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DIE PFLEGE ALS SCHLÜSSEL
Akademisierung und Internationalität für mehr Anerkennung der Gesundheitsberufe
Die Pflegeberufe in Deutschland müssen aufgewertet werden. Das macht nicht zuletzt die Corona-Krise deutlich. Die Akademisierung der Pflege soll den gewünschten Wandel fördern. Das zieht auch Interessenten an, die eine herkömmliche Pflegeausbildung sonst nicht ins Auge gefasst hätten. ›› Text: Tamara Kämmerer
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Jahrelang stand die Pflege unter keinem guten Stern. Zu wenig Anerkennung und Wertschätzung in der Gesellschaft machten den Beruf der Pflegefachkraft in Deutschland unattraktiv. Im weltweiten Vergleich übernehmen Pflegekräfte in anderen Ländern, beispielsweise in Lateinamerika oder Vietnam, mehr Verantwortung im Krankenhaus als in Deutschland. So wird das Waschen der Patienten dort von Servicekräften durchgeführt, während Pflegefachkräfte mehr Behandlungsspielraum aufgrund ihrer medizinischen Kenntnisse haben. Experten erklären diese Diskrepanz durch die verbreitete gesellschaftliche Ansicht, dass Pflegende im Klinikteam nur dann Eigenverantwortung übernehmen können, wenn sie eine akademische Ausbildung vorweisen. Während Gesundheits- und Krankenpfleger (kurz: GuK) im Ausland zwischen acht und zehn akademische Semester absolvieren, dauert die schulische GuK-Ausbildung in Deutschland „nur“ drei Jahre. Ein Studium im Gesundheitsbereich in Deutschland beinhaltet aber bisweilen nicht genug Praxiseinheiten, um mit einer Ausbildung mitzuhalten. Einer Pflegeausbildung wiederum mangelte es bislang an Anerkennung. Die Pflegebranche gesellschaftlich aufzuwerten, ist lange überfällig. Darüber ist sich nun auch die Politik einig und verabschiedete zu Beginn des Jahres 2020 das Pflegeberufegesetz. Ab sofort qualifiziert neben der Ausbildung auch ein Studium mit integriertem praktischem Anteil zum Beruf des Pflegefachmanns bzw. der Pflegefachfrau. Die wissenschaftliche Ausbildung soll sicherstellen, dass notwendige Handlungskompetenzen vermittelt werden, die im herkömmlichen Ausbildungssystem nicht erworben werden können. Rund 300 Studiengänge im Gesundheitsbereich bieten deutsche Hochschulen zurzeit an. Dazu zählen Pflege, Hebammenkunde, Therapieberufe und Gesundheitsmanagement. Letzteres studiert Carolina Martinez (30) an der FOM in Frankfurt. Die Kolumbianerin ist gelernte Zahntechnikerin und seit 2009 in Deutschland. Als sie vor über zehn Jahren ihr Heimatland verließ, ging sie mit dem Plan, innerhalb eines Au-Pair-Jahres Deutsch zu lernen und zurückzukehren. Doch nach dem einem Jahr kamen weitere 18 Monate FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr), die sie in Seniorenheimen in Bayern und Hessen absolvierte. Nebenbei besuchte sie einen Deutschkurs an der Volkshochschule. Anschließend folgte die Ausbildung zur GuK an der Gesundheitsakademie in Bad Soden. „Von 25 Pflegerinnen und Pflegern bestanden nur 20 die Probezeit“, erinnert sich Carolina. Das habe sie damals sehr schockiert. Gleichzeitig sei sie stolz gewesen, hatte sie doch sprachlich einen deut
lichen Nachteil zu ihren Kommilitonen und Kommilitoninnen. „Dass ich es geschafft habe, liegt sicher auch an meiner Grundeinstellung. Ich bin davon überzeugt, dass man alles schaffen kann, wenn man es wirklich will. Die Pflege war, ähnlich wie die Sprache, mein Schlüssel zu einem bereichernden Lebensabschnitt.“
Auch heute denkt sie noch gerne an die Zeit als Pflegerin zurück. Sie liebte den Beruf, trotz Schichtdienst, Feiertags- und Wochenendarbeit. Und dennoch orientierte sie sich erneut um, um sich weiterzuentwickeln. „Seit 2018 arbeite ich als Junior-Kundenberaterin bei der Capitalent Medical GmbH in Frankfurt“, erzählt die examinierte GuK weiter. „Meine Aufgabe ist es, den Personalbedarf an deutschen Kliniken durch qualifizierte und hochmotivierte Pflegefachkräfte zu besetzen. Ich freue mich, dass ich damit weiterhin Menschen helfen kann – und dass ich den Pflegebereich verbessern kann.“ Von ihrem Studium verspricht sie sich vor allem, das Gesundheitssystem besser zu verstehen und es aktiv mitzugestalten. Die Akademisierung der Pflege kann dieses Ziel nur fördern.
›› Die Pfl ege war, ähnlich wie die Sprache, mein Schlüssel zu einem bereichernden Lebensabschnitt ‹‹ Carolina Martinez
WO KANN ICH IN FRANKFURT PFLEGE STUDIEREN?
Bachlor Pflege FOM Frankfurt
Die professionelle Pflege in den deutschen Krankenhäusern und in den Senioreneinrichtungen erweitert ihre Kompetenzen. Darauf sind mittlerweile auch einige Studiengänge ausgelegt, beispielsweise der berufsbegleitende Bachelor of Arts (B.A.) Pflege an der FOM in Frankfurt. Er soll die Pflegenden auf die immer komplexeren Pflegesituationen in den unterschiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens vorbereiten. In sieben Semestern erwerben die Studierenden wichtige Kompetenzen, um auch bei steigenden Anforderungen eine gleichbleibend hohe Pflegequalität sicherzustellen. Die Schwerpunkte liegen auf der Steuerung klinischer Prozesse, der Pflegediagnostik und -intervention sowie den Rechtsfragen im Gesundheits- und Sozialsystem. Absolventen qualifizieren sich für die Übernahme steuernder und patientennaher Fachaufgaben. Wer vor Studienbeginn eine Pflegeausbildung abgeschlossen hat, steigt automatisch im dritten Semester ein und verkürzt damit das Studium auf fünf Semester.
Eine weitere Möglichkeit, in nur sechs Semestern umfassendes Wissen in den Bereichen Management und Gesundheitswissenschaften zu erlangen und sich zielgerichtet auf Leitungs- und Koordinationsaufgaben im mittleren Management sowie in Einrichtungen im Gesundheitswesen vorzubereiten, bietet der Bachelor Management Pflege und Gesundheit (B.A.) an der Frankfurt UAS. Wer sich für das Vollzeitstudium interessiert, benötigt für eine Immatrikulation eine abgeschlossene Ausbildung in einem staatlich anerkannten Pflegefach- oder Gesundheitsberuf oder in einem patientennahen Gesundheitsfachberuf. Einschreiben kann man sich bis zum Beginn der Vorlesungen eines jeden Semesters.