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BEWERTUNG

Bewertung ImFokus

Der Umwelt zuliebe!

Gordischer Knoten. „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“. Zu Beginn musste ich (leider) Norbert Hofer aus dem Jahr 2016 zitieren. Damals leise belächelt, hätte sich niemand gedacht, wie Recht er damit haben könnte.

Kolumne: Wolfgang Fessl

Heute reicht es, wenn eine Virologin ihr Unbehagen in die Welt stöhnt, und die Regierung riegelt tatsächlich ein ganzes Bundesland ab. Das ist eine Form des Aktionismus, mit der bis dato niemand auch nur ansatzweise gerechnet hat …

Andererseits: Wenn jetzt die Virologen Politik machen, dann lassen wir die Raumplanung doch von Philatelisten erledigen – kann auch nicht schlimmer werden. Derartig spontanen Konstruktivismus würde ich mir bei anderen Themen wünschen. Beim Thema Nachhaltigkeit oder Klimawandel zum Beispiel. Man stelle sich das vor: Ein Umweltforscher an der TU-Wien tritt mit seinem Unbehagen an die Presse – wenn wir unser Mobilitätsverhalten nicht ändern, besteht die Möglichkeit, dass in den nächsten Jahren einige Leute an Lungenkrebs sterben könnten. Am nächsten Tag gibt’s Urlaubsreisen nur mehr bei Vorweis eines symptomfreien Lungenröntgens. Nicht nur für Raucher, sondern für alle. Bei einem leichten Schatten im rechten Lungenflügel gibt es erst 3 Monate Reha, bevor die Reise angetreten werden darf. DAS würde uns bei der Klimathematik auch nicht weiterbringen, und natürlich würde das der Wirtschaft enorm schaden, aber hey, das wäre immer noch ein Kindergeburtstag gegenüber den Schäden, die wir bis dato zähneknirschend in Kauf genommen haben. WAS würde uns denn beim Thema Klimawandel weiterbringen? Wir in der Immobilienwirtschaft sind ja nicht gerade als Innovatoren bekannt.

Das Thema Nachhaltigkeit erfolgt situationsbezogen eher als Reaktion auf die vermehrte Nachfrage. Vielleicht ändert sich das ja aber mit der EU-Verordnung 2020/852? Damit wird die Immobilienbranche durch ihre Abhängigkeit vom Finanzmarkt quasi gezwungen, ab 1. Jänner 2022 mehr auf Nachhaltigkeit zu setzen. Im ersten Schritt werden vermutlich dicke Handbücher und Prozessbeschreibungen geschrieben, damit man das Thema Nachhaltigkeit auch präsentieren kann. Es passiert also genau das Gegenteil von dem, was man erreichen wollte.

Eine Lösung für das Thema Nachhaltigkeit wird nur möglich sein, wenn es gelingt, den gordischen Knoten aus Bauherr, Investor und Nutzer zu lösen. Solange die Verantwortlichkeiten in diesem Dreigestirn hin- und hergeschoben werden, ist eine Lösung fern und erinnert an jene für den Energieausweis: Ist Vorschrift, interessiert aber keinen, und die allfälligen Auswirkungen auf die Immobilienbewertung sind marginal. Natürlich gibt es vor allem von Seiten größerer Mieter verstärkt Vorgaben in Richtung „green lease“. Doch die können nur mieten, was schon gebaut ist oder zumindest wird. Und das ist zu dem Zeitpunkt schon lange geplant.

Das Entscheidungskarussell wird sich also noch ein paarmal drehen müssen, bis die Kriterien zwischen Planen, Bauen und Vermieten richtig verteilt sind. Immerhin geht es darum, dass wir gemäß dem europäischen „green deal“ bis 2050 klimaneutral sein sollten, das bedeutet also, keine Treibhausgase mehr zu emittieren – nicht weniger, sondern null.

Ambitioniertes Ziel? – Sicher.

Unmöglich? – Nein.

Und wer jetzt noch Zweifel hat: Bitte nochmals Zeile 1 lesen!

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