Bedarfsgesteuerte Mobilit채tsangebote
Flexible und alternative Bedienungsformen
Mit Projektbeschreibung
Flexible und alternative Bedienungsformen im ÖPNV – eine Antwort auf den demografischen Wandel im Odenwaldkreis?
Vorwort Welche Zukunft hat der öffentliche Personennahverkehr in dünn besiedelten ländlichen Räumen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Finanznöte der Aufgabenträger? Antworten darauf werden seit Jahren gesucht und immer wieder der starre Rechtsrahmen des Personenbeförderungsgesetzes als Hindernis bemüht, dass auf die sich verändernden Rahmenbedingungen nicht flexibel genug reagiert werden kann. Doch ist dies so – oder fehlt es vielleicht nur an Ideen und Konzepten vor Ort oder an Kümmerern, die die verschiedenen Akteure zusammen bringen und zusammen halten? Es gibt darauf nicht die eine Antwort, ebenso nicht das eine, richtige Konzept für die ländliche Region. Auch diese ist so vielfältig, wie die Menschen, die in ihr leben. Flexible Bedienformen des ÖPNV galten und gelten als ein Mittel, eine öffentliche Verkehrsversorgung auch noch in Räumen und zu Zeiten schwacher Verkehrsnachfrage aufrecht zu erhalten. Es wächst allerdings die Erkenntnis, dass auch Bedarfsverkehre teuer werden können und den Anforderungen der „FacebookGeneration“ nicht gerecht werden. Internet und soziale Netzwerke eröffnen heute ganz andere Möglichkeiten, sich zu organisieren – auch auf dem Lande. Mobilität wird heute von der jüngeren Generation anders gestaltet; der Pkw-Besitz steht nicht mehr im Vordergrund der individuellen Mobilität. Darauf muss der ÖPNV mit neuen Geschäftsmodellen Antworten finden. Der vorliegende Bericht setzt sich mit der Zukunftsproblematik des ÖPNV vor dem Hintergrund demografischen Wandels auseinander. Am Beispiel des Odenwaldkreises wird die ÖPNV-Situation mit Zahlen belegt und auch mit den Erfahrungen aus dem langjährigen „RufBus“-Betrieb. Mit „Garantiert mobil!“ will der Odenwaldkreis neue Wege des Gemeinschaftsverkehrs gehen, der öffentliche, privatwirtschaftliche und bürgerschaftliche Ressourcen integriert. Der Bericht stellt dieses Projekt vor, dessen Pilotphase zum Redaktionsschluss noch nicht begonnen hat. Insoweit bleibt es abzuwarten, wie die Bevölkerung das Konzept annimmt und ob es hinsichtlich der Mobilität eine Antwort auf den demografischen Wandel sein kann. Den Bericht empfehlen wir Ihrer Aufmerksamkeit. Michelstadt, den 15. Januar 2016 gez. Peter Krämer
Leiter des Geschäftsbereichs Nahverkehr der Odenwald-Regional-Gesellschaft mbH
Kontakt: Odenwald-Regional-Gesellschaft (OREG) mbH Hulster Straße 2 64720 Michelstadt Telefon: 0 60 61 97 99-11 E-Mail: p.kraemer@oreg.de Internet: www.odenwaldmobil.de
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Inhalt 1.
Der demografische Wandel
2.
ÖPNV als Auftrag zur Daseinsvorsorge
3.
Der Rechtsrahmen für die Personenbeförderung
4.
„Ausreichende Verkehrsbedienung“ im Odenwaldkreis
5.
Der „RufBus“ als integrativer Ansatz
6.
Alternative Bedienformen als Chance
7.
Das Projekt „Garantiert mobil!“
8.
Mitnahmeanbieter als „Beförderungsdienstleister“
9.
Rechtsentwicklung
10.
Ausblick
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1. Der demografische Wandel Wie in nahezu allen Flächenlandkreisen abseits der Ballungszentren ist auch im Odenwaldkreis der demografische Wandel spürbar. Die Bevölkerungszahl geht zurück und in der Altersstruktur gibt es deutliche Verschiebungen. Während die Anzahl der jungen Menschen abnimmt, steigt der Anteil der älteren und der alten Menschen. In der Prognose wird der Odenwaldkreis durch den demografischen Wandel weniger stark berührt werden als z.B. die ostdeutschen oder nordhessischen Gebiete, dennoch sind auch hier die Folgen in allen Politikfeldern spürbar. Konkret geht es darum, wie unter den sich verändernden Rahmenbedingungen eine angemessene Daseinsvorsorge mit infrastrukturellen Einrichtungen, Gütern und Dienstleistungen gewährleistet werden kann. Der Trend zur Urbanisierung führt auch innerhalb des Odenwaldkreises zu einer Stärkung der zentralen Orte, weil sich dort die Arbeitsplätze und die für die Lebensgestaltung notwendigen Einrichtungen, Ärzte, Apotheken, Einkaufsmärkte usw. befinden und dort auch die kulturellen Veranstaltungen stattfinden. In einem schleichenden Prozess haben die Ortschaften in den letzten Jahren immer mehr an Infrastruktur verloren, die für ein „attraktives Leben auf dem Land“ notwendig ist. Hinzu kommt die oft schwierige Finanzlage der Kommunen, die zur Aufgabe freiwilliger Leistungen führt. Stärker noch befördert diesen Trend zur Urbanisierung der Bruch der traditionellen Familienstrukturen. Es gibt heute kaum mehr Großfamilien, innerhalb der sich die Generationen gegenseitig versorgen. Daher ziehen viele Ältere „in die Stadt“, wo möglichst alles nah beieinander liegt, was für die Lebensgestaltung benötigt wird. Viele können dies aber auch nicht, weil ihnen die wirtschaftlichen Möglichkeiten fehlen, oder wollen dies nicht, weil sie damit ihre Heimat aufgeben. Es wird daher auch nicht zu einer völligen Entsiedlung der Odenwaldgemeinden kommen, zumal es andererseits auch günstige Umstände gibt, „aufs Land“ zu ziehen, wie z.B. billigen Wohnraum gepaart mit der kommunalen Bereitstellung einer schnellen Internetverbindung. Mobilität bestimmt das Leben Zentrale gesellschaftliche Errungenschaften wie Wahlfreiheit in Bezug auf Arbeitsplätze und Dienstleistungen sowie die Teilhabe an Bildung, Gesundheit, Kommunikation und anderen Bereichen der Daseinsvorsorge sind nur möglich, wenn deren Erreichbarkeit gesichert ist. Das Alltagsleben im dünnbesiedelten ländlichen Raum funktioniert heutzutage nur in Verbindung mit einer relativ weiträumigen Mobilität. Mobilität ist Mittel zum Zweck. Sie kehrt den demografischen Wandel nicht um, sondern reagiert auf seine Anforderungen. Wenn schon die Hausarztpraxis im Ort schließt, weil sich kein Nachfolger findet, muss jedenfalls gewährleistet sein, dass man zum Ärztezentrum in die Kreisstadt oder zur Apotheke kommen kann. Gleiches gilt für den Frisör, zum Einkaufen beim Metzger, Bäcker usw. Durch den demografischen Wandel entsteht ein Mehrbedarf an Mobilität, weil fehlende Infrastruktur vor Ort durch Fahrten ins nächste Zentrum kompensiert werden müssen. Diese Mobilität sichert bislang überwiegend der Pkw. Der dünnbesiedelte ländliche Raum ist Pkw-dominiert. Wer altersbedingt schon bzw. noch fahren kann, fährt zumeist Auto. Freiwilliger Verzicht auf den Pkw dürfte im dünnbesiedelten ländlichen Raum im Vergleich mit Großstädten eine seltene Ausnahme darstellen. Wer nicht selbst fahren kann oder will, greift gerne auf private Fahrdienste zurück. Eltern chauffieren ihre Kinder zu Schule, Sport und Freunden. Ältere werden von ihren Verwandten zum Arzt oder Einkaufen gefahren. Und über diese innerfamiliären Fahrdienste hinaus findet sich auch eine Bereitschaft, Nachbarn oder Freunden mit Fahrdiensten auszuhelfen. Das sichert eine gewisse Mobilität, jedoch keine Unabhängigkeit.
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Mobilitätskosten steigen Obwohl die Kosten für Mobilität steigen, bleibt der Stellenwert von Mobilität unverändert hoch. Die Aufwendungen für Mobilität stellen auch in Zukunft den zweitgrößten Ausgabenposten der privaten Haushalte dar1. Der Trend zu kleineren Haushalten wirkt insgesamt als Treiber für die Gesamtmobilität, da Personen aus kleinen Haushalten tendenziell mobiler sind als aus größeren Haushalten. Auch ältere Menschen sind mobiler als früher, sie legen mehr und längere Wege zurück. Sie verfügen bis ins hohe Alter über einen Pkw. Vor allem die Gruppe der älteren Frauen mit Führerschein wird kräftig steigen. Die monatlichen Konsumausgaben der privaten Haushalte haben im Jahre 2013 ca. 2.450 € betragen2. Für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung tätigten die Privathaushalte die mit Abstand höchsten Ausgaben: Im Jahr 2013 gaben sie dafür durchschnittlich 34,5 % ihres monatlichen Konsumbudgets aus. Danach folgten die Verkehrsausgaben mit einem Anteil von 14 %. Ca. 350 € wendet der Privathaushalt damit monatlich für Mobilität auf. Die Aufwendungen steigen mit der Zahl der Haushaltsangehörigen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Abschreibungs- und Unterhaltungskosten privat genutzter Pkw. Diese betragen z.B. für ein Mittelklasse-Fahrzeug vom Typ VW-Golf ca. 0,44 € je km. Bei einer Fahrleitung von 15.000 km ergeben sich Jahreskosten von 6.600 €, bzw. 550 € im Monat, die bereits deutlich über dem statistischen Durchschnitt liegen. Meist spielen die Abschreibungskosten in der privaten Betrachtung von Mobilitätskosten keine Rolle. Hier werden nur die Treibstoff- und ggf. Reparaturkosten in Ansatz gebracht und direkt mit dem Fahrpreis des ÖPNV verglichen, der dann meistens unverhältnismäßig hoch erscheint. Diese falsche Kostenrechnung ist ein wichtiges Indiz, sich gegen den ÖPNV zu entscheiden, soweit überhaupt eine Wahlfreiheit aufgrund des Bedienungsangebots besteht. Wer immer nur die Tankquittung als Beleg seiner Kfz.-Kosten sieht, Wartung und Reparaturen vernachlässigt und sich mit einem Gebrauchtwagen aus zweiter oder dritter Hand begnügt, für den mag sicherlich der ÖPNV nur dann eine Alternative sein, wenn er mit den Sonderbussen zu den Volksfesten fahren kann, weil er dann seinen Führerschein nicht aufs Spiel setzt. Sicherlich spielt die Einkommensverfügbarkeit eine große Rolle beim Mobilitätsverhalten. Das bedeutet aber nicht, dass in Ländern, in denen Privathaushalte über ein geringeres Einkommen verfügen, weniger Mobilität bestehen würde. Das Defizit gleicht man dadurch aus, dass man auf (teure) mobile Statussymbole verzichtet. Dieser Trend ist auch in Deutschland zu beobachten. Für die Altersgruppe der heute 18 bis 25-jährigen ist das Besitzen eines Autos bei weitem nicht so wichtig, wie es für die frühere Generation war. Für sie haben die neuen Kommunikationsmedien vorrangigen Stellenwert. Aber auch die jüngere Generation will auf Mobilität nicht verzichten, so dass sich hier ganz neue Märkte ergeben, wie z.B. Car-Sharing oder die Nutzung von Fernlinienbussen. Auch ist erkennbar, dass sich viele Privathaushalte, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, ein eigenes Auto nicht mehr leisten können, mindestens dann nicht, wenn sie mit Vollkosten rechnen (s.o.) und „nicht auf Verschleiß fahren“. So stand denn auch über Jahrzehnte der ÖPNV als Synonym für „AAA“, nämlich für Auszubildende, Arme und Ausländer, also Personenkreise, die sich kein eigenes Auto leisten konnten. Für die hatte der Staat zu sorgen, indem er im Rahmen der Daseinsvorsorge eine „ausreichende öffentliche Verkehrsversorgung“ sicherstellt.
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Institut für Mobilitätsforschung Studie „Mobilität 2025 - Der Einfluss von Einkommen, Mobilitätskosten und Demografie“ Quelle: Statistisches Bundesamt, laufende Wirtschaftsrechnungen 2013
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2. ÖPNV als Auftrag zur Daseinsvorsorge „Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge“. So oder so ähnlich lauten die Formulierungen im Regionalisierungsgesetz von 1993 und in den ÖPNV-Gesetzen der Länder. Dabei wird der öffentliche Personennahverkehr inzwischen weit definiert und umfasst neben dem Schienen- und Linienbusverkehr auch flexible Bedienungsformen wie Bürgerbus, Anrufsammeltaxi, Anruflinientaxi, Ruftaxi und Anrufbus. Auch Taxi- und Mietwagenverkehr ist nach § 8 Abs. 2 PBefG ÖPNV, wenn er den Linienverkehr ersetzt, ergänzt oder verdichtet. So kommt dem ÖPNV im dünnbesiedelten ländlich geprägten Raum trotz der Pkw-Dominanz eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe zu. Als allgemein akzeptiertes Verständnis eines Mindeststandards hilft vielleicht die Formulierung: „Niemand soll ohne eigenes Auto so imobil sein, dass der regelmäßige Zugang zu den Einrichtungen der sozialen Daseinsvorsorge und der Versorgung, insbesondere zum nächsten zentralen Ort, nicht möglich oder so aufwändig ist, dass darüber ein normaler Alltag massiv eingeschränkt wäre.“ Das ist immer noch eine interpretationsoffene Formulierung, doch mit einem klaren Kern: Eine Teilhabe an den gesellschaftlichen Errungenschaften soll auch ohne eigenes Auto möglich sein. Nüchterne Realität Der Alltag in dünnbesiedelten ländlichen Räumen sieht zumeist nüchtern aus. Die Alternative zum eigenen Auto ist dort neben der privat organisierten Mitnahme ein ÖPNV, der nur ein begrenztes Mobilitätsangebot bereitstellt. Vielerorts besteht der ÖPNV weitgehend aus Schülerverkehr. Frühmorgens sind einzelne Busse auf den letzten Abschnitten zur Schule drangvoll gefüllt, und in der Mittagszeit gilt dies für die Gegenrichtung. Ansonsten kann man viele Busse beobachten, die leer oder nur mit einzelnen Personen besetzt umher fahren. Faktisch orientieren sich Linienführung und Fahrplan vielfach am Schülerverkehr. Außerhalb der Schulzeiten, d.h. in den Tagesrandzeiten, am Wochenende oder in den Ferien, ist das Angebot hingegen sehr dünn oder fehlt ganz. Ähnlich stellt sich die Situation abseits der Hauptlinien in vielen kleinen Dörfern dar, wo der Fahrplan auf die Möglichkeit von Anrufsammeltaxis verweist. Hinzu kommt, dass in den betroffenen Räumen neben dem ÖPNV auch das Taxigewerbe eine dünne ökonomische Basis hat und vor erheblichen Problemen steht. Der demographische Wandel reduziert und verändert in den dünnbesiedelten ländlichen Räumen die Nachfrage nach herkömmlichen ÖPNV-Angeboten, denn die Zahl der Schüler nimmt ab, während die Zahl der Älteren zunimmt. Während der Rückgang der Schülerzahlen die quantitative Nachfrage nach den Leistungen des ÖPNV sinken und bisher sichere Einnahmen wegbrechen lässt, nimmt die Zahl der Älteren zu, wodurch die Nachfragelücke jedoch nicht unmittelbar geschlossen wird. Die „neue Nachfrage der Älteren“ unterscheidet sich deutlich von der „Nachfrage von den Schülern“, denn sie umfasst weniger Fahrten je Person und ist unregelmäßiger. Arztbesuche, medizinische Therapien, das Einkaufen in die nächstgrößere Stadt oder gesellige Veranstaltungen haben ihre eigenen Zeitpläne und Rhythmen, die sich nicht mit der synchronisierten Welt der Schüler und der Schülerbeförderung vergleichen lassen. Vereinfacht gesagt: Wenn man ihn braucht, fährt der Bus womöglich gerade nicht. Oder man kommt zu einem Termin zwar gut hin, doch nicht mehr zurück. Zudem können Wege zu Bushaltestellen zu weit oder der Einstieg zu schwierig sein. Ein barrierefreies ÖPNV-Angebot ist zwar wünschenswert und gesetzlich gefordert (siehe PBefG-Novelle 2013), doch noch lange nicht gegeben. Zudem muss ÖPNV-Nutzung gelernt werden. Wer sein Leben lang nur selbst Auto gefahren ist oder immer vom Partner mitgenommen wurde, tut sich mit der ÖPNV-Nutzung schwer. So wächst zwar durch die Alterung der Gesellschaft die Nachfrage nach „Nicht-Selbstfahr-Mobilität“, doch die Bedienung ist nicht einfach. Eine kleinteilige unsynchronisierte Nachfrage und spezielle Servicebedürfnisse der Nutzer schaffen jedenfalls einen schwierigen Rahmen3. Herausforderungen für den ÖPNV Die Folgen des demografischen Wandels sind mindestens eine Herausforderung für den öffentlichen Personennahverkehr. Die Restriktionen, denen er unterliegt, lassen es aber aussichtlos erscheinen, dass der klassische Linienverkehr Problemlösungen bieten kann, weil er selbst Teil des Problems ist. Wegen seiner Abhängigkeit von einer öffentlichen Finanzierung durch die Aufgabenträger und deren Finanznöte besteht 3
„Der Zwang zum PKW - Die Fantasielosigkeit der öffentlichen Nahverkehrsbetreiber und technischen Neuerungen führen dazu, dass ältere Menschen auf Autos angewiesen bleiben“, Quelle: TAZ - Die Tageszeitung , 14.08.2014
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die Gefahr, dass diese in den Nahverkehrsplänen nur noch die Bedienungsqualität als Daseinsvorsorge festlegen, die sie sich leisten können und nicht die, die erforderlich ist, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken. Angebotsorientierte Fahrpläne werden so zunehmend durch nachfrageorientierte Fahrpläne ersetzt, d.h. es werden nur noch die Leistungen angeboten, die auch von einer gewissen Menge an Fahrgästen nachgefragt werden. Damit ist es aber auch keine Daseinsvorsorge mehr, die der Aufgabenträger betreibt, sondern die ÖPNV-Leistungen werden an ökonomischen Maßstäben gemessen, ohne dass eine Wettbewerbsgleichheit mit dem Individualverkehr gegeben ist - auch wegen bestehender systemimmanenter Probleme: Zum einen fehlen dem Linienverkehr wichtige Attribute der Attraktivität, v.a. jederzeitige Verfügbarkeit und Flexibilität, zum anderen geht die Schere zwischen Aufwand und Ertrag immer weiter auseinander, vor allem weil es an einer bündelbaren Nachfrage fehlt, die im Jedermannverkehr wegen zunehmender Individualisierung nicht vorhanden ist und im Ausbildungsverkehr wegen rückläufiger Schülerzahlen zunehmend wegbricht. Wenn sich das ÖPNV-Angebot in dünn besiedelten ländlichen Räumen aufgrund dieser Rahmenbedingungen auf die Grundsubstanz des Schülerverkehrs reduziert, ist dies der Niedergang öffentlicher Mobilität. Alle Zeichen deuten momentan in diese Richtung. Das bedeutet dann aber auch, dass die Politik ein wesentliches Handlungsfeld aufgibt, um Antworten auf den demografischen Wandel zu finden. Flexible Betriebsformen als Ausweg Seit Jahren vertritt die Fachwelt die Auffassung, dass differenzierte Bedienungsformen geeignet sind, um in verkehrssachwachen Zeiten und Räumen mit geringer Siedlungsdichte ein angemessenes (ausreichendes) und wirtschaftlicheres Verkehrsangebot zu ermöglichen, als der konventionelle Linienbusverkehr. Differenzierte Bedienungsform ist dabei der Oberbegriff für räumlich und / oder zeitlich flexible Angebotsformen im ÖPNV, die in verschiedener Ausprägung zur Anwendung kommen. Entsprechend vielfältig und zum Teil auch widersprüchlich sind die Produktbezeichnungen. Gemeinsam ist diesen, dass sie auf der Grundlage des Personenbeförderungsgesetzes – wenngleich auch nach unterschiedlichen Rechtsvorschriften – genehmigt werden und nur dann zum Einsatz kommen, wenn der Fahrtwunsch zuvor angemeldet wurde. Der Vorzug flexibler Bedienformen besteht darin, dass Betriebskosten nur dann entstehen, wenn das Fahrtenangebot auch nachgefragt wird. Im Regelfall erhält der Unternehmer einen Sockelbetrag, mit dem die Vorhaltung der Kapazitäten abgegolten wird und der unabhängig von der Inanspruchnahme steht. Die Betriebskosten steigen allerdings bei zunehmender Inanspruchnahme, was bei erfolgreichen Konzepten oft zu finanziellen Problemen führt. Während beim regulären Linienbus zusätzliche Fahrgäste den Kostendeckungsgrad erhöhen, führen bei flexiblen Betriebsformen zusätzliche Fahrgäste oftmals zu zusätzlichen Kosten. Düstere Aussichten Durch den demografischen Wandel gehen die Fahrgastzahlen im Segment der „Stammkunden“, nämlich der Schüler und Auszubildenden, zurück. Neue Zielgruppen lassen sich kaum erschließen. Die Kosten für die Bereitstellung von ÖPNV-Betriebsleistungen steigen, die Verkehrserlöse sinken und die kommunalen Aufgabenträger, die das Defizit tragen, haben selbst riesige Haushaltsprobleme, die ein „weiter so“ unmöglich erscheinen lassen. Andererseits ist es dem ÖPNV bislang auch nicht gelungen, sich einen signifikanten Anteil an den Mobilitätsaufwendungen der Privathaushalte zu sichern. Dabei bekommt man für die 300 €, die ein Privathaushalt im Monat mindestens für Mobilität ausgibt, durchaus auch eine verbundweit gültige RMVJahreskarte. Wenn man mit dieser alle seine Mobilitätsbedürfnisse befriedigen könnte, wäre dies sicherlich gut und alternativ angelegtes Geld. Dies funktioniert allerdings nur in Ballungszentren, wo ein dichtes Netz von ÖPNV-Verbindungen (und Parkraumrestriktion) besteht und man alle Bedürfnisse des täglichen Lebens mit Bus und Bahn besorgen kann. Aber wer gibt schon in der Fläche für eine RMV-Jahreskarte 2.000 - 3.000 € aus, wenn er aufgrund der eingeschränkten Bedienungsqualität parallel dazu dennoch ein Auto braucht. Das Thema der Mobilitätskosten, das bereits vorstehend behandelt wurde, spielt immer die entscheidende Rolle, wenn es um die Akzeptanz neuer Angebote geht. Der Kunde ist preis- / leistungsbewusst und hinterfragt sehr schnell, wie viel Mobilität er zu welchem Preis erhält.
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3. Der Rechtsrahmen für die Personenbeförderung Der deutsche Rechtsrahmen für die Personenbeförderung geht zurück auf das „Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande“ vom 4.12.1934. Eine Modernisierung erfolgte durch das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) aus dem Jahre 1961, das im Kern noch heute gilt. Als Gewerberecht regelt es die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen und den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers. Es reguliert den Marktzugang und stellt die Beförderung von Personen unter den besonderen Schutz des Gesetzes. Die Öffnung des EU-Binnenmarktes hat auch Einfluss auf das Personenbeförderungsrecht genommen, denn die Kommission bezeichnet öffentliche Verkehrsdienste als Dienstleistungen von wirtschaftlichem Interesse, die geeignet sind, den Wettbewerb beeinflussen. Das EU-Primärrecht von Transparenz und Gleichbehandlung und mit den Wettbewerbsregeln konforme öffentliche Beihilfen bestimmen fortan das Handeln von ÖPNVAufgabenträgern und Verkehrsunternehmen – oft mehr als das Kümmern um den Fahrgast. Genehmigungspflicht und Typenzwang Gemäß § 1 Absatz 1 i.V.m. § 2 Absatz 1 PBefG muss jeder, der entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen befördert, eine Genehmigung besitzen. Er ist Unternehmer. Die gewerbliche Personenbeförderung knüpft unmittelbar an das Entgelt an. Erfolgt die Beförderung unentgeltlich oder übersteigt das Gesamtentgelt nicht die Betriebskosten einer Fahrt, so ist die Beförderung genehmigungsfrei. Mit der PBefG-Novelle 2013 wurde auch die Geschäftsmäßigkeit einer Beförderung der Entgeltlichkeit unterstellt; nach der davor geltenden Rechtslage hat bereits die Wiederholungsabsicht einer Personenbeförderung genügt, um den Tatbestand der Genehmigungspflicht zu erfüllen. Diese Festlegung des sachlichen Geltungsbereichs des PBefG auf das Entgelt in Bezug auf die Betriebskosten einer Fahrt hat sich als das entscheidende Kriterium für Fahrdienste im Ehrenamt herausgebildet, wenn es darum geht, Anreizentgelte für Mitnahmefahrten zu zahlen oder diese in öffentliche Mobilitätskonzepte (intermodal) einzubinden – doch dazu später. Eine Personenbeförderung ist überhaupt nur zulässig mit Kraftfahrzeugen, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von Personen geeignet und bestimmt sind (Personenkraftwagen, Kraftomnibusse - § 4 Abs. 4 PBefG). Das Personenbeförderungsgesetz gibt die genehmigungsfähigen Verkehrsformen in den §§ 42 ff. PBefG abschließend vor (Typenzwang). Die „Grundverkehrsformen“ sind der Linienverkehr (§ 42 PBefG) und der Gelegenheitsverkehr (§ 46 ff PBefG). Linienverkehr Linienverkehr nach § 42 PBefG ist eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können. Der Linienverkehr hat damit nach § 42 PBefG folgende Voraussetzungen: • Vorliegen einer regelmäßigen Verkehrsverbindung, • Einrichtung zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten, • Ein- / Aussteigemöglichkeiten der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen. Der Begriff des Linienverkehrs setzt dabei nicht zwingend voraus, dass ein Fahrplan mit bestimmten Abfahrtsund Ankunftszeiten besteht oder Zwischenhaltestellen eingerichtet sind. Es genügt vielmehr die Einrichtung einer Haltestelle am Ausgangspunkt und am Endpunkt der Fahrt. Die Regelmäßigkeit der Verkehrsverbindung setzt jedoch voraus, dass die Fahrten in einer erkennbaren zeitlichen Ordnung wiederholt werden, sodass sich die Fahrgäste auf das Vorhandensein einer Verkehrsverbindung einstellen können. Dies bedeutet, dass die Fahrten in einem auf einige Zeit im Voraus festgelegten Zusammenhang stehen müssen, also nicht aus einzelnen konkreten Anlässen heraus ausgeführt werden. Daran fehlt es bei Fahrten, die zwar grundsätzlich zu bestimmten Zeitpunkten stattfinden, deren tatsächliche Durchführung aber von der jeweiligen Nachfrage abhängt.
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Aus der Regelmäßigkeit folgt zudem die Fahrgastfreiheit des Linienverkehrs. Es handelt sich somit nur dann um Linienverkehr, wenn der Verkehr einem unbeschränkten Personenkreis, also der Allgemeinheit der Verkehrsbenutzer offensteht. Eine Ausnahme hiervon regelt § 43 PBefG. Die dort aufgeführten „Sonderformen des Linienverkehrs“ werden auch dann dem Linienverkehr zugeordnet, wenn die Beförderung unter Ausschluss anderer Fahrgäste erfolgt, unabhängig davon, wer den Ablauf der Fahrten bestimmt. Linienverkehr kann mit Straßenbahnen, U-Bahnen, Kraftfahrzeugen und Obussen ausgeführt werden. Der Linien-verkehr unterliegt der Beförderungspflicht nach § 22 PBefG, der Betriebspflicht nach § 21 PBefG und der Tarifpflicht nach § 39 PBefG. Nach § 145 Abs. 1 SGB IX sind im Linienverkehr Schwerbehinderte mit entsprechendem Ausweis unentgeltlich zu befördern; für den Unternehmer gilt dann der Erstattungsanspruch nach § 148 Abs. 1 SGB IX. Weiterhin besteht ein Ausgleichsanspruch für die Beförderung Auszubildender mit ermäßigten Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs nach § 45a PBefG bzw. entsprechenden landesrechtlichen Nachfolge- /Ersetzungsregelungen. Gelegenheitsverkehr Nach § 46 Abs. 1 PBefG ist Gelegenheitsverkehr die Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die nicht Linienverkehr ist. Der Gelegenheitsverkehr findet strecken- und fahrplanungebunden statt. Im Gegensatz zum Linienverkehr bestimmt der Fahrgast den Ablauf der Fahrt. Als Formen des Gelegenheitsverkehrs zulässig sind nur der Verkehr mit Taxen (§ 47 PBefG), Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen (§ 48 PBefG) sowie der Verkehr mit Mietbussen und Mietwagen (§ 49 PBefG). Für die einzelnen Verkehrsarten des Gelegenheitsverkehrs gelten zusätzlich zu den o.g. allgemeinen Merkmalen folgende Voraussetzungen: • Taxiverkehr nach § 47 PBefG setzt die Pflicht der Kennzeichnung des Fahrzeugs als Taxi voraus. Der Taxiverkehr unterliegt wie der Linienverkehr der Beförderungspflicht nach § 21 PBefG sowie der Betriebspflicht nach § 22 PBefG. Ferner muss beim Taxiverkehr der Taxitarif gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. § 39 Abs. 3 PBefG (Taxitarif) eingehalten werden. • Der Mietomnibusverkehr nach § 49 Abs. 1 PBefG setzt als zusätzliches Merkmal einen zusammengehörigen Fahrgästekreis, der ein gemeinsames Interesse am Reisezweck haben muss, voraus. Der Verkehr mit Mietomnibussen unterliegt nach § 49 Abs. 3 PBefG weder der Betriebs- noch der Beförderungspflicht. Auch besteht keine Tarifzustimmungspflicht nach § 39 PBefG; die Festlegung des Beförderungsentgelts liegt damit in der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Unternehmens. Beim Mietwagenverkehr ist die Anmietung des Fahrzeugs im Ganzen erforderlich, um die Vorgaben des § 49 Abs. 4 PBefG zu erfüllen. Wie beim Mietomnibusverkehr unterliegt der Mietwagenverkehr weder der Betriebs-, noch der Beförderungs- oder der Tarifzustimmungspflicht. Im Gegensatz zum Linienverkehr fährt der Gelegenheitsverkehr nicht, ohne dass auch eine (konkrete) Nachfrage der Fahrgäste danach besteht. Weder müssen regelmäßige Verbindungen noch bestimmte Ausgangs- und Endhaltestellen gegeben sein. Es besteht keine Pflicht zur unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter nach § 145 Abs. 1 SGB IX, und es gelten auch keine Ausbildungs-Tarife. Somit bestehen im Gelegenheitsverkehr auch keine Ausgleichs- oder Erstattungsansprüche des Unternehmers. Der Verkehr mit Taxen und Mietwagen ist auch öffentlicher Personennahverkehr, wenn er diesen ersetzt, ergänzt oder verdichtet (§ 8 Abs. 1 u. 2 PBefG). Verkehrsformen, die sich keiner der vom Gesetz vorgesehenen Verkehrsarten zuordnen lassen, sind nicht genehmigungsfähig und damit grundsätzlich verboten. Eine trotz dieses Verbots erteilte Genehmigung ist nichtig, da sie gegen eine zwingende gesetzliche Vorschrift verstößt. Nachdem dieses Prinzip des „geschlossenen Kreises“ des PBefG auf verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen ist, wurde die Möglichkeit geschaffen, • über Ausnahmetatbestände den Grundverkehrsformen ähnelnde Verkehrsformen in besonders gelagerten Einzelfällen (§ 2 Absatz 6 PBefG) oder
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im Rahmen eines „Experimentes“ zur Erprobung neuer Verkehrsarten (§ 2 Absatz 7 PBefG) für maximal 4 Jahre zuzulassen sowie • auf Grundlage der Freistellungs-Verordnung nicht besonders ins Gewicht fallende Beförderungsfälle von den Genehmigungsvoraussetzungen zu befreien. Die PBefG-Novelle 2013 Sehr lange hat es gedauert, bis der Bundesgesetzgeber die PBefG-Novelle 2013 verabschiedet hat. Vorausgegangen war ein jahrelanger, auch von den Lobbyverbänden und deren Juristen gepflegter Streit um die Auswirkungen der EU-VO 1370 / 2007 auf die nationalen Regeln zur Personenbeförderung. Im Schatten wichtiger Fragen zur Abgrenzung von eigen- und gemeinwirtschaftlichen Verkehren, zu Dienstleistungsaufträgen und Genehmigungsverfahren hat die PBefG-Novelle kaum bemerkte Veränderungen gebracht, die flexible und alternative Bedienformen im ÖPNV erleichtern sollen. In § 1 Abs. 2 PBefG wurde klargestellt, dass allein die Wiederholungsabsicht keine genehmigungspflichtige Personenbeförderung begründet, sondern es allgemein auf die Unentgeltlichkeit bzw. die Höhe des Entgeltes ankommt, das die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigen darf. In § 2 Abs. 6 PBefG wurde mit dem Streichen des Halbsatzes „in besonders gelagerten Einzelfällen“ dem Erfordernis Rechnung getragen, dass sich im Zuge des demografischen Wandels eine Vielzahl und eine Vielfalt flexibler Bedienformen entwickelt hat, die nicht eindeutig typisiert werden kann. Insoweit wurde den Genehmigungsbehörden eine größere Gestaltungsfreiheit bei der Genehmigung dieser Verkehre eröffnet. Hessen hat zudem mit der Novellierung des Hessischen ÖPNV-Gesetzes Fahrgemeinschaften als flexible Bedienform des ÖPNV kategorisiert, unabhängig davon, ob sie Linienverkehr darstellen. Insgesamt betrachtet sind dies Schritte in die richtige Richtung, mehr Flexibilität in die traditionellen Organisationsformen des ÖPNV zu bringen. Sie werden allerdings nicht ausreichen, den notwendigen Kulturwandel in den ländlichen Räumen herbeizuführen, die besonders vom demografischen Wandel betroffen sind und bei denen Mobilität ausschließlich mit dem motorisierten Individualverkehr verbunden ist´. Der Gesetzgeber hält daran fest, dass die Schwelle zur gewerblichen Personenbeförderung sehr niedrig und die Anforderung an den, der sie betreibt, sehr hoch ist. Dies dient dem Schutz des Fahrgastes, schützt aber auch den Gewerbetreibenden. Will man an dieser Stelle eine weitere Liberalisierung, muss man sich über die Folgen dessen klar werden. Die Frage ist daher, was kann man auf der Grundlage des gegebenen Rechtsrahmens im Hinblick auf attraktive Mobilitätskonzepte tun? Die Antwort: Man kann einiges tun, man muss aber auch einen – nicht unerheblichen – organisatorischen Aufwand betreiben. Differenzierte Bedienungsformen Mit der Einfügung des heutigen § 2 Abs. 6 PBefG wurde der geschlossene Kreis der Beförderungsarten gelockert. Danach können „Beförderungen, die in besonders gelagerten Einzelfällen nicht alle Merkmale einer Verkehrsart oder Verkehrsform dieses Gesetzes erfüllen, [...] nach denjenigen Vorschriften dieses Gesetzes genehmigt werden, denen diese Beförderungen am meisten entsprechen.“ Durch diesen „Auffangtatbestand“ sollte eine Öffnung für sog. „graue Verkehre“, an deren Zulassung ein öffentliches Interesse besteht, ermöglicht werden. Mit dieser Klausel gibt der Gesetzgeber jedoch den Typenzwang nicht auf, sondern stellt lediglich auf besonders gelagerte Einzelfälle ab. Es muss sich somit um Verkehre handeln, die zwar nicht alle, aber doch die wesentlichen oder jedenfalls mehrere Merkmale eines gesetzlich normierten Typs erfüllen. Grundsätzlich besteht dann ein Anspruch auf ermessensfehlerhafte Ausübung der Vorschrift. Hessen geht noch einen Schritt weiter: Im Hessischen ÖPNV-G i.d.F. vom 29.11.2012 werden alternative Bedienformen gleichrangig neben Eisenbahnen, Straßenbahnen, Oberleitungsbussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr als Betriebsform des ÖPNV genannt und dazu auch Fahrgemeinschaften gezählt, unabhängig davon, ob sie Linienverkehr darstellen (§ 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 9 Hess. ÖPNV-G.
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4. „Ausreichende Verkehrsbedienung“ im Odenwaldkreis Als im Sinne der Daseinsvorsorge ausreichende Verkehrsbedienung hat der Odenwaldkreis im Nahverkehrsplan 2012 die Bedienungsqualität der Verbindung zu den zentralen Orten wie folgt festgelegt: • Orte unter 200 Einwohner a
grundsätzlich keine ÖPNV-Versorgung
• Orte von 200 – 900 Einwohner a Grundversorgung ca. 2-stündliches Bedienungsangebot Montag – Freitag von ca. 7-18 Uhr. • Orte von 900 bis 2.500 Einwohner a erweiterte Grundversorgung ca. 2-stündliches Bedienungsangebot Montag – Freitag von 7-18 Uhr (mit Verdichtungen zur Hauptverkehrszeit nach den Standards der Schülerbeförderung) und zusätzlich am Wochenende ein ca. 2-stündliches Bedienungsangebot von 8/10-18 Uhr. • Orte mit mehr als 2.500 Einwohner a Hauptlinienstandard 1-stündliches Bedienungsangebot Montag – Freitag 5-24 Uhr (mit Verdichtungen zur Hauptverkehrszeit nach den Standards der Schülerbeförderung)und zusätzlich am Wochenende ein ca. 2-stündliches Bedienungsangebot von 7/9-24 Uhr. • Orte mit mehr als 4.500 Einwohner a Innerortsverkehr halbstündlichen Taktverkehr Montag bis Freitag von 6-19 Uhr und zusätzlich am Wochenende ein stündliches Taktangebot von 8/10-19 Uhr. Das Festlegen von Kriterien der Bedienungsqualität ist durchaus zulässig und auch sinnvoll, um darauf aufbauend eine Fahrplan- und Leistungsplanung durchführen zu können. Strittig kann sein, ob ein zweistündliches Bedienungsangebot, ein Betriebsende nach 19 Uhr oder ein fehlendes Angebot an Wochenenden den Maßstäben einer „ausreichenden Verkehrsbedienung“ im Sinne von Daseinsvorsorge genügt. Aus Sicht der Kreisentwicklung und der Raumplanung sicherlich nicht. Hier gibt es bereits einen klaren Konflikt zwischen dem aus Gründen der Daseinsvorsorge Notwendigen und aus Gründen der Finanzierbarkeit Machbaren. Der Aufgabenträger ist in der Festlegung der Standards zur Bedienungsqualität zwar frei, formal aber der Aufgabenstellung des ÖPNV im Rahmen seiner Kreisentwicklungsplanung verpflichtet. Der daraus entstehende Zielkonflikt ist nicht auflösbar, zumindest nicht, solange der Aufgabenträger nicht über eine ausreichende Finanzaussstattung verfügt. Die im Nahverkehrsplan beschriebene Bedienungsqualität wird durch die Fahrplanund Leistungsplanung im Rahmen bestehender Verkehrsverträge umgesetzt. Gegenwärtig (2013) wird eine Fahrplanleistung von 2,9 Mio. Nutzkm mit 70 Fahrzeugen und einer Anzahl von 246.553 Fahrplanfahrten erbracht, die sich gem. nebenstehender Grafik verteilen.
19.348
Fahrplanfahrten
40.873 Sa., So. + Feiertag Mo.-Fr. an Ferientagen Mo.-Fr. an Schultagen
Für die Bereitstellung dieses ÖPNV-Angebotes 186.332 wendet der Odenwaldkreis als ÖPNV-Aufgabenträger ca. 8,6 Mio. € auf, denen 4,1 Mio. € an Verkehrserlösen (netto; vor verbundweiter Einnahmenaufteilung) gegenüberstehen (Werte bezogen auf 2013). Der Zuschussbedarf für den lokalen Busverkehr beträgt ca. 46 € pro Einwohner. Gegenüber dem Anforderungsprofil des Nahverkehrsplans ergeben sich noch Bedienungslücken, die aus Gründen der Finanzierbarkeit nicht durch Fahrplanangebote geschlossen sind (Größenordnung: ca. 0,5 Mio. €)
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Fahrgaststatistik
Quelle: RMV-Verkehrserhebung 2010, RufBus-Statistik 2013 Verkehrsraum
Werktag Gelegenheit
Samstag
Ausbildung
Gelegenheit
Sonn- u. Feiertag
Ausbildung
Gelegenheit
RufBus
Ausbildung
Stadtverkehr
1.075
603
661
109
126
49
Gersprenztal
13
919
0
0
0
0
Unterzent
598
5.555
0
45
0
0
Mittelzentrum
381
3.908
240
71
124
36
Oberzent
169
821
24
54
0
0
2.236
11.806
925
279
250
85
am Tag
14.042
1.204
Gelegenheit
Gesamt
Ausbildung
335
im Jahr Faktor
249
3.496.458
54
65.016
62
20.770
65.875
3.648.119
Die lokalen Buslinien werden werktags (Mo-Fr) von 14.000 Fahrgästen genutzt. Die Verteilung auf den Gelegenheits- und Ausbildungsverkehr in den jeweiligen Verkehrsbezirken zeigt die obenstehende Tabelle. Samstags fahren 1.200 Fahrgäste und an Sonntagen 335 Fahrgäste. Der Anteil der Schüler- und Auszubildenden an den Gesamt-ÖPNV-Nutzern im Odenwaldkreis beträgt damit etwa 81 %4. und ist mit dem anderer ländlicher Landkreise vergleichbar. Im Jahr entstehen dadurch ca. 3.648.100 Personenfahrten. Die Ausnutzungsquote je angebotener Fahrplanfahrt liegt an Werktagen bei 13, an Samstagen bei 34 und an Sonn- und Feiertagen bei 58 Fahrgästen. Zu erklären ist der gute Ausnutzungsgrad am Wochenende mit dem Freizeitangebot „NaTourBus“. An Werktagen mit traditionell hohem Schüleranteil senkt das bedarfsorientierte Fahrplanangebot die durchschnittliche Nachfrage. Die Kosten je Fahrt betragen 2,39 €, der Netto-Erlös 1,14 €. Der Kostendeckungsgrad (vor verbundweiter Einnahmenaufteilung) liegt damit bei 50 %.
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Quelle: RMV-Verkehrserhebung 2010
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5. Der „RufBus“ als integrativer Ansatz Seit 1996 besteht im Odenwaldkreis unter dem Produktnamen „RufBus“ ein flächendeckender bedarfsorientierter Linienverkehr. Dieser ist nicht Ersatz für eingestellte oder schwach ausgelastete Linienfahrten, sondern integrativer Bestandteil des ÖPNV-Bedienungsangebotes auf der Grundlage des Anforderungsprofils nach dem Nahverkehrsplan. Der Nahverkehrsplan legt fest, dass Fahrten mit einer regelmäßigen Nachfrage von weniger als 9 Fahrgästen bedarfsorientiert angeboten werden: • Montag bis Freitag zwischen 6 Uhr und 19 Uhr im Rahmen der Grundversorgung und der erweiterten Grundversorgung. • Täglich nach 19 Uhr im Rahmen der erweiterten Grundversorgung und auf Hauptlinien. • Am Wochenende im Rahmen der erweiterten Grundversorgung sowie auf Hauptlinien an Samstagen nach 14 Uhr Aufgrund dieser Planungsvorgaben werden ca. 25 % der in 2013 angebotenen 246.553 Fahrplanfahrten bedarfsorientiert angeboten (= 62.011). Die Verteilung auf die einzelnen Verkehrstagekategorien zeigt die nebenstehende Grafik.
10.984
RufBus-Fahrplanfahrten
Sa., So. + Feiertag Mo.-Fr. an Ferientagen
Organisiert ist der „RufBus“-Betrieb als RichtungsMo.-Fr. an Schultagen 15.687 bandbetrieb auf der Grundlage festgelegter Fahrpläne, so dass insoweit keine zeitliche Wahlfrei35.340 heit für den Kunden besteht. Er ist in die Konzessionslinien nach § 42 PBefG fahrplan- und tarifmäßig integriert und in den Auferlegungsvertrag nach VO (EG) 1370 / 2007 mit der Odenwälder Verkehrsbetriebe GmbH einbezogen. Es gilt das Haltestellenprinzip; ein Ausstieg im Umkreis von 500 m ist gegen Bezahlung eines Zuschlags möglich. Der RufBus unterscheidet sich vom herkömmlichen Linienverkehr nur dadurch, dass eine Betriebs- und Beförderungspflicht nur dann entsteht, wenn der Fahrtwunsch zuvor angemeldet wurde. Die Anmeldefrist beträgt 60 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtszeit. Die Anmeldung erfolgt telefonisch über eine einheitliche (kostenpflichtige) Telefonnummer der RufBus- / Mobilitätszentrale. Über ein mandantenfähiges Buchungssystem werden die Fahrtwünsche gebucht und dem durchführenden Verkehrsunternehmen übermittelt. Eine Buchung durch den Fahrgast via Internet ist nicht möglich. Bedient wird der RufBus-Verkehr im Odenwaldkreis grundsätzlich mit Kleinbussen mit weniger als 9 Fahrgastplätzen. Zurzeit werden 10 Fahrzeuge eingesetzt. Kosten und Nutzen Das Leistungsangebot im ÖPNV erfolgt im Sinne von Daseinsvorsorge angebotsorientiert, d.h. zunächst ohne Rücksicht auf eine bestehende Nachfrage. Betriebswirtschaftlich ist dies problematisch und bringt dem ÖPNV auch oft den Vorwurf ein, dass „nur warme Luft befördert, oder „an der Nachfrage vorbei gefahren“ wird. Von daher macht es Sinn, das Angebot durch Formen von flexibler Bedienungsweise nur dann zu aktivieren, wenn tatsächlich Bedarf, d.h. Nachfrage besteht. Insoweit ist das ÖPNV-Leistungsangebot im Odenwaldkreis eine Mischung zwischen Angebots- und Nachfrageorientierung. Der Betrieb des „RufBus“-Verkehrs ist in den öffentlichen Dienstleistungsauftrag nach der VO (EG) 1370 / 2007 mit der Odenwälder Verkehrsbetriebe GmbH einbezogen, der bis 2019 befristet ist. Insoweit bemessen sich auch die Ausgleichsparameter für die Leistung nach den verkehrsvertraglichen Regularien für Kapazitäten, Fahrleistung und Einsatzzeit. Durch den sowohl verkehrsplanerisch als auch betrieblich verfolgten integrierten Ansatz, den Bedarfsverkehr als Teil des Gesamtverkehrs zu sehen, verbietet sich eine reine Effizienzbetrachtung des „RufBusses“.
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Nach den verkehrsvertraglichen Ausgleichsparametern betragen die den „RufBus“-Leistungen zuzuordnenden Kosten ca. 1 Mio. € pro Jahr. Bei zuzuscheidenden Verkehrserlösen von kaum mehr als 100 T€ ergibt sich ein Kostendeckungsgrad von nicht mehr als 10 %, was das System sehr schnell in das finanzpolitische „Aus“ manövrieren würde. In der Gesamtbetrachtung des ÖPNV im Odenwaldkreis (Regel- und Bedarfsverkehr) liegen die Kosten bezogen auf den Kostenträger „Nutz-km“ bei 2,94 €. Darin enthalten sind 0,16 € für Regieleistungen des ÖPNV-Managements. Für die reine Fahrleistung entstehen damit Kosten von 2,78 €, was durchaus aktuellen Wettbewerbspreisen entspricht. Auf den Kostenträger „Einsatzstunden“ bezogen sind dies ca. 54 € / Std. Im Vergleich zu anderen Sektoren der gewerblichen Wirtschaft ist ein Stundensatz von 54 € in Anbetracht der hohen Kapitalbindung im Busgewerbe ein eher zu niedriger Ansatz. Eine losgelöste Betrachtung des „RufBus“-Verkehrs würde hier zu einem verzerrten Bild führen, was vor allem an der Zuordnung der einsatzzeitbezogenen Kosten liegt. Anders als bei der Fahrleistung erfolgt beim Parameter „Einsatzzeit“ keine Gewichtung nach der Abrufquote. Dies liegt an der Verzahnung der betrieblichen Dienstplanung zwischen Regel- und „RufBus“-Verkehr. Die in „fiktiven Fahrzeugumläufen“ zusammengefassten „RufBus“-Kurse werden daher bezüglich des Parameters „Einsatzzeit“ wie Regelkurse behandelt und nach Umlaufblöcken bezahlt. So wird gewährleistet, dass mindestens 4,0 Einsatzstunden je Fahrzeug und Betriebstag als anrechenbare Leistung angesetzt werden, wenn nur ein Umlaufblock für das Fahrzeug gebildet werden kann oder mindestens 2,5 Einsatzstunden je Umlaufblock, wenn mindestens 2 Umlaufblöcke am Betriebstag vorhanden sind, auch wenn der Umlaufblock tatsächlich geringer als der angegebene Wert ist. Durch diese Regelung sollen unwirtschaftliche Umläufe verhindert und der Unternehmer in die Lage versetzt werden, überhaupt Fahrpersonal für derartige Leistungen zu gewinnen. Dennoch lässt diese Betrachtung die Aussage zu, dass die (angebotene) Fahrplanfahrt im RufBus-Verkehr 19 € kostet, im regulären Linienverkehr dagegen 45 €. Angebotsseitig müsste der ÖPNV-Aufgabenträger daher mehr als das Doppelte aufwenden, sollten die RufBus-Fahrten als Regelangebote im Linienverkehr erbracht werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass für den „RufBus“-Verkehr die RMV-Beförderungsbedingungen und – Tarifbestimmungen vollumfänglich Anwendung finden, d.h. der „RufBus“ kann von Zeitkarteninhabern ohne weitere Zuzahlung genutzt werden. Eine rege Nutzung findet insbesondere durch Schüler und Auszubildende statt, die zudem über eine vom Schulträger finanzierte Ausbildungszeitkarte verfügen. Nachfrage und Einnahmen Die ÖPNV-Nutzung erfolgt grundsätzlich anonym. Fahrgastzahlen werden im Regelfall über Verkehrserhebungen und –zählungen festgestellt. Rückschlüsse sind eingeschränkt auch über Vertriebssysteme möglich, wobei hier die Mehrfachnutzung von Zeitkarten nicht erfasst werden kann. Nach der RMV-Verbundverkehrserhebung 2010 entstehen im lokalen Busverkehr pro Jahr ca. 3,6 Mio. Personenfahrten. Nicht erhoben werden bedarfsorientierte Verkehre. Deren Nutzung kann allerdings über das RufBus-Buchungssystem nachgewiesen werden, sowohl hinsichtlich der Anzahl der Beförderungsfälle als auch hinsichtlich der genutzten Streckenabschnitte. Vom RMV wird daraufhin ein „Verkehrserlös nach Nutzung“ festgelegt. Von den als „RufBus“-Leistungen angebotenen 62.011 Fahrplanfahrten wurden 26.021 nachgefragt. Die Nachfragequote liegt damit bei 42 %. Während im Regelverkehr jede Fahrplanfahrt durchschnittlich mit 25 Fahrgästen besetzt ist, beträgt die mittlere Besetzungsquote im RufBus 2,62 Personen. Dies ist durchaus positiv zu sehen, widerlegt es doch die vielfache Annahme, der „RufBus“ sei immer nur mit einem Fahrgast unterwegs. Außerdem liegt die mittlere Besetzungsquote des RufBusses damit deutlich über der des Individualverkehrs (1,2 Personen) oder auch des Taxi- und Mietwagenverkehrs. Somit haben 2013 etwa 68.200 Personen den „RufBus“ genutzt (26.021 * 2,62).
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Die Erlöszuscheidung beträgt 94.650 € und erfolgt in den Segmenten „Jedermannverkehr (GV, ZKE, SchwbG) und „Ausbildungsverkehr (SemT, ZKA). Der mittlere Erlös je Fahrgast im „RufBus“-Verkehr beträgt 1,33 € (netto) und liegt dabei über dem des Gesamtverkehrs (1,14 €). Die Fahrkartenart wird vom Fahrgast bei der „RufBus“Bestellung erfragt. Verkehrserlöse des „RufBus“-Verkehrs sind nicht in die verbundweite Einnahmenaufteilung einbezogen. Bewertung Flexible ÖPNV-Bedienformen ermöglichen ein umfangreicheres Fahrplanangebot, weil im Wesentlichen nur die tatsächlich entstehende Fahrgastnachfrage Kosten verursacht. Doch genau darin liegt auch das Problem, dass erfolgreiche Projekte des Bedarfsverkehrs in Finanzierungsschwierigkeiten kommen, weil eine steigende Nachfrage zusätzliche Kosten verursacht, die von kommunalen Aufgabenträgern dann nicht mehr finanziert werden können.
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6. Alternative Bedienformen als Chance Es mag einem „Stühlerücken auf der Titanic“ gleichen, wenn die ÖPNV-Fachwelt seit Jahrzehnten mit immer neuen flexiblen ÖPNV-Betriebsformen, oft unterstützt durch Forschungsvorhaben des Bundes oder gestützt auf das ehrenamtliche Engagement, wie z.B. bei Bürgerbusprojekten, versucht, mit den Möglichkeiten, die das Personenbeförderungsrecht einräumt, dem Niedergang des ÖPNV in dünnbesiedelten ländlichen Räumen entgegenzuwirken. Die Projekte haben mindestens zu der Erkenntnis geführt, dass es keine Patentlösungen gibt und dass man nach maßgeschneiderten Konzepten vor Ort suchen muss, die aber alle nur funktionieren, wenn dort Aktivisten, sog. „Kümmerer“, vorhanden sind. Belegt konnte auch werden, dass es umso schwieriger ist, solche Projekte dauerhaft zu positionieren, je höher der kommunale Zuschussbedarf ist. Die Abhängigkeit des ÖPNV von einer Staatsfinanzierung passt nicht zur kommunalen Haushaltskonsolidierung. Das bedeutet aber auch, dass eine Antwort auf die Frage gefunden werden muss, wie viel Daseinsvorsorge vor Ort nötig ist und ob die Bereitschaft und das Kostenbewusstsein der Kundschaft vorhanden ist, für ein alternatives Mobilitätsangebot Geld auszugeben. Geld für Mobilität gibt der Kunde ja aus (s.o.); es muss nur gelingen, mit dem passenden Konzept den Marktanteil des ÖV (modal split) zu vergrößern ohne die Staatsquote zu erhöhen. Dies ist allerdings schwierig und die Handlungsoptionen sind begrenzt durch den deutschen Rechtsrahmen zur Personenbeförderung. Wer sich mit Fahrplänen und Tarifen des ÖPNV befasst, gibt entweder schnell auf oder ist mit der gefundenen Verbindung nicht zufrieden oder empfindet diese als zu teuer. Oder er akzeptiert das Angebot notgedrungen, weil er mangels Alternativen darauf angewiesen ist. ÖPNV ist wenig sexy. Es ist auch nur wenigen Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen über die Jahre gelungen, Produkte zu schaffen, die den Kunden animieren. Im Wesentlichen konzentrieren diese Angebote sich auf den städtischen und weniger auf den ländlichen Raum. Fast ein Vierteljahrhundert hat sich die Fachwelt in Auseinandersetzungen um die Vereinbarkeit von Personenbeförderungs- und EU-Beihilferecht verloren und dabei die Bedürfnisse des Kunden aus dem Auge verloren. Ist mit der Regionalisierung der ÖPNV-Aufgabenträger zum besseren Verkehrsunternehmer geworden? Die Antworten darauf sind vielfältig, aber nicht der Kern dieses Aufsatzes. Auch der ländliche ÖPNV partizipiert von der technischen Fortentwicklung rund um das Internet und die Digitalisierung. Die elektronische Fahrplanauskunft ist mittlerweile Standard und wird um Echtzeitinformationen ergänzt, so dass sich der Fahrgast über mobile Endgeräte jeweils den Betriebszustand seiner Fahrt anzeigen lassen kann. Es bedarf allerdings großer Anstrengungen, diese Technik vor Ort beim Aufgabenträger und bei den meist mittelständischen Verkehrsunternehmen umzusetzen. Wenn sich auch diese Technik rund um die Fahrgastinformation und den elektronischen Fahrschein in den nächsten Jahren noch deutlich verbessern wird, eine Revolution auf dem Fahrgastmarkt wird sie nicht auslösen. Sie ist aber die entscheidende Grundlage für weitere Innovationen. Bereits heute gibt es auf dem Verkehrssektor zahlreiche Applikationen (sog. Apps), über die Dienstleistungen angeboten werden. So organisieren sich Fahrgemeinschaften über verschiedene Vermittlungsplattformen im Internet oder direkt über die sozialen Netzwerke. Die Möglichkeit, Mobilitätsangebote und –nachfragen in Datenbanken zu registrieren, eröffnen jetzt ganz neue und einzigartige Möglichkeiten, Verkehrsdienstleistungen zu organisieren. Dort können jede Art von Mitnahmeangeboten registriert werden, auch Taxi- und Mietwagenfahrten, also Gruppen, die bislang nichts miteinander zu tun hatten und die bislang ihre jeweilige Fahrt ganz für sich („nicht öffentlich“) durchgeführt haben. Mit der Registrierung der Fahrt werden sie öffentlich und können vom Fahrgast gebucht werden. Jeder kann damit zum Fahrtanbieter werden. Schnell, unkompliziert - durch einen Mausklick. Wenn es da nicht das Personenbeförderungsgesetz gäbe, das die Beförderung von Personen reglementiert. Das fast 100 Jahre alte Regelwerk des Gewerberechts dient dabei nicht nur dem Schutz des Gewerbetreibenden, sondern auch dem Fahrgast und kann auch durch die Möglichkeiten des Internets nicht ausgehebelt werden, zumindest nicht legal. „Trisektoraler Gemeinschaftsverkehr“5 und Paratransit Ganze Heerscharen von Fachleuten sind auf der Suche nach Gestaltungslösungen für nachhaltige Formen öffentlicher Mobilität im ländlichen Raum. Dabei reift die Erkenntnis, dass die Traditionsform des klassischen Linienverkehrs nur noch auf Hauptlinienwegen sinnhaft ist, wo deutliche Bündelungseffekte erreichbar sind, sprich auf den Schülerstrecken. Abseits davon bedarf es anderer Organisationformen, wobei auch hier sich die Erkenntnis durchsetzt, dass flexible Bedienformen den Bedürfnissen der Fahrgäste zwar näher kommen, oft 5
Siehe Artikel „ÖPNV von unten: Ländliche Mobilität als ein Gemeinschaftswerk“, Quelle: „Der Nahverkehr“ 7/8
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boten für die Fläche – widmet. Nach einer schaftlichen Engagements in FahrdienstaufDefinition des Konzepts als Ganzes werden – und das gemeinsame Reisen selbst. gaben – gut verdeutlichen [6]: anschließend die einzelnen Aspekte der An- Die Arbeit in diesem Bereich ist für die Vergebotsplanung diskutiert. Dabei besteht das kehrsplanung noch relativ neu, die gewohnt ■ Die Angebotsentwicklung erfolgt typiZiel eher darin, durch Thesen und Fragen zu ist, das Verkehrssystem hierarchisch „von scherweise in gemeinsamer Arbeit durch einer neuen Sicht auf das Thema anzuregen oben nach unten“ zu gestalten. Damit sind eidie Aktiven des Bürgerbusvereins bezieals hier bereits Antworten im Detail zu ge- nige Leitlinien verbunden, die sich auch in hungsweise der jeweiligen Initiatorengrupaber auch nicht wirtschaftlicher darzustellen sind als derzeigen Linienbus „RufBus“ im Odenwaldkreis). Also mit ben. pe, die Kommune(n) in Abstimmung den Planungsergebnissen (Abb.(siehe 2). Verkehrsunternehmen und weiteren BeDer Gemeinschaftsverkehr sucht dagegen was ist zu tun?
Ansatz Gemeinschaftsverkehr
Die Fachwelt befasst sich Handlungsfelder in der Entwicklung von Gemeinschaftsverkehren Tabelle 1 nach mobikult 2007 [14]). (erweitert schon seit einiger Zeit mit der Der Begriff des Gemeinschaftsverkehrs [5] wird im Folgenden als Sammelbezeichnung intermodalen Verknüpfung Handlungsfelder Dienstleistungsmodelle (beispielhaft) für ein ganzes Spektrum von Mobilitätsdiensvon Verkehrsmitteln und 1 Ergänzung des ÖPNV-Grundangebotes durch Rufbusse, Anrufsammeltaxis, Eventbusse, ten vorgeschlagen. Er lässt sich wie folgt debedarfs- und zielgruppenorientierte Angebote Shuttlebusse, Kombiangebote Verkehrsträgern, weil es finieren: Bürgerbusse, ehrenamtliche Fahrdienste genügend Mobilitätsressourcen 2 Integration bürgerschaftlichen Engagements Grundidee von Gemeinschaftsverkehr ist in Mobilitätsangebote gibt, die „nur zugänglich“, es, Mobilitätsbedürfnisse speziell in dünn3 Integration privater Mitnahmeverkehre Ländliche Mitfahrinitiativen, d.h. für den Mobilitätszweck besiedelten Räumen gemeinschaftlich zu Fahrgemeinschaften erfassen und zu bedienen, um eine ökonoverfügbar gemacht werden 4 Nutzung eines gemeinsamen Fahrzeugpools Integration Hotel-, Kirchen- und misch tragbare, die sozialen Bedürfnisse müssen.und Eine durch mehrere Nutzergruppen Vereinsbusse respektierende zur (sicherlich ökologischennicht Nachabschließende) Übersicht von haltigkeit des Verkehrs beitragende Lösung 5 Ausnutzung von Abhol-, Liefer-, Post- und KuKombifahrzeuge Personen-Güterverkehr rierdiensten sowie Dienstleistungsfahrten zu erreichen. Gemeinschaftsverkehre inteMaßnahmen und Aktivitäten grieren öffentliche, privatwirtschaftliche und 6 sektorübergreifende Nutzung von MobilitätsIntegration Werks-, Schüler-, zeigt die nebenstehende bürgerschaftliche Ressourcen. ressourcen Patientenfahrten Tabelle. Es entstehen dadurch 7 Mobile Dienstleistungen Mobile Läden, Bürgerbüros, Diese trisektorale Kooperation erfolgt im geoftmals interessante Lösungen, mobile Arztpraxen meinsamen Interesse der Aufrechterhaltung z.B. dass von ein Mobilität CarSharingund Verbesserung und Lebens8 Unterstützung intermodaler Angebote durch Servicestationen Mobilität, Fahrradstationen, qualität im kleinräumigen Maßstab ländlicher Auto mit einem E-Ticket des Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur P+R-Plätze Räume. Das Entwickeln Angebote ÖPNV genutztsolcher werden kann ist 9 Einrichtung virtueller Dienstleistungsvirtuelle Marktplätze, Dienstleistungsbörsen nur zum Teil eine Frage der Verkehrsplanung plattformen odergenauso dass man mitist seiner – mindestens wichtig der soziale 10 Bündelung und integrierte Beratung, KommuMobilitätsmanagement, Mobilitätsbroker, Aspekt. ÖPNV-Jahreskarte Von besonderer Bedeutung sind ein E-Bike nikation und Information zu Versorgungs- und Servicestationen Mobilität, Bürger- oder Ortskenntnis, soziale Netzwerke, Dialogbezu günstigeren Konditionen Dienstleistungsangeboten vor Ort Servicebüros reitschaft und Flexibilität. mieten kann, die aber auch zu einer unüberschaubaren Angebotsvielfalt führen. Unterstützt werden solche Konzepte durch aktuelle Trends 3 der „Share Economy6, d.h. der Bereitschaft, Güter zu teilen, um diese besser nutzen zu können. Car- und Bikesharing in Großstädten ist so ein Beispiel, aber auch das Teilen von Wohnraum („Airbnb“). Integrative Lösungen im Bereich der Mobilität scheitern vielfach an rechtlichen Restriktionen oder zwingen Handelnde in eine Grauzone. Oder sie greifen in geschützte Rechtsbereiche ein, was zum Widerstand dort tätiger Gewerbetreibender führt (siehe Aufstand des Taxigewerbes gegen den Mobilitätsdienstleister Uber). Dabei ist es sicherlich die richtige Richtung, Mobilitätsbedürfnisse in dünn besiedelten Räumen gemeinschaftlich zu erfassen und zu bedienen, um eine wirtschaftlich tragbare, den sozialen Bedürfnissen gerecht werdende und zur ökologischen Nachhaltigkeit beitragende Lösung zu finden.
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Wikipedia: Share Economy ist eine Bezeichnung für Unternehmen, deren Geschäftskonzept gekennzeichnet ist durch die gemeinsame zeitlich begrenzte Nutzung von Ressourcen, die nicht dauerhaft benötigt werden.
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Geprägt wird der Begriff des Elemente der Paratransit Gemeinschaftsverkehrs, der öffentliche, privatwirtschaftliche und bürgerschaftliche Ressourcen integriert („trisektorale Kooperation“) und des Paratransits7, mit dem neue Fahrgemeinschaften flexible ÖPNV-Formen Entwicklungen an der Peripherie dynamische Mitfahrvermittlung (RufBus, Sammeltaxi u.a.) Carsharing klassisches Taxi des ÖPNV beschrieben werden. Vanpools Mietwagen (nach PBefG) Paratransit umfasst in seiner ursprünglichen Definition gemeinsam genutzte Fahrdienste, überwiegend mit flexiblen oder dynamischen Elementen, die aus nachfragegesteuertem öffentlichen Verkehr, bessere Auslastung kleinteiliger ÖPNV organisierter im MIV Mitfahrvermittlung, geteiltem Fahrzeugbesitz, Taxiverkehr und Varianten davon bestehen können.
Nicht-eiliger Krankentransport Schülerspezialverkehre Behindertenfahrdienste Flughafenshuttle
betreuungsintensive Verkehrsdienste
Für öffentliche Mobilität im ländlichen Raum wird die Realisierung von Gemeinschaftsverkehren zur einzig verbleibenden Chance. Um ihnen zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es nicht nur eines Umdeckungsprozesses auf der Seite der autoaffinen Gesellschaft .Die unter Kap. 3 beschriebenen rechtlichen Rahmenbedingungen der Personenbeförderung sind auf diese Anforderungen bislang nicht ausgerichtet. Die Politik muss entscheiden, wie weit sie eine Deregulierung zulassen und die unter besonderem gesetzlichem Schutz stehende Personenbeförderung lockern will. Für den Verfasser ist es dabei keine Frage, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen den Notwendigkeiten angepasst werden müssen. Die Frage ist nur, wie weit diese Öffnung gehen kann.
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Siehe Artikel „ÖPNV von unten: Ländliche Mobilität als ein Gemeinschaftswerk“, Quelle: „Der Nahverkehr“ 7/8
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7. Projekt „Garantiert mobil!“ Mit dem Projekt „Garantiert mobil!“ greifen wir den Grundgedanken von Gemeinschaftsverkehren auf, nach dem verschiedene Elemente der Mobilität vernetzt und nach einheitlichen Bedingungen nutzbar gemacht werden. Unsere Grundüberlegungen hierbei sind: • Die Digitalisierung eröffnet neue Formen der Kommunikation. Das Smartphone und soziale Netzwerke werden zu Innovationstreibern auch im Bereich der öffentlichen Mobilität (z.B. Fahrgastinformation, E-Ticketing) • Es sind auch in ländlichen Räumen vielfache Platzkapazitäten in privaten oder gewerblich genutzten Personenkraftwagen verfügbar, die nutzbar gemacht werden können. Jedes Auto ist im Durchschnitt nur mit 1,2 Personen besetzt. • Der starre ÖPNV-Fahrplan ist durch eine dynamische Mobilitätsgarantie zu ersetzen. Mobilitätsangebote sind damit jederzeit verfügbar, Fahrplankenntnisse sind nicht mehr notwendig. • Alle Verkehrsmittel des Gemeinschaftsverkehrs sind nach einheitlichen Bedingungen nutzbar. Die intermodale Tarifintegration und nicht die bloße Adaption von Mitfahrportalen („flinc“, „mitfahrgelegenheit.de“) war eine wichtige Bedingung für „Garantiert mobil!“, die die Umsetzung allerdings auch hochkomplex werden lässt. • Keine Konkurrenzierung des Taxi- und Mietwagengewerbes. Die gewerblichen Verkehrsunternehmen werden als Kooperationspartner in das operative Geschäft der Leistungserbringung eingebunden. Die Kernelemente von „Garantiert mobil!“: a) Mobilitätsgarantie Kern von „Garantiert mobil“ ist eine Mobilitätsgarantie, d.h. das Versprechen, jederzeit von einer Ortschaft im Odenwaldkreis in das nächste Zentrum und immer auch in das Mittelzentrum Erbach / Michelstadt zu gelangen. Bedingung ist eine Anmeldung des Fahrtwunschs spätestens 60 Minuten vor der geplanten Abfahrtszeit. „Garantiert mobil!“ kennt keine Bindung an einen Fahrplan oder Einschränkungen am Wochenende oder in den Schulferien. Insoweit ist es schon ein Quantensprung, dass es öffentliche Verkehrsleistungen gibt, bei denen man keine komplizierten Fahrpläne studieren muss. Man muss lediglich die Fahrwegrelationen von „Garantiert mobil!“ kennen (diese entsprechen dem Linienverlauf der Buslinien) und seine Fahrt fristgerecht buchen. b) Buchungsportal Die technische Basis von „Garantiert mobil!“ ist das internetbasierte Informations- und Buchungssystem (IBS-Odenwaldmobil.de), das als Home-Office-Anwendung, aber auch als Applikation für mobile Anwendungen zur Verfügung steht. Der Zugang erfordert eine Registrierung und die Anlegung eines Kundenkontos, was den Regularien bekannter Onlineportale entspricht. Das Buchungsportal ist eine digitale Vermittlungsplattform für Beförderungsleistungen, das von der OREG betrieben wird. Daraus ergibt sich auch der Rechtsstatus, dass die OREG Beförderungsleistungen im Rahmen von „Garantiert mobil!“ lediglich vermittelt und nicht als Verkehrsunternehmen im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung erbringt (§ 3 Abs. 2 PBefG). Die OREG ist damit auch kein Kundenvertragspartner hinsichtlich der Beförderungsleistung. Der Beförderungsvertrag kommt zwischen dem Fahrgast und dem jeweiligen Beförderer zustande.
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Wer das Buchungsportal nutzen will, erkennt mit seiner Registrierung die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ an. Diese enthalten •
die Nutzungsbedingungen für das Buchungsportal,
•
die „Besonderen Beförderungsbedingungen für flexible ÖPNV-Bedienungsformen“
•
den Beförderungsvertrag zwischen dem Fahrgast und dem Anbieter einer Mitnahmefahrt
•
den Vermittlungsvertrag zwischen dem Fahrgast bzw. dem Anbieter einer Mitnahmefahrt und der OREG
Das Backend des Buchungsportals besteht aus verschiedenen Modulen zur Registrierung des Nutzers, zur Buchung einer Fahrt und zur Erzeugung eines Fahrtauftrages. Es enthält eine umfängliche Bezahlfunktion. Besonders komplex ist die Schaffung einer Schnittstelle zur elektronischen Fahrplanauskunft und zum E-Ticketing des RMV. Darin unterscheidet sich das Informations- und Buchungssystem auch von am Markt verfügbaren Buchungsportalen adaptiver Systemen wie „Flinc“, „mitfahrgelegenheit.de“ oder „Uber“, die über solche Schnittstellen nicht verfügen. Wichtig erschien auch, dass der Kunde immer auf der Homepage der OREG bleibt, die das Buchungsportal trägt, und nicht durch Weiterleitungen irritiert wird. Bei der Entwicklung des Frontends, d.h. der Benutzeroberfläche (Userinterface), hatte die intuitive Menüführung für alle Zielgruppen eine wichtige Bedeutung. Der Zugang zum Buchungsportal ist alternativ auch telefonisch über die Service-Hotline der RMVMobilitätszentrale möglich. Die Servicezeiten sind dazu bis 22 Uhr täglich erweitert. Mit der Realisierung des Informations- und Buchungssystems wird die bisherige Software für „RufBus“Buchungen abgelöst. „RufBusse“ können dann direkt vom Kunden über das Internet gebucht werden. Wesentlicher Kern des Buchungsportals ist die Verbindungssuche. Entsprechend der heute üblichen hohen Qualität elektronischer Fahrplanauskunftssysteme sucht der Fahrgast in der Start-Ziel-Relation seines Fahrtwunsches nach einer entsprechenden Verbindung. In der Auskunft wird ihm dann stets ein bestehendes ÖPNV- (Regel- oder „RufBus“-) Angebot oder ein privates oder gewerbliches Mitnahmeangebot angezeigt. Soweit für die angefragte Relation eine Mobilitätsgarantie besteht, wird dem Fahrgast mindestens zu seiner geplanten Abfahrtszeit eine Taxi-Ersatzfahrt angezeigt. Eine Hierarchierung der Angebote erfolgt nicht; der Kunde kann die Angebote frei nach seinen Wünschen auswählen und buchen. Jede Buchung wird mit der Zahlung des Fahrpreises abgeschlossen. Die Zahlung erfolgt online über ein internes Kundenkonto, das bei der Registrierung des Kunden automatisch eröffnet wird. Das Kundenkonto muss immer über ausreichend Liquidität verfügen, um eine Fahrt buchen zu können. Soweit der Fahrgast nur eine „Garantiert mobil!“-Fahrt nutzt, gilt die Buchungsbestätigung in Verbindung mit der Kundenkarte als Fahrausweis. Benutzt er im Vor- oder Nachlauf einer „Garantiert mobil!“-Fahrt eine klassische ÖPNV- (Regel- oder „RufBus“-) Fahrt, wird ihm vor Fahrtbeginn ein RMV-HandyTicket auf seinem mobilen Endgerät bereitgestellt. c) Intermodales Fahrpreismodell Alle einbezogenen Beförderungsleistungen zu einheitlichen Bedingungen zu nutzen, ist ein weiterer innovativer Kern von „Garantiert mobil!“. Als Grundlage bietet sich die Anwendung des RMV-Verbundtarifs an, der für ÖPNV-Verkehrsleistungen bereits flächendeckend vorhanden und gut eingeführt ist. Der Fahrpreis wird über die elektronische Fahrplanauskunft mit beauskunftet, so dass im örtlichen Buchungssystem kein teurer Tarifrechner installiert werden muss. Über die RMV-Schnittstelle werden IVWegstrecken übergeben, was wichtig für das Routing und Pricing von Mitnahmefahrten ist, ob im Vor- und Nachlauf einer ÖPNV-Fahrt oder als eigenständige Fahrt.
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Gerade aber für die Nutzung privater Mitnahmefahrten ist die Anwendung des ÖPNV-Tarifs der entscheidende Knackpunkt, da private Mitnahmefahrten perse kein öffentlicher Personennahverkehr im Sinne von § 8 Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes darstellen. Es handelt sich dabei um ein privatrechtliches Entgelt, dessen Höhe auf der Grundlage des Beförderungsvertrages zwischen dem Fahrgast und dem Anbieter der Mitnahmefahrt frei vereinbart wird. Zum öffentlichen Tarif würde dieses Entgelt nur werden können, wenn der private Mitnahmeanbieter Subunternehmer eines Verkehrsunternehmens und damit Erfüllungsgehilfe bei der Erbringung der Beförderungsleistung wäre. Im Vermittlungsmodell, bei dem die Beförderungsleistung lediglich vermittelt wird, ist ein öffentlichrechtliches Tarifentgelt nicht zur Anwendung zu bringen. Der Lösungsansatz bei „Garantiert mobil!“ wird näher unter Kap. 8 beschrieben. d) Beförderungsdienstleister Für Beförderungsleistungen im Rahmen von „Garantiert mobil!“ stehen die klassischen Linienverkehrsangebote des ÖPNV (Regel- und „RufBus“-Fahrten) zur Verfügung. Auch bei der „Taxi-Ersatzfahrt“ handelt es sich um eine Linienverkehrsfahrt, deren Erbringung in den öffentlichen Dienstleistungsauftrag der Odenwälder Verkehrsbetriebe GmbH nach VO (EG) 1370 / 2007 einbezogen ist (§ 8 Abs. 2 PBefG: „Öffentlicher Personennahverkehr ist auch der Verkehr mit Taxen oder Mietwagen, der eine der in Abs. 1 genannten Verkehrsarten ersetzt, ergänzt oder verdichtet). Das ortsansässige Taxi- und Mietwagengewerbe ist im Rahmen einer Subunternehmerschaft in die Erbringung der Verkehrsleistungen eingebunden. Mit der Besonderheit der Mitnahmefahrt als „Beförderungsdienstleister“ befasst sich Kap. 8 Taxi-Ersatzfahrt – Konflikt mit dem Taxigewerbe vermeidbar „Garantiert mobil!“ greift im Modus „Taxi-Ersatzfahrt“ in das konzessionierte Geschäft der Taxi- und Mietwagenunternehmen ein, wodurch sich deren Begeisterung zunächst in Grenzen hält. Andererseits ist auch das Geschäft des sog. Gelegenheitsverkehrs schwer und oft abhängig von den von den Krankenkassen finanzierten Krankenfahrten oder saisonalen Highlights wie Volksfeste oder Silvester. Damit keine Missverständnisse aufkommen: „Garantiert mobil!“ ist keine Gegenveranstaltung zum Taxi- und Mietwagenverkehr, weil dieser etwa nicht funktioniert. Es gibt zum Glück im Odenwaldkreis wieder eine ausreichende Anzahl von „Taxlern“, die ihr Gewerbe ebenso zuverlässig und mit Engagement betreiben, wie die Busunternehmen. Nur auf Dauer wird durch das Nebeneinander verschiedener Angebote infolge der demografischen und auch ökonomischen Effekte die Luft für jeden Einzelnen dünner. Eine auskömmliche Grundlage wird es in dünn besiedelten ländlichen Räumen für das Gewerbe nur geben, wenn eine intensive Zusammenarbeit erfolgt und dadurch die immer wieder beschworenen Synergien erzeugt werden. Wenn man so will, ist „Garantiert mobil!“ auch eine Buchungsplattform für eine Taxifahrt, die es bislang so nicht gibt, also eine automatisierte Taxizentrale, die Aufträge entgegen nimmt und an die beteiligten Kooperationspartner verteilt. „Garantiert mobil!“ bringt aber auch eine höhere Qualität: Der Kunde braucht sich nicht erst ein Taxiunternehmen zu suchen, sondern hat mit „Odenwaldmobil“ unmittelbar den Zentral-Verantwortlichen. Es gibt auch kein Vertrösten, weil momentan kein Fahrzeug verfügbar ist, sondern es gilt die vom Kunden gesetzte Abfahrtszeit (unter Beachtung einer Bestellfrist von einer Stunde). Die Angst der „Taxler“ besteht darin, dass die nach dem Kraftdroschkentarif (auskömmlich) bezahlte Taxifahrt künftig ersetzt wird durch eine beauftragte „Garantiert mobil!“-Fahrt zu einem Entgelt, das etwa 20 % unter dem Kraftdroschkentarif liegt. Vordergründig betrachtet, sind die Bedenken berechtigt,
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doch niemand kann voraussagen, ob diese Effekte tatsächlich und in welchem Umfang eintreten, oder ob nicht doch - wie erwartet - „Garantiert mobil!“ zu einer besseren Fahrzeugauslastung und damit zu einer Vergrößerung des Mobilitätsmarktes führt. Das Auftragsentgelt für Ersatzbeförderungen im Rahmen von „Garantiert mobil!“ liegt unter dem Niveau des Kraftdroschkentarifs, weil (zunächst) davon auszugehen ist, dass keine zusätzlichen Fahrzeuge zur Abdeckung der Auftragsfahrten benötigt werden. Es wird unterstellt, dass bei den Kooperationspartnern einschließlich der Busunternehmen in der Odenwälder Verkehrsbetriebe GmbH genügend Fahrzeugressourcen vorhanden sind, um bei Beachtung der Vorbestellfrist von 60 Minuten die Fahrt auch pünktlich durchführen zu können. Das Verkehrsgewerbe benennt tägliche Spitzenzeiten zwischen 7-8 Uhr, 12-13 Uhr und 16-17 Uhr, wo dies problematisch werden könnte. Auch diesen Sachverhalt gilt es während des Probebetriebes zu evaluieren. Im Gegensatz zum behördlich genehmigten Kraftdroschkentarif ist das Beförderungsentgelt für Ersatzbeförderungen im Rahmen von „Garantiert mobil“ durch ein Rabattsystem und durch die Anerkennung von Verbundzeitkarten dynamisch gestaltet und damit auch vom Kunden durch vorausschauende Planung gestaltbar. Darin wird der entscheidende Vorteil zur Gewinnung von Neukunden gesehen, denen ansonsten die reguläre Taxifahrt zu teuer wäre. Spannend wird sein, ob dieser Preisvorteil ausreichend ist und vom Kunden mit Blick auf die gewährte Qualität akzeptiert wird. Auch ist das Fahrpreismodell des Zuschlagstarifs für „Taxi-Ersatzfahrten“ nicht auf Konkurrenz zum amtlichen Kraftdroschkentarif angelegt. Die Möglichkeit der Rabattierung zielt bei „Garantiert mobil!“ vornehmlich auf Frühbucher und der sich daraus ergebenden Möglichkeit einer frühzeitigen Fahrzeugdisposition. Wer aber als Gruppe ohne RMV-Zeitkarte kurzentschlossen fahren möchte, bleibt als Zielgruppe dem Gelegenheitsverkehr vorbehalten. Der Kraftdroschkentarif im Odenwaldkreis liegt für den Fahrpreis bei 1,70 € je km und für den Grundpreis bei 2,50 €, jeweils brutto - Stand: 15.2.2013. Das Auftragsentgelt für eine „Garantiert mobil!“-Fahrt im Modus „Taxi-Ersatzfahrt“ beträgt einheitlich in allen Reiseweitenklassen 1,20 € je km. Zusätzlich greift ein nach Reiseweitenklassen gestaffelter Sockelbetrag von 2 € (RwKl. 1 u. 2), 1,50 € (RwKl. 3) und 1 € (RwKl. 4) – Beträge jeweils netto Ob die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 € zum Problem für die Taxibranche wird, bleibt abzuwarten. Auch ist fraglich, ob in ländlichen Regionen ein höher Kraftdroschkentarif am Fahrgastmarkt durchzusetzen ist. Die Konzeption von „Garantiert mobil!“ setzt auf die Kooperation mit dem örtlichen Taxi- und Mietwagengewerbe. Es wurde bewusst darauf verzichtet, die Ersatzbeförderung als „Dienstleistung von wirtschaftlichem Interesse“ im Wettbewerb zu vergeben. Dies hätte den „Marktfrieden“ gestört und möglicherweise auch Rechtsstreitigkeiten heraufbeschworen, die dem Projekt nicht förderlich wären. „Garantiert mobil!“-Fahrten im Modus „Taxi-Ersatzfahrt“ werden als ÖPNV-Betriebsleistung in den Auferlegungsvertrag nach der VO (EG) 1370 / 2007 mit der Odenwälder Verkehrsbetriebe GmbH einbezogen und von dieser als Subunternehmerleistung an die „Taxler“ vergeben. Eine Ausschreibung der Subunternehmerleistung erfolgt nicht, da jedes Taxi-und Mietwagenunternehmen Zugang zu den Subunternehmerleistungen hat. Je mehr Unternehmen als Kooperationspartner zur Verfügung stehen, umso tragfähiger wird das Modell, weil damit auch auf eine größere Anzahl von Beförderungskapazitäten zurückgegriffen werden kann. Jeder Subunternehmer erhält die gleiche Vergütung auf der Basis von spezifischen Sollkostensätzen, die die Odenwälder Verkehrsbetriebe GmbH durchleiten.
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8. Mitnahmeanbieter als „Beförderungsdienstleister“ 8.1 Die Marktentwicklung Mitnahmefahrten sind ein bedeutender Mobilitätsmarkt. Über die reinen Gefälligkeitsfahrten, etwa im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder berufliche Fahrgemeinschaften hinaus, hat sich ein regelrecht organisierter Markt gebildet, der digitale Vermittlungsplattformen nutzt. Staatlich reguliert ist die gewerbliche Personenbeförderung mit Kraftfahrzeugen, die nur von qualifizierten Unternehmen in den Formen von Linienverkehr und Gelegenheitsverkehr durchgeführt werden darf. Die Abgrenzung zwischen privaten Mitnahmefahrten und gewerblicher Personenbeförderung ist (zunächst) eindeutig: Dem Gesetz unterliegen nicht Beförderungen mit Personenkraftwagen, wenn diese unentgeltlich sind, oder das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigt (§ 1 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1 PBefG). Steigende und sich verändernde Mobilitätsbedürfnisse haben ihre eigene Realität geschaffen und eine Grauzone zwischen privater und gewerblicher Personenbeförderung entstehen lassen. Diese ist nicht nur ordnungspolitisch schwierig, weil das hohe Schutzgut der Personenbeförderung in Gefahr gerät, sondern auch fiskalpolitisch, weil hier in großem Maße Geldtransfer stattfindet. Neue Geschäftsmodelle drängen auf den Markt, die sich insbesondere die Möglichkeiten der Digitalisierung zu Nutzen machen. Der international tätige Mobilitätsdienstleister Uber bringt die gesamte Taxibranche in Aufruhr, weil durch Web-Applikationen Fahrtwünsche an Fahrer vermittelt werden, die keine Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr haben. Aber auch im öffentlichen Bereich sieht man in Mitnahmefahrten erhebliche Potentiale, die für öffentliche Verkehrsangebote genutzt werden können. Anders als bei privatwirtschaftlichen Aktivitäten besteht im öffentlichen Bereich aber die Notwendigkeit, Mitnahmefahrten in ein organisiertes, hoheitlich geprägtes System von Beförderungsleistungen zu integrieren, quasi private Fahrtangebote zu „beleihen“. Im Prinzip geht es um „Fahrdienste im Ehrenamt“, um das Nutzen von bürgerschaftlichem Engagement, wie es z.B. bei den zahlreichen Bürgerbus-Projekten der Fall ist. Die unterschiedliche Handhabung allein bei der Frage, ob der Bürgerbus-Fahrer einen Personenbeförderungsschein benötigt, kennzeichnet eine große Rechtsunsicherheit, aber auch einen Reformbedarf in diesem Bereich. 8.2 genehmigungsfreie Beförderungen Die Personenbeförderung steht unter besonderem Rechtsschutz. Der Gesetzgeber will Gefälligkeitsfahrten durchaus zulassen, indem er sie genehmigungsfrei stellt. Dies ist der Fall, wenn die Beförderung in Personenkraftwagen stattfindet und mindestens unentgeltlich ist. Wird ein Entgelt für die Fahrt erhoben, darf dieses die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigen. Der Begriff der Betriebskosten umfasst nur die beweglichen Kosten der Fahrt, also Kosten für Treibstoff, Öl, Abnutzung der Reifen, Reinigung nach Fahrt und ggf. die infolge der Fahrt früher notwendig werdende Inspektion. „Feste Kosten“ wie Steuern, Versicherung, Garagenmiete und Abschreibung gehören nicht zu den Betriebskosten (Fromm/Sellmann/Zuck, Kommentar Personenbeförderungsrecht, München 2013, PBefG § 1 Rn 7). Kriterium: Betriebskosten Für die Beurteilung, ob eine Beförderung genehmigungsfrei ist, sind die Betriebskosten der jeweiligen Fahrt im Voraus zu bestimmen. Dazu ist die Entfernung in km mit den beweglichen Kosten des zum Einsatz kommenden Pkw zu multiplizieren. Letztere sind je nach Fahrzeugtyp unterschiedlich. Einen Anhaltspunkt kann der ADAC-Autokostenrechner liefern, der im Internet unter https://www.adac.de/infotestrat/ autodatenbank/autokosten zur Verfügung steht. Je nach Fahrzeugtyp liegen die beweglichen Fahrzeugkosten damit bei 9 bis 18 Cent / km. Da die Treibstoffkosten den maßgebenden Faktor zur Bestimmung der Betriebskosten bilden, sind sie zudem sehr stark von den aktuellen Treibstoffpreisen abhängig. Für den Anbieter einer Mitnahmefahrt (gegen Entgelt) ist im Zweifelsfall nicht eindeutig zu beurteilen, ob die Fahrt genehmigungsfrei oder genehmigungspflichtig ist. Darin wird u.U. ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot gesehen, weil nicht eindeutig erkennbar wird, ob man sich durch sein Handeln strafbar macht. Ein pauschaler, durch Rechtsverordnung festzulegender Kostensatz der beweglichen Kosten einer Fahrt würde hier zu mehr Rechtssicherheit führen, zunächst unabhängig von der Frage der Höhe dieses Pauschalsatzes. Dieser könnte entsprechend der Kostenentwicklung auch fortgeschrieben werden. Es wäre für alle
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Fahrgemeinschaften, die gegen Entgelt stattfinden, eine große Hilfe, exakt beurteilen zu können, bis zu welcher Höhe ein Entgelt bezahlt werden kann, um dennoch im genehmigungsfreien Bereich zu bleiben. Das Überschreiten der Schwelle zur gewerblichen Personenbeförderung hat gravierende Rechtsfolgen für Fahrer und Fahrzeughalter: Neben dem Erfordernis eines Personenbeförderungsscheins unterliegt das Fahrzeug den Anwendungsvorschriften der BOKraft u.a. mit jährlicher Hauptuntersuchung und vor allem einem erhöhten Versicherungsrisiko. Letzteres bedeutet, dass die herkömmliche Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung im Schadensfall von Ansprüchen freigestellt ist, wenn nicht genehmigte gewerbliche Personenbeförderung betrieben wird. Bei der Festlegung eines Pauschalsatzes der Betriebskosten muss der Gesetzgeber sicherlich abwägen, bis zu welchem Grad er eine Deregulierung zulassen will. Legt er die Vollkosten zu Grunde (bewegliche plus feste Kosten), bedeutet dies die faktische Öffnung von Mitnahmefahrten für jegliche Personenbeförderung. Dies ist vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des PBefG sicherlich nicht zu befürworten. Ein Pauschalsatz von 20 - 30 Cent / km wäre hier eher für eine „behutsame Liberalisierung“ geeignet, wobei dieser Satz auch die Richtung in der „Uber-Rechtsprechung“ ist und gängigen Steuerfreipauschalen entspricht. Im Falle von „Garantiert mobil!“ hat das Regierungspräsidium Darmstadt eine pauschale Betriebskostenobergrenze von 12 €Cent zugelassen (s. Ziffer. 8.3). Kriterium: Entgelt Zweiter Faktor zur Beurteilung der Genehmigungsfreiheit ist das Gesamtentgelt für die Fahrt. Unstreitig beinhaltet dies das eigentliche Entgelt (den Fahrpreis), das bei Mitnahmefahrten der Fahrgast an den Fahrer zahlt. Es beinhaltet aber auch evtl. gezahlte Vermittlungsgebühren, die an den Betreiber einer Buchungsplattform abgeführt werden und es beinhaltet evtl. wirtschaftliche Vorteile, die sich der Fahrtanbieter verschafft, indem er z.B. Gäste seiner Pension am Bahnhof abholt. Letzteres bleibt im Rahmen dieser Betrachtung ohne Berücksichtigung. Strittig ist aber wohl, ob für die Beurteilung der Genehmigungsfreiheit das Entgelt maßgebend ist, das der Fahrer für seine Beförderungsleistung erhält oder der Fahrpreis, den der Kunde ggf. an einen Dritten (z.B. den Betreiber des Buchungsportals) zahlt. Da der Beförderungsvertrag zwischen dem Anbieter einer Mitnahmefahrt und dem Fahrgast zustande kommt, wird zunächst als entscheidend angesehen werden können, wie hoch das Entgelt ist, das der Fahrtanbieter erhält. Diese Rechtsauffassung vertritt auch das Regierungspräsidium Darmstadt bei „Garantiert mobil!“ (s. Ziff. 8.3). Durch die Zwischenschaltung eines Vermittlers, z.B. in Form digitaler Vermittlungsplattformen, tritt zwischen Fahrgast und Beförderer ein Dritter, dessen Funktion es ist, Fahrgast und Beförderer effizient zusammenzuführen und Kommunikation und Abrechnung zu vereinfachen. Im Regelfall stellt der Vermittler für den Buchungsvorgang eine Smartphone-App zur Verfügung, über die dann auch der Bezahlvorgang durch Hinterlegung einer Kreditkarte o.ä. erfolgt. Zur Deckung seines Aufwandes erhebt der Vermittler oftmals eine Vermittlungsprovision, die er vom Fahrpreis abzieht. Das verbleibende Entgelt wird dann an den Beförderer weitergeleitet. Der Fahrgast zahlt mehr, als der Beförderer erhält. In diesem Falle ist es nur die Vermittlungsprovision. Im Falle der Einbindung von Mitnahmefahrten in öffentliche Netze kann es aber gar ein völliges Auseinanderfallen von Fahrpreis (Fahrgast > Buchungsportal) und Beförderungsentgelt (Buchungsportal > Beförderer) geben. Der Fahrpreis kann hier, besonders auf Kurzstrecken) oberhalb des pauschalen Satzes der Betriebskosten (s.o.), auf längeren Distanzen weit darunter liegen. Der Beförderer würde nur ein Beförderungsentgelt bis max. der Höhe der pauschalen Betriebskostenobergrenze bekommen. Auch im Falle der Zwischenschaltung eines Vermittlers wird die Auffassung vertreten, dass maßgebliches Beurteilungskriterium für die Genehmigungsfreiheit das Beförderungsentgelt ist, das der Beförderer erhält und nicht, das der Fahrgast zahlt.
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8.3 Mitnahmefahrten im Rahmen von „Garantiert mobil!“ • „Garantiert mobil!“ nutzt das Angebot von privaten und gewerblichen Anbietern von Fahrten, die ohnehin durchgeführt werden, um Fahrgäste auf diese Fahrten zu vermitteln. Im Rahmen von „Garantiert mobil!“ werden keine Fahrtwünsche an Fahrer vermittelt, aus denen heraus der Fahrgast nach dessen Wunsch zu seinem Fahrziel gegen Entgelt befördert wird. Dies würde nach der Definition in § 49 Abs. 4 PBefG den Tatbestand des Mietwagenverkehrs erfüllen, wenn die Schwelle zur gewerblichen Personenbeförderung überschritten wird. (s. Entscheidung des OVG Hamburg, Beschl. v. 24.9.2014 in Sachen UberPop). Grundlage von „Garantiert mobil!“ ist, dass der Fahrer Start und Ziel einer ohnehin von ihm durchgeführten Fahrt bestimmt und Dritte bei dieser Fahrt mitbefördert. • Mitnahmefahrten im Rahmen von „Garantiert mobil!“ sind genehmigungsfrei im Sinne von § 1 Abs. 2 Ziff.1 PBefG. Sie unterliegen damit keinen besonderen Restriktionen. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat im Rahmen seiner Entscheidung nach § 10 PBefG zur Genehmigungsfreiheit von Mitnahmefahrten die Rechtsauffassung vertreten, dass im vorliegenden reinen Vermittlungsmodell für die Beurteilung der Genehmigungsfreiheit nach § 1 Abs. 2 S. 1 Ziff1 PBefG auf dasjenige Entgelt abzustellen ist, das der Beförderer erhält, und nicht auf das Fahrtentgelt, das der Fahrgast an den Vermittler entrichtet. Beförderer ist vorliegend der private Mitnahmefahrer, da der Beförderungsvertrag zwischen dem Fahrgast und dem privaten Mitnahmefahrer zustande kommt. Bei der Beurteilung der Frage, ob das Gesamtentgelt der Fahrt die Betriebskosten der Fahrt übersteigt, lässt das Regierungspräsidium eine pauschale Betrachtung der Betriebskosten zu, wobei diese Pauschale nicht mehr als 12 ct / km betragen kann. Für die Praxis von Mitnahmefahrten im Rahmen von „Garantiert mobil!“ bedeutet dies: • Es gibt ein Auseinanderfallen zwischen dem Fahrpreisentgelt, das der Fahrgast zahlt, und dem Beförderungsentgelt, das der Anbieter der Mitnahmefahrt erhält. • Der Fahrpreis für die Mitnahmefahrt ist kein RMV-Tarif, entspricht aber hinsichtlich seiner Höhe und seiner Preisbildung dem RMV-Regeltarif (Analogtarif). Über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiert der Anbieter der Mitnahmefahrt den Fahrpreis als Fahrpreisvorschlag der OREG. • Das Fahrpreisentgelt umfasst als Bestandteile das Beförderungsentgelt für die Mitnahmefahrt und die Gebühr für die Vermittlung der Beförderungsleistung. • Die OREG als Betreiber des Vermittlungsportals vereinnahmt die Vermittlungsgebühr als eigene Einnahme und das Beförderungsentgelt treuhänderisch. • Das Beförderungsentgelt wird an den Anbieter der Mitnahmefahrt als Entschädigung dafür weitergeleitet, dass er auf ohnehin von ihm durchgeführten Fahrten Personen mitnimmt, die vom Buchungsportal der OREG vermittelt wurden. Die pauschale Wegstreckenentschädigung beträgt 12 €Cent / km für die erste und 2 €Cent für jede weitere mitgenommen Person. Die Wegstreckenentschädigung unterliegt der Versteuerung durch den Mitnahmeanbieter. • Die Vermittlungsgebühr, die die OREG erhält, ist von dieser mit dem vollen Mehrwertsteuersatz zu versteuern. Die Höhe der Gebühr ist die Differenz zwischen dem vom Kunden gezahlten Fahrpreis und dem weitergeleiteten Beförderungsentgelt.
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Die organisatorische Einbindung von Mitnahmefahrten im Projekt „Garantiert mobil!“ erfolgt auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Regierungspräsidiums Darmstadt im Rahmen der Entscheidung nach § 10 PBefG. Damit wird die Tür aufgestoßen, eine Vermittlungsprovision zu erheben, die außerhalb der Berechnung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG bleibt. Eine Vermittlungsprovision würde dann nämlich für die Beurteilung der Genehmigungsfreiheit einer Beförderung nicht in Ansatz gebracht werden müssen, wenn diese nicht zu gewerblichen Zwecken gemäß dem PBefG erhoben wird (anders z.B. Uber). Die OREG vermittelt private Mitnahmefahrten als zuständige Behörde der VO 1370/2007 und als Aufgabenträger, um die Aufgaben nach § 8 Abs. 3 PBefG und § 5 Abs.1 und 2 HessÖPNVG zu erfüllen. Die hilfsweise Einbettung der Mitnahmefahrten gehört zur Vervollständigung eines leistungsfähigen ÖPNV-Angebotes auf dem Gebiet eines Aufgabenträgers. Eine durchaus in Betracht zu ziehende andere Rechtsauffassung, nämlich die des maßgeblichen Tarifentgelts für die Beurteilung der Genehmigungsfreiheit, würde zu einem ganz anderen Ergebnis führen. Hier müsste das Fahrpreisentgelt (= Gesamtentgelt i.S. § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG) betrachtet werden. Ein Herausrechnen der Vermittlungsgebühr wäre nicht statthaft. Die Folge wäre, dass die Betriebskostenobergrenze für eine genehmigungsfreie Beförderung sehr schnell erreicht wäre. Selbst eine pauschale Obergrenze von 30 €Cent würde hier, zumindest auf kürzeren Fahrtstrecken überschritten werden. Daraus wird deutlich, wie schmal der Grat ist, eine Lösung für die Integration privater Mitnahmefahrten zu finden.
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9. Rechtsentwicklung 9.1 Der Status des Vermittlers von Mitnahmefahrten Das PBefG kennt die Rolle des Vermittlers nur bei Gelegenheitsverkehren in der Form der Ausflugsfahrt (§ 48 Abs. 1) oder der Ferienziel-Reise (§ 48 Abs. 2). Wer solche Fahrten plant, organisiert und anbietet, dabei gegenüber den Teilnehmern jedoch eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Beförderung nicht von ihm selbst, sondern von einem bestimmten Unternehmer, der Inhaber einer Genehmigung nach diesem Gesetz ist, muss selbst nicht im Besitz einer Genehmigung sein (§ 2 Abs. 5 a PBefG). Dagegen ist die Vermittlung von Beförderungen im Mietwagenverkehr (mit Kraftomnibussen oder Personenkraftwagen) oder gar im Linienverkehr im Personenbeförderungsgesetz nicht geregelt. Eine Klarstellung für die Vermittlung von Mietwagen- und Linienverkehrsfahrten scheint aber schon deshalb notwendig zu sein, um reine Vermittler nicht doch in die Position zu bringen, Verkehrsunternehmer im Sinne des PBefG zu sein. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.8.2015 ist für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft nicht maßgeblich, wer tatsächlich befördert, sondern wer die Beförderungsleistung steuert und aus der Sicht des Fahrgastes Vertragspartner des Beförderungsvertrages ist. Wenn der Betreiber eines Buchungsportals den Anschein erweckt, Kundenvertragspartner zu sein, weil er alle Dienstleistungen von der Akquise, über die Buchung, die Bezahlung, die Ausstellung des Tickets bis hin zum Beschwerdemanagement übernimmt, erweckt er den Anschein, er würde den Verkehrs in eigenem Namen, unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung betreiben (§ 3 Abs. 2 PBefG). Dies ist insbesondere für Mobilitätszentralen der Aufgabenträgerorganisationen von Relevanz, ganz besonders bei der Organisation von Bedarfsverkehren. Es erscheint daher aus unserer Sicht zwingend, § 2 Abs. 5 a PBefG dahingehend zu ergänzen, dass grundsätzlich die Vermittlung der Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen keiner Genehmigung unterliegt. Der Vermittler muss allerdings sicherstellen, dass derjenige, der die Beförderung durchführt, dafür die erforderliche Genehmigung besitzt, oder für die Beförderung keine Genehmigung erforderlich ist, weil sie der Freistellungs-Verordnung unterliegt oder die Fahrt selbst unentgeltlich ist oder unterhalb der Betriebskostenobergrenze liegt. 9.2 Fahrdienste im Ehrenamt Es ist die Zielsetzung, ehrenamtliche Fahrdienstleistungen in öffentliche Netze der Daseinsvorsorge zu integrieren, um die dort bestehenden Ressourcen zu nutzen. Der Begriff des „Fahrdienstes im Ehrenamt“ umschließt dabei die tatsächliche ehrenamtliche Beförderungsleistung, bei der Fahrzeug und Fahrleistung (Personal) kostenlos zur Verfügung gestellt werden, wie z.B. bei Bürgerbus-Projekten, aber auch Beförderungsleistungen gegen geringes Entgelt, um das bürgerschaftliche Engagement zu fördern. Auch Mitnahmefahrten in Form von Fahrgemeinschaften könnten gefördert werden, wenn Anreizentgelte nicht gleich in die gewerbliche Personenbeförderung führen. Hier wäre ein pauschaler Satz der Betriebskostenobergrenze hilfreich. Bei der Integration von Fahrdiensten im Ehrenamt in öffentliche Netze der Daseinsvorsorge spielt die tarifliche Integration eine entscheidende Rolle, weil eine Tarifhomogenität für die gesamte Wegstrecke, d.h. auch für den Vor- und Nachlauf einer ÖPNV-Fahrt gewährleistet sein soll. Um einen durchgängigen ÖPNV-Tarif zur Anwendung zu bringen, müsste die gesamte Wegstrecke,
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d.h. auch die von privaten Fahrtanbietern erbrachte Teilstreckenbeförderung als ÖPNV i.S. von § 8 Abs. 1 PBefG qualifiziert werden. Dies erfordert die Beschäftigung des ehrenamtlichen Fahrers als Subunternehmer eines Verkehrsunternehmens. Dem Vorteil des vertraglichen Durchgriffs auf den „Erfüllungsgehilfen“ stehen zahlreiche Restriktionen gegenüber, die es unwahrscheinlich machen, eine ausreichende Anzahl ehrenamtlicher Fahrdienstleister zu bekommen. Diese müssten über einen Personenbeförderungsschein verfügen und das Fahrzeug unterläge den Anwendungsvorschriften der BOKraft und einem höheren Versicherungsrisiko. Die Gefahr der Begründung scheinselbständiger Verhältnisse lassen dieses Organisationsmodell unrealistisch werden. Es besteht auch wenig Aussicht, im Bereich des Sozialversicherungs-, Gewerbe- und Steuerrechts Regelungen zu treffen, die genau den Sachverhalt abbilden. Von daher besteht nur die Möglichkeit, ehrenamtliche Fahrdienstleistungen als genehmigungsfreie Beförderungen i.S. von § 1 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1 PBefG zu qualifizieren. Voraussetzung dafür sollte sein, dass (im Falle der Entgeltlichkeit der Fahrt) das an den Beförderer für die jeweilige Fahrt gezahlte Entgelt den pauschalierten Satz der Betriebskosten nicht übersteigt, d.h. wenn es für die Schwelle des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG auf die Sicht des Mitnehmers und nicht auf die Sicht des Fahrgastes ankommt. Würde (aus der Sicht des Fahrgastes) die Höhe des gezahlten Beförderungsentgelts maßgebend sein, wäre die Grenze der „beweglichen Kosten“ sehr schnell erreicht, mindestens dann, wenn diese unterhalb eines pauschalen Satzes von 30 €Cent liegen würde.
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10. Ausblick Warum das alles? Weil es notwendig ist. Und weil sich Dinge nur ändern, wenn man sie anpackt. Die Zeit ist reif für Veränderungen – auch im ÖPNV. Die Digitalisierung hat die Welt verändert und wird sie weiter verändern. Sie nimmt Einfluss auf unser tägliches Leben, auf unsere Gewohnheiten. Das Internet bestimmt unseren Tagesablauf – bewusst oder unbewusst. In dieser neuen digitalen Welt entwickeln sich neue Formen von Mobilität, in den Städten schneller, auf dem Land weniger schnell. Die „share economy“ lässt neue Geschäftsmodelle entstehen – und auch wieder vergehen. Die Rechtsentwicklung hinkt der tatsächlichen Entwicklung oft hinterher, behindert Innovationen - oder verhindert hyperaktive Ideentreiber. Denn nicht alles ist gut, was man mit einem Mausklick verändern kann. Vieles hat seine Berechtigung und seine Hintergründe und macht die Substanz unseres Rechtsstaates aus. So das Schutzgut der Beförderung von Personen. Ja, es hat sich über hundert Jahre bewährt. Es ist ein System, auf das man sich verlassen kann, auch wenn der Zug oder der Bus einmal verspätet ist oder ausfällt. Es ist gesetzlich reglementiert und sichert das Auskommen eines starken Wirtschaftszweigs. Und jetzt versetzt ein Unternehmen aus Amerika (mit dem Gesellschaftkapital von Google gestärkt) die ganze Branche, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit in Panik. Aber selbst wenn man Gesetze für reformbedürftig hält, kann man sie nicht einfach ignorieren. Der gerichtliche Stopp der „Uber-Apps“ dürfte die Aktivitäten aber nur kurzfristig bremsen, denn im Mobilitätsmarkt kann man Geld verdienen und der Mobilitätsmarkt verlangt nach Innovationen. „Garantiert mobil!“ ist eine Innovation, die bereits in der Konzeptionsphase bundesweite Aufmerksamkeit erzeugt hat. Und die beinahe auf halbem Wege stecken geblieben wäre. Denn anders als bei dem amerikanischen Mitbewerber haben wir vorsichtig gefragt, Gutachter beauftragt und Genehmigungen beantragt und mussten dabei feststellen, dass es nur einen sehr schmalen Grad gibt, wie man private Mitnahmefahrten in ein öffentliches Mobilitätsangebot einbinden kann. Ob dieser hält – und vor allen Dingen, ob die Kundschaft das Modell akzeptiert und zum Erfolg führt – muss sich aber auch hier erst noch zeigen. Auf jeden Fall hat uns die Vorbereitungsphase von „Garantiert mobil!“ gezeigt, dass der ländliche Raum (der unmittelbar hinter dem urbanen Speckgürtel beginnt) nach solchen Innovationen sucht, weil die Probleme die gleichen sind. Allerdings gibt es unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen, die es verhindern, dass es eine Lösung für alles gibt. Mut zum Scheitern? „Garantiert mobil!“ ist die richtige Antwort zum richtigen Zeitpunkt und mit den richtigen Instrumenten. Vielleicht ist die Lösung nicht so perfekt, wie wir sie uns vorgestellt haben, weil private Mitnahmefahrten nicht einfach so in das Gefüge des ÖPNV passen. Wir sind aber stolz darauf, die Grundidee der Mobilitätsgarantie beibehalten und einen intermodalen Tarif realisiert zu haben. Wir sind auch stolz darauf, unter der Marke „Odenwaldmobil“ ein Buchungsportal und eine App entwickeln zu dürfen, um „Garantiert mobil!“ mit den Möglichkeiten der digitalen Medien vermarkten zu können. Die Arbeiten zum Buchungsportal sind zum Redaktionsschluss dieses Berichts noch nicht abgeschlossen und bis zum vorgesehen Start des Projektes im Oktober 2016 wird noch das eine oder andere Unvorhergesehene passieren. Mut zum Scheitern? – Wer die Zukunft nicht vorbereitet, ist Vergangenheit! Wir danken allen, die an der Vorbereitung von „Garantiert mobil!“ mitgewirkt haben. Wir danken dem Kreisausschuss des Odenwaldkreises für die Unterstützung und dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Energie und Landesentwicklung für die finanzielle Förderung des Projektes.
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