INTERVIEW | Das ATRIO-MED wehrt sich: Die Versorgung ist nicht R Seite 20 schlechter geworden!
HAUSBESUCH | Wie Dr. Fahrettin Adsay t체rkischen Diabetespatienten R Seite 26 in Altona hilft
SPRECHSTUNDE | Mit Polizeiarzt Dr. Thomas Wagner aus Neum체nster R Seite 30 im Einsatz
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Magazin rund um das 채rztliche Leben PRO & CONTRA
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1. Gemeinsamer Info-Tag für Existenzgründer und Praxisabgeber der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, der Ärztekammer SchleswigHolstein und der apoBank, Filiale Lübeck Sie gehören zu den Existenzgründern von morgen und planen den Sprung in die Selbständigkeit als Arzt? Oder suchen Sie für Ihr „Unternehmen Arztpraxis“ nach einem geeigneten Nachfolger? Dann laden wir Sie herzlich ein zum „1. Info-Tag für Existenzgründer und Praxisabgeber“ am Samstag, den 6. Juni 2009, von 9.00 bis 17.00 Uhr im Vitalia Seehotel, Am Kurpark 3, 23795 Bad Segeberg Was erwartet Sie an diesem Tag? Am Vormittag informieren wir Sie zunächst in getrennten Fachforen über alles Wissenswerte rund um die Praxisgründung bzw. erfolgreiche Nachfolgeplanung. Dabei stehen Ihnen unsere Referenten u.a. zu folgenden Fragen Rede und Antwort: Für angehende Praxisinhaber: Welche zulassungsrechtlichen Aspekte der Niederlassung muss ich beachten? Welche steuerlichen Fragen der Praxisgründung und -übernahme gibt es? Welche Versicherungen für ärztliche Existenzgründer muss ich abschließen? Wie lässt sich eine Praxis-Übernahme/Praxis-Gründung finanzieren? Für angehende Praxisabgeber: Wie kann eine Vermögensplanung für den Ruhestand aussehen? Was ist bei einem Ausschreibungsverfahren zu beachten? Welche steuerlichen Gestaltungsspielräume für die Praxis-Abgabe gibt es? Nach einem gemeinsamen Mittagessen aller Teilnehmer geben wir Ihnen Einblick in Telematikanwendungen, die Bedeutung der verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten für die Praxisübergabe und die Fallen in der Vertragsgestaltung rund um die Niederlassung/Praxisabgabe. Zum Abschluss unseres abwechslungsreichen Programms laden wir Sie zur Besichtung der Info-Stände ein. Praxisabgeber haben vorab die Möglichkeit, über ein Formular auf der Homepage der KV Schleswig-Holstein (www.kvsh.de) ein Exposé ihrer Praxis zu erstellen. Diese Praxisexposés können dann während der gesamten Veranstaltung von potenziellen Übernehmern eingesehen werden. Die Teilnahmegebühr beträgt 35,00 Euro und umfasst Seminarunterlagen, Tagungsgetränke und das Mittagessen. Ihre Anmeldung und Fragen zum Tagungsprogramm nehmen wir gerne unter Telefon 0451 40852-11 entgegen.
EDITORIAL.
Liebe Leserinnen und Leser,
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Foto : Miria m Quentin
ie halten die erste Ausgabe von Scio in den Händen. Willkommen beim ersten Ärztemagazin, das Sie mit einem Mix aus Politik, Information, Praxisbezug und Unterhaltung ausschließlich über Themen aus Hamburg und Schleswig-Holstein informiert. Scio protokolliert keine standespolitischen Veranstaltungen, mutet Ihnen keine Technokratensprache und langatmigen Funktionärsanalysen zu. Statt über die üblichen Verdächtigen aus der Standespolitik zu lesen, erfahren Sie in Scio mehr über Ihre Kollegen aus der Nachbarschaft. Ärzte, die wissen, wie sich Praxen erfolgreich vernetzen, die täglich Erfahrungen in ihrer Praxis sammeln und die sich über die gleichen Dinge freuen und ärgern wie Sie. So wie unser Kolumnist Carl Culemeyer, dessen Hausarztpraxis in den Hüttener Bergen bei Eckernförde ihm deutlich mehr Freude bereiten könnte, wenn da nicht die Bürokraten wären. In „Nachgehakt“ (Seite 32) nimmt Culemeyer für Scio Fälle von Bürokratie unter die Lupe, die vielen von Ihnen aus der täglichen Praxis bekannt vorkommen dürften. Sie erfahren aber auch, unter welchen Bedingungen andere niedergelassene Ärzte aus Ihrer Mitte arbeiten. Autorin Daniela Stohn und Fotograf Jörg Wohlfromm haben für Scio den ersten „Hausbesuch“ gemacht und trafen sich mit Dr. Fahrettin Adsay. Mit 19 kam er aus der Türkei, um in Deutschland Medizin zu studieren. Heute ist er 55 und führt eine Praxis in Altona, in der ein Sprachgemisch aus Deutsch, Türkisch, Englisch und Afghanisch an der Tagesordnung ist. Wie Adsay und seine Frau Ulla diesen ungewöhnlichen Praxisalltag nicht nur bewältigen, sondern auch Freude an der Arbeit haben, können Sie ab Seite 26 lesen. Es geht aber auch politisch zu in Scio. Der Bundestagswahlkampf steht vor der Tür – und wird nicht vor den Praxen haltmachen. Dr. Dirk Heinrich, niedergelassener HNO-Arzt aus Hamburg-Horn, will den Wahlkampf nutzen und in der Praxis mit Patienten diskutieren. Professor Günther Jansen, Vorsitzender des Patientenombudsvereins in Schleswig-Holstein, scio. Magazin für das ärztliche Leben
will das verhindern. Verfolgen Sie die Standpunkte der beiden in „Zweitmeinung“ (Seiten 28 und 29). Ärzte kommen bei uns reichlich zu Wort, für manche Themen aber müssen andere Experten zu Rate gezogen werden. In „Chefsache“ (ab Seite 23) verrät Marketingprofi Ludwig Rademacher, worauf Sie bei der Außendarstellung Ihrer Praxis achten sollten. Rechtsanwalt Jan Dischinger informiert über die Bedingungen zur Gründung von Zweigpraxen. Ärzte sind aber nicht immer im Dienst. Auch über die knappe Zeit nach „Praxisschluss“ (Seite 34) berichten wir. Für die erste Ausgabe haben wir Fotograf Bodo Krug zum Segeberger Ärzte-, Tierärzte-, Apotheker- und Zahnärzteball, den achten SÄTAZ, geschickt. Seine Bilder beweisen: Trotz Honorarkrise haben Ärzte das Feiern nicht verlernt. Wahrscheinlich haben Sie es gleich erkannt: „Scio“ ist lateinisch und bedeutet „ich weiß“. Je nachdem, zu welcher sprachlichen Epoche man sich bekennt, kann man es „Skio“ oder „Ssio“ aussprechen. Schreiben Sie uns, welche Variante Sie bevorzugen. Vor allem aber, was Ihnen an Scio gefällt oder was Sie interessiert. Das Gesundheitswesen im Norden hält eine Vielzahl von spannenden Themen bereit, die wir Ihnen in Zukunft alle zwei Monate präsentieren. Wir freuen uns auf Ihre Reaktionen, Ihr Dirk Schnack
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inhalt. SCIO. AUSGABE I | MMIX
EDITORIAL.
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BLICKWINKEL. Der Berg schrumpft – aber nur bei Medikamenten.
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SCHNITTSTELLE. Die ambulanten Versorger und ihre Nachbarn.
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TITELTHEMA. PRAXISNETZE IM NORDEN. Weckruf für die schlafenden Riesen. Scio-Expertentipp. Netze schöpfen ihr Potenzial nicht richtig aus. Interview
Seite 10 Seite 13 Seite 16
POLITIK. Weiterbildung gegen die Versorgungskatastrophe. Praxisbetreuer sorgen für gutes Klima. Das ATRIO-MED wehrt sich gegen Kritik. Mit Freude Arzt sein – gar nicht so einfach.
R SCHLAFENDE RIESEN Praxisnetze gibt es reichlich in Hamburg und Schleswig-Holstein. Doch ihre große Zeit kommt erst noch, meinen Netzberaterin Gabriele Prahl und andere Experten. Wie Praxisnetze ihre Potenziale besser ausschöpfen können, lesen Sie in unserer Titelgeschichte.
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»Man wird künftig im Norden nicht an Praxisnetzen vorbeikommen, wenn es um regionale Versorgung geht.« GABRIELE PRAHL
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INHALT.
CHEFSACHE. Tipps zur Gründung von Zweigpraxen. Ärzte nutzen Freiräume in der Werbung nicht aus.
Seite 23 Seite 24
HAUSBESUCH. Bei Praxisinhaber Dr. Fahrettin Adsay in Hamburg-Altona.
Seite 26
MEINUNG. Wie weit dürfen Ärzte im Wahlkampf gehen?
Seite 28
SPRECHSTUNDE. Bei Polizeiarzt Thomas Wagner in Neumünster.
Seite 30
NACHGEHAKT. Wenn der MDK Patienten gesund schreibt.
Seite 32
CARTOON. Nicht lustig.
Seite 33
PRAXISSCHLUSS. Seite 34
Ärzte mit viel Taktgefühl.
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R IMPRESSUM Herausgeber: mediageno Verlags GmbH
Grafik: LayoutDeluxe | Felix Bittmann, Arndtstraße 21, 22085 Hamburg
Geschäftsführung: Miriam Quentin (V.i.S.d.P.)
Druck: Druckhaus Leupelt GmbH & Co.KG, Heideland-Ost 24, 24941 Jarplund-Weding
Redaktionsleitung: Dirk Schnack (d.schnack@mediageno.de)
Bezug: Einzelheft 6 Euro. Arztpraxen in Hamburg und Schleswig-Holstein wird die Zeitschrift kostenlos zugestellt.
Redaktionelle Mitarbeiter dieser Ausgabe: Carl Culemeyer, Marion Förster, Frank A. Nemitz, Daniela Stohn, Jörg Wohlfromm (Fotos), Bodo Krug (Fotos Seite 34) Anschrift von Verlag und Redaktion: mediageno Verlags GmbH Bahnhofstraße 1–3 23795 Bad Segeberg Telefon: 04551 – 99 99–13 Fax: 04551 – 99 99–282 E-Mail: kontakt@mediageno.de
scio. Magazin für das ärztliche Leben
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scio. – Magazin für das ärztliche Leben
erscheint alle zwei Monate. Namentlich gekennzeichnete Beiträge und Leserbriefe geben nicht immer die Meinung des Herausgebers wieder; sie dienen dem freien Meinungsaustausch. Anzeigen und Fremdbeilagen stellen allein die Meinung der dort erkennbaren Auftraggeber dar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Die Redaktion behandelt jede Einsendung sorgfältig. Die Redaktion behält sich die Auswahl der Zuschriften sowie deren sinnwahrende Kürzung ausdrücklich vor. Die Zeitschrift, alle Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Herausgebers strafbar. Wenn aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form eines Wortes genutzt wird, ist hiermit auch die weibliche Form gemeint.
34 R Sie möchten mit einer Anzeige in Scio auf sich aufmerksam machen? Unter der Email-Adresse anzeigen@mediageno.de und der Telefonnummer 04551 - 99 99 -13 nehmen wir gern Ihren Auftrag entgegen. Wir unterstützen Sie auch bei der Ideenfindung und Gestaltung für Ihre ausdrucksstarke Werbung. Weitere Informationen im Internet unter www.mediageno.de. 5
BLICKWINKEL.
Der Berg schrumpft – aber nur bei Medikamenten Die Deutschen werfen jedes Jahr viele Tonnen Arznei auf den Müll. In Hamburg ist eine Trendwende zu beobachten. foto | Jörg Wohlfromm
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BLICKWINKEL.
Die Deutschen produzieren jährlich 564 Kilogramm Müll pro Kopf – Tendenz steigend. Laut „Müllreport“ ist europaweit mit größeren Müllmengen zu rechnen. Bei Medikamenten ist derzeit ein gegenläufiger Trend zu beobachten. In Hamburg landeten im vergangenen Jahr noch 2.605 Kilogramm mit entsorgten Arzneimitteln auf den Recyclinghöfen der Stadtreinigung. Das waren 185 Kilogramm weniger als im Vorjahr und 235 Kilogramm weniger als noch 2006. Die Krankenkassen sehen dennoch keinen Grund zur Entwarnung. Hamburgs Ersatzkassenchef Günter Ploß spricht von Verschwendung auf hohem Niveau, beklagt eine Wegwerfmentalität und appelliert an die Versicherten,
scio. Magazin für das ärztliche Leben
Medikamentenmüll in Tonnen 2,84
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sich nur die Arzneimittel vom Arzt verordnen zu lassen, die wirklich angewandt werden. Wie hoch die tatsächlich weggeworfene Menge an Medikamenten ist, weiß niemand. Die Kassen glauben, dass viele Tabletten, Tropfen und Salben nach wie vor in der Toilette oder im Hausmüll landen.
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SCHNITTSTELLE.
KV bangt um das System
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Neues UKE mit Licht und Schatten Nach ersten Problemen läuft der Betrieb im neuen UKE rund. Das nach eigenen Angaben „modernste Universitätsklinikum Europas“ hatte zunächst einige Kinderkrankheiten abzustellen. Eine Operation musste abgebrochen werden, weil die falschen Instrumente angeliefert worden waren. Diese werden vor dem Eingriff nicht mehr persönlich, sondern zentral zusammengestellt. Für den Patienten hatte die Verschiebung keine gesundheitlichen Folgen. Auch Angehörige waren in dem Neubau anfangs überfordert. Sie kamen mit der Beschilderung nicht zurecht und verliefen sich in dem Zentralklinikum, das 188 Millionen Euro kostete und über 3.500 Räume verfügt. Insgesamt sind 16 zuvor auf dem Gelände verstreute Kliniken im neuen UKE untergebracht. Nach dem Gebäude für die Krankenversorgung und dem Neubau für die Forschung erhielt im vergangenen Monat auch das dritte UKE-Standbein, die Lehre, ein neues Domizil. Herzstück ist ein moderner Hörsaal mit 440 Plätzen. Insgesamt studieren 3.500 angehende Ärzte Humanmedizin in Hamburg.
n der Hansestadt hat sich der Streit um Hausarztverträge verschärft. Der Hausärzteverband und der Verband der hausärztlichen Internisten sind aus dem bestehenden Vertrag mit der AOK und der KV ausgestiegen – nach Mitteilung der Hausärzte ist der Vertrag zum 30. Juni gekündigt worden. KV und Kinderarztverband bleiben aber Vertragspartner der Kasse. Beide Seiten flankierten den Ausstieg mit gegenseitigen Vorwürfen. Die KV warf dem Verband vor, wichtige Vorhaben wie die Einbindung der Hausärzte in die spezialisierte ambulante Palliativversorgung zu blockieren. Der Verband ließ die Muskeln spielen, nachdem ihm mehr als die Hälfte der hausärztlichen Kollegen das Verhandlungsmandat erteilt hatten. Die ersten Verhandlungen verliefen nach seiner Darstellung „teils sehr erfreulich, teils etwas zäh“. Die KV versucht nun, für das Kollektivvertragssystem zu werben. Auf Flyern stellt die Körperschaft den Ärzten das KV-System als Garanten
für wohnortnahe Versorgung und freie Arztwahl vor. Den Praxisinhabern sollen diese Vorzüge durch drei Fragen verdeutlicht werden: Wollen Sie wirklich noch weniger Zeit für Ihre Patienten haben und sich mehr Stress und bürokratischen Aufwand aufbürden? Wollen Sie wirklich mit jeder einzelnen Krankenkasse Verträge abschließen und von diesen dann Ihr Honorar verlangen beziehungsweise Ihre ärztlich erbrachte Leistung mit der Kasse einzeln abrechnen? Wollen Sie wirklich Patienten wegschicken müssen und ihnen erklären: „Tut mir leid, mit Ihrer Kasse habe ich keinen Vertrag?“ Schutz vor einem Preisdumping der Kassen sowie Abrechnung und Festlegung der Qualitätsstandards nur über eine Stelle sind – so die KV – die entscheidenden Vorteile des Kollektivvertragssystems. Patienten profitieren nach ihrer Darstellung von Leistungen wie einer komfortablen Arztsuche, Patientenberatung und Notfalldienst.
Herzschwestern begleiten die Patienten ambulant Patienten mit Herzinsuffizienz sollen von einer engeren Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und der Asklepios Klinik St. Georg profitieren. Ziel ist es, die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen und stationäre Aufenthalte zu vermeiden. Dafür werden die Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ambulant durch einen Kardiologen und eine speziell geschulte Herzschwester betreut. Über moderne Technik werden regelmäßig das Gewicht und der Blutdruck des Patienten überprüft und an eine Organisationseinheit in der Klinik oder beim Berufsverband der Kardiologen übermittelt. Auf Veränderungen des Gesundheitszustandes kann damit sofort reagiert werden. Vergleichbare Modelle gibt es bereits in anderen Regionen. In Hamburg ist die AOK Vertragspartner des Krankenhauses und der für die Kooperation gewonnenen niedergelassenen Kardiologen.
Immer mehr Klinikpatienten vermissen ärztliche Zuwendung, eingehende Aufklärung und sorgfältige Vorbereitung auf die Zeit nach der Entlassung. R BEWERTUNG DER Dieses alarmierende Ergebnis erbrachte eine ÄRZTLICHEN BEHANDLUNG Umfrage der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH). Praxisinhaber bekommen dies zu spüren, weil nur noch 70 Prosehr gut: 62,3 % zent der Krankenhauspatienten die poststationäre Vorbereitung mit gut oder sehr gut bewerten. Elf Jahre zuvor waren dies noch 74 Prozent. Den organisatorischen Ablauf in den Kliniken halten inzwischen über 18 gut: 32,2 % Prozent nur noch für befriedigend bis mangelhaft. Im Gesamtergebnis gaben die Patienten 28 Prozent der Häuser die Note sehr gut und 61 Prozent ein gut. Auch die ärztliche Behandlung 8
erhielt von 62 Prozent der Patienten ein sehr gut. „Die positive Bewertung ist allein der freundlichen, geduldigen und verständnisvollen Art und dem permanenten Engagement der Mitarbeiter zu verdanken“, vermutet die KGSH. Geschäftsführer Bernd Krämer nicht durchgeführt: 0,1 % führt die in Teilbereichen verschlechterten Werte mangelhaft: 0,4 % auf die Arbeitsverdichtung in ausreichend: 0,6 % den Krankenhäusern zurück. befriedigend: 4,5 % Die Patienten bekommen nach seiner Beobachtung die Hektik des Klinikalltags auch deshalb zu spüren, weil die Fallpauschalen in Schleswig-Holstein niedriger sind als im Rest der Republik. An der Umfrage hatten sich 2.600 Patienten aus neun schleswig-holsteinischen Krankenhäusern beteiligt. I | MMIX
FOTOS: KV HAMBURG; UKE
Patienten im Krankenhaus weniger zufrieden
SCHNITTSTELLE.
Ärzte zeigen Politikern die gelbe Karte Die Ärzteproteste haben in Schleswig-Holstein zu Praxisschließungen in zahlreichen Regionen, aber auch zu kreativen Aktionen geführt. Gebündelt werden diese von der Ärztegenossenschaft, die die Praxisinhaber aufgerufen hat, der Politik die „gelbe Karte“ zu zeigen. Wegen der „missratenen Gesundheitspolitik“ sind zahlreiche Ärzte dem Aufruf gefolgt und haben für ihre Praxen Poster, Aufsteller und Antwortkarten bestellt. Auf den Karten können die Patienten mit ihrer Unterschrift den Protest unterstützen. Die gelben Karten sollen gesammelt und an Politiker übergeben werden – pünktlich zum Start des Bundestagswahlkampfs. Die Aktionen im Norden zeigen, dass viele Verbände auf leicht eingängige Botschaften setzen. Die HNO-Ärzte etwa setzten ihr RLV-Volumen in Euro in einen mit Rabatten voll gestopften Einkaufswagen. Auch die gelbe Karte macht auf einen Blick deutlich, worum es geht: „Pro Patient stehen monatlich zwischen sechs und zwölf Euro zur Verfügung“. In manchen anderen Bundesländern schielen die Kollegen neidvoll auf den Norden. „Ihr habt gute Arbeit geleistet“, bescheinigte ein hessischer Orthopäde den Genossen im Norden. Er bedauerte: „Leider sind in unserem Lande die Initiativen sehr spärlich. Wahrscheinlich geht es uns mit einem RLV von 21 Euro noch zu gut.“
FOTO: ENDO-KLINIK
ENDO-KLINIK BEZIEHT NEUBAU
Zwei Jahre wurde gebaut, sieben Geschosse errichtet, 60 Millionen Euro investiert, 250 Betten aufgestellt: Die neue Endo-Klinik ist fertig. Herzstück des Spezialkrankenhauses sind acht OP-Säle, hinzukommen u.a. Intensivstation, Intermediate Care und vier Patientenstationen, die laut Betreiber (Damp Holding) „mehr an ein Hotel als ein Krankenhaus erinnern“. Mit dem Umzug in den Neubau erweitert die 1976 direkt neben der Reeperbahn errichtete Klinik auch ihr operatives Spektrum und Therapieangebot. Hinzu kommen Sportorthopädie, Sporttraumatologie und rheumatologische Orthopädie. Das Kerngeschäft der Endoprothetik soll um 20 Prozent wachsen. Bislang werden in der Endo-Klinik jährlich rund 5000 operative Eingriffe vorgenommen. Kernkompetenz ist die Versorgung von krankhaften oder angeborenen Veränderungen der Hüft- und Kniegelenke. Parallel zum Betrieb im Neubau wird das benachbarte Altgebäude nun saniert. 2011 sollen beide Gebäude verbunden und dann zusammen genutzt werden. scio. Magazin für das ärztliche Leben
TITELTHEMA. PRAXISNETZE.
Weckruf für die schlafenden Riesen Praxisnetze sind wichtiger denn je. Als Vertragspartner für Krankenhäuser und Krankenkassen, als regionaler Interessenvertreter, als Plattform für den kollegialen Austausch und Zusammenhalt. Die Ärzte in Hamburg und Schleswig-Holstein sind vorbereitet – nirgends in Deutschland ist die Netzdichte so hoch wie im Norden. Doch um Erfolg zu haben, muss ein Zusammenschluss mehr leisten, als nur die Kollegialität zu fördern. text | Dirk Schnack
foto s | Jörg Wohlfromm
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und 25 Zusammenschlüsse gibt es in SchleswigHolstein, mindestens sechs in Hamburg. Mit der Medizinischen Qualitätsgemeinschaft Rendsburg (MQR) wurde das erste deutsche und mit dem Regionalen Praxisnetz (RPN) in Kiel das größte Ärztenetz geschaffen. Das Hamburger Gesundheitsnetz stellt einen Verbund über die Sektoren dar. Die Netze haben alle ihre eigene Geschichte und Besonderheiten. So ist das Flensburger Netz weit in der EDV-Vernetzung, das Medizinische Qualitätsnetz Westküste besteht weitgehend aus Landärzten und das Norderstedter aus Hausärzten. Doch berufspolitische Bedeutung und wirtschaftlichen Erfolg können die wenigsten vorweisen.
»Das Netz hat die Kieler Ärzte zusammengebracht. Wir haben gemerkt, dass wir alle die gleichen Probleme haben. In den Unternetzen fühlt sich jeder zu Hause.« MATTHIAs sEusIng, REgIOnALEs PRAXIsnETZ KIEL 10
Vorbildlich ist hier das RPN in Kiel aufgestellt: Wer dort etwas in der Gesundheitsversorgung durchsetzen möchte, wird dies nicht gegen den Willen des RPN schaffen. Das liegt in erster Linie an der Größe. Mit rund 430 niedergelassenen Ärzten und einer für die Organisation zuständigen Leitstelle ist das Netz eine der wichtigsten Größen im Kieler Gesundheitsgeschehen. Dr. Wolfgang Keil, fachärztlicher Vorstandssprecher des Netzes, kann die politische Bedeutung des RPN mit vielen Beispielen untermauern. Als vor einigen Jahren ein Kieler Krankenhaus zum Beispiel mit einem Versorgungsangebot für Rheumapatienten die Interessen der niedergelassenen Ärzte berührte, drohten diese erfolgreich mit einem „Einweiserboykott“. Glaubwürdig ankündigen konnte das RPN den Boykott nicht nur wegen der guten Organisation durch die Leitstelle, sondern auch, weil der Informationsfluss zu den Mitgliedern durch die Struktur des RPN mit fünf Unternetzen gewährleistet war. Zugleich ermöglichte dies eine Identifikation jedes Einzelnen mit den Netzzielen. „In den Unternetzen fühlt sich jeder zu Hause. Sie sind überschaubar und es gibt direkte Kontaktmöglichkeiten“, beschreibt Matthias Seusing die Vorteile der Struktur. Seusing hat das RPN 1997 mit gegründet und war lange Jahre hausärztlicher Vorstandsvorsitzender des Netzes. „Das Netz hat die Kieler Ärzte zusammengebracht. Wir haben gemerkt, dass wir alle die gleichen Probleme haben.“, erinnert sich Seusing an die Anfänge vor fast zwölf Jahren. Bis dahin kannten viele Ärzte nicht einmal ihre direkten Nachbarn. Kiel hatte das Glück, mit der AOK Schleswig-Holstein einen Vertragspartner zu finden, der die Netzarbeit damals mit einer Anschubfinanzierung von 3,5 Millionen Deutsche Mark förderte und das Netz an Einsparungen bei den Arzneimittelverordnungen partizipierte. Von diesem Geld finanziert das Netz bis heute seine Leitstelle und muss dennoch keine Mitgliedsbeiträge erheben. In der Leitstelle ist Betriebswirtin Heinke Keil dafür verantwortlich, dass den Ärzten in den Praxen durch das Netz keine zusätzliche Arbeit entsteht, sondern dass die Arbeitsabläufe möglichst erleichtert werden. Dafür hat der Zusammenschluss etwa ein Handbuch für das Qualitätsmanagement erstellt und verbreitet die für die Praxen relevanten Informationen. Dies ist wichtig, wenn die niedergelassenen Ärzte schnell gemeinsam auf neue Entwicklungen reagieren müssen. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn sich Krankenhäuser am Ort Vorteile zu Lasten der Netzärzte verschaffen wollen. Ein solches „No go“ wäre für Keil und Seusing ein Medizinisches Versorgungszentrum mit hausärztlicher Tätigkeit. Oder ein ambulantes Angebot I | MMIX
TITELTHEMA. PRAXISNETZE. Praxisnetz Region Flensburg
Praxisnetz schleswig
Ärztegemeinschaft Preetz und umgebung Regionales Praxisnetz Kiel
Medizinische Qualitätsgemeinschaft Rendsburg eg
Praxisnetz Plön
Medizinisches Praxisnetz neumünster e.V.
Medizinisches Qualitätsnetz Westküste e.V.
Ärztenetz Eutin/Malente Ärztenetz neustadt in Holstein
Praxisnetz Bornhoeved/Trappenkamp und Wankendorf
VnÄ-Kreis steinburg
Regionales Praxisnetz Bad Oldesloe/Reinfeld
gesundheitsnetz Elmshorn Ärztenetz Pinneberg
gesundheitsnetz Region Wedel
Ärztenetz Hamburg nordwest
Ärzteverbund Hamburg West
HAnn Hausarztnetz norderstedt
Paednet Hamburg e.V.
Ärzte-netz Ahrensburg
Hamburger gesundheitsnetz
Medizinisches Qualitätsnetz Alster
R PRAXIsnETZE IM nORdEn
Die Netze in Schleswig-Holstein und Hamburg im Überblick
einer Klinik nach Paragraf 116 b ohne Zustimmung der niedergelassenen Ärzte. Um so schlagkräftig wie das RPN zu werden, war externe Unterstützung notwendig. „Wir haben uns darin schulen lassen, wie man Sitzungen effektiv leitet und haben klare Regeln und Zuständigkeiten geschaffen“, erinnert sich Heinke Keil. So wichtig wie das Kieler Netz, werden viele Ärzte glauben, wird ihr Verbund nie werden. Zu klein, zu wenig Engagierte, kein Interesse der Kostenträger – es werden stets die gleichen Argumente bemüht, um den fehlenden Erfolg zu begründen. Viele haben noch nicht realisiert, dass die Praxisnetze eine tragende Rolle im regionalen Gesundheitswesen spielen können. Um dies zu realisieren, müssen Netze ihre Hausaufgaben machen, fordern Experten. Wenn es zum Beispiel nach Stephan Pitum-Weber ginge, müssten mehr Netze funktionierende Strukturen wie in Kiel aufbauen. Der Volkswirt in Diensten der Betriebskrankenkassen hat bundesweit Netzärzte befragt und kommt zum Schluss, dass die oft hohen Ziele unerreichbar bleiben, wenn die beteiligten Netzärzte zeitliche und finanzielle Investitionen scheuen. „Ärzte haben wenig Zeit für die Netzarbeit. Zugleich sind viele aber nicht
Cirkel Lübecker Chirurgen
Ärzteverbund Hamburg-nord
HuK Henstedtulzburg/ Kaltenkirchen
Ig-glückstädter Ärzte
scio. Magazin für das ärztliche Leben
Ambulantes Versorgungsnetz Holstein
Ärztenetz Probstei
Praxisnetz süderelbe (Pns)
Praxisnetz südstormarn e.V
Praxisnetz Lauenburg e.V.
Praxisnetz Reinbek
Hausarztkreis Harburg/süderelbe e.V.
»Wir haben uns darin schulen lassen, wie man Sitzungen effektiv leitet und haben klare Regeln und Zuständigkeiten geschaffen.« HEInKE KEIL, LEITsTELLE RPn KIEL
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TITELTHEMA. PRAXISNETZE.
R dIE HÄuFIgsTEn PROBLEME FüR ÄRZTEnETZE: Rechtsform: Es gibt keine Lösung, die man pauschal empfehlen kann. Eine GbR lässt den Mitgliedern viele Freiheiten, eine Genossenschaft erhöht die Verbindlichkeit. Als die MQR auf diese Rechtsform umstieg, verlor sie die Hälfte ihrer Mitglieder. desinteresse der Kostenträger: Trotz guter Versorgungsmodelle zeigen viele Kassen kein Interesse. Es gibt aber gute Gründe, weshalb sie noch in diesem Jahr auf Netzangebote eingehen sollten – Versicherte haben gesetzlichen Anspruch auf Versorgungsmanagement. Fehlendes Engagement an der Basis: Zu wenig Engagierte wird es immer geben. Je lukrativer die Verträge, desto größer wird der Zulauf sein. Netze haben die Möglichkeit, dann den Zulauf über Qualifikationsnachweise zu steuern.
bereit, in ein professionelles Management zu investieren“, weist er auf einen Widerspruch hin. Nur neun Prozent der Ärzte opfern 15 Stunden oder mehr im Monat für das Netz. Eine große Mehrheit der Ärzte investiert nur ein bis zwei Stunden. Deshalb verwundert es nicht, dass Netze Erfolge vorwiegend in der Kommunikation aufweisen, wirtschaftlich den Mitgliedern aber nur wenige Vorteile bringen. Verbesserungen durch die Kooperation im Netz stellen die Ärzte in erster Linie beim Erfahrungsaustausch und in der Qualität der Behandlung fest. Erst an dritter Stelle und mit deutlichem Abstand folgt die Wirtschaftlichkeit der eigenen Praxis. Der Volkswirt vermutet, dass viele Netze noch nicht den gewünschten Erfolg haben, weil das Rollenverständnis
»Viele Ideen hatten Hand und Fuß, sind aber wegen knapper Mittel von den Krankenkassen nicht umgesetzt worden. Manche Kassen erkennen die positiven Folgen noch nicht.« dR. HELMuT sCHOLZ, MEdIZInIsCHE QuALITÄTsgEMEInsCHAFT REndsBuRg Eg 12
der Ärzte nicht zu den für diesen Erfolg notwendigerseise zu schaffenden Strukturen passt. „Viele Ärzte sind noch nicht so weit, dass sie gemeinsam unternehmerisch handeln“, hat er beobachtet. Pitum-Weber empfiehlt Ärzten neben einem professionellen Management auch ein strukturiertes Innovationsmanagement, mit dem die Netzmitglieder gezielt neue Versorgungsformen benennen und Vorschläge für deren Umsetzung erarbeiten. Krankenkassen sind nach seiner Einschätzung bereit, solche Modelle finanziell zu fördern – finden sie häufig aber nicht vor. Auch der frühere Chef der AOK Schleswig-Holstein, Peter Buschmann, sieht derzeit enorme Chancen für Ärztenetze. Denn laut Paragraf 11 Abs. 4 SGB V haben die Versicherten
»80 Ärzte sind politisch schlagkräftiger als einer. Wir sind mit dem Klinikum vor Ort auf Augenhöhe.« BuRKHARd sAWAdE, MEdIZInIsCHEs QuALITÄTsnETZ WEsTKüsTE I | MMIX
TITELTHEMA. PRAXISNETZE.
R sCIO-EXPERTEnTIPP VOn dR. BAsTIAn sTEInBERg: Um Netze fit für die Zukunft zu machen, müssen sie sich von eingefahrenen Wegen verabschieden und auch unbequeme, für den einzelnen Arzt unter Umständen schmerzhafte Entscheidungen treffen. Künftig werden Netze Erfolg haben, wenn sie:
R sektorenübergreifend mit Krankenhäusern, Apotheken, Pflegediensten und Therapeuten kooperieren,
R Behandlungspfade definieren und den Kostenträgern eigene Modelle vorstellen, R Qualitätsnachweise von ihren Mitgliedern einfordern, R Sanktionen aussprechen, wenn verbindliche Regeln nicht eingehalten werden, R fachübergreifend EDV-vernetzt sind, R es ein professionelles Management mit Kostenträgern verhandeln lässt, R es nicht jede Leistung ehrenamtlich erbringt, sondern extern vergibt. hat. Das Prinzip „Das Geld muss der Leistung folgen“ und der „Bottom-up“-Ansatz waren damals in aller Munde. „Aus anfänglicher Skepsis wurde damals schnell Euphorie. Plötzlich waren viele Ärzte bereit, sich zu engagieren“, erinnert sich Prahl an die Anfänge der Ärztenetze. Mit dabei war Helmut Scholz, der bis heute der MQR in Rendsburg und dem Dachverband der Netze in Schleswig-Holstein vorsteht. Seine Erfahrungen mit Krankenkassen sind ernüchternd. Zwar hatte die MQR einige Jahre lang eine Vereinbarung mit den Ersatzkassenverbänden, doch nach Auslaufen des Vertrages wurden viele Vertragsangebote, die das Netz erarbeitet hatte, abgelehnt. „Viele Ideen hatten Hand und Fuß, sind aber wegen knapper Mittel von den Krankenkassen nicht gegenüber ihrer Krankenkasse Anspruch auf ein Versorgungsmanagement über den gesamten Leistungsbereich der Krankenkassen – ambulant, stationär, Heil – und Hilfsmittel oder Pflege. „In der Sprache des Gesetzes bedeutet das: Jeder Versicherte kann von seiner Krankenkasse ein Versorgungsmanagement verlangen – dies können die Krankenkassen nicht ablehnen. Nach der gesetzlichen Formulierung haben die Leistungserbringer sich um ein Versorgungsmanagement zu bemühen und die Krankenkassen haben die Leistungserbringer dabei zu unterstützen“, erklärt der heute als freier Berater tätige Buschmann. Nach seiner Einschätzung haben aber nicht nur Ärztenetze, sondern auch viele Krankenkassen das Potenzial noch gar nicht erkannt. „Die Krankenkassen dürfen nicht nur ihre Finanzmittel verwalten, sondern müssen ihre wirtschaftlichen Freiräume auch für die ambulante und stationäre Versorgung für die Leistungserbringer gestalten. Hier liegen auch die Chancen für den die Therapie koordinierenden Arzt, seine Tätigkeit in Kooperation mit der Krankenkasse in einen neuen Zusammenhang zu stellen – als Versorgungsmanager stehen ihm dann auch andere Vertragsformen offen als heute“, so Buschmann. Die Urologen in der Region Pinneberg haben sich bereits auf diese neue Welt vorbereitet. Zusammen mit dem urologischen Zentrum am Klinikum Wedel haben neun niedergelassene Ärzte, die das Netzwerk Urologie Schleswig-Holstein-Süd (NUSS) bilden, das Norddeutsche Prostatazentrum (NPZ) gegründet, um ihre Arbeit besser aufeinander abstimmen zu können. Mehrere Monate haben sie gemeinsam an Behandlungspfaden gearbeitet. Patienten profitieren davon, ohne dass Krankenkassen investieren mussten. Zur Seite stand den Netzärzten mit Gabriele Prahl eine professionelle Managerin, die schon den Start der Ärztenetze vor zwölf Jahren begleitet scio. Magazin für das ärztliche Leben
GESUNDHEITSMANAGEMENT DAMP
Die Experten für Zuweisermarketing und Kommunikation zwischen Kliniken und niedergelassenen Ärzten
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HIER WERDEN SIE BEANTWORTET: 0176 132 67 211
Gesundheitsmanagement DAMP GmbH | Am Kaiserkai 1 | 20457 Hamburg 13
EIN UNTERNEHMEN DER DAMP GRUPPE
TITELTHEMA. PRAXISNETZE.
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»Netze erfahren durch die Honorarreform eine Renaissance. Wir erleben gerade eine neue Solidarität der Ärzte, es kommt viel Bewegung in die Landschaft. Wir haben vor Ort positive Erfahrungen in der Kooperation mit dem Krankenhaus gesammelt. Unsere Kommunikation funktioniert über einen Faxverteiler, der jeden Netzarzt erreicht.«
»Wir empfinden die Unabhängigkeit von den Körperschaften und die Kommunikation untereinander als großen Vorteil. Auch die Einbeziehung des Praxispersonals hat sich als Pluspunkt erwiesen. Man sollte nicht alles selbst machen, Ärzte sind von Natur aus phlegmatisch oder laufen Gefahr, sich aufzureiben.«
dR. JOACHIM COMMEnTZ, VORsITZEndER dEs PRAXIsnETZEs sCHLEsWIg
dR. uLLA VOn HAHn, VORsITZEndE dEs gEsundHEITsnETZEs WEdEL
umgesetzt worden“, sagt Scholz. Nach seiner Beobachtung erkennen manche Kassen zwar die langfristig positiv Folgen innovativer Versorgungsmodelle. „Aber diese Perspektive haben Krankenkassen, die unter Existenzängsten leiden, nicht“, sagt der Rendsburger Allgemeinarzt. Die größte Netzdichte im Norden gibt es in Hamburger Randgebieten. Neben den Urologen im NUSS wären da noch das fachübergreifende Gesundheitsnetz Region Wedel, das Gesundheitsnetz Elmshorn, das Ärztenetz Pinneberg, das Hausarztnetz Norderstedt, das HUK (Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Umgebung) und die IG Glückstädter Ärzte. Mitten drin im Netzland: Die Regio-Kliniken mit Standorten in Wedel, Pinneberg und Elmshorn. Die Klinik hat ganz unterschiedliche Erfahrungen mit den Verbünden gesammelt. Mit dem Elmshorner Netz etwa gibt es einen regelmäßigen Ärztestammtisch und Gespräche darüber, ob man eine gemeinsame Gesellschaft zum Betrieb eines MVZ gründet. Mit dem Pinneberger Netz dagegen gibt es kaum Kontakte. Das HUK hat eine Kooperationsvereinbarung mit der Paracelsus-Klinik in seiner Nachbarschaft über eine prä- und postoperative Zusammenarbeit geschlossen – ohne
dass damit eine Bindung für die Netzärzte bei der Einweisung entsteht. Der Netzvorsitzende Dr. Carsten Wahn hat beobachtet, dass sich durch die Netzgründung der Kontakt der Kollegen untereinander verbessert hat. Kooperationen mit anderen Leistungserbringern pflegt auch das Hamburger Gesundheitsnetz, in dem neben rund 100 niedergelassenen Ärzten auch sieben Apotheken, drei Krankenhäuser und 21 Pflegedienste organisiert sind. „Unser Ziel ist es, das gesamte Leistungsgeschehen abzudecken. Das kann nicht an der Sektorengrenze halt machen“, sagt der Netzvorsitzende Dr. Bastian Steinberg. Er verzeichnet ein zunehmendes Interesse an dieser Kooperation auch von den Kostenträgern: „Die starre Haltung der Krankenkassen löst sich.“ Vereinbarungen hat das Netz – allerdings nur die Ärzte – etwa zur Herzinsuffizienz und zu Diabetes und KHK mit Kassen geschlossen. Steinberg erwartet aber, dass die Kostenträger künftig verstärkt Versorgungsmodelle nachfragen werden, die auch andere Leistungserbringer einschließt. Der Allgemeinarzt aus dem Hamburger Osten hält es nur noch für eine Frage der Zeit, bis die ersten Kassen zum Beispiel Verträge mit Ärzten und Physiotherapeuten gegen RückenI | MMIX
TITELTHEMA. PRAXISNETZE.
Bewegen oder bewegt werden?
»Praxisnetze sind wichtig, weil die Vertragsärzte einen Verbund außerhalb der KV brauchen. Es gibt leider nur wenige Aktive und viele, die einfach nur dabei sind. Oft fehlt die Verbindlichkeit, weil uns Ärzten die Individualität wichtig ist. Verbindliche Strukturen sind für Verhandlungen mit Kassen aber von Vorteil.« dR. ECKEHARd MEIssnER, VORsITZEndER dEs FLEnsBuRgER PRAXIsnETZEs
schmerzen abschließen. Neben der Überwindung von Sektoren empfiehlt Steinberg Netzen auch eine hohe Verlässlichkeit. Um Ärzte zur Mitarbeit etwa an Behandlungspfaden zu bewegen, hält er verbindliche Regeln für unerlässlich. Wie wichtig Netze vor Ort sein können, hat sich auch bei der Auseinandersetzung um den Paragrafen 116 b gezeigt: Als Kliniken in Hamburg und Schleswig-Holstein in großem Stil in die ambulante Versorgung einsteigen wollten, waren es häufig die Praxisnetze, die den Klinikmanagern ihre Grenzen aufzeigten. In Heide hat das Westküstenklinikum zwar jede Menge Genehmigungen für die ambulante Behandlung seltener Erkrankungen, nutzt diese aber nur nach Absprache und in Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten der Region, weil viele Einweiser in Dithmarschen im Medizinischen Qualitätsnetz Westküste organisiert sind. Trotz der hohen Netzdichte gibt es im Norden noch immer weiße Flecken. Lübeck hatte bis Redaktionsschluss keinen Ärzteverbund. Das wird sich ändern: Dr. Sven Soecknick hat sich bei der Gründung des Hausarztnetzes Norderstedt informiert und schon Kollegen aus der Hansestadt angesprochen, um die Lücke zu schließen. scio. Magazin für das ärztliche Leben
Gemeinsam stärker: Wir bündeln die politische und wirtschaftliche Kraft der freien Ärzteschaft!
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TITELTHEMA. PRAXISNETZE.
»Netze schöpfen ihr Potenzial nicht richtig aus« Gabriele Prahl hat bundesweit über 200 Praxisnetzen bei der Gründung geholfen und berät aktuell mehrere Verbünde in Norddeutschland. Das Gespräch führte Dirk Schnack. interv iew | Dirk Schnack foto s | Jörg Wohlfromm
Scio: Frau Prahl, sind Ärztenetze noch zeitgemäß? Gabriele Prahl: Sie sind sogar wichtiger als je zuvor. Ärzte sind darauf angewiesen, dass sie regional im Verbund auftreten und ihre Interessen gemeinsam vertreten.
Gabriele Prahl in ihrem Büro in Hamburg. Von hier aus berät sie bundesweit Praxisnetze – und beobachtet, dass viele Chancen ungenutzt bleiben.
Das haben sich Körperschaften und Verbände auch auf die Fahnen geschrieben. Aber das Ergebnis stellt die meisten Ärzte nicht zufrieden. Das ist auch kein Wunder, weil sie nicht in jeder Region präsent sein können. Das ist aber für eine effektive Interessenvertretung unerlässlich. Die niedergelassenen Ärzte brauchen eine Organisation vor Ort, damit die Krankenhäuser sie ernst nehmen und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen für die spezifischen Versorgungsprobleme vor der Haustür suchen. Und natürlich, damit die Krankenkassen einen Ansprechpartner haben, um regionale Versorgung zu gestalten. Die Krankenkassen haben doch kaum Interesse an Versorgungsverträgen mit Ärztenetzen. Die meisten Kassen sehen derzeit tatsächlich noch keine Notwendigkeit, weil sie noch zu sehr mit dem Gesundheitsfonds beschäftigt sind. Wenn sie sich im Laufe des Jahres damit abgefunden haben, wird die Suche nach Vertragspartnern losgehen. Deshalb ist es gut, dass im Norden so viele Ärzte in Praxisnetzen organisiert sind. An ihnen wird man künftig nicht mehr vorbei kommen, wenn es um regionale Versorgung geht.
R KonTAKT info@gfg-hamburg.de
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Viele Netze sind darauf doch gar nicht eingestellt und haben in der Regel keine Erfahrung mit Vertragsverhandlungen. Dafür können sie sich ja Unterstützung holen. Wichtiger ist, dass die Organisation steht und die Mitglieder bereit sind, die Vereinbarungen mit Leben zu füllen. Das heißt auch, dass die Netzaktivisten nicht allein gelassen werden, sondern von der Basis unterstützt werden.
Welche Fehler machen Ärztenetze? Vor allem schöpfen sie ihr Potenzial bei Weitem nicht aus. Netzärzte lassen ihre Vorkämpfer zu häufig allein. Ein Netz braucht den Rückhalt seiner Mitglieder. Wenn zum Beispiel eine Kasse Interesse an einem Vertrag hat, mit dem Klinikeinweisungen vermieden werden können, müssen alle Netzärzte an diesem Ziel mitarbeiten. Sonst gerät ein Netz in Gefahr, nur heiße Luft zu produzieren – und wird als Vertragspartner nicht mehr ernst genommen. Welches ist die optimale Größe für ein Ärztenetz? Die gibt es nicht. Man kann nicht den Rat geben, dass eine bestimmte Ärztezahl nicht unter- oder überschritten werden sollte. Schauen Sie sich Kiel an: Mit über 400 Ärzten scheint das Netz auf den ersten Blick zu groß. Das RPN ist aber so gut organisiert mit seinen Unternetzen, dass es das Gesundheitsgeschehen der Stadt prägt. Einem Wettbewerber dürfte es sehr schwer fallen, in der Kieler Gesundheitsversorgung etwas gegen das RPN durchzusetzen. Dieses Ziel sollte jedes Netz haben. Das geht in kleineren Orten auch mit deutlich weniger Ärzten. Und in Hamburg – macht dort ein Netz überhaupt Sinn? Dort sind Zusammenschlüsse besonders wichtig. Nirgends ist der Wettbewerbsdruck größer als in Hamburg. Die vielen Kliniken bieten für die niedergelassenen Ärzte auch Chancen: Wenn ein Netz sich geschlossen wehrt und die Alternativen bei den Einweisungen deutlich macht, wird sich ein Krankenhaus gut überlegen, wie es sich im ambulanten Wettbewerb positioniert. Von einer Kooperation zwischen Netz und Krankenhaus können beide profitieren. Verlierer werden die sein, die nicht mitmachen. Vielen Dank für das Gespräch.
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TITELTHEMA. PRAXISNETZE.
»Man wird künftig im Norden nicht an Praxisnetzen vorbei kommen, wenn es um regionale Versorgung geht.« GABrIELE PrAHL
scio. Magazin für das ärztliche Leben
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POLITIK.
Weiterbildung gegen die Versorgungskatastrophe text | Marion Förster
foto | Jörg Wohlfromm
R INFO In Schleswig-Holstein gibt es rund 2100 Hausärzte. Bis zum Jahr 2015 wird nach Schätzungen der Kassenärztlichen Vereinigung jeder zweite seine Praxis aus Altersgründen aufgeben. 152 Assistenten könnten pro Jahr für die Zeit zur Weiterbildung im ambulanten Bereich bezuschusst werden, rund jede dritte Stelle bleibt aber unbesetzt. Damit zeichnet sich in Schleswig-Holstein eine deutliche Unterversorgung bei Hausärzten ab. In Hamburg arbeiten rund 1200 Allgemeinmediziner, in den kommenden zehn Jahren werden pro Jahr rund 40-50 Nachwuchsärzte gesucht. 92 Weiterbildungsstellen im ambulanten Bereich könnten gefördert werden, davon waren im vergangenen Jahr 25 unbesetzt.
Hannes Graeser hat einen Traumberuf: Hausarzt mit eigener Praxis möchte er werden. Doch der 34-Jährige weiß nicht, ob er sich die Erfüllung des Traums leisten kann. Zurzeit ist er im zweiten Jahr der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner am Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster. 36 Monate im Krankenhaus und 24 Monate in einer Hausarztpraxis, so sieht es die Weiterbildungsordnung vor. Das bedeutet zwar 36 Monate Klinikgehalt, das mit Zuschlägen bis zu 5.000 Euro im Monat betragen kann. Aber auch 24 Monate, in denen das Einkommen auf 2.040 Euro sinkt – gezahlt als Zuschuss von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen.
»Neben den finanziellen Schwierigkeiten bereitet den angehenden Allgemeinmedizinern der Ablauf der Weiterbildung Probleme.« Der dreifache Familienvater Graeser muss also in den zwei Jahren der ambulanten Weiterbildung sein Einkommen mit zusätzlichen Notdiensten oder anderen Jobs aufbessern – oder der Traum von der eigenen Hausarztpraxis platzt. Neben den finanziellen Schwierigkeiten bereitet den angehenden Allgemeinmedizinern der Ablauf der Weiterbildung Probleme: Sie müssen sich in der Regel um jede Station neu bewerben, häufige Ortswechsel und Wartezeiten sind nicht selten. Damit verlangt die Weiterbildung zum Allgemeinarzt den jungen Medizinern viel ab – zu viel, meinen einige und entscheiden sich im Laufe der Weiterbildung für einen anderen Facharztabschluss. Der sich abzeichnende Hausärztemangel, vor allem in ländlichen Gebieten, zwingt Politik und Verbände nun zu handeln. Auf dem Deutschen Ärztetag im vergangenen Mai in Ulm wurde ein Konzept verabschiedet, das Ärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhausgesellschaften auffordert, sogenannte 18
regionale Verbünde zu schaffen und damit die Ausbildungsbedingungen deutlich attraktiver zu gestalten. In Schleswig-Holstein ist man dem Aufruf gefolgt: Im Oktober haben die Kassenärztliche Vereinigung (KVSH), die Ärztekammer und die Sana Kliniken GmbH eine Verbundweiterbildung vereinbart. Zunächst werden an der Sana Klinik Lübeck Süd zwei Stellen für Weiterbildungsassistenten geschaffen, denen vertraglich zugesichert wird, den stationären und ambulanten Teil der Weiterbildung in der Region Lübeck zu absolvieren – ohne Wartezeiten. Die KVSH sucht als Koordinierungsstelle für die Weiterbildung in der Nähe einen geeigneten Vertragsarzt. „Das Interesse weiterer Kliniken, sich am Verbund zu beteiligen, ist groß“, sagt Bianca Hartz, zuständig für den Bereich Zulassung/Praxisberatung bei der KVSH. „Denen brechen die Zuweiser weg“, weiß sie über die Motivation der Kliniken, sich stärker für die Weiterbildung der Hausärzte zu engagieren.
Das Problem der ungleichen Bezahlung im stationären und ambulanten Bereich ist damit jedoch noch nicht gelöst. „Die Abgeordnetenversammlung der KV hat im November beschlossen, den Weiterbildungsassistenten mehr Geld zu zahlen“, macht Hartz Hoffnung. Zwölf Assistenten könnten mit zusätzlich 2.000 Euro im Monat rechnen. Das Geld würde den Gewinnen des Jahres 2007 entnommen. Allerdings muss der Vorstand noch entscheiden, nach welchen Kriterien die förderungswürdigen Assistenten ausgewählt werden – denn das Geld reicht bei Weitem nicht für alle. Die Westküstenkliniken Heide und Brunsbüttel schlagen ein anderes Modell vor. Auch sie bieten im Rahmen der „Operation Nachwuchs“ bereits heute an, die stationären und ambulanten Stationen der Weiterbildung zum Allgemeinarzt zu koordinieren. WKK-Geschäftsführer Harald Stender stellt darüber hinaus künftig bis zu zehn Medizinern einen Fünf-Jahres-Vertrag mit den WKK für die Zeit der WeiterbilI | MMIX
POLITIK.
Primaklima durch Praxisbetreuung „Keine Zeit“ war früher. Heute heißt es: „Ihre Wünsche bitte“. Einweisende Ärzte rücken für Kliniken in den Mittelpunkt. text & foto | Daniela Stohn
»In Hamburg sind die Nachwuchsprobleme bei den Allgemeinmedizinern nicht so drängend wie in Schleswig-Holstein.« dung in Aussicht – bei vollem Klinikgehalt. Die Finanzierung des Modells sieht nach den Plänen der WKK so aus: Alle Zuschüsse – auch für die Weiterbildung im ambulanten Bereich – gehen an die Klinik und nicht direkt an den Vertragsarzt, wie es die Weiterbildungs-Richtlinie vorsieht. Zusätzlich schießen die WKK im Laufe der fünfjährigen Weiterbildung rund 80.000 Euro pro Stelle zu. „Wenn wir uns nicht aktiv beteiligen, Nachfolger für die ausscheidenden Hausärzte zu finden, steuern wir auf eine Versorgungskatastrophe zu“, befürchtet Stender. Allerdings steht die Zustimmung der KV zu diesem Modell noch aus. „Wir prüfen noch“, heißt es aus Bad Segeberg. In Hamburg sind die Nachwuchsprobleme bei den Allgemeinmedizinern nicht so drängend wie in Schleswig-Holstein. Hier erfreut sich die Internet-Stellenbörse der Ärztekammer für Allgemeinmediziner seit zwei Jahren wachsender Beliebtheit – Vertragsärzte können kostenlos Stellenanzeigen schalten. Damit wird den angehenden Hausärzten die Suche nach einer Weiterbildungsstelle im ambulanten Bereich erleichtert. Einen Ausbildungsverbund gibt es jedoch noch nicht. Alle Verantwortlichen – von Ärztekammer über KV bis zur Hamburgischen Krankenhausgesellschaft – loten zurzeit am runden Tisch Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Verbundes aus. Dabei geht es vor allem um rechtliche Fragen: Unter welchem Dach soll der Verbund organisiert sein, wer verwaltet die Zuschüsse aus verschiedenen Quellen, wo könnten weitere Fördermittel eingeworben werden? Die Ergebnisse sollen mit der Bundesebene abgestimmt werden, um nicht nur für Hamburg zu gelten, sondern bundesweit Modellcharakter zu haben. Damit Mediziner wie Hannes Graeser ihren Traum nicht begraben müssen. scio. Magazin für das ärztliche Leben
Christiane Hentke-Schink zupft ihre weiße Bluse zurecht und streicht sich die braunen Haare aus dem Gesicht. Dann öffnet sie die Tür und betritt die Praxis von Dr. Uwe Fischer, Allgemeinmediziner aus Süderbrarup im nordöstlichen Schleswig-Holstein. „Guten Tag, ich bin die neue Praxisbetreuerin des SCHLEI-Klinikums und betreue die Bereiche Pädiatrie, Neurologie und Psychiatrie“, stellt sich die 44-Jährige vor. Dr. Uwe Fischer, ein freundlicher Arzt im weißen Polohemd, schüttelt den Kopf. „Eigentlich benötige ich im Moment keine Information zu diesen Bereichen“, sagt er. „Ich bin eher der klassische Landarzt.“ Aber dann erzählt er doch: Eine feste Telefonnummer in der Klinik wäre wünschenswert, für alle niedergelassenen Ärzte. Es koste unnötig viel Zeit, in der Warteschleife zu hängen und hin- und hergestellt zu werden, bis endlich der richtige Ansprechpartner am Telefon sei. „Außerdem beklagen meine Patienten die Zeitnot des Personals auf der Pflegestation, dort scheint die Belastung sehr groß zu sein“, fügt er hinzu. Christiane Hentke-Schink nickt. „Wir bemühen uns, diese Probleme zu beheben. Momentan wird im Klinikum einiges dafür getan, Patientenströme effizienter zu lenken und die Erreichbarkeit für niedergelassene Ärzte zu optimieren“, sagt sie. „Und wussten Sie eigentlich schon, dass wir die Stroke Unit aufgestockt, die stationäre Schmerztherapie ausgeweitet und seit Kurzem eine eigene Palliativabteilung haben?“ Der Landarzt hört interessiert zu. Hentke-Schink ist eine von acht Praxisbetreuerinnen und -betreuern der Damp Gruppe. Die größte norddeutsche Klinikgruppe mit ihren zwölf Akutund Rehakliniken sucht seit knapp drei Jahren regelmäßig den Kontakt zu ihren Einweisern: „Wir gehen neue Wege, um die Kommunikation mit den
15 Minuten für alle wichtigen Informationen rund um die Einweisung: Allgemeinarzt Dr. Uwe Fischer und Praxisbetreuerin Christiane Hentke-Schink. Foto: Stohn
niedergelassenen Ärzten zu verbessern“, sagt Kerstin Wernicke, Vertriebsleiterin der Gesundheitsmanagement Damp GmbH, einer Tochtergesellschaft der Damp Holding AG. „So wird der Kontakt zu den Einweisern intensiviert, Neuigkeiten aus der Klinik werden umgehend in den Markt transportiert und niedergelassene Ärzte aktiv in die Patientenbetreuung einbezogen. Es geht nicht nur darum, noch mehr stationäre Einweisungen zu bekommen, sondern auch die Patientenversorgung zu optimieren – von der Vorsorge über den stationären Aufenthalt bis hin zur Nachbetreuung durch den Haus- oder Facharzt.“ Das Projekt ist in dieser Größenordnung einzigartig in Deutschland: Die Datenbank der Praxisbetreuer umfasst 14.900 Ärzte in Praxen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Viele werden seit Mitte 2006 von den Praxisbetreuern besucht. Mit Erfolg: Die Zahl der Betreuer wurde gerade erst aufgestockt, von drei auf acht Mitarbeiter an den Standorten Schleswig, Damp, Wismar, Hamburg und Stralsund. „Wenn das so weitergeht, werden wir weiter wachsen“, sagt Kerstin Wernicke. „Vorher fühlten sich die Ärzte oft nicht gut genug informiert und betreut. Das haben wir jetzt stark verbessert – genau wie die Betreuung der Patienten, die wohnortnah und medizinisch optimal versorgt werden.“ Die meisten Praxisbetreuer stammen aus dem Klinikbereich oder waren im Pharma-Außendienst tätig. Christiane Hentke-Schink hat vorher im Dienstleistungsbereich der Ärztegenossenschaft Schleswig-Holstein gearbeitet. Dann wollte sie die andere Seite, die Seite der Kliniken, kennenlernen. Gemeinsam mit Kollegen organisiert sie neben den Praxisbesuchen außerdem Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen für Ärzte und Patienten und arbeitet an der Vernetzung bestehender und künftiger Strukturen im Gesundheitsmarkt Schleswig und Umgebung mit. Das Gespräch mit dem Allgemeinmediziner Dr. Uwe Fischer dauert nur fünfzehn Minuten. „Die Ärzte haben ja meistens nicht viel Zeit“, so HentkeSchink. 2.000 niedergelassene Ärzte betreut sie, Uwe Fischer gehört zu den A-Kunden – er weist viele Patienten ein und wird alle drei Monate besucht. „Es ist schön, dass sich jemand nach meinen Wünschen erkundigt“, sagt der Arzt. „Durch die Praxisbetreuung können wir viel miteinander bewegen und Abläufe optimieren. Ein paar Worte zu wechseln, verbessert das Klima ungemein.“
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POLITIK.
»Verlegung von Kassenarztsitzen ist übliche Praxis «
Das ATRIO-MED in Hamburg sorgte schon vor seiner Eröffnung für Schlagzeilen, weil es in ganz Hamburg Zulassungen aufkaufte und damit das Versorgungsangebot verlagerte. Hauptkritiker war die KV Hamburg, die den Betreiber und die das MVZ unterstützende Techniker Krankenkasse in ungewohnt heftiger Form attackierte. Scio sprach mit Angelika Schwabe, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg, und mit Tillmann Halbuer, Standort-Manager des MVZ ATRIO-MED.
Herr Halbuer, liegen Sie damit im Plan? Die Ärzte, deren Zulassungen Sie aufgekauft haben, haben vorher doch deutlich mehr Patienten behandelt. Tillmann Halbuer (T. H.): Es war nicht das Ziel, die aufgekauften Kassenarztsitze in alter Form weiterzuführen, sondern neue Versorgungsformen zu gestalten. Wir sind mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden.
R Zur Person Angelika Schwabe leitet die Landesvertretung der Techniker Krankenkasse in Hamburg. Sie glaubt, dass das ATRIO-MED trotz des Widerstands der KV in Hamburg ein Erfolg wird. Tillmann Halbuer leitet das umstrittenste MVZ im Norden. Er verzeichnet steigenden Patientenzuspruch.
Fotos: Dirk Schnack
Scio: Frau Schwabe, die KV wirft dem ATRIO-MED vor, das Versorgungsangebot zu verkleinern. Wird Ihr Angebot von den Patienten ignoriert? Angelika Schwabe (A. S.): Nein, ganz im Gegenteil! Nach Angaben des Betreibers steigen die Patientenzahlen kontinuierlich.
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POLITIK. Wie viel Prozent der Patienten sind TK-Versicherte? T. H.: Der Anteil der bei der Techniker Krankenkasse versicherten Patienten bewegt sich zwischen 30 und 40 Prozent.
Ist die Kritik nicht verständlich? Schließlich bleibt an den Standorten, an denen Sie Zulassungen aufkaufen, eine Lücke. Die verbleibenden Praxen sind ohnehin überlastet. A. S.: Die Verlegung von Kassenarztsitzen ist in Hamburg übliche Praxis! Im Übrigen widerspricht sich die KV im Hinblick auf sogenannte Versorgungslücken. Ich zitiere aus dem Ende Dezember 2008 erschienenen „Versorgungsbericht“ der KV: „Die Versorgung der Bevölkerung mit ambulanter Medizin ist in Hamburg so gut ausgebaut wie in keiner anderen Großstadt.“ Durchschnittlich kommen auf einen Quadratkilometer jeweils fünf niedergelassene Ärzte. Die Hansestadt ist ein einheitlicher Planungsbereich, da mit Hilfe öffentlicher Verkehrsmittel jeder niedergelassene Arzt in zumutbarer Zeit erreicht werden kann. T. H.: Die meisten Arztgruppen in der Hansestadt sind derzeit wegen Überversorgung „gesperrt“. Neuzulassungen sind damit grundsätzlich nur innerhalb des Praxisnachfolgeverfahrens möglich. Insbesondere dabei ist das Verlagern von Arztsitzen gängige Praxis. Warum war gerade in Hamburg die Kritik am ATRIO-MED so stark? An den anderen Standorten kann ATRIO-MED vergleichsweise geräuschlos arbeiten. A. S.: Das Geschäftsmodell der ATRIO-MED-Zentren ist an allen Standorten das gleiche. Es wird überall positiv aufgenommen – und zwar nicht nur von Patienten, sondern auch von Leistungserbringern und Zuweisern. Das zeigen zum Beispiel die Kooperationen mit Facharztpraxen oder auch Physiotherapeuten und Apotheken. Allein die Hamburger KV scheint ein Problem zu haben: Ich vermute, ihr gefällt nicht, dass dieses MVZ nicht von Medizinern betrieben wird. Der verhaltene Patientenzuspruch lässt Raum für Spekulationen: Wird das ATRIO-MED ein Verlustgeschäft für den Betreiber? T. H.: Wer spricht von einem verhaltenen Zuspruch? Die Patientenzahlen steigen von Monat zu Monat. Wir behandeln mittlerweile rund 1.500 Patienten pro Woche mit steigender Tendenz.
Foto: Atrio-Med
Was sagen Sie zu den massiven Angriffen auf die TK? A. S.: Es sind ja keine massiven Angriffe. Kritik kommt ausschließlich von der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Vorwürfe wiederholen sich.
R Fakten ATRIO-MED Start: 2.10.2008 Zulassungen: 11 Mitarbeiter: 56
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Wann kann das ATRIO-MED schwarze Zahlen schreiben? T. H.: Ihre Frage bezieht sich auf Betriebsinterna, die wir nicht an die Öffentlichkeit geben. Den langen finanziellen Atem des Betreibers sehen viele Ärzte kritisch. Ein Freiberufler könnte sich eine vergleichbare Anlaufphase nicht leisten. Zeigt das nicht, dass ein System mit freiberuflichen Ärzten effektiver arbeitet? T. H.: Das Geheimnis liegt nicht am langen Atem, sondern an der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen: Ein professioneller Einkauf für die gesamte Gruppe sowie ein professionelles Management schafft Synergien, die in kleineren Einheiten kaum erreicht werden können. Eine Entlastung der Mediziner von administrativen Aufgaben ermöglicht zudem mehr Zeit für die Behandlung von Patienten. Was ist von der Ankündigung Ihres Kassenchefs Professor Norbert Klusen zu halten? Er hatte bei der Eröffnung weitere ATRIO-MEDFilialen in Hamburg nicht ausgeschlossen. A. S.: Zunächst planen wir an zehn Standorten in Deutschland ein MVZ ATRIO-MED. Weitere MVZ schließen wir allerdings nicht aus.
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1991 Erste Angiographie der Hirngefäße im Magnetresonanztomographen 1992 Erste Gelenkuntersuchung im MRT 1994 Erste Mammographie im MRT 1995 Erste vernetzte Gemeinschaftspraxis 1996 Erste Untersuchung der Gangsysteme von Bauchspeicheldrüse und Galle im MRT 1997 Erste Bauch-, Becken- und Beingefäßuntersuchungen im MRT 2001 Erster Mehrzeilen-Computertomograph 2001 Erste virtuelle Koloskopie im MRT 2005 Erste Spektroskopie im MRT 2006 Erster 3-Tesla-MRT 2007 Erste 3-D-Mammographie im MRT 2008 Erster 320-Zeilen-Computertomograph conradia stellt Ihnen die Kompetenz von 15 international erfahrenen Radiologen, Nuklearmedizinern und Gynäkologen zur Verfügung. Schnelle Terminvergabe und rasche Übermittlung der Befundungen sind selbstverständlich. Alle Standorte, alle Angebote: www.conradia.de
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POLITIK.
Mit Freude Arzt sein – gar nicht so einfach Drei Ärzte – eine Meinung: Trotz aller Widrigkeiten wollen sie keinen anderen Beruf ausüben. Aber es gibt Grenzen. text & fotos | Dirk Schnack
Honorarkrise, Bürokratieberg, Frust über die Standespolitik: Wer heute über die Arbeitsbedingungen niedergelassener Ärzte spricht, dem fallen zunächst die Probleme in den Praxen ein. Junge Ärzte hören in den Medien, dass die Arbeit in Nachbarländern attraktiver sein soll. Wie erleben die unterschiedlichen Arztgenerationen im Norden ihren Arbeitsalltag? Die Ärztegenossenschaft lud drei Ärzte zu einem runden Tisch nach Rendsburg ein. Trotz sehr unterschiedlicher Erfahrungen und Arbeitsbedingungen waren sich Dr. Daniela Meyer (30), Dr. Sabine Hoffner-Eggers (45) und Dr. Michael Sonntag (70) einig: Ihr Beruf ist der schönste der Welt.
zu können. Die Chance dazu haben sie – ärztliche Arbeit ist stärker gefragt als je zuvor. Doch anders als Sonntag starten die beiden Frauen nicht in den 70er Jahren, als sich Ärzte um die Bezahlung ihrer Leistung wenig Gedanken machen mussten. Daniela Meyer kennt durch ihren Vater Christoph das Leben als Landarzt von klein auf. „Ich habe den Beruf immer schon faszinierend und spannend gefunden“, erinnert sie sich. Das Begleiten der Patienten über einen längeren Zeitraum, wie es ihr Vater in seiner Praxis kann, vermisst sie in der Klinik. Ob sie sich einmal niederlassen wird, steht dennoch nicht fest. Denn die derzei-
ten berücksichtigt, dass Medizin nicht einfach ein Job ist, den man im Akkord leisten kann: „Wir sind keine Automechaniker.“ Eine Niederlassung kam für sie bislang nicht in Frage, weil sie das damit verbundene wirtschaftliche Risiko scheut. Dennoch ist sie froh, nicht mehr in der Klinik arbeiten zu müssen. Dort fühlte sie sich nicht mehr angemessen berücksichtigt, nachdem sie aus familiären Gründen nur noch halbtags arbeitete. Sonntag hat großes Verständnis für die Wünsche der jungen Ärztegeneration, warnt aber auch vor zu hohen Ansprüchen. Job-Sharing und ähnliche Modelle gab es früher nicht und sind immerhin ein Fort-
»Man gibt als Arzt immer mehr, als dafür bezahlt werden kann.«
»Ich konnte meinen Töchtern Pferde geben, aber keine Zeit.« Dr. Michael Sonntag
»Ich bin nicht bereit zu arbeiten, ohne angemessen dafür bezahlt zu werden.«
Daniela Meyer
Freiwillig hätte Dr. Michael Sonntag seinen Beruf bis heute nicht aufgeben. Als der Landarzt aus Ostholstein 68 Jahre alt wurde, galt noch die Altersgrenze. Er musste aufhören. Von 1973 bis 2007 war Sonntag Landarzt mit Leib und Seele. Es gab Zeiten, in denen absolvierte er 30 Hausbesuche am Stück. Er war nicht nur Arzt, sondern auch Zuhörer, Ratgeber und praktischer Helfer. Wenn sonst niemand im Hause war, wechselte er eben die Glühbirnen, weil die alleinstehenden Patienten sich nicht mehr helfen konnten. Seine Arbeitstage waren oft so lang, dass er seine Familie kaum zu Gesicht bekam. Den hohen Einsatz aber hat er nie bereut. „Ich finde es faszinierend, wie viele Menschen mich so nah an sich herangelassen haben. Ich habe 1.000 Leben gelebt“, sagt Sonntag über sein Berufsleben. Wenn der Landarzt über seine Erfahrungen berichtet, spürt man bei Daniela Meyer und Sabine Hoffner-Eggers den Respekt vor der Leistung, aber auch den Wunsch, später einmal auf ein ähnlich erfülltes Berufsleben zurückblicken 22
Dr. Sabine Hoffner-Eggers
tigen Rahmenbedingungen sind für sie wenig ermutigend. „Ich muss von der ärztlichen Tätigkeit leben können. Ich bin nicht bereit zu arbeiten, ohne angemessen dafür bezahlt zu werden“, sagt sie. War früher also alles besser? „Wo wir früher zu dritt waren, sind heute elf Nachfolger. Jede zweite Nacht war Notdienst“, gibt Sonntag zu bedenken. Und er hatte kaum die Chance, sich der Nachfrage nach seiner Arbeit zu entziehen. Das war zwar finanziell erfreulich, nicht aber für die Familie. Über seine Töchter sagt er heute selbstkritisch: „Ich konnte ihnen Pferde geben, aber keine Zeit.“ Eine solche Belastung wäre für Sabine Hoffner-Eggers als junge Mutter nicht akzeptabel. Seit 2008 arbeitet sie als angestellte Ärztin im Medizinischen Versorgungszentrum Tellingstedt. Auch dort sind die Arbeitstage anstrengend. Die für die Arbeit notwendige Empathie kostet Kraft. Sie findet: „Man gibt als Arzt immer mehr, als dafür bezahlt werden kann.“ Die 45-Jährige beobachtet, dass die Gesellschaft oft zu viel von den Ärzten erwartet und zu sel-
schritt. Und zur finanziellen Seite gibt er zu bedenken: „Nur wenn es der Gesellschaft gut geht, geht es auch den Ärzten gut. Wir können uns nicht einfach von der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung abkoppeln.“ Sonntag räumt ein, dass er früher zwar auch nicht wusste, wie viel Honorar er für seine Arbeit als niedergelassener Arzt bekommen würde. Doch er hatte stets die Sicherheit, dass es reichen würde. Ob nun heute oder früher die Vorteile überwiegen, ist für die drei Ärzte zweitrangig. Im Laufe der Diskussion rücken die Vorzüge der ärztlichen Tätigkeit immer stärker in den Vordergrund. Und selbst die zeitraubende Landarzttätigkeit, so ihre Erfahrung, ermöglicht meist feste Termine in der Mittagszeit, zu denen man gemeinsam mit der Familie essen kann – was in den meisten anderen Berufen undenkbar ist. Das Entscheidende aber für alle drei ist die positive Erfahrung mit den Patienten. Sonntag drückt es so aus: „Am Ende eines Arbeitstages war ich häufig der Beschenkte.“ I | MMIX
SprechStunde. cheFSAche.
das sollten Sie wissen bei der gründung von Zweigpraxen Praxisfilialen werden immer beliebter. Rechtsanwalt Jan Dischinger verrät Ihnen, worauf Sie bei der Gründung achten sollten.
Für eine wohnortnahe ambulante Versorgung werden Zweigpraxen in vielen Regionen und Stadtteilen an Bedeutung gewinnen. Für niedergelassene Ärzte können Filialen die Chance bieten, ihren Wirkungskreis und ihren Patientenstamm zu verbreitern. Zugleich besteht die Möglichkeit, mit der Expansion eine solidere wirtschaftliche Basis zu legen und die Übernahme des Sitzes durch ein MVZ zu verhindern. Das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz von 2007 erhöht aber auch das Risiko, dass ein konkurrierender Arzt mit gleichem Angebot in direkter Nachbarschaft zu Ihrer Praxis eine Filiale eröffnet. Doch der Weg zur Zweigpraxis ist kein Selbstgänger. Vorher sollten logistische und finanzielle Folgen abgewogen und die rechtlichen Bedingungen beachtet werden. Das sollten sie wissen: • Ob eine Arztpraxis eine Filiale eröffnen kann oder nicht, wird für jeden Einzelfall gesondert unter Beachtung der tatsächlichen Versorgungssituation am Ort entschieden. • Voraussetzung ist, dass die Filiale die Versorgung der Versicherten an diesem Ort verbessert und zugleich die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird.
Foto: Jörg WohlFromm
Das Problem: Die Formulierung „Verbesserung der Versorgung der Versicherten am weiteren Ort“ ist Auslegungssache – und die Regelungen der Bundesmantelverträge schweigen sich hierzu weitgehend aus. Fest steht, dass nicht jedes neue ärztliche Angebot zu einer verbesserten Versorgung führt. Die Rechtsprechung räumt den KVen in diesem entscheidenden Punkt einen Ermessensspielraum ein, der vom Gericht nur bedingt überprüft werden kann. Wann ist von einer verbesserten Versorgung auszugehen? Dies ist sicherlich der Fall, wenn eine bestehende Bedarfslücke durch die Filiale dauerhaft geschlossen oder verringert werden kann.
scio. Magazin für das ärztliche Leben
Jan dischinger, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht aus Kiel
Folgende Punkte können dafür maßgebend sein: • nachhaltig veränderte Versorgungssituation durch Erweiterung des Leistungsangebotes im Fachbereich vor Ort, • Verbesserung der Erreichbarkeit für die Versicherten, • Verkürzung von Wartezeiten
einer Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichtes ist im Laufe des Jahres zu rechnen. Eine Entscheidung des LSG München, wonach keine Anfechtungsbefugnis besteht, ist noch nicht rechtskräftig.
Dies gilt grundsätzlich für Planungsbereiche, in denen Zulassungsbeschränkungen gelten. In offenen Planungsbereichen ist davon auszugehen, dass jedes neue Angebot grundsätzlich zu einer Verbesserung der Versorgung führt.
Wenn Angestellte nur in der Filiale beschäftigt werden sollen, muss sich die Genehmigung hierauf ausdrücklich erstrecken. Mit dem Einsatz auch am Hauptort lässt sich dieses besondere Genehmigungserfordernis ausschalten.
»Wenn Angestellte nur in der Filiale beschäftigt werden sollen, muss sich die Genehmigung hierauf ausdrücklich erstrecken.«
Anders als bei Zahnärzten gibt es bei Ärzten keine ausdrücklichen zeitlichen Vorgaben für die Beschäftigungsdauer des Angestellten in der Zweigpraxis. Damit gelten die allgemeinen Regelungen, dass die Tätigkeit des Angestellten vom Vertragsarzt überwacht wird und der Vertragsarzt die Praxis persönlich leitet. Die persönliche Leitung wird angenommen, wenn je Vertragsarzt nicht mehr als drei Vollzeitangestellte beschäftigt werden.
JAn diSchinger
Klarer geregelt ist die rechtliche Situation für den Hauptsitz. Wer eine Filiale betreibt, muss für seinen Hauptsitz beachten: • Der Vertragsarzt muss mindestens 20 Stunden pro Woche persönlich für Sprechstunden am Vertragsarztsitz zur Verfügung stehen. • Die Tätigkeit am Vertragsarztsitz muss gegenüber allen externen Tätigkeiten überwiegen. • Der Vertragsarzt muss auch in sprechstundenfreien Zeiten am Vertragsarztsitz zur Verfügung stehen (Residenzpflicht) – hierzu gibt es keine allgemeinverbindlichen Zeitvorgaben. Eine Fahrtzeit von 45 Minuten zwischen Hauptsitz und Filiale wurde vom Gericht nicht als Beeinträchtigung der Versorgung angesehen.
KonKurrentenKlAge gegen FiliAlen? Umstritten und juristisch nicht entschieden ist die Frage, ob ein bereits niedergelassener Vertragsarzt eine Genehmigung der KV zur Filialtätigkeit eines anderen Arztes anfechten kann. Mit
BeSchäFtigung Von AngeStellten in der FiliAle
So erhöhen Sie Ihre Chancen auf eine Genehmigung: 1. Machen Sie ausführliche Angaben zum Leistungsspektrum in der Zweigpraxis. 2. Führen Sie Tätigkeiten auf, die im Einzugsbereich des Zweitortes nicht beziehungsweise. nicht ausreichend zur Verfügung stehen. 3. Weisen Sie auf Ihre Qualifikationen hin. 4. Erläutern Sie die Versorgungssituation vor Ort sachlich.
WAS tun, Wenn der AntrAg ABgelehnt Wird? Bei einem negativen Bescheid können Sie Rechtsmittel einlegen. Sie haben aber noch eine weitere Option: Überlegen Sie, ob die Filiale wirklich eine kassenärztliche Zweigpraxis sein soll. Rein privatärztliche Filialen müssen nämlich allein der Ärztekammer angezeigt werden – eine Genehmigung benötigen Sie dafür nicht. 23
cheFSAche.
ärzte nutzen Freiräume in der Werbung nicht aus Marketing ist für viele Praxisinhaber noch immer ein Tabuthema. PR-Profi Ludwig Rademacher hält das für einen Fehler
Foto: Jakobsen
ludwig rademacher (58) ist Inhaber der Kommunikationsagentur BKM in Hamburg.
„... meine urlaubsvertretung übernimmt ...“ war über lange Jahre eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen ein niedergelassener Arzt in der Zeitung auf sich aufmerksam machen durfte. Dies hat sich grundlegend geändert – mit höchstrichterlicher Absegnung durch das Bundesverfassungsgericht. Bereits 2001 haben die Damen und Herren in den roten Roben festgeschrieben, dass sinnvolle Patienteninformation sogar erwünscht ist. Diese Ansage ermöglicht einen so großen Spielraum, dass auch für niedergelassene Ärzte die Türen nach draußen weiter geöffnet sind als jemals zuvor. Doch durch diese Türen gehen immer noch nur wenige Praxisinhaber. Vorausgesetzt, man macht es richtig, zahlt es sich schnell aus, die Chancen von Öffentlichkeitsarbeit und Marketing zu nutzen. Vor allem vier Faktoren bestimmen die Zurückhaltung: Unkenntnis der Möglichkeiten, Sorge davor, gegen das Standesrecht zu verstoßen, die Furcht vor Fehlinvestitionen und – unausgesprochen – oft auch falscher Stolz.
unKenntniS Praxen können vor allem folgende Instrumente nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen: Informativer Internetauftritt: Sachliche, aber ansprechende und verständliche Darstellung des Leistungsspektrums und der vorhandenen Medizintechnik in Text und Bild, Ausbildung der Ärzte (mit Portraitfotos), Zertifizierungen, Mitgliedschaften, Erreichbarkeiten, Kontaktdaten, Anfahrtskizze. Spezialisierte Dienstleister erstellen solche Auftritte kostengünstig, so dass Aktualisierungen auch von Praxismitarbeitern vorgenommen werden können. Praxisflyer: Als gedrucktes Informationsblatt ist es zum Mitnehmen fast schon selbstverständlich. Es enthält die verkürzte Darstellung der Aussagen aus dem Internet, zum Beispiel im Format DIN A4, zweimal gefaltet. Die Druckkosten können durch das Einholen verschiedener Angebote meist massiv gesenkt werden. Mehr als 100 Euro sollte der Druck von 1.000 Exemplaren nicht kosten. Auch für die leserorientierte Gestaltung, das Schreiben verständlicher Texte und die Produktion freundlicher Fotos sollten Angebote eingeholt werden. Pressearbeit: Gerade Lokalzeitungen nehmen Me-
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dizinservice als Thema Ernst: Ärzte können sich als Experten anbieten, zum Beispiel für medizinische Aktionstage, aber auch für allgemeine Tipps wie Ernährung oder Bewegung. Bewährt haben sich auch Telefonsprechstunden, die Zeitungen gemeinsam mit Ärzten ihren Lesern anbieten. So entsteht eine gute Reputation und das sorgt für Motivation auch bei den Mitarbeitern.
StAndeSrecht Die Standesorganisationen legen in der Praxis das Standesrecht immer noch ein wenig unterschiedlich aus: Grundsätzlich gilt: Informationen sind nur zulässig, soweit sie wahr und sachgerecht, aber nicht marktschreierisch sind. Sie müssen für den Patienten verständlich dargebracht werden und im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Die bewusste Herausstellung der Person des Arztes und nicht seiner Leistungen und Fähigkeiten, die Werbung mit unklaren Bezeichnungen und der Vergleich mit der Konkurrenz sind verboten. Auch hier kann eine Agentur entsprechende Erkundigungen einziehen und so unliebsamen Überraschungen vorbeugen.
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FehlinVeStitionen Das preiswerteste Marketing sind Patientenbindung und sogenanntes virales Marketing: Zufriedene Patienten kommen wieder, und sie sprechen zudem Weiterempfehlungen aus. Eine solche Mund-zu-Mund-Propaganda ist unbezahlbar. Für alles andere gilt: Die teuersten Fehler werden zu Anfang gemacht: Deswegen sind eine sorgfältige und ehrliche Bestandsaufname und eine Planung wichtig. Die drängendsten Fragen lauten: Wo steht die Praxis in Bezug auf die Wettbewerber und auf die Patientenstruktur? Wo sind Alleinstellungsmerkmale? Wo sind die Stärken und die Defizite? Aus all diesen Erkenntnissen werden Ziele und Kriterien formuliert: Was soll bekannt gemacht werden? Welche Wege werden dafür beschritten? Wieviel Geld soll in den kommenden zwölf Monaten wofür ausgegeben werden? Ob die Praxis ein eigenes Logo braucht, das zum Beispiel im Briefpapier, auf Visitenkarten und Praxisschild und auf allen Veröffentlichungen auftaucht und so zum Markenzeichen werden kann, sollte im Gespräch mit einer Agentur entschieden werden, die auf die Medizinbranche spezialisiert ist.
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Steuerberatung für Ärzte · Fachbezogene Steuerberatung für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte · Existenzgründungsberatung, Finanzberatung und betriebswirtschaftliche Beratung · Statistische, zeitnahe Vergleichszahlen der ärztlichen Fachbereiche Niederlassungen 23795 Bad Segeberg Bahnhofstraße 1-3, Tel.: 04551 90843-0 E-Mail: bad-segeberg@BUST.de 22083 Hamburg Humboldtstraße 53, Tel.: 040 2714169-0 E-Mail: hamburg@BUST.de, www.BUST.de
FAlScher StolZ Längst ist die Arztpraxis kein geschützter Raum mehr. Es zeugt von falschem Stolz, dem Wettbewerbsdruck nicht offensiv zu begegnen, bevor die Wettbewerber es tun. Und: Immer mehr Patienten, Privatpatienten zumal, informieren sich gründlich über die ihnen zugänglichen Quellen, welche Praxis für sie in Frage kommt.
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Vier Faktoren bestimmen die Zurückhaltung Bei allem ist aber auch entscheidend, dass die Darstellung den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis entspricht: Nichts ist kontraproduktiver als uneinhaltbare – nämlich unehrliche – Versprechen. Dazu zählen übrigens auch Aussagen zum „angenehmen Ambiente“ und zu „Parkplätzen vorm Haus“. Und andersrum: Wer vom „effizienten Praxismanagement mit kurzen Wartezeiten“ spricht, erweckt leichtfertig und unnötig den Eindruck einer Massenabfertigung – ein klassischer Fall von „Gut gemeint, aber schlecht gemacht“.
HAUSBESUCH.
»Bei einem deutschen Arzt würde ich nur die Hälfte verstehen.« 115 ausländische Ärzte sind in Hamburg niedergelassen. Einer von ihnen ist Dr. Fahrettin Adsay, in dessen Praxis es multikulturell zugeht. text | Daniela Stohn
foto s | Jörg Wohlfromm
Ein Schild weist den Weg ins Erdgeschoss des Ärztehauses in der Neuen Großen Bergstraße 7 in Hamburg-Altona. „Dr. med. Fahrettin Adsay, Facharzt für Innere Medizin“ steht dort. Und darunter: „ichastaliklari ve sekerhastaligi (Diyabetoloji) uzumani“, die türkische Übersetzung. Dr. Adsay (55) ist ein Mann mit kurzen grauen Haaren, einem freundlichen Lachen und dunklen, buschigen Augenbrauen, die sich über den Brillenrändern kräuseln. Er arbeitet als Internist mit Schwerpunkt Diabetologie in einem Stadtteil, in dem jeder vierte Bewohner einen Migrationshintergrund hat, wie es im Bürokratenjargon heißt. Seine Patienten sind zu 80 Prozent Türken wie er, außerdem kommen Afghanen, Russen, Araber, Afrikaner und einige wenige Deutsche. Die drei Arzthelferinnen sprechen neben Deutsch auch Afghanisch, Englisch und Türkisch. „Noch multikultureller als bei uns geht es nicht“, sagt Ulla Adsay (55). Ulla Adsay ist die einzige deutsche Kraft in der Praxis ihres Mannes. Sie ist Diabetesberaterin, gute Seele und Organisatorin der Praxis, kümmert sich um die Verwaltung und die Schulungen der Patienten. Gerade sitzen Ilknur (19) und ihr Bruder Engin (22) neben ihr im Schulungsraum und betrachten Tafeln mit türkischen Speisen. Sie sind Diabetiker und wollen lernen, wie sie sich am besten ernähren. Börek zum Beispiel, die gefüllten Teigtaschen, erfahren sie, haben 1,5 Broteinheiten. „Davon hängt ab, wie viel Insulin Ihr spritzen müsst“, sagt Ulla Adsay. Sie hält kleine Plastikbeutelchen mit Kichererbsen hoch, daraus werde zum Beispiel Humus gemacht. „Die Menge des Insulins wird bestimmt von der
R ZUR PERSON Dr. Fahrettin Adsay stammt aus der Türkei. Mit 19 Jahren kam er nach Deutschland, um Medizin zu studieren. 1991 übernahm er eine Praxis in Hamburg-Altona, in der heute Menschen aus vielen Ländern behandelt werden. Die Patienten schätzen an der Praxis des 55-Jährigen, dass sie sich in ihrer Muttersprache verständigen können. 26
Höhe des Blutzuckerspiegels und der Menge der verzehrten Kohlehydrate“, erklärt sie den Geschwistern. Ilknur und ihr Bruder wohnen im Schanzenviertel, sie sind mit dem Bus gekommen. Bis auf die Mutter leiden alle Mitglieder in der sechsköpfigen Familie an Diabetes. „Das ist lästig, aber wir müssen lernen, mit der Krankheit zu leben und umzugehen“, sagt Ilknur in perfektem Deutsch und zieht ihr schwarzes Kopftuch fest. Dreimal am Tag spritzt sie Insulin, fünfmal am Tag muss sie ihren Blutzuckerspiegel messen. Es sei wichtig, erklärt Ulla Adsay, dass die Patienten verstehen, wie sie ihr Leben und ihre Ernährung umstellen müssen. Und dass sich die Ärzte auf die Lebensgewohnheiten der Patienten einstellen. Was nütze es, wenn man einem Türken erkläre, wie viele Broteinheiten ein Marmeladenbrot habe, wenn er Schafskäse, Oliven und Suppen frühstücke? Ulla Adsay ist gut vorbereitet auf die verschiedenen Kulturen, die sie schult. Sie hat Tafeln in der Schublade mit afghanischen Gerichten wie Daal, mit deutschem Gulasch und mit arabischem Falafel. Trotzdem kommt es vor, dass auch sie erst recherchieren muss. Neulich war ein Mann aus Togo da, der gerne Kochbananen isst. „Die kannte ich gar nicht. Ich musste erst herausfinden, wie viele Broteinheiten sie haben – nämlich sehr viele“, sagt sie. Ihr Mann sitzt zwei Zimmer weiter in Untersuchungsraum 2, gegenüber von Hen Höyen, und hört aufmerksam zu. Der Patient ist schon viele Jahre mit Diabetes bei ihm in Behandlung, heute plagt ihn sein hoher Blutdruck. Dr. Adsay verschreibt ein neues Medikament. „Ich bin sehr froh, einen türkischen Arzt zu haben“, sagt Höyen, ein älterer Mann mit einer braunen Jacke. „Mein Deutsch ist nicht gut genug, bei einem deutschen Arzt würde ich nur die Hälfte verstehen.“ Für Fahrettin Adsay macht es keinen Unterschied, welche Nationalität seine Patienten haben. „Allen Menschen, die zu mir kommen, helfe ich, so gut ich kann.“ Zwei Drittel seines Lebens hat er in Deutschland verbracht, er spricht fließend deutsch, ist mit einer Deutschen verheiratet und fühlt sich genauso als Deutscher wie als Türke. Mit 19 kam er aus Mardin in der Türkei nach Düsseldorf und studierte Medizin. Nach acht Jahren in einem Gelsenkirchener Krankenhaus übernahm er vor 18 Jahren die Praxis in Hamburg. „Wir waren damals die ersten in Deutschland mit dem Schwerpunkt Diabetologie“, erinnert er sich. Heute gibt es insgesamt 17 Praxen in Hamburg, aber nur eine mit türkischsprachigem Arzt. „Das ist schon eine Marktlücke gewesen“, sagt er. „Ich bin ja Unternehmer und gehe dorthin, wo die Kunden sind.“ I | MMIX
HAUSBESUCH.
»Die türkischen Patienten sind fatalistischer, sie sagen, Gott wird das schon richten.« Selbsthilfeorganisationen beklagen seit Längerem, dass bei der Behandlung von Migranten sprachliche und interkulturelle Missverständnisse an der Tagesordnung seien. In Hamburg haben sich viele Praxen auf die Zielgruppe eingestellt: In 351 Arztpraxen wird Türkisch gesprochen, in 63 von ihnen vom Arzt oder der Ärztin selbst. Insgesamt gibt es in der Hansestadt 471 ausländische Ärztinnen und Ärzte, 115 sind niedergelassen. Dorthe Kieckbusch von der Ärztekammer Hamburg: „So ein Angebot ist in einer multikulturellen Stadt wie Hamburg einfach notwendig. Angesichts der Scham und der Sprachprobleme erleichtert es die Patienten sehr, wenn sie ihre Probleme in der Muttersprache besprechen können. Missverständnisse können so vermieden werden.“ Wird in einer Praxis die Muttersprache des Patienten nicht verstanden, muss dieser selbst einen Übersetzer mitbringen. Im Wartezimmer von Dr. Adsay, einem gemütlichen Raum mit rotem Linoleumboden und vielen Pflanzen, hängen Bilderrahmen an den Wänden mit Fotos und Zeitungsausschnitten. Es sind Artikel aus der türkischen Zeitung „Hürriyet“, die Dr. Adsay mit seinen Patienten auf Diabetesveranstaltungen mit Migranten zeigen. Eine Frau mit schwarzem Kopftuch sitzt im Wartezimmer, sie ist eingeschlafen, schnarcht leise. Dass türkische Frauen nur in Begleitung ihrer Männer kommen dürfen, sei ein verbreitetes Vorurteil, sagt Fahrettin Adsay. „Zu einem türkischen Arzt haben türkische Frauen Vertrauen, da muss niemand dabei sein. Sich für eine Untersuchung freizumachen, ist etwas anderes, als nackt am Strand zu liegen. Bei einem deutschen Arzt mag das vielleicht anders sein, weil die Distanz größer ist.“ Trotzdem kämen vor allem ältere Türkinnen meist in Begleitung eines Familienangehörigen zu ihm. „Von den über 60-Jährigen können die meisten nicht lesen und schreiben, sie finden den Weg in meine Praxis nicht und brauchen daher Begleitung.“ Für diese Analphabetinnen klebt Ulla Adsay Symbole auf scio. Magazin für das ärztliche Leben
die Insulinspritzen: Eine Sonne für morgens, ein Besteck für mittags und einen Mond für abends. Verständnis sei wichtig, sagen die Adsays. Für andere Kulturen, aber eben auch für die eingeschränkten Möglichkeiten einiger Patienten. „Im Ramadan spritzen gläubige Moslems tagsüber kein Insulin“, sagt Fahrettin Adsay. „Ich sage ihnen dann, dass es nicht gesund ist, dass ich das nicht empfehle. Aber ich akzeptiere ihre Entscheidung und begleite sie.“ Das Ehepaar Adsay hat die Rollen klar untereinander aufgeteilt. Dr. Fahrettin Adsay ist der ruhige, besonnene Part, seine energische Frau kann sich schon mal in Rage reden: „Ich finde es unmöglich“, sagt sie, „wenn ausländische Patienten im Krankenhaus oder in einer Praxis deutschsprachige Broschüren mitbekommen, obwohl sie kein Wort verstehen. Man muss sie da abholen, wo sie stehen, wenn man ihnen helfen möchte.“ Das, glaubt sie, sei der große Vorteil ihrer Praxis: „Wir reden sehr viel mit unseren Patienten. Bei uns hat noch jeder verstanden, wie er sich Insulin spritzen muss. Sogar ältere Menschen lernen das, auch wenn es länger dauert. Sie sollen möglichst unabhängig leben können.“ 60 Prozent von Dr. Adsays Patienten sind Diabetiker, der Rest Hausarztpatienten. Fast alle sind gesetzlich versichert. „Türkische Patienten werden in Deutschland nicht anders behandelt als Deutsche. Da kann man das System loben“, so Dr. Adsay. „Schlimm ist es nur für die Sozialamtspatienten: Ihnen wird nicht mal die Schulung bezahlt“, ergänzt seine Frau. Neben den Schulungen für Diabetiker und DiabetikerFußbehandlungen bietet die Praxis außerdem zweimal im Jahr Weiterbildungen für die umliegenden Arztpraxen an. Der Unterschied zwischen deutschen und türkischen Patienten? Dr. Fahrettin Adsay muss erst nachdenken. „Die Türken sind fatalistischer, sie sagen, Gott wird das schon richten.“ Er lacht und fügt hinzu: „Ich hätte gerne mehr deutsche Patienten. Sie sind gründlicher und machen eher das, was ich ihnen sage.“
In der Praxis von Dr. Fahrettin Adsay lassen sich Patienten aus vielen Ländern behandeln. Diabetesberaterin Ulla Adsay geht gezielt auf die Ernährungsgewohnheiten türkischer Patienten ein. Die Patienten bekommen Informationsmaterial in ihrer Landessprache.
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MEINUNG.
Die Arztpraxis im Wahlkampf – wie weit dürfen Ärzte gehen? Der Bundestagswahlkampf steht vor der Tür. Manche sehen darin eine Chance, den Patienten ihre Position zur Gesundheitspolitik zu verdeutlichen. Dürfen Ärzte das?
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ie derzeitige Bundesregierung betreibt eine Politik, die gegen die niedergelassenen Ärzte gerichtet ist. Insbesondere werden die Praxen niedergelassener Fachärzte durch eine Aushöhlung ihrer finanziellen Basis, eine unnötige Konkurrenz durch Kliniken und eine irrsinnige Überbürokratisierung in ihrer Existenz bedroht. Die angesichts der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts notwendige Rationierungs- und Priorisierungsdiskussion wird von der Politik verweigert und auf die Ärzte in ihren Praxen verschoben. Die negativen Auswirkungen der Gesundheitsreformen auf die ambulante medizinische Versorgung der Patienten werden nicht transparent gemacht. Wartelisten, Ausdünnung der Versorgung, weite Anfahrtsstrecken und ein vermindertes Angebot an medizinisch-technischen Untersuchungen sind jetzt schon spürbar. Dies wird sich in Kürze dramatisch verschärfen. Die Preise in der neuen Kassengebührenordnung sind katastrophal niedrig und machen technik- und personalintensive Leistungen unwirtschaftlich. Gleichzeitig werden Ärzte systematisch durch Schwarzbücher und ständige Betrugsdiskussionen insbesondere von der Politik diskreditiert. Damit soll ihre Position geschwächt werden. Der Bundesregierung schwebt offensichtlich der Ausverkauf der niedergelassenen Arztpraxen an Konzerne und deren medizinische Versorgungszentren vor. 28
Ihrer Verantwortung werden Ärzte nur gerecht, wenn sie sie auch aktiv wahrnehmen. Ärzte sind aber nicht nur im engeren medizinischen Sinne für die Versorgung ihrer Patienten zuständig. Niedergelassene Ärzte tragen auch Verantwortung für die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung. Daher ist es auch ihre Aufgabe, die Patienten auf Risiken in diesem Bereich aufmerksam zu machen. Darüber hinaus sind niedergelassene Ärzte auch verantwortliche Unternehmer, die ihre Mitarbeiter und deren Familien zu berücksichtigen und zu schützen haben. Und zu guter Letzt kann von niemandem erwartet werden, dass er bei existenzieller Bedrohung einfach nur zusieht, wie er „abgewickelt“ wird. Da alle Appelle an die Politik zur Verbesserung der Lage niedergelassener Ärzte bislang ohne Erfolg geblieben sind, bleibt nur die Möglichkeit, die Misere öffentlich zu machen. Hierzu ist es nicht nur gerechtfertigt, die Arztpraxis zu politisieren, sondern es ist geradezu die Pflicht niedergelassener Ärzte, dies zu tun. Hierzu gehört zunächst die Aufklärung der Patienten über die oben genannten Folgen der Gesundheitsreformen im Wartezimmer mithilfe von Plakaten, Flyern und Wartezimmer-TV. Auch die politische Diskussion mit den so informierten Patienten im Sprechzimmer ist Teil dieser notwendigen Aufklärungsarbeit. Dabei werden die niedergelassenen Ärzte klar und deutlich die wahren Verursacher der Verschlechterungen nennen, nämlich die jetzt verantwortlichen Gesundheitspolitiker von SPD und CDU/
CSU. Allen voran Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Im Wahljahr 2009 werden die niedergelassenen Ärzte aber noch einen Schritt weitergehen müssen. Konkrete Hilfe zur Wahlentscheidung im Herbst 2009 wird notwendig werden, da die gesundheitliche Versorgung Wahlkampfthema Nummer eins sein wird. Für Letztes werden die Aktionen der niedergelassenen Ärzte sorgen. Da die Aussagen zur Gesundheitspolitik der meisten Parteien nebulös bleiben, werden die niedergelassenen Ärzte ihren Patienten sagen müssen, welche Partei für ihre Gesundheit am unschädlichsten ist. Ärzte tragen neben einer medizinischen Verantwortung auch eine gesellschaftliche. Dieser können sie nur gerecht werden, wenn sie die Verantwortung aktiv wahrnehmen. Die ambulante medizinische Versorgung in unserem Land ist hervorragend und beispielhaft für die ganze Welt. Die mutwillige Zerstörung dieses Systems aus ideologischen Gründen rechtfertigt jederzeit den Widerstand niedergelassener Ärzte gegen eben diese Zerstörung. Es kann von niedergelassenen Ärzten nicht erwartet werden, dass sie der Zerstörung ihrer Praxen, der Arbeitslosigkeit ihrer Mitarbeiter und der Verschlechterung der medizinischen Versorgung ihrer Patienten tatenlos zusehen.
Foto: privat
Dr. med. Dirk Heinrich, Vorsitzender der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände Hamburg, Präsident des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte
»Der Abwicklung nicht tatenlos zusehen«
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MEINUNG. „Wer tut uns allen weh? CDU und SPD!“ Solche Sprüche in einer Arztpraxis – das hätten Praxisinhaber früher rigoros abgelehnt. Heute hängt das Plakat der Freien Ärzteschaft mit der Headline „Diese Gesundheitspolitik macht krank“ in vielen Praxen. Ärzte nutzen den Bundestagswahlkampf, um die Patienten über die aus ihrer Sicht gescheiterte Gesundheitspolitik zu informieren – und schrecken dabei nicht davor zurück, ihre Abneigung gegenüber einzelnen Parteien und Politikern zu äußern. Andere halten diese Politisierung der Praxen für gefährlich
und werfen Ärzten vor, ihre Position gegenüber den Patienten zu missbrauchen. Wie weit darf ein Arzt gehen? Was ist vertretbar, wo überschreitet er Grenzen? Scio will die Diskussion über das Thema anstoßen und stellt zwei konträre Meinungen zur Politik im Warte- und Sprechzimmer vor.
R Schreiben Sie uns Ihre Meinung Redaktion Scio, mediageno Verlags GmbH Bahnhofstr. 1-3, 23795 Bad Segeberg E-Mail: kontakt@mediageno.de
R Info Der Patientenombudsverein Schleswig-Holstein ist eine gemeinnützig anerkannte Institution. Er greift vorrangig Einzelprobleme von Patienten und Versicherten mit Ärzten, Krankenhäusern, Krankenkassen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens auf. Dafür stehen sechs ehrenamtlich tätige Personen zur Verfügung. Ziel des Vereins ist es, berechtigte Interessen von Patienen und Versicherten im Rahmen des sozialen Sicherungssystems durchzusetzen.
»Der freie Arztberuf darf durch niemanden gefährdet werden – auch nicht durch Ärzte« Prof. Günther Jansen Vorsitzender des Verein Patientenombudsmann/-frau Schleswig-Holstein e. V.
Foto: Dirk Schnack
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ie ungerechte Behandlung von GKVPatienten nimmt erheblich zu. Privatpatienten werden von einem Teil der Ärzte ausdrücklich bevorzugt – insbesondere bei Terminvergaben. Ärzte scheuen sich nicht, Entsprechendes in ihren Wartezimmern zu plakatieren. Aber das war nur der Anfang problematischer Abläufe in manchen Praxen. Inzwischen politisiert ein Teil der Ärzte ihre Praxen parteipolitisch einseitig. Ausgangspunkt ist die aktuelle Honorarreform – erneut eine komplizierte und überbürokratisierte Abrechnungssystematik mit vielen Ungerechtigkeiten in der Bewertung. Die Eckpunkte des neuen Systems haben KBV und Krankenkassen vereinbart beziehungsweise im gemeinsamen Bewertungsausschuss festgelegt. Also waren alle – auch die Ärzte – beteiligt. Gegenüber 2007 sind circa drei Milliarden Euro zusätzlich in das Honorarsystem der niedergelassenen Vertragsärzte geflossen. Offensichtlich hat niemand die Ärzte ausreichend informiert, dass Honorarzuwächse aus 2008 anzurechnen waren. Wenn es darüber hinaus in der komplizierten Verteilung dieser Mittel zu Verwerfungen und Ungerechtigkeiten gekommen ist, müssen diese beseitigt werden. Das gilt im Besonderen für einige Facharztgruppen und ganz speziell für die Orthopäden. Die Verantwortlichen in Politik, in den KVen und bei den Krankenkassen sind gefordert. Dafür bedarf es Sachargumente und keiner parteipolitischen Einseitigkeit. Die scio. Magazin für das ärztliche Leben
Ärzte arbeiten auf der Grundlage eines besonderen Berufsethos. Dies gilt es zu bewahren. KVen haben einen öffentlich-rechtlichen Auftrag und müssen sich parteipolitisch neutral verhalten. Alle niedergelassenen Vertragsärzte sind Mitglied einer KV. Die parteipolitische Neutralität gilt daher auch bei der Erfüllung des Versorgungsauftrages in allen ärztlichen Praxen. Im geltenden Versorgungssystem ist es auch unzulässig, Patienten nicht zu behandeln, weil zum Beispiel in den letzten Wochen des Quartals das Regelleistungsvolumen verbraucht ist und weitere ärztliche Leistungen nur „abgestaffelt“ bezahlt werden. Es gilt nach wie vor die Behandlungspflicht im ganzen Quartal mit bedarfsgerechten Sprechstunden auf der Grundlage der vereinbarten Gesamtvergütung im KV-Bezirk. Alles andere ist Vertragsverletzung. Auf keinen Fall dürfen die teilweise zu Recht formulierten Beschwerden von Ärzten über ihr Honorar dazu führen, dass sie mit kranken Patienten während der medizinischen Behandlung in der Praxis parteipolitisch einseitig motivierte Therapiegespräche führen. Dazu zählt auch die Verunsicherung kranker Menschen über entsprechende Texte in den Wartezimmern. Das gehört sich nicht, das ist unethisch, das ist unzulässig. Ziel muss es sein, Ärzte im Rahmen der bereitgestellten Gesamtvergütung möglichst leistungsgerecht zu vergüten. Ärzte müssen aber begreifen, dass auch in anderen Berufen nicht jeder Umsatz und jeder gewünschte Betriebsgewinn erreichbar ist. Dennoch liefern
die Berufe ihre volle Arbeitszeit ab und akzeptieren schwankende Einkommen. Wenn in einem seit 1873 bestehenden staatlichen Sozialversicherungssystem Geld nicht unendlich zur Verfügung steht, ist es besser, das jetzige Honorarsystem immer wieder bedarfsgerecht anzupassen und auch mit seinen Schwächen zu leben, als in ein Gesundheitswesen mit staatlich angestellten Ärzten abzudriften. Dafür brauchen wir aber wieder mehr regio-nale Selbstverwaltung statt staatlichen Zentralismus. Ärzte haben in unserer Gesellschaft nicht nur einen exzellenten Ruf, sondern arbeiten auf der Grundlage eines besonderen Berufsethos. Dies gilt es zu bewahren. Ihre Rechte werden die Ärzte in Zukunft nur erfolgreich durchsetzen, wenn sie sich nicht selbst auseinanderdividieren. Die KV war und ist (noch) eine starke Verhandlungspartnerin gegenüber Politik und Kassen. Der Zerfall der Ärzteschaft in zusätzliche Organisationen und ein stetiges Abrücken von den Besonderheiten eines freien Berufes hin zur Angestelltentätigkeit in Großpraxen oder MVZ mit immer neuen Tätigkeiten aus dem bisherigen Kompetenzbereich der frei tätigen Fachärzte ist der falsche Weg. Es geht um den Erhalt eines freien Berufes – auch im Interesse der Patienten. Ich bitte die Ärzteschaft, ihre Praxen nicht parteipolitisch zu instrumentalisieren. Das haben sie trotz aller Probleme nicht nötig. 29
SprechStunde.
Im notfall greift der Arzt zur pistole des patienten Arzt bei der Polizei – abwechslungsreich, aber manchmal auch gefährlich. Dr. Thomas Wagner aus Neumünster ist einer von nur sieben Medizinern bei der Polizei Schleswig-Holstein. text | Frank A. Nemitz
foto s | Jörg Wohlfromm
holsteinstadion Kiel, Tabellenführer Holstein Kiel spielt gegen den 1. FC Magdeburg. Das Stadion ist nahezu ausverkauft. Drei Hundertschaften der Polizei sorgen für Ordnung unter den Schlachtenbummlern. Im Getümmel verletzt sich eine Polizistin am Fuß. Dr. Thomas Wagner hilft ihr zum Rettungswagen und versorgt den Knöchel. Alltag für den Polizeiarzt. Rund 30 Mal im Jahr rückt Dr. Thomas Wagner, Polizeiarzt der Polizeidirektion Neumünster, zum Einsatz aus. Fußballspiele gehören zu den harmloseren Einsätzen. Obwohl es auch dabei bisweilen hoch hergeht, wenn Hooligans außer Kontrolle geraten. „Eine Demonstration in Hamburgs Schanzenviertel ist da schon gefährlicher. Da wird auch der Rettungswagen angegriffen“, berichtet Dr. Wagner. Der Rettungswagen ist zwar weiß-rot, trägt aber groß die Aufschrift Polizei. Damit wird er schnell zum Angriffsziel gewaltbereiter Demonstranten. Trotz der gefährlichen Einsätze trägt Dr. Wagner nie eine Dienstwaffe. Seine Schießkünste hält er dennoch durch regelmäßiges Training fit. „Ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen, aber wenn das die letzte Konsequenz wäre, einen Patienten im Einsatz zu schützen, würde ich nicht zögern. Dann würde ich dazu die Pistole des Patienten nehmen“, sagt Dr. Thomas Wagner. Volle Konzentration erfordern Einsätze mit Geiseln. Werden die Geiselnehmer auf der Flucht von Spezialkräften verfolgt, ist Dr. Wagner mit an Bord. Die hochmotorisierten Zivilfahrzeuge erlauben rasches Beschleunigen und hohe Geschwindigkeiten; „Formulieren wir es mal vorsichtig: Das SEK fährt rasant.“ An Bord hat der Polizeiarzt dann eine große Tasche mit den wichtigsten Utensilien. Den Sanitäter mit dem Rettungswagen lenkt er mittels Mobiltechnologie hinter sich her. „Ein reiner Schreibtischjob wäre nichts für mich“, räumt der 51-Jährige ein, den seine Patienten gerne auch „Doc Wagner“ nennen. Bei der Bundesmarine ließ er sich zum Taucherarzt ausbilden, arbeitete beim U-Boot-Geschwader und später beim Schnellboot-Geschwader, der „Kavallerie zur See“. Heute ist er der einzige 30
dr. thomas Wagner (Mitte) bei der Lagebesprechung vor einem Einsatz. Dabei kann es auch für den Arzt zu gefährlichen Situationen kommen.
Taucherarzt der Polizei in Schleswig-Holstein und damit für alle Polizeitaucher zuständig. Nach der Bundeswehrzeit wollte Dr. Wagner die Praxis eines niedergelassenen Arztes übernehmen. Der Vorvertrag war schon geschlossen. Kurz bevor es dazu kam, erzählte ihm ein Kollegen von seiner Arbeit als Polizeiarzt. Er fand Interesse daran, bewarb sich beim Innenministerium, wurde kurzfristig ausgewählt und trat seinen neuen Arbeitsplatz bei der Polizei an.
Inzwischen ist er Regierungsmedizinaldirektor, so der offizielle Titel von Dr. Thomas Wagner. „Der Beruf ist enorm vielseitig. Eigentlich übt man vier ärztliche Tätigkeiten in einem aus. Allgemeinmediziner, Betriebsarzt, Einsatzmediziner und wie ein Amtsarzt auch Gutachter“, sagt Dr. Wagner. Die Praxis eines Polizeiarztes unterscheidet sich kaum von der eines zivilen Allgemeinmediziners. Sie ist technisch gut ausgestattet. Dem Arzt stehen eine Arzthelferin und ein als Sanitäter ausgebildeter Polizeibeamter zur Seite. „Neben dem Praxisbetrieb kümmern sich die beiden auch um alle Dienstunfälle und sind damit gut ausgelastet“, sagt Wagner. Rund 2.000 potenzielle Patienten leben im Einzugsbereich der Polizeidirektion Neumünster. Trotzdem kommen deutlich weniger Patienten, als in einer zivilen Arztpraxis. Der Grund: Polizeibeamte sind in der Regel deutlich fitter als der Bevölkerungsdurchschnitt und können alternativ auch niedergelassene Ärzte aufsuchen. „Ich stehe prinzipiell in Konkurrenz mit allen niedergelassenen Kollegen. Meine Patienten brauchen aber oft mehr Zeit“, erläutert Thomas Wagner. Es seien oft nicht die kleinen Erkrankungen, die Polizisten zum Besuch bei ihm veranlassen, sondern eher ernstere Beschwerden. Dann werde der Rat des Mediziners
»Ich stehe prinzipiell in Konkurrenz mit allen niedergelassenen Kollegen. Meine Patienten brauchen aber oft mehr Zeit.« R Zur perSOn dr. thomas Wagner, Jahrgang 1958, stammt aus Frankfurt am Main. Seine medizinische Laufbahn begann er mit einer Ausbildung zum Krankenpfleger. Danach folgte das Medizinstudium in Gießen und Hamburg sowie die Zeit als Arzt im Praktikum in einer Lungenfachpraxis. Später war er Stabs-, dann Oberstabsarzt der Bundesmarine in Eckernförde. Seit sieben Jahren ist er Polizeiarzt. Dr. Thomas Wagner ist verheiratet und hat drei Kinder. Die Familie lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe des Ostseebades Damp. Privat erholt sich der begeisterte Westernreiter gerne bei einem Ausritt auf seinem Brandenburgerwallach „Leif“. I | MMIX
SprechStunde.
„Doc Wagner“ übernimmt die Erstversorgung seiner Kollegen direkt am Einsatzort, ist aber auch in der Neumünsteraner Praxis präsent.
mit Insider-Kenntnissen besonders geschätzt. Ein anderer Grund für den Besuch beim Polizeiarzt ist die Dienstwaffe. Die nehmen Polizisten sonst nicht gerne mit zum Arzt. „Bei mir ist das kein Problem. Daher lässt sich der Arztbesuch auch mit einer Streifenfahrt kombinieren. Das spart im Alltag Zeit“, weiß Dr. Wagner. Bei der Behandlung seiner Patienten muss sich Dr. Thomas Wagner keine Sorgen um Budgets machen: „Ich habe ideale Bedingungen. So, wie es eigentlich sein soll.“ Rund 250 Medikamente sind ständig in seiner Praxis vorrätig und werden gleich dort an die Patienten ausgegeben. Natürlich zuzahlungsfrei. „Was ich nicht vorrätig habe, verordne ich per Rezept. Dabei unterliege ich keinen Beschränkungen. Der Pascio. Magazin für das ärztliche Leben
tient bekommt das Medikament, das er braucht. Selbst bei Schnupfen und Erkältung“, berichtet Dr. Wagner. Traumhafte Arbeitsbedingungen nennt der Polizeiarzt das. Auch bei der Heilmittelverordnung kann er auf seinen großen Ermessensspielraum zurückgreifen. „Wenn ich Antibiotika verordne, kann ich stets ein Antibiogramm machen. Wagner: „Das ist lehrbuchhafte Medizin. Welcher niedergelassene Kollege kann das immer in dem Umfang?“
R Blutproben Blutproben bei alkoholisierten Fahrzeugführern gehören nicht zu den originären Aufgaben von Polizeiärzten. Die Polizei bittet bei Bedarf zivile Ärzte, die Blutprobe zu entnehmen. Das Honorar richtet sich nach einem Schlüssel, der den Aufwand, die Tageszeit, Werktage oder das Wochenende berücksichtigt. Im Durchschnitt liegt das Honorar bei 90 Euro je Blutprobe, es kann aber in Einzelfällen auch bis zu 150 Euro betragen. Ärzte, die sich dafür anbieten wollen, melden sich am besten beim nächsten Polizeirevier. In einigen Regionen herrscht Mangel an entsprechenden Ärzten. 31
NACHGEHAKT.
Wenn der MDK Patienten gesund schreibt Ein Patient, dem der Arzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, sitzt zwischen allen Stühlen. Die Arbeitsagentur kann dem krank geschriebenen Mann kein Geld zahlen. Die Krankenkasse weigert sich ebenfalls zu zahlen, weil der Medizinische Dienst die AU des Arztes anzweifelt. Carl Culemeyer legte den Fall für Scio unter die Lupe. text | Carl Culemeyer foto | Jörg Wohlfromm
Der Fall Wolfgang L. hat sich beim Versuch, eine Wühlmausfalle in seinem Garten zu installieren, den linken Zeigefinger zersprengt. Nach der Erstversorgung durch den Hausarzt und der anschließenden Teilamputation des Fingers durch den Chirurgen wird der arbeitslose Lagerist für sechs Wochen arbeitsunfähig geschrieben. Weil die Wunde schlecht verheilt, wird L. erneut bei seinem Hausarzt Carl Culemeyer vorstellig. Der verlängert die Arbeitsunfähigkeit. Der Sachbearbeiter bei der AOK lehnt dies ab, der MDK wird eingeschaltet. Der entscheidet nach Aktenlage und ohne Begründung, dass der Patient wieder arbeitsfähig ist. Für L. hat das finanzielle Folgen: Denn die Agentur für Arbeit beruft sich auf die AU-Bescheinigung des Hausarztes und zahlt für die strittigen 18 Tage kein Arbeitslosengeld. Die Krankenkasse wiederum zahlt nicht, weil sie sich auf das MDK-Gutachten stützt. Der amputierte Finger schmerzt den Patienten bis heute. Herr L. hat mit Hilfe des Sozialverbandes Klage erhoben, um für den strittigen Zeitraum Geld von der Krankenkasse einzuklagen.
Seit Jahren bin ich Hausarzt für die komplette Familie meines Patienten Wolfgang L. Was er und ich bis vor Kurzem nicht wussten: Es gibt noch einen zweiten Arzt für ihn im Hintergrund. Der Kollege ist so kompetent, dass er seinen Patienten nicht kennen und nie gesehen haben muss, um sich eine medizinische Beurteilung zu erlauben. Er korrigiert sogar Entscheidungen, die auf meinen persönlichen Untersuchungen beruhen. Ein Kollege, der meine kranken Patienten als gesund einstuft, ohne ihn je getroffen zu haben – den muss ich kennenlernen. Ich finde ihn beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Kiel. Der Empfang ist höflich, obwohl ich jede Menge Fragen habe. Und ich lerne viel an diesem Vormittag. Zum Beispiel, dass die persönliche Untersuchung durch den MDK gar keinen Sinn gemacht hätte, da ja die AU-Feststellung im Nachhinein nicht mehr möglich gewesen wäre. Warum aber glaubt mir der Kollege nicht, obwohl ich doch den Patienten zum fraglichen Zeitpunkt persönlich untersucht habe? Die Antwort: Die Arbeitsunfähigkeit sei aus den Akten medizinisch nicht nachvollziehbar gewesen! Zweiter Versuch: Ich frage bei der MDK-Mitarbeiterin nach, die dem ersten zuarbeitet. Auch sie verweist auf die fehlenden Unterlagen und Begründungen, die belegen könnten, dass mein Patient in der fraglichen Zeit nicht vielleicht doch eine leichtere Tätigkeit hätte ausüben können. Mein ärztliches Urteil allein reicht dem MDK also nach einer Untersuchung nicht aus – ich hätte zusätzlich noch ein umfangreiches Gutachten liefern müssen. Bin ich also schuld, dass mein Patient nun zwischen Baum und Borke sitzt und weder von der Arbeitsagentur noch von der Krankenkasse Geld bekommt? Für die Arbeitsagentur könne er wirklich nicht sprechen, sagt der MDK-Kollege, der 32
R ZUR PERSON Carl Culemeyer ist Landarzt in Ascheffel in den Hüttener Bergen (Schleswig-Holstein). Neben seiner Praxis engagiert sich der Allgemeinmediziner seit Jahren in der Standespolitik. Für Scio kümmert sich Culemeyer regelmäßig um typische Ärgernisse, die den Praxisinhabern die Arbeit erschweren.
sich auch formaljuristisch bestens gerüstet zeigt. Aus dem Sozialgesetzbuch Fünf liest er mir den Paragrafen 275 Absatz eins a vor. Darin heißt es: „Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit nach Absatz eins Nummer drei Buchstabe b sind insbesondere in zwei Fällen anzunehmen, in denen a) Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt. “ Mein Patient L. also ein Blaumacher? Das kann ich widerlegen. Ich behandele ihn seit Jahren und weiß, dass der Mann genau das Gegenteil – und außerdem gerade arbeitslos – ist. Bliebe noch Absatz b in diesem Misstrauensparagrafen. Danach können gleiche Zweifel an der AU aufkommen, wenn der Arzt für häufiges Krankschreiben bekannt ist. Der MDK-Kollege sichert mir ausdrücklich zu, dass zu dieser Annahme bei mir überhaupt kein Grund besteht. Danke!
R Fazit: Der MDK verlangt vom Hausarzt, dass er es ausführlich – und selbstverständlich unentgeltlich – begründet und belegt, wenn er einen Patienten krankschreibt. Der MDK-Kollege hat nur nach Aktenlage zu kontrollieren, ob die Begründung vorliegt. Warum der MDK dafür einen Arzt beschäftigen muss, hat sich mir nicht erschlossen. Mir bleibt die Hoffnung, dass mein Patient über den Klageweg mehr Erfolg haben wird. I | MMIX
scio. Magazin für das ärztliche Leben
Foto: Joscha sauer
NICHT LUSTIG
CARTOON.
R ZUR PERSON Joscha Sauer Er kann rabenschwarz, hintergründig, absurd und manchmal auch herrlich sinnfrei: Joscha Sauer zeichnet seit neun Jahren bekloppte Yetis, lebensmüde Lemminge und schräge Gestalten aus der Medizin. Die Humorperlen des gebürtigen Frankfurters gibt es in Buchform beim Carlsen-Verlag und unter www.nichtlustig.de.
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PRAXISSCHLUSS.
Wenn die Heilberufe aus Bad Segeberg und Umgebung den weißen Kittel gegen den schwarzen Smoking tauschen, ist SÄTAZ. Über 200 Kollegen kamen in diesem Jahr zum Ball der Heilberufe, der zum achten Mal von einem Organisationsteam aus allen beteiligten Berufen vorbereitet wurde. Die riesige Tanzfläche im Vitalia Seehotel ist besonders unter Könnern beliebt, weil sie Bewegungsfreiheit für mehr als nur die Grundschritte bietet. Bei Tanz und Showeinlagen soll es manchem Arzt sogar gelungen sein, den jüngsten Honorarbescheid zu vergessen. Am 20. Februar 2010 wird dazu wieder Gelegenheit sein.
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Ärzte mit viel Taktgefühl Bei Tango und Samba geraten RLV und EBM für einen Abend in Vergessenheit. Beim SÄTAZ (Segeberger Ärzte Tierärzte Apotheker Zahnärzteball) schweben Mediziner und andere Heilberufler einmal im Jahr über das Parkett. foto s | Bodo Krug
I | MMIX
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