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VORWORT

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VOX FEMINA

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Neues Jahr, neues Glück, alte Fragen

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, 2021 hat schon wieder ein paar Wochen hinter sich gebracht und Corona hat noch immer den Fuß fest in der Türe. Nichtsdestotrotz: Das Organisationsteam des Nachhaltigkeitsforums Illmitz nutzt diese besondere Zeit so intensiv als möglich, denn – wie Sie alle zwischenzeitlich wissen – wir haben keine Zeit mehr und wir lassen uns auch durch FPP2-Masken und Spucktests im Wohnzimmer nicht aufhalten

Vom 14. bis zum 16.10.2021 werden die 3. Illmitzer Gespräche stattfinden und wir werden alles daran setzen Wege zu finden, um eine Präsenzveranstaltung stattfinden zu lassen – und wenn Sie alle beim Eingang geimpft werden! Über den Winter haben wir unser Logo einem sanften Relaunch unterzogen. Es soll nun noch mehr die Farben der Savanne einerseits und – mit der dünnen, darüber gelegten Outline – das stete Verrinnen der Zeit darstellen. In der Savanne hat sich nach der „Garden Eden theory“ der Homo erstmals aufgerichtet, in einem Umfeld mit 40 Prozent Luftfeuchtigkeit und einer Durchschnittstemperatur von 29° C. Die Suche nach Kleintieren im seichten Wasser der Flussläufe hat dazu beigetragen, unser Rückgrat aufzurichten, wir haben uns aus dem Wald gewagt und sind über tiefhängende Äste bei Gefahr auf Bäume geflüchtet. Aus dem Garten Eden sind wir ausgezogen, um uns im wahrsten Sinne des Wortes die Welt untertan zu machen. Wir wurden zum schlimmsten und intelligentesten Raubtier, das die Fähigkeit zur Selbstzerstörung hat. Wahrhaft unterscheiden wir uns von den Affen aber nicht dadurch, dass wir etwa schneller begreifen, es ist das soziale Lernen, das uns so einzigartig macht. Wir entwickeln, wie Martin Buber, der Psychotherapeut, gesagt hat, „unser ICH aus dem DU“

und das von allem Anfang an. Wir lernen durch Abschauen und Kooperieren. Das kann ich aus meiner Schullaufbahn nachhaltig bestätigen.

Aufbauend auf diesen Überlegungen müsste im Zeitpunkt des Erscheinens dieses Magazins auch schon unsere neue Homepage www.illmitzer-gespraeche.at online gegangen sein.

Gegen Ende des Jahres 2020 haben wir noch zwei Videos produziert, von denen jedenfalls das eine bei Drucklegung bereits in drei Teilen im Netz abrufbar ist. Franz Gschiegl, unser Finanzexperte, im Gespräch mit Kenan Güngör, dem Migrationsspezialisten der Bundesregierung, zum Thema soziale Nachhaltigkeit, dies vor allem unter dem Eindruck des Terroranschlages in Wien. Da wir einen Bildungsschwerpunkt setzen, laden wir in den kommenden Wochen gleich nach und haben Ali Mahlodji, EU-Jugendbotschafter, ersucht, seine Gedanken rund um „die Jungen“ in einem Vortrag digital zu versenden. Im Burgenland würden wir sagen: „Schau ma uns das an“.

Natürlich sind wir auch auf Facebook und in Instagram präsent. Bei aller kritischer Distanz zu sozialen Medien einerseits, vor allem aber auch zu

den dahinterstehenden Unternehmen, und deren wahren Zielsetzungen andererseits, helfen uns Kanäle dieser Art deutlich, unsere Botschaften zu verbreiten und präsent zu sein.

Eine Bitte: Wenn Sie sich in TELEGRAM einklinken, wobei dies aber mit Ihrer Handynummer erfolgen muss, dann kann ich Sie persönlich in eine vollkommen abgeschlossene Gruppe einladen, in der sich unsere Gemeinschaft ständig sinnvoll austauscht. Das ist sehr sicher und vor allem von uns im weiteren Sinne auch „qualitätsgeprüft“.

Ich darf an dieser Stelle – gerade am Anfang des dritten Jahres unseres Bestehens – nochmals auf unsere Kernziele eingehen:

1. Zivilgesellschaft und Wissenschaft müssen mit einem Höchstmaß an Interdisziplinarität zusammengeführt werden. So muss Immobilienentwicklung in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext stattfinden, der den sozialen, ökologischen und auch ökonomischen

Aspekten der Nachhaltigkeit entspricht. Ich habe bewusst „auch ökonomischen“ geschrieben, weil das Eindämmen des Artensterbens, die Klimaschutzziele und die Bevölkerungsexplosion Themen sind, die weit vor einem allfälligen ökonomischen Effizienzstreben gedacht werden müssen. Die Frage, ob uns dann jemand wählt, oder etwa die Frage nach dem Preis haben keine Relevanz. Bildung wird in diesem Zusammenhang ein zentrales Kriterium sein. Nicht Ausbildung, sondern Bildung im humanistischen Sinn, nicht Lernen von

Prüfung zu Prüfung, sondern Lernen in und aus der Vernetzung der

Inhalte. Die Lehrerin wird zum Trainer, positive Inhalte zu Werkzeugen auf dem Weg zur möglichen Lösung. Bundesministerin Leonore

Gewessler unterstützt uns auf diesem Weg in außerordentlicher

Weise. Auf Facebook können Sie ein Interview sehen, das Renate

Hammer mit ihr geführt hat.

2. Wir wollen mit dem nördlichen Burgenland zum Labor der Nachhaltigkeit werden und –national betrachtet – in einem überschaubaren regionalen und politischen Rahmen Möglichkeiten zum Versuch bieten. In den letzten Tagen haben wir sehr positive Signale der Unterstützung aus dem Land bekommen, die uns Mut machen. In der ersten Reihe des Supermarktes muss die Regionalität stehen, Mobilität muss in den Siedlungen als open space einerseits, als sanfte und gemeinschaftlich sinnvolle Bewegung andererseits verstanden werden, Raumordnungen müssen vollkommen neu gedacht werden.

3. Mit der Nachhaltigkeit im Alltag haben wir ein drittes, sehr erdiges

Ziel. Es geht keineswegs um Verzicht – und so sollten wir auch kommunizieren –, es geht um Ersatz und Erneuerung, vor allem aber um ein stetes „Aufmerksamsein“. Ich kenne eine Reihe von Bauträgern, die diese täglichen Fragen längst in ihr Kalkül miteinbeziehen, von der Freiraumgestaltung bis zum Home-Office. Es mag eigenartig klingen, aber fragen Sie doch einmal nach der Shampoo-Seife, es gibt sie und ich habe noch immer Haare!

Ich bin recht sicher, dass wir dieses Jahr noch eine Novelle zum WEG bekommen werden und ich meine auch, dass das Bestellerprinzip – im Rahmen der Rechtsform Miete – eingeführt werden wird.

Die allfällige Novelle zum WEG zeigt bereits – und darüber bin ich froh – klare Hinweise auf Schlagworte wie erneuerbare Energieträger, Dekarbonisierung und Fragen der Finanzierung und Beschlussfassung in diesen Zusammenhängen. Ich bin dankbar dafür, dass ich schon mehr als 30 Jahre an diesen Prozessen mitarbeiten darf. Ich verdanke es vor allem meinen großen Lehrmeistern Gerhard Stingl und Peter Rustler. Inhaltlich habe ich es mir abgewöhnt, dem Wunsch nach Großem, Einmaligem, Allumfassendem nachzugeben. Solange meine persönliche Vision in der operativen Zielsetzung Platz findet, kann ich mitgehen. Wenn wir – immer einen Beschluss des Nationalrates vorausgesetzt – hinkünftig etwa mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (= Nutzwerte) eine Mehrheit bilden können, gleichzeitig aber das Grundrecht des Eigentums durch Informationspflichten und Mindestquoren schützen, dann sind wir einen Schritt weiter. Natürlich hätte ich lieber, dass der Gesetzgeber klarmacht, dass Maßnahmen zum Erreichen der Klimaschutzziele im weiteren Sinne privilegiert sind, wenn wir aber die richterlichen Prüfkriterien erleichtern, dann haben wir auch einiges erreicht. Ich bin kein großer Freund der vieldiskutierten Mindestrücklage, weil ich Wohnungseigentümer nicht für so uninformiert halte, wie immer angenommen wird, und ich die hervorragende Qualität unserer Verwalter kenne. Mit dem Erfordernis der Angemessenheit der Rücklage hat die Mindestrücklage aber längst Einzug gehalten und wenn die gesetzlich pragmatische Lösung ein bestimmter Betrag X ist, reagiert X zwar nicht auf die Bauweise, das Baualter oder den Erneuerungszustand, es erleichtert aber unsere Argumentation. Zum Bestellerprinzip werden sich andere zu Wort melden und ich möchte diesen nicht vorgreifen. In allem als schlecht Empfundenem steckt immer aber auch die Chance für Neues. Tatsächlich schreibe ich diesen Artikel, nach Maßgabe meines 3- bis 4-Finger-Satzes, in Windeseile. Die Worte gehen mir leicht von der Hand und ich wäre übervoll an Gedanken. Ich zwinge mich deshalb, Schluss zu machen:

Bitte machen Sie sich mit uns Gedanken, bitte sind Sie vom 14. bis zum 16.10.2021 in Illmitz und nutzen Sie all Ihre Talente und Einflussmöglichkeiten, einen nachhaltigen, gemeinsamen Weg zu gehen. Verbannen Sie das Wort „Realpolitik“ aus Ihrem Wortschatz und bereiten wir gemeinsam den Weg zu einer sanften, gewaltfreien aber deutlich erkennbaren Revolution.

Unsere Zukunft mag zwar vielleicht ein Bild unserer Vergangenheit sein – dies aber mit einem riesigen Unterschied: Es liegt an uns – und nur an uns –, wie sie schon in der nächsten Minute aussehen wird.

Denn wir haben wirklich keine Zeit mehr

Thomas Malloth

t.malloth@malloth.at www.illmitzer-gespraeche.at

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