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DIALOGFORUM BAU

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Den Naturgewalten ausgesetzt

Round Table. Drei Diskutanten tauschten sich zu den Themen Dach, Fenster, Beschattung und Fassade aus, den Gebäudeteilen, die jederzeit Sonne, Wind und Wetter trotzen müssen. Technische Neuerungen, ESG und Wartungsmöglichkeiten standen dabei im Vordergrund.

Autor: Lisa Grüner

„Die Lebensdauer von Fenstern und Sonnenschutz kann durch das Verwenden von Systemprodukten und regelmäßige Wartungen verlängert werden.“

Stephan Messner, AluKönigStahl

ESG wird immer mehr zum Thema“, so Stephan Messner, Prokurist von AluKönigStahl. „Deswegen sehen wir einen starken Trend in Richtung Energiegewinnung über die Fassade.“ Roland Pinz, Managing Director der CC Real, sieht das aus Facility-Management-Sicht: „Es macht Sinn, einen Teil der Fassade zur Energienutzung zu verwenden, aber nur, wenn die technischen Parameter ausgereift sind. Da muss man Acht geben, dass es nicht zum Green Washing kommt. Viele unserer Investoren fragen beispielsweise Grünstrom nach, aber Fakt ist, dass gar nicht so viel Grünstrom produziert werden kann, um den Bedarf zu decken. Also kauft man Zertifikate, z. B. aus Skandinavien ein, das geht am Sinn vorbei.“

Messner hakt in das Thema ein. „Beim Neubau wird es sowohl den Einsatz von Grünstrom als auch den Zukauf von Zertifikaten geben, weil es hilft, die ESG-Kriterien zu erfüllen.“ Messner gibt zu bedenken, dass man nicht aus jedem Projekt ein ESG-konformes Projekt machen kann. Für ihn ist auch der Einsatz von Holz so ein Thema. „Ich sehe diesen schnellen Trend zum Holz auch ein wenig als Greenwashing, dennoch sieht man ganz klar, dass jeder, vom Auftraggeber bis zum Endkonsumenten, diesen Werkstoff gerne mag. Ressourcentechnisch ist und bleibt die Abholzung ein Problem.“

Andreas Klotzner, Geschäftsführer von Valetta bringt einen weiteren Trend ins Rennen, den Textilsonnenschutz auf der Fassade. „Wenn die Sonne wieder freundlich lacht, dann wollen alle gleichzeitig einen Sonnenschutz. Und, keine Frage, ohne diesen heizen sich die Räume viel stärker auf. Die neuen Außenrollos aus Stoff sind schienengeführt und müssen alle Wetterkapriolen aushalten.“ Messner ergänzt, dass sich auch die Zippmarkisen derzeit großer Beliebtheit erfreuen. Es wird nachgefragt, aus welchem Material diese gefertigt werden. Klotzner ergänzt, dass diese aus Glasfaser gefertigt werden. Es entbrennt eine Diskussion über die Nachhaltigkeit des Materials, da es nicht verrottet. Es gilt bei der Entsorgung als Sondermüll und muss verbrannt werden. Klotzner ergänzt, dass auch schon spezielle recyclingfähige Gewebe auf den Markt kommen.

Markisenstoffe halten 10 bis 20 Jahre, je nach Verarbeitung. Klotzner wirft ein, wie wichtig es wäre, die Bauherren in diesem Bereich zu schulen. „Eine Beschattung kann und sollte man warten, das erhöht ihre Lebensdauer. Leider ist die Beschattung so lange im Einsatz, bis sie kaputt ist.“ Er ergänzt, dass es früher üblich war, Teile auszutauschen, und dass dies bei Valetta immer noch möglich ist. Messner ergänzt,

dass teilweise die Motoren oft komplett ausgewechselt werden, obwohl diese mit einfachen Ersatzteilen wieder flott zu bekommen wären.

Sonderfall Glasdächer

Pinz bringt den Sonderfall Glasdächer ins Rennen. „Da ist die Beschattung einerseits durch die vermehrte Hitzeentwicklung eine besondere Notwendigkeit, andererseits auch eine große Herausforderung, denn dunkel will es niemand haben. Als Beispiel bringt er ein Objekt bei Wien Mitte: „Dort ist die Beschattung nicht energieeffizient, sie hält nur das Sonnenlicht ab. Nun suchen wir eine Lösung für unsere Glasdächer.“ Klotzner bringt als Beispiel die Beschattung der Glasdächer in der Linzer Pluscity. „Da wird die Luft zwischen Glasdach und Beschattung abgesaugt, weil sie sich dort am stärksten erhitzt.“ Zusätzlich wird sie beduftet, damit eine angenehme Atmosphäre erzeugt wird. Pinz bedauert, dass bei der Millennium City keine Außenabdeckungen möglich sind, da sie dem Wind und Düseneffekt zu stark ausgesetzt ist.

„Da schon mehr Energie zum Kühlen als zum Heizen gebraucht wird, werden die Außenbeschattungen immer wichtiger.“

Andreas Klotzner, Valetta

Hauptaugenmerk Kühlung

„Da schon mehr Energie zum Kühlen als zum Heizen gebraucht wird, werden die Außenbeschattungen immer wichtiger“, so Klotzner. Messner ergänzt, dass beim Neubau die Beschattung bereits fixer Bestandteil der Planung von Fenster- und Fassadenkonstruktionen ist. Generell muss man damit rechnen, dass die Betriebskosten bei älteren Projekten nach oben schießen. „Man muss zwischen Wohnen und Büro unterscheiden“, wirft Klotzner ein. „Wir haben es noch nicht geschafft, eine Anlage so zu programmieren, dass es für alle passt, da oft Frauen und Männer ein unterschiedliches Wärme-/Kälteempfinden haben.“ Auch die Abwärme durch Computer und Geräte wird immer mehr zum Thema, vor allem bei großen Büroflächen. Da gibt zu wenig die Möglichkeiten, die Zonen unterschiedlich zu heizen, viele stören sich auch an Deckenkühlungen und Lüftungsauslässen. „Der Trend geht wieder zu kleineren Büroräumen. Damit bekommt der Nutzer mehr Individualität bei z. B. der Temperatureinstellung“, so Messner. Klotzner ergänzt, dass das hybride Arbeiten die Nutzung der Büroflächen weiter verändern wird.

Beschattung

Die Diskutanten sind sich einig, dass vermehrt sommertauglich gebaut werden muss. Sonnen- und Sichtschutz sind zwar schon

„Ohne ESG-Zertifikate bekommt man im Officebereich keine internationalen Mieter eingemietet, da scheiden die Objekte bereits am Papier aus.“

Roland Pinz, CC Real

lange Standard, dennoch gibt es derzeit einen Paradigmenwechsel: Der Sonnenschutz wird schon standardmäßig mitgeplant. Auch hier zeigt sich der Trend zum modularen Bau, Systemprodukte werden immer wichtiger. Doch, so führen die Diskutanten an, muss man in der Planung früh wissen, was gewollt und gebraucht wird und dass man dem Nutzer nicht die volle Freiheit lassen darf, da das die Kosten hinauftreibt.

Dach und Fenster

„Fassade und Dach sind die Seele des Gebäudes“, so Pinz. „Aber auch die Schwachstelle, z. B. wenn dort Schäden auftreten. Ist das Gebäude außerhalb der Gewährleistung, stehen hohe Kosten für Wartung und Reparatur ins Haus.“ Messner ergänzt, dass speziell Fenstern in puncto Qualität häufig wenig Beachtung geschenkt wird und auch die Wartung dieser vernachlässigt wird. „Bei Fenstern ist es wichtig, diese ideal einzustellen, um sie leicht bedienen zu können und damit sie auch bauphysikalisch funktionieren.“ Klotzner wirft ein, wie wichtig es ist, sich zu überlegen, wo man die Fenster kauft, und sich zu fragen, woher bei Schäden Ersatzteile kommen. „Kauft man Fenster aus einer heimischen Produktion, bleibt die Wertschöpfung im Land, und man kann einzelne Teile immer wieder austauschen. Bei Produkten aus dem Ausland kann es sein, dass man weder Wartung noch Service erhält und schlussendlich teuer kauft.“

Die Diskutanten einigen sich darauf, dass man umdenken muss und mit dem Investor, dem Planungsunternehmen, dem Facility Management, dem Beschattungsunternehmen und Fassadenbauer vorab an einem Tisch sitzen und die Themen der Wartung und Erhaltung besprechen sollte.

ESG-Kriterien

Pinz meint, dass alles nur mehr in Richtung Zertifizierungen geht: „Die Banken haben das ESG-Thema in den Finanzierungen, und im Officebereich bekommt man ohne Zertifikate keine internationalen Mieter mehr ins Büro. Da scheiden die Objekte bereits am Papier aus, unabhängig von der Lage.“

„Ein Gebäude soll ja nachhaltig genutzt werden können“, bestätigt Messner. „Es braucht kreislauffähige und ökologische Materialien, die man reparieren, reinigen und am Ende 1:1 wiederverwerten kann.“ Klotzner ergänzt, dass Aluminium schon sehr lange recycelt wird. Für Messner wäre es wichtig, dass man mehr Effizienz in die Produkte bringt und Gebäude zum Materiallager werden.

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