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INTERVIEW
AUF INS KULTURZELT!
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Die Organisatoren bei ihrer ersten Kulturzelt-Saison im Jahr 2019. V. l. n. r.: Lutz Reimer, Mathias Jakob, Jürgen Truß und Bernhard Weiß
Endlich! Nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwischenlösungen kehrt das Kulturzelt Kassel in diesem Sommer wieder an seinen gewohnten Standort an der Drahtbrücke zurück – mit einem hochkarätigen Programm. Über 40 Konzerte, davon zwei Kinderkonzerte und zwei Lesungen, finden vom 25. Juni bis 28. August im Kulturzelt statt. Wir haben uns mit den Organisatoren des Kulturzelts zu einem kurzen Interview getroffen und können die Eröffnung kaum abwarten.
In den letzten zwei Jahren war das Kulturzelt zu Gast im Ballhaus und auf der Hessenkampfbahn und ihr konntet nur „abgespeckte“ Versionen realisieren. Nun findet alles wieder im vollen Umfang statt. Wie ist das, wenn man wieder von 0 auf 100 startet?
Der Aufwand war im letzten Jahr nicht unbedingt weniger. Zumal wir zwei komplett neue Formate entwickelt haben. Das kleine Format im Ballhaus hatte Stil und wird hoffentlich auch über Pandemiezeiten hinaus Bestand haben. Und das Kulturzelt ins Freie: Ein zum ersten Mal für diese Zwecke genutztes Gebiet musste erschlossen werden. Bühne, Wege, Infrastruktur mussten auf der Hessenkampf(kultur)bahn erst gebaut werden. Unser Hygienekonzept war beispielhaft. Wir sind also
in Übung! Das Zelt wird übrigens mit einem aufwendigen Schallschutz und einem brandneuen Lüftungssystem versehen, in das wir über 50.000 Euro investiert haben, damit Gäste, Künstler und wir selbst unter möglichst sicheren Bedingungen agieren können. Davon abgesehen sind wir aber heilfroh, dass es nun wieder ins Zelt geht. Diese Atmosphäre ist einfach einzigartig. Dafür sind wir 2019 angetreten und kommen jetzt, drei Jahre später, erst dazu, unsere zweite Zelt-Saison auszurichten. Und die wird super.
Wie müssen wir uns das vorstellen? Wann beginnt ihr mit der Planung für eure Kulturzelt-Saison?
Es hieß bereits bei unseren Vorgängern „Nach dem Kulturzelt ist vor dem Kulturzelt“. Und das trifft es. Kurz nach Abbau haben wir einen kurzen Moment zum Durchatmen und zur Nachbereitung – dann fahren wir aufs Reeperbahnfestival, gucken uns neue, interessante Acts an, tauschen uns mit Künstlern und Agenturen aus, fangen an zu booken und für das nächste Jahr zu planen. Zwischen Oktober und April sind wir also in der Planungs-Hochphase, im Juni, dieses Jahr allerdings schon im Mai, beginnt auch bereits der fünfwöchige Aufbau des Zelts, eigentlich eher eine mobile Konzerthalle, bevor wir dann wieder mittendrin sind.
Wie stellt ihr euer Programm zusammen und wie wählt ihr die Künstler*innen aus?
Wir stellen eine Mischung aus Publikumslieblingen, also altbewährten Acts mit großem Namen, Neuentdeckungen sowie persönlichen Lieblingen, von denen wir so überzeugt sind, dass sie dem Kasseler Publikum einfach vorgestellt werden MÜSSEN, zusammen. Dabei achten wir darauf, auch langjährige Kulturzelt-Fans nicht zu vergraulen, haben aber natürlich auch die neue Besucher-Generation im Blick, die vielleicht noch nie im Zelt war. Auch wir machen dabei immer wieder neue Entdeckungen, gerade bei jungen Bands und Künstlern, die erst am Anfang der Karriere sind. Musikalisch sind wir im Team sehr
breit aufgestellt und aufgeschlossen, hin und wieder bekommen wir auch mal einen wertvollen Wunsch oder Tipp.
Erzählt ihr uns bitte etwas über „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“?
Die Initiative OfV ist ein regionaler Zusammenschluss von Organisationen, Vereinen und Unternehmen, die sich in Kassel und Nordhessen für Vielfalt in all ihren Dimensionen sowie gegen jegliche Ausgrenzung von Menschen in der Gesellschaft und Arbeitswelt einsetzen. Die gemeinnützige Zeltkultur gehört seit Beginn an zu den Unterstützern der Initiative und bringt als Gegenleistung vor allem Reichweite und Präsenz im Rahmen des Festivals in die Kooperation mit ein. Wir finden es richtig und notwendig, aus der Gesellschaft heraus Stellung zu beziehen und Haltung zu zeigen. In diesem documenta-Jahr wird die Kooperation zwischen der Initiative OfV und dem Kulturzelt-Festi-
val weiter ausgebaut. Zusätzlich zur visuellen Präsenz im Rahmen des Festivals sollen auch erstmals zwei Konzerte von OfV präsentiert werden. Und hierzu sind noch weitere Aktionen in Planung. Da kommt noch was! Absolut. Der Eröffnungstag und der Abschlussabend (weibliches Doppelpack: Sofia Portanet und King Hanna) haben eine besondere Symbolkraft – diese Tage wurden dieses Jahr mit voller Absicht weiblich besetzt.
Für das Eröffnungskonzert am 25. Juni wurde mit Antje Schomaker ganz bewusst eine Künstlerin ausgewählt? Aber ihr sorgt auch für jede Menge weitere musikalische „Frauenpower“?
Wie jedes Jahr achten wir ganz bewusst darauf, viele Künstlerinnen in
unserem Programm vertreten zu haben. Dabei besteht dieses „Darauf-Achten“ eigentlich nur aus der späteren Überprüfung eines Zustandes. Das Geschlechterverhältnis hält sich bei uns automatisch und intuitiv die Waage. Wir hatten auch einige weibliche Acts mehr auf dem Zettel, deren Shows aus terminlichen Gründen aber leider nicht realisiert werden konnten. Wir finden es wichtig und zeitgemäß, starke Frauen in einem ausgewogenen Verhältnis auf unserer Bühne stehen zu haben. Mit u. a. Kat Frankie, Hindi Zahra, Stefanie Sargnagel, Lola Marsh, Mogli, Agnes Obel, Djazia Satour, den wunderbaren Los Bitchos, Mélissa Laveaux und Weiteren haben wir extrem spannende Künstlerinnen für das Kulturzelt und Kassel gewinnen können.
Das Kulturzelt ist das Kulturhighlight im documenta-Jahr 2022. Worauf freut ihr euch am meisten bei der documenta fifteen?
Wir freuen uns, wie alle fünf Jahre, auf internationales Publikum. Die Stadt pulsiert und ähnelt tatsächlich großen Medienstädten. Dass dieses Jahr ruangrupa als kollektiver Kurator die Ausstellung ausrichtet, ist besonders spannend. Auch uns selbst kann man ja durchaus als Kollektiv ansehen, – das passt also ganz gut zur diesjährigen documenta. Das Künstlerkollektiv ruangrupa und alle inkludierten Mitarbeiter sind äußerst sympathisch. Man merkt, dass die ganze Stadt umarmt und involviert werden soll. Das ist für den Kunstbetrieb gleichermaßen charmant wie radikal und war in der Vergangenheit zumindest in dieser Intensität nicht der Fall.
Wir bedanken uns ganz herzlich für eure Zeit und wünschen euch eine grandiose Kulturzelteröffnung und eine traumhafte sommerliche Atmosphäre an allen Abenden.
›› www.kulturzelt-kassel.de
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