F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R A R B E I T S W I R T S C H A F T U N D O R G A N I S AT I O N I A O
M O B I L I TY
I N N O VATI O N
SZENARIOS ZUR ELEKTROMOBILITÄT 2025
Impressum
EINFÜHRUNG
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Nobelstraße 12 | 70569 Stuttgart Redaktion: Marius Brand, Martha Loleit, Steffen Braun Illustrationen: Pirmin Buchenberg Layout: Susanne Ilg © Fraunhofer IAO August 2012
Wohin entwickelt sich die Automobilindustrie angesichts
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität sind eine
des anstehenden Paradigmenwechsels von fossil betriebe-
Vielzahl von fahrzeugspezifischen Technologiebereichen
ner zu elektrischer Mobilität? Politik und Forschung gehen
wie Antriebsaggregate, Speicher- und Batteriesysteme,
bereits davon aus, dass sich im Jahr 2050 der Verkehr
Produktionssysteme, Schnittstellen zur Ladeinfrastruktur,
auf unseren Straßen und in unseren Städten vollständig
Leistungselektronik, Klimatisierungstechnik und Leichtbau-
emissionsfrei gestalten wird. Auf dem Weg dorthin sollen
konzepte/Bauweise von Bedeutung. Diese Aspekte sind
Meilensteine wie bis zu Million Elektrofahrzeuge in 2020
eingebettet in ein übergeordnetes Umfeld aus Wertschöp-
und ca. sechs Millionen Elektrofahrzeuge in 2030 erreicht
fungsstrukturen, Geschäfts- und Finanzierungsmodellen,
werden. Elektromobilität, betrieben mit Energie aus erneu-
politischen Förderverhältnissen, Anreizsystemen, Nutz-
erbaren Quellen, ist dabei der Schlüssel zur Reduktion der
erbedürfnissen und Akzeptanzfragen. Dadurch gestaltet
CO2-Emissionen des Individual-verkehrs.
es sich schwierig, langfristige Aussagen über zukünftige Entwicklungen in der Elektromobilität zu treffen.
Dieser von der Bundesregierung vorgegebene politische und strategische Zielkorridor generiert einen direkten
Für die Teilnehmer am Markt ist es unerlässlich, die ent-
Handlungsbedarf für die deutsche Automobilindustrie.
scheidenden Trends und Entwicklungen frühzeitig zu
Gleichzeitig haben die Entwicklung globaler Märkte und
erkennen, einzuschätzen und daraus die notwendigen
deren sich verschiebende Machtzentren Auswirkungen
Konsequenzen für die eigenen Unternehmensstrategien
auf den deutschen Automobilmarkt. Denn gerade auf den
abzuleiten. Aus diesem Grund hat das Fraunhofer IAO
deutschen Automobilherstellern und Zulieferern ruhen
zusammen mit externen Partnern und dem Expertenwissen
hohe Erwartungen, den Wandel zur Elektromobilität aktiv
aus dem FutureCar-Netzwerk wissenschaftliche Zukunfts-
mitzugestalten und eine führende Rolle bei der Entwick-
bilder entwickelt, die mögliche Szenarios der Elektromobili-
lung und Umsetzung entscheidender Schlüsselinnovationen
tät im Jahr 2025 beschreiben.
und -technologien einzunehmen.
Marius Brand, Martha Loleit
© Tom-Hanisch - Fotolia.com
und Steffen Braun (v.l.n.r.) sind wissenschaftliche Mitarbeiter im Bereich Mobility Innovation des Fraunhofer IAO.
3
SZENARIOPROZESS P la nung ist d i e g e d a n k l i c h e G e s ta l tu n g der Zukunft. U m ei ne effekti v e Pl anung durc hführen zu können, ist da he r W is s e n ü b e r d i e Z u k u n ft n ö ti g . D i e Sz enari otec hni k i s t ei n mäc hti ges Werkz eug, um Aussagen übe r die Z uk u n ft tre ffe n z u k ö n n e n . I m Rahmen des F utureC ar-N etz werks wurde di e Sz enari otechnik als be v or z ugt e s M i tte l a u s g e wä h l t u n d e i n g es etz t.
VORTEILE VON SZENARIOS Abbau von Wissenslücken
Aus Strukturierungsgründen wurden diese in zwei Dimen-
Die konsolidierten Einflussfaktoren wurden dann einer
Als Ergebnis der beiden Analysen kristallisieren sich Schlüs-
Liegt eine szenariobasierte Analyse der Stärken und
sionen – Globales Umfeld und Fahrzeuge – unterteilt. Vor
Wechselwirkungsanalyse (1) und einer Unsicherheits-
selfaktoren heraus. Im Vergleich zur Ausgangssituation mit
Schwächen vor, so kann diese Betrachtung zum Abbau
einer ersten Konsolidierung ergaben sich pro Dimension
analyse (2) unterzogen.
ca. 80 Faktoren wurde die Komplexität deutlich reduziert.
von Lücken zwischen Anforderungen und Potentialen
ca. 40 Faktoren. Da diese Anzahl einer übersichtlichen
genutzt werden.
Szenariobearbeitung entgegensteht, wurde die Faktor-
Die Schlüsselfaktoren repräsentieren das Fundament, auf 1 Die Wechselwirkungsanalyse identifiziert aktive (trei-
welchem die Szenarios konstruiert werden.
anzahl reduziert. Das Ziel war hierbei, möglichst individu-
bende) und passive (getriebene) Faktoren. Von diesen
Beitrag für Ziele und Strategien
elle und voneinander unabhängige, sogenannte konsoli-
werden erstere für die Szenarioentwicklung weiter-
Durch die diversen Pfade pro Schlüsselfaktor ergeben sich
Szenarios bieten die notwendige Plattform für die Ent-
dierte Einflussfaktoren nutzen zu können.
verfolgt, letztere in diesem Projekt nicht mehr berück-
zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten. Offensichtlich sind
sichtigt.
viele von diesen nicht realistisch bzw. inkonsistent. Aus
wicklung von zukunftsorientierten Zielen und abgeleiteten Strategien.
diesem Grund ist eine Konsistenzanalyse zielführend. A B B . 1 Schlüsselfaktorenanalyse – Ablaufdiagramm.
Vernetztes Denken fördern Der Einfluss der sich verändernden Schlüsselfaktoren aufeinander sorgt für ein immer komplexeres Beziehungs-
GLOBALES UMFELD
FAHRZEUGE
geflecht. Szenarios unterstützen das Verständnis dieser
Sammlung per Mindmap
vielschichtigen Interdependenzen. Antizipation von Veränderungen Wenngleich Szenarios nicht mit genauen Wahrscheinlichkeitswerten hervorgesagt werden können, ermöglichen sie
kritische und Basis-Faktoren zu trennen. Dafür wurden
Für jede mögliche Faktorkombination wird dabei eine Kon-
sämtliche Einflussgrößen in den Dimensionen Unsicher-
sistenzbewertung abgegeben. Mit dieser Methode wird
heit und Wirkungsstärke (Einbeziehung der Ergebnisse
garantiert, dass wenig sinnhafte Szenarios ausgeschlossen
der Wechselwirkungsanalyse) bewertet.
werden. Weiterhin können als besonders konsistent identifizierte Kombinationen zu Szenarios zusammengefügt werden. Um die Ergebnisse der
42
36 Faktoren
2 Mit der Unsicherheitsanalyse wird das Ziel verfolgt,
Ausgangsliste
Szenariobildung möglichst
Faktoren
einprägsam darzustellen, wurde für jedes der sich
dennoch, sich auf mögliche Veränderungen der Unternehmensumwelt einstellen zu können.
25 EF
Konsolidierte Einflussfaktoren
ergebenden vier Szenarios
18
eine profilabhängige Be-
EF
schreibungsmethode gewählt. Bei dieser Methode
Um einen größtmöglichen Entscheidungsraum abzudecken, wurde innerhalb der Szenarioerstellung neben sehr wahr-
wird die Szenario-Welt aus
Wechselwirkungsanalyse/Unsicherheitsanalyse
scheinlichen Szenarios auch ein extremer Wandel unter-
der Sicht eines persönlich
stellt.
Beteiligten geschildert. Dies
Wissensbasis aus dem FutureCar-Netzwerk des Fraun-
14 SF
Schlüsselfaktoren
hofer IAO und wird erweitert durch Inputs von externen Experten sowie Projektpartnern. In einem ersten Schritt wurden im Rahmen einer Umfeldanalyse für die Zukunftsszenarios relevante Einflussfaktoren erarbeitet. 4
Szenariokonstruktion
eröffnet die Möglichkeit
10
einer verbesserten Identifi-
SF
Quelle: Z-Punkt GmbH
Die Szenariobildung stützt sich auf die vorhandene
kation.
A B B . 2 Szenariokonstruktion – Konsistenzanalyse.
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BESCHREIBUNG DES SZENARIO 1 Als er st es Szenar io w urde eine Welt def inier t , in der die Ver brenner noch im m er st ar k d o min a n t s in d u n d Elekt rom obilit ät vor w iegend als kom plem ent äre Ant r iebsunt er st üt zung exist ier t .
HYBRIDE ELEKTROMOBILITÄT GLOBALES UMFELD
FAHRZEUGE
Deutliche Verteuerung der individuellen Mobilität
Nur vereinzelte Pilotprojekte zu Mobilitätsdienst-
durch hohe Kraftstoffpreise
leistungen im Bereich Elektromobilität
Weniger PKW-Nutzung
Keine ausreichenden Entwicklungsfortschritte bei Batterie- und Brennstoffzellentechnologien
Elektromobilität spielt nur eine marginale Rolle, da die Fahrzeuge zu teuer sind
OEMs behalten ihre dominante Rolle
ÖPNV und Mobilitätsdienstleitungen profitieren vom
Entwicklungskompetenz bleibt beim OEM
Rückgang des Individualverkehrs Hohe Modularisierung, hohe Wertschöpfungstiefe Keine neue Regulierung
der OEM, plattformbasierte Komponenten, geringer Zuliefergrad
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1
BESCHREIBUNG DES SZENARIO 1
Das Szenario aus Sicht eines Beteiligten
Herr Weiß steht, wie so häufig in diesen Tagen, vor neu-
Neben den öffentlichen Verkehrsmitteln profitieren nur
en Herausforderungen. Soeben musste er als Sprecher
Car-Sharing-Angebote von der Reduktion des Individual-
eines großen Automobilherstellers in Baden-Württem-
verkehrs: Da manche Tätigkeiten, insbesondere der
berg weitere Arbeitsplatzverluste bekannt geben. Durch
Transport schwerer oder gekühlter Güter, nur schwer
die exzessiv gestiegenen Kraftstoffkosten wird der
mit Bus und Bahn realisierbar sind, schließen sich heute
Privat-PKW immer mehr zum Luxusprodukt. Als Folge
Fahrgemeinschaften zusammen und teilen sich die noch
leiden Hersteller wie Zulieferer unter massiven Absatz-
immer hohen Kosten eines Mietwagens, um beispiels-
problemen. Während sich Zulieferer durch Umorientie-
weise den Wocheneinkauf zu erledigen.
rungen in den wachsenden ÖPNV-Markt und zum Maschinenbau abfedern konnten, sind die OEMs in
Ein positiver Aspekt ergab sich dennoch aus dem drama-
einer problematischen Situation. Die in den letzten
tischen Mobilitätsrückgang: Herr Weiß macht sich um
Jahren durchgeführten Konsolidierungen im Sinne von
die Gesundheit seiner Kinder wesentlich weniger Sorgen
vertikaler Integration konnten zwar die Kosten senken.
als früher. Der Einbruch der privaten Automobilnutzung
Dennoch ist die effizienteste Produktion gegenüber
hat zu einer wesentlich saubereren Luft und zu zumin-
hohen Benzinpreisen machtlos.
dest stagnierenden CO2-Werten in der Atmosphäre geführt.
Herr Weiß‘ Tochter, gerade 10 Jahre alt, kennt die früher als gegeben angenommene grenzenlose individuelle Mobilität nur noch aus Geschichten. Heute ist es für sie selbstverständlich, zu jeglichen Terminen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu kommen – mit der entsprechenden Wartezeit und den sonstigen Unannehmlichkeiten. Als sich Herr Weiß an die vergangene Ära der günstigen Mobilität erinnert, kommt ihm ebenfalls wieder das Elektroauto in den Sinn. Hoch gepriesen und massiv gefördert sollte es die Lösung des Mobilitätsengpasses darstellen. Allerdings ließen Entwicklungsfortschritte auf sich warten; die Technologie blieb zu teuer und wurde letztlich zum Flop.
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9
BESCHREIBUNG DES SZENARIO 2 Im zw eit en Szenar io geht m an von einer Welt aus, die st ar k von ökologischen Gesich ts p u n k te n g e p rä g t ist . Im Zuge dessen hat sich die int er m odale Mobilit ät vor allem in St ädt en und urb a n is ie rte n R e g io n e n st ar k ent w ickelt .
STADTGERECHTE ELEKTROMOBILITÄT GLOBALES UMFELD
Individualverkehr wird teurer
FAHRZEUGE
Moderate Verbesserungen und Preisdegression bei Batterien
Elektromobilität mit steigenden Marktanteilen Entwicklung von Elektrofahrzeugen durch Nicht-OEMs, »Grüne« Mobilität: Hohes Umweltbewusstsein, starke
Revolution durch branchenfremde Konzepte (Materialien,
ökologische Regulierung, weniger Individualverkehr,
Prozess, Kosten)
intermodal vernetzte (Mikro-)Mobilität, stark genutzte Mobilitätsdienstleitungen
Hohe Standardisierung bei Elektrofahrzeugen
Umbau der urbanen Verkehrsorganisation
Geringe Modularisierung und Wertschöpfungstiefe der OEMs
Umbau der Stromnetze zum »Smart Grid« Hoher Anteil erneuerbarer Stromerzeugung
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2
BESCHREIBUNG DES SZENARIO 2
Das Szenario aus Sicht eines Beteiligten
Als Frau Grün in den fabrikneuen E-2 des ansässigen
Als Frau Grün den E-2 mit einer Stadtrundfahrt ein-
raten Preisen ihre Marktstellung ausnutzten und ihre
Je nach Nutzerwünschen werden Treffpunkte (und
ehemaligen Automobilzulieferers einsteigt, blendet sie
weiht, wird ihr wieder bewusst, wie tiefgreifend das
Angebote stark verteuerten. Darüber hinaus entlassen
damit auch Destinationen) über soziale Netzwerke im
das Blitzlichtgewitter. Frau Grün ist Bürgermeisterin von
Stadtbild sich durch die neuartige Mobilität verändert
die (ehemaligen) OEMs mehr und mehr Angestellte,
Wagen verabredet und das Autoradio auf den bevor-
Friedrichshafen und daher Ehrengast bei der Präsenta-
hat. Durch den sehr hohen Benzinpreis und stets stei-
welche nicht alle bei den schnell wachsenden Mobili-
zugten Web-Sender geschaltet.
tion des neuen Elektroautos. Dessen Vorgänger, der E-1,
gende Kosten für CO2-Zertifikate waren die Bürger ge-
tätsanbietern neue Arbeit finden. Außerdem wurde ein
hatte weltweit für Aufsehen gesorgt: Es war das erste
zwungen, Alternativen zum bisherigen Individualverkehr
Teil der Wertschöpfung aufgrund des höheren Standar-
Insgesamt sieht Bürgermeisterin Grün für Friedrichs-
Elektroauto, welches direkt von einem ehemaligen Auto-
zu suchen. Schnell entwickelten sich günstige Car-Sha-
disierungsgrads in Billiglohnländer verschoben.
hafen positiv in die Zukunft. Die urbanen Mobilitäts-
mobilzulieferer hergestellt und unter eigener Marke ver-
ring-Anbieter mit Elektroautos, welche nach und nach
trieben wurde. Allerdings war der Schritt überfällig.
zu Mobilitätsanbietern wuchsen. Diese verstanden es,
Der Paradigmenwechsel zur geteilten Nutzung kam den
boten für längere Strecken verwoben. Mehr Sorgen
Möglich wurde dies durch die Entwicklung der Batterien.
verschiedene Verkehrsmittel zu einem Gesamtkonzept
Zulieferern auch anderweitig zu Gute. Während sich
macht sich Frau Grün um die umliegenden Gemeinden.
Zuvor hatten die OEMs versucht, ihre Marktmacht bei
zu integrieren. Aufgrund regulatorischer Maßnahmen
Autokäufer noch früher sehr stark mit der Automarke
Durch den stark abnehmenden Marktanteil von Verbren-
Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auf weitere
konnten sie überdies damit rechnen, von der öffentli-
identifizierten, nutzen sie nun die vom Mobilitätsanbie-
nern werden diese nicht nur im Betrieb, sondern auch
Märkte auszudehnen. Dieser Versuch scheiterte jedoch,
chen Hand bevorzugt behandelt zu werden. So gibt es
ter bereitgestellten Fahrzeuge. Diese werden eher funk-
in der Anschaffung teurer. Als Resultat wird der Zustrom
da bei Elektroautos zu viel Kompetenz vonnöten war,
nun in deutschen Innenstädten ein weitgehendes Fahr-
tional betrachtet; mit Ausnahme der im Auto vorhande-
jener, die in die Städte ziehen, noch stärker beschleu-
über welche die OEMs nicht verfügten. Daher nutzten
verbot lediglich privat genutzter Fahrzeuge. Überdies
nen Informations- und Kommunikationstechnologie.
nigt. Zurück bleiben die älteren Generationen, die für
ehemalige Zulieferer und neue Marktakteure (insbeson-
wurden die Fahrradwege zu Elektroroller- und Pedelec-
solch tiefgreifende Verhal-
dere Energieunternehmen) die Chance und offerierten
Wegen ausgebaut. Die merkliche Beruhigung der Städte
tensänderungen nicht mehr
ihre Produkte den Endkunden direkt. Traditionelle Auto-
war ein positiver Nebeneffekt. Außerdem können die
bereit sind.
mobilmarken treten heute nur noch als Reseller oder
Fahrzeugflotten der Mobilitätsanbieter systemisch be-
Designer auf. Besonders offensichtlich wurde diese Ent-
trachtet werden, was die Staubildung durch moderne
wicklung im Bereich der Standardisierung. Während
Verkehrskonzepte deutlich verringert hat und die Ein-
noch vor wenigen Jahren Fahrzeuge sehr spezifisch wa-
bindung der noch immer wachsenden erneuerbaren
ren und insbesondere OEM-abhängig konstruiert, wird
Energien in den Energiekreislauf vereinfacht. Im Mo-
heute das Auto (weitgehend standardisiert) um die
ment wird in Friedrichshafen ein »Smart Grid« aufge-
wettbewerbskritische Batterie und den Lademechanis-
baut, welches nach Fertigstellung das Gesamtsystem
mus aufgebaut. Frau Grün erinnert sich allerdings auch
noch effizienter machen soll.
konzepte sind ausgereift und geschickt mit Bahnange-
an die anfänglichen Fehlschläge. Zu Beginn der E-1-Ver-
12
marktung drohte dessen Hersteller die Zahlungsunfähig-
All dies erscheint sehr positiv. Frau Grün hörte auf der
keit, da das Unternehmen im direkten Endkundenkon-
anderen Seite von Kollegen, die vom Missbrauch der in
takt schlicht unerfahren war und erst eine Kommunika-
ihrer Region tätigen Mobilitätsanbieter berichteten. So
tionspolitik aufbauen musste.
bildeten sich Monopole, welche nach anfänglich mode-
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BESCHREIBUNG DES SZENARIO 3 Das dr it t e Szenar io ist durch eine st ar ke Modular isier ung und von einem gew andelt e n B ra n ch e n ve rh ä ltn is zw ischen OEM und Zulief erer n gekennzeichnet . Überdies hat sich die Elekt rom obilit ä t zu e in e m M a s s e nphänom en ent w ickelt .
MODULARE ELEKTROMOBILITÄT GLOBALES UMFELD
FAHRZEUGE
Durchbruch der Elektromobilität: hohe Akzeptanz,
Fokus auf »nicht-elektrischem« Laden: Redox-Flow
hohe Nutzung, starke Kostendegression
(»Tanken von Ionen«) und Batteriewechsel
Hohe staatliche Förderung
Brennstoffzelle wird als Nischentechnologie genutzt
(Deutschland als Leitmarkt mit Leitanbietern) Entwicklung von Elektrofahrzeugen durch Nicht-OEMs, Umbau der urbanen Verkehrsorganisation
Revolution durch branchenfremde Konzepte (Materialien, Prozesse, Kosten)
Umbau der Stromnetze zum »Smart Grid« Offene Schnittstellen und daher große Designfreiheit Hoher Anteil erneuerbarer Stromerzeugung
bei technischer Umsetzung Hohe Modularisierung, niedrige Wertschöpfungstiefe der OEMs Konstruktion beim OEM orientiert sich an den Komponenten
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3
BESCHREIBUNG DES SZENARIO 3
Das Szenario aus Sicht eines Beteiligten
Die Mitarbeiterin der Firma New Energy AG aus Baden-
zertifizierung. Da durch die modulare Zusammenstellung
ren Konzept, da sie zweckabhängig Elektrofahrzeuge
Leichtbaumaterialien, effizienten Materialeinsatz und
Württemberg, Frau Blau, betrachtet zufrieden die Bilanz
des Fahrzeugs sehr viele Kombinationsmöglichkeiten
nutzen können.
nicht zuletzt einer Einbindung in das im Aufbau befind-
ihres Unternehmens (ein Spin-off eines regionalen Ener-
entstanden sind, wird die wichtige Frage der Produkt-
gieanbieters). Dieses stellt Batteriemodule für Elektro-
haftung über einen Service der Monteure geregelt: Sie
Sorge bereitet Frau Blau jedoch die Konkurrenz aus
fahrzeuge her, die Privatkunden und Firmen selbst aus
garantieren, dass die genutzten Komponenten einzeln
Asien. Dort haben immer mehr IT-Anbieter erkannt,
einer großen Auswahl vorhandener Angebote zusam-
und im Set betriebssicher sind.
dass ein Elektroauto mehr Elektronik als Motorentech-
setzt dagegen nur auf den Preisvorteil.
nik enthält. Gefördert von
menstellen können. Diese Entwicklung nahm ihren Gang, nachdem auch für die Automobilbranche offene
Frau Blau blickt aus dem Fenster und sieht die neu ein-
staatlichen Programmen
Schnittstellen gefordert wurden. Um keine Kompeten-
geweihte Elektrotankstelle, bei der Kunden neben Hoch-
haben sie begonnen, sehr
zen bei den traditionellen Verbrennern zu verlieren,
leistungssteckdosen auch die Möglichkeit haben, ihre
günstige und hoch standar-
wurden jedoch nur bei elektrisch betriebenen Fahr-
leere Batterie gegen eine geladene auszutauschen. Die
disierte Elektroautos herzu-
zeugen die Schnittstellen geöffnet.
Tankstelle nimmt außerdem an einem Feldversuch teil,
stellen, die den deutschen
bei dem die »Redox Flow«-Technologie erprobt werden
Automarkt mit Kampfprei-
Spezialisierte Anbieter wie die New Energy AG entste-
soll. Dabei kann die Batterie mit einer energiehaltigen
sen erobern sollen. Frau
hen in einem Rekordtempo. Aus dem fertigen Produkt
Lösung betankt werden.
Blau hörte bereits von ehemaligen Kunden, dass diese
Automobil ist in den letzten Jahren ein Markt Automobil
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liche Smart Grid geprägt sein. Die asiatische Konkurrenz
geworden, in dem die Endkäufer eine größere Macht-
Der deutschen Wirtschaft kommt weiterhin zu Gute,
sich für den Stadtverkehr mit
position haben. Denn es sind sie, welche die Produkte
dass die vielen ehemaligen Champions im Mittelstand
den asiatischen Massenpro-
der ehemaligen Zulieferer auswählen und danach die
durch ihre geringe Größe flexibel – und wesentlich
dukten begnügten und für
ehemaligen OEMs beauftragen, sie montieren lassen.
schneller als zuvor vermutet – auf die neue Herausfor-
sonstige Anlässe ein Auto-
Die Kunden sparen sich somit einen Teil der Marge.
derung reagieren und Teile ihrer Geschäftsfelder vom
vermietungssystem nutzen.
Zwar gab es in der Anfangszeit Widerstände bei den
stagnierenden Markt für Verbrenner auf die wachsenden
Kunden aufgrund der erhöhten Komplexität. Diese
Elektromobilitätsmärkte umstellen konnten. Zwar ist der
Die Strategie des kürzlich ge-
konnten jedoch durch innovative Geschäftsmodelle
traditionelle Verbrennermarkt noch in dominanter Stel-
gründeten Deutschen Ver-
minimiert werden, bei denen beispielsweise subven-
lung, was den Marktanteil angeht; dennoch verzeichnet
bandes für Hersteller von
tionierte Elektrofahrzeuge verkauft wurden, die durch
er kein Wachstum mehr. Frau Blau arbeitete selbst noch
Elektromobilitätsmodulen,
eine Kilometergebühr amortisiert werden. Dadurch
vor 15 Jahren bei einem global agierenden Verbren-
dieser Problematik zu begeg-
verbleibt das Defektrisiko bei den Herstellern – und die
nungsmotorhersteller. Heute ist dieser Hersteller selbst
nen, ist ein Herausstellen des
Kunden kauften in Massen. Die OEMs selbst erreichen
Kunde von der New Energy AG, da er seine Firmenflotte
ökologischen Images von Elek-
gerade Rekordgewinne, die auch aus einem neu ent-
mit modular aufgebauten Elektrofahrzeugen erweitern
troautos. Dieses soll durch
standenen Geschäftsbereich stammen – der Modul-
möchte. Gerade Firmenflotten profitieren vom modula-
nachhaltige Produktion,
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BESCHREIBUNG DES SZENARIO 4 Im let zt en Szenar io w urde angenom m en, dass die Brennst off zelle einen Boom er f äh rt. A u fg ru n d d e s g e sellschaf t lichen und t echnischen Wandels hin zu Wasser st off m it lokalem Elekt rolyse u r u n d e r n e u e rb a re n Ener gien spielt im J ahr 2025 auch der Brennst off zellenant r ieb eine bedeut ende Rolle mit s te ig e n d e r Te n denz.
BIONISCHE H2-MOBILITÄT GLOBALES UMFELD
FAHRZEUGE
Intermodale Angebote werden kaum genutzt
Durchbruch bei der Brennstoffzellen-Technologie
Elektromobilität setzt sich aufgrund ihres Preisvorteils
Batterien spielen aufgrund nur unzureichender Entwick-
durch – aber mit Brennstoffzelle als Antriebstechnologie
lungsfortschritte eine untergeordnete Rolle
Langsamer, lokaler Umbau der Stromnetze
OEMs behalten ihre dominante Rolle im Markt
Hohe Nutzerakzeptanz von Elektromobilität aufgrund
Entwicklungskompetenz liegt weiterhin beim OEM
des guten Preisleistungsverhältnisses Hohe Modularisierung mit hoher Wertschöpfungstiefe der OEM Plattformbasierte Komponenten
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4
BESCHREIBUNG DES SZENARIO 4
Das Szenario aus Sicht eines Beteiligten
Herr Gelb sitzt in seiner Tankstelle. Vor 13 Jahren war sie
Bei einem Blick auf im Moment tankende Kunden be-
stoffzellentechnologie neuartiges Aussehen ermöglicht
sektor. Innovative Firmen erkannten, dass der Lebens-
die erste in Baden-Württemberg, die komplett von Ben-
merkt Herr Gelb, dass trotz all des Wandels die Auto-
hätte, beließen die meisten Hersteller die typische Form
zyklus einer Brennstoffzelle mit der Verschrottung des
zin auf Wasserstoff umgestellt wurde. Herrn Gelbs zum
marken die gleichen geblieben sind. Zwar gibt es eine
der Verbrenner-Autos bei. Für Herrn Gelb war diese Ten-
Fahrzeugs nicht beendet sein muss. Vielmehr werden
damaligen Zeitpunkt kühne Markteinschätzung zahlte
dedizierte Mercedes-Benz F-Klasse für Brennstoffzellen-
denz existenzsichernd; verbinden die Autokäufer doch
nun Behausungen mit Brennstoffzellen ausrangierter
sich aus. Heute ist der Marktanteil von Fahrzeugen mit
fahrzeuge (sowie ähnliche Benennungen bei anderen
auch mit der Form die traditionelle Einfachheit des Lade-
PKWs beheizt und mit Strom versorgt.
Brennstoffzellenantrieb erheblich.
Herstellern). Dennoch ist – bis auf wenige Billiganbieter
vorgangs aus dem Ölzeitalter. Auch führte dies dazu,
aus Fernost – die Markenlandschaft im Automobil-
dass sich Brennstoffzellenfahrzeuge etablierten, wäh-
In die Zukunft blickt Herr Gelb optimistisch: sein Sohn
Der Durchbruch zur von den Medien titulierten H2-Ge-
bereich dieselbe geblieben. Asiatische Premiumanbie-
rend Batterieelektrofahrzeuge sich – mit zum Teil sehr
studiert erfolgreich Chemie und arbeitet studienbeglei-
sellschaft kam zum einen mit einer Kette von techni-
ter, die den chinesischen Markt dominieren, konnten
futuristischen Designs – nicht durchsetzten.
tend für einen Flugzeugbauer. Dieser plant, in wenigen
schen Innovationen (durch Forschungsförderung initi-
sich in Europa nicht durchsetzen. Mehrere erfolglose
iert), und zum anderen durch strikte staatliche Emis-
Versuche von Automobilzulieferern, eigene Marken zu
Herr Gelb profitiert übrigens auch nach Dienstschluss
sionsziele, welche Brennstoffzellenfahrzeuge und rein
etablieren, scheiterten an der Qualität der Produkte.
von den technologischen Umwälzungen im Automobil-
elektrisch betriebene Batteriefahrzeuge leicht einhalten
Die Zulieferer hatten die Komplexität des Wasserstoff-
konnten. Letztere bilden jedoch noch immer eine Nische
antriebs unterschätzt.
Jahren das erste wasserstoffbetriebene Passagierflugzeug auszuliefern.
für die urbane Kurzstreckennutzung. Dennoch konnten sich insbesondere die großen ZulieAls Nebeneffekt halfen Brennstoffzellenfahrzeuge dabei,
ferer ausreichend Marktnischen im Subsystembereich
die durch die Energiewende hervorgerufenen Fragestel-
des Wasserstoffantriebs sichern. Problematischer war die
lungen der kurz- und mittelfristigen Energiespeicherung
Situation für Mittelständler: hoch spezialisiert auf Teile
zu beantworten. Während den Spannungsspitzen in der
der Wertschöpfungskette der Verbrenner, wurden sie
regenerativen Energieerzeugung wird nun lokal per
von den fallenden Verkaufszahlen der Verbrennungs-
Elektrolyse Wasserstoff erzeugt und durch das ausge-
motorfahrzeuge überrascht und konnten zum Teil nicht
baute Gasversorgungsnetz entweder an große Speicher-
schnell genug neue Kompetenzen aufbauen. Auch Herr
stellen oder direkt an Tankstellen geliefert. Im Endeffekt
Gelbs Ehefrau verlor ihren Arbeitsplatz bei einem dieser
sanken Strom- und Wasserstoffpreise, da das Gesamt-
mittelständischen ehemaligen Champions. Heute über-
system wesentlich effizienter wurde. Durch die hohe
wacht sie für das Bundesumweltministerium die Einhal-
Komplexität dieses Systems ergaben sich außerdem
tung der sehr strengen CO2-Grenzen für deutsche Auto-
neue Beschäftigungsfelder für bis dato Branchenfremde.
mobilhersteller.
Selbst Herr Gelb beauftragt für seine Tankstelle ein spe-
20
zialisiertes Unternehmen, welches früher Gasheizungen
Ähnlich der Markenlandschaft waren ebenso die Ände-
in Privatwohnungen wartete.
rungen am Fahrzeugdesign spärlich: Obwohl die Brenn-
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PARTNER IM NETZWERK FUTURECAR
AUSBLICK
MOBILITÄT DER ZUKUNFT Die vier Szenarios ermöglichen es Entscheidern, neue Möglichkeiten bei der Zukunftsplanung zu berücksichtigen. Dabei unterscheiden sich diese zum Teil stark voneinander und stellen Unternehmen vor unterschiedliche Herausforderungen. Der Bereich Mobility Innovation des Fraun-
Innovationsnetzwerk Elektromobile Stadt
hofer IAO unterstützt Unternehmen individuell, sich auf
Ziel des Innovationsnetzwerkes Elektromobile Stadt ist es,
die Mobilität der Zukunft vorzubereiten.
die Grundlage für die Entwicklung von tragfähigen Konzepten und Produkten für die Elektromobile Stadt der
Mehrere Projekte und Innovationsnetzwerke sind im
Zukunft zu entwickeln. Die Anforderungen und Interes-
Themenbereich Mobilität relevant:
senslagen von Akteuren aus verschiedenen Branchen sowie der Städte und Kommunen sollen zusammengeführt werden, um Dienstleistungen und Produkte abgestimmt
Innovationsnetzwerk FutureCar
auf die städtischen und kommunalen Anforderungen ent-
Das Innovationsnetzwerk FutureCar unter der Leitung des
wickeln zu können. Ebenso sollen Konzepte für die Förde-
Fraunhofer IAO ermöglicht Unternehmen, bereits heute
rung und den Einsatz von Elektromobilität auf Stadtebene
gemeinsam mit anderen Zulieferunternehmen voraus zu
entwickelt werden, um Städte und Kommunen in die Lage
denken, wie sich die Wertschöpfungs- und Kompetenzge-
zu versetzen, als Katalysator für die Elektromobilität zu
füge in der Automobilindustrie durch die Elektromobilität
dienen.
verändern werden. Entwickeln Sie mit uns Strategien und Produktkonzepte, die Ihrem Unternehmen auch in einer elektromobilen Gesellschaft Wertschöpfung sichern. Das Innovationsnetzwerk FutureCar basiert auf der Zielsetzung, Zulieferbetriebe bezüglich der Positionierung in einer elekt-
elektromobilisiert.de
romobilen Wertschöpfungsarchitektur zu unterstützen. Die
Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie sowie Kom-
methodische Kompetenz und die Erfahrung des Fraunhofer
munen und Stadtverwaltungen erarbeitet und erprobt
IAO als neutrale wissenschaftliche Instanz werden genutzt,
das Fraunhofer IAO schon seit Anfang 2011 unter der
um zukünftige Trends und Entwicklungen im Umfeld Elek-
Überschrift »elektromobilisiert.de« einen Service, der
tromobilität zu identifizieren, analysieren und für die Netz-
die komplette Integration von Elektrofahrzeugen in be-
werkpartnern nutzbar zu machen.
stehende Fuhrparks umfasst. Ziel des Service ist es, den Elektromobilisierungsgrad Ihrer Flotte auf die speziellen Mobilitätsanforderungen Ihres Unternehmens abzustimmen. Durch eine professionelle, softwaregestützte Analyse und dem Testeinsatz mit vorhandenen Fahrzeugen können kostspielige Fehlinvestitionen vermieden und ein optimales Ergebnis erzielt werden.
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Kontakt Fraunhofer-Institut fĂźr Arbeitswirtschaft und Organisation IAO NobelstraĂ&#x;e 12 | 70569 Stuttgart Marius Brand | marius.brand@iao.fraunhofer.de Telefon +49 711 970-2306 Martha Loleit | martha.loleit@iao.fraunhofer.de Telefon +49 711 970-2316 Steffen Braun | steffen.braun@iao.fraunhofer.de Telefon +49 711 970-2022 www.iao.fraunhofer.de