Menschheit, Knochen, Medizin

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Fritz Thiel

Menschheit Knochen Medizin Eine Knochenbrosch端re


Inhaltsverzeichnis • Seite 02 Einleitung • Seite 03 Comic Neandertal • Seite 04 Steinzeit bis 06 • Seite 05 • Seite 06 • Seite 07 Comic Rom • Seite 08 Antike bis 12 • Seite 09 • Seite 10 • Seite 11 • Seite 12 • Seite 13 Comic Europa • Seite 14 Mittelalter bis 16 • Seite 15 • Seite 16 • Seite 17 Comic Abendland • Seite 18 Orient bis 20 • Seite 19 • Seite 20

Mittelalterliche Handprothese. Verstellbare Fingerglieder erlauben das Formen einer Faust und Greifen.

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Menschheit, Knochen, Medizin ist eine Broschüre über die Entwicklung der Medizin im Laufe der Menschheitsgeschichte. Natürlich kann in diesem kleinen Rahmen eine solch umfassende und bändefüllende Materie nur grob angerissen werden, aber vielleicht schafft dieses kleine Buch es ja, Ihr Interesse zu wecken.

Locker auf realen Knochenfunden und wissenschaftlichen Forschungen basierend, werden vier Fälle aus vier verschiedenen Epochen der menschlichen Entwicklung rekonstruiert und als kurze Comics ins Leben zurückgerufen. Wo vorher nur graue Theorie umherwabert bringen wir nun Licht ins Dunkel. Wie sah das Leben damals aus? Wie war der Wissensstand der Menschen, was der damaligen Erkenntnisse hat sich bis heute durchgesetzt oder gar zu heutigen Errungenschaften beigetragen und was ging alles verloren? Wie wurden Veretzungen wie Knochenbrüche oder einfach Krankheiten behandelt? Und welches Volk war in welcher Epoche am weitesten entwickelt? Diese und viele weitere Fragen beschäftigen Wissenschaftler seit Jahrzehnten; in dieser Broschüre ist ein kleiner Teil dieses Wissens zusamengefasst. Nehmen Sie dieses Heft also einfach mit! Schauen Sie es sich während der U-Bahnfahrt oder im Wartezimmer oder halt zuhause an und tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der Geschichtsforschung. Und wenn Sie kein Freund des geschriebenen Wortes sind, lassen Sie sich halt von den vielen aufwändigen und an realen Vorbildern orientierten Illustrationen in ihren Bann ziehen. Sie sehen: Hier steckt Potenzial drin! Gehen Sie also nicht zu soglos mit diesem Büchlein um und bedenken Sie, dass manch einer bei der Recherche in den einsamen und staubigen Bibliotheken Alexandrias Leben und Augenlicht, oder zumindest seine wissenschaftliche Reputation aufs Spiel gesetzt hat.

Doch genug geredet, blättern Sie um und beginnen Sie mit uns die Zeitreise durch die Zeitalter der Menschheit, auf der Suche nach der Entwicklung der Medizin. Sie werden es nicht bereuen.

Auf der Rückseite dieser Broschüre finden Sie eine Auflistung von bekannten Museen in Deutschland, die sich mit der im Text beschriebenen Recherche befassen und freundlich mit Material und Rat der Entstehung dieser Broschüre beigewohnt haben.

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Kapitel I: Neandertal, spätes Pleistozän vor 1 Mio. Jahren

Wir befinden uns im Jahre 900.000 v.Chr. Die Dinosaurier sind schon vor Jahrmillionen ausgestorben, die Evolution des Menschen hat mit dem Homo Sapiens und seiner Vorspezies, dem Neandertaler, ihren Höhepunkt erreicht. Der Neandertaler wird in ein paar Tausend Jahren ausgestorben sein, der Homo Sapiens sind wir. Es ist wenig darüber bekannt, wie der Alltag eines Urmenschen ausgesehen haben könnte, aber die Forschung geht von einem harten Leben in der Natur aus, angetrieben vom alten Überlebensprinzip des Jagens und Sammelns. Auch wird davon ausgegangen, dass die Neandertaler in Familienstämmen oder kleineren Gruppen nomadisch durch die Landschaft zogen. Doch was passierte, wenn sich ein Gruppenmitglied verletzte oder krank wurde? Ohne Städte und Krankenhäuser und ständig auf Wanderschaft konnten doch keine Invaliden versorgt werden. Waren die Neandertaler schon so sozial geprägt, dass sie Rücksicht nahmen? Oder überließ man die Kranken und Verletzten sich selbst? Interssante Fragen, die durch heutige ausdauernde Forschung zumindest teilweise aufgedeckt werden konnten.

Armer Neandertaler. Der rechts dargestellte Fall wurde aus einem interessanten Knochenfund rekonstruiert: Im Gebiet um die Stadt Mettmann im wohlbekannten Neanderthal wurde das Skelett eines Urmenschen gefunden. Der Schädel wies auffällige Beschädigungen auf, die als Bissspuren eines Höhlenlöwen indentifiziert wurden; im Pleistözän eines der größten und gefährlichsten Raubtiere Europas. Der Clou am Fund aber war, dass die Knochen aufwändig drappiert gefunden wurden, mit danebengelegten Kleidungsstücken und Handwerksgegenständen. Es musste sich also um ein Neandertalergrab handeln! Der Mettmann-Fund bestätigte die schon seit längerem durch ähnliche, jedoch nicht so eindeutige Grabentdeckungen aufgestellte Theorie, dass die Neandertaler ihre Toten bestatteten. Leichen wurden verscharrt und ein Steinhaufen darüber aufgeschichtet, der wahrscheinlich Aasfresser abhalten sollte, vielleicht aber auch als Markierung oder religiöses Symbol diente. Die Neandertaler erkannten ergo die Endlichkeit des Todes und maßen dem Verlust ihrer Angehörigen Bedeutung bei, die sich von unserer heutigen Auffassung nicht sonderlich unterscheidet. Diese Tatsache wirft doch schon ein ganz anderes Licht auf diese angeblich animalische Frühmenschenrasse. Empathie war den Neandertalern ebenfalls nicht fremd. In einer abgeschiedenen Höhle im französischen Vancluse wurde das 175.000 Jahre alte Skelett eines besonderen Neandertalers gefunden. Die Knochen wiesen ihn als hochbetagt aus, quasi ein Nenadertaler-Senior. Dem Schädel fehlten jegliche Zähne, Untersuchungen ergaben, dass er sie schon in jungen Jahren ducrh eine Zahnfleischentzündung alle verloren

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hatte. Wie aber war der Frühmensch dann so alt geworden. Die Höhle wies Spuren anderer Neandertaler auf, also hatte er anscheinend nicht alleine gelebt. Seine Gruppe oder Sippe muss sich zeitlebens um ihn gekümmert haben, wahrscheinlich wurde das Essen des Alten vorgekaut. Soziales Miteinander aus der Steinzeit! In der Shanidar-Höhle im Irak wurde eine besonders spektakuläre Entdeckung gemacht: Eine gut eraltene Urmenschenmumie mit einer Knochenschiene am Arm! Durch das trockene Klima der Höhle, wurde die Leiche erstklassig konserviert, sodass Forscher feststellen konnten, dass dem Neandertaler den Arm unterhalb des Ellenbogens gebrochen hatte. Die Knochen waren jedoch fast perfekt wieder aneinandergewachsen. Der Dank gebührt dem primitiven Gipsarm. Mehrere glatt bearbeitete Rippen eines Hirsches sind mit Bändern aus Tiersehnen zu einer Stützschiene zusammengebunden, die fest am Arm des Toten fixiert war. Diese Bandage war anscheined so handwerklich geschickt angebracht worden, dass der Arm wieder genesen konnte. Fassen wir also zusammen: Die Neandertaler waren augenscheinlich um einiges weiter entwickelt, als man früher annahm. Sie wussten ihre Wunden zu versorgen und kümmerten sich um Kranke und Verletzte. Sie bestatteten die Toten und lebten gemeinschaftlich miteinander. An vielen Steinzeitmenschenskeletten wurde Schmuck aus Knochen oder Holz und Stein gefunden und Überreste von Zelten aus Astgeflecht und Tierhäuten fand man ebenfalls bei Gruppen toter Neandertaler. Vorbei der Mythos des in dunklen Höhlen am Feuer kauernden Frühmenschen. Das Einzige, was unser Bild des fortschrittlichen und in sozialen Verbänden lebenden Neandertalers, ist die Tatsache, dass Alte und Lahme zurückgelassen wurden. Knochen von alten oder wan den Beinen und Füßen verletzten und verkrüppelten Die Neandertalermumie mit der Armschiene aus Hirschrippen. Dieser besondere Fund ist ein Beweis für die hohe Entwicklungsstufe der Neandertaler, da sich am Prinzip des Knochenbruch-Schienens bis heute nichts wesentliches verändert hat.

Frühmenschen

wurden

fast immer allein gefunden, während sonst ganze Skelettgruppen entdeckt wurden. Vielleicht war diese hart erscheinende Behandlung von Schwachen jedoch nötig, um in der rauen Welt der

Steinzeit überleben zu können, da die Sippe immer auf der Suche nach Nahrung in Bewegung bleiben musste. Auf jeden Fall hat sich das Bild der Steinzeitmenschen seit seiner Entdeckung sehr zum positiven 5


gewendet. Doch das ist noch nicht alles. Die Neandertaler hatten auch erstaunlich weit fortgeschrittene Kenntnisse in der Naturheilkunde. An Zahnfunden aus der El-Sidron-Höhle haben Forscher vor Kurzem Partikel der Azulene-Pflanze analysiert. Diese ist eine bekannte Heilpflanze, die bei Zahnfleischerkrankungen desinfiziert. Genau daran litt der Urmensch. Andere Naturarzneien wie wilder Wein, Pistazien, Eicheln und Linsenwide wurden öfters bei anderen Funden entdeckt. Alle diese Pflanzen werden auch heute in der Natur- und Hausmedizin als Mittel zur Blutreinigung und Wundversorgung, oder gegen Durchfall eingesetzt, Ob sich die Homo Sapiens diese Kenntnisse von den Neandertalern abschauten und sie so im Wissen der Menschheit verankerten? Oder tauschten sich die bedien Rassen gar aus, profitierten voneinander? Skelette mit Merkmalen beider Menschenformen wurden schon entdeckt, zumindest Sex hatte man untereinander. Es bleibt also spannend, welche Erkenntnisse über das Leben vor fast einer Million Jahren wir noch lüften werden. Mit Sicherheit werden die Neandertaler uns noch viele weitere Male verblüffen.

Der Schädel des getöteten Neandertalers aus dem

Anfangscomic. Die auffälligen Bissspuren

in Stirn- und Nasenbeingegend wurden als die eines Europäischen Höhlenlöwens erkannt, eines Nachfahren des Säbelzahntigers. Der Schädel gehört zu den wichtigsten Knochenfunden von Neandertalern, da er die Begräbnistheorie der Urmenschen bestätigte. Gefunden im Neanderthal in Deutschland, wo der erste Steinzeitmensch entdeckt wurde und so den charakteristischen Namen bekam.

Bekannte Museen über Neandertaler in Deutschland: - Senkenberg Forschungsinstitut und Naturkundemuseum - Neanderthal Museum Nähere Infos auf der Rückseite

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Kapitel II: Rom, Antike 300 v.Chr. bis 200 n.Chr.

Wir machen einen Sprung um mehrere hunderttausend Jahre näher an die Gegenwart. Wir sind in der Antike, die Zeit der frühen Hochkulturen wie Ägypten, Athen und Rom. Während wir Ägypten im letzten Kapitel kennenlernen, bleiben wir jetzt im europäischen Mittelmeerraum, bei den Griechen und Römern. Während über die Steinzeit nur wenige Informationen handfest belegbar sind, ist unser heutiger Wissensstand über die Antike doch recht ansehnlich. Die Menschheit hat es mittlerweile weit gebracht: Riesige Städte mit tausenden von Einwohnern wurden erbaut, der Ackerbau und das Rad erfunden, Schrift, Mathematik, Handel und Religion sind die neuen Gebiete der Menschen. Die Wissenschaft entwickelt sich langsam aber stetig und wird bald Grundlagen liefern, auf denen unsere heutigen Wissensreserven eindeutig beruhen. Neben der Technologie wird auch die Medizin immer weiter vorangebracht, auch wenn der Kenntnisstand dem der arabischen Länder weit nachsteht. Doch dazu später mehr. Wie es in der Antike im Bezug auf die Medizin nun genau zuging und wieso all die erworbenen Kenntnisse beim Übergang ins Mittelalter plötzlich wider verlorengingen, werden wir jetzt erfahren.

Zuerst einmal muss man die Antike einteilen. In Griechenland und Rom. Rom hat alle seine Kenntnisse von den Greichen erlernt, weswegen diese getrost als Pioniere des europäischen Wissens bezeichent werden dürfen. Die Story auf der rechten Seite spielt in Rom, in einer Arena, wo Kämpfe zur Belustigung des Volks ausgetragen werden. Die Kämpfer, sogenannte Gladiatoren sind meist Sklaven oder gefangene Verbrecher, die durch die Wettkämpfe eine Alternative zum Tod geboten bekommen. Naja, irgendwie ja auch nicht. Aber man hat eine Chance zu überleben, wenn man gut kämpft und kann es als Gladiator soagr wirklich weit bringen. Denn der Status, den bei uns heute Popstars und bekannte Profisportler innehaben, gilt damals in Rom den Arenakämpfern. Darum bekommen die Gladiatoren auch eine echt gute medzinische Bahndlung nach den Kämpfen. Verletzungen aller Art werden gewissenhaft behandelt, da der Star, der die Zuschauermassen in die Arena lockt, ja nicht elendig an einer Blutvergiftung oder einem verkrüppelten Bein verrecken soll. Als Arenakämpfer hat man also ein besseres Leben als die meisten einfachen Bürger in Rom, wenn auch ein berufsbedingt kurzes. Doch wie kamen die Menschen an dieses fundierte medizinsiche Wissen? Jedenfalls nicht von irgendwoher, denn der Weg dahin war alles andere als einfach...

Lange gab es in der Antike gar keine Ärzte im herkömmlichen Sinne. Es gab sogenannte Landärzte, meist Gelehrte mit einem Landhaus, die als Tierarzt und Heiler fungierten. Diese Familienbetriebe gaben ihr Wissen von Generation zu Generation weiter, sodass sih mit der Zeit eine grundsätzliche Hausmedizin

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herausbildete, die später als Grundlage für weitere Entwicklungen diente. Arzneien wie Kohl und Wein und mannigfaltige Heilkräuter sind schon bekannt. Als zweites gibt es Wanderärzte, meist Scharlatane ohne Ausbildung, die durch die Lande ziehen und ihr Wissen gegen Geld anbieten. Diese profitorientierten Blender bringen dem Ärztestand auch seinen schlechten Rufein, aus Angst vor brutalen und ekligen „Heilungsmethoden“ wird der Arztbesuch meist gemieden - während die Griechen also misstrauisch sind, haben die Römer überhaupt keine Ärzte und wenn doch mal einer vorbeikommt wird er als Henker verschrieen (lat. carnifex). Die frühe Antike wird bisweilen verklärter und überschätzter daregstellt, als sie in Wirklichkeit gewesen sein muss. Ironischerweise sind es schließlich die Wanderärzte, die auf ihren Reisen wirkliches Wissen aus Arabien und der Türkei mitbringen und so der Medizin das benötigte Grundgerüst zusammentragen. Der erste namhafte Arzt der Antike ist der Grieche Asklepios, auch Äskulap genannt. Bis heute gilt der Äskulapstab als Symbol der Medizin und wird in vielen Logos von Apotheken und Krankenhäusern verwendet. Äskulap verhilft der Medizin zur Salonfähigkeit, in Griechenland gibt es schon bald einen Ärzteboom, der auch auf Rom überspringt. Mit der Gründung des römischen Kaiserreichs, werden einige Ärzte um die Stadt herum angesiedelt, damit die Gesundheitsversorgung in Zukunft gewährleistet sei. Schnell werden Mediziner auch ins Militärwesen eingegliedert, Feld- und Sanitätsärzte begleiten von nun an die römischen Legionen auf ihren Heerzügen zur Welteroberung. Während die Sanitäter Wunden im Feld versorgen, sich aber nicht um Krankheiten und Operationen kümmern, begleiten nur wenige Feldärzte eine Armee. Im augustinischen Heer kommen auf einen Arzt 1000 Soldaten und 30 Sanitäter auf 100 Mann. Von den Feldärzten stammt auch der Begriif des Feldlazaretts: Diese Zeltstätten zur Krankenversorgung waren mobiles Krankenhaus und Ausbildungsstätte angehender Sanitäter zugleich. Die Normalbürger Roms haben stattdessen Sklaven, die als eigener Hausarzt dienen. Trotz ihrer Unfreiheit genießen diese ausgebildeten Skalen ein relativ hohes Ansehen und einen guten Lebensstandard. Die vielen Sklavenärzte führen auch dazu, dass in der gesamten Antike, der Arztberuf ein handwerklicher Berufsstand bleibt und nicht als Wissenschaft anerkannt wird. Interessant ist auch, dass es weibliche Ärztinnen gibt, in Athen genauso wie in Rom. Diese arbeiten als Frauneärzte und Hebammen, haben jedoch nicht das Recht, medizinsiche Forschungen zu betreiben und wissenschaftliche Texte zu veröffentlichen. Dies ist ungerechterweise den Männern allein vorbehalten. Doch genug davon. Wenden wir uns leiber den zwei wichtigsten Ärzten der Antike zu: Hippokrates und Galen! Damals war es der Glaube, dass sämtliche Krankheiten eine von den Göttern geschickte Plage seien. Sie sind alle der Büchse der Pandora entsprungen, als diese zur Bestrafung der Menschen geöffnet wurde. Der Grieche Hippokrates von Athen stellt sich als Erster gegen diese Theorie. Als Gelehrter und Anhänger der jonischen Naturheilkunde erkennt er Krankheiten als ein durch falsche Behandlung des Körpers her9


vorgerufenes Übel. Viele seiner Behandlungsmethoden bestehen darum aus Diäten und Dampfbadkuren, was später zu den vielen Thermalbädern der Römer führen soll. Doch auch die anderen damals häufigen Krankheiten wie Arthrose, Arthritis, Abszesse, Gallen- und Blasensteine und Zahnprobleme schafft Hippokrates zu behandeln. Er forscht über Skorbut, Lepra und Syphilis und versucht, einen Vorläufer des heutigen Streckverbandes zu entwicklen, da damals Beinbrüche zu dauerhafter Verkrüppelung führten, da sie nicht schienbar waren und seziert tote Tiere, um Anatomie zu verstehen. Seiner Ansicht nach ist der Arzt nur ein Diener der Natur, der den Körper in seinen Urzustand widerherstellen soll. Von Hippokrates stammt auch der „Eid des Hippkrates“, eine Eidesformel, die den Arzt zur Schweigepflicht über den jeweiligen Patienten verpflichtet. Noch heute müssen Berufsärzte vor ihrem Berufsantritt auf diese Formel schwören. Die jonische Medizin wird durch den Gelehrten auf ihren Höhepunkt getragen, viele Krankheiten und Probleme werden in diesem Boom gelöst.

Hippokrates von Athen revolutioniert die antike Medizin

Verblüffendes am Rande: 91 v.Chr. wettert der römische Arzt Asklepiades gegen Hippokrates und seine Theorie des ungesunden Lebenswandels. Asklepiades sieht den Ursprung von Krankheiten in der Natur selbst, da der Körper aus Millionen von Teilchen bestehe und diese, falls nicht im Einklang, Störungen der Physis hervorrufen. Diese Idee fand damals nicht viel Anklang, heute ist das ja was anderes.

Hippokrates ringt um den Titel als wichtigster Medizinrevolutionär der Antike mit Claudius Galen. 150 n.Chr. ist Galen der erste Arzt, der Medizin herstellt. Dank chemischer Kenntnisse mischt der Römer Impfstoff- und Medizincocktails, frei nach dem Ansatz, möglichst viele Stoffe mit positiven Wirkungen zusammenzuführen, damit sich der Körper die passenden aussuchen kann. Eine gewagte Theorie, die aber in der Praxis großen Anklang findet. Galen schafft es gar, ein Universalgegengift zu brauen, welches er „Theriak“ nennt. Dieses Gegengift verkauft sich unheimlich gut und bringt ihn bis an den Hof des Kaisers Marc Aurel, der ihn als Leibarzt arrangiert. Marc Aurel trinkt täglich eine Flasche Theriak, da er auf ständiger Hut vor Giftanschlägen seiner zahlreichen Feinde ist. Claudius Galen ist also eine Art früher Apotheker und zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist. über den Tellerrand zu blicken und verschiedene Forschungszweige wie Medizin und Chemie miteinander zu verbinden. In seinem späteren Leben schafft er es, gezielt Medizin gegen jeweilige Erkrankungen herzustellen, eine Revolutionierung Wissenschaft, die sich erheblich auf die Zukunft ausgewirkt hat. Wenn im Spätmittelalter und der Renaissance die Apothekenkunst Schule macht, ist Galens Erbe ein wichtiger Bestandteil 10


Galen seziert ebenfalls Tiere, um die Anatomie des Menschen zu erfassen. Jedoch macht er die Sache mit lebendigen Tieren, um die Funktion der Organe zu untersuchen. Für diesen unheimlich qualvollen Prozess werden die Tiere auf Streckplatten gespannt und geöffnet. In der Antike war das Sezieren von toten und lebendigen Menschen, meist Verbrechern, ebenfalls weit verbreitet und noch nicht mit dem Dogma der christlichen Kirche belegt wie später im Mittelalter. Doch anscheinend hat Galen diese Praxis nie durchgeführt, da seine Aufzeichnungen alle auf Tieranatomien beruhen. Im Endeffekt ist es also wirklich schwer, zwischnen Hippokrates und Galen den größeren Arzt zu bestimmen.

In der Antike hatte man auch schon Sezierbesteck, die Greichen fertigten ihre sehr feinen Instrumente aus Bronze, die Römer aus Eisen. Knochenbrüche konnten in der späteren Antike gezielt per Trepanation geschient werden. Trepanation Claudius Galen entwickelte in der Spätantike gezielt Medikamente

bedeutet, dass zuerts der Bruch auf weitere Teilbrüche untersucht wird. Dann streckt man das betroffene Glied, damit sich die Sehnen nicht während des Heilungsprozesseses verkürzen

und schient es fest in der richtigen Position. Zum Schluss wird ein schützendes und tragendes Tragetuch umgelegt. Diese Technik hat sich bis heute eigentlich nicht mehr groß verändert. Patienten wurden mit Opium oder Chinin narkotisiert, wenn sie Glück hatten, es war aber auch üblich, ohne Betäubung zu behandeln und auf die irgendwann einsetzende Ohnmacht zu warten.

Mit Galen erreichte die Kunst der Medizin ihren absoluten Höhepunkt in dieser Epoche, aber gleichzeitig auch ihr Ende. Der Untergang des Römischen Reiches und der Epochenübergang ins Mittelalter bedeuteten das Aus für die ganzen bis dato erreichten Erfolge, die meisten Erkenntnisse gerieten unerklärlicherweise in Vergessenheit. Es wird Jahrhunderte bis ins Spätmittelalter dauern, bis der Wissensstand Anopheles-Mücke, Überträger der tödlichen Malariavi-

der Ärzte wieder das hohe Niveau der Antike

rus. Hat eine Epidemie das Rom in die Knie gezwungen?

erreicht hat.

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Bis heute ist es ein ungeklärtes Rätsel, was den abrupten Abstieg der römischen Hochkultur genau verursacht hat. Das Weltreich war zu groß geworden, die unterjochten Völker erkämpften sich nach und nach ihre Freiheit zurück und griffen gar Italien selbst an. Die Dekandenz hatte die Römer unvorsichtig werden lassen. Es gibt auch die Theorie, dass eine Malariaepidemie Rom nach und nach entvölkerte und schwächte oder Bleivorkommen im allseits bei den Römern beliebten Wein reihenweise zu tödlichen Vergiftungen führte. Fest steht, dass der Niedergamg Roms eine Katastrophe für die Medizin darstellt.

Römisches Sezierbesteck. Diese unheimlich genauen Instrumente haben sich bis zur Renaissance in Europa nicht weitgehend verändert, die Form war auf perfekte Handhabung abgestimmt.

Von links nach rechts: - Aushöhler/ Kratzer - Wundspreizer - Skalpell - Nadel mit Ablaufkanüle - Knochenhammer - verstellbare Pinzette - Schädelmeißel

Deutsche Mussen über die Antike: - Römisch-Germanisches Museum Köln - LVR- RömerMuseum und Archäologischer Park Xanten - Museum Schloss Wilhelmshöhe (Griechische Kultur)

Nähere Infos auf der Rückseite 12


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Kapitel III: Europa, Mittelalter 15, Jhr.

Und wieder bewegen wir uns näher an unsrer Gegenwart heran. Unsere Zeitreise ist so gut wie abgeschlossen, viel näher kommen wir unserer Zeit heute nicht mehr. Im finsteren Mittelalter, in dem iwr uns gerade befinden, sieht es nur auf den ertsen Blick so finster aus. Zwar hat sich der Technologie- und Wissensstand mit dem Ende der Antike rapide zurückverwandelt, aber im Laufe des Mittelalters wird sich der alte Standard wiederherstelen. Das Christentum ist auf dem Weg eine der Weltreligionen zu werden, Kirche, Kreuzzüge, Inquisition und Aberglaube sind Kapitel, die im Mittelalter großgeschriben werden. Armut und Ständegesellschaft, Könige und Rittertum und die allseits zu Recht gefürchtete Pest werden später diese Epoche prägen. Wo wir gerade bei Pest sind? Wie sieht es mit der Medizin aus? Hat die Wissensrekonstruktion der Antke schon ihren Lauf genommen? Finden wir es heraus.

Oh, das ist aber ein übles Schicksal! Mit dem armen Soldaten rechts möchte man wohl nicht gerne tauschen. Aber Moment! Was ist da los? Auf Seite 7 haben wir gesehen, wir dem Gladiator am Arm ein offener Bruch geschinet und erfolgreich versorgt wurde. Und hier gleich eine Beinamputation, obwohl es sich quasi um die gleiche Wundart handelt? Betrug! Zeter und Mordio! Falsch. Der Comic hat schon seine Richtigkeit. Im Mittelalter ist nämlich, wie vorher schon ausführlich erwähnt, ein Großteil der medizinischen Wissens aus der Antike verlorengegangen. Amputationen sind die gängige Behandlung bei Knochenbrüchen, da man Verwachsungen und Blutstauungen nichts entgegenzustezen hat. Wunden werden ausgebrannt, anstatt umständlich gereinigt und versorgt zu werden. Die allgemeine Hygiene ist auf einem unschön niedrigem Niveau, was Blutvergiftungen und Wundbrand geradezu garantiert. Jedoch liegt dieser unbedarfte Umgang mit dem Körper und seiner Versorgung nicht etwa an Dummheit oder Arroganz der Menschen, viel eher ist im Mittelalter eine gewisse Grundeinstellung dem physischem Wohl gegenüber Schuld. Die Prioritäten sind anders gesetzt, Wunden und Krankheiten als gottgegebene Bestrafung angesehen. Auch macht der gesellschaftliche Stand einen großen Unterschied aus: Ein hochgestellter Adliger bekommt eine weitaus bessere Behandlung als ein einfacher Landsknecht oder Bauer. Wahrlich, das sind harte Zeiten. Im Mittelalter hat sich wieder eine allgemein wirksame Art von Hausmedizin etabliert. Ärzte sind sogenannte Bader, die meist von Stadt zu Stadt ziehen und ihre Hilfe anbieten. Darunter sind wie üblich viele Trittbrettfahrer, die eher eine Show mit eigenartigen Zaubertricks und Geschichten präsentieren und selbstgemachtem Wunderarzneien unter den Menschen verkaufen. Aber es gibt auch wirkliche fahrende Ärzte, Menschen, die auf ihren Reisen Wissen ansammeln und die Gebrechen der Menschen zu behandeln

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wissen. Im Verlauf des Mittelalters und vor allem durch die Erschließung des Nahen Ostens durch die Kreuzzüge, wird somit allmählich wieder eine umfangreiche medizinsiche Wissenschaft aufgebaut. Doch die Forschung ist erschwert: Modewissenschaft ist die Alchemie mit ihrem Versprechen von chemisch herstellbarem Gold, das Öffnen des menschlichen Körpers für Operationen und Vivisektionen als Ketzerei geahndet und Misstrauen und Aberglaube den Ärzten gegenüber hemmen jeglichen Fortschritt. „Der Arzt, welcher die Heilkräfte der Wurzeln kennt, ist ein Mensch; der, welcher die des Wassers und des Feuers kennt, ein Dämon; wer die Kraft des Gebetes kennt, ein Prophet; des Quecksilbers, ein Gott.“ Dieser Auszug aus der Rasaratna Somsclayem fasst die Situation eigentlich ganz gut zusammen. Trotzdem gibt es einige interessante Behandlungsmethoden im Mittelalter. Zum Beispiel lernt man, mit Wein, Terpentin und Rosenwasser Wunden zu Desinfizieren. Klebende, verklumpende Substanzen wie Eiweiß und Honig oder ungelöschter Kalk werden in Umschlägen auf offene Wunden zur Blutstillung gelegt. Und Nadel und Faden zum Zunähen sind ebenfalls bekannt, gewachste Fäden Beinprothese ab Knie

hemmen die Narbenbildung, da sie weniger rauh als herkömmliche sind. Solcher

Abwärtsamputierte

Luxus war jedoch, wie so vieles in dieser Zeit, den Reichen und Wichtigen verbe-

halten. Mit extra angefertigten Glüheisen kann man gezielt beim Ausbrennen von Wunden Arterien zerkochen und Blutegelkuren zum Blutreinigen sind auch heute noch eine oft angeandte Behandlungsmethode. Weit verbreitet ist der sogenannte Aderlass: Kontrollierte, kleine Schnitte lassen geringe Mengen Blut auslaufen; was den Körper dazu anregt, neues, sauberes zu produzieren und den Kreislauf zu regenerieren, Aus heutiger Sicht weiß ,man auch, dass beim Aderlass der Eisenanteil im Bluthaushalt sinkt und sich somit Bakterien nicht mehr verbreiten können.Diese Technik wurde oft von den Badern als Allzweckmittel angewandt, was sie auch dem normalen Volk zugänglich machte. Obendrein wurde vor dem Aderlass mehrere Stunden gebadet, um die Blutverdünnung anzukurbeln, was für die Menschen einen angenehmen Luxus darstellte. Leider nutzten auch viele Scharlatane diese Methodeund versorgten die Schnitte danach nicht richtig, was Blutvergiftungen oder zu hohen Blutverlust zur Folge hatte. Im Lorscher Arzneibuch aus dem Jahre 788 wird der Aderlass mit vielen anderen medizinischen Eingriffen dieser Epoche genauetsens beschrieben. Fußprothese. Man kniete

Auch heute noch wird dieses umfassende Werk gelesen und berücksich-

einbeinig auf dem Schemel

tigt. So findet sich im Arzneibuch eine Anleitung zur Tumorentfernung: 15


Das Schädelbohren. Unter Vollnarkose, die im Mittelalter durch Vollsuff erreicht wurde, wird em Patienten mit Hammer und Meißel der Schädel an einer kleinen Stelle geöffnet und mit einem Bohrer der Tumor gepackt und entfernt. Danach wird Haut über das Loch genäht. Eine erstaunlich ausgefeilte Technik, die heute noch manchmal bei Schlaganfallpatienten Verwendung findet, um den Hirndruck zu vermindern. Das Schädelbohren wurde jedoch auch als Exorzismus

Die Vier-Säfte-Lehre. Grundlage der mittelalterlichen Medizin.

praktiziert, da man amals glaubte, dass die Dämonen sich im Kopf des Besessenen verstecken mussten. Zu guter letzt sein noch erwähnt, dass im finsteren Zeitalter eine große Menge herkömmlicher und einfach zu beschaffender Arzneien bekannt war. Da es schwer war, teure und seltene Medikamente zu bekommen, musste mit alltäglichen Substanzen gearbeitet werden. So wurden beispielsweise Wundumschläge mit einem Sud aus Nesselwasser, Schafsgarbe und Dill begossen, da sie so eine blutstillende Wirkung bekamen. Auch die Klostermedizin machte wichtige Entdeckungen: jodhaltiger Seetang wurde gegen Kropfbildung verzhrt, heute nehmen wir Jodtabletten. Lebkuchen wurde gegen Fieber gegessen, der viele Zimt hielt Krankheitsüberträger wie Zecken, Mücken und Würmer fern, auch das Vieh wurde mit Lebkuchen gefüttert. Besonders kurios: Auf einem Gemisch aus Schafskot und Honig züchtete man bestimmte Schimmelpilze, die in Wunden eingerieben wurden, um Bakterien abzutöten. Heute wissen wir, dass diese Pilze Penicillin enthalten! Diese Arzneischule nennt sich Klostermedizin, da sie hauptsächlich von Mönchen und Nonnen entwickelt wurde, dderen Klöster zu damaligen Zeiten auch als Krankenhäuser und Kurorte dienten. Eine bekannte Vertreterin ist Hildegard von Bingen, auf deren Lehren auch heute noch viele Anhänger schwören.

Deutsche Museen über das Mittelalter: - Museum im Zeughaus Vechta & Erstes Zentrum für experimentelles Mittelalter - Landesmuseum Stuttgart Nähere Infos auf der Rückseite 16


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Kapitel IV: Mittelalter, Abendland 14. und 15 Jhr.

Kommen wir nun zum letzten Abschnitt unserer Zeitreise. Wir bewegen uns nicht mehr in die Gegenwart, sondern bleiben im Mittelalter, aber dafür wechseln wir den Ort. Aus dem kalten Europa ziehen wir übers Mittelmeer nach Ägypten und von da in die Arabischen Länder, damals Abendland genannt. Wahrend in Europa zu Beginn des MIttelalters die allgemeinen Umstände und das Medizinwesen höchst unerfreulich dastehen, boomt im Abendland die Forschung und die Wissenschaft. Alles, was die Europäer gelernt haben, wurde von Reisen und berichten aus Arabien, Asien und Ägypten mitgebracht. Um also zu verstehen, wie sich der Kenntnisstand der Medizin im Laufe der Menschheitsgeschichte verändert hat, muss mit an die Quelle de Ganzen gehen. Und spätestens seit „Der Medicus“ die Bestsellerlisten stürmte, wissen auch die Meisten, dass der Unterschied zum Wissensstandard in Europa zu dem des Abendlandes sich nicht auf Details beschränkt, sondern dazwischen wahrhaft Welten liegen. Entdecken wir das Abendland!

Starten wir unsere Beobachtung im frühen Ägypten. Die Ägypter waren die erste Hochkultur neben den Babylonieren und anderen Völkern, doch sind sie auf jeden Fall die bekannteste. Schon vor den Griechen bauten sie monumentale Bauten und Städte und hatten ausführlichste Kenntnisse auf den Gebiten der Wund- und Krankheitenbehandlung. Quasi hatten die Ägypter sogar eine ähnliche Ärztehierarchie wie später die Römer, es gab Heeressanitäter, ausbildende Oberärzte, Frauen als Ammen und Gynäkologen und für die meisten Gebiete Spezialärzte wie Zahn- oder Augenarzt. Im Gegensatz zu den Römischen Ärzten, waren die ägyptischen jedoch sehr hoch angesehen und hatten auch einen dementsprechenden hohen Rnag in der Bevölkerung inne und wurden in speziellen Tempeln ausgebildet. Die ägyptische Heilkunst lässt sich am einfachsten als Mischung aus Handwerk, Wissenschaft und religiöser Magie beschreiben. In ägyptischen Gräbern, wo die meisten Funde grandios konserviert geborgen werden konnten, fand man beispielsweise hochtechnologische Prothesen, die auf eine genaue Kenntnis von Bewegungsabläufen und Körperfunktionen schließen lassen, eine frühe Art der Orthopädie sozusagen. Die medizinische Forschung war, wie bereits gesagt, den Griechen und Römern der Antike um Jahrhunderte voraus, sämtliche Erkenntnisse aus dem zweiten Kapitel lassen sich theoretisch auf die Ägypter zurückführen. Die MAgie zu guter letzt mag heute zwar fragwürdig erscheinen, wird jedoch früher ihrem Zweck gedient haben. Ärzte waren gleichzeitig ja eine Art Priester oder Weiser, weswegen eine gewisse abgehobene und

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mystische Aura ihre Stellung dem Patienten gegenüber betont haben dürfte. Im Papyrus Ebers, einem mittlerweile komplett übersetzten antiken Schriftstück, werden einige der Heilungszauber beschrieben, unter anderem ein Vorführen des Patienten vor die Götter, auf dass sie selbst ihn in Augenschein nehmen und über sein Schicksal entscheiden können. Oder das Übertragen der Leidens vom Patienten auf ein lebendiges Tier durch ein aufwändiges Ritual. Solche Methoden dürften einen gewissen Placeboeffekt bewirkt Ägyptische Zehenprosthese. Eine moderne Rokonstruktion zeigte, dass die Prothese sich perfekt der Abrollbewegung des Fußes anpasst.

haben. Einzig die Tatsache, dass die Ägypter keine anatomischen Un-

tersuchungen an Toten vornehmen durften, hemmte den Wissensfortschritt. Aufgrund religiöser Verbote des Totenkultes waren Sektionen strengstens geächtet, wodurch die Ägypter nur sehr rudimentäre Anatomiekenntnisse besaßen. Was ihrem gewichtigen Erbe jetzt keinen Schaden zufügt.

Wenn wir nun die Antike endgültig verlassen und uns in den Orient begeben, haben wir die Hochburg der Wissenschaft und Medizin erreicht! Das Abendland war dem mittelalterlichen Europa um mehrere Jahrhunderte voraus und im Endeffekt soagr fortschrittlicher als die Ägypter. Heute weiß man, dass der Arzt Ibn an Nafis den Blutkreislauf schon 400 Jahre vor der bisher datierten Entdeckung durch Harvey erforscht und bestimmt hatte. Im arabischen Reich, was sich z Zeiten des Mittelalters bis zum Nepal erstreckt, gibt es ganze Universitäten, die sich der Medizinforschung widmen und Studenten als Ärzte ausbilden. Ebenfalls gibt es im Abendland schon KranEtruskicher Zahnersatz. Affenzähne, die in ein Goldband eingesetzt sind, da Gold nicht rostet.

kenhäuser, die sogar nach Staionen für die verschiedensten Leiden aufgebaut sind. Je nach Fachgebiet arbeiten Ärzte dann fest

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auf dieser Station. Interessant ist, dass die Ärzte schon eine Visite machen, also den Patienten über längere Zeit persönlich behandeln und seine Genesung überwachen. In Europa war dies nicht Gang und Gebe, nach einem Baderbesuch war man auf sich allein gestellt. Dass Arzneikenntnisse und Medikamentforschung auf fast heutigem Niveau waren, braucht man ja eigentlich gar nicht mehr zu erwähnen. Kaffee

ist

als

Herzmit-

tel gern gesehen und Betäubungen

werden

mit

einem speziellen Narkoseschwämmchen

durch-

geführt, welches mit Opium, Bilse und Mandragora durchtränkt

ist.

Chemie

Anatomische Anleitung aus Lehrbuch Abbinden, Nerven durchtrennen, verbinden

wird ebenso praktiziert und das Dogma der Leichensektionen haben die Araber schon vor 600 JAhren überwunden, sodass die anatomsichen Kenntnisse die Grundlage für unsere heutigen darstellen. Im Medizinmuseum in Damaskus kann man ein typisches Sezierbesteck bestaunen, welches fast wie aus der Neuteit aussieht, obwohl es vor Jahrhunderten hergestellt wurde.Fest steht, in Sachen medizinischer Forschung macht dem Orient keiner was vor. Der wohl bekannteste Arzt des Abendlandes dürfte Avicenna sein, auch Ibn Sina genannt, dessen Lehren und Erkenntnisse noch heute unangefochten gelten. Er ist gleichzeitig Arzt, Philosoph und Gelehrter und reist viel durch die Welt, immer auf der Suche nach Antworten. In einem Mammutprojekt verfasst Ibn Sina seinen „Kanon der Medizin“, einen katalog aller bekannten HEilpflanzen mit genauer Beschreibung und Auflistung all ihrer möglichen Mischungen und den daraus resultierenden Arzneien. Der Kanon ist auch heute noch eines der wichtigsten Hauptwerke der modernen Medizin. Deutsche Museen zum Abendland: - Staatliches Museum für Völkerkunde München - Pergamonmuseum Nähere Infos auf der Rückseite 20


Museumsliste

Steinzeit: - Senkenberg Forschungsinstitut & Naturkundemuseum Senkenberganlage 25 60325 Frankfurt

www.senkenberg.de

- Neanderthal Museum Talstraße 300 40822 Mettmann www.neanderthal.de

Antike: - Römisch-Germanisches Museum Roncalliplatz 4 50667 Köln

www.museenkoeln.de

- LVR - RömerMuseum & Archäologischer Park Xanten Siegfriedstraße 39 46509 Xanten www.apt.lvm.de

- Museum Schloss Wilhelmshöhe Schlosspark 1 34131 Kassel

www.museum-kassel.de

Mittelalter: - Landesmuseum Württemberg Schillerplatz 6 70173 Stuttgart

www.landesmuseum-stuttgart.de

- Museum im Zeughaus Vechta & Zentrum für experimentelles Mittelalter Zitadelle 15 49377 Vechta

www.museum-vechta.de www.mittelalter-zentrum.de

Abendland: - Staatliches Msueum für Völkerkunde München Maximilianstraße 42 80538 München www.völkermuseum-muenchen.de

- Pergamonmuseum Am Kupfergraben 5 10117 Berlin

www.museumsportal-berlin.de


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