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SPECK MIT EI
Speck mit Ei ... Speck mit Ei …
mit Peter Karl
Gedanken zu Trześniewski-Brötchen verfasst
Katharina Schiffl Fotos:
Der Druck kommt von den Investoren
Thema Nachhaltigkeit. Peter Karl im Gespräch über neue Strategien bei der Portfoliozusammenstellung, ESG, EU-Taxonomie und die starke Expansion in der Slowakei.
Das Gespräch führte: Lisa Grüner
Normalerweise besuchen wir in der Rubrik „Zu Tisch mit …“ mit unserem Interviewpartner dessen Lieblingsrestaurant. Doch auch hier spuckt uns Corona sprichwörtlich in die Suppe. Deswegen habe ich die Rubrik kurzerhand in „Speck mit Ei …“ umbenannt und Peter Karl, Geschäftsführer der ERSTE Immobilien KAG zu uns ins Büro eingeladen. Für die Nicht-Wiener muss man hier kurz erklären, dass die Brötchen von Trześniewski ein institutioneller Begriff sind. Wegen der Unaussprechlichkeit des Namens findet man diese unter der Website SpeckmitEi.at. „Mein Lieblingsbrötchen ist das mit Pfefferoni“, verrät mir Karl. Mein Favorit ist Matjes mit Zwiebel. Damit wäre schon die Aufteilung der Brötchen besprochen.
Die EU-Taxonomie und damit den Einzug von Nachhaltigkeitsthemen in die Regulatorik sieht Karl sehr gelassen. „Wir beschäftigen uns schon über viereinhalb Jahre mit dem Thema und freuen uns, dass es mehr Schwung bekommt.“ Er sieht Nachhaltigkeit nicht als Hype, sondern als langfristige Managementaufgabe. „Wenn wir das Vorhaben, 2050 in Europa CO2-neutral zu sein, schaffen wollen, muss sich der CO2Ausstoß bis 2030 halbieren, damit sich das rein mathematisch überhaupt ausgeht.“
Stimmungsbild
Dennoch sind viele Branchenkollegen ob der Offenlegungsverordnung verunsichert. „Vieles ist noch viel zu unklar mit der EU-Taxonomie. Wie immer wird die Wahrheit in der Mitte liegen und aus der Erfahrung gesehen, kann ich sagen, je früher ich Nachhaltigkeitsthemen berücksichtige, umso besser.“ Er sieht die Offenlegungskriterien nur als einen Vorboten für viele Regulatorien. „Als Immobilieninvestor muss man da den Nachhaltigkeitsansatz ohnehin weiter denken.“
Immobilien sind eine langfristige Angelegenheit. Bei Wertpapierfonds ist die Anpassung der Veranlagung naturgemäß leichter möglich, da man zum Beispiel Aktien von Unternehmen, die ESG-Kriterien erfüllen, dazu kauft und andere verkauft und damit schnell sein Portfolio neu zusammenstellen kann. „Im
Immobilienbereich darf man jetzt im Einkauf keine Fehler machen. Die Immobilien, die wir heute kaufen, müssen morgen auch noch passen. Diese Entscheidungen werden sich auf die Werthaltigkeit, Liquidität und Bewertung auswirken. Kaufe ich energieineffiziente Häuser, werden sie schwerer zu vermieten sein, besonders im Bürobereich ist das schon klar ein Thema.“ Karl sieht seine Verpflichtung eindeutig darin, das Portfolio dort hinzubringen, dass es nachhaltig ist.
ESG-Treiber sind die Institutionellen
Der Druck kommt von den Investoren. Auch die öffentliche Hand treibt das Thema weiter und schlussendlich wird es auch im Mietwohnungsmarkt ankommen, weil es eine Mieterschicht gibt, die gerne nachhaltig wohnen will. „Aber das wird noch etwas dauern. Die Investorenseite will bzw. darf nur mehr in ESG-Objekte investieren und das hat zum Umdenken geführt. In Österreich werden Objekte ohne klimaaktiv-Zertifizierung gar nicht mehr angeschaut.“
Heizung versus Kühlung
Als wesentlichen Punkt sieht Karl die Auswirkungen des Klimawandels auf den Bedarf von Immobilien. „Interessanterweise wird immer der Heizwärmebedarf in den Vordergrund gerückt, dabei wäre das Thema Kühlung viel wichtiger.“ Die Baubranche muss sich überlegen, wie sie baut, damit die Bewohner im Hochsommer dort leben können. Das ist auch ein wichtiges Thema für ältere Personen, bei denen Hitze durchaus auch gesundheitsgefährdend werden kann. „Wenn die Bauweise dazu führt, dass sich die Leute das mobile Klimagerät im Fachhandel kaufen, läuft etwas falsch.“ In der Architektur werden damit auch Beschattung und Belüftung immer wichtiger. „Aber wie gesagt, noch werden die Wohnungen trotzdem vermietet, Lage und Grundriss bleiben bei der Wohnungswahl noch viel entscheidender. Von der Nutzerseite darf man sich die Veränderung nicht erwarten, erst wenn klimafeindliches Verhalten verteuert wird, zum Beispiel durch eine höhere Besteuerung von Gas, Öl etc., wird ein Umdenken erfolgen.“
Neuaufstellung bei Immobilienfonds
„Im Bereich der Immobilienfonds stellen wir uns breiter auf.“ Karl, der in Österreich als CEO für die ERSTE Immobilien KAG verantwortlich zeichnet, ist zusätzlich im Vorstand der Muttergesellschaft Erste Asset Management und dort ist er auch für das Immobilieninvestmentgeschäft der Gruppe in CEE verantwortlich. „In Prag, Budapest und Bratislava betreiben wir ja auch seit vielen Jahren Immobilienfondsgeschäft, die Fonds werden lokal gekauft und sind auch stark gewachsen.“ Insgesamt sind 5,5 Milliarden Euro investiert, 1,7 Millionen Quadratmeter werden in den Fonds gemanagt. „In Österreich sind wir der zweitgrößte Investor, in Ungarn sogar der größte.“ Karl möchte den Fokus verstärkt auf die Vernetzung legen. „Gruppenweite Produkte sind unser Ziel.“ Zukünftig soll auch ein tschechischer Kunde in Budapest investieren können. „Das ist im Moment noch lokal eingeschränkt, weil Kunden und Assets überwiegend im gleichen Land liegen.“ Ein gruppenweiter Zugang bedeutet aber auch, das Nachhaltigkeits-Know-how in allen Portfolien umzusetzen.
Slowakei im Fokus
In der Slowakei wird ein starkes Wachstum angestrebt. „Der Markt hat viel Potential und die Nachfrage nach Immobilienfonds ist hoch, die Zinsen niedrig und den Aufholbedarf wollen wir nutzen.“ Darum hat das Unternehmen seinen ersten slowakischen Immobilienfonds auf den Markt gebracht. „Unsere Mannschaft der Wertpapier KAG hatten wir ja schon vor Ort und wir brauchten nur mehr die Immobilienexperten hinzufügen und erste Objekte in Bratislava kaufen. Insgesamt rechnen wir mit einer Erfolgsgeschichte wie in Österreich und Ungarn. Richtig gut ist man nur, wenn die lokalen Teams vor Ort sind.“
Ein Blick nach Rumänien?
Blickt man auf die Tätigkeiten der Erste Asset Management, so überrascht im Immobilienproduktbereich ein großer weißer Fleck auf der Landkarte – Rumänien. „Es gibt noch keine konkreten Projekte, aber es wäre naheliegend, dort ein Immobilien-Investmentprodukt aufzulegen.“
Der Reiz von Immobilien
„Bei Immobilien, da braucht man immer Menschen, eine Software kann nicht vermieten.“ Karl liebt Immobilien als Assetklasse, weil sie
immer die Managementleistung brauchen. „Ein Mensch muss mit ruhiger Hand die richtigen Immobilien auswählen.“
Gelebte Nachhaltigkeit
Karl, der Vater von zwei Kindern ist, sieht Nachhaltigkeit als persönlichen Sinn in seinem Leben. „Ich habe dem Thema im beruflichen Wirken einen starken Fokus gegeben, aber auch im Kleinen kann man immer etwas beitragen.“ So sieht er beispielsweise von privaten Kurztrips mit dem Flugzeug ab. Generell möchte er allen mitgeben, dass Nachhaltigkeit auch ein Mindset ist. „Man muss viel mehr aufzeigen, dass man nicht auf Lebensqualität verzichten muss, wenn man nachhaltig lebt. Genauso, wie der Irrglaube, dass beim nachhaltigen Anlegen die Erträge geringer sind. Das stimmt so nicht.“
Nachhaltigkeit bedeutet für ihn persönlich, weniger Ressourcen zu verbrauchen, als nachwachsen können. Aus diesem Grund ist er auch mit der S-Bahn gekommen und nicht mit dem Auto. „Das Fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist wirklich komfortabel.“ Schön, wenn Nachhaltigkeit aktiv gelebt wird.