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ZU TISCH MIT

Andreas Millonig

Gedanken zu einem Menü verfasst

Viel Umbruch in kurzer Zeit

Finanzierung, Bewertung, Inflation. In der Immobilienbranche raschelt es. Wohin die Reise geht, ist unklar. „Das Grundbuch gibt Sicherheit“, beruhigt Andreas Millonig, COO von IMMOunited.

Autor: Lisa Grüner

Dem Naschmarkt sieht man an, dass die Touristen fehlen. So „einheimisch“ und ruhig erlebt man ihn selten. Umso mehr ist es ein Genuss, die schmalen Gassen entlangzuschlendern. Unser heutiges Ziel ist die Trattoria Pulcinella. Dort treffe ich Andreas Millonig von IMMOunited zum Immobilien-Talk.

Bei einer Portion Fritura Misti, gemischter frittierter Meeresfrüchte, starten wir gleich mit dem Gespräch. Das neueste Produkt von IMMOunited ist die Bauprojektdatenbank IMMOdeveloper. Diese bietet relevante Informationen zu Wohnbauprojekten in Österreich, vom Grundstückskauf bis zum vollständigen Verkauf. Mit ihrer Hilfe erhält man einen Überblick über den Markt, Projektphasen oder Objektpreise.

„Vor fünf Jahren zählten Fonds nicht zu unseren Kunden, das hat sich gewandelt, da diese die Daten für ihre internationalen Kunden brauchen.“

Andreas Millonig, IMMOunited

„Das System befindet sich in kontinuierlicher Entwicklung“, erklärt Millonig. „Funktionen, die früher sehr gefragt waren, sind mittlerweile überholt, dafür sind andere Kernfunktionen dazugekommen.“ Entwickelt wird im Haus mit fix angestellten Programmierern. Millonig ist unter anderem für den Bereich Innovation zuständig. „Wir sind ständig dabei, unsere Produktwelt zu optimieren und voranzutreiben. Dafür arbeiten viele im Backend. Das bekommt der Kunde allerdings nicht mit. Muss er auch nicht, schließlich geht es für ihn vorwiegend um die Lösung seines Problems. Ob hinter unserem Produkt eine SQL-Datenbank oder eine andere Datenbank dahintersteht, interessiert den Kunden nicht.“

IMMOunited feiert heuer das 15-jährige Jubiläum. „Wir bezeichnen uns durchaus als PropTech, weil wir über die technologische Ebene Daten zum Markt bereitstellen. Wir sind aber mittlerweile kein Start-up mehr. Ich bin vor elf Jahren ins Unternehmen gekommen. Damals waren wir sieben Leute im Kernteam, heute sind es über 30 Mitarbeiter. Über die Jahre haben wir es geschafft, einen wesentlichen Industriestandard zu schaffen. Darauf sind wir sehr stolz.“ Zielgruppe von IMMOunited ist jeder, der mit Immobilien zu tun hat, vom Bauträger und Makler bis hin zu Banken. Also alle, die bauen, vermarkten, finanzieren oder bewerten. Seit Jahren bemerkt Millonig, wie sich der Markt wandelt und sich immer neue Kundensegmente auftun. „Vor fünf Jahren waren z. B. Fonds nicht unsere Kunden. Das hat sich gewandelt, da diese die Daten für ihre internationalen Kunden brauchen.“

Transaktionsdaten sind das Um und Auf der Bewertung

Millonig hat als Vorspeise eine Zuppa Pomodoro (Tomatensuppe) und ich die Zuppa di Pesce (Fischsuppe). Das Lokal ist bekannt für seine exzellente Fischsuppe, die auch dieses Mal die Erwartungen erfüllt. Doch zurück zum Grundbuch: „Wir arbeiten mit Daten, die zu 70 Prozent schon da sind, haben sie aber neu aufbereitet“, so Millonig weiter. „Will man in Österreich eine Immobilie bewerten, kann das nur über Grundbuchdaten seriös erfolgen. Es ist sogar in der Gesetzgebung festgehalten, dass nur Grundbuchdaten herangezogen werden dürfen, nicht die Angebotsdaten.“ In diesem Zusammenhang findet er die DSVGO spannend, die der Öffentlichkeit des Grundbuchs widerspricht. „Die Grundbuchs- und Kaufvertragsdaten bleiben öffentlich und können von Leuten mit fachlichem Hintergrund eingesehen werden. Das ist wichtig, denn auch die Banken müssen ihre Bewertungen und Wiederbewertungen aufgrund dieser Daten durchführen. Durch Basel III sind auch Wiederbewertungen von Immobilien vorgeschrieben. Das geht nur, wenn ich ins Grundbuch schauen kann.“

Finanzierung wird schwieriger

„In Österreich haben wir vielleicht nicht den größten Markt, aber Wien ist eine international gefragte Stadt. Langfristig gesehen hat uns keine Krise der letzten Jahre wirklich getroffen, weil alles konservativ und auf

Andreas Millonig

Andreas Millonig studierte Business Administration mit Schwerpunkt Innovations-Management an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Von 2009 - 2011 war er Program Manager bei der Österreichischen Forschungsförderungs, 2011 starte er seine Karriere bei der IMMOunited als Key Account Manager. 2013 avancierte er zum Prokuristen des damaligen Schwesterunternehmens IMABIS, stieg 2018 zum Chief Innovation Officer auf und ist seit 2021 Chief Operating Officer und Prokurist der IMMOunited.

Grundbuchsdaten bewertet werden muss“, so Millonig weiter. Das spielt auch bei der Finanzierung eine Rolle. „Ausländische Käufer finanzieren großteils in Österreich. Die Banken finanzieren Immobilienkäufe auch gerne, sofern ausreichend Eigenkapital vorhanden ist.“ Eng wird es laut Millonig für private Kunden ab Juli, da dann die neuen verschärften Kreditbedingungen gelten.

Für das Bauträgergeschäft spielt das Produkt IMMOdeveloper eine große Rolle. „Wir haben eine rege Bautätigkeit in Österreich“, so Millonig. „In den Ballungszentren muss genau überprüft werden, was zu welchen Preisen, in welchen Zeiträumen verkauft werden kann. Anhand unserer gesammelten Daten kann man das gezielt auf den Punkt bringen.“ Eine Immobilienblase sieht Millonig aktuell nicht. „Kauft man für den Eigenbedarf, sind die Preise noch finanzierbar. Kauft man als Anlage, wird es für den Privaten schon schmerzhaft, vor allem wenn man niedriger vermieten muss, als die Rate ist. Richtig weh tut es dann, wenn die Zinsen steigen und die Raten dann deutlich hochschnellen.“ Die Regelungen der FMA zielen auf die Privaten ab. „Für Privatpersonen wird es schwerer, in eine Immobilie zu investieren als vorher, weil man zuerst das Eigenkapital ansparen muss. So wie sich die Preise in manchen Lagen entwickeln, wird es hart werden. Unternehmen finanzieren hingegen nicht wie Privatpersonen auf 30 Jahre, sondern gehen nach Businessplänen. Sind die Mieterträge zu niedrig, läuft das Business trotzdem weiter.“

IMMOunited Innovation Lab

Unser Hauptgang wird serviert. Die Parpardelle Caposante begeistern, die Languste mit gemischtem Salat fällt leider durch. Zeit, das Thema zu wechseln. Alle Innovationen beginnen mit einer Idee und benötigen ambitionierte Menschen, die sie verfolgen. IMMOunited veranstaltete 2021 das erste „IMMOunited Innovation Lab“. Im Zuge dieses Ideenwettbewerbs konnten kreative Köpfe ihre Ideen zur Zukunft der Branche einreichen. Gewonnen hat Bo Marcel Schmidt mit Immomat, einer Plattform, die Präferenzen in der Geldanlage analysiert. „Damit lässt sich das Problem vieler Menschen lösen, die etwas Eigenkapital angespart haben, aber nicht wissen, welches Investitionsprodukt zu ihnen passt“, so Millonig.

Einfluss der Ukraine-Krise

Ein Blick auf die Situation der Ukraine drängt sich auf. Gibt es Ukrainer, die jetzt vermehrt in Österreich Immobilien kaufen? „Das sehen

„Die Inflation war schon vor dem Ukraine-Konflikt ein Thema, das sich jetzt noch weiter verschärft.“

Andreas Millonig, IMMOunited

wir im Moment noch nicht“, so Millonig. „Derzeit nimmt man die Paniksituation wahr. Ob Investitionen von Ukrainern zunehmen, wird sich erst zeigen. Man muss hier die langfristigen Entscheidungsprozesse und die Verbücherungszeit miteinberechnen.“ Derzeit zeigt sich noch nicht, wohin die Reise geht, aber ein neutrales Land wie Österreich könnte wie ein sicherer Hafen gedeutet werden.

Angst vor Inflation

Ein weiteres Thema ist die Inflation. „Die Inflation war schon vor dem Ukraine-Konflikt ein Thema, das sich jetzt noch weiter verschärft. Beim Gas haben wir schon die Abhängigkeit der EU von Russland gesehen und die daraus resultierende Preisentwicklung“, so Millonig. „Es ist darum wichtig, die alternativen Energien stark voranzutreiben. Viele Menschen denken auch gerade nach, ob sie weiter Gas aus Russland beziehen wollen.“ Die Herausforderung der Zukunft wird es sein, den Gap zwischen Globalisierung, Europäisierung und regionaler Unabhängigkeit zu schaffen. „Man muss mit vielen Gedanken spielen, unter anderem, ob Gasnetze nicht wasserstofftauglich sind oder Wärme nicht auch selbst vor Ort erzeugt werden kann, zum Beispiel mit einer Grundwasserwärmepumpe“, so Millonig. „Was die richtigen Technologien in diesem Bereich sein werden, kann ich nicht beantworten. Jedenfalls muss man aber langfristig in die Zukunft denken. „Immobilien sollen ja einen Lebenszyklus von 70, 80 Jahren und mehr schaffen. Dabei sollten die laufenden Kosten wie auch der Footprint möglichst stabil beziehungsweise so gering wie möglich bleiben.“

Lokal

DAS SAGT DER FALSTAFF

Pulcinella (neapolitanisch: Pullecenella) ist ursprünglich eine Figur des süditalienischen und neapolitanischen Volkstheaters. Der Name bedeutet „kleines Küken“ (italienisch pulcino für „Küken“ mit der Verkleinerung -ella, gekreuzt mit pullo für „dunkel, schwarz“)!

DAS SAGT DER IMMOFOKUS

Eine gute Adresse, um Fisch und Meeresfrüchte zu essen. Besonders zu empfehlen sind die Fischsuppe und die Fritura Misti, auch die Nudelgerichte haben überzeugt. Die Languste ist durchgefallen.

Trattoria Pulcinella

Naschmarkt 94-101 - 1060 Wien

Öffnungszeiten

Montag bis Samstag: 11.30 bis 23.00 Uhr

www.trattoria-pulcinella.at

ImmoFokus Restaurantguide

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PUNKTE

Essen: Service: Weinkarte: Ambiente:

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