FINANCIAL PLANNING Magazin I-2020

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Europa im Sandwich Von Dr. Martin Lück

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um Beginn des neuen Jahrzehnts setzen viele Anleger auf Europa. Grund für diese Einschätzung ist einerseits die Erwartung, dass der Welthandel im Nachgang des Phase-1-Handelsabkommens zwischen des USA und China wieder stärker wird. Europa mit seinen exportorientierten Volkswirtschaften sollte von einer Belebung der globalen Aktivitäten stärker profitieren als die USA. Außerdem sind europäische Aktien, die seit Jahren in der Performance hinter ihren US-Pendants zurückbleiben, deutlich günstiger bewertet. Die Kombination aus vermeintlicher zyklischer und preislicher Attraktivität hat schon manchen Portfoliomanager zu einer Adjustierung im Portfolio bewogen, was sich etwa in der zeitweisen Outperformance des Faktors Value in der zweiten Jahreshälfte 2019 niedergeschlagen hat. Die Frage ist nun also: Wie geht es von hier aus für Europa und seine Unternehmen weiter?

Davon entfallen 80 Milliarden auf Industriegüter, was durchaus dazu führen kann, dass chinesische Importeure US-amerikanische Lieferanten an die Stelle bisheriger Kontrahenten aus anderen Teilen der Welt setzen, um diese Vorgabe zu erfüllen. Schließlich ist kaum anzunehmen, dass plötzlich zusätzliche Nachfrage in dieser Größenordnung aus dem Nichts entsteht. Will China also den Deal einhalten, ist sehr wahrscheinlich, dass Importe aus Europa (und anderen Lieferländern wie Japan oder Korea) entsprechend heruntergefahren werden. Dieser Effekt dürfte noch dadurch verstärkt werden, dass die für den Agrarbereich vereinbarten zusätzlichen US-Importe in Höhe von 40 bis 50 Milliarden USD kaum zu erreichen sein werden. Schaffen es die chinesischen Dr. Martin Lück, Managing Director, Chief Importeure nicht, der Trump-Regierung Investment Strategist für Deutschland, die geforderten Agrarimporte in dieser Österreich, Schweiz und Osteuropa, Größenordnung nachzuweisen, könnten BlackRock sie unter Druck geraten, noch mehr IndusIn der Tat dürfte sich der globale Output triegüter wie Fahrzeuge, Fluggerät oder in diesem Jahr stabilisieren. Dies liegt zum Teil daran, dass Chemikalien aus den USA zu beziehen. Europa befindet sich sich die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Welthandamit im Sandwich der Auseinandersetzung zwischen den USA del, die sich im Zuge der Konfrontation zwischen den USA und und China. Gut möglich, dass das Aufweichen von LieferbezieChina aufgebaut hatten, auf Sicht relativieren. Zwar bleibt ein hungen im Industriebereich für europäische Unternehmen den großer Teil der von der Trump-Administration verhängten Zölle Volumeneffekt einer Ausweitung des Welthandels im Zuge des erhalten, doch zeichnet sich derzeit keine weitere Eskalation des Phase-1-Handelsdeals sogar überkompensiert. Handelskonflikts ab. Das verbessert die Planungsgrundlage für Unternehmen, wirkt also per saldo wachstumsfördernd. Hiervon Unterm Strich ist es also keineswegs sicher, dass Europa als sollen vor allem europäische Firmen profitieren, die traditionell Gewinner aus der Wiederbelebung des Welthandels, die man sich den Blick eher nach außen richten als US-Unternehmen, denen vom Friedensschluss zwischen den USA und China verspricht, oft der Heimatmarkt genug ist. Insofern ist an der oft zitierhervorgeht. Stattdessen könnte der Alte Kontinent klassisch ten Lesart „mehr Handel hilft exportorientierten Europäern“ zwischen die Fronten geraten. Viel wird davon abhängen, wie durchaus etwas dran. Leider gibt es aber auch eine Kehrseite, China selbst die Prioritäten setzt. Sollte also Peking um des denn obwohl Europa generell vom US-China-Deal profitieren lieben Friedens willen mit Trump bereit sein, die Handelsbesollte, könnte der Inhalt des Deals selbst für Europa weniger ziehungen mit Europa zurückzufahren, wäre der Gesamteffekt erfreuliche Konsequenzen haben. Die chinesische Regierung für europäische Unternehmen wohl negativ. In jedem Fall ist hat sich nämlich im Phase-1-Abkommen verpflichtet, in den dies eine Frage, die bei der Beurteilung einer eventuellen Übernächsten zwei Jahren zusätzlich US-amerikanische Waren in gewichtung europäischer Aktien eine Rolle spielen sollte. ❚ der Größenordnung von 200 Milliarden USD zu importieren.

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FINANCIAL PLANNING 01.2020


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