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4.4.3 Brunnen- und Quellfassungen als Redundanzen zur Sicherstellung der Wasserversorgung

Grundsätze – Leitbild

Brunnen- und Quellfassungen sind bei ausreichender Menge bzw. Quellschüttung, Beschaffenheit und Schützbarkeit geeignete Dargebotsreserven, die als Redundanz zur Sicherstellung der Daseinsvorsorge berücksichtigt werden sollten.

Ziele – Umsetzungsstrategie

Die künftige Verwendung von Brunnen- und Quellfassungen ist konzeptionell zu prüfen, um unter Berücksichtigung der Aspekte Menge/Schüttung, Beschaffenheit und Schützbarkeit geeignete Fassungen als alternative Rohwasserquellen zur redundanten Not- und Krisenwasserversorgung zu bewahren. Brunnen- und Quellfassungen, die als redundante Fassungen für die Not- und Krisenversorgung vorgehalten werden, sind im Wasserversorgungskonzept aufzuführen.

Brunnen- und Quellfassungen, die nicht mehr aktiv für die Trinkwasserversorgung genutzt werden, sind konzeptionell zu überprüfen. Die Nachnutzung ist zu prüfen und festzulegen.

Die wasserrechtliche Erlaubnis ist erforderlichenfalls an die künftige Nutzung anzupassen.

IST-Zustand – Status quo

Quellen sind örtlich eng begrenzte Grundwasseraustritte, die je nach Art und Ursache des Zutagetretens in unterschiedliche Quelltypen und -arten klassifiziert werden. Quellen werden von der GWN und den hydrogeologischen Eigenschaften des Grundwasserleiters beeinflusst und reagieren direkt und meist innerhalb kurzer Zeiträume mit schwankenden Quellschüttungen auf Niederschlags- und Trockenheitsereignisse. Die Qualität des Wassers ist vor allem von der Mächtigkeit und der Beschaffenheit der Deckschichten, den Fließwegen und der Verweilzeit des Grundwassers im Boden abhängig.

Um Quellen für Trinkwasserzwecke nutzbar zu machen, müssen diese je nach Ausprägungsform gefasst werden. Das oft flächig im Gelände austretende Grundwasser wird gestaut und über Sammelstränge und Leitungen zumeist im Freispiegelgefälle zum Sammelschacht/Quellfassungsbauwerk geführt. Von dort aus wird es in das Versorgungsnetz oder die Aufbereitungsanlage eingespeist. Die Fassungsanlagen variieren je nach örtlichen Gegebenheiten und können z. B. Kiesschüttungen, Drainageleitungen oder Sammelschächte aufweisen, die in den Grundwasserleiter eingebunden werden. Die Mindeststandards für den Bau von Quellfassungen sind im DVGW–Arbeitsblatt W 127 festgelegt. In Sachsen wurden seit 1990 mehrere Tausend Brunnen- und Quellfassungen aus der öffentlichen und privaten Trinkwasserversorgung herausgelöst und sind nicht mehr bilanzwirksam. Gründe dafür waren vor allem der starke Rückgang des Wasserbedarfes und der Anschluss von Gemeinden an die Fernwasserversorgung.

Bei Brunnenfassungen endet die Benutzung mit dem Abstellen der Pumpen, es fließt kein Grundwasser aus der Fassung ab. Bei Quellfassungen fließt das gefasste Grundwasser weiter ab, bis die Fassung (z. B. durch ein Ventil) geschlossen oder die Fassung (teilweise) zurückgebaut wird. Nicht rückgebaute Fassungen wirken funktional weiter z. B. als Drainage für die umgebenden, oft landwirtschaftlich genutzten Flächen oder als allgemeinverfügbare Wasserdargebote.

Nach § 91 Abs. 1 SächsWG wird für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser, also auch für Brunnen- und Quellfassungen, eine Wasserentnahmeabgabe (WEA) erhoben. Die Abgabesätze sind in Anlage 5 zu § 91 Abs. 5 SächsWG aufgeführt. Für Brunnen- und Quellfassungen mit dem Verwendungszweck „öffentliche Wasserversorgung“ gilt danach ein Abgabesatz von 0,015 EUR /m³. Für Fassungen, die nicht

(mehr) der öffentlichen Trinkwasserversorgung dienen und keiner anderen Nutzung (gemäß Anlage 5) zugeführt werden, wird die WEA für die Entnahme von Wasser mit dem Abgabesatz „sonstige Verwendungszwecke“ mit 0,076 EUR/m³ festgesetzt. Auch im Hinblick hierauf werden zahlreiche Fassungen zurückgebaut, um die Kosten für die WEA einzusparen.

Rechtsgrundlage – Handlungsrahmen

§ 91 Abs. 1 SächsWG enthält die gesetzliche Verpflichtung für jede Benutzung eines Gewässers durch Entnehmen oder Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern sowie Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser die WEA zu erheben. Die erlaubnispflichtige Benutzung bei Quellfassungen liegt darin, dass Grundwasser unmittelbar und zweckgerichtet durch Vorhalten von Fassungsanlagen, Kontrollschächten, Sicker- und Rohrleitungen dem natürlichen Wasserkreislauf zumindest zeitweise entzogen und damit abgeleitet wird. Die WEA dient auch dazu, Gewässernutzer zu einer Minimierung ihres Eingriffes in den Wasserhaushalt aufzufordern, um die knappe natürliche Ressource Wasser zu schonen (Lenkungsfunktion).

Die LDS ist gemäß §§ 91 Abs. 6 Satz 2, 109 Abs. 1 Nr. 2 und 110 Abs. 2 SächsWG i. V. m. § 2 Satz 1 Nr. 35 SächsWasserZuVO für den Vollzug der Wasserentnahmeabgabe nach § 91 SächsWG zuständig.

Für Grundwasserbenutzungen aus Fassungen, die nicht mehr Teil der aktiven Versorgung sind, jedoch für die Versorgung in Not- und Krisensituationen vorgehalten werden, gilt der privilegierte Abgabesatz der öffentlichen Wasserversorgung (0,015 EUR /m³), wenn:

1) die Fassungsanlage in dem Wasserversorgungskonzept (WVK) des Trägers entsprechend ausgewiesen wurde oder die wasserrechtliche Erlaubnis für die Fassung diesen Zweck explizit ausweist und 2) die Fassungsanlage auch tatsächlich jederzeit kurzfristig und ohne umfangreiche bauliche Maßnahmen zur Wasserversorgung genutzt werden kann. In diesem Fall kommt der Aufgabenträger der öffentlichen Wasserversorgung seiner Verpflichtung aus § 42 Abs. 1 SächsWG, die Wasserversorgung mit Trinkwasser einschließlich der Versorgung in Not- und Krisensituationen langfristig sicherzustellen, nach. Die Sicherstellung der Versorgung in Not- und Krisensituationen ist (unselbstständiger) Teil der Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung.

Bei inaktiven Fassungen, welche die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllen, erfolgt die Festsetzung der Wasserentnahme nach Kennziffer 6 der Anlage 5 zu § 91 Abs. 5 SächsWG (sonstige Verwendungszwecke, 0,076 EUR /m³), sofern nicht im Einzelfall ein anderer Verwendungszweck vorliegt.

Die Erlaubnis der zuständigen Wasserbehörde zur Benutzung von Grundwasser ist nach Ende der Inanspruchnahme grundsätzlich aufzuheben oder anzupassen. Dem Erlaubnisinhaber selbst steht die Möglichkeit des Verzichts zu (§ 11 SächsWG). Die Erlaubnis geht nach § 8 Abs. 4 WHG mit der Wasserbenutzungsanlage auf den Rechtsnachfolger der Anlage über. Der Übergang ist durch den Rechtsnachfolger innerhalb von drei Monaten, soweit nichts anderes bestimmt wurde, gegenüber der zuständigen Wasserbehörde anzuzeigen (§ 8 Abs. 2 SächsWG).

Handlungsbedarf – Ausführungshinweise

Die künftige Verwendung von Brunnen- und Quellfassungen ist konzeptionell zu prüfen, um

1) unter Berücksichtigung der Aspekte Menge/Schüttung, Beschaffenheit und Schützbarkeit geeignete Fassungen als alternative

Rohwasserquellen zur redundanten Not- und Krisenwasserversorgung zu bewahren; 2) sinnvolle Funktionalitäten, wo geboten, zu erhalten (z. B. Verhinderung einer unerwünschten (Wieder)Vernässung von Siedlungsgebieten, landwirtschaftlich oder anderweitig genutzte Flächen); 3) entbehrliche Fassungen rückzubauen und damit zur Wiederherstellung eines natürlichen Gebietswasserhaushaltes beizutragen.

Soweit berechtigte Interessen für konkrete Nutzungen außerhalb der regulären Wasserversorgung (Reserve, Notwasser, Grubenentwässerung, Drainage, Fischzucht, Brauchwasser) vorliegen, sind folgende Varianten zu prüfen:

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