dean Norris, J. T. Walsh, Bill Nunn, Donna W. Scott.
Um ihrer unglücklichen Ehe zu entfliehen, überredet Bridget, eine Vollblut-Femme-fatale, ihren Mann Clay, Kokain zu verkaufen. Mit dem Gewinn macht sie sich prompt aus dem Staub. Auf dem Weg nach Chicago wird der Versicherungsmann Mike Swale ihr nächstes Opfer. Als er ihr einen Job gibt, überredet sie ihn zu einem krummen Geschäft – aber die Dinge nehmen eine tödliche Wendung, als Bridget obendrein ihren Mann loszuwerden versucht. (pj)
«Hier ist kein Platz für Tugendhaftigkeit; wir erleben Bridget als eine entfesselte Frau. (...) ‹Dich habe ich als meinen Stecher auserkoren›, sagt sie zu dem unglücklichen Kerl aus der Bar. Bridget spielt gern mit Erwartungen und Gefühlen, und sie ist gut darin. Sie ist eine Meisterin der Manipulation. Sie verliebt sich nicht. Sie bekommt einfach, was sie will – sei es Sex, Geld oder einen Manhattan.» (Anna Bogutskaya, Unlikeable Female Characters, 2023)
LA CÉRÉMONIE
Sa 6.4. 18:30 Mi 17.4. 20:45
Mi 24.4. 15:00
Frankreich/Deutschland 1995, Farbe, 35 mm, F/d, 112' REGIE Claude Chabrol DREHBUCH Caroline Eliacheff, Claude Chabrol, nach dem Roman «A Judgement in Stone» von Ruth Rendell KAMERA Bernard Zitzermann MUSIK Matthieu Chabrol SCHNITT Monique Fardoulis MIT Isabelle Huppert, Sandrine Bonnaire, Jacqueline Bisset, Jean-Pierre Cassel, Virginie Ledoyen.
In La Cérémonie geht es um Mord. Doch zunächst geht es um Isabelle Huppert als Jeanne, die ruppige Postbotin in einer französischen Kleinstadt, und Sandrine Bonnaire als Sophie, eine junge Frau, die eine Stelle als Dienstmädchen bei der Familie Lelièvre annimmt. Von Anfang an ist die Spannung da. Doch nichts ist alarmierend. Einfach nur der Alltag, der mit akribischer Sorgfalt aufgezeichnet wird. Auf der einen Seite das Zeremoniell der Provinzbourgeoisie, auf der anderen Seite Sophies Arbeit, ihre Isolation und ihre Eskapaden mit Jeanne. (pj)
«Es ist ein schwarzhumoriger, heimtückisch entwickelter Klassenkampf, den Chabrol uns da in seiner typischen Art serviert. Mit zwei brillant auftrumpfenden proletarischen Heldinnen. Isabelle Huppert und Sandrine Bonnaire glänzen zwischen kindlicher Unschuld und teuflischem Wahnsinn als Duo infernale, dessen aufgestaute Aggressionen gegen das Grossbürgertum sich schliesslich in einem finalen Gewaltakt entladen.» (Albert Bär, Filmclub 813)
EINE UNVOLLSTÄNDIGE GESCHICHTE UNBEQUEMER FRAUEN FIGUREN
Mi 3.4. 20:15
Vortrag von Anna Bogutskaya in englischer Sprache (40'), anschliessend: THE LAST SEDUCTION
Die Filmgeschichte ist voller Auslassungen und verborgener Geschichten. Es gibt eine reiche Tradition von selbstbestimmten, trotzigen, oft unbequemen, aber immer charismatischen Antiheldinnen im Kino, die allzu leicht als «Miststücke» oder «Schlampen» –als «unlikeable» – abgetan und damit als Box-OfficeGift eingestuft werden. Über wen und warum wir so urteilen, verrät jedoch auch viel über uns selbst. Freuen Sie sich auf eine Einführung in die Welt der unsympathischen weiblichen Figuren im Film von der Pre-Code-Ära bis zu zeitgenössischen preisgekrönten Werken. und entdecken Sie die unterschiedlichen Schattierungen des Unsympathischen.
UNDER THE SKIN
Di 9.4. 20:45 Di 14.5. 18:30
GB 1997, Farbe, 35 mm, E/e*, 82' REGIE UND DREHBUCH Carine Adler KAMERA Barry Ackroyd MUSIK Ilona Sekacz SCHNITT Ewa J. Lind MIT Samantha Morton, Claire Rushbrook, Rita Tushingham, Christine Tremarco, Stuart Townsend, Matthew Delamere.
«Von klein auf hat sich die zarte Iris im Schatten der properen Schwester Rose als ungeliebtes Mauerblümchen gefühlt. Nun, angesichts der sterbenden Mutter, brechen in der 19-Jährigen Selbsthass, Liebesverlangen und Eifersucht hervor, die Trauerarbeit wird zum selbstzerstörerischen Sex-Trip. Der erste Spielfilm der jungen Britin Carine Adler ist ein kühnes, expressives Stück Frauenkino, und er hat mit der legendären Rita Tush ingham als Mutter und der Newcomerin Samantha Morton als Tochter ein fesselndes Front-Duo.» (spiegel.de, 6.12.1998)
BAISE-MOI
Mo 15.4. 20:30 Mo 13.5. 21:00
Frankreich 2000, Farbe, 35 mm, F/d, 77' REGIE Virginie Despentes, DREHBUCH Virginie Despentes, Coralie Trinh Thi, nach dem gleichnamigen Roman von Virginie Despentes KAMERA Benoît Chamaillard, Julien Pamart MUSIK Varou Jan SCHNITT Aïlo Auguste-Judith, Francine Lemaitre, Véronique Rosa MIT Karen Lancaume, Raffaëla Anderson, Patrick Eudeline, Ouassini Embarek.
Ihren eigenen Roman als Basis verwendend, inszeniert Virginie Despentes die Sex- und Mordtour zweier nihilistischer junger Frauen, des Vergewaltigungsopfers Manu (Raffaëla Anderson) und der Prostituierten Nadine (Karen Bach). Beide wurden von Männern verletzt und enttäuscht, davon haben sie die Nase voll. Also tun sie sich auf ihre postfeministische, postmoderne Art zusammen, um Rache zu nehmen. (pj)
«In seiner Direktheit und Kompromisslosigkeit erinnert Baise-moi in den besten Momenten an die Film-Performances aus der Warhol-Factory. Auch sonst denkt man an das ungehobelte, wilde Kino der späten Sechziger, als das Brechen gesellschaftlicher Tabus im Zentrum vieler Werke stand. (...) Aber zu leicht übersieht man hinter manch grellem Bild die gefühlvolle Geschichte, die erzählt wird. Und wie das geschieht, kann sogar einfach Spass machen.» (Rüdiger Suchsland, arteschock.de)
THE REUNION ÅTERTRÄFFEN
Mo 8.4. 18:30 Mi 8.5. 15:00
Schweden 2013, Farbe, DCP, Schwed/d/f, 88' REGIE UND DREHBUCH Anna Odell KAMERA Ragna Jorming SCHNITT Kristin Grundström MIT Anna Odell, Anders Berg, Sandra Andreis, Erik Ehn, Niklas Engdahl, Per Fenger-Krog, Robert Fransson.
Zwanzig Jahre nach ihrem Schulabschluss in Stockholm veranstalten die Schüler von einst ein Klassentreffen, das jeden Anstrich von verklärend-romantisierender Nostalgie einbüsst, als eine Frau die übrigen Anwesenden mit ihrer neunjährigen Leidenszeit konfrontiert: Damals wurde sie gehänselt, ausgegrenzt und als Aussenseiterin stigmatisiert, nun will sie mit ihren Peinigern ins Gericht gehen. An der Schnittstelle von Fiktion und Dokument stellt sich die Filmemacherin Anna Odell selbst ins Zentrum der Handlung und hinterfragt schonungslos die Gruppendynamik und die Hierarchien ihrer alten Klasse. (pj)
«Wie Anna Odell hier mit ihrer eigenen Vergangenheit und Gegenwart umgeht, ist ungewöhnlich. Ihr ist damit ein bemerkenswerter Film gelungen, der einem gesellschaftlichen Experiment gleicht.» (Swantje Oppermann, outnow.ch, 10.9.2013)
GONE GIRL
Sa 13.4. 20:45 Mi 17.4. 15:00
Do 9.5. 20:45
USA 2014, Farbe, DCP, E/d*, 149'
REGIE David Fincher DREHBUCH Gillian Flynn, nach seinem gleichnamigen Roman KAMERA Jeff Cronenweth MUSIK Trent Reznor, Atticus Ross SCHNITT Kirk Baxter MIT Ben Affleck, Rosamund Pike, Neil Patrick Harris, Tyler Perry.
Ein warmer Sommermorgen in Missouri: Nick (Ben Affleck) und Amy Dunne (Rosamund Pike) wollten heute eigentlich ihren fünften Hochzeitstag feiern, doch die Frau ist plötzlich verschwunden. Als sie nicht wieder auftaucht, gerät Nick ins Visier der ermittelnden Polizisten. Er besteht zwar auf seine Unschuld, verstrickt sich aber immer mehr in ein Netz aus Lügen und Verrat. (pj)
«Fast zwanzig Jahre nach der Veröffentlichung von Gillian Flynns Roman «Gone Girl» rätseln wir immer noch, ob Amy Dunne eine Psychopathin, eine Soziopathin, eine Femme fatale, eine verschmähte Frau oder etwas ganz anderes ist. Keine Antiheldin war jemals ein grösserer Rorschach-Test für die Moral als sie. Es ist unmöglich, Amy Dunne als eine einzige Sache zu definieren. Sie ist unerträglich selbstgefällig, nervig, furchteinflössend – und doch unwiderstehlich. Ihr Narzissmus, ihr Anspruch und ihre Rücksichtslosigkeit sind erschreckend – und so verdammt sehenswert.» (Anna Bogutskaya, Unlikeable Female Characters, 2023)
LADY MACBETH
So 14.4. 20:45 Fr 3.5. 15:00
GB 2016, Farbe, Digital HD, E/d, 89' REGIE William Oldroyd DREHBUCH Alice Birch, nach der Novelle «Die Lady Macbeth von Mzensk» von Nikolai Leskov KAMERA Ari Wegner MUSIK Dan Jones SCHNITT Nick Emerson MIT Florence Pugh, Cosmo Jarvis, Paul Hilton, Naomi Ackie, Christopher Fairbank.
«England, 1856: Die Zumutungen des Tages beginnen für die junge Frau mit dem Wecken durch die Kammerzofe. Nach dem Aufstehen werden ihr brutal die langen Haare gekämmt, darauf folgt das Martyrium des Einschnürens ins Mieder, das ihr kaum Raum zum Atmen lässt. Dann ist Katherine (Florence Pugh) präsentabel und bereit für einen weiteren Tag in maximaler Stumpfsinnigkeit.» ( Oliver Kaever, Der Spiegel, 31.10.2017)
«Wenn die Männer auf Geschäftsreise sind, bleibt sie allein, bis die ganze Grafschaft weiss, dass sie mit dem Stallknecht Sebastian (Cosmo Jarvis) schläft – ihre dringenden sexuellen Begegnungen lassen ihnen kaum Zeit, sich zu entkleiden. Katherines kühne Reaktion besteht nicht darin, ihre Schande zu verbergen, sondern diejenigen zu töten, die sie entlarven oder die ihren Ehrgeiz, Herrin über sich selbst und den Haushalt zu sein, vereiteln könnten.» (Pamela Hutchinson, Sight & Sound, Mai 2017)
8 FILMPODIUM 3 1. APR 15. MAI
LA CÉRÉMONIE
QUEEN OF HEARTS DRONNINGEN
Mi 24.4. 18:00 Mi 1.5. 15:00
Dänemark/Schweden 2019, Farbe, DCP, Dän+Schwed/d, 128'
REGIE May el-Toukhy DREHBUCH Maren Louise Käehne, May el-Toukhy KAMERA Jasper Spanning MUSIK Jon Ekstrand SCHNITT Rasmus Stensgaard Madsen MIT Trine Dyrholm, Gustav Lindh, Magnus Krepper, Liv Esmår Dannemann, Silja E. Dannemann.
Trine Dyrholm ist Anne, eine versierte Anwältin, die gerade das Opfer in einem Vergewaltigungsfall vertritt. Sie ist mit dem Arzt Peter verheiratet, sie haben zwei Kinder, aber ihr perfektes Leben hat etwas emotional Stagnierendes an sich. Die Probleme kommen umso deutlicher zum Vorschein, als Peters aggressiver Teenager-Sohn Gustav bei ihnen einzieht. Anne ertappt Gustav beim Stehlen und setzt ihn damit unter Druck. Bald haben sie eine Affäre... (pj)
«Das Herzstück dieser eleganten, unheimlichen Geschichte ist Dyrholms souveräne Darstellung in all ihrem rechtschaffenen Charme, ihrer Klarheit und Bösartigkeit. Sie verhindert, dass der Film zu einem leicht verdaulichen moralischen Thriller wird, und lenkt ihn stattdessen auf überzeugende Weise in Richtung einer seelenzerschmetternden Tragödie.» (Robert Abele, Los Angeles Times, 31.10.2019)
SHIVA BABY
So 7.4. 20:45 Di 16.4. 18:30
Do 2.5. 21:15
USA/Kanada 2020, Farbe, DCP, E/d*, 78'
REGIE UND DREHBUCH Emma Seligman KAMERA
Maria Rusche MUSIK Ariel Marx SCHNITT Hanna Park
MIT Rachel Sennott, Molly Gordon, Polly Draper, Fred Melamed, Danny Deferrari, Dianna Agron.
Eine junge Frau wird auf einer jüdischen Trauerfeier mit den Unzulänglichkeiten ihres beruflich wie privat ungeordneten Lebens konfrontiert: mit einer Kindheitsfreundin, mit der sie eine ungeklärte Affäre verbindet, mit einem verheirateten Mann, mit dem sie für Geld schläft. (pj)
«Am Ende von Shiva Baby fühlt man sich exakt so, wie die Hauptfigur zu diesem Zeitpunkt aussieht: derangiert und völlig erschöpft. Und doch würde man sich den Film am liebsten gleich noch einmal ansehen. Zu zahlreich sind die kreativen Einfälle auf der Bild- und Tonebene, als dass man beim erstmaligen Schauen wirklich jedes der vielen wunderbaren Details aufnehmen könnte. Der Film ist ein Meisterwerk in Sachen Dialog- und Schauspielführung, Wortwitz und visuelle Spielideen, und er birst nur so vor absurden Dialogen und skurrilen Figuren.» (Katharina Zeckau, Filmdienst)
HUESERA
Mo 29.4. 20:45 Mo 6.5. 18:30
Mexiko/Peru 2022, Farbe, Digital HD, Sp/d, 97'
REGIE Michelle Garza Cervera DREHBUCH Michelle Garza Cervera, Abia Castillo KAMERA Nur Rubio Sherwell MUSIK Gibrán Androide, Cabeza de Vaca
SCHNITT Adriana Martínez MIT Natalia Solián, Alfonso
Dosal, Mayra Batalla, Mercedes Hernández, Sonia Couoh, Aida López.
Valeria (Natalia Solián), eine junge Frau in Mexiko-Stadt, erwartet ihr erstes Kind. Ihre Vorfreude wird jedoch von einem düsteren Schrecken überschattet, als sie Zeugin des Selbstmordes eines Nachbarn wird. In bedrohlichen Visionen wird sie zur Zielscheibe eines seltsamen Wesens mit gebrochenen Knochen und schlaffen Gliedern, das sie langsam in den Wahnsinn treibt. Bald steht sie vor der Frage, wie sie ihr Leben in Zukunft leben will. Als Mutter sieht sie sich nicht. (pj)
« Huesera entspinnt sich als kraftvolles Drama, das das Innenleben von Valeria in verschiedenen Facetten zu inszenieren schafft. Horrorelemente, die sehr physisch ausgestellt werden, sorgen immer wieder für schockierende Momente. Die grosse Stärke des Films liegt aber in der Frage nach Mutterschaft selbst.» (Sophia Derda, Kino-Zeit)
POOR THINGS
Di 2.4. 20:45 So 12.5. 15:00
Mi 15.5. 20:30
Irland/UK/USA/Ungarn 2023, Farbe, DCP, E/d/f, 141' REGIE Giorgos Lanthimos DREHBUCH Tony McNamara, nach dem gleichnamigen Roman von Alasdair Gray KAMERA Robbie Ryan MUSIK Jerskin Fendrix SCHNITT Yorgos Mavropsaridis MIT Emma Stone, Mark Ruffalo, Willem Dafoe, Ramy Youssef, Christopher Abbott, Jerrod Carmichael.
Poor Things erzählt die unglaubliche Geschichte und die fantastische Entwicklung von Bella Baxter, einer jungen Frau, die von dem brillanten und unorthodoxen Wissenschaftler Dr. Godwin Baxter ins Leben zurückgeholt wurde. Unter Baxters Schutz ist Bella begierig, zu lernen. Sie sehnt sich nach der Weltgewandtheit, die ihr fehlt, und bricht mit dem Anwalt Duncan Wedderburn zu einem rasanten Abenteuer über die Kontinente auf. Befreit von den Vorurteilen ihrer Zeit, wächst in Bella der Wunsch, für Gleichheit und Befreiung einzutreten... (pj)
«Sie ermächtigt sich nicht selbst, und sie holt sich auch keine Macht von den Männern zurück. Sie ist die Hoffnung, die aus Yorgos Lanthimos’ Frankenstein-hafter Dystopie herausspaziert. Eine fragende Umstürzlerin und Unordnerin. Eine forsche Entwischerin, die immer wieder bei sich selbst angelangt.» (Katja Nicodemus, Die Zeit, 18.1.2024)
CORSAGE
So 7.4. 15:00
Sa 11.5. 15:00
So 5.5. 20:45
Österreich/Luxemburg/Deutschland/Frankreich 2022, Farbe, DCP, D, 114'
REGIE UND DREHBUCH Marie Kreutzer KAMERA
Judith Kaufmann MUSIK Camille SCHNITT Ulrike Kofler MIT Vicky Krieps, Florian Teichtmeister, Katharina Lorenz, Jeanne Werner, Alma Hasun, Manuel Rubey, Finnegan Oldfield.
Weihnachten 1877: Es ist der 40. Geburtstag von Kaiserin Elisabeth von Österreich. In ihrer Rolle als Repräsentantin an der Seite ihres Mannes Kaiser Franz Joseph darf sie keine Meinungen äussern, sondern muss für immer die schöne junge Kaiserin bleiben. Um dieser Erwartung zu entsprechen, hält sie an einem rigiden Plan aus Hungern, Sport, Frisieren und täglichen Messungen der Taille fest. Es ist ein strenges, kantiges, bisweilen tieftrauriges Bild, das Marie Kreutzer in Corsage von der Kaiserin zeichnet. Erhellt und belebt wird der Film durch einen tollen PopSoundtrack und viel subtilen Humor. Das Beste aber ist die berauschend wilde, ungeniert ausscherende und zugleich extrem kontrollierte Darbietung von Krieps, die sich bei aller Widerständigkeit trotzdem tagtäglich in ihr kaiserliches Korsett zwingt. Ihr Auftritt ist so kühn wie Kreutzers Film, der sich den festen Zwängen eines historischen Biopics in jeder Einstellung mit Nachdruck entzieht. (pj)
LES PARADIS DE DIANE
Do 4.4. 18:30
Schweiz 2024, Farbe, DCP, F+E+Sp+D/d/f, 98'
REGIE Carmen Jaquier, Jan Gassmann DREHBUCH
Carmen Jaquier KAMERA Thomas Szczepanski MUSIK
Marcel Vaid SCHNITT Carole Le Page MIT Dorothée de Koon, Aurore Clément, Omar Ayuso, Roland Bonjour. «Eine Frau streift durch die belebten Strassen der spanischen Stadt Benidorm. Sie ist allein unterwegs und hat nichts als eine Tüte von der Apotheke bei sich. Diane hat ihr neugeborenes Kind und ihren Freund Martin auf der Entbindungsstation in einem Krankenhaus in Zürich zurückgelassen. Während über Benidorm die Nacht hereinbricht, beginnen
«UNLIKEABLE»: DIE BEFREIENDE KRAFT VON HERAUSFOR DERNDEN FRAUENFIGUREN
Do 4.4. 20:30
Neonlichter zu leuchten und Dianes Schatten bewegt sich im Rhythmus der Stadt. Ihre stille, undurchsichtige Flucht wirft Fragen auf: Was sucht sie hier, in dieser fremden Welt? Zwischen den All-inclusive-Touristen, den Nachtschwärmern und Exzentrikern auf der Strandpromenade entdeckt Diane Rose und folgt ihr auf einen Aussichtsturm. Zwischen zwei einsamen Seelen entsteht eine zarte Verbindung. Die Tage vergehen, und die Möglichkeit einer Rückkehr in ihr altes Leben scheint in immer weitere Ferne zu rücken. In Les paradis de Diane brechen Carmen Jaquier und Jan Gassmann den Mythos um Mutterschaft und Kleinfamilie auf und zeichnen eine innere Odyssee nach.» (Berlinale 2024)
Podiumsdiskussion mit dem Regie-Duo Jan Gassmann und Carmen Jaquier und der Autorin Anna Bogutskaya, Moderation: Marcy Goldberg (90') in englischer Sprache
In ihren Spielfilmen, allen voran in ihrem neuen gemeinsamen Werk Les paradis de Diane , zeigen Carmen Jaquier und Jan Gassmann weibliche Hauptfiguren, die von Freiheitsdrang und Sehnsucht gekennzeichnet sind. Auch Anna Bogutskaya beschäftigt sich mit Leinwandheldinnen, die sich nicht darum kümmern, nett und sympathisch rüberzukommen und damit eine besondere Faszination aufs Publikum ausüben. Mit Marcy Goldberg reden die drei Gäste über das dramaturgische und kulturelle Potenzial dieser Frauenfiguren sowie über die produktionellen Herausforderungen, ihre Geschichten auf die Leinwand zu bringen.
«Die Gesellschaft möchte uns glauben machen, dass ein Körper, der als ‹weiblich› gilt, von Natur aus dazu veranlagt ist, sich fortzupflanzen, dass nichts einen ‹mütterlichen› Instinkt untergraben kann, der im Grunde als angeboren angesehen wird. Jaquier und Gassmann rebellieren gegen diese Klischees und zeigen uns, wie gesellschaftlich konstruiert das Konzept der Mutterschaft tatsächlich ist. (…) Les paradis de Diane ist ein schwer zu vergessender und radikaler Film, der erfolgreich die komplexe Natur von Personen vermittelt, die sich entschieden haben, bis zum Abgrund in ihr Inneres zu blicken.» (Giorgia Del Don, cineuropa.org, 19.2.2024)
9 FILMPODIUM 3 1. APR 15. MAI
HUESERA
CORSAGE
LES PARADIS DE DIANE
CEDDO
VOM AUTODIDAKTISCHEN REBELLEN ZUM FILMPIONIER
Der Schriftsteller und Regisseur Ousmane Sembène wurde 1923 als Sohn eines muslimischen Fischers im Süden Senegals geboren. Er hat acht Romane und fünfzehn Novellen geschrieben und erst in seiner zweiten Lebenshälfte – zwischen 1963 und 2004 – zwölf Filme realisiert, sechs davon nach eigenen literarischen Vorlagen. Das Filmpodium widmet diesem Pionier des afrikanischen Filmschaffens südlich der Sahara eine umfassende Retrospektive und zeigt selten zu sehende 35-mm-Filmkopien sowie neue Restaurierungen. Eine rare Gelegenheit dieses herausragende wie militante Werk zu entdecken.
Essay von Catherine Silberschmidt
Nur kurze Zeit besucht Ousmane Sembène die französische Grundschule in Dakar, denn er wehrt sich mit einer Ohrfeige gegen einen Lehrer, der ihn zwingen will, die «Marseillaise» auf Korsisch zu singen, und wird von der Schule verwiesen. Fortan eignet er sich die französische Sprache autodidaktisch an. Sprache wird für Sembène ein zentrales und auch ein politisches Thema. Mit Gelegenheitsjobs auf dem Bau und bei der Bahn schlägt er sich in Dakar durch, bis er 1942 – 19-jährig –in die französische Armee eingezogen wird. Als senegalesischer Tirailleur kämpft er mit
1300 westafrikanischen Leidensgenossen in Deutschland, Italien und Frankreich gegen den deutschen Faschismus. Traumatische Erfahrungen von Krieg und kolonialer Gewalt werden Thema zweier seiner epischen Filme: Emitaï (1971) über die Zwangsrekrutierungen junger Männer in seiner Herkunftsregion Casamance und Camp de Thiaroye (1988) über den Aufstand der Rückkehrer, die nach ihrer Demobilisierung ins materielle und moralische Nichts gefallen sind.
Als Docker in Marseille
Nach Kriegsende kehrt er illegal nach Frankreich zurück, arbeitet zunächst bei Citroën in Paris und zehn Jahre als Docker im Hafen von Marseille. Dort wird er nicht nur politisch aktiv – als Mitglied des PCF (Parti communiste français) und als Gewerkschafter bei der CGT (Confédération générale du travail) –,
sondern auch literarisch, denn unter seinen Hafenarbeiter-Kollegen sind auch junge Schriftsteller aus Übersee, die ihm den Zugang zur Weltliteratur eröffnen. 1956 erscheint seine erste Novelle «Le docker noir» über Diskriminierung und Solidarität.
Vom Schriftsteller zum Film
Als Sembène Filmemacher wird, um auch seine analphabetischen Landsleute zu erreichen, wird er als engagierter Marxist von westlichen Filmschulen abgewiesen, erhält jedoch ein sowjetisches Stipendium und wird in den renommierten Gorki-Studios bei Sergei Gerassimow als Stagiaire aufgenommen. 1962 kehrt er nach Senegal zurück, im Gepäck eine alte russische 16-mm-Kamera, und dreht den 22-minütigen Kurzfilm Borom Sarret (1963) über einen Fuhrmann, der von der elenden Blechhüttenvorstadt in die schicken Quartiere des neokolonialen Zentrums von Dakar fährt. In seinem Filmerstling experimentiert Sembène gekonnt mit Brecht’scher Verfremdung; er zeigt im Bild ein mageres Pferd, das einen quietschenden Karren aus dem armen Vorort Medina in den modernen Stadtteil Plateau zieht, und legt über diese Bilder einen inneren Monolog des Kutschers in makellosem Französisch.
Aus heutiger Sicht dokumentiert dieser sehr schön restaurierte Film ein strahlendes, überaus modern konzipiertes Zentrum von Dakar und inszeniert auf der Bildebene in grandios einfacher Manier die enorme soziale und kulturelle Distanz zwischen der afrikanischen Peripherie und dem neokolonialen Zentrum. Ebenso originell spielt Sembène in seinem ersten abendfüllenden Spielfilm La Noire de… (1966) mit den westlichen Klischees, indem er in der Eröffnungssequenz ganz widersprüchliche Erwartungen weckt. Er inszeniert seine Protagonistin, als wäre sie nicht das auf der Erzählebene beschriebene schwarze Dienstmädchen. In ihrer eleganten Aufmachung könnte sie auch die Ehefrau oder die Geliebte eines weissen Mannes sein. Damit bricht der Regisseur mit dem Stereotyp der schwarzen Dienstbotin des Hollywoodkinos. Mit seiner innovativen Filmsprache gelingt es ihm, ganz neue Zusammenhänge aufzuzeigen.
In Mandabi (1968) verfilmt Sembène seinen gleichnamigen Roman über die Odyssee des Ibrahima Dieng, der von seinem Neffen in Paris eine Geldanweisung erhält. Der Amtssprache Französisch nicht mächtig, verliert er sich in der neokolonialen Bürokratie. Erneut ist das Thema – wie in Borrom Saret –eine fast linear inszenierte Reise von der Peripherie Dakars, wo sich der Protagonist in seinem Revier von beiden Ehefrauen wie ein Pascha königlich bedienen lässt, bis zum Postamt im Zentrum der Grossstadt, wo er, als Analphabet hilflos, seine Würde verliert. Das Nichtbeherrschen der Kolonialsprache wird ihm zum Verhängnis; er verliert den Grossteil des Geldes an korrupte Helfer.
Der erste Film in einer subsaharischafrikanischen Sprache
In Mandabi wirft Sembène einen ironischen, liebevollen und äusserst sinnlich inszenierten Blick auf seine eigenen Landsleute. Auch hier nicht kampflos: Es ist der erste afrikanische Film, in dem eine subsaharische Sprache –Wolof – gesprochen wird. Dies nach einer erbitterten Auseinandersetzung mit dem französischen Produzenten und dem CNC, der staatlichen Filmförderung Frankreichs, die in der nachkolonialen Ära zum Hauptgeldgeber des jungen westafrikanischen Filmschaffens wurde. Sembène besteht auf seiner Forderung, und als Kompromiss werden zwei Versionen realisiert: eine auf Wolof, Mandabi, und eine französische, Le Mandat
Mit Mandabi lehnt sich Sembènes filmische Erzählkunst an die orale Tradition der westafrikanischen Griots an und grenzt sich damit radikal sowohl vom westlichen wie vom sowjetischen Kino ab. Seine Filme richten sich in erster Linie an sein afrikanisches Publikum, das in der Mehrheit weder schreiben noch lesen kann und kaum Französisch spricht. Er hat damit einen Ort geschaffen für genuin afrikanische Geschichte und Geschichten. Das Kino als Abendschule für alle.
Widerstand gegen die Islamisierung
Mit Ceddo (1976) realisiert Sembène einen historischen Film über den Widerstand der Ceddo: Bauern, die sich im 17. und im 18. Jahrhundert zu Zeiten des Sklavenhandels der Islamisierung widersetzt hatten, «eine Reflexion über die Aneignung von Macht, über die Verantwortung der Religionen an der Entfremdung des afrikanischen Menschen», schreibt Sembène. Keine historische Rekonstruktion, sondern eine theatralisch anmutende filmische Inszenierung, unterlegt mit sich wiederholenden Klängen und Rhythmen des kamerunischen Jazz-Vibraphonisten Manu Dibango.
Ein religionskritischer Film, der so im heutigen Senegal nicht mehr realisiert werden könnte, herrscht doch in diesem westafrikanischen Land «eine Art religiöser Terrorismus», wie letztes Jahr in Cannes der senegalesische Regisseur William Ousmane Mbaye, bei Ceddo Regieassistent, an der Table ronde zu Ehren Sembènes zu dessen 100-jährigem Geburtstag bemerkt hat.
Afrikanische Heldinnen
In seinem letzten Lebensabschnitt nimmt sich Sembène eine Trilogie über das ganz alltägliche Heldentum vor, von der er nur noch zwei Teile realisieren wird: Faat Kiné (2001), eine städtische Komödie über eine erfolgreiche Geschäftsfrau in Dakar, sowie sein letztes Werk: den im ländlichen Afrika angesiedelten Moolaadé (2004). In Sembènes Dorf sorgen nicht nur die Dorfältesten, sondern auch die rot gewandeten Beschneiderinnen für Ruhe und Ordnung. Die eindrucksvoll ins Bild gesetzte Parabel über Gewalt und Würde ist unter freiem Himmel in der Morgen- und der Abenddämmerung gedreht. Unversöhnlich stehen sich darin das Alte und das Neue gegenüber. Die Heldin Collé widersetzt sich der Beschneidung ihrer Tochter und gewährt vier jungen Mädchen auf der Flucht vor der ihnen drohenden Gewalt Asyl; sie muss sich dafür von ihrem Mann öffentlich auspeitschen lassen. Dennoch steht in Moolaadé nicht die physische Gewalt im Vordergrund, vielmehr eine mit dumpfen Trommelklängen vergegenwärtigte Gewaltbereitschaft als Bestandteil einer archaischen Dorfkultur. Das Faktische konkurriert mit einer viel subtiler inszenierten symbolischen Dimension; afrikanischer Alltag ist darin in hohem Masse stilisiert.
Kompromisslos bis zum Schluss Bis zu seinem Lebensende führt Sembène seinen Kampf gegen den westlichen Kulturimperialismus und die neokoloniale Haltung Frankreichs. Am panafrikanischen Filmfestival FESPACO in Ouagadougou, zu dessen Gründern er 1969 zählte, ist er bis zuletzt allen Empfängen der europäischen und franko ph onen Hauptsponsoren ferngeblieben. Auch wegen seiner Kompromisslosigkeit hatte Sembène bei fast allen Filmen mit grossen Finanzierungsproblemen zu kämpfen. Seine Existenz bestritt er wesentlich mit Einnahmen als Autor. Seine Romane und Erzählungen waren in ganz Westafrika beliebt und galten mancherorts als schulische Pflichtlektüre.
Catherine Silberschmidt ist Filmkritikerin und studierte Filmwissenschaft und Ethnologie. Sie schreibt über experimentelles Filmschaffen von Frauen sowie über afrikanisches Kino aus Ländern südlich und nördlich der Sahara. Als Kuratorin hat sie Retrospektiven mit den Filmen von Germaine Dulac, Marguerite Duras, Vera Chytilova und Kira Muratova konzipiert.
11 FILMPODIUM 3 1. APR 15. MAI
LA NOIRE DE...
3 1. APR 15. MAI 2024
Do 4
15:00 OUSMANE SEMBÈNE GUELWAAR
Ousmane Sembène, Frankreich/Senegal 1992, 35 mm, Wolof+F/d, 115
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LES PARADIS DE DIANE Carmen Jaquier, Jan Gassmann, Schweiz 2024, DCP, F+E+Sp+D/d/f, 98
20:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS «UNLIKEABLE»:
3 1. APR — 15. MAI 2024
UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS
THE WOMEN POP CULTURE WANTS YOU TO HATE
OUSMANE SEMBÈNE
VOM AUTODIDAKTISCHEN
REBELLEN ZUM FILMPIONIER MIKA
TAANILA
THE FUTURE IS NOT WHAT IT USED TO BE
Do 11
16:15 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS FILM ALS SPRACHE / FILM ALS TEXT Vorlesung von Prof. Dr. Volker Pantenburg
18:30 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS JE TU IL ELLE Chantal Akerman, Belgien/Frankreich 1974, DCP, F/d, 85 '
Premiere 35-mm-Film-Kopie
X/x Gesprochene Sprache/Untertitel
x* Elektronische Untertitel vom Filmpodium erstellt OV Mehrere Originalsprachen
KINO
Nüschelerstr. 11, 8001 Zürich
T +41 44 415 33 66 www.filmpodium.ch
EINTRITTSPREISE CHF 18.— / CHF 15.— (AHV/ Legi) CHF 9.— (Alle unter 25 Jahren und Kulturlegi)
Specials und Filme mit Überlänge: erhöhte Preise Vorverkauf zu den Kassenöffnungszeiten
ABONNEMENTE & VERGÜNSTIGUNGEN
• Filmpodium-Generalabonnement: CHF 400.— (freier Eintritt zu allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft)
• Filmpodium-Halbtaxabonnement: CHF 80.— (halber Eintrittspreis bei allen Vorstellungen; inkl. Abo Programmheft)
• Programm-Pass: CHF 60.— (freier Eintritt zu allen Vorstellungen einer Programmperiode)
SOMMERPAUSE: 1.7. – 15.8.2024
APR
Mo 1
15:00
18:30
SÉLECTION LUMIÈRE
LA GRANDE ILLUSION
Jean Renoir, Frankreich 1937, 35 mm, F/d, 114
OUSMANE SEMBÈNE
LA NOIRE DE...
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1966, DCP, F/d, 60 MARSEILLE APRÈS LA GUERRE Vorfilm Billy Woodberry, USA 2005, DCP, ohne Dialog, 11
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS I ′ M NO ANGEL Wesley Ruggles, USA 1933, DCP, E/d*, 87 '
Di 2
18:30 OUSMANE SEMBÈNE
MANDABI Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1968, DCP, Wolof+F/d, 92
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS POOR THINGS Giorgos Lanthimos, Irland/UK/USA/Ungarn 2023, DCP, E/d/f, 141 '
Mi 3
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS WHAT EVER HAPPENED TO BABY JANE?
Robert Aldrich, Henry Farrell, USA 1962, DCP, E/d*, 132 '
18:15 OUSMANE SEMBÈNE KURZFILMPROGRAMM OUSMANE SEMBÈNE
BOROM SARRET Ousmane Sembène, Senegal 1963, DCP, F/d, 20 ' TAUW Ousmane Sembène, Senegal 1970, Digital HD, Wolof+F+Arab/e, 27 NIAYE Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1964, Digital HD, Wolof+F/e, 35
20:15 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS THE LAST SEDUCTION John Dahl, GB/USA 1994, 35 mm, E/d/f, 106 Mit Vortrag von Anna Bogutskaya EINE UNVOLLSTÄNDIGE GESCHICHTE UNBEQUEMER FRAUENFIGUREN IM KINO (40') in englischer Sprache
DIE BEFREIENDE KRAFT VON HERAUSFORDERNDEN FRAUENFIGUREN Podiumsdiskussion mit RegieDuo Carmen Jaquier/Jan Gassmann und Anna Bogutskaya, Moderation: Marcy Goldberg (90') in englischer Sprache
Fr 5
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS
DANGEROUS LIAISONS Stephen Frears, GB/USA 1988, 35 mm, E/d/f, 119 '
18:15 OUSMANE SEMBÈNE MOOLAADÉ
Ousmane Sembène, Senegal/Burkina Faso/ Marokko/Tunesien/Kamerun/Frankreich 2003, 35 mm, Bambara+F/d/f, 124 Mit Einführung von Catherine Silberschmidt (ca. 10')
21:00 PREMIERE SHOWING UP Kelly Reichardt, USA 2022, DCP, E/d*, 107
Sa 6
15:00 FAMILIENFILM HASENHERZ
Gunter Friedrich, DDR 1987, 35 mm, D, 6 (8), 77 anschl. FilmWorkshop für Kinder mit Julia Bredermann (ca. 30 ' )
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LA CÉRÉMONIE
Claude Chabrol, Frankreich/Deutschland 1995, 35 mm, F/d, 112 '
21:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS TACONES LEJANOS Pedro Almodóvar, Spanien/Frankreich 1991, 35 mm, Sp/d/f, 112
So 7
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS CORSAGE Marie Kreutzer, Österreich/Luxemburg/ Deutschland/Frankreich 2022, DCP, D, 114
18:00 OUSMANE SEMBÈNE XALA Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1975, DCP, Wolof+F/d, 123 '
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS SHIVA BABY Emma Seligman, USA/Kanada 2020, DCP, E/d*, 78
Mo 8
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS THE REUNION Anna Odell, Schweden 2013, DCP, Schwed/d/f, 88 '
20:45 OUSMANE SEMBÈNE
CEDDO Ousmane Sembène, Senegal 1976, DCP, Wolof+Arab/d, 120
Di 9
18:30 FAROCKI-FORUM «AMERIKA» VOR AUGEN ODER KAFKA IN 43 MIN 30 SEC Hanns Zischler, BRD 1978, Digital HD, D, 43 Einführung und anschl. Filmgespräch mit Hanns Zischler Moderation: Volker Pantenburg
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS UNDER THE SKIN Carine Adler, GB 1997, 35 mm, E/e*, 82
Mi 10
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS A WOMAN UNDER THE INFLUENCE John Cassavetes, USA 1974, 35 mm, E/d, 155 '
18:15 SÉLECTION LUMIÈRE
LA GRANDE ILLUSION Jean Renoir, Frankreich 1937, 35 mm, F/d, 114 Mit Einführung von Martin Walder
20:45 OUSMANE SEMBÈNE
EMITAÏ
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1971, DCP, Diola+F/e, 103
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS DANGEROUS LIAISONS Stephen Frears, GB/USA 1988, 35 mm, E/d/f, 119 '
Fr 12
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS TACONES LEJANOS Pedro Almodóvar, Spanien/Frankreich 1991, 35 mm, Sp/d/f, 112 '
18:30 OUSMANE SEMBÈNE
LA NOIRE DE... Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1966, DCP, F/d, 60 MARSEILLE APRÈS LA GUERRE Vorfilm Billy Woodberry, USA 2005, DCP, ohne Dialog, 11
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LA TÍA TULA
Miguel Picazo, Spanien 1964, 35 mm, Sp/e*, 109 '
Sa 13
15:00 FAMILIENFILM HASENHERZ Gunter Friedrich, DDR 1987, 35 mm, D, 6 (8), 77' anschl. FilmWorkshop für Kinder mit Julia Bredermann (ca. 30 )
18:15 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LEAVE HER TO HEAVEN John M. Stahl, USA 1945, 35 mm, E/e*, 110
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS GONE GIRL David Fincher, USA 2014, DCP, E/d*, 149
So 14
15:00 OUSMANE SEMBÈNE MANDABI Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1968, DCP, Wolof+F/d, 92
18:15 PREMIERE SHOWING UP Kelly Reichardt, USA 2022, DCP, E/d*, 107 '
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LADY MACBETH William Oldroyd, GB 2016, Digital HD, E/d, 89
Mo 15
18:30 OUSMANE SEMBÈNE KURZFILMPROGRAMM OUSMANE SEMBÈNE
BOROM SARRET Ousmane Sembène, Senegal 1963, DCP, F/d, 20 ' TAUW Ousmane Sembène, Senegal 1970, Digital HD, Wolof+F+Arab/e, 27 NIAYE Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1964, Digital HD, Wolof+F/e, 35
20:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS BAISEMOI Virginie Despentes, Frankreich 2000, 35 mm, F/d, 77
Di 16
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS SHIVA BABY Emma Seligman, USA/Kanada 2020, DCP, E/d*, 78 '
20:30 OUSMANE SEMBÈNE CAMP DE THIAROYE Ousmane Sembène, Senegal/Algerien/Tunesien 1988, 35 mm, Wolof+F/d*, 153
Mi 17
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS GONE GIRL David Fincher, USA 2014, DCP, E/d*, 149
18:30 CLASSICS BUSHMAN David Schickele, USA 1971, DCP, E/e, 73
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LA CÉRÉMONIE
Claude Chabrol, Frankreich/Deutschland 1995, 35 mm, F/d, 112
Do 18
16:15 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS FEMINISMUS, GENDER, QUEERNESS
Vorlesung von Dr. Linda Waack und Simone Winkler
18:15 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS DAS MELANCHOLISCHE MÄDCHEN
Susanne Heinrich, Deutschland 2019, DCP, D, 80
20:30 MIKA TAANILA — ZWEI TAGE STROM ERÖFFNUNGSABEND
LIVEPERFORMANCE I MIGHT BE STUCK Mika Taanila, Finnland 2022, 35 mm, E, 30 THE FUTURE IS NOT WHAT IT USED TO BE Mika Taanila, Finnland 2002, 35 mm, Finn+E+Schwed/e, 52 in Anwesenheit von Mika Taanila
Fr 19
15:00 OUSMANE SEMBÈNE
XALA
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1975, DCP, Wolof+F/d, 123
18:00 MIKA TAANILA — ZWEI TAGE STROM TECTONIC PLATE
Mika Taanila, Finnland 2016, DCP, ohne Dialog, 74 in Anwesenheit von Mika Taanila
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS
HEATHERS
Michael Lehmann, USA 1988, Digital HD, E/d, 103
Sa 20
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS I ′ M NO ANGEL
Wesley Ruggles, USA 1933, DCP, E/d*, 87
18:00 MIKA TAANILA — ZWEI TAGE STROM KURZFILMPROGRAMM: SOUNDS & VISIONS
OPTICAL SOUND Mika Taanila, Finnland 2005, 35 mm, ohne Dialog, 6 ' ROBOCUP99 Mika Taanila, Finnland 2000, 35 mm, E, 26 ' FUTURO – A NEW STANCE FOR TOMORROW Mika Taanila, Finnland 1998, 35 mm, Finn+E+D+Russ+Schwed+Estn/e, 29 in Anwesenheit von Mika Taanila
20:15 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS A WOMAN UNDER THE INFLUENCE
John Cassavetes, USA 1974, 35 mm, E/d, 155 '
So 21
15:00 OUSMANE SEMBÈNE MOOLAADÉ
Ousmane Sembène, Senegal/Burkina Faso/ Marokko/Tunesien/Kamerun/Frankreich 2003, 35 mm, Bambara+F/d/f, 124
18:30 PREMIERE OCCUPIED CITY
Steve McQueen, Niederlande/GB/USA 2023, DCP, E/e, 262
Mo 22
18:30 OUSMANE SEMBÈNE EMITAÏ
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1971, DCP, Diola+F/e, 103
20:45 CLASSICS BUSHMAN
David Schickele, USA 1971, DCP, E/e, 73 '
Di 23
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS
THE LAST SEDUCTION
John Dahl, GB/USA 1994, 35 mm, E/d/f, 106 '
20:45 PREMIERE
SHOWING UP
Kelly Reichardt, USA 2022, DCP, E/d*, 107
Mi 24
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LA CÉRÉMONIE
Claude Chabrol, Frankreich/Deutschland 1995, 35 mm, F/d, 112 '
18:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS
QUEEN OF HEARTS
May el-Toukhy, Dänemark/Schweden 2019, DCP, Dän+Schwed/d, 128
20:45 OUSMANE SEMBÈNE GUELWAAR
Ousmane Sembène, Frankreich/Senegal 1992, 35 mm, Wolof+F/d, 115
Do 25
16:15 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS KÖRPER UND LEIB:
HAPTIC VISUALITY
Vorlesung von Prof. Dr. Volker Pantenburg
18:30 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS BEAU TRAVAIL
Claire Denis, Frankreich 1999, 35 mm, F/d, 92
20:45 PINK APPLE I AM TRULY A DROP OF SUN ON EARTH
Elene Naveriani, Schweiz/Georgien 2017, DCP, Georg/d/f, 61 in Anwesenheit von Elene Naveriani
Fr 26
15:00
OUSMANE SEMBÈNE CEDDO
Ousmane Sembène, Senegal 1976, DCP, Wolof+Arab/d, 120 '
18:00 PINK APPLE
MASTERCLASS
ELENE NAVERIANI 60
19:30 PINK APPLE
BLACKBIRD BLACKBIRD BLACKBERRY
Elene Naveriani, Schweiz/Georgien 2023, DCP, Georg/d, 112 ' in Anwesenheit von Elene Naveriani
Sa 27
15:00 PINK APPLE
Carte Blanche von Elene Naveriani
THE WATERMELON WOMAN Cheryl Dunye, USA 1996, DCP, E/d*, 90 ' in Anwesenheit von Elene Naveriani
18:00 PINK APPLE
KURZFILMPROGRAMM UND EHRENPREIS GOLDEN APPLE 2024 FÜR ELENE NAVERIANI RED ANTS BITE
Elene Naveriani, Schweiz 2019, Digital HD, Georg/e, 23 ' LES ÉVANGILES D′ANASYRMA Elene Naveriani, Schweiz 2014, Digital HD, Georg/e, 29 FATHER, BLESS US Elene Naveriani, Schweiz 2013, Digital HD, ohne Dialog, 9 in Anwesenheit von Elene Naveriani
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS DANGEROUS LIAISONS Stephen Frears, GB/USA 1988, 35 mm, E/d/f, 119 '
So 28
15:00
PINK APPLE WET SAND
Elene Naveriani, Schweiz/Georgien 2021, DCP, Georg/d/f, 115 '
18:30 PINK APPLE PREMIERE
Der Filmtitel wird zeitnah bekanntgegeben.
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS DOÑA BÁRBARA
Fernando de Fuentes, Miguel M. Delgado, Mexiko 1943, DCP, Sp/e, 138
Mo 29
18:15 OUSMANE SEMBÈNE GUELWAAR
Ousmane Sembène, Frankreich/Senegal 1992, 35 mm, Wolof+F/d, 115 '
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS HUESERA
Michelle Garza Cervera, Mexiko/Peru 2022, Digital HD, Sp/d, 97
Di 30
18:30 PINK APPLE PREMIERE
Der Filmtitel wird zeitnah bekanntgegeben.
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LEAVE HER TO HEAVEN John M. Stahl, USA 1945, 35 mm, E/e*, 110
MAI
Mi 1
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS QUEEN OF HEARTS
May el-Toukhy, Dänemark/Schweden 2019, DCP, Dän+Schwed/d, 128
18:30 OUSMANE SEMBÈNE LA NOIRE DE...
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1966, DCP, F/d, 60 ' MARSEILLE APRÈS LA GUERRE Vorfilm
Billy Woodberry, USA 2005, DCP, ohne Dialog, 11
20:15 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS A WOMAN UNDER
THE INFLUENCE
John Cassavetes, USA 1974, 35 mm, E/d, 155 '
Do 2
16:15 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS NEOFORMALISMUS UND KOGNITIVISMUS Vorlesung von Prof. Dr. Volker Pantenburg
18:15 VORLESUNG: MATERIAL GHOSTS ZERO DARK THIRTY
Kathryn Bigelow, USA/Indien 2012, DCP, E/d, 157
21:15 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS SHIVA BABY
Emma Seligman, USA/Kanada 2020, DCP, E/d*, 78
Fr 3
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LADY MACBETH
William Oldroyd, GB 2016, Digital HD, E/d, 89
18:15 SÉLECTION LUMIÈRE
LA GRANDE ILLUSION Jean Renoir, Frankreich 1937, 35 mm, F/d, 114
20:45 CLASSICS
BUSHMAN David Schickele, USA 1971, DCP, E/e, 73 '
Sa 4
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS HEATHERS
Michael Lehmann, USA 1988, Digital HD, E/d, 103
18:15 PREMIERE SHOWING UP
Kelly Reichardt, USA 2022, DCP, E/d*, 107
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS I ′ M NO ANGEL Wesley Ruggles, USA 1933, DCP, E/d*, 87
So 5
15:00 OUSMANE SEMBÈNE CAMP DE THIAROYE Ousmane Sembène, Senegal/Algerien/ Tunesien 1988, 35 mm, Wolof+F/d*, 153 '
18:15 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS TACONES LEJANOS Pedro Almodóvar, Spanien/Frankreich 1991, 35 mm, Sp/d/f, 112
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS CORSAGE
Marie Kreutzer, Österreich/Luxemburg/ Deutschland/Frankreich 2022, DCP, D, 114 '
Mo 6
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS HUESERA
Michelle Garza Cervera, Mexiko/Peru 2022, Digital HD, Sp/d, 97
20:45 OUSMANE SEMBÈNE
KURZFILMPROGRAMM
OUSMANE SEMBÈNE
BOROM SARRET Ousmane Sembène, Senegal 1963, DCP, F/d, 20 TAUW Ousmane Sembène, Senegal 1970, Digital HD, Wolof+F+Arab/e, 27 NIAYE Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1964, Digital HD, Wolof+F/e, 35
Di 7
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS HEATHERS
Michael Lehmann, USA 1988, Digital HD, E/d, 103
20:45 OUSMANE SEMBÈNE MOOLAADÉ
Ousmane Sembène, Senegal/Burkina Faso/ Marokko/Tunesien/Kamerun/Frankreich 2003, 35 mm, Bambara+F/d/f, 124 '
Mi 8
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS THE REUNION Anna Odell, Schweden 2013, DCP, Schwed/d/f, 88
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS RE:VISION – FILME NEU SEHEN
Vorlesung mit Filmausschnitten, präsentiert von Thomas Binotto, 90'
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS WHAT EVER HAPPENED TO BABY JANE?
Robert Aldrich, USA 1962, DCP, E/d*, 132 vergünstigte Kombi-Tickets nur an der Kinokasse erhältlich
Do 9
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS LA TÍA TULA
Miguel Picazo, Spanien 1964, 35 mm, Sp/e*, 109
18:15 OUSMANE SEMBÈNE CEDDO Ousmane Sembène, Senegal 1976, DCP, Wolof+Arab/d, 120 '
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS GONE GIRL David Fincher, USA 2014, DCP, E/d*, 149
Fr 10
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS DOÑA BÁRBARA
Fernando de Fuentes, Miguel M. Delgado, Mexiko 1943, DCP, Sp/e, 138
18:30 PREMIERE
OCCUPIED CITY
Steve McQueen, Niederlande/GB/USA 2023, DCP, E/e, 262 '
Sa 11
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS CORSAGE Marie Kreutzer, Österreich/Luxemburg/ Deutschland/Frankreich 2022, DCP, D, 114
18:30 OUSMANE SEMBÈNE
MANDABI
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1968, DCP, Wolof+F/d, 92
20:45 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS WHAT EVER HAPPENED TO BABY JANE?
Robert Aldrich, USA 1962, DCP, E/d*, 132 '
So 12
11:00 SONDERVORSTELLUNG
THE BAD SLEEP WELL Veranstaltung der Schweizerisch Japanischen Gesellschaft. Freier Eintritt / Kollekte.
Akira Kurosawa, Japan 1960, DCP, Japanisch/d, 151
15:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS POOR THINGS
Giorgos Lanthimos, Irland/UK/USA/Ungarn 2023, DCP, E/d/f, 141 '
18:30 CLASSICS BUSHMAN
David Schickele, USA 1971, DCP, E/e, 73
20:15 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS THE LAST SEDUCTION John Dahl, GB/USA 1994, 35 mm, E/d/f, 106
Mo 13
18:15 OUSMANE SEMBÈNE
XALA
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1975, DCP, Wolof+F/d, 123
21:00 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS BAISEMOI Virginie Despentes, Frankreich 2000, 35 mm, F/d, 77
Di 14
18:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS UNDER THE SKIN Carine Adler, GB 1997, 35 mm, E/e*, 82
20:45 OUSMANE SEMBÈNE
EMITAÏ
Ousmane Sembène, Senegal/Frankreich 1971, DCP, Diola+F/e, 103 '
Mi 15
14:00 KINDERFILMCLUB DIE ZAUBERLATERNE Vorstellungen nur für Mitglieder (6- bis 12-Jährige) Empfang und Präsentation des Films: 15' vor der Vorstellung
16:00 KINDERFILMCLUB DIE ZAUBERLATERNE
Vorstellungen nur für Mitglieder (6- bis 12-Jährige) Empfang und Präsentation des Films: 15' vor der Vorstellung
18:30 CLASSICS
BUSHMAN David Schickele, USA 1971, DCP, E/e, 73
20:30 UNLIKEABLE FEMALE CHARACTERS POOR THINGS
Giorgos Lanthimos, Irland/UK/USA/Ungarn 2023, DCP, E/d/f, 141 '
MOOLAADÉ
EMITAÏ
LA NOIRE DE...
Mo 1.4. 18:30 Fr 12.4. 18:30
Mi 1.5. 18:30
Senegal/Frankreich 1966, Farbe + sw, DCP, F/d, 60' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène, nach seiner gleichnamigen Kurzgeschichte KAMERA Christian Lacoste SCHNITT André Gaudier MIT Mbissine Thérèse Diop, Anne-Marie Jelinek, Robert Fontaine, Momar Nar Sene, Toto Bissainthe.
MARSEILLE APRÈS LA GUERRE Vorfilm USA 2005, sw, DCP, ohne Dialog, 11' REGIE Billy Woodberry DREHBUCH Billy Woodberry SCHNITT Billy Woodberry.
Von der Idee eines kosmopolitischen Lebens fasziniert, verlässt die junge Schwarze Diouane ihr Zuhause in Dakar, um als Kindermädchen für eine weisse französische Familie an der Côte d’Azur zu arbeiten. Doch in Antibes angekommen, muss sie die Badewanne schrubben, Böden wischen und den alltäglichen Rassismus ertragen. Schnell wird ihr klar, dass ihre Position als Hausangestellte in Wirklichkeit nur bezahlte Sklaverei ist. Ihrer Freiheit, Würde und Identität beraubt, lodert in ihr eine stille Wut auf, die sie schliesslich zu einem Akt des radikalen Widerstands treibt. «Ich werde nie wieder eine Sklavin sein», schwört sie sich entschlossen. (lb) «Kein anderes nationales oder kulturelles Kino hat so selbstbewusst begonnen wie der Senegal mit Sembènes Langspieldebütfilm La Noire de... . Das Ergebnis ist ein Film, der unverhohlen politisch ist, sich aber nie aufdrängt und der die Verbindung zwischen sozialen Kräften und den Gefühlen des Alltags wesentlich besser aufzeigt als die meisten seiner verkopften europäischen Zeitgenossen.» (Ignatiy Vishnevetsky, avclub.com, 2.5.2014)
Als Vorfilm zeigen wir Billy Woodberrys Marseille après la guerre , eine lyrische Hommage an Ousmane Sembène.
MANDABI
Di 2.4. 18:30 So 14.4. 15:00
Sa 11.5. 18:30
Senegal/Frankreich 1968, Farbe, DCP, Wolof+F/d, 92' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène KAMERA Paul Soulignac SCHNITT Gilbert Kikoïne MIT Makhouredia Gueye, Younousse N’Diaye, Isseu Niang, Serigne Sow, Moustapha Touré.
«‹Hör auf, uns die Hoffnung zu nehmen›, ruft eine der beiden Ehefrauen des würdigen, aber unglücklichen Protagonisten Ibrahima, eines gläubigen Muslims, der seit vier Jahren nicht mehr gearbeitet hat. Der Postbote hat ihnen gerade mitgeteilt, dass wie ein Blitz aus heiterem Himmel eine Geldanweisung von Ibrahimas Neffen aus Paris eingetroffen ist. Diese Nachricht verbreitet sich schnell. Bedürftige Nachbarn kommen mit ausgestreckten Händen.
Für die Einlösung der Zahlungsanweisung benötigt er jedoch einen Personalausweis, und um einen Personalausweis zu bekommen, braucht er eine Geburtsurkunde, und um eine Geburtsurkunde zu bekommen, muss er einen Freund am Gericht haben. Mandabi ist grosszügig, reich an Details, ein Fest für Augen und Ohren. Die Farben sind leuchtend und gesättigt; der Titelsong war ein lokaler Hit, bis die senegalesische Regierung, die offenbar seine subversive Kraft erkannte, ihn aus dem Radio verbannte.» (Jacob Hoberman, The New York Times, 13.1.2021)
«In Mandabi prangere ich auf Brecht’sche Art die Diktatur der Bourgeoisie über das Volk an. Diese Bourgeoisie, die wir als Übergangsbourgeoisie bezeichnen könnten, ist eine besondere, die weniger aus Besitzenden besteht, als vielmehr aus Intellektuellen und Beamten. Diese Bourgeoisie nutzt ihr Wissen und ihren Rang, um das Volk zu unterdrücken und sich zu bereichern.» (Ousmane Sembène im Interview mit Guy Hennebelle, 1969)
EMITAÏ
Mi 10.4. 20:45 Mo 22.4. 18:30
Di 14.5. 20:45
Senegal/Frankreich 1971, Farbe, DCP, Diola+F/e, 103' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène KAMERA Georges Caristan SCHNITT Gilbert Kikoïne BESETZUNG Robert Fontaine, Michel Renaudeau, Pierre Blanchard, Andoujo Diahou, Fodé Cambay. Zu sehen ist die neu restaurierte Version des Films.
In den Wirren des Zweiten Weltkriegs durchstreifen französische Truppen und ihre afrikanischen Lakaien das senegalesische Land, zwingen junge Männer des Diola-Stammes in den Kriegsdienst und versuchen selbst in den entlegensten Dörfern, kostbare Reisvorräte zu konfiszieren. Während die Ältesten sich mit den Göttern beraten, verstecken die Frauen den von den französischen Truppen geforderten und für die Einheimischen heiligen Reis. Unter der heissen afrikanischen Sonne eskalieren die Spannungen langsam, bis zum erschütternden, scheinbar schicksalhaften Ende. (lb)
« Emitaï wurde in ganz Afrika verboten, ausser im Senegal, wo er erst nach einem Jahr der Proteste erlaubt wurde. (…) Mir wurde gesagt, dass es kein ‹günstiger Zeitpunkt› sei, diesen Film zu zeigen. Sie waren alle sehr höflich, also habe ich nichts gesagt. Ich nahm meinen Film und ging.» (Ousmane Sembène im Interview mit Guy Hennebelle, 1969)
XALA
So 7.4. 18:00 Fr 19.4. 15:00
Mo 13.5. 18:15
Senegal/Frankreich 1975, Farbe, DCP, Wolof+F/d, 123'
REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène, nach seinem gleichnamigen Roman KAMERA Georges Caristan, Orlando L. López, Seydina D. Saye, Seck Farba MUSIK Samba Diabaré Samb SCHNITT Florence Eymon BESETZUNG Thierno Leye, Seune Samb, Douta Seck, Younouss Sèye, Fatim Diagne, Myriam Niang. Zu sehen ist die neu restaurierte Version des Films.
«Ein korrupter Beamter wird in die Handelskammer aufgenommen und heiratet aus diesem Anlass zum dritten Mal. Doch er kann seine ehelichen Pflichten nicht erfüllen und besucht verschiedene Schamanen, um sich vom ‹xala›, dem Fluch der Impotenz, befreien zu lassen. Sein Ruf nimmt durch das xala nachhaltigen Schaden, seine Existenz wird zerstört. (…) In dieser beissenden Satire über die postkoloniale Ära baut Sembène die Handlung rund um die souveräne Titelmetapher auf (die Impotenz ist sozial, wirtschaftlich und spirituell) und versetzt sie mit bösen Seitenhieben sowie einer Symbolik, die an Buñuel gemahnt: Der stolz ‹europäisierte› Protagonist trinkt nicht nur ausschliesslich Evian, sondern lässt auch sein Auto damit waschen. Die ‹Unabhängigkeit›, d. h. die Machtübernahme, zu Beginn sieht so aus: Schwarze tragen die Büsten der Weissen aus dem Regierungsgebäude und nehmen deren Plätze ein. Dann kommen die Weissen wieder und geben den Schwarzen Koffer... Mit Xala errang Sembène seinen ersten Welterfolg.» (Christoph Höller, Österreichisches Filmmuseum, November 2004)
CEDDO
Mo 8.4. 20:45 Fr 26.4. 15:00
Do 9.5. 18:15
Senegal 1976, Farbe, DCP, Wolof+Arab/d, 120' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène KAMERA
Georges Caristan MUSIK Manu Dibango SCHNITT Florence Eymon BESETZUNG Tabata Ndiaye, Moustapha Yade, Aliouane Fall, Matoura Dia, Mamadou Ndiaye Diagne, Camara Ousmane, Oumar Gueye, Mamadou Dioum.
Zu sehen ist die neu restaurierte Version des Films. «Im vorkolonialen Senegal entführen Mitglieder der Ceddo (der ‹Aussenseiter›) Prinzessin Dior Yacine, nachdem ihr Vater, der König, einer aufstrebenden islamischen Gruppierung Treue geschworen hat, die das Konvertieren des gesamten Clans zu ihrem Glauben plant. Versuche, sie zurückzuholen, scheitern und provozieren weitere Spaltungen sowie letztendlich Krieg zwischen den animistischen Ceddo und den fundamentalistischen Muslimen, wobei christliche Missionare und Sklavenhändler aus Europa mitten hineingeraten. Doch selbst als der Sieger feststeht, endet der Konflikt nicht – und die Rückkehr der Prinzessin und ihre immer noch geachtete Macht könnten die neue Ordnung durchaus stürzen. Ceddo , bei seiner ursprünglichen Veröffentlichung in Sembènes Heimat Senegal verboten, ist ein ehrgeiziges, vielschichtiges Epos, das die explosiven Zwischenräume zwischen alter Tradition, religiöser Kolonisierung, politischem Opportunismus und individueller Freiheit auslotet.» (Janus Films)
18 FILMPODIUM 3 1. APR 15. MAI
EMITAÏ
LA NOIRE DE... XALA
CAMP DE THIAROYE
Di 16.4. 20:30 So 5.5. 15:00
Senegal/Algerien/Tunesien 1988, Farbe, 35 mm, Wolof+F/d*, 153'
REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène, Thierno
Faty Sow KAMERA Smaïl Lakhdar-Hamina MUSIK
Ismaël Lô SCHNITT Kahéna Attia MIT Sidiki Bakaba, Hamed Camara, Ismaila Cissé, Ababacar Sy Cissé, Moussa Cissoko.
«Ousmane Sembènes Film Camp de Thiaroye erinnert an das Massaker von Thiaroye, das vor über 70 Jahren am 1. Dezember 1944 stattfand. Als einige ‹tirailleurs sénégalais› nach der Rückkehr aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager in einem senegalischen Camp nahe Dakar Ende 1944 ihren Lohn einfordern, werden sie von französischen Truppen zusammengeschossen. Sembène inszeniert die Rückkehr der senegalesischen Soldaten aus dem Kriegsgefangenenlager als eine Rückkehr in den Kolonialrassismus der Vorkriegszeit. Der Eskalation der Repression durch die weissen Offiziere steht eine zunehmende Empörung der Soldaten gegenüber.» (Fabian Tietke, Zeughauskino Berlin 2014)
«Wie die meisten seiner Filme wurde Camp de Thiaroye sowohl im Senegal als auch in Frankreich zehn Jahre lang verboten, um die Tragödie aus dem öffentlichen Gedächtnis zu löschen. Dennoch nahm der Film 1988 am Wettbewerb der 45. Internationalen Filmfestspiele von Venedig teil, wo er den Spezialpreis der Jury gewann. Es war die erste panafrikanische Produktion, die ohne technische Unterstützung oder Kofinanzierung durch Europa entstand.» (Matene Toure, versobooks.com)
GUELWAAR
Do 4.4. 15:00 Mi 24.4. 20:45
Mo 29.4. 18:15
Frankreich/Senegal 1992, Farbe, 35 mm, Wolof+F/d, 115' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène KAMERA
Dominique Gentil MUSIK Baaba Maal SCHNITT MarieAimée Debril MIT Abou Camara, Marie Augustine Diatta, Mame Ndoumbé Diop, Yama Diedhiou.
«Guelwaar ist der Spitzname von Pierre Henri Thioune, einem politischen Radikalen und Aufwiegler, dessen Kritik an der Abhängigkeit des Senegal von ausländischer Hilfe den Machthabern sauer aufstösst. Nach seinem mysteriösen Tod kommt es zu einer absurden Verwechslung, als seine Leiche mit der eines anderen Mannes vertauscht und versehentlich auf einem islamischen Friedhof beigesetzt wird. Guelwaars Familie, angeführt vom europäisch geprägten Sohn, beauftragt die örtliche Polizei, den Vater auszugraben und auf katholischem Boden wieder zu bestatten, doch der muslimische Widerstand entfacht einen religiösen Konflikt und setzt lang gehegte Feindseligkeiten unter den Stadtbewohnern frei. Guelwaar ist zugleich eine tragikomische Studie über die gesellschaftliche Atomisierung und eine hoffnungsvolle Vision von panafrikanischer Solidarität und Unabhängigkeit.» (Janus Films)
KURZFILMPROGRAMM OUSMANE SEMBÈNE
Mi 3.4. 18:15 Mo 15.4. 18:30 Mo 6.5. 20:45
BOROM SARRET
Senegal 1963, sw, DCP, F/d, 20' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène
KAMERA Christian Lacoste SCHNITT André Gaudier BESETZUNG Ly Abdoulay, Albourah.
Borom Sarret (1963), einer der ersten Filme eines Regisseurs aus Subsahara-Afrika, erzählt «die Geschichte eines armen Mannes, der in Dakar versucht, seinen Lebensunterhalt als Fuhrmann zu bestreiten. Obschon er erwartet, für seine Dienste bezahlt zu werden, hat er Mühe damit, das klarzumachen, und wird so oft enttäuscht und ausgenutzt. Dieser Kurzfilm illustriert, dass die Unabhängigkeit des Landes die Probleme seiner Bevölkerung nicht lösen konnte.» (trigon-film)
NIAYE
Senegal/Frankreich 1964, sw, Digital HD, Wolof+F/e, 35' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène, nach seiner Sammlung von Kurzgeschichten «Véhi Ciosane» von KAMERA Georges Caristan SCHNITT André Gaudier BESETZUNG Serigne Sow, Astou N’Diaye, Mame Dia, Modou Sène.
« Niaye (1964) erzählt die Geschichte eines 13-jährigen Mädchens aus einem kleinen Dorf, das nach einer ungewollten, inzestuösen Schwangerschaft ganz allein mit den Anfeindungen der Gemeinschaft fertigwerden muss. Basierend auf Sembènes eigener Kurzgeschichte liefert Niaye einen bissigen Kommentar zur Heuchelei der dörflichen Traditionen.» (Film Forum, New York, September 2023)
TAUW
Senegal 1970, Farbe, Digital HD, Wolof+F+Arab/e, 27' REGIE UND DREHBUCH Ousmane Sembène KAMERA Georges Caristan BESETZUNG Mamadou M’Bow, Amadi Dieng, Fatim Diagne, Coumba Mane, Habib Diop, Ibrahima Boye, Mamadou Diagne, Papa Yoro, Ousmane Sembène.
«Tauw, ein arbeitsloser 20-Jähriger, muss sich mit den Folgen der sich wandelnden Moral und des erstickten Arbeitsmarktes im städtischen Senegal auseinandersetzen, während der elfjährige Ouman sich mit den Widersprüchen seines Religionsunterrichts konfrontiert sieht. In seiner naturalistischen Darstellung dramatisiert Tauw (1970), wie unvorbereitet beide auf die Realitäten einer sich verändernden Gesellschaft sind.» (African Film Festival, New York)
MOOLAADÉ
Fr 5.4. 18:15 So 21.4. 15:00
Di 7.5. 20:45
Senegal/Burkina Faso/Marokko/Tunesien/Kamerun/ Frankreich 2003, Farbe, 35 mm, Bambara+F/d/f, 124' REGIE Ousmane Sembène DREHBUCH Ousmane Sembène KAMERA Dominique Gentil MUSIK Boncana Naiga SCHNITT Abdellatif Raïss MIT Fatoumata Coulibaly, Maimouna Hélène Diarra, Salimata Traoré, Dominique Zeïda, Mah Compaoré, Aminata Dao.
«Collé ist eine mutige Frau mit starkem Willen. Sie schafft es, ihre Tochter vor der Beschneidung zu bewahren, denn sie lehnt diese grausame Praktik ab. Als später vier Mädchen, denen das gleiche Schicksal droht, Schutz bei ihr suchen, beruft Collé sich auf den altehrwürdigen Brauch des Moolaadé: das Recht auf eine unantastbare Zufluchtsstätte. Selbst als die Heirat ihrer Tochter gefährdet wird, behauptet Collé ihre Stellung. Der Konflikt spaltet die Dorfgemeinschaft zunehmend …» (Xenix Filmdistribution, Juni 2006)
«In 38 Ländern von insgesamt 54 der Afrikanischen Union wird die rituelle Beschneidung junger Mädchen praktiziert. Ousmane Sembène hat sich mit dieser barbarischen Tradition, ihren Ursprüngen und aktuellen Praktiken im Senegal befasst. Und zeigt ohne aufklärerischen Gestus das nahezu unentwirrbare Ineinander uralter patriarchalischer Strukturen, das moderne Afrika und die individuelle Rebellion einer jungen Frau gegen die Gewalt in ihrem Dorf. (…) In einfachen, klaren Bildern erzählt Sembène von einem unauflösbaren Dilemma, in dem die althergebrachte Tradition das Recht auf Schutz aufzuheben scheint. Der souveräne Duktus, mit dem die Figuren und Positionen umrissen werden, zeugt von Altersweisheit, von Filmund Lebenserfahrung, umso eindrücklicher das Bekenntnis zur Modernität: Im Gegensatz zu vielen Jungregisseuren aus seiner Heimat, die im westlichen Einfluss vor allem eine zerstörerische Kraft sehen, beschwört der 81-jährige Regisseur das Aufklärungspotenzial, das in dieser Öffnung steckt. Dass sich die Frauen des Dorfs emanzipieren können, verdanken sie den Medien aus der Ersten Welt. In der letzten Einstellung folgt auf das Bild eines 150-jährigen Strausseneis auf der Spitze einer Moschee das einer Fernsehantenne.» (Christoph Huber, Viennale 2004)
EINFÜHRUNG ZU MOOLAADÉ
Fr 5.4. 18:15
Von Catherine Silberschmidt, Filmkritikerin (ca. 10')
FAAT KINÉ
Die 35-mm-Kopie von Faat Kiné ist leider nicht verfügbar für dieses Programm. Darum zeigen wir diesen Film als Nachspiel im Juni.
19 FILMPODIUM 3 1. APR 15. MAI
BOROM SARRET
CAMP DE THIAROYE
TECTONIC PLATE