BA S S E N G E
Autographen Auktion 113 | 17. April 2019
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T ER M I N Ü BER SICH T
AU KT ION 113
DIENSTAG, 16. APRIL 2019
W ERTVOLLE BÜCHER U ND LITER ATUR
Vormittag
Geschichte, Geographie und Reisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1-215
10.00 Uhr
Varia
Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Naturwissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Pflanzen- und Tierbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Haus- und Landwirtschaft, Jagd, Pferde . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Technik und Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Asiatica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Gastrosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Numismatik und Heraldik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Judaica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Kulturgeschichte, Studentica, Masonica, Mode . . . . . . . . . . . . . Nr. Okkulta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Militaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Musik, Theater und Tanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Politik 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Recht, Staat und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Buchwesen und Lexika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Kunstliteratur, Kunsthandwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Nachmittag 14.00 Uhr Literatur und Buchillustration 17.-19. Jh. Literatur und Buchillustration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Philosophie und Pädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Kinder- und Jugendbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Papierantiquitäten des 18. und 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . Nr. 16.00 Uhr Handschriften, Alte Drucke, Theologie Handschriften und Einzelblätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Alte Drucke vor 1600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Bibeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Theologie, Gebet- und Gesangbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Architektur, Kunstaltertümer und Archäologie . . . . . . . . . . . . Nr. Faksimiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr.
219-245 246-263 264-298 299-305 306-322 323-355 356-361 362-364 365-374 375-380 381-392 393-398 399-414 415-435 436-461 462-463 464-469 470-488 501-705 706-731 732-750 751-776 801-822 823-873 874-881 882-896 897-934 935-977
MITTWOCH, 17. APRIL 2019 Vormittag 10.00 Uhr
AUTOGR APHEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2001-2394
Nachmittag
BIBLIOTHECA SCHOL ASTICA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1001-1285
15.00 Uhr
DONNERSTAG, 18. APRIL 2019 Vormittag 10.00 Uhr MODER NE LITER ATUR & KU NSTDOKU MENTATION Moderne Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3001-3524 Exlibris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3525-3528 Architektur, Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3529-3545 Plakate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3546-3654 Russische Avantgarde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3655-3670 Foto, Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3671-3688 VORBESICHTIGUNG Dienstag, 9. April bis Freitag, 12. April 2019, jeweils 10.00-18.00 Uhr, Samstag, 13. April, 10.00-14.00 Uhr, Montag, 15. April, 10.00-16.00 Uhr, Sonntag geschlossen
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Autographen Literatur – Wissenschaft und Technik – Geschichte – Bildende Kunst – Musik,Theater und Film
Literatur 2001 Andreas-Salomé, Lou, russ.-dt. Schriftstellerin, Essayistin und Psychoanalytikerin, verkehrte mit Nietzsche, Rilke und Freud (1861-1937). Eigh. Brief-Karte m. U. „Lou-Andreas“ und eigh. Umschlag. 1 S. Quer-schmal8vo. (Göttingen) 6.VIII.1931. 200 € An Dr. Johanna W. de Stoppelaar in Amsterdam. „... Ich freue mich sehr Ihrer Nachricht! Den Brief aus Lugano im April bekam ich, und glaube ihn sogleich beantwortet zu haben ... Ich hoffte, dass Sie von dort über Göttingen heimreisen würden; ich wusste nicht, dass Sie den Sommer über dort bleiben wollten. Darf ich nun sagen: Auf persönliches Wiedersehn? ...“.
„die sache mit der kleinschreibung ...“ 2002 Artmann, H. C., vielfach ausgezeichneter österr. Lyriker, Schriftsteller und Übersetzer, Büchner-Preisträger (1921-2000). Brief m. U. “H. C. Artmann”. 11/2 S. Gr. 4to. Malmö 30.X.1964. 600 € An den ihm befreundeten Verleger Otto F. Walter in Olten (Schweiz). Gehaltvoller Brief über seine literarischen Arbeiten anläßlich der Planung einer Artmann-Werksammlung. „... 17 uhr abends, soeben war der expressbote, vier stockwerke, armer teufel, an meiner türe. Vielen dank ... Nun, ich sehe, aus mir wird nie ein richtiger briefeschreiber. Und da bemühe ich mich um einen roman aus briefen (sic!). Ich fürchte, ich hatte mein letztes schreiben so wirr abgefasst, das sie es nicht verstehen konnten. Als ich schrieb, ich würde gerne nach den Kanarischen Inseln fahren, so geschah das aus zwei gründen: Ich hatte doch schon immer vor, die letzte fassung in Lissabon oder sonst irgendwo am südwestlichen Atlantik (is) fertig zu stellen, zweitens geht es mir darum, dem hiesigen winter auszuweichen (teuer und kalt; wo nehme ich die inspirationen her?) ... Inzwischen habe ich mir auch schon kopfzerbrechen über die gestaltung des stückebandes gemacht. Auch das wollte ich ihnen in meinem ungeborenen brief mitteilen. Ich bin nämlich gar nicht der meinung (war es nie), dass man alles in einen topf (excusez, in einen band) werfen darf. Die stücke sind ja so verschieden. Auf keinen fall, glaube ich, dass Kein Pfeffer für Czermak hineinpasst. Das ist doch ein ‚volksstück‘ etwa im stil von Horvath ... Die sachen waren ja so gut wie verloren, und ich habe es nur dem armen Conrad zu verdanken, dass sie überhaupt noch existieren. Ich möchte ihm gerne, sollte der wirklich erscheinen, den band widmen. Die manuskripte werde ich selbstverständlich neu schreiben, verbesserungen mit handschrift sind nicht sonderlich geeignet, nicht wahr? Die sache mit der kleinschreibung liegt mir persönlich noch genau so am herzen wie vor 20 jahren. Ich bin der ansicht, dass man sie endlich auch obligatorisch einführen wird. Mir ist es ganz gleich, ob man mich
für einen der ganz vorne sein will hält oder nicht. Ich war nach 1945 übrigens der erste, der aus germanistischen, wie ästhetischen erwegungen [!] heraus zur kleinschreibung überging ... Wenn es sich um gedichte handelt, bleibe ich hart wie ein hufnagel, aber bei prosasachen .. meinetwegen ... Der band SUCHEN &c. gefällt mir ungemein. Ich schaue ihn mir immer vor dem schlafengehen an. Nur einen schönheitsfehler hat er: Ich bat und flehte, schimpfte und knurrte bei der buchmesse, da im motto das wort Saskatchewan, Sascatchewan geschrieben war. Und man versprach mir, es auszumerzen. Dass geschah aber leider nicht. Und dabei ist an dem ganzen wort das schönste das K. Um das ging es mir ...“. - Das genannte Buch erschien als Walter-Druck 1 und hieß: „das suchen nach dem gestrigen tag oder schnee auf einem heißen brotwecken. eintragungen eines bizarren liebhabers“ (Olten und Freiburg 1964). Die geplante Werksammlung ist nicht erschienen. - Schöner Brief, ganz H. C. Artmann, in dem der Dichter auch auf seine formalen Stilprinzipien eingeht. Gelocht.
„ausserdem tut der hunger wehe“ 2003 - Brief m. U. “H. C. Artmann”. 1 S. Gr. 4to. BerlinSchöneberg 20.II.1965. 450 € An den Verleger Otto F. Walter in Olten. Nach seinem Umzug nach Berlin habe er jetzt seine ganze „Malmö-Post“ nachgesandt erhalten. Er habe ein schlechtes Gewissen, weil er so lange nichts habe von sich hören lassen. „... Aber es ist so, dass sich die einen umbringen, die anderen irgendwie verkriechen und vergraben, ich gehör zu den letzteren. Nun, über meine gründe will ich mich nicht verbreiten, alles familienzores, ich tu ja mein bestes, aber vielleicht mach ich doch alles falsch, was weiss man schon? - Ich bin jetzt seit einem monat fast in berlin und habe hier eine kleine, aber gemütliche bude, schlag mich recht und schlecht durch, schreibe sogar schon wieder (seit einigen tagen), was mich sehr befreit, da ich schon dachte, aus mir kommt überhaupt nichts mehr raus. Ich bin neugierig, was sie zu den neuen sachen sagen werden. Die briefe habe ich vorerst ad acta legen müssen, ich kann im norden nicht vom lusitanischen Südwest schreiben, unmöglich ... Wie ich auch aus einem ihrer briefe erfahre, so liegt etwas radiohonorar für mich vor. Ich würde es ihnen nie vergessen, wenn sie mir das telegrafisch zugehen lassen könnten ... Ich habe jetzt zwei mieten zu bezahlen, Malmö und Berlin, und ausserdem tut der hunger wehe und der durst ist die schreckliche erfindung der wüsten der welt .. Im augenblick habe ich grade noch das porto für diesen brief. Dass unser lieber [Peter] Bichsel das vorwort für mich geschrieben hat werde ich ihm ewig danken. Mir fiel und fiel nichts ein, und ich fürchte, dass Herr Ratti sehr böse auf mich sein wird, etwas also, was ich ihm bei[m] besten willen nicht sein kann. Ich habe vor einigen tagen gesprächsweise gehört, dass im DU ein aufsatz über mein buch sein soll ... Und gestern las ich die recension in der Süddeutschen. Die ist doch fein,
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ nicht wahr? ...“. Bittet um Abschriften von Pressestimmen: „... ich habe nämlich kaum was nennenswertes bis jetzt zu gesicht bekommen, habe keine ahnung, wie sich alles macht ...“. - Bei dem Buch handelt es sich um Artmanns Übersetzung „Junge Gäste oder Mr. Salteenas Plan“, „ein Liebes- und Gesellschaftsroman um 1900 von Daisy Ashford geschrieben im Alter von 9 Jahren“, mit einem Vorwort von Peter Bichsel. - Mit kleinen Randnotizen des Empfängers; gelocht.
2004 Barbusse, Henri, franz. Schriftsteller, berühmt durch sein Buch „Le feu“, Pazifist und später Kommunist, an der Kremlmauer beerdigt (1873-1935). Eigh. Brief m. U. “Henri Barbusse”. 2/3 S. Gr. 4to. Aumont 15.IX.1924. 150 € An einen Freund Jean-Bernard. „... Vous êtes trop modeste - et moi, j‘ai des raisons de l‘être: Vous ne m‘ennuyez pas, comme M. Vapereau, et je ne suis pas entré dans l‘histoire, comme M. Emile Ollivier. Je m‘impresse donc de vous dire que si j‘avais à recommencer ma vie, je serais assez heureux de ce seul fait pour n‘avour pas l‘idée de chercher quelle serait la meilleure voie à suivre! - Je m‘excuse de ne pas savoir vous en dire plus long - et je me réjouis de lire les innombrables petits plaidoyers pro domo, directs ou indirects, que votre ingénieuse indiscrétion va faire naître sous la plume de nos aimables confrères ...“. - Es ist nicht sicher, ob mit „M. Vapereau“ der Lexikograph Gustave V. oder sein Sohn, der Französisch-Lehrer und China-Experte Charles V. gemeint ist. Der Staatsmann und Schriftsteller Emile Ollivier (1825–1913), der 1870 als Ministerpräsident entlassen wurde, war einer der ersten Pariser Verehrer Richard Wagners. - In sehr feiner, zierlicher und gleichmäßiger Schrift, die man dem leidenschaftlichen Kämpfer gar nicht zutrauen möchte.
2005 Belzner, Emil, dt. Journalist und Schriftsteller (1901-1979). 6 Briefe (davon 3 handschriftlich) m. U. „Emil Belzner“. Zus. 7 S. Mit 1 Umschlag. Gr. 4to. Heidelberg 13.VIII. - 11.XI.1978. 180 € An einen Literaturhistoriker, der über Autoren der 20er und 30er Jahre forschte. Meist umfangreiche Briefe über Literatur, Politik und politische Literatur des 20. Jahrhunderts. Erwähnt werden Herbert Jhering, Leo Hirsch, Klaus Mann, Georg Salter, Paul Steegemann, Josef Breitbach und der Schah von Persien, ferner verschiedene Buch-Editionen und Verleger, wobei Belzner zu vielem treffende und kluge Bemerkungen macht. - Beiliegend eine eigh. Karte (1982) von Belzners Witwe, die darauf hinweist, dass ihr Mann verstorben sei, sie sich aber um eine Neuauflage von Schriften Belzners bemühe.
2006 Benn, Gottfried, Dichter und Arzt (1886–1956). Eigh. Brief m. U. „Benn“. 1 S. 8vo. (Berlin) 30.XII.1937. 600 € An den (nicht genannten) Presselektor Piet Reyher nebst Frau und Tochter. „Darf ich mir erlauben, dem verehrten Damenpaar u. dem Einzelherrn meine besten Wünsche für das Neue Jahr zu senden. Dank für Freundschaft und oft bewiesenes Wohlwollen im vergangenen Jahr, Versicherung der Erwiderung von meiner Seite für das Neue ...“. - Frau Reyher betrieb eine Hotel-Pension am Kaiserplatz in Berlin, in der Benn öfter Zimmer für seine Gäste reservierte. - Gelocht, mit geringem Buchstabenverlust.
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2007 - Konvolut von Briefen, Karten und Zeitungsartikeln über Gottfried Benn. 1956-1968. 450 € Vorhanden: Die von Ilse Benn verschickte Todesanzeige Gottfried Benns (Berlin 9.VII.1956). - Gedruckte Dankeskarte für Beileidsbekundungen, mit hs. Zusatz von Ilse Benn. - 3 masch. Briefe von Max Niedermayer, Mitarbeiter des Limes Verlages, an die Schriftstellerin Erna Pinner in London, wegen der Edition eines Brief-Bandes von G. Benn. (1956-1957). - Erna Pinner. Masch. Brief m. U. „Erna“ (Bleistift). 11/2 S. Gr. 4to. (London) 2.I.1957. - An Max Niedermayer. „... Meine Korrespondenz mit G. Benn, von 1931 bis zu meiner Auswanderung 1935, ist vermutlich im Krieg, als mein Elternhaus in Frankfurt a/M. verbombt wurde, in die Luft geflogen. Ich sende Ihnen in der Anlage zwölf Briefe (von 1946 bis 1956), die alle allerdings einen sehr privaten Ton tragen. Ich habe mich entschlossen Ihnen diese Briefe trotzdem zuzusenden, da ich Sie als einen würdigen Hüter der Werke Benns hoch schätze und weil ich glaube, dass Sie diese Briefe als streng vertraulich behandeln werden. - Selbstverständlich müssen bei einer Veröffentlichung alle ‚unkleidsamen‘ oder zu intimen Bemerkungen über noch lebende Personen, wie Renée Sintenis, die Wedekinds u.s.w. gestrichen werden. Nichtsdestoweniger zeigen diese Briefe, wie Benn, bei allem Nihilismus, ein stark emotionelles Freundschaftsgefühl besass, ja, dass er über Jahrzehnte hinweg, in unheimlicher Weise, sich vieler Details erinnerte ... Übrigens hat mein Freund Prof. T. Adorno (Universität Frankfurt) auch ein paar interessante Briefe von B. Jedenfalls sandte er mir einmal (1956) eine Kopie von einem ...“. - 2 Briefkarten von Martin Mantzke an Erna Pinner, eine davon mit Foto von Benns Grabstelle (1967-1968). - Der Erstdruck von Gottfried Benns Abhandlung „Der Radardenker“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16.VIII. 1958. - 11 in- und ausländische Zeitungs- und Zeitschriften-Artikel über Gottfried Benn. - Der Brief von Erna Pinner und einige Zeitungsausschnitte auf brüchigem Papier mit Randschäden.
2008 Bernanos, Georges, franz. Schriftsteller (18881948). Eigh. Brief m. U. „Bernanos“. 13/4 S. Folio. Sisteron 25.IX.1945. 200 € An Henri Guillemin, französischer Kulturattaché in Bern. „... Je suis désolé de ne pas vous avoir répondu, mais j‘attends moi-même la réponse du R. D. Brückberger, dont la décision commandera la mienne, car je suis accablé de travail, je me demande comment je trouverai le temps d‘aller en Suisse ... j‘aurais grand plaisir à vous voir, et sûrement grand profit. Car des amitiés comme le vôtre me sont aujourdhui bien nécessaires. Mon Dieu! Ce monde est-il si délaissé que la douleur y paraisse stérile ...“. - Bernanos war in diesem Jahr aus dem brasilianischen Exil nach Frankreich zurückgekehrt.
2009* Björnson, Björnstjerne, norweg. Dramatiker und Erzähler, Nobelpreisträger (1832-1910). Eigh. Brief m. U. „Björnson“. In deutscher Sprache. 1 S. Büttenpapier. 4to. Aulestad, Faabergstation, 15.VII.1899. 300 € An den Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“, wegen eines Artikels zu Hardens Verteidigung: „... allso heute gehe ich daran. Albert Langen [sein Schwiegersohn] und familie ist hier; Dagny [seine Tochter] und er übersetzt. Ich gebe es der neuen freien presse in Wien, glaube ich. Was sagen Sie dazu? Es geht ein bischen über Bismarck
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur aus; es kann nicht anders sein, wenn man das verfolgungssystem, die unbarmherzigkeit, die uniformität, ‚die mannlichkeit‘ Deutschlands in diesem augenblick ... geben will ...“. - Harden mußte in diesen Tagen wegen Majestätsbeleidigung 6 Monate Festungshaft erdulden.
2010* Böll, Heinrich, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1917-1985). Typoskript m. U. „Heinrich Böll“ sowie masch. Begleitbrief m. U. „Heinrich Böll“. Zus. 5 S. Gr. 4to. Köln 1977. 450 € Vollständiges Typoskript einer Rezension zu Edgar Hilsenraths Roman „Der Nazi & der Friseur“ (Köln 1977). Mit zahlreichen eigenhändigen Verbesserungen und 2 Einschüben. Der Text erschien in „DIE ZEIT“ Nr. 51 vom 16. Dezember 1977 auf Seite 51 unter dem Titel „Hans im Glück im Blut“ mit der Vorbemerkung „Umgekippte Märchenfiguren: obszön und grotesk“. - Im Begleitbrief an den zuständigen Redakteur (Köln 26.XI.1977) schreibt Böll, die Rezension sei ein schweres Stück Arbeit gewesen. Erwähnt die „scheussliche Kölner Geschichte“ nämlich die Hausdurchsuchung mit Scharfschützen durch das Bundeskriminalamt, der auch die Wohnung seines Sohne René zum Opfer gefallen sei. Man habe, so der Polizeipräsident an Böll, „weder Herrn Schleyer noch Terroristen“ gefunden, was Böll gallig kommentiert. - Der Deutsche Herbst war von einer Polarisierung der bundesrepublikanischen Gesellschaft geprägt. Wer die RAF nicht klar ablehnte, galt in konservativen Kreisen als „Sympathisant“. Dem Schriftsteller Heinrich Böll warf insbesondere die „Springer-Presse“ (Bild-Zeitung) vor, durch seine zögerliche Haltung den Terror zu unterstützen und damit selbst Terrorist zu sein. Diese Anschuldigungen führten unter anderem zu Hausdurchsuchungen bei ihm und seinem Sohn. Böll warf den Polizeibehörden vor, so aufgeregt zu sein, dass sie jeder Diffamierung nachgingen. - Beiliegend ein Briefumschlag und 1 Kopie.
2011* - Signiertes Typoskript und masch. Begleitbrief m. U. „Heinrich Böll“. Zus. 7 S. Gr. 4to. Köln 1977. 450 € Vollständige, am Schluß signierte Rezension zu Alfred Anderschs Buch „Öffentlicher Brief an einen sowjetischen Schriftsteller [Konstantin Simonow], das Überholte betreffend. Reportagen und Aufsätze“ (Zürich 1977). Mit zahlreichen eigenhändigen Verbesserungen und einigen Streichungen. Der Text erschien in „DIE ZEIT“ Nr. 15 vom 8. April 1977 auf Seite 69 unter dem Titel „Der fragende Reporter. Alfred Anderschs Reportagen, Aufsätze, Reden“ und mit der Vorbemerkung: „Alfred Andersch hat einen ‚Öffentlichen Brief‘ an den Schriftsteller Konstantin Simonow geschrieben: der Versuch, den deutschen Komplex gegenüber der sowjetischen Literatur zu heilen.“ - Andersch hatte seinen Offenen Brief zuerst am 11. März 1977 in der „ZEIT“ veröffentlicht und provozierte damit eine literarische Auseinandersetzung. Noch vor unserer Rezension der Buchausgabe beteiligten sich daran sowohl Heinrich Böll (ZEIT vom 1. April 1977) als auch der Slavist Wolfgang Kasack (ZEIT vom 15. April 1977). Am 11. November 1977 druckte die „ZEIT“ schließlich den Schluß jenes „Offenen Briefes“, mit dem Konstantin Simonow auf Andersch antwortete. Mit einem Kommentar von Alfred Andersch zu diesem Brief Simonows beendete die Zeitung diese deutsch-russische Diskussion. - In dem Begleitbrief an den zuständigen Redakteur (Köln 20.III.1977) schreibt Böll, die Rezension sei ein schweres Stück Arbeit gewesen. Er habe sich zwar in der Schweiz gut erholt, wolle aber bis September keine Rezension mehr verfassen. Auch erwarte er eine Honorarzulage von 100 DM. - Beiliegend ein Umschlag und zwei Bl. Kopien des Aufsatzes.
2012
2012 Canetti, Elias, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1905-1994). 2 eigh. Briefe m. U. „Elias Canetti“. Zus. 2 S. (Kugelschreiber). Gr. 8vo. (Zürich) 10.V. und 24.VI.1988. 900 € An eine Freundin; über den Tod seiner Frau Hera, geb. Buschor, die im Alter von 55 Jahren einem Krebsleiden erlegen war. „... Hera ist am Tage Ihres Briefes, am 29. April gestorben. Sie hatte während der ganzen letzten Monate in der Klinik keine Schmerzen, aber große Mühe mit dem Atmen. - Es war ihr Wunsch, dass alles still vor sich geht, ohne jede Öffentlichkeit, ohne Anzeigen. Ich versprach ihr, einigen wenigen Freunden zu schreiben, sie nannte auch Ihren Namen. Ich möchte Sie bitten, in der Öffentlichkeit nicht davon zu sprechen. Ihre Asche wird in wenigen Tagen in Breitbrunn bestattet, neben dem Grab ihres Vaters Ernst Buschor, dessen jüngstes und liebstes Kind sie war und dem sie in vielem glich [10.V.1988] ... Natürlich gilt mein Wunsch nicht mehr und es wär mir nur recht, wenn Pestalozzis und Frau Kerényi von Heras Tod erfahren. Es fällt mir aber schwer, Briefe darüber zu schreiben oder zu beantworten ... Das Zusammenleben mit Johanna [d. i. Canettis Tochter] lässt sich gut an. Sie hat sich nach dem ersten argen Schock gefasst und ich bringe es fertig, sie überhaupt nicht merken zu lassen, wie es in mir aussieht ...“ [24.VI.1988]. Ferner über die Planung eines Treffens im Herbst. - Beide Briefe gelocht. Abbildung
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Spitzengewänder mit langer Schleppe gehüllt. - Mit dem „grossen Werke“ können verschiedene ihrer sozialen Projekte (Schulen, Krankenhäuser, wohltätige Stiftungen etc.), aber auch Veröffentlichungen gemeint sein. Abbildung
2015 Chateaubriand, François René Vicomte de, franz. Schriftsteller und Staatsmann, als Autor der wohl bedeutendste Vertreter der franz. Frühromantik (1768–1848). Brief m. U. „Chateaubriand“ und Adresse. 2/3 S. Doppelblatt. 4to. Paris 19.VIII.1841. 200 € An Mr. Dautigny in Paris mit Auskünften über das Erscheinen seiner Werke. Er selbst habe keine Rechte mehr daran. „Mes ouvrages, Monsieur, ne m‘appartiennent plus depuis longtems: par une suite d‘affaires de librairie qui me sont inconnues, ils ont passé de main en main à des libraires dont je sais à peine les noms. Si j’étais riche j’acheterais un exemplaire et je vous prierais de me faire l’honneur de l’accepter; malheureuse ment la fortune ne m’a gueres mieux traité que vous. Croyez à mes regrets, Monsieur ...“. - Kleine Faltenrisse sowie Ausschnitt am Adressblatt vom Öffnen des Briefes.
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2016* Christie, Dame Agatha, engl. Schriftstellerin, weltberühmte Krimi-Autorin (1890-1976). Masch. Brief mit eigh. U. „Agatha Christie“. 2/3 S. Bläuliches Papier. Gedruckter Briefkopf. Kl. 4to. Winterbrook House, Wallingford, Berks., 1972. 250 € An einen Lexikographen, der ihr einen auf sie bezüglichen biographischen Artikel zur Prüfung übersandt hatte. „... seems to me, as far as I can judge, to be very suitable for what you want in your encyclopedia, and certainly would not need to be longer ...“.
2013 Carmen Sylva (d. i. Königin Elisabeth von Rumänien, geb. Prinzessin zu Wied), Dichterin, sozial und künstlerisch vielseitig engagierte Fürstin (1843–1916). Porträt-Postkarte mit gedrucktem Foto sowie eigh. Sinnspruch u. U. „Carmen Sylva“ neben dem Bild. Sinaia (Schloß Pelesch) 23.IX.1906. 120 € “Une seule invention réjouit et éclaire l’humanité si toutefois elle l’accepte. Carmen Sylva“. Die (gedruckte) Aufnahme zeigt die Königin stehend, neben ihrem sitzenden Gemahl, König Carol von Rumänien. - Beiliegend eine Foto-Postkarte (Orig.-Bromsilber-Abzug), welche Carmen Sylva in ihrem Schloß an der Schreibmaschine sitzend zeigt.
2014 - Porträt-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Elisabeth“ auf dem Untersatzkarton. 29 x 23 cm (Bildformat 20,4 x 13,6 cm). O. O. (Rumänien) Februar 1907. 200 € „Allerherzlichsten Dank für die grosse Hülfe beim grossen Werke! Feb. 1907. Elisabeth“. Die Aufnahme des Bukarester Hofphotographen Franz Mandy zeigt die Königin in ganzer Figur, an einem Schreibpult (wohl im Schloss Pelesch bei Sinaia) stehend und schreibend, in weiße
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2017 Cocteau, Jean, französ. Schriftsteller, Regisseur und Graphiker (1889-1963). Eigh. Billet m. U. „Jean Cocteau“. 1 S. Gr. 4to. (Paris) März 1924. 200 € „Atelier. Voulez vous donner 2 bonnes places pour Antigone S.V.P. Merci Jean Cocteau. - Der Autor hatte 1922 die „Antigone“ des Sophokles neu bearbeitet. - Gering fleckig. - Beigegeben ein eigenhändiges, aber nicht signiertes Manuskript (1 S.) des Nobelpreisträgers Anatole France (1844-1924).
2018 Courteline, Georges, franz. Dramatiker und Romancier, Mitglied der Ehrenlegion und der Académie Goncourt (1858-1929). Eigh. Brief m. U. „G Courteline“. 11/2 S. Auf Bütten. 4to. (Paris 1917). 150 € An einen Freund. „... Le hasard m‘a fait rencontrer hièr, chez mon ami le sculpteur Maillard le pauvre Lucien [recte: Adrien] Bertrand l‘auteur de l‘Appel du Sol et je l‘ai quitté avec l‘impression très nette que je ne le reverrais jamais ... Il meurt lentement mais sûrement de la balle qui lui a traversé le paumon il y a un an. Les crachements de sang l‘avertissent
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur tous les jours d‘une issue dont hélàs il commence á ne plus douter. Le médecin l‘envoit à Pau. Je serais surpris s‘il en revenait autrement que les pieds devant. Je n‘ai aucun conseil à donner, aucun avis à formuler ...“. - Für seinen Roman „L‘Appel du Sol“ erhielt Adrien Bertrand (18881917) im Jahr 1916 den Prix Goncourt. Wie Courteline hier prophezeit, starb Bertrand bereits 1917. - 1 Eck-Abriss.
2019 - Eigh. Brief m. U. „G Courteline“. 1 S. 4to. (Paris) 13.I.1923. 150 € An seinen „cher confrère“ Eugène Montfort (1877-1936), Begründer der Zeitschrift „Les Marges“. Über dessen Sorge, daß die Zensur wieder eingeführt werde, nachdem im Vorjahr Victor Marguerittes „La Garçonne“ einen großen Skandal erregt und mit Verbot bedroht worden war. „... Je ne crois pas qu‘il y ait à redouter une restauration de la Censure, la disposition déjà vieille ayant constitué un progrès dans toute l‘étendue du terme et tout progrès, qui en est vraiment un, demeurant acquis à jamais. Mais cette considération ne change rien au cas de Victor Margueritte. Je suis avec vous pour lui, depuis les pieds jusqu‘à la tête et je vous fais un gré infini de l‘occasion que me donnent les Marges de lui envoyer devant tout le monde la meilleure la plus émue, la plus affectueuse poignée de main qu‘il ait jamais reçue de moi ...“. Abbildung
„wächst mir dada schon drei Meter zum Hals heraus“ 2020 Dada. - Hausmann, Raoul, Künstler und Schriftsteller, gehörte der Berliner Dada-Bewegung an, emigrierte 1933 (1886-1971). 14 Briefe m. U. „Hausmann“ oder entspr. Paraphe. Zus. 14 S. Mit 1 Kugelschreiber-Zeichnung und 1 Umschlag. Gr. 4to. Limoges 14.V.1958 - 13. IV.1959. 1.800 € An den Schweizer Kunstsammler und -händler, Verleger, Psychoanalytiker und Autor Carl Laszlo in Basel, Herausgeber der „Editions Panderma“. Ausführlich über eigene Veröffentlichungen und Projekte sowie über Laszlos Produktionen, insbesondere die Sammlung moderner und zeitgenössischer Original-Graphiken „La lune en rodage“, die in drei Folgen ab 1960 erschien. Auch die Vorbereitung einer Zeitschrift „Courrier“ bzw. „Kurier dada“ nimmt einigen Raum ein. Ein paar Zitate: „... Gestern schrieb mir K. O. Goetz, dass Sie bei ihm waren, Nachmittag kam ein Brief von Arp, der von Ihnen sprach, heute hatte ich einen Brief von Jaguer, der mir schrieb, dass Sie in der Galerie Kleber von mir sprachen. Ich hätte Ihnen schon die versprochenen Texte gesandt, aber ich habe kein komplettes Exemplar von ‚Kurier dada‘, denn ich musste schnell an Will Grohmann die letzte Kopie schicken [12.IX.1956] ... ich habe NIE eine Lautsonate geschrieben, das ist auch der Irrtum von Schwitters gewesen, eine Sonate kann nur klassisch sein, meine Lautgedichte sind aber unklassisch [26.XII.1956] ... Inzwischen haben sich verschiedene Dinge ereignet. Am Freitag den 23. März Abends haben 6 junge ‚Dichter‘, die sich ‚j‘arrivistes‘ nennen, die Galerie de l‘Institut, wo sich die dada-Ausstellung befand, mit bewaffneter Hand angegriffen. Sie haben Flugblätter auf grünem Papier geworfen, Bilder von den Wänden gerissen, in das Metronom und eine Plastik von Man Ray und einen Spiegel mit Luftballon (Portrait d‘un imbécile) von Soupault geschossen, sowie die Zuschauer verhauen. Die Polizei hat sie zwar arretiert, aber wieder laufen lassen auf Wunsch von Man Ray, der erklärte, in ihrem Alter hätte er ebenso gehandelt! ... Ich
2014
traf zweimal Huelsenbeck, der von Dollargrossmacht platzte. Er hat 4 Verlagskontrakte aus Deutschland in der Tasche ... Er hat aber auch einen Vertrag mit Schifferli, der seine alten Gedichte neu herausgibt. Huelsenbeck behauptet, nichts von Schifferli über mein Buch gehört zu haben, erklärte aber ‚Niemand ausser mir wird über dada schreiben, ich will nicht, dass Du Dein Buch veröffentlichst‘ ... Inzwischen wird aber ein kleines Buch meiner abstrakten Gedichte von 1947 bei einem der besten Drucker der Welt erscheinen, mit 3 Holzschnitten von mir, Preis 8000 ffrs [31.III.1957] ... Dass Herr Huelsenbeck sich für ein Genie halten, na, das ist schon anderen Leuten vorgekommen [2.VII. 1957] ... Nun, ich habe nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, meinen ‚Traité de questions sans solutions importantes‘ selbst herauszugeben, 350 Exemplare mit 2 Holzschnitten ... Ich denke 35 Exemplare zu nummerieren, signieren und mit 3000 ffrs zu verkaufen [23.X.1957] ... Ich bin kein Avantgardist. Ich kenne keine Salons. Ich bin PREsentist, und ich kümmere mich nicht um die Zukunft. Also, ich kann zu meinem Bedauern Ihr Manifest nicht unterschreiben, es scheint mir etwas verfehlt [19.II.1958] ... Sagen Sie, wollen Sie nicht ein Manifest veröffentlichen gegen diese entsetzlichen Weiber mit Kunstnasen, Kunstbusen und Naturhintern wie Elizabeth Taylor, Martine Carol, Jaine [!] Mansfield und so Stallburschen ohne Talent, wie Marlon Brando oder Eddie Constantine? [26.III.1958] ... besten Dank für Panderma 1. Es ist ein bisschen pour-contre-avec-gegen. Aber fahren Sie fort. - Aber in meinem Gedicht terrepiedsnuages sind 3 Druckfehler ... Der Courrier dada könnte Anfang Juni erscheinen ... Wegen des Artikels in ‚G‘ in dem ich über Herrenmode schrieb, wollte man mich
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Zum Gedenken Ernst Tollers 2021 Dallmann, Günter, Berliner Journalist, Publizist, Lyriker, Übersetzer und Sprachlehrer, KPD-Mitglied, emigrierte 1933 in die Schweiz und nach Frankreich, schließlich nach Schweden (1911-2009). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Günter Dallmann“. 1 S. (Kugelschreiber). Gr. 4to. O. O. (ca 1979). 150 € „Ein Selbstmörder. (Ernst Toller, + 22.Mai 1939 in New York, 24 Stunden nachdem General Franco als Sieger in Madrid paradiert hatte)“. 7 Strophen zu je 4 Zeilen: „... Im Kampf um Menschenrechte / ein Mann ward desparat: / fiel mitten im Gefechte / wie ein Soldat.“ Am Schluß das ursprüngliche Entstehungsdatum notiert: „(Sthlm. 1939)“.
2022 Daudet, Alphonse, franz. Schriftsteller (18401897). 4 Autographen m. U. „Alphonse Daudet“ oder „Alph. Daudet“ und 1 eigh. Umschlag. Zus. ca. 4 S. 8vo. (Paris 25.XI.1888) bzw. o. J. 450 €
2020
1936 in Spanien erschiessen - aber ich blieb dandy! [14.V.1958] ... Nebenbei gesagt, wächst mir dada schon drei Meter zum Hals heraus und die endlosen Kämpfe, die alle diese alten Esel darum aufführen, sind lächerlich. Ich bin längst wo anders. Man will von verschiedenen Seiten, dass ich eine dada-Vortragsreise durch Deutschland im Herbst mache – wenn, ich sage: WENN ich‘s mache, dann werden die Herren mal was sehen, kein Wort von dada! Ich werde nur singen [30.VI.1958] ... Humanismus - aber dada war antihumanistisch! Und was ist Humanismus? ... Schliesslich und endlich sind Marx und Engels AUCH Humanisten, während sie in Wirklichkeit etwas ganz Anderes sein wollten! Weil ich gegen Hitler, Mussolini, Franco usw. war und bin, bin ich noch lange nicht für das unklare Konzept des Humanismus!! ...“ [13.IV.1959]. - Diverse Beilagen: 1 Kopie eines Briefes von Hausmann an Werner Kunze (3.VII.1966). - 3 Durchschläge von Briefen Laszlos an Hausmann. - 1 Typoskript Hausmanns „De omni re scibili, et quibussam aliis“ (1 S. Gr. 4to; eine mehr oder weniger erotische Fabel). - 1 Abschrift oder Durchschrift eines französ. masch. Briefes von Kurt Schwitters an Raoul Hausmann (11/2 S. Gr. 4to. Westmorland 29.III.1947). Ausführlich über Wesen und Geschichte der dada-Bewegung. Da auch Schwitters‘ Unterschrift mit Maschine geschrieben ist, handelt es sich wahrscheinlich um eine Abschrift. - Außer dem Umschlag alle Teile gelocht; im dünnen Papier gelegentlich kleine Randläsuren. - Sehr interessante Briefe über die Weltanschauung Hausmanns, der die Attitüde des „wahren Dadaisten“ bis ins Alter bewahrte, auch wenn seine Bemühungen um eine Neubelebung der Bewegung in Literatur und Kunst nach 1945 nur von mäßigem Erfolg gekrönt war. Abbildung
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I. Eigh. Brief m. U. „Alph. Daudet“ und eigh. Umschlag. 1 S. 8vo. (Paris 25.XI.1888). - An den Schriftsteller-Kollegen Hugues Le Roux (18601925) in Paris. „Où trouvez-vous le temps d‘écrire des livres comme L‘amour infirme? Il ya du travail là dedans et de délicates inventions. Trop de choses seulement, deux ou trois sujets dont chacun eût dû suffire à remplir vos trois cent pages. O dilapideuse jeunesse! Plus de talent que dans un de nous, que je préfère cependant parce que je le sens plus près de ma peau. Portez longtemps vos secondes mères. C‘est, ce doit être le meilleur de vos livres de jeunesse, et pendant cettelongue incubation, faites du théâtre, du théâtre ...“. - II. Brief m. U. „Alphonse Daudet“. 1 S. 8vo. O. O. u. J. - An einen Freund. „... Ebner m‘a raconté vos démélés avec Bourget; vous avez bien tort de vous faire de la bile. Vous avez affaire à un ingrat, à un ambitieux et à un sec; en perdant cette amitié là, vous ne perdez pas grand chose. Quant à votre probité, tous ceux qui comme moi vous connaissent depuis longtemps sont prêts à témoigner pour vous, s‘il était nécessaire. Vous êtes par moment violant, Normand toujours, mais un très brave homme singulièrement dévoué à ses amis ...“. - III. - Brief m. U. „A. Daudet“. 2/3 S. 8vo. O. O. u. J. - An einen Freund, über dessen Artikel er voller Lobes ist. „... je vous complimente pour le compte rendu du Mémorial. On ne saurait louer un livre avec une tenue plus parfaite, garder plus noble accent d‘indépendance et de sincérité dans un article d‘ami. Cela tient à la trempe virile de votre phrase. En vous, c‘est l‘homme de la plaine provençale, le ponderé et le subtil qui pense; le montagnard pyréneen qui écrit, je les aime bien tous le deux ...“. - IV. Eine Visitenkarte Daudets an Henri Ner, eigenhändig beschriftet und signiert „A. Daudet“. Er lädt den Adressaten zum Essen ein und verspricht, er „trouve L‘humeur Inquiète superbe“. Abbildung
2023 Dehmel, Richard, Dichter, galt zu seiner Zeit als einer der bedeutendsten deutschen Lyriker (1863-1920). Eigh. Postkarte m. U. „Dehmel“. 1 S. 26.III.1912. 90 € An den Schriftsteller Hanns Heinz Ewers. „Gern! ich werde gleich an Herrn W.-M. schreiben. Herzlichen Dank für den Rippenstoß! Dehmel“. - Zwei leichte Tinten-Verwischungen.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur 2024 Dichter und Schriftsteller. 16 Autographen. 1954-2003.
120 €
Briefe, Karten, Billets, Albumblätter: Günter de Bruyn, Dagmar von Gersdorff (Brief und Karte), Albrecht Goes (Brief, 2 signierte Drucke, 1 Gedicht-Faksimile), Romano Guardini (2 Buchbestellungen), Manfred Hausmann (Brief und Briefkarte mit signiertem Gedicht auf der Rückseite), Wolfgang Koeppen (signierter Gedichtdruck), Günter Kunert (Brief), Golo Mann (signiertes Foto), Edzard Schaper (signierter Prospekt), Bernhard Schlink (eigh. Brief), Heinrich Zillich (Albumblatt). - Mit drei Umschlägen.
2025* Diederichs, Eugen, Verleger (1867-1930). Eigh. Brief m. U. „E. Diederichs“. 11/2 S. Mit farbigem Jugendstil-Briefkopf. Gr. 4to. Leipzig 15.II.1901. 180 € An den Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“, mit einer Selbstanzeige des Autors Friedrich von Oppeln-Bronikowski (1873-1936) zu seinen „Mystischen Spielen“. „... Jedenfalls ist sowohl ihm als auch mir an einer beschleunigten Aufnahme gelegen, da die ganze Chose unter § 11 des Preßgesetzes [Pflicht zur Gegendarstellung] fällt. Sie werden als Freund des Herrn Stockhausen vielleicht eine andere Auffassung der Sache haben, die sich für mich nach den Briefen Maeterlincks an mich eben anders stellt, als von seiner Seite behauptet wird. Ich komme nächsten Dienstag oder Mittwoch nach Berlin ... Es wäre mir auch lieb, wenn ich ... Sie mal 5 Minuten sprechen könnte. Läßt Ihr Hofstaat mich durch? ... Übrigens haben Sie nicht nur am ‚Tag‘ sondern auch an der Richtung meines Verlages mehr Anteil, als wie Sie ahnen ...“. - Rückseitig etwas gebräunt; Einrisse in den Knickfalten unauffällig unterlegt. Abbildung Seite 12
2026* Doderer, Heimito von, österr. Dichter (18961966). Eigh. Brief m. U. „Heimito Doderer“. 1/2 S. In blauer und roter Tinte auf gelblichem Papier mit Briefkopf. Mit eigh. Umschlag. Gr. 4to. Landshut-Berg 3.VII.1959. 450 €
2022
An Dieter Loos in Wien, der ihm 9 Gedichte gesandt hatte: „... wenn in einer Handvoll von Gedichten - neun sind es im Ganzen, die Sie mir sandten - ein perfektes Werk (‚Alte Nacht‘) und eine blendende Passage (die letzten sechs Zeilen von ‚Landschaft am Meer‘) bei einem jungen Autor gefunden werden können, so ist das schon ein sehr reichlicher Ertrag. Sie meiden zum Glück das Epigrammatische und das Sinnige; tun Sie das weiter. Der rein lyrische Vers ist und sei Ihre Sache: er bleibt immer das Höchste der Sprachkunst; hierin hat Horaz - der selten eigentlicher Lyriker war! - durchaus recht ...“.
Ihres tiefen Verständnisses für meine Arbeit versichern! Mit meinem Dank und innigem Gedenken zugleich mögen meine Wünsche für‘s kommende Jahr Sie erreichen ...“. - Wie immer reizvoll durch die Mehrfarbigkeit.
2027 - 2 eigh. Briefkarten m. U. „Heimito“ bzw. „Heimito v Doderer“. In Grün, Rot und Violett geschrieben. Zus. 11/2 S. Quer-8vo. Wien 5.I.1960 bzw. 14.XII.1963. 300 € Die erste Karte mit Neujahrs-Glückwünschen an eine „liebe, verehrte Fanny“ und deren Eltern; die zweite Karte an einen Freund: „... Ein kleiner Unfall (Sturz), lästig genug, hinderte mich, Ihnen allsogleich für Ihre lieben, vortrefflichen Zeilen zu danken, die mich so herzlich
„Jede Liebe ist eine Tyrannei“ 2028* Ebner-Eschenbach, Marie Freifrau von, Schriftstellerin (1830-1916). Eigh. Brief m. U. „Marie“. 31/2 S. Doppelblatt mit gekröntem Monogramm „E E“. 8vo. Seelisberg (Schweiz) 19.VIII. (ca. 1873). 150 € An ihre Schwägerin Rosine Gräfin Dubsky, geb. Gräfin Thun-Hohenstein. „... Am 22ten also, im Laufe des Vormittags, werde ich Euch mit Herzklopfen - das Herzklopfen gebe ich Euch schriftlich - auf dem Seelisberge erwarten. Jede Liebe ist eine Tyrannei, und mein verheirateter [Stief-] Bruder imponirt mir noch einmal so sehr wie früher der ledige. Die Hälfte der freudevollen Beklommenheit mit der ich Euch begrüßen werde, meine ... unendlich Lieben, kommt auf Deine Rech-
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ milian Harden zum 20. Oktober 1921“ (Berlin 1921), S. 9-10. - Kleine Randläsuren. - Beiliegend eine eigh. Postkarte Edschmids, gleichfalls an Maximilian Harden (betreffend den Grafen Gobineau). - Diese fleckig und lädiert.
2030 Freytag, Gustav, Dramatiker, Kulturhistoriker, Erzähler und Publizist (1816-1895). Eigh. Brief mit U. 1 S. Gr. 8vo. (Wiesbaden) 19.XII.1884. 120 € An die „Geheimräthin Molinari“ im Wiesbaden, die er als „meine theure Freundin“ anredet. Bedankt sich für eine Zeitungsnotiz, die er „sogleich benützen“ werde. „... Es geht hier im Hause u. mir leidlich. Am Montage werde ich mir erlauben, nach Ihrem Befinden zu fragen. Morgen bin ich durch einen Bekannten in Anspruch genommen ...“. Laut Umschlag: „Dazu Paket Bücher“.
2031* Friedell, Egon, Schriftsteller, Kulturhistoriker, Essayist, Schauspieler und Kabarett-Leiter, einer der geistreichsten und witzigsten Köpfe seiner Zeit (1878–1938). Eigh. Brief m. U. „Egon Friedell“. 1 S. Kariertes Papier. 8vo. (Wohl Wien, Herbst 1925). 280 €
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nung, theure Frau Schwägerin. Ich konnte Euch leider nicht in meiner kleinen Pension unterbringen, die bewohnt ist bis an den Giebel. Ihr seid 15 Minuten höher auf dem Berge ... einquartirt, wo ich Zimmer für Euch u. Eure Leute, ich nehme an daß Ihr 2 mithabt, bestellt habe ...“. Das Wetter sei miserabel: „... Wenn‘s nicht besser wird bis übermorgen, könnt Ihr nicht auf den Rigi ...“. - Der Diplomat Graf Dubsky und die Gräfin Thun-Hohenstein hatten sich am 14. August 1873 in Prag vermählt.
2029* Edschmid, Kasimir, Schriftsteller (1890-1966). Eigh. Manuskript mit Namenszug „Kasimir Edschmid“ beim Titel. (Kopierstift). 1 S. Gr. 4to. Ostsee, Herbst 1921. 180 € „Für Maximilian Harden. - Wer sich in Deutschland entscheidet für die Fronde, hat ein furchtbares Schicksal gewählt. Dies politisch hoffnungslose Land hat keinen Ruhm und keinen Lohn für diejenigen, die aus der Opposition heraus es um seiner Fehler willen in leidenschaft licher Anklage liebten ... Die Deutschen haben keinen Sinn für die Magie und den Glanz der großen Ankläger ... Sie sind an die falsche Gesellschaftlichkeit ihrer preußischen Subordination zu sehr gewöhnt, um nicht Auflehnung wie Armut, Friedfertigkeit und öffentlichen Affront heftig abzulehnen. Ganz in diesem Land zu leben haben seine besten Söhne nie vermocht ...“. - Festschriftbeitrag, gedruckt in „Maxi-
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„Sehr geehrte Administration, ich bitte Sie um eine Bestätigung darüber, welchen Gesamtbetrag ich in der Zeit vom 1. Januar bis zum 1. Juli 1925 für meine Thätigkeit als Schauspieler vom Theater in der Josefstadt empfangen habe. Ich brauche dieses Dokument dringend und umgehend und wäre Ihnen daher für möglichst umgehende Erledigung sehr verbunden. Mit bestem Dank im Voraus ...“. - Friedell war 1924-29 Ensemblemitglied des Josefstädter Theaters: „Mein Mangel an Kritik brachte Reinhardt auf den Gedanken, mich unter die ‚Schauspieler des Theaters in der Josefstadt‘ einzureihen.“ (1938).
2032 George-Kreis. - Dehmel, Richard, Dichter, galt zu seiner Zeit als einer der bedeutendsten deutschen Lyriker (1863-1920). Eigh. Postkarte m. U. „R. Dehmel“. 1 S. Pankow (3.VIII.1898). 120 € An „Herrn Maler Melchior Lechter“ in Berlin. „... Würden Sie wohl die Güte haben, mir eine Zeit mitzuteilen, zu der ich Sie zuhause treffe? Ich möchte Ihnen etwas Reizendes zeigen und eine Bitte daran knüpfen ...“. - Darunter die Bitte von Dehmels Frau Paula: „Darf ich wohl mitkommen? Ich möchte so gerne. Paula D.“
2033 - (Dehmel, Richard). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „R. Dehmel“. 1/2 S. Am Schluss eines Briefes seiner Frau Ida Dehmel (1870-1942). Insges. 4 S. 4to. Blankenese bei Hamburg 16.XII.1901. 600 € „Nur einen Gruß - Die Thäler sind verschneit, / es starrt der Fluß, der gestern noch sich regte, / ich staune durch die bleiche Dunkelheit / wie dort das Licht vom Berg, das unbewegte; / schlaf wohl, mein Leid! - R. Dehmel.“ - Unter dem Schluß eines eigh. Briefes m. U. „Frau Isi“, seiner Frau Ida, die als Kunstförderin und Frauenrechtlerin hervorgetreten ist und sich 1942 das Leben nahm, als ihre Deportation bevorstand. Brief
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur und Gedicht sind an den Maler und Graphiker Melchior Lechter gerichtet. „... Wir danken sehr für das schöne Buch. Ich habe einiges darin gefunden, das ich noch nicht kannte; manche Lieblinge fehlen mir. Merkwürdigerweise kam gleichzeitig mit Ihrem Brief einer von [Karl] Wolfskehl in dem er uns auch das Buch von [Ludwig] Klages und die Blumen des Bösen [von Baudelaire] empfahl. Und, wie gerufen, erschienen die beiden Bände mit der nächsten Post, von meiner SchwesterFreundin gesandt. Wie umfänglich dieser Baudelaire-Band ist, neben dem ersten, den ich besitze! - Daß Sie schweres Leid erfahren haben, sagte uns [Conrad] Ansorge, wenige Tage eh Sie Selbst es uns schrieben. Er sagte es uns, nachdem er drei Beethoven-Sonaten so herrlich gespielt hatte, daß man sich, auf Augenblick wenigstens, frei von Leben und Tod, von Erde und Himmel fühlen konnte: Seele im Weltraum. Wenn Ihnen diese Stimmung in Ihrer Leidenszeit zuweilen genaht ist, und ich zweifle nicht daran, so werden Sie sich gewiß, trotz Ihres Verlustes, bereichert fühlen ...“. Abbildung
2034 - Gundolf, Friedrich (eigentl. Fr. Gundelfinger), eigentlich Fr. Gundelfinger, Literaturwissenschaftler, Übersetzer, Stefan-George-Schüler (1880-1931). Eigh. Namenszug „Fr. Gundolf“ auf einer Gemeinschaftskarte aus Wolfratshausen bei München 12.VIII.1915. 150 € An Marianne Kassner, geb. Eissler, seit 1914 Ehefrau des Philosophen Rudolf Kassner, im Hof Dietfeld in Berchtesgaden. „Herzliche Grüsse in geradezu vorbildlicher Eintracht senden Ihnen Ihre ...“. Es folgt die Karikatur-Zeichnung eines Gesichtes mit riesig aufgesperrtem Mund, enthaltend die Namen Fr. Gundolf, Fries, Erich und Brommer; ein verlängertes Ohr enthält noch den Namen Steffy Adams. - Die Bildseite der Karte zeigt den Kaiser und den Feldmarschall Hindenburg. - Dabei: Gedruckte Visitenkarte „Friedrich Gundelfinger. o. Professor a. d. Universität Heidelberg“; mit hs. Notizen: „Holt Sie um 31/2 ab. Sept. 1921.“ - Ferner Beigegeben: „K. W.“ (Karl Wolfskehl?) und „S. G.“ (Stefan George?). Farbige Jugendstil-Postkarte zur Kunstausstellung Darmstadt 1901. (Darmstadt 24.VI.1901). - An den Maler und Buchkünstler Melchior Lechter in Berlin. Originelles Schreiben, dessen Text ohne Farbe nur durch Druck eines spitzen Gegenstandes auf die Karte gekratzt ist: „Jedoch das Schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn. K. W. - S. G.“
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Opernhauses unter den Linden schreibt Marguerite: „... Rönnebeck telephonierte mich an, & da erfuhr ich, dass bestimmt der Termin zum Einsenden d. 20. Okt. ist. Er schickte Deine Büste & G‘s Relief. G. soll sehr krank sein. R. lud mich zu Sonnabend ein. - Wie freue ich mich, dass Du die schönen Tage draussen geniessen kannst! Wäre gern bei Dir! - Ich bin sehr tätig, wie Du aus meinem Briefe wohl schon ersahst. - In Deiner Wohnung war es heilig-feierlich! Abends spiele ich im Tristan - ‚Frau Minne kenntest Du nicht? Nicht ihres Zaubers Macht? Des kühnsten Mutes Königin, des Weltenwerdens Walterin?‘ etc. klingt es in mir ...“. - Mit „Rönnebeck“ ist der Bildhauer Arnold Rönnebeck (1885-1947) gemeint.
2035 - Lechter, Melchior, Maler, Graphiker, Schriftund Buchkünstler, als Mitglied des George-Kreises prägte er dessen Veröffentlichungen (1865-1937). Eigh. Albumblatt m. U. „Melchior“. 1 S. Kl. 4to. O. O. 26.IV.1937. 300 €
2036 - (Lechter, Melchior) Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „ML“. 1/2 S. (Berlin-) Dahlem-Dorf, „am Abend im Garten erquickend und labend“, 1.V.1928. 300 €
Im Jahr seines Todes an seine Geliebte Marguerite Hoffmann (Künstlername: Rita Hardegg). Nach längerem Zitat eines „indischen Weisen“ („Wenn eine Blume Honig enthält, wird die Biene ihn ganz allein finden. Wenn ein Mensch weise ist und stark, braucht er die Menschen nicht zu suchen, denn ungefragt kommen sie zu ihm ...“, 9 Zeilen) schreibt der Künstler: „Für meine Marguerite als ewiger Geistesgruss, Trost und Hoffen zu ihrem Jahres-Tag 1937 - am 26. April - in alter Herzlichkeit Melchior“. - Geknittert, etwas unfrisch und mit kleinen Randeinrissen. - Dabei: Marguerite Hoffmann (1884-1966). Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „Deine Marguerite“. 11/2 S. Berlin 14.X.1920. - An Melchior Lechter in Bad Orb, Hotel Villa Saline. Unter der Abbildung des Berliner
An Marga Oppenheimer in Heidelberg. In einer Schrift, deren bekannte Qualität hier durch eine Augenoperation des Künstlers etwas eingeschränkt ist. „... Heut sollst Du liebe Grüsse haben. Schreibe mir bald einmal über Dein Leben dort. Von unserem hier erhälst [!] Du ja stets diese Beweise! ... Der gnadenvolle Maien-Marien-Mond hat heute nun begonnen, / der herrliche! / im bräutlichen Blüten-Überschwang: / möge er beglücken / tief sälig [?] Herz und Seele, Dir offenbarend unnennbare Wonnen!“ - Zwischendurch ein Satz einer Eva (Klein?): „Sie werden ahnen können, so glaube ich, wie selig ich bin. Eva.“ - Die Bildseite der Karte zeigt ein Farbfoto einer Landschaft bei Beuron, von Lechter handschriftlich untertitelt: „Dahlem-Karten-Gruss No. IV“.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ postkarte m. U. „Maria“. 1 S. (im Umschlag verschickt). (Wohl Oberbergen bei Luzern), Silvester 1909/10. - Gleichfalls an Melchior Lechter. „... Bevor das neue Jahr hereintritt, drängt es mich Ihnen meinen armen aber reich empfundenen Dank der Seele auszusprechen. Wie war ich mit Richard in hoher Freude über das Botticelli Bild, und nun bekam ich noch eine so liebe Extragabe; nein das ist zuviel, das kann ich mir nicht verdienen. Gestern las ich die ganze Nacht in dem herrlichen Goethebuch, was erlebt man da in diesen keuschen Wahr-Stunden. - Aus Münster erhielten wir seelig beglückenden Odem. Oh! Diese froh sorgende Schwester Anna [Lechter]. Daß der Münsteraner Traum wohl zerfällt ist schmerzlich; doch wer wollte den Schicksalsstern anders lenken? Bald ist‘s Mitternachts-Jahreswende. Das stille Sofaplätzchen ist mit Tannenzweiglein belegt, damit der Freund hereinkommend seinen Platz findet ...“. - Die farbige Bildseite der Karte zeigt Moritz von Schwinds Gemälde „Wieland der Schmied“.
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2037 - (Lechter, Melchior). Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „ML“. 1/2 S. (Berlin-) Dahlem-Dorf 22.XII.1928. 400 € An Marga Oppenheimer in Garmisch. „Dahlem-Dorf in der Klappe ..., zur Mond-Dämmerstunde am warmen Ofen, aber mit ‚förchterlicher‘ Kaffeeklappen-Feder! - Hurrah! Eben kommt eine neue! - Dies ist also die neue. Fabelhaft, unbegreiflich, es geht wie ein ‚geölter Blitz‘. - Also gestern Abend, nein Nacht, nein Morgen: 1 Uhr 25 Minut. das Traumland aufgesucht, dann erst die Widmung für Wolters vollendet. Am Vormittag den Brief dazu geschrieben ... Im Bett noch im Inselschiff gelesen: Hofmannsthal, Rilkes Briefe. An ein Kind sind sie, lieb, ganz Rilke ...“. - Die Bildseite der Karte zeigt ein melancholisches Foto des Grunewaldsees. - Beiliegend ein Probedruck des von Lechter entworfenen Exlibris für Friedrich Wolters: ein Hase in den Fängen zweier Raubvögel) (15 x 15 cm). Abbildung
2038 - Mondt, Richard, Komponist und Dichter, Mitglied des George-Kreises, mit dem Maler Melchior Lechter eng befreundet (1873-1959). Eigh. Postkarte m. U. „Richard Mohr“. 11/2 S. (Ruswil bei Luzern) 17.VI.1909. 300 € An Melchior Lechter in Berlin. „... Langsahm [!] nähert sich die Vollendung Ihres Werkes! Man ist im Haus d. M. täglich davon angerufen. Ich bin gespannt und gebannt zu hören wie es sein und werden wird. Wie mühsahm [!] Alles zu Tage kommt. Ich bin Müde. Den seeligen [!] Göttern wie geht‘s? Was ist denn mit Frau Reichl? Sind die Guten in Rom oder Berlin? Grüßen Sie ... im Gedanke [!] an den Gedanke der wirkt und werkt ... Wird es wohl in B. zur Ausstellung des Werkes kommen?“ - Dabei: Maria Thilo, Richard Mondts Lebensgefährtin und Muse, als Dichterin mit dem Künstlernamen Here Erdis (1872-1929). Eigh. Kunst-
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2039* - Vallentin, Bertold. Ganzseitige eigh. Widmung m. U. „Bertold Vallentin“. „Auf dem Rheine“ 8.VII.1904. - Auf dem Vorsatzblatt des Buches: Baudelaire. Die Blumen des Bösen. Umdichtungen von Stefan George. 197 S., 1 Bl. 20,5 x 15 cm. Farbig gemusterter Pappband d. Z. (Kapitale geringfügig angeplatzt) mit rotem Rückenschild. Berlin, G. Bondi, 1901. 900 € Erste Ausgabe. - Vorblatt mit seitenfüllender Widmung „Fuer Diana Tassis als ein abschied fuer wenige tage, ein zeichen waehrender schoenheit. Bertold Vallentin am 8. Juli 1904 auf dem Rheine... Gültiges Denkmal nun DER HEILIGEN STUNDE. Am achtzehnten Tage des Juli Monats eintausendneunhundertundvier ...“. - Die Schauspielerin Diana Tassis, geboren 1877 als Feiga Rabinowicz, heiratete 1908 Berthold Vallentin. Dieser hatte im Juli 1904 George in Bingen besucht, woran unsere Widmung anknüpft (vgl. Gespräche mit Stefan George, S. 21). - Vallentin hat 1904 mit Friedrich Wolters, Friedrich Andreae und Kurt Hildebrandt eine Wohngemeinschaft in Berlin begründet. Bereits 1902 hatte er George kennengelernt und, durch ihn inspiriert, auch eigene Dichtungen veröffentlicht. Das Ehepaar gehörte zum engsten Freundeskreis Stefan Georges. Diana Tassis veranstaltete gemeinsam mit Freunden Karl Wolfskehls Aufführungen von dramatischen Dichtungen Georges. Im Herbst 1911, nach Kriegsausbruch 1914 und in den 1920er Jahren wohnte George mehrfach monatelang bei der Familie Vallentin, deren einziger Sohn Stefan, geboren 1909, nach dem Dichter genannt worden war. - Schönes Lebensdokument zwei enger GeorgeVertrauten. - Druck auf Bütten. - Landmann 161. - Vgl. Stefan George und sein Kreis 1728 ff.- Gut erhalten.
„Welt zu Welt“ 2040* - Wolfskehl, Karl, Schriftsteller, Mitglied des GeorgeKreises (1869-1948). Masch. Brief mit eigh. U. „K Wolfskehl“. 1 S. Mit Umschlag. Quer-gr. 8vo. München, Gabelsbergerstr. 49 II, 13.II.1930. 500 € An den in die Schweiz ausgewanderten Maler, Schriftsteller und Komponisten Karl Georg Hemmerich (1892-1979) in Vevey, Schweiz. „... Ihr Widerhall auf meinen ‚Überlieferungs‘-Ruf hat mich sehr stark angerührt. Nicht Sie sprechen darin zu mir, sondern Welt zu Welt. Freilich sind Sie ein Verkünder der Ihrigen wie ich wenige kenne. Über die meine - wahr, falsch, Ausgangspunkt, Tiefenpunkt, Ziel, Absicht und
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur all das stünde ausserhalb meiner Betrachtung als unerweislich, blutoder schaubedingt - spreche ich zu Ihnen sobald ich Zeit habe. Es wird mir nicht leicht sein, aber sehr lieb, hierin mich Ihnen ganz zu offenbaren. Und es ist mir wichtig genug, über den Anlass hinaus, ja noch über unser Beider Freundschaft hinaus ...“. - Wolfskehl wohnte seit Mai 1929 in der Münchner Gabelsbergerstraße bei dem Medizinalrat Dr. H. Sartorius, prakt. Arzt und Bahnarzt. - Oberhalb des Namenszuges Einriß im Papier, wohl durch Strich mit Füllfederhalter.
Glassbrenner - politisch verfolgt 2041 Glassbrenner, Adolf, Berliner politischer Schriftsteller, Satiriker und Publizist, Herausgeber der „Berliner Montags-Zeitung“ (1810-1876). Eigh. Brief m. U. „Ad. Glassbrenner“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 8vo. Hamburg 13.II.1857 450 € An den Kreis-Justizrat Strass in Berlin, den er um Rat ersucht, weil er offenbar schon wieder mit der Zensur in Konflikt geraten ist und in Preußen gerichtliche Verfolgung droht. Glassbrenner hatte wohl einen Artikel aus einer englischen Zeitung übernommen. „... Der Autor des betreffenden Artikels aus London giebt mir von dort her noch zwei Winke zur Vertheidigung: Die Unmöglichkeit, an den Wahlen theilzunehmen bei 10 Pfund Steuer - und 2. nicht Offizier werden zu können bei dem Werbesystem - beides ist so specifisch englisch, daß das Lied nur als solches verstanden werden kann, wie es ja auch nur als solches gegeben. - Mein Bruder wird Ihnen meine in der That verzweifelnde Lage geschildert haben; ich habe aber noch keine Antwort von ihm, was sich thun läßt. Wie ist es möglich, daß das Criminalgericht die Sache so lange hinausschiebt! Ein freisprechendes Urtheil wäre mir auch für hier, wo man mich forthaben will, von großem Nutzen ...“. - Mit Randnotizen des Empfängers. - Glassbrenner, 1850 des Landes MecklenburgStrelitz verwiesen, lebte bis 1858 in Hamburg und kehrte dann nach Berlin zurück.
2042 Goethekreis. - Goethe, Ottilie von (geb. von Pogwisch), des Dichters Schwiegertochter (1796-1872). Eigh. Brief m. U.“Ottilie v Goethe“. 11/3 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. (Weimar nach 1844). 200 € „Zu dem Geburtstag von Natalie von Herder“ (auf Bl. 2). „Meinen allerbesten Glückwunsch liebe Natalie zu Ihrem Geburtstag, und Sie wissen wohl daß Walther und Wolf [Ottilies Söhne] sich mir anschließen; Ulrike schreibt Ihnen wohl direkt. Ich habe mich sehr gefreut daß Walther Sie doch ganz auf dem Weg der Besserung gesehen, und würde mich nicht auf diese wenigen Zeilen beschränken, wenn ich nicht die Aussicht hätte Sie recht bald zu sehen. Bertha von Schmeling erwarten wir auch, und dann haben Sie die Wahl ob wir von alter oder neuer Zeit uns unterhalten sollen ...“. - Kleine Einrisse.
2043* - Falk, Johannes Daniel, Schriftsteller (17681826). Eigh. Albumblatt mit U. „Herr Johannes von der Ostsee, auch genannt Falk“. 8,5 x 17 cm. O. O. u. J. 350 € „Mit 16 Jahren Herr Johann | Fing an der Ostsee das Schreiben an. | Das war denn freylich wohl nicht recht | Und darum schreibt er auch so schlecht | Herr Johann von der Ostsee | auch genannt Falk.“ - Falk
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stammte aus Danzig und nannte sich als Dichter oft „Johannes von der Ostsee“. - Über sein wechselhaftes Verhältnis zu Goethe vgl. Wilpert, Goethe-Lex. 298 f. - Oben knapp beschnitten. - Aus der Sammlung Röttger mit dessen roter Beschriftung. - Eigenhändige Verse Falks sind sehr selten. Abbildung
2044* - Gersdorff, Ernst Chr. A. von, Sachsen-Weimarischer Staatsminister und Diplomat, Teilnehmer am Wiener Kongreß (1781-1852). Eigh. Brief m. U. „Gersdorff“. 2 S. Doppelblatt. Gr. 4to. Weimar 22.III.1841. 300 € Bei Gelegenheit der Rücksendung von Johann Jacobys (1805-1877) „Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen“ (1841). Jacoby forderte darin eine konstitutionelle Verfassung für Preußen und eine allgemeinstaatliche Volksvertretung; er berief sich dabei auf das königliche Verfassungsversprechen von 1815. Gersdorff vergleicht Jacobys Schrift mit Abbé Sieyès‘ vorrevolutionärer Schrift „Qu‘est ce que le tiers ‚état‘?“ (1789): „... Die Schrift des Herrn D. Jacoby steht an Dialektik und Form tief unter jenem Meisterwerke sophistischer Kunst des berühmten Abbé ... Aber dennoch ... möchte ich sie für Preußen als einen ähnlichen Vorläufer betrachten! - Herr D. Jacoby ist wahrscheinlich der Hausarzt Sr. Ex. des Herrn Staatsm[inisters Theodor] von Schön, Oberpräsidenten der Provinz Preußen - der Herr Patient hat sich dießmal scheint mir, an dem Herrn Artzte gerächt; er hat ihm Pillen eingegeben und diese giebt der Herr Doctor in den Vier Fragen als Antworten, zum Theil unverdaut von sich ...“. - Zu Gersdorff vgl. Wilpert, Goethe-Lex. S. 372. - Faltenrisse.
2045* - Geyser, Christian Gottlieb, Kupferstecher und Buchillustrator (1742-1803). Eigh. Albumblatt mit Aquarell, Devise und U. „CG Geyser“. 1 S. Quer-8vo. O. O. (ca. 1780). 450 € Dargestellt ist ein Wappenschild mit Medusenhaupt, umkränzt von Lorbeer, hinter dem Schild ein Schwert, darüber eine Eule mit ausgebreiteten Flügeln und Flor. Darunter die Devise „Ein Lorbeer welcher nie verblüht.“ - Geyser wurde 1761 Schüler und 1789 Schwiegersohn Adam Friedrich Oesers. Als Oeser 1764 erster Direktor der neugegründeten Leipziger Kunstakademie wurde, stellte er Geyser als Lehrer für Kupferstich ein. 1770 machte dieser sich als Buchillustrator
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2047 - Lavater, Johann Caspar, Schweizer Dichter und Physiognom, befreundet mit Goethe und anderen Autoren der dt. Klassik (1741-1801). Eigh. Brief m. U. „J C Lavater“. 1 S. Auf grauem Papier. 4to. (Zürich) 20.XI.1776. 750 € An einen „Herrn Canzler“, bei dem er sich für einen seiner Zöglinge einsetzt, den Waisenknaben Jakob Zundel. Dieser hatte, wie auch Lavater, nach einem Giftmischer geforscht, der am 12. September 1776 den Abendmahlswein im Züricher Großmünster vergiftet hatte. Der 17jährige Zundel war anschließend mit seinen Verdächtigungen offenbar zu weit gegangen und festgenommen worden. Lavater bittet für ihn um Milde: „... Nur Ein Augenblick vor Abgang der Post bleibt mir noch übrig, Sie, mit dem Zutrauen eines Sohnes zubitten, den armen Zundel so gelind, so gütig, als möglich zubehandeln, und alles, alles zuthun, was ihm seine letzte Stunde, oder wenn er wieder aufkommen sollte, seine künftige Tage zum Seegen machen kann. Auch sein Fehler, oder Verbrechen so leidlich zustrafen, als es ohne Verletzung höherer Pflichten geschehen kann - Ich kenne Ihre Gesetze nicht, aber Sie sind gewiß in diesem Falle der gelindeste Exekutor dieser Gesetze. Die höchstbetrübte anverwandte des unglücklichen, gewiß nicht bösartigen Jünglings stimmt mit in diese Hoffnung u. Bitte ein. - Sollte d. gute arme Mensch verschieden seyn, so bitt’ ich mir alle umstände melden zulassen ...“. - Stockfleckig; verso Montagespuren. - Beiliegend ein Kupferstich-Porträt des jungen Lavater, gestochen von Schleuen nach der Zeichnung von Bernhard Rode in Berlin. Abbildung
2048 - (Lavater, Johann Caspar) Eigh. Albumblatt m. U. „L“. Mit typograph. Schmuckbordüre. 5,6 x 8 cm. O. O. 25.VII.1800. 300 €
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selbstständig. Sein Erfolg als Künstler - er war der wichtigste Illustrator für Erstausgaben von Autoren wie Goethe und Wieland - ermöglichte es Geyser 1789, ein Landgut in Eutritzsch bei Leipzig zu erwerben. Er schuf 1775 einen Porträtstich Goethes. - Sehr selten. Abbildung
2046* - Helmershausen, Paul Johann Friedrich, Garnisonsarzt und Medizinalrat in Weimar (1734-1820). Eigh. Brieffragment mit U. „D Paul Joh. Friedr. Helmershausen“. 1 S. Kl. 4to. (Weimar 26.V.1806). 120 € Brief-Schluß mit dem Anerbieten, „könte ich vor meinem Ende noch so glücklich seyn, Ew. Wohlgebohren auch einige gefällige Dienste zu leisten ...“. - Helmershausen war der Enkel des Erbauers und Besitzers des heutigen Goethehauses am Frauenplan. - Mit Ausschnitt (8 x 5,5 cm) links unten ohne Textverlust. - Aus der Sammlung Rötger mit dessen roter Beschriftung.
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„An einen Freünd nach meinem Tode. - Auch dem Verläumder entziehe / Den Stoff zur Verläumdung durch Tugend. 25.VII.1800 L.“ Eines der zierlichen Blättchen mit moralischen Motti oder Betrachtungen, die Lavater zu den verschiedensten Anlässen an Freunde verschenkte oder verschickte.
2049* - Wiener Nachdruck-Verbot für die Ausgabe letzter Hand von Goethes Sämtlichen Werken. Handschriftl. Umlaufbogen des Magistrats der Stadt Wien an die dortigen Buchdrucker. Mit dem Vermerk „Gelesen“ von 22 Buchdruckern unterzeichnet. 2 S. Auf grauem Konzeptpapier. Mit Siegelresten. Folio. Wien 6.X.1825. 900 € Bedeutendes Dokument zur Druckgeschichte von Goethes Werken und zur Geschichte des Nachdrucks überhaupt. Nach üblen Erfahrungen mit Raubdrucken seiner Werke (an dem Wiener Nachdruck der 26bändigen Werkausgabe 1815-1819 war sogar Cotta beteiligt) hatte sich Goethe über den Herzog Carl August bemüht, für seine Werkausgabe letzter Hand ein Generalprivileg gegen den Nachdruck auf dem gesamten Gebiet des Deutschen Bundes zu erreichen. Das gelang auch, und so wurden vielerorts - wie hier in Wien - die Buchdrucker aufgefordert, das Nachdruckverbot zu lesen, zu unterzeichnen und einem für das Einsammeln delegierten Drucker zu übersenden. Auf vorliegendem Rundbrief schreibt der Wiener Magistrat: „... Nach Innhalt des hohen Hofkanzleydekrets v. 30ten Aug. d. J. haben Se Majestät mit höchster Entschließung v. 23ten des nämlichen Monats geruht, dem
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur großherzogl: sächs: Weimarischen Staatsminister Herrn v. Göthe ein Privilegium gegen den Nachdruck der von ihm veranstalteten neuen Ausgabe seiner sämmtl. Werke auf dem ganzen Umfange der österr. Monarchie zu bewilligen ...“. Der Drucker Philipp Bauer als gewählter Vertreter des Buchdrucker-Ausschusses soll die Unterschriften zur Kenntnisnahme der Verordnung einsammeln. Folglich finden sich auf dem an Bauer adressierten Bogen die eigh. Signaturen von 22 Buchhandels- oder Druckereivertretern Wiens, darunter Bauer selbst sowie Wallishausser, Carl Gerold, v. Ghelen, Anton Schmid, Hirschfeld und viele andere. - Der Erlaß war bahnbrechend für die Entwicklung des Urheberrechts, auch wenn man außerhalb des Deutschen Bundes, z. B. in der Schweiz, sich nicht daran zu halten brauchte.
2050* Goetz, Bruno, Schriftsteller und Übersetzer (18851954). Eigh. Gedichtmanuskript mit Namenszug auf Titel und Umschlag. Titel und 12 Bl., mit blauer und roter Tinte einseitig beschrieben. Kl. 4to. Orig.Kartonage mit eigh. zweifarbigem Deckeltitel. Überlingen (Bodensee) 29.IV. 1945. 450 € Schöne Niederschrift des Gedichtzyklus „Der Klausner und der Knabe“ (1944) in roter und blauer Tinte. Titel mit eigenh. Widmung an die Künstlerin Edith Telschow (1887-1974): „... zum Zeichen des Beginns unserer Bekanntschaft. Überlingen, 29. April 1945“. - Bruno Goetz stammte aus Riga und studierte 1904 bis 1910 in München und Wien, um danach einige Jahre als Theaterkritiker und Feuilletonist für Rigaer Zeitungen zu schreiben. Er litt schon von Jugend an unter Schwermut. Wegen seiner Melancholie konsultierte er Sigmund Freud, erhielt jedoch die Empfehlung, keine Psychoanalyse durchzuführen. Von Wien aus ging Goetz nach Ascona zur Künstlerkolonie Monte Verità, wo er bis 1909 blieb und dem Kreis um Johannes Nohl, Erich Mühsam und Lotte Hattemer angehörte. Er flüchtete mit Carlo Holzer aus Ascona und war dann bis in die 1920er Jahre ein umherschweifender Bohèmien, mit Aufenthalten in Zürich und Berlin, wo er als Korrespondent für verschiedene Zeitungen tätig war. Während seiner Wanderjahre schloss er Bekanntschaften mit Friedrich Glauser und Gusto Gräser. - Vgl. J. von Guenther, Leben im Ostwind, S. 309. - Gering fleckig. - Innendeckel mit Exlibris. Abbildung Seite 18
2051 Goncourt, Edmond de, franz. Schriftsteller, gilt gemeinsam mit seinem Bruder als Mitbegründer des literar. Naturalismus, Namensgeber des „Prix Goncourt“ (1822-1896). Eigh. Brief m. U. „Edmond de Goncourt“. 2 S. Auf grauem Papier. Kl. 8vo. (Paris) 10.X.1894. 180 € An die Übersetzerin Emma Adler in Wien. „... C‘est à la fois delicat et outrecuidant de dire par soi-même: C‘est moi qui a inventé le naturalisme; Germinie Lacenteux (1864) a paru douze ans avant l‘Assommoir (1877) et l‘Assommoir et tous les romans naturalistes pendant vingt cinq ans descendent de Germinie Lacenteux. - Il n‘y a aucun autre que l‘auteur qui puisse proclamer cette vérité que vous voulez bien reconnaitre louangeusement dans votre lettre et je crois le plus sincèrement pour le succés du livre en Allemagne que ce qu‘il y aurait de mieux serais de vous charger de la préface que vous me demandez, ce serait simplement une seconde édition de votre lettre avec un peu plus de développements. Je vous envoie les portraits demandés: celui de mon
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frère à 25 ans (je n‘en ai pas d‘une date posterieure), le mien à 70 ans. Il serait bon pour votre traduction de paraître dans le courant de Janvier où doit être joué à Vienne la Faustin ...“. - Es handelt sich um eine Bühnen-Adaption von Edmond de Goncourts Roman „Juliette Faustin“. - Der Roman „L‘Assommoir“ (Der Totschläger) stammt von Emile Zola.
„gar net ignoriren“ 2052* Großmann, Stefan, österr. Schriftsteller und Publizist, Hrsg. der Zeitschrift „Das Tagebuch“ (1875–1935). Eigh. Brief mit U. „Stefan Großmann“. 4 S. Doppelblatt mit Briefkopf. 4to. Berlin 18.IV.1926. 200 € An den Publizisten Maximilian Harden in Berlin, bis 1922 Herausgeber der „Zukunft“, mit dem er wegen eines politischen Artikels in Konflikt geraten war. „... Ich konnte nicht deutlicher sein als ich es in unserem letzten Gespräch war, ich konnte Ihnen nicht klarer auseinandersetzen, wie sehr ich Ihre Ablehnung als persönlichstes Missgeschick empfinde. Ich hatte gehofft, dass dieser Seufzer sie rühren werde. - Ganz abgesehen vom Sachlichen, daß ich Ihre Stimme zu den StresemannBrockdorffschen Wirrungen unbedingt hätte hören wollen. Wo, sagen Sie selbst, können Sie außerhalb des Tagebuches, zu diesem Thema ungehindert sprechen? Ich hätte Ihnen jede, von Ihnen gewünschte, Einführung gemacht und Leser, Sie und ich hätten für eine objektiv notwendige Sache die richtige Form gefunden ... Darf ich gestehen, dass ich Ihre Empfindlichkeit verstehe und dennoch nicht billige. Der Sache wegen! Ihrer Sache wegen! ...“. Kommt dann auf seine Erkrankung zu sprechen und fährt fort: „... Ich bin verbittert und vergrämt und gerade ihre Absage hat meine Depression gesteigert! Aber ich werde nicht länger versuchen, sie umzustimmen ... Wie kann man, frage ich mich oft, so unerbittlich sein? Ich hätte, an Ihrer Stelle, meine persönlichen Argumente erwägend, längst vergessen und geschrieben. Es gibt ein kerngesundes Wiener Wort: ‚gar net ignoriren!‘“ - Zusammen mit dem Verleger Ernst Rowohlt gründete Großmann 1920 die Wochenschrift „Das Tage-Buch“. Die Zeitschrift entwickelte sich während der Weimarer Republik neben der „Weltbühne“ zur einflussreichsten radikaldemokratischen Zeitschrift. Dazu trug auch Großmanns Zusammenarbeit mit dem Journalisten Leopold Schwarzschild bei. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes musste Großmann die Leitung der Zeitschrift 1927 komplett an Schwarzschild abgeben.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Mitwirkung in Aussicht gestellt worden, durch Herrn Archvar Kaufmann in Wertheim und dessen Freunde in Inspruck, und dies eben ist der Grund, daß ich mich nicht schon früher an Ew. Hochwohlgeboren gewendet habe. Der Almanach ist bereits im Druck, doch werde ich Kürzeres noch wohl füglich aufnehmen können ...“. - Gruppes „Musenalmanach“ erschien von 1851 bis 1855.
2055 Gubitz, Friedrich Wilhelm, Berliner Holzschneider, Akademie-Professor, Bühnenautor, Theaterkritiker, Almanach-Herausgeber und einflußreicher Redakteur des „Gesellschafters“ (1786-1870). Eigh. Brief m. U. „F. W. Gubitz“. 1/2 S. Gr. 8vo. Berlin 18.I.1851 („Eilend“). 150 €
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2053 Groth, Klaus, schleswig-holsteinischer Dichter (1819-1899). Eigh. Albumblatt m. U. „Klaus Groth“. 1 S. 17,5 x 11 cm. Kiel 5.V.1886. 120 € 5 Zeilen: „Hoch oder platt / Drög oder natt / Beer oder Win, / Grof oder fin - / Awer echt mutt et sien.“ - In späteren Albumblättern versah er den Spruch noch mit der Überschrift „Schlecht un Recht“.
2054 Gruppe, Otto Friedrich, Philosoph, Altphilologe und Publizist, Professor an der Berliner Universität und - als Vorgänger Fontanes - Ständiger Sekretär der Kgl. Akademie der bildenden Künste (1804-1876). Eigh. Brief m. U. „O. F. Gruppe“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 8vo. Berlin 16.VIII. (um 1853). 120 € An den Wiener Schriftsteller Johann Nepomuk Vogl. „... Ich beehre mich meine Bitte um einen Beitrag für den von mir im Reimerschen Verlag herausgegebenen Deutschen Musenalmanach auszusprechen, da mir zu viel daran gelegen ist, daß auch Österreich darin auf eine würdige Weise vertreten sei. Auf einem Umwege war mir bereits Ihre gefällige
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An einen Herrn Geuß, der ihm ein Schauspiel „Die Maler von Florenz“ für sein „Jahrbuch deutscher Bühnenspiele“ übersandt, aber keine Antwort erhalten hatte. „... Der tolle Zeitsturm liegt dazwischen - ich habe, was im Jahr 1847 mit dem dramatischen Gedicht: ‚Die Maler von Florenz‘ geschehen, gänzlich vergessen. Daß ich es damals gelesen, fiel mir wieder ein, als ich es jetzt vornahm. Indeß muß ich bemerken: Das ‚Jahrbuch deutscher Bühnenspiele‘ soll möglichst bühnengemäße Dramen bringen, und nach meiner Ansicht kann ich dazu die ‚Maler von Florenz‘ nicht zählen. - Für jetzt und nach dem heutigen Stand der Literatur wäre ich außer Stand, auf den Druck der Dramen insgesammt einzugehen; die Politik läßt uns keine Leser übrig! ...“. - Dabei: Derselbe. Eigh. Brief-Fragment m. U. „F. W. Gubitz“. 1 S. Quer-kl. 8vo. Berlin 3.IV.1828. - An einen Theaterkritiker. „Sie wundern sich, daß ich im Bericht aus Dresden streiche; wenn ich aber Ihren Bericht über ‚Oberon‘ und das ‚Morgenblatt‘, worin die Beurtheilung dieser Oper von Dresden aus zu einer und derselben Zeit abgedruckt ist, zu gleicher Zeit bekomme, was soll ich da wohl machen?! Hr. Georg Harrys in Hannover, den Sie erwähnen, schreibt mir übrigens ähnliche Briefe wie Sie; jeder der Herren Referenten glaubt, Andre gehn mehr durch ...“. - Dieser Brief gebräunt und in einen Umschlag des 19. Jhdts mit Gubitz‘ Lebensdaten montiert.
2056 Gutzkow, Karl, bedeutender liberaler Schriftsteller, Dramatiker, Kritiker und Publizist, dem Jungen Deutschland nahestehend, Förderer Georg Büchners (1811-1878). Konvolut von 19 eigh. Briefen m. U. „Gutzkow“. Zus. ca. 38 S. Meist gr. 8vo. 1845-1877. 1.800 € Wertvolle Briefsammlung, meist an den Verleger J. J. Weber in Leipzig, bei dem die Gesamtausgabe seiner „Dramatischen Werke“ (1842 ff.) erschien, bzw. an die Redaktion der „Novellen-Zeitung“, die er ebenso wie Webers „Theaterzeitung“ mit Beiträgen belieferte. Zur Sprache kommen einige seiner Theaterstücke und Romane, seine Zeitschrift „Unterhaltungen am häuslichen Herd“ und auch seine Tätigkeit als Sekretär der „Schiller-Stiftung“ (1861-1864). - Dabei: eine Postkarte von Bertha Gutzkow sowie 2 Stahlstich- und 2 Holzstich-Porträts Gutzkows und weitere gedruckte Beilagen. Abbildung
2057* Haas, Willy, Schriftsteller und Publizist, Hrsg. der „Literarischen Welt“ (1891-1973). Eigh. Brief mit U. „Haas“. 13/4 S. Doppelblatt mit Briefkopf. Gr. 8vo. Berlin (wohl Mai 1927). 200 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2058* Hasenclever, Walter, Schriftsteller, vor allem Dramatiker (1890-1940). Eigh. Manuskript m. U. „Walter Hasenclever“. 1/2 S. Gr. 4to. Le Lavandou (Var), Grand Hotel, 14.III.1930. 200 € „Die Mißwirtschaft der subventionierten Theater hat, wie die Krise am Berliner Staatstheater bewiesen hat, ihren Grund in der mangelnden Organisationsfähigkeit der Leiter. An der Spitze des Theaters dürfen weder Regisseure noch Schauspieler stehen, sondern Leute, die aus dem praktischen Theaterbetrieb hervorgegangen sind“. - Antwort auf eine Umfrage „Betrachtungen zur Theaterkrise“, gedruckt in „Deutscher Theaterdienst“, hrsg. von Oscar Goetz (21. III. 1930, Jg. 30, Nr. 56, S. 204). - Oben und unten leicht beschnitten.
2059 Hesse, Hermann, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1877-1962). Gedicht-Typoskript mit eigh. Gruß u. U. „H Hesse“. 1 S. Gr. 8vo. (Montagnola ca. 1958). 200 € „Der alte Mann und seine Hände“. 3 Strophen zu je 8 Zeilen: „Mühsam schleppt er sich die Strecke / Seiner langen Nacht, / Wartet, lauscht und wacht. / Vor ihm liegen auf der Decke / Seine Hände, Linke, Rechte, / Steif und hölzern, müde Knechte ...“. - Das Gedicht erschien zuerst im Januar 1957 in der Neuen Zürcher Zeitung und noch im selben Monat als Privatdruck „Vier späte Gedichte“ (vgl. Mileck V D 782). Mit der Maschine datiert „1957“; darunter handschriftlich mit Tinte: „Herzlich dankt u. grüsst H Hesse“. - Beiliegend ein eigh. beschrifteter Umschlag aus Montagnola, am 24.X.1958 nach Jena adressiert.
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An den Publizisten Maximilian Harden, bis 1922 Herausgeber der „Zukunft“. „... was sollte ich tun? Ihr Artikel war und ist als Leitartikel für die Sondernummer bestimmt, konnte, sollte, durfte nicht an anderer Stelle erscheinen. Und diese Sondernummer konnte nicht zum vorbestimmten Termin gemacht werden. Bitte, glauben Sie an meinen guten Willen, an meine Verehrung - und Sie werden dem redlichen Gewissen, das ich in diesem Fall wirklich habe, nicht böse sein können! Und welcher Irrtum, zu glauben, Ihr Artikel könnte durch irgend welche ‚theaterwissenschaftlichen Wochen‘ beeinträchtig werden! Ich bin tatsächlich in technischer Hinsicht an Händen und Füßen gebunden. Die Druckerei ist nicht fähig, mehr als die Ration für die jeweils nächste Nummer zu setzen. Hat auch wohl kein besonderes Interesse an solchem kleinen Geschäft, wie es die ‚L[iterarische] W[elt]‘ ist ... Ich hatte gestern einen Auto-unfall mit bösem Nervenchok, schreibe nur mit einiger Anstrengung heute diese Zeilen, von denen ich hoffe, daß sie Sie ein wenig umstimmen werden ...“. - Gemeinsam mit Ernst Rowohlt gründete Haas 1925 die Wochenzeitung „Die literarische Welt“. - Mit den „theaterwissenschaftlichen Wochen“ könnte die große „Deutsche Theaterausstellung“ in Magdeburg gemeint sein, die am 28. Mai 1927 eröffnet wurde und viereinhalb Monate dauerte.
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2060 - 2 Postkarten m. U. „H Hesse“ und je 1 Holzschnitt nach Aquarell von Hesse; 1 Karte handschriftlich, 1 maschinenschriftlich. Zus. 2 S. O. O. (1936) bzw. Stuttgart (1938). 450 € An den Verleger Fritz Heyder in Berlin-Zehlendorf mit Dank für dessen Kalender und für Honorar. Heyders illustrierter Kalender „Kunst und Leben“, zu dessen prominentesten Beiträgern Max Liebermann gehörte, erschien von 1908 bis 1943 und brachte Zeichnungen und Holzschnitte namhafter Künstler der Gegenwart, darunter auch Hermann Hesse. Dieser schreibt 1936 an Heyder: „... Danke für die Kalender, Sie haben sich wieder viel Mühe gegeben! Die 6 Mark bitte ich meiner Schwester zu senden: Frau Pfarrer Gundert, Eckenweiler bei Horb a. N. (Württemb.) ...“. - Ähnlich Hesses Karte von 1938 aus Stuttgart: „... Danke für die Karte, sie trifft mich bei einer Kur, Mitte Dez. komme ich nach Montagnola heim. Bitte senden Sie die fünf sowie die zwei restlichen Ex. des Kalenders an Frau Adele Gundert in Korntal bei Stuttgart, Charlottenstrasse ...“. - Die halbseitigen Holzschnitte auf den Karten zeigen Ansichten aus dem Tessin, nach Aquarellen von Hermann Hesse. Abbildung
2061* - Masch. Brief mit eigh. U. „H Hesse“ (Bleistift). 2 Seiten. Doppelblatt mit Kopfvignette (kolor. Holzschnitt nach einem Aquarell von Hermann Hesse). Gr. 8vo. (Montagnola ca. 1940). 400 € An Nora Schadow: „... Ihr Gruß vor etwa 4 Wochen fand mich bei der Kur in Baden, erst dieser Tage kam ich wieder heim, bei schlechtem Befinden, namentlich der Augen. Als ich am 16. Dezember heimkam,
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur blühten ums Haus nicht nur einige Rosen, das kommt auch in andern Jahren oft vor, sondern es standen nach hunderte von Kapuzinerkressen in strahlender Blüte. Inzwischen freilich ist Schnee und etwas Frost gekommen. Von Baden aus besuchte ich meinen ältesten Sohn und sah zum erstenmal dessen Töchterchen, die im Mai geboren ist. Ich sah auch meine beiden andern Söhne, sie besuchten mich in Baden. Aber ich war die ganze Zeit halbkrank, und mit eigenen und fremden Sorgen sehr beladen, es kam zu keiner Ruhe ...“. Legt ein Gedicht bei. - Seitdem Nora und Walter Schadow im Juni 1934 ein Manuskript von „Piktors Verwandlungen“ erworben hatten, verband den Dichter eine lebenslange Brieffreundschaft mit dem Ehepaar. - Ungedruckt. - 27 Briefe von Hesse an Schadow aus den Jahren 1950-1962 liegen in der Schweizerischen Landesbibliothek in Bern. - Vgl. Mileck VIII, F, 1. Abbildung
2062* - Masch. Brief mit eigh. U. „H Hesse“ (Bleistift). 1 S. Mit großer Kopfvignette (einfarbige Reproduktion eines Aquarells von H. Hesse). Gr. 8vo. (Montagnola ca. 1940). 300 € An W. Schadow in Uetersen: „... Ich bin aus Baden heimgekehrt, in schlechtem Zustand, der sich nun seit einem Jahr kaum geändert hat. Wer die Hesse‘sche Privatschule gründete oder leitete, weiss ich nicht; ein jüngerer Bruder meines Vaters, guter Musiker aber kein Pädagoge, war viele Jahre in Reval Pastor an St. Olai. Sie haben Recht, der Erzieher, und auch der literarische, hat es stets nur mit dem Einzelnen zu tun. Ob das Kollektiv des modernen und kommenden Menschen das ändern und das Individuum nicht mehr kennen wird, darf uns nicht kümmern ...“.
2063* - Masch. Brief mit eigh. U. „H H.“ (Bleistift). 11/2 S. Gr. 8vo. (Montagnola August 1944). 450 € An Nora Schadow. „... Sie haben mir einen wunderbaren Zweig mit drei herbstlichen Blättern gesandt, und dazu einen so schönen Brief, einen Sonntagsbrief, geschrieben, das[s] ich Ihnen dafür danken mus[s]. Ich tue es, indem ich von den vier Gedichten, die ich in diesem Jahr geschrieben habe, Ihnen die drei abschreibe, die Sie noch nicht kennen. Aus den beiden Augustgedichten sehen Sie, das[s] ich im Hochsommer noch einmal eine kurze, sehr schöne Zeit, bei alten Freunden, gehabt habe. Da klang köstliche Musik im hohen Rokokosaal, und bei Kerzen in offner Halle, dahinter die Gartensommernacht, saßen wir beim Wein, lauter Freunde, zwei meiner Söhne mit ihren Frauen dabei. Nachher freilich begann eine böse Zeit der Sorgen und des Schlechtgehens, in der bin ich noch drin und kann darüber nichts sagen als was in dem Oktobergedicht steht ...“. - Hesse spricht hier von seinem Besuch bei Max und Margrit Wassmer im Schloß Bremgarten im August 1944.
2064* - Eigh. Brief m. U. „ H H“ und darüber stehendem Gedichttyposkript von Albert Steen. 1 S. Dünnes Papier. Gr. 8vo. (Montagnola ca. 1946). 300 € An Walter Schadow in Hamburg: „... Wir beide haben uns an Ihrem Brief gefreut, er kam an einem Vorfrühlingstag, wo bei uns fast überall noch hoher Schnee lag wie noch nie, überm Schnee aber blühten erste Kamelien und flogen Citronenfalter u. Pfauenaugen ...“. - Darüber als Typoskript das Gedicht „Hermann Hesse“ (20 Zeilen) von Albert Steen, erstmals erschienen 1946 im „Almanach der Unvergessenen“ (Greifenverlag).
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2065 - 2 Karten m. U. „H. Hesse“ (Tinte und Bleistift). Zus. 11/2 S. Quer-8vo. (Kilchberg 6.X.1950) bzw. o. O. u. J. 300 € I. Eigh. Künstler-Postkarte m. U. „H. Hesse“. (Kilchberg 6.X.1950). An Herrn K. F. Ertel in Zürich, der ihn aufsuchen möchte. „Ein kurzer Besuch ist mir willkommen, mehr vertrage ich nicht mehr ... Telefon Lugano 22646“. Die Bildseite der Karte zeigt Alfred Kubins Umschlagzeichnung zur ersten Ausgabe von Hesses „Morgenlandfahrt“. - Eine Ecke etwas fleckig. - II. Masch. Brief m. U. „H Hesse“. Auf der Rückseite einer Fotografie. 1 S. Postkarten-Format. O. O. u. J. - An den Studenten Helge Gert Sulzer in Stuttgart. Mit Bezug auf das Foto: „... So sieht der Eingang zu meinem Garten aus. Die Inschrift hat viel genützt, von den schrecklich vielen Besuchern, die mir und meiner Frau eine kaum mehr erträgliche Last waren, kehren die meisten jetzt doch um. Viele schreiben vorher einige witzige oder auch böse Worte auf die weisse Fläche, so dass ich sie jedes Jahr neu malen lassen muss. Sollten Sie nach Ihrer Genesung doch noch einmal kommen, dann müssen Sie es eben probieren, ob ich Sie empfangen kann. An vielen Tagen geht es nicht, weil die Behinderungen und Schmerzen des hohen Alters zu gross sind ...“. - Die Aufnahme zeigt Hesses Gartentor, geöffnet, aber mit einem großen Schild am Pfeiler: „Bitte keine Besuche“. Abbildung Seite 22
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ dentlichen Dienst erwiesen; ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin ... Da ich den Kongress der Entschiedenen Schulreformer in Mainz (als Referent über ‚Eine Kultur-Radikale‘) mitmachen werde ... so werde ich erst zwischen dem 9. und 12. Juni in Jena eintreffen [Langenargen 23.V.1922] ... Ich wünsche Ihnen aufs tiefste: Nichtschikanierung seitens der neuen Herren - gebe mich aber ebensowenig wie Sie Illusionen hin. Dass Sie Herrn Peters jetzt ähnlich einzuschätzen scheinen, wie ich es unter dem ersten Eindruck tat, freut mich. Er ist ein (möglichenfalls sehr fachverdienstlicher - darüber steht mir kein Urteil zu- ) Anpassbürger: mit ‚linken‘ Velleitäten, weil Israelit aus Wien. Je tiefer die Tatsache seiner Herkunft in die Hintergründe und Untergründe seines Bewusstseins rutschen wird, zum Beispiel durch Fach-Erfolge, desto blasser und matter werden seine Velleitäten werden. Er ist geradezu der typische Fall jenes ‚Intellektuellen‘, der das Gegenteil des ‚Geistigen‘ ist ...“. - Ferner über zwei im Erscheinen begriffene Publikationen: „... Z V kommt nun sehr bald ... Der Band wird nett (allerdings ... schwer kompromittierlich für sämtliche Mit arbeiter; einer ‚kompromittiert‘ immer den andern; z. B. ich Sie, Sie mich. - Gottseidank!) ... Ab zirka Mitte Mai gebe ich, bei Oldenburg, Leipzig, eine politische Halbmonatsschrift heraus; 2 Bogen Umfang das Heft. Titel höchstwahrscheinlich ‚Das Ziel‘; sehr radikale (nicht darum bolschewistische) Angelegenheit. Anti-universitätsreaktionäre Mitteilungen darin von Ihnen würde ich jederzeit riesig gern bringen; pseudo- oder aletheonym! ...“ [Berlin 7.IV.1924]. - Mit „Z V“ ist der 5. (letzte) Band von Hillers Jahrbuch „Das Ziel“ gemeint. Die für „Mitte Mai“ angekündigte Halbmontasschrift mit demselben Titel ist nicht erschienen; erst 1931 kam noch einmal eine von Hiller redigierte Zeitschrift „Das Ziel: Die rote Einheit“ heraus, von der aber nur Heft 1 erschien. - Die zweite Karte an Professor Marc in Jena, dem er seinen Besuch ankündigt („Ich hoffe, auch Professor Linke bei Ihnen zu sehen“) [Finkenmühle bei Rottenbach, Thüringen, 10.VII.1924].
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Gundolf, d‘Annunzio, Rilke 2068* Hofmannsthal, Christiane von, Tochter Hugo von Hofmannsthals (1902–1987). Eigh. Brief mit U. „Christiane“. 6 S. auf 3 Bl. Gr. 4to. Golfhotel Beauvallon par Ste. Maxime (Var) 23.XII.1926. 400 €
2066* Heyse, Paul, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1830-1914). Eigh. Postkarte m. U. „Dr. Paul Heyse“. 1 S. Berchtesgaden 30.VII.1900. 100 € An Dr. P. Nathan in Berlin [wohl der Publizist und Sozialpolitiker Paul Nathan], der ihn um einen Zeitschriften-Beitrag gebeten hatte. Heyse erklärt sich dazu außerstande, „da ich in absehbarer Zeit nichts Novellistisches zu Stande bringen werde, auch durch ältere Zusagen noch gebunden bin. Jedenfalls werde ich Ihre Einladung in gutem Gedächtniß behalten ...“.
2067 Hiller, Kurt, politischer Schriftsteller und Publizist (1885-1972). 1 eigh. Brief und 2 eigh. Postkarten m. U. „Kurt Hiller“ bzw. „Hiller“. Zus. 41/2 S. Quer-schmal8vo bzw. 8vo. 1922-1924. 300 € Der Brief und 1 Karte an Paul F. Linke, Professor für Philosophie und Psychologie in Jena (1876-1955). „... Sie haben mir da einen ausseror-
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An Thankmar von Münchhausen (1893-1979), den Freund und Briefpartner Rilkes. Christiane besuchte das Künstlerehepaar Marguerite (geb. Chapin, 1880-1963) und Roffredo Caetani (1871-1961) in dem als Schriftstellerherberge bekannten Luxushotel bei St. Tropez: „... Da bin ich also: und morgen ist Weihnachten was ziemlich unvorstellbar ist, bei dieser strahlenden Sonne und Wärme, dem blauen Meer und den grünen Bäumen ... Den Tag nach Deiner Abreise war mir wieder garnicht gut, ich habe Lili [Waetzoldt, 1886-1978] schnell adieu gesagt, die mir noch einige Details über ihre amour mit [Ernst] Gundolf gegeben hat, es scheint eher grave gewesen zu sein, und sie war schon vor der Elli [Else Kühner] vorhanden, scheint es ... In St. Raphael holte mich ein Auto und führte mich hierher, wo Marguerite mich zu meiner Freude sofort ins Bett legte. Und aus dem Bett ließ sie mich auch erst mal 3 Tage nicht heraus, was bissl reichlich war, aber wunderschön, die Balkontüre offen, strahlende Sonne den ganzen Tag, eine große blaue Bucht und dahinter Hügel und alte Hafenstädte ... Marguerite kennt man immer weniger, je mehr man mit ihr zusammen ist. Mit den Kindern ist sie in einer Weise ängstlich wie ich so was überhaupt noch nicht gesehen hab, und auch sie geht nicht vor die Türe und hat Angst vor jedem Lufthauch. Am Liebsten würde sie es auch mir verbieten. Sie hat mir ein bissl von ihrem Leben erzählt, daß sie eine sehr
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur arge Kindheit gehabt hat mit einer Stiefmutter, ohne Eltern, und daß sie bis 21 sehr unglücklich war. - Dann daß der [Gabriele] d‘Annunzio sie eine Zeit sehr geliebt hat (vor Roffredo) und daß sie Berge von Briefen von ihm hatte, sie aber auf Roffredos Wunsch alle verbrennen mußte, weil er so eifersüchtig ist auf alles, sogar auf Vergangenes! Was sagst Du? Dann hat sie immerfort ihre Literatursachen, Fargue, Valéry etc. doch ist Fargue derzeit ein bissl unten durch bei ihr, ich weiß nicht warum ... Marguerite behauptet Dir geschrieben zu haben, ist es wahr, u. auch Rilke geschickt. Sie hörte daß Rilke sehr schwer krank sein soll. Glaubst Du es? Ich bleibe bis Neujahr hier, dann direkt nach Wien ...“. - Marguerite Caetani gab die literarische Zeitschrift „Commerce“ heraus. Rilke starb kurz nach unserem Brief am 29. Dezember 1926 im Sanatorium Valmont bei Montreux. - Druck: Ein nettes kleines Welttheater, S. 89-91 und Anm. S. 185.
2069* Holz, Arno, Lyriker, Dramatiker und Satiriker, Vorkämpfer des literarischen Naturalismus (1863–1929). Empfangsquittung mit eigh. Unterschrift „Arno Holz“ und Datum. 1/2 S. Gr. 8vo. Berlin 15.I.1897. 120 € „Als weiteres Ergebniß des in der ‚Zukunft‘ erlassenen Aufrufes habe ich erhalten 2407 Mark, in Worten Zweitausendvierhundertsieben Mark. - Arno Holz“. - Der fast lebenslang in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindliche Arno Holz wurde immer wieder durch Spendenaufrufe unterstützt, hier sogar von Maximilian Harden in seiner Zeitschrift „Die Zukunft“. - Mehrere kleine Papierschäden.
„die Tragikomödie des proletarisierten Mittelstandes“ 2070* Horváth, Ödön von, deutschsprachiger Schriftsteller ungarischer Nationalität(1901-1938). Masch. Brief mit eigh. U. „Ödön Horváth“. 1 S. Mit Briefkopf. Gr. 4to. Murnau (Obb.) 8.IX.1929. 2.400 € An P. A. Otte, den mit Horváth befreundeten Redakteur des Berliner Tageblatts, die Matinée-Aufführung seines „Sladek“-Dramas 1929 in Berlin betreffend: „... danke Ihnen herzlichst für Ihren langen Brief! Inzwischen werden Sie ja den meinen erhalten haben. Auch für mich kam diese Sladekaufführerei ganz überraschend. Nun steht aber die Sache so: das Aufführungsrecht hat lediglich der Volksbühnenverlag zu vergeben, ich habe gar nichts dabei mitzureden. Ich erfuhr es erst vom Verlag, nachdem er bereits mit der ‚Aktuellen Bühne‘ abgeschlossen hat. Wer ist das eigentlich? Der Verlag schreibt mir, es stünden literarische Kreise dahinter. Was heisst das ‚literarische Kreise‘? Können Sie mir vielleicht da etwas Aufschluss geben? Ich bin nun tat sächlich in keiner angenehmen Lage. Ungefähr nur hab ich mir einen Plan zurechtgelegt und zwar: Mitte des Monats bin ich in Berlin, dann werde ich mir die Proben mal ansehen. Sind sie so, dass sie ernst zu nehmen sind, nun dann lass ich den ‚Sladek‘ aufführen. Sind sie aber mies, dann lass ich eine Erklärung los, dass ich nichts damit zu tun habe. Sonst kann ich ja nichts machen. (Meine Ansicht über das Stück hat sich nicht geändert, betreffs nämlich ‚historisch‘ und ‚zeitgemäss‘. Ich will aber vor der Vorstellung einen Artikel darüber schreiben und das Wesentliche an dem Stücke stark heraus streichen: die Tragikomödie des proletarisierten Mittelstandes, des Menschen, der nicht weiss, wo seine Front liegt). Also auf baldiges gutes Wiedersehen in Berlin! ... Schreiben Sie mir bitte über die ‚Aktuelle Bühne‘. Dank Im Voraus!“ Horváths Drama „Sladek, der schwarze Reichswehrmann. Historie aus
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dem Zeitalter der Inflation“ (die 2. Fassung des „Sladek“-Stückes von 1927) wurde am 13. Oktober 1929 in einer Vormittagsvorstellung der „Aktuellen Bühne“ (eine zweite sollte es nicht geben) im Berliner Lessing--Theater unter der Regie von Erich Fisch mit mäßigem Erfolg uraufgeführt. - Von größter Seltenheit.
2071 Ibsen, Henrik, norweg. Dramatiker von epochaler Wirkung und Bedeutung(1828-1906). Auf Karton gewalzte Porträt-Photographie mit eigh. Signatur „Henrik Ibsen“ auf dem Untersatzkarton. 16,7 x 11 cm. O. O. (ca. 1896). 1.600 € Die Aufnahme aus der „Portrait-Gallerie“ des Münchener Kunstverlags Joseph Albert zeigt den Dichter in Dreiviertelfigur, stehend und mit Mantel bekleidet. Während im Bild die Jahreszahl 1893 eingeprägt ist, enthält die Rückseite von unbekannter Hand außer Ibsens Lebensdaten das Jahr 1896. - An 2 Rändern etwas beschnitten. Abbildung
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Tätigkeit als Sekretär Goethes] Nur die Bittsteller abzuwimmeln? Broch ist mir als Person unbekannt, als Autor war er mir sehr interessant und ich freue mich, dass Sie einen Alfred-Neumann Ersatz gefunden haben. Natürlich sollen Sie schreiben und nicht Ackerbau und Viehzuch treiben, dafür sind genug andere Leute da ... besorgen Sie mir, bitte, die Adresse Zuckmayers. Seine Frau schrieb mir letzten Sommer und gab mir eine Adresse, die nur für einen Landaufenthalt nahe Dorothy Thompson galt. Ich war so unfreundschaftlich, nicht zu antworten. Da ich aber beide liebe Leute, wohl die letzten Menschen, mit denen ich in diesem Leben Brüderschaft getrunken habe, sehr gern habe, so möchte ich die Fühlung nicht verlieren ... Willy Meisl, Eyck, Wachtel, Grete Fischer, so heissen die Ullsteingespenster, die ich hier im Museum treffe, dazu ein paar Mitglieder der regierenden Familie, ganz besonders die Wittwe und Tochter U‘s - Sie sehen, dass ich hier nicht ganz aus unserer alten Luft herauskomme ... Kürzlich schrieb mir Joachim Schwarz aus dem allzu gelobten Lande. Was haben Sie diesem Radaumacher denn getan? ... Und was macht denn Professor Pinthus mit dem heissen Salat? [London, wohl Sommer 1940] ... Also schönen Dank für Zuckmayers Adresse, die bald benutzt werden soll. - Ihr Schreiben lässt es an Nachrichten, sozusagen an primeurs nicht fehlen und Sie kennen meine professionelle Leidenschaft dafür. Dass Sie den Dienst des Meisters verlassen haben, mag keinen Verlust bedeuten, trotzdem auch diese Zeit Ihnen sicherlich allerlei gegeben hat ... Das Schicksal Ihrer Ehe überrascht mich, wie Sie richtig vermuten, nicht. Ich bin Ihnen für Ihr Vertrauen sehr dankbar und ich hoffe, dass Sie mir später einmal mehr als die recht dunklen Andeutungen Ihres Briefs verraten werden ... Weniger fröhlich stimmt mich die Kühle, mit der Sie von Ihrem Roman schreiben. An das gleefully resigned-sein vermag ich nicht zu glauben, auch wenn Sie seit der Amerikanisierung eine andere Haut angezogen haben wollen ...“ [London 11.X.1940]. - Dieser zweite Brief durch Feuchtigkeitsschaden an der vertikalen Mittelfalte durchgetrennt.
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2072 Jacobs, Monty, Berliner Schriftsteller, Theater kritiker beim „Berliner Tageblatt“ und bei der „Vossischen Zeitung“, emigrierte 1938 nach England (1875-1945). 2 masch. Brief-Fragmente, davon eines mit eigh. Gruß und Unterschrift „Monty Jacobs“. Zus. 4 S. Quer-4to und gr. 4to. London o. J bzw. 11.X.1940. 200 € Aus London an den Schriftsteller und Politikwissenschaftler Hans Meisel, früher Lokalredakteur der Vossischen Zeitung in Berlin, KleistPreisträger, nach der Emigration 1934 Lektor für den S. Fischer Verlag, 1938-1940 Sekretär Thomas Manns in Princeton, schließlich Dozent an mehreren Lehranstalten in den USA (1900-1991). Die beiden Briefe Jacobs‘ sind nur fragmentarisch erhalten, aber immer noch interessant genug. Meisel hatte sich offenbar seufzend über seine Sekretärs-Stellung geäußert, die ihn an eigener literarischer Tätigkeit hindere. „... Was Sie über Ihren boss [d. i. Thomas Mann] schreiben, hat mich sehr interessiert und amüsiert. Besonders darüber, dass er umgeben ist. Aber ist mit der Umgebung nicht auszukommen? Und was haben Sie eigentlich als Riemer zu leisten? [wohl Anspielung auf Friedrich Wilhelm Riemers
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2073* Jacobsohn, Siegfried, Theaterkritiker und Publizist, Gründer und Herausgeber der „Schaubühne“, später: „Weltbühne“ (1881-1926). Eigh. Postkarte m. U. „Siegfried Jacobsohn“. 1 S. Sielbeck bei Kiel 12.VII.1916. 150 € An den Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“, über dessen beide Kritikenbände „Apostata“, die er auf der Reise gelesen habe: „... Es scheint mir so erstaunlich, daß Sie das anno 1891 gesehen und gesagt haben! Und ich finde, man sollte daran erinnern. Vielleicht werden Sie selbst nicht einmal durch eine kommentarlose Zitierung sich Ihres Weitblicks rühmen wollen. Aber Sie hätten wahrhaft die Berechtigung dazu. Verzichten Sie trotz der Berechtigung darauf, so möchte ich um die Erlaubnis bitten, den Artikel in meinem [Schaubühne-] Heft vom neunten August, also auf den Tag fünfundzwanzig Jahre nach der ersten Veröffentlichung, mit einer entsprechenden kleinen Vornotiz abzudrucken ...“. - Hardens Aufsatz „Franco-Russe“ von 1891 erschien als erster Beitrag von Heft 32 der „Schaubühne“ am 10. August 1916. - Etwas wasserfleckig. Abbildung
2074 Jandl, Ernst, österr. experimenteller Lyriker, Büchner-Preisträger (1925-2000). Porträt-Fotografie mit eigh. Beschriftung u. U. „Ernst Jandl“ unter dem Bild. Postkarten-Format. O. O. 21.V.1997. 300 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Die privat wirkende Aufnahme zeigt den Dichter bei einer Lesung. Darunter eigenhändig mit Tinte: „was lebt ihr so dumm - Ernst Jandl 21.5.97“. - Selten. Abbildung
2075 Jünger, Ernst, Schriftsteller (1895-1998). Die vollständigen Original-Korrekturfahnen zur Erstausgabe von „Gärten und Straßen“. Mit zahlreichen Korrekturen, Streichungen und Zusätzen von der Hand des Autors. 218 nummer. Bl. (eigentlich 217, das erste nummeriert 1-2), einseitig bedruckt. Festes, Bütten-ähnliches Papier. 25 x 20 cm. Lose Bl. in grün marmor. Halbleder-Decke d. Z. (Rücken ausgeblichen und etwas berieben) mit vergold. Rückentitel, in passendem marmor. Papp-Schuber. (Oktober 1941). 9.000 € Korrekturfahnen der 1942 bei E. S. Mittler in Berlin erschienenen Erstausgabe von Ernst Jüngers „Gärten und Straßen“ mit dem Unter titel „Aus den Tagebüchern von 1939 und 1940“. Mit hellblauer Tinte und großer Sorgfalt vom Autor durchkorrigiert. Satzfehler-Korrekturen finden sich phasenweise fast auf jeder Seite; Text-Änderungen und Streichungen kommen weniger, aber immer noch sehr reichlich vor. Einige Beispiele: Auf Seite 37 („15. Juni 1939“) heißt es: „Beendet: Spengler, ‚Zur Weltgeschichte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends‘, eine seiner letzten Schriften, in der die Drähte recht derb gezogen sind. Die Wirkung dieses Autors liegt in der Sprache, und deren Geheimnis liegt darin, daß sie Herz besitzt. In seiner Prosa steckt ein Zug, der an die Hürden geht.“ Dieser Passus ist komplett gestrichen. - Auf Seite 40 kommentiert er einen Roman von Léon Bloy und schreibt: „Auf Seite 169 ein Bild, das ich als schief empfinde.“ Diese subjektive Wendung ersetzt Jünger durch eine sehr viel objektivere Feststellung: „ein Beispiel für ein Bild, wie man es vermeiden soll“. - Seite 79 heißt es: „Lektüre: Hasper, ‚Über die Krankheiten der Tropenländer‘, Leipzig 1831, der seit langem unter meinen Büchern seht.“ Jünger fügt handschriftlich hinzu: „Derartiges kaufte ich damals gern“. - Seite 81 wird eine Zugfahrt nach Rastatt erwähnt: „In den Nichtraucherabteilen ist es immer ein wenig leerer - so schafft schon eine Askese niederen Ranges den Menschen Raum“. Diese Erhöhung der Beobachtung ins Philosophische erfährt durch einen handschriftlichen Zusatz eine weitere Steigerung: „Wenn wir als Heilige leben, ordnet sich uns das Unendliche zu.“ - Bei der Lektüre von Georg Altmans Ludwig-Devrient-Biographie (Seite 85) beschäftigt er sich mit der Kunst des Sprechens und dem Wort im Moment der höchsten Leidenschaft: „... es löst sich im reinen Äther auf. So schmilzt es gleichermaßen an den extremen Graden des Sinnlichen und Geistigen dahin.“ Hier fügt er handschriftlich hinzu: „Wir erfassen mit ihm nur die mittlere Lage; es ist Münze, die unter Menschen gilt.“ - Unter verschiedenen Aphorismen aud Seite 99 heißt es: „Der Glaube ist gleich dem Sauerstoff ein Hinzutretendes. Daher geschehen Wunder nicht jedem und nicht überall.“ Jünger fügt ein biblisches Beispiel hinzu: „Der flammende Busch“. - Ein andermal (S. 137) erscheint ihm eine Mitteilung zu prahlerisch: „In meinem Zimmer trank ich noch die Flasche Châteauneuf-du-Pape und dachte dabei an Burckhardt, dessen Lieblingswein das war.“ Hier schiebt er ein: „die mir ein Mann in Sedan geschenkt hatte“. - In Laon erregt die Kathedrale seine höchste Bewunderung. „Heute ergriff mich eine Ahnung von den Kathedralen als Werken, als Lebenswerken, fern von den toten Maßen der musealen Welt.“ Jünger fügt handschriftlich hinzu: „Auch wirkte der Gedanke mit, dass diese Kirche meinem Schutze unterstand; ich drückte sie, als ob sie ganz klein geworden wäre, an meine
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Brust.“ Oft sind einzelne Wörter durch treffendere Versionen oder Begriffe ersetzt. Noch aufschlußreicher, weil nicht im Buch erschienen, sind zuweilen jedoch die Streichungen. Eine sei noch zitiert: Seite 174 berichtet er seine Erlebnisse mit einem Gutsbesitzer Sp., von dem er schreibt: „Gute Bemerkungen in bezug auf alles Konkrete, so etwa: ‚Habe immer bemerkt, daß Frauen, die gut gewachsen sind, sich im gegebenen Augenblicke weniger sträuben als die häßlichen, wenn man ihnen den Büstenhalter abnehmen will.‘“ Diese Beobachtung erschien Jünger offenbar im Nachhinein doch zu vulgär, um sie öffentlich als „gute Bemerkung“ hervorzuheben: sie ist komplett gestrichen. - Über die Provenienz der Korrekturfahnen gibt ein Aufkleber auf der Innenseite der Einbanddecke Aufschluss: „Geschenk von Ernst Jünger an mich gelegentlich seines Wochenendbesuches in meinem Haus in Fontainebleau. Siehe Tagebuchaufzeichnung in den ‚Strahlungen‘ vom 24.I.42. - Edgar Röhricht.“ Der Infanterie-General und Ritterkreuzträger Röhricht gehörte zum Hitler-kritischen Teil des Offizierskorps. Er hielt Verbindung zu Carl Friedrich Goerdeler und wurde mehrmals aufgefordert, sich aktiv am Widerstand zu beteiligen, lehnte dies jedoch schließlich als aussichts-
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ los ab. Vom Oktober 1940 bis zum Juni 1942 war Edgar Röhricht Generalstabschef beim Oberkommando der 1. Armee im besetzten Frankreich. In dieser Zeit entstand seine Freundschaft zu Ernst Jünger. Im „Ersten Pariser Tagebuch“ erzählt Jünger unter dem Datum des 24. Januar 1942 von seinem Besuch bei Röhricht in Fontainebleau, wo er auch übernachtete. - Die Anfangs- und Schlussblätter mit leichten Läsuren; sonst gut erhalten. - Wertvolle Quelle zur Entstehung eines Schlüsselwerkes im Verhältnis Ernst Jüngers zu Erlebnis und Katastrophe des Krieges. Abbildung
2076 - Korrektur-Exemplar seines Buches „Afrikanische Spiele“ (1936) für die „durchgesehene und erweiterte“ Neuausgabe (1951). Ausgebundenes Exemplar der Erstausgabe aus der Hanseatischen Verlagsanstalt. 220 S. Mit sehr zahlreichen handschriftlichen Korrekturen, Änderungen, Streichungen und Einschüben in roter und dunkelblauer Tinte sowie Kugelschreiber im gedruckten Text und auf 12 eingelegten Zetteln. Lose Bl. in der Orig.-Einbanddecke. (Wilfingen 1951). 9.000 € Außerordentlich interessantes Dokument der akribischen Arbeit Jüngers an seinem Text, das durch den krassen Gegensatz der politischen und geistigen Epochen (Vorkriegs-, Nachkriegszeit) in ihrer Einwirkung auf das Buch noch an Bedeutung gewinnt. Für die Neuausgabe seines Werkes hatte Jünger den jungen Verleger Günther Neske in Pfullingen gewonnen. Eine Umarbeitung erschien jedoch unerläßlich, und so hatte sich der Autor 1951 ein Exemplar der Original-Ausgabe von 1936 vorgenommen, um es einer gründlichen Revision zu unterziehen. Dies geschah offenbar nicht kontinuierlich in einem Zuge, denn es kamen drei verschiedene Schreibwerkzeuge zur Verwendung: Feder mit roter Tinte, Feder mit dunkelblauer Tinte und (wohl zuletzt) blauer Kugelschreiber. Der Kugelschreiber-Duktus wirkt zuweilen etwas runder, leicht abweichend von Jüngers üblichem Schriftbild. Da jedoch die mit Kugelschreiber ausgeführten schwerwiegenden TextÄnderungen und Einschübe durchweg die gleiche Qualität aufweisen wie die mit Tinte geschriebenen, so ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass nur die mehr Druck erfordernde Handhabung des Kugelschreibers das zuweilen etwas abweichende Schriftbild verursachte. Der Erbe des Neske Verlags versichert, dass weder seine Eltern, noch andere Personen irgendwelche Änderungen an Jüngers Texten vorgenommen haben. Jüngers Eintragungen in unserem Exemplar beginnen auf dem Vortitel mit dem gewünschten Text für die Titelrückseite der Neuausgabe, mit Kugelschreiber, aber in Jüngers typischem Schriftduktus: „Erschienen ... Auflage, ... Tausend. Durchgesehen im Mai 1951 in Wilfingen. Eine französische Übersetzung erschien unter dem Titel ‚Jeux Africains‘ bei Gallimard“. Fast jede der nun folgenden Seiten weist mehrere Änderungen auf, und zwar nicht, wie bei Korrekturfahnen üblich, FehlerKorrekturen, sondern Textänderungen in kleinem und großem Maße. Stilistische Glättungen und Verbesserungen vieler Art wechseln mit teils umfangreichen Einschüben, die nicht nur an den Rändern, sondern auch auf beiliegenden Zetteln notiert sind. Ein solcher Zettel, ausnahmsweise maschinenschriftlich, erweitert auf S. 6 Jüngers Schülerträume von Afrika. Jünger schreibt ursprünglich: „So war ich bereits dazu übergegangen, mich am Unterricht nicht mehr zu beteiligen und mich statt dessen in afrikanische Reisebeschreibungen zu vertiefen, die ich unter den Pulten [verbessert: unter dem Pult] durchblätterte“. Hier fügt er die schöne Verdeutlichung ein: „Wenn eine Frage an mich gerichtet wurde,
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mußte ich erst all jene Wüsten und Meere überwinden, bevor ich ein Lebenszeichen gab. Ich war im Grunde nur als Stellvertreter eines fernen Reisenden anwesend.“ Wie weit eine solche Umarbeitung zuweilen geht, mag eine Passage auf S. 32 zeigen, wo Jüngers Traum-Begegnung mit der rätselhaften Dorothea geschildert wird. Der ursprüngliche Text lautet: „Das Gefühl der Erheiterung, mit dem ich erwachte, war außerordentlich. Während der erste Besucher immer tiefer in den Traum zurück gewichen war, trat Dorothea immer deutlicher aus ihm hervor. Dennoch blieben ihre Züge unbestimmt, aber dies erhöhte ihre Anziehung. Es ging ein Hauch der unbedingen Jugend und der wälderhaften Frische von ihr aus, und es kam mir vor, als ob sie zum Bernstein eine beson dere Beziehung besaß. Im Gegensatz zu dem schwerfälligen Kobold war sie von einer knisternden Intelligenz. Ich hatte ein Gefühl des Zutrauens zu ihr, das sich schwer beschreiben läßt; es war, als ob man eine gefährliche Landschaft mit einem Gefährten durchwanderte, der über eine solche Sicherheit verfügte, daß man die Bedrohung vergaß. Allmählich gelang mir immer dichtere Annäherung ...“. Der neue Text lautet: „Das Gefühl der Erheiterung, mit dem ich erwachte, war außerordentlich. Es gibt ja in diesen Jahren eine Art der Trunkenheit, als ob die Luft berauschend sei. Während der erste Besucher immer tiefer in den Traum zurückgewichen war, trat Dorothea immer deutlicher aus ihm hervor. Zwar blieben ihre Züge unbestimmt, doch das erhöhte ihre Anziehung. Es ging ein Hauch der grossen Jugend und der wälderhaften Frische von ihr aus, und es schien mir, als ginge ein Knistern wie von Bernstein von ihr aus. Im Gegensatz zu dem schwerfälligen Kobold war sie von sprühender Intelligenz. Ich hatte ein starkes Zutrauen zu ihr. Es war, als ob man auf gefährlicher Wanderschaft von einem Kameraden begleitet würde, der über eine Sicherheit verfügte, vor der man die Bedrohung ganz vergass. Allmählich gelang mir eine immer dichtere Annäherung ...“. - Zur Schmetterlingsjagd heißt es ursprünglich: „Diese kleinen Wesen spielten also wohl die Rolle des Talismans. Aber nicht sie allein, sondern das Schöne überhaupt, gleichviel, ob es sich als Landschaft darstellte, oder als Gegenstand, rief diese anziehende Wirkung hervor“. Jünger ändert dieses Bekenntnis in: „Die Falter spielten also die Rolle des Talismans. Aber nicht sie allein, sondern das Schöne überhaupt, gleichviel in welche Formen und Gegenstände es sich kleidete, rief diese Anziehung hervor.“ Hier wie an vielen anderen Stellen scheint es, als sollte der ursprünglich poetische Ausdruck einer kühleren, klareren und knapperen Sprache weichen. Andernorts färbt er eine wenig spannende Passage durch eine kleine Anekdote bunter: Auf Seite 58 beschreibt er einen Artisten, der seine Muskeln spielen läßt, „wie man es zuweilen vor den Zirkusbuden sieht. Dann führte er uns einige seiner Glanznummen vor ...“. Hier fügt Jünger eine kleine Pikanterie hinzu: „Besonders imponierte mir, dass dabei eine auf den Bizeps tätowierte ganz nackte Dame sich so sinnreich mitbewegte, dass sie den Bauchtanz zu zeigen schien. Paul führte uns dann einige seiner Glanznummern vor ...“. - Seite 105-112 sind komplett gestrichen und mit dem Hinweis versehen: „Hier folgt Einschub S. 1-11“. Die Handschrift dieses Textes ist hier jedoch nicht mehr vorhanden. - Auch der Beginn des Nachwortes auf der letzten hier vorhandenen Seite (220) ist komplett gestrichen, mit dem Vermerk: „Fällt aus! Folgt Verzeichnis der Bücher : ‚Von E. J. erschienen ...“. - Der Band, den der Autor für die „Durchsicht“ aus seiner Bibliothek entnahm, trug und trägt noch seinen alten Stempel „E. Jünger. Archiv“ auf dem (beschnittenen) Vorsatzblatt, doch Jünger, ein enger Freund und Förderer des jungen Verlegers Neske und seiner Familie (auch sein Hochzeitsgast), überließ diesem das Exemplar nach Erscheinen der neuen Ausgabe, so dass es nach Auflösung des Neske Verlags im Familienbesitz verblieb und schließlich an die Erben überging. - Der vorliegende Band bietet faszinierende Einblicke in den
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Umfangreicher Brief an die langjährige Familienfreundin Emilie von Pfaff, Gemahlin des Obertribunalpräsidenten Gustav von Pfaff in Esslingen. Altersbrief in betrübter Stimmung, noch ganz geprägt vom Tod seiner Frau. Kerner dankt ihr für Trost und Familiennachrichten und Gott dafür, daß bei ihnen „die Tage noch nicht hereinbrachen von denen es heißt: sie gefallen mir nicht. Im Glüke (ich that das auch ehemals) kann man andern ... Trost aller Art schiken“, besonders den oberflächlichen „sogenannten religiösen. Mein Schmerz u. mein Glaube geht tiefer“. Seit dem Tod seiner Frau (im April) sei sein „Schmerz nicht mehr zu stillen“, und sein Glaube sei der „an eine über uns allen wachende Liebe, u. diese wird wissen, warum sie diesen nicht zu stillenden Schmerz noch in mich legen mußte ...“. Ein Vierzeiler bestätigt dieses Empfinden: „Und wer hier anders glaubt u. fühlt, / Wenn er sich noch so fromm hinstellt, / Dem wird das Herze noch umspühlt, / Von eitlen Wogen dieser Welt!“ Er berichtet weiter von einem Nervenfieber seines Schwiegersohnes in Heilbronn - Pfarrer Friedrich Gsell -, dem es nun besser gehe, der aber „noch lange nicht thätig seyn“ kann. Auch habe die Finanzkammer ganz in seiner Nähe ein Haus gekauft und „an dasselbe wird mir zur liebsten Aussicht das Gefängnis auch hingebaut. Doch ich sehe ja nicht mehr u. seit mein Rikele mein Häuschen nicht mehr bewohnt, ist es ein gewöhnliches“ geworden. „... Thut nichts! ich werde täglich elender u. wahrscheinlich sehen wir uns auf dieser Welt nie wieder ...“. - 8 Lebensjahre waren Kerner aber doch noch vergönnt. - Einschließlich der Briefmarke („Württemberg Freimarke 3) gut erhalten. - Kleiner Ausriss vom Öffnen der Versiegelung.
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Prozeß der gründlichen Umarbeitung eines autobiographischen Werkes, den einer der führenden Schriftsteller des 20. Jahrhunderts nach 15 Jahren der Diktatur, des Krieges und Nachkriegs auf sich genommen hat. Abbildung Seite 4
2077* - Eigh. Albumblatt m. U. „Ernst Jünger“. 1 S. Auf Büttenpapier um 1800. Gr. 4to. O. O. 10.IV.1953. 200 € 8 Zeilen umfassendes Zitat aus seinem Buch „Über die Linie“ (S. 44): „Die eigene Brust: das ist, wie einst in der Thebais, das Zentrum der Wüsten- und Trümmerwelt. Hier steht ein jeder, gleichviel von welchem Stand und Range, im unmittelbaren und souveränen Kampfe, und mit seinem Siege verändert sich die Welt ... Für Kurt Saucke zum fünfundzwanzigsten Jahrestage seiner Buchhandlung ...“. - In schwarzer Tusche auf historischem, gering stockfleckigem Papier. Sehr dekorativ. Abbildung
2078* Kerner, Justinus, Arzt und Dichter (1786-1862). Eigh. Brief m. U. „J Kerner“ sowie Adresse und Briefmarke. 3 S. Gr. 4to. (Weinsberg 10.XII.1854). 900 € 28
2079 Keyserling, Hermann Graf, deutsch-baltischer Philosoph und Schriftsteller, Gründer der „Schule der Weisheit“ in Darmstadt (1880-1946). 2 eigh. Briefe m. U. „Herman de Keyserling“. In franz. Sprache. Zus. 6 S. Gr. 4to. Innsbruck-Mühlau 10. und 18.IV.1946. 250 € Umfangreiche Briefe, gerichtet wohl an Maurice Delamain von der Librairie Stock in Paris, die auf deutsche Literatur spezialisiert war, Keyserlings Werke in Übersetzungen betreute und ihm auch auslän dische Bücher besorgte. Eingehende Informationen über seinen neuen Wohnsitz in Innsbruck, seine literarischen Projekte und die geplante Wiedereröffnung seiner „Schule der Weisheit“ in Darmstadt. Eine Vielzahl von Vorhaben, Aktivitäten und finanziellen Problemen kommen zur Sprache, darunter seine Bemühungen um Einbürgerung in Österreich und die Schwierigkeiten der Nachkriegs-Situation für Reisen und Schriftverkehr. Breiten Raum nehmen Fragen der Übersetzung seiner Arbeiten ein, z. B. eines Aufsatzes „De la pensée aux sources de la vie“. Erwähnt den Verleger Diederichs. - Beeindruckende Briefe des von Plänen sprühenden Philosophen in seinem letzten Lebensjahr. - Leicht gebräuntes Nachkriegspapier.
2080 Kirsten, Wulf, bedeutender Lyriker, Prosaist und Lektor, Huchel-Preisträger, wird der „Sächsischen Dichterschule“ zugerechnet (geb. 1934). Typoskript mit eigh. Korrekturen und Unterschrift „Wulf Kirsten“. 2 S. auf 2 Bl. Gr. 4to. O. O., März 1989. 120 € „poetologie. Fragmente I, II“. Zehn kurze, in poetischer Sprache vorgetragene Märtyrer-Biographien russischer und tschechischer Lyriker,
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur die wegen ihrer freiheitlichen Gedanken verfolgt, gefoltert oder ermordet wurden „in jenen Jahren ...“, wie es jeweils am Schluß heißt. Mit mehreren handschriftlichen Korrekturen. - Etwas vergilbtes Papier; 1 Einriss.
2081 König, Heinrich Josef, fruchtbarer Schriftsteller, Literatur- und Kulturhistoriker, mit eifriger Mitkämpfer des Jungen Deutschland (1790-1869). Eigh. Brief m. U. „H Koenig“. 3 S. Gr. 8vo. Hanau 2.VI.1839. 150 € An einen Freund in Darmstadt (Justizrat Buchner?). Dankt für dessen politisch-satirische Schrift, „in der Sie einen so trübseligen Gegenstand mit so geistreicher Laune behandeln. Mit solchen Flügeln muß man sich über jene Gesellen, die sich im Erbärmlichen so dick machen, und sich über die Armseligkeit der Zeit erheben, um zu zeigen, daß man noch frei sein kann, um von oben herab zu schauen. Ich sehe Ihre Mittheilung zugleich als erfreulichen Beweis der Freundschaft eines Mannes an, den ich bisher im Stillen hoch geachtet habe ... Ich denke, wir sehen uns auch in diesem Jahre noch. Weil ich Anfangs July nach Kissingen gehen wollte, habe ich bis jetzt einen Ausflug über Darmstadt noch unausgeführt gelassen. Allein jedenfalls gehe ich später nach Mainz auf einige Tage und werde dann den Umweg über Darmstadt machen ... Es freut mich sehr, daß Sie meinen Roman mit Freundlichkeit gelesen haben ...“. - Gemeint ist wohl der zweibändige ShakespeareRoman „Williams Dichten und Trachten“.
„die ‚Krolow‘sche Lösung‘ der Heise-Kunert‘schen Lyrik-Diskussion“ 2082* Krolow, Karl, Lyriker und Essayist, Träger des GeorgBüchner-Preises und zahlreicher weiterer Auszeichnungen (1915-1999). Konvolut von 26 (davon 15 eigh.) Briefen und 1 masch. Postkarte m. U. „Karl Krolow“ sowie 2 Typoskripten. Zus. ca. 26 S. Verschied. Formate. Meist mit dem Umschlag. Darmstadt 1960-1985. 400 € An Rolf Michaelis, Feuilleton-Redakteur der „Stuttgarter Zeitung“ bzw. der „Zeit“. Oft Begleitschreiben zu Einsendungen von Gedichten oder Essays, aber auch Danksagungen mit Bemerkungen und Gedanken über andere Schriftsteller (Garcia Lorca, Härtling), Bücher, Litera turpreise, Jury-Probleme etc. Beispiel: „... heute schicke ich Ihnen die ‚Krolow‘sche Lösung‘ der Heise-Kunert‘schen Lyrik-Diskussion. Nicht unbedingt ein in Prosa aufgelöstes Gedicht von mir, doch auch nicht sein Gegenteil ... Ich wollte jedenfalls nur eine kürzere und nicht essayistische Stellungnahme geben. Nach sovielen Aufsätzen zum Metier des Versemachens (auch) eine ironisch-ernsthafte und ‚leidende‘ Reaktion“ [18.VIII.1982]. Vor seinem 70. Geburtstag: „... Es wird dann, diese eine Woche lang, hier und in Hannover (und überhaupt in den ‚Medien‘) offiziell mit mir ‚umgegangen‘, wenn ich so sagen soll. Das ist natürlich erfreulich, zugleich anstrengend, und vorher bin ich - für meine Verhältnisse - überbesetzt. Daher meine Befürchtungen, durchzuhalten (spr. nicht durchzuhalten). Es ist manchmal Irritation / Verwirrung dabei. Aber die hat auch mit anderem zu tun, nicht unbedingt Literarischem“ [26.I.1985]. - Die beiden Typoskripte sind betitelt „Geträumtes Da-sein. ‚Von der niemand gehörenden Einsamkeit‘ - Prosagedichte von Alice Koch“ und (zur Lyrik-Diskussion) „Donnerworte und Gedichte“. Abbildung
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2083* Kürnberger, Ferdinand, österr. Schriftsteller und Feuilletonist (1821–1879). Eigh. Gedichtmanuskript. Auf der Rückseite einer Schüler-Schreibübung. O. O. (ca. 1840). 300 € „Frühling Geliebter! / Lächelnder Bothe, / Bringer der Freude / Sey uns gegrüßt! / Erde voll Blumen / Himmel voll Lieder / Lüfte voll Düfte, - / Auf! und genießt! ...“. 32 Zeilen. - Daneben von anderer Hand mit roter Tinte die Notiz: „Zeit unbekannt, jedenfalls 40er Jahre“. Somit hätte Kürnberger das hübsche Frühlingsgedicht mit nicht viel mehr als 20 Jahren geschrieben. Ungefähr um diese Zeit begann er seine erfolgreiche journalistische Laufbahn. - Beiliegend eine Portrait-Photographie Kürnbergers (Visit-Format) aus dem Atelier Beer & Mayer in Graz. Die Aufnahme muß nach 1878 entstanden sein, da der Photograph auf der Rückseite mit einer Medaille von der Pariser Weltausstellung 1878 wirbt. - Karl Kraus zählte Kürnberger neben Spitzer und Speidel zu den sprachmächtigsten Autoren und zu seinen Vorbildern im historischen Wiener Feuilleton der liberalen Tagespresse. Abbildung Seite 30
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ An den Schriftsteller und Theaterkritiker Julius Bab (1880-1955): „... Eiligst - vor einem Vortrag: 1) Ich hoffe, es wird Ihnen nicht gelingen, durch Ihre Anwesenheit bei einer Probe eine schlechte Aufführung erträglich zu machen. Ihrem Quousque tandem [übers.: wie lange noch] setze ich mein Ceterum censeo [übers.: im übrigen meine ich] entgegen - nächstens in der Form einer Anfrage. - Wissen Sie übrigens daß zuletzt - ich weiß nicht wie oft - Frl. Steger oder Steiger (‚jene‘ Minna!) die Adelheid gespielt hat? | 2) In Sachen Spitteler - Landauer - Deutsches Reich kommen Sie mir ganz vor wie Ihr eigener Rabbiner mit der Brille! Alle sind sie ungerecht gegen‘s Ausland - also werd ich gerecht sein gegen Deutschland - also ist das lieblos aus Angst vor Liebe - also werd ich nicht gerecht sein gegen Deutschland - also werd ich ungerecht sein gegen‘s Ausland - also ist Belgien Recht geschehen. So ungefähr: Sie müssen nur auch talmudisch genug sein, den zweierlei Sinn des ‚gegen‘ zu beachten. Ich will ein einfaches Gemüt bleiben und fortfahren, in erster Linie vor der Tür zu kehren, die meine ist und die ich kenne. Wie soll ich jetzt wissen, wie‘s in anderen Ländern aussieht? ...“. - In der Neuen Zürcher Zeitung vom 16. und 17. Dezember 1914 hatte Carl Spitteler einen Aufsatz veröffentlicht „Unser Schweizer Standpunkt“. Nach der Lektüre warf Bab Spitteler ebenso wie Landauer eine Art Betriebsblindheit für die jeweils eigene Sache vor. - Auszugsweise und mit Abweichungen gedruckt in der von M. Buber hrsg. Briefausgabe unter Nr. 302.
2086 Lavant, Christine, österr. Schriftstellerin (19151973). Eigh. Brief m. U. „Christine Lavant“. 1 S. Quer-gr. 8vo. St. Stefan im Lavanttal (ca. 20.V.1958). 280 €
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„Lügenpresse“ 2084 Lamartine, Alphonse de, franz. Schriftsteller und Politiker, führender Lyriker der franz. Romantik (17901869). Eigh. Brief m. U. „Lamartine“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und Poststempel. 8vo. O. O. 23.I.1839. 120 € An Madame Duport. Hübscher Brief über Presse und Politik. „... Ne croyez rien des bêtises des Journeaux sur mes Ministeres. J‘ai du bon sens et aucune ambition. Je les laisse dire, Je laisse même la Majorité me solliciter d‘entrer. Mais je resterai à la Porte comme avant c‘est la Bonne Place ...“. - Beiliegend eine Postkarte mit Lamartines Porträt.
2085* Landauer, Gustav, Schriftsteller, Politiker und Philosoph (1870-1919). Eigh. Brief m. U. „Landauer“. 12/3 S. 4to. (Berlin-Hermsdorf, Anfang März 1915). 200 € 30
An den Verleger Hartfrid Voss in Ebenhausen wegen ihres Beitrags zur Anthologie „Lyrische Handschrift unserer Zeit“ (1958): „... die beiden, zur Auswahl, hier beigelegten Gedichte sind ungedruckt. Sollte Euch aber das andere, das im Literatur-Kalender, besser zusagen, so ist es mir auch recht. Jedenfalls bitte ich Euch, mir das, was Ihr nicht brauchen könnt wieder zurück zu schicken ...“. - In dem von Voss herausgegebenen Literaturkalender „Spektrum des Geistes“ (1958) war Lavants Gedicht „Jede Stelle der Erde“ (aus dem Gedichtband „Die Bettlerschale“) als Handschrift-Faksimile veröffentlicht worden. In der Anthologie „Lyrische Handschrift unserer Zeit“ aus demselben Jahr kam dann auf S. 54 das Gedicht „Die Nesselstaude“ als Reproduktion der Handschrift zum Abdruck. - Beiliegend ein Korrekturabzug des Faksimiles zu „Die Nesselstaude“ sowie die Durchschläge von zwei Briefen des Verlegers an die Dichterin (19. und 24. Mai 1958). - Autographen von Christine Lavant sind sehr selten.
2087* Lenz, Hermann, Schriftsteller (1913-1998). Eigh. Brief mit U. „Hermann Lenz“. 1 S. Mit Umschlag. Gr. 4to. München 4.I.1990. 180 € An einen Autor: „... mich freut‘s, dass Ihnen schon damals als Schüler mein Roman ‚Die Augen eines Dieners‘ gefallen hat. Nun fragen Sie mich, ob ich am 1. März in der Handschriftenabteilung der Stadtbibliothek ein kurzes Referat über ‚Erwartungen und Ansprüche eines Schriftstelllers an ein Literatur- und Handschriftenarchiv‘ halten kann. Ich will versuchen, dies zu tun und hoffe, dass mir zum Thema etwas Akzeptables einfällt ...“. - Das Typoskript dieses Vortrags, den Lenz anläßlich eines Symposions über Erwartungen an Literaturarchive am 1. März 1990 im Hildebrandhaus gehalten hat, wird in der Münchner Stadtbibliothek, Monacensia (Signatur: L 5168) aufbewahrt. Ob sich damit Lenz‘ Erwartungen erfüllt haben?
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur „Kessel für Sowjet Rußland!“ 2088* Lersch, Heinrich, Kesselschmied und Schriftsteller, katholisch geprägter Expressionist und Arbeiterdichter (1889–1936). Eigh. Brief mit U. „Dein Bruder Hein“. 4 S. Gr. 4to. O. O. (ca. 1927). 900 € Umfangreicher, leidenschaftlicher und charakteristischer Brief an seinen Freund und Schriftstellerkollegen Max Barthel (1893–1975) in Berlin: „Lieber Max, ich könnte menschlich leben, schreiben, auch am Tag! Könnte frei sein! Könnte Kommunismus aufbauen! Würde mit der ganzen Arbeiterschaft in Gladbach auch Feierabend in der Werkhalle, unsere Festhalle! Meetings machen! Es ist toll, was würden wir den ersten Mai feiern! (Nebenbei: ich rede bei den Kommunisten zur Eröffnung der Maifeier! Vielleicht kommt Klara Zetkin zu uns, sie ist gebeten. Besser noch, Du kämst! ... 3000 Mann erwarten wir Dich. Mein Bruder und ich gehn im Zug mit: Vorhammer geschultert, Hand auf! Alle Gewerke in Arbeitstracht. Unser ‚Bosch Null‘ ... trägt die Fahne: Kessel für Sowjet Rußland! ... Also Utopia, dich bau ich aus: von dem Sündensold, der sonst dem Ausbeuter zuflösse, aus dem Mehrwert bauen wir eine Siedlung auf der ‚Landwehr‘ wo ich geboren bin. Frei, den Rücken an den großen Wald gelehnt. Die Stadt in der Dunstferne. Die Siedlung bewohnen nur Kesselschmiede mit ihren Familien. Utopie!! Utopie! ... ich glaube ganz une[h]rfürchtig, daß ein tapfrer Rebell, der ein Kerl ist, mindestens so gut sein kann wie der Revolutionär, der ohne Waffe ist. Also ich habe eine Waffe. Das ist: Mann! Das ist mein Buch. Ich habs zur Bombe gestaltet, zum Nitrin, zum Flammenwerfer! Ach, was ist es für ein Buch! Ich werde Dir etliche Kapitel an den Kopf werfen. Vielleicht aber - verstehst Du es nicht ... Höre, vor kurzen haben wir: Kessel für Sowjet Rußland gemacht. Öltransportkessel für die Eisenbahn. 6 m lang, 1900 [Durchmesser], 3000 kg. schwer. Mann! die Freude! Kessel für Sowjet-Rußland! Ich schreibe ein Band Gesänge mit diesem Titel! Wir hätten gerne nichts anderes gemacht. Da wir aber ‚Heimarbeiter‘ für die Unternehmer sind, bekamen wir nur den Ausbeuter-Lohn dafür ... Gestern Nacht haben wir eine elektrische Schweißanlage zusammengeklopft. Ich sah einen Gießbach im Ural, eine Turbine trieb ein Dynamo - Du standest, hieltest zehn Finger ausgestreckt und sendet her über Rußland den Strom - ich stand da, zehn Finger Dir nach Osten entgegengestreckt - und nehm die Energie auf - und die Motoren liefen ... Lieber Max, nun weißt Du mehr von mir, als tausend Werke sagen: Kessel für Sowjet Rußland! ... Denke Dir, Heinrich Lersch, auf den in Gladbach 25- 30000 Proletarier hoffen, im Rheinland Millionen - in Deutschland auch noch etliche - er könnte mit Lachen die freie Wahrheit predigen! Kessel! für S. R. Aus der Eule des Kapitals die Lerche des Proletariats ...“. Ferner ausführliche Schil derungen seiner Arbeits- und Betriebssituation. Lersch leitete bis 1924 die Kesselschmiede seines Vaters. - Wenn hier im Brief vom Buch „Mann!“ die Rede ist und „vom Rücken an den großen Wald gelehnt“, so läßt sich vermuten, dass der Brief 1927 geschrieben ist, denn in diesem Jahr erschienen Lerschs Bücher „Manni!“ und „Der grüßende Wald“. - Randeinrisse. - Volltranskription auf Wunsch verfügbar. Abbildung
2089* Löns, Hermann, Dichter und Naturschützer (18661914). Eigh. Ansichts-Postkarte mit U. „HLs“. 1 Seite. Hannover 7. III.1914. 450 € Aus dem Todesjahr des Dichters an Willy Mayr in Darmstadt: „Lieber Herr Mayr, Ostern werde ich wohl in Detmold sein und Frl. S., die schön grüßen läßt, zu Hause. | Das Flugblatt kannte ich. Ich habe 100
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Stück davon verbreitet. | Der Geburtstag war sehr niedlich. Große Damenkaffeetafel. | Heute und morgen muß ich Culör schwingen. Nordwestdeutscher V-C. Tag. Zugleich tagt hier der NWD. L.-C. Schöne Grüße, auch von Frl. S. ...“. - Mit „Frl. S.“ ist vermutlich Löns‘ letzte Geliebte, seine Haushälterin Ernestine Sassenberg (geb. 1890) gemeint; mit der Verbindung C. wohl die „Cimbria“. - Die Bildseite der Karte zeigt eine Truppenparade auf dem Waterlooplatz in Hannover. - Selten.
„höchst kritisch gegen Einwanderung“ 2090 Mann, Thomas, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1875-1955). Brief m. U. „Thomas Mann“. 11/2 S. Gr. 4to. Pacific Palisades 3.IV.1948. 1.200 € An den Journalisten Hermann Rössler (1895-1976) in England, der ihm schon einmal 1940 geschrieben und jetzt den Tod seines Vaters, des erfolgreichen Wiener Schauspielers und Schriftstellers Carl Rössler (1864-1948) gemeldet hatte. Thomas Mann dankt für beide Briefe und die Gelegenheit, „Ihnen noch heute meine aufrichtige Anteilnahme auszusprechen am Hinscheiden Ihres Vaters, dessen höchst liebenswürdige Persönlichkeit mir stets vor Augen bleiben wird. Ich bin sicher, dass auch mein Bruder Heinrich von diesem Todesfall tief betroffen worden ist ... Ihr Wunsch, von England nach den Staaten zu übersiedeln, wird nach allem, was ich sehe und weiss, heute nicht leicht zu erfüllen sein. Dieses Land hat viel von seiner Gastlichkeit verloren und verhält sich höchst kritisch gegen alle Wünsche nach Einwanderung. Die Affidavit-Bedingungen sind zu höchster Umständlichkeit und Verantwort-
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Verewigte seiner Danksagung ein persönliches Wort hinzufügen wollte. Seine letzte Krankheit folgte so rasch auf den Geburtstag, dass es dazu nicht mehr kam. Ich schicke Ihnen heute eine Danksagung, die er wenigstens noch persönlich signiert hat [liegt nicht bei]; das beiliegende Bild konnte leider nicht mehr unterzeichnet werden ...“. - Thomas Mann war am 12. August 1955, nach seinem 80. Geburtstag am 6. Juni, verstorben. - Beiliegend der Durchschlag des Gegenbriefes vom 4. Juni 1955.
„Welch ‚göttlicher Bluff‘!“ 2093 - Mann, Monika, zweite Tochter Thomas Manns, Lyrikerin, Erzählerin und Essayistin (1910-1992). Eigh. Brief m. U. „Monika Mann“. 3 S. auf 3 Bl. Gr. 4to. (Bozen) 7.VIII.1970. 180 €
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lichkeit ausgestaltet worden, und was uns betrifft, so haben wir unseren Kredit überzogen, auch nähere Freunde schon allzu viel in Anspruch genommen ... Das Leben hier nimmt unter dem Einfluss der unseligen Weltlage immer strengere Formen an, und die Schwierigkeiten, einen Lebensunterhalt oder auch nur eine Unterkunft zu finden, sind nachgerade fast unüberwindlich ...“. - Rössler übersiedelte daraufhin nach Kanada. - Kleiner Faltenriss. - Nicht bei Bürgin-Meyer.
2091* - Eigh. Brief mit U. „Thomas Mann“. 1 S. Doppelblatt, Hotelpapier mit Briefkopf. Mit eigh. adress. Umschlag. Kl. 4to. Hotel Waldhaus Sils-Maria, Engadine, 31.VII.1954. 600 € An Lore Rümelin (1915-1998) in Bonn, übersendet per Einschreiben das Manuskript „Versuch über Tschechow“: „... Dank für Ihre Karte und Ihre Bereitwilligkeit! Das Manuskript geht eingeschrieben an Sie ab. Machen Sie, bitte, 4 Durchschläge davon! Ich fürchte, es ist nicht sehr leserlich geschrieben. Schon darum muß ich Ihnen für die Abschrift alle Zeit zugestehen, die Sie eben brauchen. Mit Köln hat es seine Richtigkeit. Wir würden uns außerordentlich freuen, Sie dort begrüßen zu können ...“. - Thomas Mann weilte vom 24. bis 25. August 1954 in Köln, wo er u.a. aus dem „Felix Krull“ las und seinen Jugendfreund Ernst Bertram wiedertraf. Lore Rümelin-Wibel (1915-1998), Frau des deutschen Kulturattachés beim deutschen Generalkonsulat in Zürich, später Bern und Bonn, stammte aus Lübeck und kam auf Vermittlung von Gottfried Bermann-Fischer zu Thomas Mann. Sie fertigte die Manuskriptabschriften der späteren Werke an, u.a. für „Felix Krull“, „Versuch über Schiller“ und „Versuch über Tschechow“. - Bürgin-M. 54/245; HeineS. 532. - Vgl. Klaus Täubert, Zum 80. Geburtstag [von L. Rümelin] am 28. September. In: Europäische Ideen, Heft 90 (1994), S. 12-15.
An einen Professor. Teil einer in Briefen geführten interessanten Diskussion über die Notwendigkeit der Basis persönlicher Anschauung oder soliden Wissens für die Schöpfung literarischer Gestalten und Geschehnisse. Monika Mann ist bemüht, den Satz des Adressaten zu widerlegen: „Was nützen mir Wörter, die Sachkenntnis prätendieren, ohne daß ich selbst irgendwelche Erfahrung habe.“ Dabei macht sie auch bemerkenswerte Aussagen über ihren Vater, Thomas Mann. „... Ich führte in meinem vorangegangenen Brief an Sie ein Stück Lyrik an, weil es da am augenfälligsten ist, aber auch das, was Sie Sachprosa nennen, gehört dazu. Die kunstgerechte Beschreibung einer Landschaft, gleichviel, ob es eine ‚existente‘ oder eine ‚erfundene‘ Landschaft ist, wird vom Wort aus geschaffen ... Viele Leute bestaunten meinen Vater für seine Sachkenntnis in Medizin, Musik, Theologie, Archeologie ... Welch ‚göttlicher Bluff‘! Ein ganz oberflächliches Studium, ein künstliches Eingeweihtsein, die Sache betreffend, ein vor dem Fiasko bewahrender Überblick - eine Art von Trick sicherte ihm und stempelte nach außen hin sein inneres, sein mysteriöses Wissen, wiederum vom stummen, ungeborenen Wort bestimmt. Es ist ja doch das reine Wunder! - Was meine winzige Wenigkeit betrifft - ich schickte neulich meinem Bruder Bibi (Michael) eine Klein-Prosa von mir, und er fragte: ‚Wo und wann hast denn Du das alles erlebt, ich dachte, Du gehst nie aus?‘ - So ist doch, wenn auch auf minimale Weise, der göttliche Bluff in mir ...“.
2094 Mark Twain (d. i. Samuel Longhorne Clemens), amerikan. Schriftsteller (1835-1910). Eigh. Namenszug „Mark Twain“. Auf einem Zettel im Visitenkarten-Format. Mit handschriftlichem und frankiertem Umschlag. Quer-16mo. (New York 9.I.1906). 300 € An Mr. G.E.A. Scholefield in Hamburg, dem er wohl einen Autogrammwunsch erfüllt. Abbildung
„seine letzte Krankheit“
„von Buchhändlern gemißbraucht“
2092* - Mann, Katia, geb. Pringsheim, Ehefrau Thomas Manns (1883-1980). Eigh. Brief mit U. „Katia Mann“. 1 S. Trauerrand. Gr. 8vo. Kilchberg 4.II.1956. 300 €
2095* Martyni-Laguna, Johann Aloysius (d. i. Karl Friedrich Martini), sächsischer Philologe und Dichter, Hofmeister in Dresden und Warschau (1755-1824). Eigh. Brief mit U. „Martyni-Laguna“. 21/2 S., eng beschrieben. Doppelblatt. 8vo. Dresden, 4.II.1812. 180 €
An den Sammler Hans Waldmüller (hier irrtümlich als „Waldmann“ adressiert): „... Ihr Brief vom 4. Juni 1955 gehörte zu denen, für die der
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________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur An den Verlag Brockhaus in Leipzig über dessen „Urania. Taschenbuch für Damen“: „... Es war und ist mir angenehm, in dem Verleger der ‚Urania‘ den mich im Sommer des verwichenen Jahres besuchenden braven Mann zu wissen, nachdem ich, unverzeihlich von Buchhändlern gemißbraucht, fest entschlossen war, all dergl. Geschäften zu entsagen. Für die ‚Urania‘ will ich thun, was ich vermag, wenn Sie 1) mich über die Redaktion namentl. und ganz genau belehren ... 2) mich und meine Freundinnen, die ich für die Urania angeworben, und von welchen ich zum Theil schon trefliche Beyträge in Händen habe ... bestimmt über das Honorar unterrichten ... 3) ob eines, oder einige Freyexemplare zugestanden werden, außer dem Honorar versteht sich! Die Freundinnen, die gewiß dem Taschenbuch zur Ehre gereichen werden, sind alles Damen von ausgebreiteter Bekanntschaft, die selbst für die Verbreitung des Taschenbuchs mit Vortheil wirken werden ...“. Nennt die Namen der Beiträgerinnen (von Gersdorf, von Schleinitz, Kamienska) und legt einige eigene Beiträge bei, darunter Epigramme: „Von letzter Gattung steht, wenn es verlangt wird und erforderl. wäre, noch manches pikante zu Befehl ...“. - Die Verbindung kam wohl nicht zustande, da für 1813 kein neu redigiertes Taschenbuch erschien.
2096 May, Karl. Fragment eines eigenhändigen Gedichtmanuskripts. 6 Zeilen (Bleistift). 6,5 x 12 cm. (Radebeul um 1897 ?) 240 € Eigenhändiges Fragment eines Gedichtes, das erst 1916 posthum von dem Karl-May-Forscher Rudolf Beissel veröffentlicht wurde (erwähnt und abgebildet bei Heinrich Pleticha, Karl May. Illustrierte Werke, Leben, Werk, Wirkung, Gütersloh 1996, S. 95). „Ich geh so gern tief in mein Innres lauschen, / Leg mich in mir zu meiner Seele hin! / Wenn dann um uns nur Engelsflügel rauschen, / Weiß ich, daß ich in meinem Himmel bin. / Ich höre, wie auf unsichtbaren Schwingen / Der Herr durch diesen einen Himmel geht“. Darunter ein handschriftlicher Vermerk mit Tinte von Rudolf Beissel (1894-1986): „Originalmanuskript Karl May‘s. Enwurf zu einem bisher (1916) ungedruckten Gedicht“. Verso, ebenso fragmentarisch, von anderer Hand der Bericht über einen Besuch (beim Ehepaar May?). - Leicht fleckig, aber gut lesbar und ordentlich erhalten. - Beiliegend die Kopie eines 36seitigen Vortrags von Claus Roxin, ord. Professor für Strafrecht in München und Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft, über die verschiedenen Strafverfahren gegen Karl May. Mit Widmung Roxins auf S. 1. Abbildung
2097 Musil, Robert, österr. Schriftsteller (1880-1942). Brief m. U. „Robert Musil“. 1/2 S. Gr. 8vo. Wien 14.XII.1926. 1.400 € An den Schriftsteller Max Brod. „... Ihre Zuschrift und das Buch habe ich mit Dank erhalten. Leider muss ich Ihnen sagen, dass es sehr ungewiss ist, ob ich in der nächsten Zeit dazu kommen werde, Aufsätze zu schreiben, so dass ich unter Umständen Ihre Geduld und Nachsicht beträchtlich in Anspruch nehmen muss ...“. - Brod hatte ihm wohl ein Exemplar seines neuen Romans „Die Frau, nach der man sich sehnt“ geschickt und um eine Rezension gebeten.
2098 Musset, Alfred de, franz. Schriftsteller (18101857). Eigh. Brief m. U. „Alfd M“ und Adresse. 2/3 S. 4to. O. O. u. J. 300 €
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An seinen Freund François Buloz (1803-1877), Herausgeber der einflußreichen „Revue des deux Mondes“. „Je vous envoie mes voeux ... qui sont un peu plus longue que je ne croyais. J‘irai à la Revue pour les épreuves ... Vous m‘avez dit dans votre lettre une injure horrible - vous m‘accusez d‘être à l‘état p- oh! ça, c‘est trop, comme dit Lablache.“ - 1 Eckabriss. - Beiliegend eine Echtheitsbestätigung des franz. Kultusministeriums und eine Ausfuhrgenehmigung. Abbildung Seite 34
2099* Mynona (Pseud. für Salomo Friedlaender), Schriftsteller, Satiriker und Philosoph (1871-1946). 2 Gedicht typoskripte (194 und 44 Zeilen), davon eins mit eigh. Korrektur. Zus. 5 S. auf 5 Blättern, dünnes Papier. Gr. 4to. (Berlin bzw. Paris) 26.XI.1931 bzw. (Anfang Juni 1937). 450 € I. „Elternhaus. | für Eva zum 26. November 1931 | von Mynona. | Wo die Stadt mit letzten Wellen ihrer Arbeitsbrandung schäumt, | Wuchtet still der heilge Tempel, der im Alltag machtvoll träumt ...“. - Lange poetische Beschreibung des Hauses, der Eltern und Geschwister der Widmungsträgerin, seiner Nichte Eva Samuel (1904-1989), die 1932 als Keramikerin nach Palästina emigrierte. - Druck: Lyrik (2014), S. 257 ff. - Minimal fleckig. - II. „[Al]ten Mannes Traum. Von Oliver Rendell Holmes (Aus dem Amerikanischen übertragen von Mynona) | Ach, eine Stund nur wieder jung ...“. - Druck: Kuxdorf, 1990, S. 150 f. - Linke obere Ecke mit Fehlstelle und Verlust von zwei Buchstaben des Titels. Kleine Randeinrisse und Knitterspuren an den Ecken. - Mit Korrektur: „schwenkt“ statt „spritzt“. - Der Nachlass Mynonas wird heute von der Akademie der Künste in Berlin verwahrt.
2100 Nizan, Paul, politisch aktiver, links orientierter franz. Schriftsteller und Journalist, befreundet mit Sartre, kämpfte gegen Franco, fiel im II. Weltkrieg (1905-1940). Maschinen- und handschriftlicher Brief m. U. „Nizan“. 1 S. Gr. 4to. Paris 28.III.1938. 300 € Der Brief beginnt als maschinenschriftliches Rundschreiben: „Devant la menace qui pèse sur notre pays et sur l‘avenir de la culture française, les écrivains soussignés, regrettant que l‘union des Français ne soit pas un fait accompli, désident de faire taire tout esprit de querelle et
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Prousts Vertrauter, Sekretär und Verwalter seiner Finanzen. In geistreicher Form schildert der Dichter im vorliegenden Brief den aktuellen Stand seiner immerwährenden Gesundheitsprobleme: „... Je viens d‘avoir de longues semaines de fièvre accablante où tracer une ligne m‘était impossible. Je vais mieux mais mes maux d‘yeux ont augmenté et pour cette autre raison je ne peux écrire tant que je n‘aurai pas vu un oculiste et que je n‘aurai pas de verres. Mais Pour aller voir l‘oculiste il faudrait pouvoir se lever. Cercle vicieux ...“. Es sei übrigens nicht leicht gewesen, auf Alberts Brief zu antworten. „... Mais méchant garçon jamais vous ne mettez votre adresse de sorte qu‘il va falloir deux jours de fouilles dans des tombereaux de papiers pour trouver une ancienne lettre de vous où elle se trouve. C‘est donc bien difficile de donner son adresse.“ Aber seine Gesundheit sei nicht der einzige Schwachpunkt; die Finanzen seien es gleichermaßen: „Ma ruine s‘achève lentement mais sûrement ...“ . - Etwas stockfleckig; 4 winzige Nadel-Löcher; sonst gut erhalten. Abbildung Seite 36
2102 Prutz, Robert, freisinniger Schriftsteller und Pub lizist, häufig in politischem Konflikt mit der Obrigkeit, Almanach-Herausgeber, Literatur- und Theaterhistoriker, Gründer und Herausgeber der Zeitschrift „Deutsches Museum“, Professor in Halle (1816-1872). Eigh. Brief m U. „Dr. Prutz“. 11/2 S. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 4to. Halle (Saale) 9.XI.1840. 150 €
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d‘offrir à la nation l‘exemple de leur fraternité ...“. Es folgt eine Liste von 13 Namen, darunter Aragon, Georges Bernanos, Colette, André Malraux, François Mauriac, Henry de Montherlant, Jules Romains und Jean Schlumberger. - Daran schließt sich der eigenhändige Brief Nizans an einen Schriftsteller, den er zur Mitarbeit in der Bewegung gewinnen möchte: „... quelques écrivains ont pensé qu‘il était nécessaire de prolonger l‘effort d‘un union entrepris par treize de leur confrères: voulezvous nous dire si vous conscrivez à joindre votre signature à celles qui sont déjà réuni? Voici les signatures nouvelles: M. Arland, J. Benda, J. R. Bloch ... P. Nizan, E. Richard, T. Remy, R. Rolland ... A. Viollis. Croyez, monsieur, à mes meilleurs sentiments ...“. - Links oben von anderer Hand: „Inutile après declaration“ („nutzlos nach der Kriegserklärung“). - Sehr seltenes Zeugnis des politischen Kampfes Paul Nizans, der zwei Jahre später bei Dünkirchen gefallen ist. Abbildung
2101 Proust, Marcel, franz. Schriftsteller und Sozialkritiker (1871-1922). Eigh. Brief m. U. „Marcel“. 4 S. 8vo. O. O. (1915 oder Anfang 1916). 4.500 € Bisher nicht vollständig veröffentlichter Brief an Albert Nahmias, eines der Modelle seiner Schwester Albertine. Proust hatte Albert 1908 in Cabourg kennengelernt, wo der „petit Albert gentil“ mit seinen beiden Schwestern am Strand eine „kleine Bande“ bildete. Er wurde fortan
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An den Verleger M. Simion in Berlin. Von „unseren Freunden“ Ruge und Echtermeyer sei er aufgefordert worden, zum nächsten „MAlm“ [Musenalmanach] etwas beizusteuern. Er halte es daher für angemessen, „mich vorher mit Ew. Hochwohlgeboren über die Bedingungen zu verständigen ... Seit dem Frühjahr nämlich sind wiederholte Aufforderungen sowohl von Journalen, als von den Unternehmern ähnlicher Sammlungen an mich ergangen, die sämmtlich von Honorarzusicherungen begleitet waren, ... wiewohl ich in der Absicht, hauptsächlich nur an Ihren Unternehmen mich zu betheiligen, mich all diesen Aufforderungen fast gänzlich entzogen habe. So hab‘ ich für Ihren Alm. einige Gedichte bestimmt, das Beste, was ich eben kann u. habe, meist epische Sachen; ... die Redactoren haben sie gebilligt, und ich muß Sie jetzt um Ihre gefällige Entscheidung bitten, ob Sie mir für diesen Beitrag ein gewiß mäßiges Honorar zugestehen wollen, bei welchem ich Ihr eigenes gütiges Anerbieten vom Frühling d. J. als Maßstab angenommen habe, - nämlich fünf Louisd‘or u. Ein Ex. des Almanachs. Wenn Sie erwägen wollen, daß ich aus Anhänglichkeit an Ihre Unternehmungen die günstigen Anerbietungen Anderer ausgeschlagen, so werden Sie vielleicht um so eher geneigt sein, auf meinen Vorschlag einzugehen. Ich bin nicht reich genug, um allem schriftstellerischen Verdienst entsagen zu können, und schriftstellere nicht genug, als daß es mir gleichgiltig sein dürfte, ob gerade meine Beiträge ... favorisirt werden oder nicht. Denn was die s. g. Ehre angeht, so wird Falstaff wohl Recht haben: ‚Kann Ehre mein Bein ersetzen?‘ ...“. - Ein Eck-Abriss; kleine Randläsuren.
„wenn einmal ein günstiger Wind in die Segel bläst“ 2103* Raßmann, Friedrich, sehr produktiver Lyriker, Redakteur, Übersetzer, Lexikograph, Lehrer in Halberstadt, wo er Umgang mit Gleim pflegte (1772-1831). Eigh. Schriftstück mit U. „Friedrich Raßmann“. 2 S. gr. folio. Halberstadt, 21.VIII.1797. 400 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Interessante, umfangreiche Pränumerationsanzeige: „Ankündigung neuer lyrischer Gedichte. Mehrere bewährte Kenner des guten Geschmacks, welche gleich berechtigt sind, das Wort der Weihe sowie des manum de tabula, einem Jünger der Musen zuzurufen, und von denen ich nur einen Eschenburg ausheben will, haben über meine vorige Ostern herausgegebenen lyrischen Gedichte, theils schriftlich, theils mündlich, nicht zu meinem Nachtheil geurteilt, und mich dadurch mit manchem Antipoden ausgesöhnt, dessen Tadel, wie Hagedorn sagt, mehr, als ein Lobgedicht, ehrt. Ich bin wahrlich weit davon entfernt, einem der ersten Hauptgrundsätze der Lebensklugheit zuwider zu handeln, und zu stolzieren, wenn einmal ein günstiger Wind in die Segel bläst; indeß muß ich doch gestehen, daß mir dieser Erfolg meiner poetischen Bemühungen ... keineswegs gleichgültig geworden ist ...“. Raßmann bietet seine Gedichtsammlung mit 16 Oktavbogen für 8 Groschen in Pränumeration an. Er schließt mit Gedanken zum Dichterdasein in der Jugend und im höheren Alter und erwähnt die früh verstorbenen Dichter Cronegk, Unger, Michaelis und Hölty: „Ich bekenne, Kleist‘s Tod hat auch in dieser Hinsicht jetzt wie ein elektrischer Schlag auf mich gewürkt ...“. - Die Veröffentlichung kam augenscheinlich nicht zustande. Raßmann lebte als Redakteur in Halberstadt und Münster. E. W. Förstemann schreibt in der ADB 1888 über ihn: „Diese ... zum Theil ganz fruchtlose Thätigkeit eines Mannes, der zum Schreiben gezwungen war, kann zum warnenden Beispiel für Manchen dienen, der im Begriffe steht, sich dem sog. Schriftstellerberuf im engem Sinne zu widmen.“ - Für einen Gedichtband sehr aufwendige Subskriptions-Einladung. - Gering gebräunt.
2104 Reich-Ranicki, Marcel, einflussreicher Literaturkritiker und Schriftsteller, Feuilletonredakteur der FAZ (1920-2013). 2 Briefe m. U. „Marcel Reich-Ranicki“ (Paraphe). Zus. 2 S. Mit Briefkopf der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Gr. 4to. Frankfurt a. M. 10. und 14. I.1983. 150 € An die Lyrikerin Hill Renée Hügelmann in Berlin, die ihm von Paul Klees Bildern inspirierte Gedichte für den Abdruck in der FAZ geschickt hatte. Reich-Ranicki bedankt sich für zwei Briefe und erklärt: „... Wir haben Ihre Gedichte hier sehr aufmerksam gelesen und manche haben mir besonders gefallen, so das Gedicht ‚Gelehrter‘. Auch in der anderen Gruppe der Gedichte sind mindestens zwei, die deutlich machen, wie sicher Sie im Formalen sind. Allerdings wäre es leichtsinnig und falsch, derartige Gedichte ohne die dazu gehörigen Bilder zu publizieren. Andererseits wiederum ist es für unsere Zeitung ganz und gar unmöglich, Gedichte auch noch mit Bildern zu bringen ...“. - In einem längeren Brief vom 11.I.1983 (Kopie hier beiliegend) widerspricht die Autorin der Meinung, ihre Klee-Gedichte wären ohne die zugehörigen Bilder unverständlich. Sie sei lediglich von den Bildern inspiriert worden, da diese für sie die „magische Welt hinter den Dingen“ sichtbar machten („Klee war, so meine ich zu fühlen, eine hochmediale Person“). Sie habe geschrieben, was sie sah. - Darauf antwortet Reich-Ranicki etwas pikiert: „... hätten Sie sich vielleicht diese Belehrung sparen können, wenn Sie meinen Brief ... genauer gelesen hätten. Ich habe nie behauptet, Ihre Gedichte seien ohne die Bilder von Klee unverständlich. Ich meinte hingegen, daß es leichtsinnig und falsch wäre, diese Gedichte ohne die dazugehörigen Bilder zu publizieren. Und das ist ja etwas ganz anderes ... Diese Gedichte sind natürlich auch ohne Bilder verständlich, aber mit den Bildern wirken sie ungleich stärker ...“. - Der Band „Gedichte, inspiriert durch Kompositionen von Paul Klee“, erschien erst 1987 im Waldkircher Verlag. - Alle Teile gelocht.
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2105* Ringelnatz, Joachim (d. i. Hans Bötticher), Lyriker, Erzähler, Kabarettist und Maler (1883-1934). Masch. Brief m. U. „Joachim Ringelnatz“. 1 S. Mit Briefkopf. Kl. 4to. München („Hohenzollernstr. 31 a, Gartenhaus I lks.“) 5.VII.1927. 180 € An eine Galerie in Stuttgart: „... Zu den drei Bildern von mir, die Sie bei Ihrer Herbst-Sport-Ausstellung zeigen wollen, gebe ich Ihnen nachfolgend meine Nettopreise: 1. Fuchsballonjagd netto M 150.- 2. Fallschirmabsprung netto M 300.- 3. Motorbootrennen netto M 350.- ...“. - Doppelt gelocht; mit Bleistift-Notizen des Empfängers.
2106 Rodenberg, Julius (eigentl. Levy), Schriftsteller, Kritiker, Essayist und einflußreicher Publizist, Herausgeber des „Salons für Literatur, Kunst und Gesellschaft“, Gründer und Hrsg. der „Deutschen Rundschau“ (1831-1914). 2 eigh. Briefe m. U. „Julius Rodenberg“. Zus. 4 S. Gr. 8vo und 8vo. Berlin 20.III.1877 bzw. Marienbad 18.VII.1878. 280 € An den österr. Ministerialrat, Dichter und Komponisten E. S. Engelsberg (d. i. Eduard Schön, 1825-1879). Im ersten Brief bedankt sich Rodenberg für eine Geschenksendung. „... Es war ein Gedanke, so poetisch u. liebenswürdig, wie er nur Ihnen kommen konnte. Wehmüthig
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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u. anheimelnd sieht das alte Bild mich an, u. die Worte, die Sie darunter gesetzt, bringen es mir so nahe, als ob‘s ein Stück meiner eigenen Vergangenheit wäre. Mit ihm zugleich tauchen in meiner Seele alte, liebe halbverklungene Erinnerungen auf an jene Wanderungen welche mitten im vollen Wiener Leben u. am hellen Mittag etwas Träumerisches hatten, etwas von der Gegenwart Abgewandtes. Da war es, daß ich Ihr Wien so lieb gewann, so lieb, daß ich es niemals mehr aus dem Herzen verlieren werde; u. da war es auch, wo ich Ihnen persönlich begegnet bin u. von Ihnen so viel Freundliches erfahren habe ...“ (schwelgt weiter in Erinnerungen). - Mit Briefkopf „Deutsche Rundschau“. - Der zweite Brief (aus Marienbad) begleitet ein Gedicht, das Rodenberg seinem Freund Engelsberg seit langem dedizieren und endlich in Marienbad überreichen wollte. Doch das Treffen kam nicht zustande, so daß Rodenberg die Verse auf Seite 3 und 4 des Doppelblattes dem Brief anfügt: „Oft in der stillen Nacht - Nach dem Englischen des Thomas Moore“. 2 Strophen mit insgesamt 25 Zeilen: „Oft in der stillen Nacht, / Wenn Schlaf und Wachen streiten, / Umglüht‘s mein Auge sacht, / Wie Licht vergang‘ner Zeiten. / Wie Lust und Leid / Der Knabenzeit ...“. - An einer oberen Ecke hat der Empfänger mit Bleistift notiert: „komp. 3. Octob. 878 Morgens“. - Beiliegend 6 eigh. Briefe seiner Ehefrau, der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Justina Rodenberg (1837-1923). Zus. 11 S. 8vo. 1873-1878. - Gleichfalls an Engelsberg-Schön. Freundschaftliche Briefe über verschiedene Themen, darunter eine Ordensverleihung an Engelsberg. Erwähnt Eduard Hanslick.
2107 Romains, Jules (eigentl. Louis Farigoule), franz. Schriftsteller, Mitglied der Académie Française (18851972). Eigh. Brief m. U. „Jules Romains“. 2 S. Gr. 4to. Hyères (Côte d‘Azur), Café de l‘Univers, 31.I.1920. 300 € Umfangreicher Brief an Jean Gustave Tronche, wegen der Übermittlung von Romains‘ „kinematographischer Erzählung“ „Donogoo Tonka
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ou les miracles de la science“ an den Philosophie-Professor und Schriftsteller Marcel Drouin (1871-1943), und deren Wirkung. Romains setzt sich ausführlich mit der Kritik Drouins an seinem Werk und der Ver mutung auseinander, es handle sich um eine Allegorie auf die französische Republik. „... Lorsque, voici quinze jours, à Barcelone, le premier papier de Drouin m‘arriva, je débarquais, fourbu, d‘un train espagnol qui nous avait secorées pendant 689 kilomètres, et le ton de ce document, joint à ma fatigue, me fit passer une mauvaise soirée. Pour ne point deviner ce dont on m‘accusait, je n‘en sentait pas moins quelque tristesse de me découvrir un ennemi aussi âpre, un accusateur aussi pressant. - Mais quand, avant-hier, j‘ai reçu votre lettre, à peine avais-je lu les premières lignes que je me suis à rigoler incoerciblement le long des rue d‘une ville paisible, et je gloussais encore un quart d‘heure après. - Vous me donnez peu de détails, trop peu. Mais votre laconisme même, en ne me livrant que le gros de la chose, me la rend plus énorme. Donoogo Tonka, allégorie de la N. R. F., c‘est purement splendide! Il y a de quoi, comme dirait Monsieur Jules Siegfried, s‘en taper le cul pendant deux heures sur un coin de cheminée. Mais ce que j‘aimerais savoir, c‘est la distribution des rôles. Que représente le Trouhadec? Quels sont les symboles contenus dans le roussissement du Pionnier et dans le Donogoo Central Bar? A quel personnage Drouin lui-même s‘est-il identifié? Et ne pensez-vous pas qu‘on pourrait, d‘un point de vue vraiment démocratique, chercher une petite allusion au père Gorse? Ah! mon cher Tronche, le monde n‘est pas près de finir. Il y a encore des types qui ont des idées épatantes, et on ne s‘ennuiera jamais. - Je ne désespère pas de recevoir ces jours-ci une lettre en latin de l‘évèque in partibus de Laodicée, où ce prélat me traitera de vache, pour l‘avoir ridiculisé d‘une manière sournoise et transparente à la page 37 de Puissances de Paris. Le plus drôle, c‘est que Drouin n‘a pas l‘air pleinement convaincu. Il tourne autour de la question, et finit par me demander ma parole, ou à peu près ...“. - Das Buch „Puissances de Paris“ von Jules Romains war 1919 erschienen. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur 2108* Sacher-Masoch, Leopold von, Schriftsteller und Publizist, Namensgeber des Begriffs Masochismus (18361895). Eigh. Albumblatt mit U. „Leopold Ritter von Sacher Masoch“ sowie eigh. Begleitbrief mit U. „Sacher Masoch“. Zus. 3 Seiten. Doppelblätter. Der Brief mit Kopf seiner Zeitschrift „Auf der Höhe. Redaction“. 8vo. Leipzig, 30. III. 1883. 200 € „‘Trau‘ dem Mann nicht, der nicht haßet, / Fürchte daß er auch nicht liebt.‘ / |Montenegrinisches Volkslied. 1600 ...“. - Begleitbrief an ein Fräulein: „... Wie können Sie nur einen Augenblick meinen, daß so liebe Zeilen, wie die Ihren in den Papierkorb wandern. Dieselben haben mich im Gegentheil erfreut und es ist mir lieb daß ich Ihnen sofort durch Übersendung des gewünschten Autographs beweisen kann, daß dies keine Redensart ist. Möge Sie das Leben nie je rauh berühren und wenn es je geschehen sollte, dann bewahren Sie sich diesen Sinn für Poesie, für das Wahre und Schöne, der aus Ihren Zeilen spricht, er wird Sie stets trösten und mit Ihrem Geschick versöhnen ...“. - Kleine Montagespuren.
2109 Sand, George, (d. i. Aurore Dupin, Baronin Duvedant), französ. Schriftstellerin, befreundet mit vielen großen Musikern und Schriftstellern (1804-1876). Eigh. Widmung m. U. „George Sand“. Auf einem Papierstreifen, montiert auf den weißen unteren Rand eines Stahlstichs mit ihrem Porträt. Insges. 25 x 18 cm. O. O. (wohl um 1845). 900 € „à Monsieur le baron Robert. George Sand“. Montiert unter einen Stahlstich von A. Riffaut nach dem Gemälde von A. Charpentier. - Dabei: Nadar (d. i. G.-F. Tournachon), der große franz. Photograph, Karikaturist, Schriftsteller und Luftschiffer (1820-1910). Porträt George Sand. Auf Karton gewalzte Orig.-Photographie. 35,5 x 26,5 cm (Bildgröße 23,5 x 19 cm). (Paris 1864). - Das berühmte Altersbild der Schriftstellerin aus der „Galerie Contemporaine“ (Paris 1876-1880), mit der gedruckten Bildunterschrift „Georges [!] Sand“. - Kleines Fleckchen am oberen Rand des Untersatzkartons, sonst sehr gut erhalten. Abbildung Seite 38
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aussi fière de vous avoir pour défenseur dans mes grands ou petits procès. Gardez moi votre bienveillance et ne me jugez pas ingrate. J‘ai été dans ces derniers tems, dans une situation d‘esprit exceptionelle qui m‘avait fait oublier toute affaire positive de la vie. Vous savez qu‘on a de ces crises-là. Quand elles sont passé, on s‘effraye d‘être en retard avec les savoirs les plus sérieux et les plus doux ...“. - Im Text 2 kleine Brandflecken von Funkenflug. - Inhaltlich schöner, gehaltvoller und charakteristischer Brief.
2110 - Eigh. Brief m. U. „G Sand“. 3 S. Gr. 8vo. Paris 25. II. (ca. 1843/1844). 600 €
Abbildung Seite 39
Nach einem verlorenen Prozess an ihren Rechtsanwalt, den sie mit Weisheit und Festigkeit zu trösten bemüht ist. „Quand on gagne son procès on est plus préssé de remercier son avocat que quand on l‘a perdu, et c‘est mal, c‘est ingrat, c‘est lâche. Pourtant je suis tombée dans ce péché et vous devriez ne pas me le pardonner. Je ne le pardonne pas à moi-même. Quoique ce ne soit pas aucune des mauvais sentiments que je signale, que j‘ai été paralysée. J‘ai eu toutes sortes de troubles et de contentions d‘esprits depuis quelque temps. Je n‘étais bonne à rien, et j‘attendais pour vous aller voir, comme éclaircie dans mon cerveau. J‘irai maintenant, je demanderais à Monsieur Bourdet à quel moment on ne vous dérange pas en vain donnant une poignée de main. Vous avez admirablement plaidé ma petite affaire, à ce qu‘on m‘a dit. Vous ne pouvez pas plaider autrement et vous y avez mis tout le zêle possible, je le sais. Le tribunal a fait une erreur, je le crois, mais un autre tribunal la réparera, je l‘espère. Ainsi n‘ayez pas de regret, et croyez bien que je suis toujours
2111 - Sand, Aurore (eigentl. Aur. Duvedant), Enkelin von George Sand, Hüterin von deren Nachlaß auf Schloß Nohant (1866-1961). Eigh. Brief m. U. „Aurore Sand“. 2 S. Quer-4to. Château de Nohant 17.II.1898. 300 €
„ma vénérée Grand‘mère“
Als 22jährige an einen Herrn, der ihr eine Abhandlung über Guy de Maupassant gesandt hatte. „... J‘ai connu cet excellent auteur et j‘ai entendu parler de lui par mon frère Maurice Sand qui l‘appréciait et lui avait ouvert la maison sur la demande de Flaubert. C‘est vous dire de quelle sorte est le double intérêt que votre oeuvre m‘inspire. - Quel regret, souvent éprouvé par moi, de n‘avoir pas connu les filles de Dumas, et d‘avoir été trop jeune pour être en rapport amical avec leur père! - Il ya eu dans ma vie toute une partie, la plus grande peut-être, qui commandait à mon coeur de survivante, la garde de nos grands écrivains, ceux
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qui nous tituent ce qui reste de notre haute civilisation litteraire. - J‘ai quitté momentanément Paris (on y a démoli mon domicile) et je me suis réfugiée en Bezey, à quelques Kilomètres de Nohant (devenu, par mes soins, un Musée Vivant: la demeure familiale de ma vénérée Grand‘mère. J‘espère qu‘un jour d‘été vous y amènera en visiteur, et si vous vous nommez, venez me serrer la main ...“. - Von Leo Tolstoi war 1898 eine französische Übersetzung seines Buches über Maupassant, Zola und Dumas erschienen, doch ist es ungewiß, ob er der Adressat des vorliegenden Briefes ist. - 1 Faltenriss unterlegt; 1 Rand durch Tesafilm verfärbt. - Dabei: Jules Sandeau (eigentl. Julien S.), franz. Schriftsteller, Geliebter der George Sand, Mitglied der Académie Française (1811-1883). Eigh. Brief m. U. „Jules Sandeau“. 1 S. Doppelblatt mit Trauerrand. 8vo.
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O. O. u. J. (ca. 1873). - Empfehlungsschreiben an einen Freund. „... Permessez à moi de vous recommender d‘une façon toute particulière un de mes jeunes compatriotes, né comme moi en pays Marchois. M. Mouly vous expliquera ce qu‘il attend de votre bienveillance. Recueillez le avec bonté, accordez a lui votre appui si vous l‘en jugez digne ...“. - 1873 starb Sandeaus Sohn, und möglicherweise bezieht sich der Trauerrand auf dieses Unglück. - Beiliegend ein eigh. Billet Sandeaus mit der Unterschrift „Jules“, betreffend eine Verabredung. - Sandeau war in jungen Jahren der Geliebte der George Sand, mit der er 1831 gemeinsam den Roman „Rose et Blanche“ unter dem Pseudonym „Jules Sand“ veröffentlichte. Nach der Trennung behielt die Baronin Duvedant das Pseudonym „Sand“ bei und fügte den männlichen Vornamen George hinzu. - Zus. 3 Teile.
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2112 Schaefer, Oda, Schriftstellerin, mit Horst Lange verheiratet, Trägerin zahlreicher Literaturpreise und Ehrungen (1900-1988). Eigh. Brief m. U. „Oda Schaefer“. 2 S. Mit eigh. Umschlag. Quer-4to.(München) 1.VI.1983. 200 € An einen Literaturhistoriker, vornehmlich über ihren verstorbenen Mann, den Schriftsteller Horst Lange (1904-1971). „... Dank für Ihren Brief. Ich habe den meinen etwas korrigiert und den ‚Nazi‘ bei Raschke gestrichen; er war es ja, da er in der Propaganda-Kompanie Leutnant war. Horst [hat] abgelehnt, Offizier zu werden, da er sonst auch ‚Silberspur-Leutnant‘ geworden wäre (die trugen nämlich schmale silberne Achselklappen). Bei Günter Eich hätte ich auch darum gebeten - das war ‚rein privat‘! - Mir geht es ‚swing high, swing low‘ - das Wetter wieder 30 0 heute nach eisigen Wochen wie damals ... Ich arbeite mit einer Studentin in Berlin (bei Prof. Denkler) mit an ihrer Dorktorarbeit über Horst Lange, kann ihr viel helfen. In einem Vortrag in der Akademie wird jetzt im Juni Hans Dieter Schäfer (Germ. Institut, Regensburg), der Horst Lange überhaupt wieder ans Licht zog, ... sprechen, es wird wohl wieder aus den Werken zitiert über ‚Widerstand und Camouflage‘. In Marbach Ausstellung mit 2 Katalogen über ‚Klassiker in finsteren Zeiten‘, mit Zitaten, wie die Nazis die Klassiker sahen und wie die Widerständler, H. L. darunter ... H. D. Schäfer bringt bei Ullstein Anthologie heraus, mit viel H. L. darunter. Ich versuche, seine Erzählungen unterzubringen. - Piper hat alles, sogar meine Erinnerungen und den letzten Gedichtband verramscht, das Schwein! Von wegen ‚vergriffen‘ ! ...“. „Raschke“: der Schriftsteller Martin Raschke (1905-1943).
„pure Pornographie“ 2113* Schickele, René, dt.-franz. Schriftsteller und Pazifist, Herausgeber der expressionistischen „Weißen Blätter“ (1883-1940). Eigh. Brief mit U. „R. Schickele“. 2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Berlin (1904). 250 € An den Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“. „... ich schicke Ihnen die neuste Nummer des neuen Magazins [für Lite ratur, Kunst und soziales Leben], die wir Ihnen hinterrücks gewidmet haben ... Wollen Sie bitte den Beweis unserer Treue und Bewunderung darin sehen, dass wir Ihnen die gewiss unzulängliche Nummer des (noch gewisser) unvollkommenen Magazins gewidmet haben. Ich habe versucht, den alten Schinken ‚Magazin für Literatur‘ in die Luft zu hauen, auf dass er den antiquarischen Duft verliere - das geht nicht so schnell und der erste Effekt war eine Anklage wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften. Da habe ich nun eine persönliche Bitte an Sie. Es handelt sich um den Leitartikel ‚Die Geschlechtlichen‘ [zum Frauenkongress, von Schickele] aus Heft 1 des Neuen Magazins, der soll die pure Pornographie sein ... Sie würden mir helfen ... wenn Sie mir einige handschriftliche Zeilen schicken wollten, aus denen hervorginge, dass der Artikel Ihrer Ansicht nach weder unzüchtig noch ‚gemein ist‘. Vielleicht können Sie sogar versichern, er habe litterarischen Wert ...“. - Schickele übersiedelte im Frühjahr 1904 zusammen mit seinem Freund Otto Flake nach Berlin und gab noch im gleichen Jahr „Das neue Magazin“ heraus. - Festes Pergaminpapier; etwas gebräunt, fleckig und wasserwellig.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2115* Schnitzler, Arthur, österr. Erzähler und Dramatiker (1862-1931). Masch. Brief mit eigh. U. „Art Schnitzler“ (Bleistift). 2/3 S. Mit Briefkopf. 4to. Wien 8.VI.1931. 200 € An den Publizisten Dr. Franz Goldstein („Frango“) in Kattowitz. Er habe unverzüglich in Goldsteins Sinne „an Viktor Hahn geschrieben, den ich übrigens persönlich nur ganz oberflächlich kenne. Ich glaube, dass ich ihm ein einziges Mal begegnet bin. Ich brauche Ihnen nicht erst zu sagen, dass ich mit wirklicher Ueberzeugung für Sie eingetreten bin ...“. - Victor Hahn (geb. 1869), Redakteur der „Nationalzeitung“ und Herausgeber des „Acht-Uhr-Abendblattes“ in Berlin, trat auch als Dramatiker in Erscheinung. - Leicht geknittert; kleiner Faltenriss.
2116* Schröder, Rudolf Alexander, Lyriker und Erzähler (1878-1962). Konvolut von 14 Briefen und 1 sign. Porträtfoto. Zus. ca. 16 S. Mit 3 Umschlägen. Gr. 4to und quer-gr. 8vo. Bergen (Obb.) 1945-1962. 900 €
2116
2114* Schlegel, Friedrich von, Schriftsteller, Publizist, Philosoph und Diplomat, Hauptvertreter der literar. Romantik (1772-1829). Eigh. Schriftstück mit dreimaligem Namenszug „Schlegel“. 1 S. Quer-4to. Wien 17.XI. 1815. 600 € Wohl für Johann Gottlieb Heubner, der 1813 den Verlag Camesina in Wien übernommen hatte, vorbereitete Quittung: „Ich bescheinige hiedurch, daß ich Hrn. v. Schlegel in Betreff unsrer Abrechnung über das Deutsche Museum vom Jahre 1813 noch über 344 fl. Conventionsgeld Rechnung abzulegen schuldig bin, welche Rechnung ich nebst meiner GegenRechnung aus dem Ueberschuß von der Abrechnung des Jahres 1812, und an seitdem gehabten Auslagen an Porto u. s. w. wie auch an gelieferten Büchern, baldmöglichst ausfertigen und Hrn. v. Schlegel übersenden werde. Was Hrn. v. Schlegel etwa an obbenannter Summe nach Abzug meiner Gegenrechnung noch zu Gute kommen sollte, verspreche ich spätestens bis zur kommenden Leipziger Jubilate Messe 1816 zu berichtigen ...“. - Die von Schlegel herausgegebene einflußreiche Zeitschrift „Deutsches Museum“ erschien 1812-1813 in vier Bänden bei Camesina in Wien.
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10 eigh. Briefe m. U. „Schröder“, 4 masch. Briefe m. U. „Schröder“ und 1 Porträt-Fotografie m. U. „Rudolf Alexander Schröder“ auf dem Untersatzblatt (21 x 14,5 cm). Interessante Folge von Briefen an Wilhelm Schwinn, evangelischen Pfarrer in Starnberg (später Dekan in Würzburg), vor allem mit familiären Neuigkeiten, aber auch anderen Nachrichten. „... Ich will dann sehen, was ich über den Sommernachtstraum zu sagen weiß. Vielleicht verknüpfe ich‘s mit dem Sturm und hoffe, das wird recht sein. Grade das ‚Menschenbild‘ ist ja im Sommernachtstraum am schwersten zu fassen. Tief betrübt bin ich über Otto Taubes schwere Heimsuchung ... Ich will mein ‚Auftreten‘ bei Ihnen mit einem Aufenthalt in Gauting verbinden ...“ (16. X. 1945). - „... Ich weiß nicht, ob Ihnen die ‚Pressestimme‘ Carl Barths auch einen so fatalen Eindruck gemacht hat wie mir. Ich bin völlig außer mir über die Kälte und ‚Beiläufigkeit‘, mit der ein solcher Mann sich über unser Unglück ausgelassen hat ... etwas mehr Teilnahme und Ehrfurcht vor so ungeheuerlichem Schicksal hätte man von dem Menschen, der einige seiner besten Jahre in Deutschland verbracht hat, erwarten dürfen ...“ (26. X. 1945). Der Schweizer Theologe Karl Barth (1886-1968) hatte 1945 einen Sammelband mit dem Titel „Eine Schweizer Stimme“ veröffentlicht. - „... Eben vor der Abfahrt nach Neubeuern schicke ich Ihnen die Ilias ... Ich bin bis Mitte Juni völlig überlastet von zwei Terminarbeiten, die mich wohl an den äussersten Rand meiner Kräfte bringen werden ...“ (11. IV. 1946). - „... Wie hier nach Doras Tod sich die Dinge gestalten werden, ist noch nicht ganz abzusehen. Vorläufig ist meine jüngste Schwester bei mir, und meine Nichte Borchardt hilft mir bei meinen Versuchen meine Shakespeare Übersetzungen zu einem gewissen Abschluss zu bringen ...“ (24. VI. 1960). - Außer seinem Shakespeare-Vortrag und Otto von Taube erwähnt er Hermann Uhde-Bernays, Richard von Kühlmann, Peter Paul Althaus, Friedrich Alfred Schmid-Noerr u. a. - Wilhelm Schwinn war nach seiner Pfarrzeit in Starnberg evangelisch-lutherischer Dekan in Würzburg und erwarb sich dort große Verdienste um die evangelische Erwachsenenbildung in Bayern. In Würzburg ist nach ihm ein Platz benannt, an dem das Rudolf-Alexander-Schröder-Haus (Evangelisches Bildungszentrum Würzburg) steht. - Gut erhalten. Abbildung
2117 Schubin, Ossip (d. i. Aloisia bzw. Lola Kirschner), vielgelesene deutsch-böhmische Romanschriftstellerin (1854-1934). 2 eigh. Briefe m. U. „Lola Kirschner“. Zus. 8 S. 8vo. Prag 9. und 11.I.(1889). 150 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
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An Frau von Guaita, mit der sie sich unbedingt in Berlin treffen möchte. Sendet Glückwünsche zum neuen Jahr und hofft, „daß Sie diese verspätete Gratulation freundlich aufnehmen, von einer tintenscheuen, weil mit Tinte übersättigten Schriftstellerin ... Übrigens meinen Sie nicht auch, daß ein mündlicher Gedankenaustausch besser als ein brieflicher wäre? Ich soll nämlich einen dieser Tage nach Berlin - sehr bald nächste Woche schon - und es wäre ... so reitzend [!] Sie dort zu haben. Was sagen Sie dazu? Sie hatten ja Lust im Sommer mit mir gemeinschaftlich in Spreeathen zu bummeln! Ich werde mit meinem Stubenmädchen in irgend einem ruhigen Hotel absteigen - soll ich Zimmer bestellen für Sie ... neben mir, - das wäre lustig, u. früh u Abend immer ein langer Plausch - Sie sollen meine ganze Seele im Negligée sehen, wenn Sie‘s amüsirt, und im übrigen von hübschen Geschichtchen hören - alles was ich weiß? ...“. - Im zweiten Brief teilt sie eine Änderung ihrer Berliner Pläne mit (Gräfin Ariolles habe ihr angeboten, bei ihr zu wohnen) und eine zeitliche Verschiebung. Im übrigen bleibe es dabei: „... Ich freue mich ungeheuer darauf zu gleicher Zeit mit Ihnen in Spree Athen zu sein - und wenn‘s nun auch zu dem Früh- und Abendplausch nicht kommt so hoff‘ ich dafür bei Tag recht, recht viel mit Ihnen beisammen zu sein. Ich will sogar die Bilder-Galerien lieben lernen um Ihretwillen ...“. - Lola Kirschner lernte auf ihren vielen Reisen auch Schriftsteller wie Alfred Meissner, George Sand und Iwan Turgenjew kennen, aus dessen Roman „Helena“ sie ihr Pseudonym entlieh.
2118 Stahl, Hermann, Schriftsteller, Maler, Graphiker und Bühnenbildner, vielfach ausgezeichneter Mitbegründer der Deutschen Akademie für Sprache und Bildung in Darmstadt (1908-1998). 2 masch. Briefe m. U. „Hermann Stahl“. Zus. 5 S., eng beschrieben. Mit 1 Umschlag. Gr. 4to. Diessen (Ammersee) 5. und 16.IX.1983. 150 € An einen Literaturhistoriker. Sehr umfangreiche, interessante Briefe über das Verhalten deutscher Schriftsteller in der NS-Zeit, zunächst Horst
Lange und Martin Raschke, über die der Adressat eine Stelle aus einem Brief von Oda Schaefer zitiert hatte: „Ich habe ... ‚Nazi‘ bei Raschke gestrichen; er war es ja, da er in der Propaganda-Kompanie Leutnant war. Horst [hat] abgelehnt, Offizier zu werden, da er sonst auch ‚SilberspurLeutnant‘ geworden wäre“. Hierzu antwortet Stahl: „... ‚Silberspurleutnant‘. Das muß eine post mortem-Erfindung sein, von der ich nie hörte, es hieß ‚Schmalspurleutnant‘ ... Raschke ‚PG‘ auf so einer Zwangstagung OHNE Abzeichen? Mir erscheint das nicht als glaubhaft! Ceterum: Sagte jemand, er habe sich zu einer ‚PK‘-Propagandakompanie freiwillig gemeldet? Ich halte das für ausgeschlossen. Geeignete Leute wurden einfach - nach Grundausbildung irgendwo - delegiert ...“. Es folgen ausgedehnte Erörterungen Stahls zur Rolle von Schriftstellern wie Lange und Raschke im Dritten Reich. - Der noch sehr viel umfangreichere zweite Brief Stahls beschäftigt sich vollständig mit der eigenen NS-Vergangenheit, wobei der Autor sich äußerst wortreich als Oppositioneller im NSSystem stilisiert und seine gesamte Tätigkeit als Maler wie als Schriftsteller zu jener Zeit detailliert ins „rechte Licht“ rückt - allerdings mit einem solchen Feuereifer, daß der Leser eher mißtrauisch werden könnte. Es zeigt sich wieder bei Lektüre dieser Briefe, dass nicht nur diejenigen Mitläufer, die sich gleich nach Ende der NS-Zeit als schuldig bekannten, verfemt wurden, sondern dass auch diejenigen, die glaubten, das moralische Gericht der Zeitgenossen heil überstanden zu haben, später von denjenigen, die das Glück hatten, als Spätgeborene nicht schuldig geworden zu sein, als „Täter“ ausfindig gemacht und angeprangert werden.
2119 Stammbuch des Theologen Georg Tobias Walch in Jena. 147 Bl., davon 199 S. beschrieben oder illustriert. Mit 6 Kupferstichen (davon 3 in Rotdruck), 18 Gouachen, Aquarellen oder kolor. Federzeichnungen, 4 Grisaillen und 1 Rötelzeichnung. Brauner Lederband (restauriert unter Benutzung alten Materials) mit erneuerten Vorsätzen und Goldschnitt. 1723-1736. 2.800 € 41
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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Spätbarockes, reich illustriertes Stammbuch eines Akademikers in Jena. Der „Georgius T. Walch“, der das Stammbuch auf dem Titel seinen Patronen und Gönnern widmet, ist nicht identisch mit dem bedeutenden lutherischen Theologen Johann Georg Walch (1693-1775), der seit 1717 in Jena wirkte, Professuren in den verschiedensten Fächern innehatte (Philosophie, Altertumskunde, Rhetorik, Dichtkunst und schließlich Theologie) und zehn Mal Rektor der Universität war. Er ist aber in diesem Stammbuch vertreten. Fast alle Eintragungen in Jena, gelegentlich auch Eisenach, Salzungen, Schmalkalden, Meiningen und Gotha. Die Beiträger setzen sich naturgemäß vornehmlich aus Professoren, Theologen und Studenten zusammen. So sind vertreten: Jesaias Friedrich Weißenborn (Superintendent und Pastor Primarius an der Universität), Johann Christian Walch, Johann Georg Walch, Friedrich Wilhelm Walch, H. C. Walch, Johann Hadrian Slevogt (1653-1726), Johann Adolph Wezelius, Johann Michael Weinrich, Hermann Friedrich Teichmeyer, Samuel Beer, Georg Philipp Rhoenius, Ludwig Bassy, Friedrich Hermann Reusch, Christian Wirb, Johann Christian Jacobi, Johann Christoph Schmidt, Christian Gottlieb Rhenius, Johannes August Gellert, Johann Arnold Krupp aus Essen und viele andere „Cultores“ der Rechte, der Theologie und anderer Fächer. - Faszinierend sind die Illustrationen des Stammbuchs: zu Beginn 3 Kupferstiche in Rotdruck von Caspar Junghans, die eine Gesamtansicht von Jena, den Marktplatz und die Universität zeigen. Es folgen vielerlei teils schwer verständliche Tuschzeichnungen, teils allegorisch oder emblematisch, teils mit Anspielungen auf aktuelle Ereignisse: 3 tote Personen auf einem Acker liegend; eine reich verzierte Kanone aus der Vogelschau; ein Mönch, der eine Nonne auf dem Rücken trägt, die in einem Garbenbündel versteckt ist; eine von Gottes Hand gehaltene Waage, in der einen Schale ein evangelischer Geistlicher, in der anderen ein Ablaßkrämer, ein Fürst und ein wohlhabender Bürger; diese Schale versucht der Teufel herabzuziehen, aber der evangelische Geistliche wiegt schwerer; dazu der Spruch „Das wahre Gottes Wort / u. Luthers reine Lehr / Wiegt mehr als Cardinal, / Pabst, Satan und sein Heer.“ Ferner verschiedene teils satirische oder kritische Szenen mit Frauen; z. B. eine Frau in einem Zimmer voller Mäuse, die ihr Baby dem zur Tür hereinkommenden Liebhaber zurückgeben will. - Erhebliche Erhaltungsmängel: gemäß der Paginierung fehlen ca. 32 Bl.; das nach vorn gebundene Register unvollständig; 1 Bl. mit Ausschnitt; 2 Bl. mit Wurmlöchern; einige Bl. beschabt oder durch das Ablösen von Siegeln beschädigt; durchgehend etwas gebräunt. - Dennoch ein hoch interessantes und illustriertes Gesamtbild der Universität Jena um 1725.
2120 - des Gottlob Ehrenfried Fischer aus Erlau bei Meißen. 64 Bl., davon 64 S. beschrieben oder illustriert. Mit 1 Grisaille-Malerei und 1 Aquarell. Quer-8vo. Brauner Lederband d. Z. (stärkere Gebrauchsspuren) mit Goldschnitt. 1742-1750. 450 €
Abbildungen, auch Seite 41
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Das Stammbuch wurde 1742 in Grimma in Gebrauch genommen („Fautoris et Amicis Sacrum“), wo der Inhaber offenbar die alte Fürstenschule, das Gymnasium St. Augustin, besuchte. Entsprechend stammt die Mehrzahl der Eintragungen aus Grimma; später kommen Eilenburg, Leipzig und Leisnig hinzu. Die Gymnasiasten schreiben sich größtenteils lateinisch und griechisch ein; deutsche Beiträge sind die Ausnahme. Schon im ersten Jahr trägt sich der bedeutende Pädagoge und Historiker Heinrich August Schumacher (1683-1760) ein, der 18 Jahre lang Rektor der Fürstenschule war. In Leisnig finden wir den Theologen und Superintendent Johann Caspar Loescher (1677-1751) sowie den Arzt Johann Gotthelf Moebius (1701-1785), der mit einer Anzahl Veröffentlichungen hervorgetreten ist. Auch trifft man eine Reihe Pastoren an. Ebenfalls in Leisnig schreibt sich der Kommissionsrat und Amtmann Johann Friedrich Seyfried ein. Ein Günther von Bünau ist gleichfalls vertreten. - Einige Blätter sind anscheinend schon früher entnommen worden; durchgehend etwas gebräunt.
2121 - des C. A. A. Bertoq aus Halberstadt. Ca. 77 Bl., davon 59 S. beschrieben oder illustriert. Mit 15 Aquarellen oder Gouachen, 2 Grisaillemalereien, 1 Rötelzeichnung und 1 Notenblatt. Brauner Lederband d. Z. (berieben und etwas gewölbt) mit vergold. Deckelbordüren, roten Deckelschildern „Denkmahl der Freundschaft“ und „C. A. A. B. 1791“ sowie Buntpapier-Vorsätzen und Goldschnitt. Quer-8vo. 1791-1796. 600 € Sehr reizvoll und farbfrisch illustriertes Stammbuch, dessen Beiträger, Verwandte und Freunde des Inhabers, sich alle in Halberstadt oder Magdeburg einschreiben. Darunter der Magdeburger Organist und Liederkomponist Georg Ernst Gottlieb Kallenbach (gest. 1832) mit einem „Duetto für zwei Flöten“. Die Illustrationen, oft kraftvoll-naiv in der Ausführung, zeigen allegorische, symbolische, emblematische und reale Landschaften mit Denkmälern, Altären, Amphoren, Vasen,
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Fast alle Eintragungen von Verwandten, Freunden und „Brüdern“ in Salzungen und Meiningen, ab 1837 auch in Erfurt; einige Beiträge aus anderen kleinen Orten wie Wasungen und Mihla. Unter den Illustrationen ein Blatt mit 5 sehr zierlich gefertigten kleinen Ansichten (Salzungen?); ferner Blumen-Arrangements und Denkmäler der Freundschaft. Unter den Textbeiträgen ein spaßiger Vierzeiler, bei dem die zweite Hälfte der Zeile jeweils das Gegenteil der ersten aussagt: „Dir wünsch ich den Teufel (weit hinter den Rücken); / Dich treffe der Blitz (von den lieblichsten Blicken); / Der Donner zerschlage (der Mißgunst die Beine), / Daß Dich (nur die Sonne der Wohlfarth bescheine).“ - Ein Rückengelenk etwas angebrochen.
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Urnen und Tempeln der Freundschaft sowie zierliche Blumenstücke. Hervorzuheben ist eine schöne Stadtansicht von Magdeburg, im Vordergrund eine Stromschnelle mit Brücke. Abbildungen Seite 43
2122 - des Friedrich Wilhelm Suhr aus Prenzlau. 71 Bl., davon 76 S. beschrieben oder illustriert. Mit 2 Aquarellen. Roter Halblederband d. Z. (gering fleckig) mit reicher Rückenvergoldung und Aufdruck „Gewidmet für Freunde der Wahrheit“, goldgepr. Bordüre auf beiden Deckeln, goldger. Aufdruck „F. W. S. den 19. July 1816.“ auf dem Vorderdeckel sowie mit marmorierten Vorsätzen und Goldschnitt. Quer-8vo. 1816-1856. 180 € Stammbuch aus einer sehr christlich orientierten Familie. Die Eintragungen von 1816 bis 1818 meist in Berlin, ab 1817 dann auch Prenzlau, von Verwandten und „Brüdern“. Alle Beiträge sind entweder Bibel-Zitate oder christliche Abhandlungen, Erbauungs- und Moralpredigten. Auf dem ersten der beiden Bilder schreitet der Tod mit Sense über am Flußufer liegende Gebeine, in seiner Hand ein Schild „Evang. Johanis 5 v 29“. - Das zweite (farbenprächtige) Bild zeigt eine auf Wolken sitzende Frau (der „rechte“ Glaube) mit ausgebreiteten Armen, von kleinen Engeln umgeben. Dazu der Spruch: „Der rechte Glaube Schwinget sich durch die Luft“.
2123 - Stammbuch-Kassette einer Laura aus Salzungen (Thüringen). Ca. 44 Bl., davon ca. 67 S. beschrieben oder illustriert. Goldschnitt. Mit 7 aquarellierten Federzeichnungen, 1 Grisaille, 1 Federzeichnung, 1 Bleistiftzeichnung und 3 Haarlocken. Lose Bl. in grüner Halbleder-Kassette um 1835 in der Art eines Stammbuchs, mit reicher Rückenvergoldung und rotem Rückenschild „Freunden Gewidmet“ sowie vergoldeter Bordüre und reicher ornamentaler Blindprägung auf beiden Deckeln. 1816-1839. 250 € Wohl Stammbuchblätter-Sammlung aus mehreren Epochen und vielleicht von mehreren Personen, aber alle aus dem thüringischen Raum.
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2124 Stammbuch-Kassetten der Familie Winzer in Chemnitz. Zus. 84 lose Bl. in 2 Kassetten. Mit 10 (9 aquarellierten) Federzeichnungen, 1 Grisaille und einigen Bleistiftskizzen. I. Marmorierte Leder-Kassette d. Z. (Rückenkanten beschabt) mit vergold. Deckel-Bordüren und Eckstücken, Rückenvergoldung, Rückenschild „C. W.“ und imitiertem Goldschnitt. - II. Falt-Kassette d. Z. aus roter Pappe (Gelenke teils defekt) in rotem Papp-Schuber (Ecken bestoßen) mit Filetenvergoldung. 1810-1857. 250 € Von den Inhabern ist der Theologie-Student und spätere Religionslehrer Ernst Winzer zu identifizieren, auch eine Frau Caroline kommt in Betracht. Die meisten Eintragungen von Freunden und Familienangehörigen in Chemnitz, ferner Leipzig, Glauchau, Meißen, Oschatz, Gröben und Wittgensdorf. Die Aquarelle zeigen ein Blumenstück, mehrere Freundschafts-Altäre mit und ohne Flammen, 1 Sonnenuhr, eine Szene mit Amor und Tauben sowie drei Landschaftsdarstellungen, davon zwei wohl mit konkreter Lokalarchitektur. Abbildung
2125 Taine, Hippolyte, franz. Philosoph, Historiker und Kritiker, Mitglied der Académie Française (1828-1893). Eigh. Briefkarte m. U. „H. Taine“. 2 S. Quer-16mo. Menthon St. Bernanrd 7.VI. (ca. 1890). 120 € An einen Herrn, dem er eine Anzahl Brief-Editionen des bedeutenden französischen Publizisten Jacques Mallet-du-Pan (1749-1800) aufzählt und kommentiert. „... Outre la correspondance publiée par Mr. André Michel, il y a deux volumes de Mémoires et lettres de Mallet Dupan publiés, il y a vingt cinq ans, par Mr. Sayocas. - D‘autres lettres de Mallet Dupan ont plusieurs fois passé à l‘hotel des ventes, entre autres une admirable et prophétique d‘avril 1789; Vous en trouverez sans doute l‘indication chez Charavay, qui est le grand collectionneur et marchand d‘autographes ...“. - Die Rückseite etwas fleckig.
„Modebeschäftigung mit Emigration“ 2126 Tergit, Gabriele (eigentl. Elise Reifenberg), Berliner Journalistin und Schriftstellerin, P.E.N.-Club-Sekretärin, 1933 über Prag und Palästina nach London emigriert (18941982). 2 eigh. Postkarten m. U. „G. Tergit“ bzw. „Tergit“. Zus. 2 S. Putney 6.II.1961 bzw. Wandsworth 20.II.1973. 150 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur An den Schriftsteller, Journalisten und Übersetzer Herbert Schlüter in München, der ihr ein Buch (vermutlich „Nacht über Italien“, 1960) geschickt hatte. „... herzlichen Dank für das Büchlein, das mich nächste Woche nach Salerno begleiten wird und für den netten Brief. Aber dass Sie mich nur von vor 33 kennen, wo ich über 700 Seiten ‚Effingers‘, ein Büchlein vom Bett und eine Kulturgeschichte der Blumen, alles seit 51 veröffentlicht habe, ist doch bitter ...“ [1961]. - Gabriele Tergits Roman „Effingers“ war 1951 erschienen. Er ist, ebenso wie ihr Erstlingswerk „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“, in den 70er Jahren neu aufgelegt worden. - 1973 hatte Schlüter ihr mitgeteilt, dass er den P.E.N.-Club verlassen habe. „... natürlich bedaure ich Ihren Entschluss, von dem ich nichts wusste, ich würde sehr dankbar sein, wenn Sie mir den letzten Bericht zurückschicken würden. Wir haben immer zu wenige nach einiger Zeit, wegen der Modebeschäftigung mit Emigration ...“. - Mit einer englischen Briefmarke, die für die Mitgliedschaft Englands in der EU wirbt. - Beide Karten gelocht.
2127 Vigny, Alfred Comte de, franz. Dichter (17971863). Eigh. Brief m. U. „Alfred de Vigny“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. O. O. 21.VI.1847. 300 € „Si vous n‘avez aucun engagement pour ce soir, Madame, et si vous n‘avez à recevoir personne, voulez-vous bien ordonner que votre porte me soit ouverte vers neuf heures ... vous donnez si peu de jours à vos amis de France que je me hâte de vous demander quelques heures ...“.
2128* Wedekind, Frank, Dramatiker, Lyriker, Kabarettist und Schauspieler (1864-1918). Eigh. Postkarte m. U. „Frank Wedekind“. 11/2 S. (München 11.X.1917). 300 € An Carl Heine (1861-1927), Oberspielleiter am Deutschen Theater in Berlin: „... Eben aus der Schweiz zurückgekehrt finde ich Ihre freund lichen Zeilen vor. Mit großer Freude habe ich inzwischen von all Ihren Erfolgen gelesen. Daß wir uns das letzte Mal nicht sahen that mir sehr leid. Allerhand Störungen trugen die Schuld, daß ich mich nicht bei Ihnen meldete, darunter der Skandal den [Maximilian] Harden ver ursachte als wir uns zum letzten Male sahen. Um so mehr freue ich mich auf unser nächstes Wiedersehn. Die Karte von Arno Holz verstehe ich nicht. Ich habe ihm zwei Briefe in freundlicher Weise beantwortet. Er kam aber immer wieder auf das Gleiche zurück ...“. - Druck (mit Abweichungen): Gesammelte Briefe (Hrsg. von Fritz Strich), Nr. 303. - Papierbedingt leicht gebräunt; Poststempelspur auf der Schriftseite.
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2130 Wilde, Oscar, irischer Schriftsteller, glänzender Dramatiker, Erzähler, Lyriker und Kritiker (1854-1900). Eigh. Brief m. U. „Oscar Wilde“. 2 S. 8vo. (London) 22.V. 1884. 2.800 € An einen Herrn. „... I will have two new lectures at least next season besides those I have delivered. October will do - but [?] my fee is always the same ...“. - Minimal fleckig; am oberen Rand von fremder Hand datiert. - Sehr selten. Abbildung
2129 Werfel, Franz, Schriftsteller (1890-1945). Eigh. Postkarte m. U. „Ihr Werfel“. 1/2 S. Prag (21.1.1913). 150 € An den Schriftsteller Kurt Hiller in Berlin. „Lieber Kurt Hiller, Bringen Sie mich nicht um. Morgen bin [ich] aus meiner Dämmerung nach Leipzig zurückgekommen und schicke Ihnen meine Gedichte ...“. - Mit „meine Gedichte“ ist die Sammlung „Neue Gedichte“ gemeint, die 1913 bei Kurt Wolff erschien.
2131 Wildenbruch, Ernst von, Enkel des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen, vielgespielter Dramatiker sowie Erzähler der wilhelminischen Ära, von Theodor Fontane bekämpft (1845-1909). Eigh. Brief m. U. „Ernst von Wildenbruch“. 4 S. Gr. 8vo. Berlin 15.II.1883. 150 € 45
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ der Herzog von Meiningen sich der Karolinger erbarmte, einen Kampf geführt habe, in dem Abweisung an Abweisung, Niederlage an Niederlage sich reihte u. der mich manchmal an den Rand der Verzweiflung geführt hat. Ich sage das nur, damit Sie nicht von mir glauben, ich sei ein leichtes Kind des Glücks; denn ich möchte, daß Sie ein recht wirkliches Bild von meiner Persönlichkeit in sich trügen. Und nun schüttle ich Ihnen ... in herzlicher Freundschaft die Hand ...“. - Beiliegend ein eigh. Albumblatt Wildenbruchs: „Wer nicht gerecht sein kann, / der soll nicht richten; / Wer nicht erlösen kann, / der soll nicht dichten. Ernst von Wildenbruch“.
2132 - 3 eigh. Briefe (2 Briefkarten) m. U. „Ernst v. Wildenbruch“. Zus. 5 S. Mit 2 Umschlägen. 8vo und quer-8vo. Karlsbad und Berlin 1906-1908. 240 €
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An einen Feuilletonisten der „Grazer Tagespost“, bei dem er sich überschwänglich für einen auf ihn bezogenen Artikel bedankt. „... Ihre Worte, die in ihrer Gesammtheit wie ein Trunk feurigen - hoffentlich nicht berauschenden - Weines in mich eingegangen sind, verrathen in jeder Einzelheit eine so eingehende Beschäftigung und Vertrautheit mit meinen Dramen, eine so liebevolle Aufmerksamkeit auf meine literarische Persönlichkeit, daß ich mich tief beglückt dadurch fühle. Die von Ihnen vertretene Auffassung, wonach meine Werke dem Wiederaufgange des Deutschen Reiches ihre äußere und innere Entstehung verdanken, unterzeichne ich mit meinem Blute. - Nur einen Punkt lassen Sie mich, gewissermaßen als Berichtigung thatsächlicher Verhältnisse, die Ihnen nicht bekannt sein konnten, noch bemerken: Sie erwähnen, daß meine Dramen gleich mit großem Beifalle aufgenommen worden sind - und ohne Unbescheidenheit darf ich das bestätigen. Daneben bleibt aber die Thatsache bestehen, daß ich fürchterliche Mühe gehabt habe, meine Dramen an den Bühnen anzubringen und daß ich von 1875, wo ich damit zu schaffen begann, bis 1881, wo
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An drei verschiedene Adressaten. Der erste Brief aus Karlsbad (21.VI. 1906) an einen befreundeten Kaufmann in Berlin mit der Bitte, wegen seiner Abwesenheit die Gasrechnung für ihn zu begleichen. - Der zweite Brief (1.I.1908) aus Berlin an den bedeutenden Philosophen, Psychologen und Musikforscher Carl Stumpf, Professor und zu dieser Zeit Rektor der Universität in Berlin. Bedankt sich ausführlich für die Übersendung von Stumpfs Rektoratsrede und seines Aufsatzes über „Richtungen u. Gegensätze in der heutigen Psychologie“. „... Außerstande heute in kurz bemessenem Augenblick auf den tiefen Gehalt der beiden reichen Kundgebungen einzugehn, will ich als wesentlichen Eindruck, den ich daraus entnommen habe, nur die Freude hinstellen, mit der mich die große, nicht schwächlicher Allerweltsduldsamkeit, sondern wahrhaft überschauender und darum überragender Einsicht entsprungene Gerechtigkeit in Ihren Ausführungen erfüllt hat. In dem allgemeinen Kampf, der unsere Zeit durchtobt, ist es wohltuend, auch noch einen Kampfrichter zu finden ...“. - Der dritte Brief (16.XII. 1908, vier Wochen vor Wildenbruchs Tod) ist an Georg Droescher, Oberspielleiter an den Königl. Schauspielen, gerichtet und handelt von Szenenbildern einer Berliner Wildenbruch-Aufführung, die nach Paris gesandt werden sollen. „... sogleich nach Empfang Ihrer heutigen Mitteilung habe ich die Herren Bloch Erben [führender Bühnenverlag] aufgefordert, bei Uebersendung der Scenen-Bilder an das Théâtre Sarah Bernhardt in Paris, mit aller Bestimmtheit darauf zu dringen, daß sie nach gemachtem Gebrauch zurückgeschickt werden. Ihnen aber, werter Herr Droescher, sage ich für die große Freundlichkeit, mit der Sie meinem Wunsche entgegengekommen sind, aufrichtigen Dank ...“.
2133* Wolff, Theodor, einflußreicher Berliner Publizist und Schriftsteller, Chefredakteur des „Berliner Tageblattes“ (1868-1943, starb nach Aufenthalt im KZ Sachsenhausen). Eigh. Brief m. U. „Theodor Wolff“. 1 S. Mit Briefkopf „Redaktion des Berliner Tageblatt“. Gr. 8vo. Berlin 19.XI.1908. 180 € An den Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“. „... Ihre Zuschrift soll selbstverständlich erscheinen. Ich bitte Sie nur, den Ausdruck ‚skandalös‘ in einen mehr parlamentarischen umzu wandeln, und bemerke, daß ich auch in [Ludwig?] Thomas Zuschrift einiges scharf Persönliche unterdrückt habe. Und wozu die Berufung auf das Preßgesetz?? ...“.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur „si ma morale n‘y est plus la vôtre“ 2134 Zola, Emile, franz. Schriftsteller, führende Persönlichkeit des franz. Naturalismus (1840-1902). Eigh. Brief m. U. „Emile Zola“. 12/3 S. Gr. 8vo. Paris 15.IV.1883. 600 € An den Journalisten Sylvin von der Zeitschrift „Le Siècle“, Autor eines kritischen Artikels über Zola. Dieser antwortet in ruhig-liebenswür diger Gegenwehr. „Je suis bien heureux, mon cher Sylvin, de pouvoir vous envoyer une poignée de main amicale, en remerciement de votre article du Siècle. Vous m‘avez maltraité deux ou trois fois, je crois, et il m‘était bien difficile de vous envoyer mes amitiés en reponse de vos duretés, quoique je sois absolument sans rancune. J‘attendais simplement une occasion pour vous dire que j‘étais encore votre ami, et voici cette occcasion venue, votre article m‘a fait doublement plaisir. Merci donc et si mes prochains livres vous fâchent, si ma morale n‘y est plus la vôtre, croyez que je suis un fidèle et que je me souviens du passé, même quand les anciens camarades se tournent contre moi ...“. Abbildung
2135 - Eigh. Brief m. U. „Z“. 2 S. 8vo. (England) 11.IX. 1898. 900 € Seltener Brief aus dem Londoner Exil nach Beginn der berühmten „Dreyfus-Affäre“. Wegen seiner öffentlichen Angriffe gegen Justiz und Regierung zu Geld- und Gefängnisstrafe verurteilt, entzog sich Zola der Haft durch Flucht nach London, wo er über ein Jahr verblieb. Der vorliegende Brief ist an seinen(nicht genannten) Verleger und Über setzer Ernest Alfred Vizetelly (1853-1922) gerichtet - von Zola mit „cher confrère“ angeredet - der ihm ein Haus als Asyl besorgt hatte. „... je reçois une lettre de Charpentier, qui n‘arrivera à Londres que jeudi soir. Il vous donnera un rendez-vous à Londres, dans un hôtel, pour vendredi matin, et vous me l‘amenuiez immédiatement, de façon à être ici tous le deux d‘onze heures à midi ... Je songe que je ne vous verrai que vendredi, et ce sera un peu tard pour règler la prolongation de loca tion. Je suis absolument décidé à rester ici quinze jours de plus. Avertissez donc toute de suite Wareham, dites-lui de faire le nécessaire pour louer la maison jusqu‘au 10 octobre. Vendredi, je vous donnerai l‘argent pour payer ... Votre fille Violette désire que vous lui adressiez tout de suite par la poste des pilules, dont elle va manquer“. - Der genannte Georges Charpentier war Zolas Pariser Verleger, Frederick Wareham sein Rechtsanwalt. Vizetellys 16jährige Tochter Violette, die in Frankreich aufgewachsen war, fungierte in Zolas Exil als Haushälterin. Mit der Unterschrift „Z“ wollte Zola als gesuchter Sträfling offenbar seinen Namen verheimlichen.
„ein deutsches Nationallaster“ 2136 Zweig, Stefan, österr. Schriftsteller (1881-1942). Eigh. Brief m. U. „Stefan Zweig“. 22/3 S. Doppelblatt mit Monogramm „SZ“. Gr. 8vo. Salzburg 21.II.1921. 900 € Schöner Brief an den Schriftsteller Oscar A. H. Schmitz, der ihm seinen neuesten Roman „Das dionysische Geheimnis“ gesandt hatte. „... Ich bin, bedrängt durch die Bibliotheca [Mundi] und Ähnliches, leider ein recht übler Briefschreiber geworden, und am meisten, wenn ich viel zu sagen habe - da hemmt die Furcht vor der physischen Schreibar-
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beit den verwöhnten Diktierprinzen ... Das Buch ist sehr reich, ungeheuer lebendig, documentarisch kostbar, psychologisch tief und stellenweise abgründig - man muss sich oft zurückreissen, um nicht widerstandlos in die Argumentation hinabgezogen zu werden. Ob es ein Roman ist und ob sein Abschluss nicht nur ein provisorischer ist, gehört auf ein anders (ein philologisches) Blatt - mir ist er lieb so wie er ist trotz mancher epischen Verdickung, die ja ein deutsches Nationallaster ist und das übrigens hier nur in leichter und gelegentlicher Form auftritt. Ich habe Ihnen viel Anregung, Spannung, Erinnerung und Genuss zu danken ... Sonst ist hier Alles still und träge ... Die Politik ödet mich mehr an wie je, ich lerne allmählich die hohe Kunst, über die Zeit hinweg zu denken ...“. - Erwähnt Hermann Bahr. - Auf der 4. Seite des Doppelblattes astrologische Notizen, wohl von Schmitz‘ Hand. - Die von Zweig redigierte „Bibliotheca Mundi“ erschien in 14 Bänden 19201924 im Insel Verlag. Abbildung
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Wissenschaft und Technik 2137* Adelung, Friedrich von, deutsch-russischer Sprach forscher, Erzieher der Brüder des Zaren, auch Theater leiter in St. Petersburg (1768-1843). Eigh. Brief m. U. „Adelung“. 1 S. Mit montiertem Lacksiegel am Unterrand. 4to. St. Petersburg 26.V.1802. 180 € An einen Herrn, der ein Buch für den Zaren gesandt hatte, das nun „bis zur Zurückkunft des Kaisers, also etwa 4 Wochen, liegen bleiben wird. Ich habe es unterdessen dem Staatssekretär, Herrn von Engel, durch welchen alle vom Auslande eingesandten Sachen dem Monarchen überreicht werden, zugestellt ...“. - Adelung war zunächst in Riga und Mitau kaufmännisch tätig. Später leitete er in St. Petersburg das Deutsche Theater und betätigte sich als Zensor für deutsche Literatur. Seit 1803 zum Erzieher der Großfürsten Nikolaus und Michael, der Brüder des Zaren Alexander I., bestimmt, verwaltete er auch die Biblio thek der Zarin. 1809 ernannte ihn die Petersburger Akademie der Wissenschaften zum korrespondierenden Mitglied. Adelung wurde 1824 in den russischen Staatsdienst übernommen, nobilitiert und zum Direktor des Orientalischen Instituts ernannt. - Aus der Slg. Künzel.
2138 Adelung, Johann Christoph, Sprachforscher, Oberbibliothekar der kurfürstl. Bibliothek in Dresden, Korrektor, Redakteur und Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, verfaßte eine Reihe von Lexika, Wörter- und Lehrbüchern (1732-1806). Eigh. Brief m. U. „Adelung“. 1 S. Mit Adresse und Lacksiegel. Gr. 4to. Dresden 20.III. 1797. 200 € An die Buchhandlung Voß und Compagnie in Leipzig, bei der er 5 Graphiken aus einem Katalog englischer Werke, Ansichten und Karten bestellt. Zu letzteren bemerkt er: „... ein Theil derselben ist bereits vorhanden, der übrige größte Theil ist unserer Bibliothek nicht angemessen. Allein für meine eigene Liebhaberey wünschte daraus folgendes: Plan and Elevation of the King of Portugal‘s Palace at Mafra. - North-West View of Greenwich-Church. - View of the Monument at London. – Elevation of the Stone Bridge built over the Severne at Shrewsbury. - Von General History of inland Navigation nur die Karte allein. - Diesen bitte noch 3 Exemplare von dem in Ihrem Verlage heraus gekommenen Plan von Leipzig beyzulegen ...“. - Mit Randnotizen des Empfängers. - Am Rand gering stockfleckig.
2139 Apt, Max, bedeutender Berliner Nationalökonom und Jurist, bewirkte wichtige Verbesserungen im internationalen Handelsverkehr, emigrierte 1939 nach Großbritannien (1869-1957). 2 eigh. Briefe m. U. Zus. 2 S. 4to. Berlin 10. und 14.IV.1923. 150 € An einen „Herrn Doktor“, der ihn wegen einer geplanten Firmengründung um Vermittlung gebeten hatte. „... Das bekannte Bankhaus A. Hirte ... hat Interesse für Ihre Angelegenheit und gebe ich anheim, der Firma direkt mitzuteilen, an welchem Tage der Inhaber Sie besuchen kann ... möchte ich Sie noch dahin informieren, daß dem Bankhaus Hirte auch die Union Baugesellschaft gehört, eine der größten Bauge-
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sellschaften Berlins. Dadurch ergeben sich für Ihre Fabrik große Möglichkeiten ...“. - Apt war von 1903-1920 Hauptgeschäftsführer der Korporation der Kaufmannschaft von Berlin; er gründete die „Deutsche Wirtschaftszeitung“ und war maßgeblich an der Gründung der Berliner Handelshochschule und an der Schaffung eines Weltverkehrsrechts zur Vereinheitlichung des Wechsel- und Scheckrechts beteiligt. Noch 1938 nahm er als Abgesandter der Jüdischen Gemeinde Berlins am Kongreß von Evian teil. - Beide Teile gelocht.
2140* Archenholtz, Johann Wilhelm von, Historiker und Publizist (1743-1812). Eigh. Brief m. U. „v. Archenholtz, Charlottenstraße No: 42“. 3 S. Kl. 8vo. (Berlin) 25.III.1811. 200 € „Als ich bei Schickler die Ehre hatte, Ew: Hochwohlgeb. höchst interessante Bekandschaft zu machen, waren Sie so gütig, mir einen Besuch zuzusagen; auch gegen meine Familie haben Sie zu wiederhohlten mahlen diesen gütigen Vorsatz geäußert. Der jedoch nicht ausgeführt worden ist. Ich habe jetzt, eines Vorfalls wegen, einen Bewegungsgrund mehr mir die Ehre Ihres Besuchs zu erbitten - da ich leider Ihnen nicht selbst aufwarten kann - aber recht bald. Ich hoffe gewiss Ew: Hochwohlgeb. werden mir diese Bitte gewähren, und zwar zu einer Ihnen passenden Zeit: Vormittag, Nachmittag oder Abends; nur würde ich wünschen dann vorher benachrichtigt zu seyn, um andere Geselschaft zu entfernen. Darf ich bitten, daß es in diesen Tagen geschehen möge? ...“. - Mit Zusatz von anderer Hand: „Verfasser der Minerva ...“. - Erwähnt werden wohl Jean Georges Schickler (1793-1843) oder David Schickler (1777-1866), die das Berliner Bankhaus Gebrüder Schickler (vormals Bank- und Handelshauses Splitgerber & Daum) in vierter Generation führten. Archenholtz, Weltbürger, Aufklärer und Freimaurer, war wie deren Vater (oder Onkel) Johann Ernst Schickler aus Begeisterung für die Französische Revolution nach Frankreich übergesiedelt. Er gründete die Zeitschrift Minerva, um den Lesern in Deutschland ein zuverlässiges Bild der Ereignisse zu geben. Ende Juni 1792 musste er Frankreich jedoch auf Grund der politischen Lage fluchtartig verlassen (ihm drohte die Guillotine). Er ließ sich bei Hamburg nieder und nannte sich fortan „Herausgeber, vormals Hauptmann in königl. preuss. Diensten“.
2141 Ardenne, Manfred von, Physiker und Erfinder, führender Rundfunk- und Fernsehtechniker, später u. a. Atomphysiker, Träger zahlreicher Auszeichnungen, darunter Staatspreis und Stalinpreis der UDSSR, Nationalpreis 1. und 2. Klasse der DDR, Ehrenbürger von Dresden (1907-1997). Urkunde m. U. „Manfred von Ardenne“. 1 S. Gr. 4to. O. O. u. J. (wohl Dresden 1958). 180 € Mehrfarbige, kurioserweise nicht datierte Urkunde für den Ingenieur Emil Lorenz, dem „in Anerkennung der hervorragenden Leistungen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität ... der Ehrentitel Aktivist des Fünfjahrplanes verliehen“ wird. Unterzeichnet von Manfred von Ardenne und einem Mitglied der „Betriebsgewerkschaftsleitung“, die - offenbar wegen Geheimhaltungs-Hysterie - in keiner Weise lokalisiert ist. Lose in einer roten Leinen-Mappe mit DDR-Emblem und schwarzrot-goldener Kordel. - Dabei: Durchgehend gedrucktes GlückwunschTelegramm von Otto Gotsche, Sekretär des Staatsrates der DDR, an den Nationalpreisträger Emil Lorenz in Dresden, dem im Namen des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht zum 60. Geburtstag gratuliert wird. Kartonage mit blindgepr. DDR-Emblem und schwarz-rot-goldener Kordel.
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik 2142 Astronomen des 18. und 19. Jhdts. Sammlung von 41 meist eigenhändigen Briefen. Zus. ca. 95 S. Überwiegend gr. 4to. 1804-1863. 1.500 € Reichhaltige, internationale Briefsammlung bedeutender Forscher, oft Leiter von Sternwarten oder anderen naturwissenschaftlichen Institutionen. Meist umfangreiche, ausschließlich fachbezogene, wissenschaftliche Schreiben an Kollegen. Vorhanden: Friedrich W. Aug. Argelander (1799-1875; 1 Brief Bonn 1863). - Heinrich Louis d‘Arrest (1822-1875; 1 Brief Leipzig 1848). - Josef Georg Böhm (1807-1868; 3 Briefe Prag 1862-1863). - Francesco Carlini (1783-1862; 1 Brief Mailand 1821). - James Carpenter (1840-1899; 2 Briefe Greenwich 1862). - Antonio Colla (1806-1857; 3 Briefe Parma 1847-1855). - James Melville Gillis (1811-1865; 1 Brief Washington 1849). - James Duncan Graham (17991865; Washington 1847). - Eduard Heis (1806-1877; 2 Briefe Münster 1857). - Karl Hornstein (1824-1882; 1 Brief Graz 1862). - Gustav Adolf Jahn (1804-1857; 3 Briefe Leipzig 1848-1850). - Longinus Anton Jungnitz (1764-1831; 3 Briefe Breslau 1818). - Marian Wolfgang Koller (17921866; 1 Brief Wien 1862). - Russell Henry Manners (1800-1870; 1 Brief London 1863). - Franz Albert von Monte Dego (1811-1883; 1 Brief Ofen 1838). - Theodor von Oppolzer (1841-1886; 1 Brief o. O. u. J.). - Christian August Friedrich Peters (1806-1880; 3 Briefe Altona 1855-1863). - A. C. Petersen (1 Brief Altona 1851). - Herman Schultz (1823-1890; 1 Brief Uppsala 1864). - Augustin Stark (1771-1839; 5 Briefe Augsburg 1821-1836). - Franz de Paula Triesnecker (1745-1817; 4 Briefe Wien 1804-1814). - Urbain Le Verrier (1811-1872; 1 Brief Paris 1855). - Einige Briefe mit Erhaltungsmängeln oder Eck-Ausschnitten.
2143 Barth, Heinrich, der große Pionier der dt. AfrikaForschung, unternahm zwei Afrika-Reisen mit umfangreichen wissenschaftlichen Ergebnissen (1821-1865). Urkunde seiner Bestallung als außerordentlicher Professor an der Universität Berlin. Unterzeichnet vom preuß. Kultusminister Heinrich von Mühler (1813-1874). 1 S. Mit Majes tätssiegel in Blindprägung. Doppelblatt. Mit dem gesiegelten Umschlag des Ministeriums. Folio. Berlin 30.V.1863. 1.200 € Bestallung als außerordentlicher Professor der Philosophischen Fakultät, wobei zugleich seine Pflichten aufgezählt werden, z. B. „die stu dirende Jugend durch Vorträge sowohl als Examina und DisputirUebungen zu unterweisen, alle halbe Jahre ein Colloquium über einen Zweig der von ihm zu lehrenden Wissenschaften unentgeltlich zu lesen, sowie auch für jedes Semester mindestens eine Privat-Vorlesung in seinem Fache anzukündigen“ (etc.). - Nach seiner letzten großen Reise durch die Mittelmeerländer war Barth 1862 nach Deutschland zurückgekehrt und hatte sich wieder vergeblich um eine feste Anstellung bemüht, so daß er weiterhin seinen Lebensunterhalt von der Leibrente bestreiten mußte, die ihm König Friedrich Wilhelm IV. ausgesetzt hatte. - 2 Beilagen: Begleitschreiben des Ministers Heinrich von Mühler an Barth mit der Mitteilung von seiner Ernennung zum außerordentlichen Professor (Berlin 30.V.1863). - Brief des Rektors Georg Beseler (1809-1888) an Barth mit der Aufforderung, sich „im Locale des Universitäts-Gerichts“ einzufinden, um in seinem Beisein und dem des Universitätsrichters den vorgeschriebenen Eid zu leisten sowie anschließend der „Professoren-Witwen-Verpflegungsanstalt“ beizutreten. Ferner solle er 5 Taler Pflichtgebühr für die Universitätsbibliothek entrichten (Berlin 2.VI.1863). - Alle 4 Teile gut erhalten. Abbildung
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2144 - Petermann, August, bedeutender Geograph und Kartograph (1822-1878). Eigh. Brief m. U. „A Petermann“. 32/3 S., in sehr kleiner Schrift eng beschrieben. Mit Briefkopf „Redaction der Mittheilungen aus Justus Perthes geographischer Anstalt“. Gr. 8vo. Gotha 14.VII. 1857. 900 € An Heinrich Barths Schwager, den sächsischen Generalleutnant Gustav von Schubert, der ihm als Mittelsmann diente, während Barth selbst in London an der Fertigstellung der deutschen und der englischen Fassung seines großen Reisewerkes arbeitete. Umfang- und inhaltsreicher Brief, der sich ausschließlich mit Barths Aufzeichnungen, ihrer Auswertung und ihrem Presse-Echo beschäftigt. Petermann bedankt sich zunächst über die „gütige Mittheilung der Briefe aus Timbuktu, die trotz ihrer Verspätung noch immer ein ganz frisches Interesse für mich hatten, da über die Timbuktu-Reise Ihres Schwagers bisher noch so wenig bekant geworden ist. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen,
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ 2145* Baumgarten-Crusius, Ludwig Friedrich Otto, Theologe und Philosoph, Professor in Jena (1788-1843). 6 Schriftstücke mit U. „Baumgarten-Crusius“, davon 5 ganz eigenhändig. Zus. 6 S. Verschied. Formate. Jena 1825-1836. 200 € 5 detaillierte Jenaer Studientestate und eine „Bekanntmachung“ vom 3. August 1833 aufgrund „höchster Befehle“, betreffend eine Neuregelung der Immatrikulation an der Universität Jena. - Der weimarische Kirchenrat lehrte gleichzeitig als Professor der Theologie in Jena. Leicht gebräunt. - Aus der Sammlung Künzel.
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wenn ich die Bitte ausspreche, sie in einem der nächsten Hefte meiner ‚G. Mittheilungen‘ publiciren zu dürfen. Sie sind einerseits für das Publikum gewiß von Interesse, und bilden auf der anderen Seite eine gute Anzeige für die letzten Theile des Reisewerkes ... Die deutsche Literatur hat bisher wenig über das Werk gebracht, ich denke aber nach Ablauf der jetzigen ‚Saure-Gurken-Zeit‘ soll‘s ordentlich darüber hergehen, bis dahin wird ja auch der schrecklich langsame Druck der deutschen Ausgabe vorrücken, so daß die zweite Auflage bei Rückkehr des lesenden Publikums aus den Bädern und von ihren Reisen fertig daliegt. Der zweite Band soll in nächster Woche zur Verschickung kommen ...“. Kündigt eine Besprechung in Brockhaus‘ „Neuer Zeit“ an und kommt dann auf englische Rezensionen zu sprechen. „... Von Englischen Besprechungen ist mir bisher nur die vorläufige & noch zurückhaltende im Athenaum und die äußerst gehässige in der Literary Gazette zu Gesicht gekommen ... Ein gutes Anzeichen der Aufnahme und des Interesses des Engl. Publikums an dem Werke waren mir gleich im Anfange die Anzeigen der Lese-Bibliotheken, deren eine ... unter ihren neuen Büchern ‚Barth‘s Travels‘ in 500 Exemplaren ihren Abonnenten und Lesern offerirten; da mußte freilich die erste Auflage am 1. Tage vergriffen werden. Ich denke, doch, wenn erst alle fünf Bände heraus sind, wird sich in England das Blättchen wenden. Die Opposition gegen Barth ging daselbst fast nur von einem einzigen böswilligen Menschen aus, der zufolge seiner offiziellen Stellung freilich seinen Enfluß geltend zu machen wußte ... Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welchen Antheil ich an der allgemeinen Anerkennung der Verdienste Ihres Schwagers nehme, und daß auch der Erfolg so ganz die Berechnungen des deutschen Verlegers zu Schanden macht, der mir noch kurz vorher mit sehr bestimmten Worten versicherte, er werde mindestens 12.000 rh an dem Werke einbüßen. - Ihr Lob wegen der Karten ist in jeder Beziehung unverdient, denn wenn ich dieselben auch mit einem redlichen Bestreben bearbeitet habe, läßt innen und außen Ausführung doch viel zu wünschen übrig, zur immer vollkommenen Ausführung reichte das bloße nackte Itinerar nicht hin, sondern die Reise-Beschreibung selbst wäre mir dazu unumgänglich nöthig gewesen; dieselbe konnte ich aber nie einsehen, da ja beides, Karten und Text immer neben einander gehen müßten ...“. Ferner über den „Ritter Bunsen“, den preußischen Gesandten in London.
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2146 Berlinische Gesellschaft für Deutsche Sprache (gegr. 1815). Ausriss aus einem gedruckten Blatt ihrer Statuten mit den eigh. Signaturen von 8 ihrer „derzeitigen Beamten“. 2 S. Mit dem Stempel der Gesellschaft. 15 x 19 cm, ungleichmäßige Ränder. Berlin, 14. Februar („Hornung“) 1816. 600 € Eigenhändige Signaturen des gesamten Vorstands der nach dem Ende der fast zehnjährigen Franzosenherrschaft gegründeten Sprachgesellschaft, mit der jeweiligen Funktion der Persönlichkeit in dem Verein: Johann August Zeune, Pädagoge, Geograph und Germanist, Gründer und Leiter der Berliner Blindenanstalt („Ordner“). - Friedrich Ludwig Jahn, der „Turnvater“, Pädagoge, Begründer des Turnens als Volksertüchtigung und nationale Wiedererweckung („Älterer Pfleger“). - Ludwig Graßhoff, Direktor der Taubstummenanstalt in Berlin („Jüngerer Pfleger“). - Theodor Heinsius, Pädagoge, Grammatiker und Lexikograph, Rektor des Gymnasiums zum Grauen Kloster („Schreiber“). - Friedrich August Pischon, Historiker, Theologe und Publizist („Schriftwart“). - Wilhelm Müller, Dichter und Pädagoge, der sog. „GriechenMüller“ („Älterer Schaffner“, obwohl er gerade einmal 22 Jahre alt war). - Franz Marggraff, mit Jahn befreundeter Leiter einer Privatschule in Berlin („Jüngerer Schaffner“). - Christian Hinrich Wolke, bedeutender Pädagoge, Kais. Russischer Hofrat und Professor („Ältester“). - Etwas braunfleckig. - Seltenes Dokument der Gründung einer neuen deutschen Sprachgesellschaft in Berlin, vertreten durch einige der besten Pädagogen ihrer Zeit. Abbildung
2147 Bloch, Ernst, Philosoph, Professor in Leipzig und Thüringen (1885-1977). 4 eigh. Briefe, davon 3 m. U. „Dein Ernst“, 2 unvollständig. Zus. 13 S. Kl. 4to. O. O. (Ca. 1912-1920). 1.500 € Frühe Briefe an seine erste Ehefrau, die Bildhauerin Else, geb. von Stritzky (1883-1921), die Bloch 1911 kennengelernt hatte. Die beiden vollständigen Briefe, in denen eine noch nicht ganz überwundene Lebenskrise Blochs anklingt, stammen aus der Zeit vor der Eheschließung im Juni 1913. „... ich bin so müde von der Arbeit, höre zwar auf Brom zu schlucken, bin aber hochgradig überanstrengt und würde, wenn ich die fünfzehn fehlenden Seiten schreiben wollte, in die Nähe einer großen geistigen Gefahr geraten ... Ich ... lese etwas Dostojewsky. Ich hätte Dich viel über Russland zu fragen, ich fühle hier, zum Teil durch Lukács‘ Einfluss etwas in meine Art einströmen, das brütend, exaltiert, gütig, tief ist und bisher nicht durch westeuropäische Formprobleme zu fassen war. Das wird jetzt in meiner Emotionalität wach
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[7.I.1912 oder 1913] ... las im ‚Hans im Glück‘ [ein von Bloch hochgeschätzter Roman von Henrik Pontoppidan] weiter. Ich habe das Buch, das ich seit dem Februar 1908 nicht wieder gesehen habe, wieder vorgenommen, als ein anderer Mensch. Du kannst Dir nicht denken, wie mich das falsche Auftrumpfen von Hans, seine erotische Unbeholfenheit und Rohheit (‚er hatte bisher wie ein Kind oder ein Wilder in den Gefühlen gelebt‘), seine falsche und lieblose Weltbekümmertheit quält. Er ist mein Spiegel zum Teil und ich möchte Dir Abbitte leisten, ... wenn ich nicht immer so gut war, so um Dich besorgt, voll richtiger und anständiger Kraft und Tiefe des Verströmens, Einhüllens, erotischen Bergens und Sicherns, wie es dem starken und reinen Zeugen der Wahrheiten zukommt. Es ist seltsam und grossartig, dass in den Träumen von dem heldenhaften Geliebten, von denen ein Mädchen in seinen apriorisch besten Stunden erfüllt ist, unser Korrektiv für uns gesandte und erlösende Genies und die farbigste Versinnlichung des kategorischen Imperativs liegt. Ich habe mich in den letzten Wochen sehr verändert, durch und durch vom Leid aufgewühlt ... Aber: was uns das Leben verspricht, das wollen wir dem Leben halten. Ich erlebe jetzt so tief diesen wundervollen Nietzschesatz, den ich mit guter Ahnung schon lange in die Mitte meiner privaten Moral gestellt hatte. Auch meine Philosophie ist ganz verändert. Alles ins Menschliche zurückverwandelt; in das Vermögen, als reine Seele zu leuchten, als Güte, Verant-
wortlichkeit, rein moralische Bedeutsamkeit: von hier aus ist erst alles wieder zum Begriff und System geworden. Ich habe darüber schon vor dem Zusammenbruch wunderbare Dinge geschrieben (... z. B. die vier emotionalen Wege zur Erkenntnistheorie, in denen ich den ganzen emotionalen, charakterologischen und vor allem moralischen Quellgrund meiner und der Philosophie sichtbar mache. Dies ist alles schon als reflektierte Widmung an die Frau, die mich liebt, geschrieben worden ... Habe mütterliche Nachsicht mit mir, meine liebe Rettung; ich habe in meiner Jugend so etwas Ähnliches erlebt wie dieses Sidenius‘ sche Pfarrhaus [in Pontoppidans Roman] und nachher wenig Besseres, sodass es also wenigstens zu verstehen ist, wenn ich etwas roh und primitiv in menschlichen Dingen blieb ...“ [1.II.1912 oder 1913]. - Die beiden unvollständigen Briefe stammen aus der Zeit von Elses schwerer Krankheit. - Beiliegend 3 eigh. Briefe von Else Bloch aus den Jahren 1914 und 1920; einer (retourniert) an eine Behörde (Heidelberg 1920, mit 5 Bleistift-Zeilen von Ernst Bloch), die beiden anderen an Ernst Bloch (München 1914 und Wiesbaden, St. Georgs-Hospital, 1920, ein Dreivierteljahr vor ihrem Tod). Hier heißt es an einer Stelle: „Deine Philosophie macht mir auch das Sterben leicht - aber ich bleibe bei Dir, und will diese Gedanken Dir nicht schreiben ...“. - Ferner 10 Bl. Kopien weiterer Schriftwechsel Blochs mit Else von Stritzky. Abbildung
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ 2148 - Eigh. Stichworte und Notizen. (Tinte und Rotstift). Auf der Rückseite der Satzung eines Tübinger Vereins. 1/2 S. Gr. 4to. (Tübingen 1964-1965). 200 € Wohl im Rahmen eines Seminars an der Tübinger Universität niedergeschriebene Stichworte. Am Rand oben links: „auch: ‚Materie-Buch: Schluß“. Unter dem Titel „ad Zweck-Seminar“ sind Halbsätze und Begriffe notiert wie „Das ‚Ganze‘ nicht ‚umfassend anders das Totum‘ von ‚Überhaupt‘; und das utopisch. Totem als Ultimum, Optimum oder (drohend) Pessimum (umsonst) (sonst Entwertung. Abgebrochene Zweckreihe. Tod. Kosmischer Tod ... Kosmologie. Humanisierung der Natur ... Freiheit und Ordnung oder (Reich) (Utop) der Freiheit ...“. Am Schluß: „Endziel betr.“ - Mit rückseitiger Echtheitsbestätigung. - 2 Einrisse unauffällig restauriert.
2149 Bode, Johann Elert, der bedeutende Berliner Astronom, ab 1786 Direktor des Berliner Observatoriums, langjähriger Herausgeber des „Astronomischen Jahrbuchs“, veröffentlichte die „Titus-Bode-Reihe“ und entdeckte den nach ihm benannten Kometen (1747-1826). Konvolut von 15 eigh. Briefen m. U. „Bode“. Zus. ca. 21 S. 4to und 8vo. Berlin 1805-1823. 2.000 € An einen Professor für Astronomie. Ausführlich über Angelegenheiten seines „Astronomischen Jahrbuchs“: Beiträge, Lieferungen, Kosten, Inhalte etc. sowie über andere seiner Veröffentlichungen. Ein Brief mit einer signierten Aufstellung und Berechnung gelieferter Bücher als Anlage. - Teils leicht angestaubt; insgesamt ordentlich erhalten. Abbildung
2150 Boguslawski, Palm Heinrich Ludwig von, Astronom, Professor und Direktor der Universitäts-Sternwarte in Breslau (1789-1851). Sammlung von 28 eigh. Briefen m. U. „v. Bogus³awski“. Zus. 68 S. Meist gr. 4to. Breslau 1835-1849. 900 € An einen Kollegen, den er zuerst „Herr Professor“, dann „Freund und Collega“, schließlich „theurer Freund“ nennt. Sehr umfang- und inhaltsreiche Briefe über alle Aspekte der Astronomie: Beobachtungen, Erkenntnisse, Forschungen, Berechnungen, Experimente, Einrichtung und Funktion von Instrumenten, Materialien, Erfahrungen, Fachliteratur, Kollegen (Bessel, Littrow, Erman, Herschel etc.) und vieles mehr. - Beiliegend eine von Boguslawsi signierte, aber von anderer Hand in winziger Kalligraphie geschriebene wissenschaftliche Abhandlung „Bemerkungen zu dem doppelten Differenz Micrometer“ (4 S.), datiert Breslau 1. März 1848 und wahrscheinlich zum Druck bestimmt. - 3 Briefe sind unvollständig, einer davon stärker lädiert; einige weitere mit Erhaltungsmängeln; doch sonst größtenteils ordentlich erhaltene Korrespondenz. Dabei: Heinrich Georg von Boguslawski, sein Sohn, bedeutender Hydrograph, Hrsg. des Handbuchs der Ozeanographie, auch als Astronom publizistisch tätig (1827-1884). 2 eigh. Briefe m. U. „Georg v. Boguslawski“. Zus. 3 S. Gr. 4to und gr. 8vo. Breslau 7.III. und 7.VI.1851. - An denselben, ausführlich über Krankheit und Tod seines Vaters: „... Sein Geist schwang sich in jene höheren Regionen, in die er so oft mit Eifer und Enthusiasmus geschaut. Seine letzten klaren Gedanken gehörten noch der Astronomie, die gewiss in ihm einen ihrer eifrigsten Diener und Beförderer verloren hat! ...“. - Auch hier ein Brief mit Läsuren.
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2151 Brüggemann, Ludwig Wilhelm, aus Pommern stammender Berliner ev. Pfarrer und Geograph, Lehrer und Seelsorger der Prinzessin Amalie von Preußen, ausgezeichneter Anglist und Gründer einer Berliner Lesegesellschaft für englische Literatur, ferner Verfasser einer großen Landesbeschreibung von Pommern (1743-1817). Eigh. Brief m. U. „Brüggemann“. 4 S. 4to. Stettin 4.V.1797. 150 € An den (nicht genannten) Philologen Johann Gottlob Schneider (17501822), dem er seine soeben in Stettin erschienene Bibliographie „A View Of The English Editions, Translations And Illustrations Of The Ancient Greek And Latin Authors ; With Remarks, by Lewis William Brüggemann“ übersendet und diese in dem ganzen Brief ausführlich erläutert. Er habe mit dem Druck so lange gezögert, weil er jeden erreichbaren Titel mit gleicher Sorgfalt bearbeiten wollte, so dass im Manuskript immer wieder Verbesserungen und Erweiterungen nötig waren. „... So ist z. B. der Artikel Cicero, seit der vor 2 Jahren gedruckten Probe, jetzt bei nahe durchgehends theils berichtiget, theils ansehnlich erweitert worden. Dem Blicke meines liebenswürdigen und gelehrten Freundes, der in seinen vortreflichen Ausgaben der griechischen und lateinischen Classiker zugleich so ausgebreitete litterarische Kenntniße bewiesen hat, wird es auch nicht entgehen, daß in der Fabriciusschen griechischen so wol als lateinischen Bibliothek, und zwar nach den neuesten Ausgaben, welche [Gottlieb Christoph] Harles und [Johann August] Ernesti besorget haben, nicht die Hälfte der von mir angeführten englischen Schriften angezeiget worden ist ...“. Zieht dann noch andere Nachschlagewerke und Klassiker-Editionen zum Vergleich heran und stellt als Neben-Erkenntnis seiner Arbeit fest, dass von Erfindung der Buchdruckerkunst bis zum Ende des 16. Jahrhunderts die italienischen, französischen und deutschen Klassiker-Ausgaben philologisch besser gewesen seien als die englischen. Abschließend bemerkt er: „... Mit dem größten Verlangen sehe ich Ihrem neuen kritischen, Griechisch-Deutschen Handwörterbuche entgegen, welches Ihnen zwar unsägliche Mühe machen muß, dagegen aber auch für einen jeden, der sich mit dem Studium der alten Griechen beschäftiget, ein ganz unentbehrliches Handbuch werden und alle übrigen griechischen Wörter bücher verdrängen wird ... Mit Recht bin ich stolz auf die Freundschaft, mit welcher Sie mich beehren ...“.
2152 Butenandt, Adolf, Biochemiker, Nobelpreisträger, Professor in Danzig und Berlin, Präsident der Max-PlanckGesellschaft (1903-1995). Brief m. U. „Adolf Butenandt“ und handschriftl. Zusätzen. 1 S. Gr. 4to. München 22.VI. 1988. 150 € Rundschreiben mit ausführlichem Dank für die Glückwünsche zu seinem 85. Geburtstag, hier mit handschriftlicher Anrede an eine Dame gerichtet. „In manchen Tageszeitungen war zu lesen, ich sei vor meinem 85. Geburtstag, dem 24. März 1988, von München ‚geflohen‘, um allen Gratulationen und möglichem Trubel zu entgehen. Daran ist in der Tat Wahres: Schon frühzeitig hatten meine Frau und ich uns vorgenommen, den Monat März und die Ostertage in der Stille zu verbringen, und die Kenntnis vom Aufenthaltsort nur unseren Kindern und den Betreuern unseres Münchener Heimes und Sekretariats anzuvertrauen. Aus mancherlei Gründen entschlossen wir uns, in der Nähe von München zu bleiben ...“. - Am Schluß fügt er handschriftlich hinzu: „Mit Ihrem telegraphischen Gruß und dem erinnerungsreichen Helgoländer Photo haben Sie mich sehr glücklich gemacht.“ - Mit Eingangsstempel.
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik 2153* Carl Zeiss, Jena. - Fischer, Max, Physiker und Industrieller, Vorstandsmitglied bei Fa. Carl Zeiss in Jena (1857-1930. Eigh. Brief m. U. „Fischer“. 11/2 S. Kl. 4to. Oberhof 7.II.1915. 180 € An den Vorsitzenden des Gemeinderates von Jena, mit „wärmstem Dank“ für die Ernennung zum Ehrenbürger seiner „zweiten Heimatstadt“ Jena. „... Die Zwecke der Werke Abbe‘s, die ich nach Pflicht und Überzeugung mitvertrete, erstrecken sich ja in weitgehender Weise zu Gunsten der Stadt Jena und ich werde auch in Zukunft eine dankbare Aufgabe darin erblicken, mit dem Emporblühen der Firma Carl Zeiss die sozialen Bedürfnisse unseres Jena fördern zu helfen ...“. - Fischer war 1895-1925 Mitglied der Geschäftsleitung der Firma Carl Zeiss. Sein kaufmännisches Geschick war entscheidend für die Vergrößerung der Firma um ein zehnfaches. Fischer zählte zu den Vertrauten von Ernst Abbe und war nach dem Tod von Siegfried Czapski von 1907-1926 Bevollmächtigter der Carl-ZeissStiftung. Am 1.2.1915 wurde er zum Ehrenbürger von Jena ernannt.
„mit meinen Kindern, Blumen und Büchern“ 2154* Dierbach, Johann Heinrich, Botaniker, Arzt und Pharmazeut, a. o. Professor für Medizin in Heidelberg, wo er jedoch hauptsächlich Botanik und Pharmazie lehrte; schrieb eine Vielzahl botanischer und pharmaz. Werke (1788-1845). Eigh. Brief m. U. „Dierbach“. 1 S. Mit Adresse und Poststempeln. Gr. 4to. Heidelberg 11.III.1834. 180 € An den berühmten Wiener Botaniker Leopold Trattinick (1764-1849) mit Bezug auf dessen „Botanisches Taschenbuch“: „... schon längst verehre ich Sie als einen eben so eifrigen, wie unermüdlichen Freund der Pflanzenkunde, der dieser schon große Opfer gebracht hat ... Sie leben schon im Greisenalter; ich zwar noch in den mittleren Jahren (46), aber mein stets kränklicher und schwächlicher Körper läßt erwarten, daß mein Dasein hienieden nicht mehr lange dauern wird. Kaum werden wir demnach die Freude haben, uns von Angesicht zu Angesicht zu sehen, doch jenseits, wo kein Neid und keine Scheelsucht mehr unser Auge trübt, dort werden wir uns gewiß finden, und einen ewigen Freundschaftsbund schließen. - Von dem überschickten Bücherverzeichnisse kann ich leider keinen Gebrauch machen, da Fortuna mich höchst stiefmütterlich bedacht, und ich schon bei weitem mehr für Literatur verwendet habe als ich eigentlich je hätte thun sollen. - Von einer ärmlichen Besoldung (600 f.) lebe ich mit meinen Kindern, Blumen u. Büchern so einsam u. zurückgezogen, daß mehrere meiner hiesigen opulenten Collegen mich, wie ich gewiß weiß, kaum dem Namen nach kennen, eine Sache, die mir übrigens nie den kleinsten Kummer machte ...“. - Dierbach wurde 1817 Privatdozent und 1820 außerordentlicher Professor für Medizin in Heidelberg. Er lehrte besonders die Rezeptierkunst und die Materia medica in der Verbindung mit der Pharmakognosie und führte in Heidelberg eine Vorlesung über medizinisch-pharmakologische Botanik ein. Schriftstellerisch war er außerordentlich fleißig. - Siegelausschnitt.
2155* Dietrichstein, Moritz Reichsfürst von, kaiserl. Hofbeamter, Oberstkämmerer, Komponist und Gelehrter in Wien, Erzieher des Herzogs von Reichstadt, Leiter der Hoftheater und der kaiserl. Bibliothek sowie des Münz- und Antiken-Kabinetts (1775-1864). Eigh. Brief m. U. „M Dietrichstein“ 2 S. 4to. Wien 3.XII.1844. 200 €
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An den dänischen Romanisten Nicolai Christian Levin Abrahams (1798-1870) mit Dank für die Übersendung von 3 Exemplaren seines Kataloges französischer Handschriften, „Description des manuscrits français du moyen âge de la Bibliothèque Royale de Copenhague“ (1844). Zwei Exemplare habe er bereits an die kaiserliche Privatbibliothek und die Hofbibliothek weitergegeben (heute unter der Signatur 60115-C / Han Kat.4° 221). „Ihre schöne Arbeit gewährt mir die Hoffnung, daß Sie sich entschließen dürften, auch anderen Schätzen der reichen königl. Bibliothek die nämliche Sorgfalt zu widmen. Jedenfalls sollte der allgemeine, so gerechte Beifall Sie hierzu auffordern ...“. Fügt eine Liste der „wichtigeren gelehrten Institute und Bibliotheken des oesterreichischen Kaiserstaates“ bei, für deren Benutzung durch den Adressaten er sich als Vermittler anbietet. - Abrahams war Professor für Französisch an der Universität Kopenhagen. Seine Handschriften- und Autographensammlung wurde nach seinem Tod von der Kgl. Bibliothek Kopenhagen angekauft. „His catalogue of the French medieval manuscripts of The Royal Library from 1844 is the first and only collected description“. Etwas gebräunt.
2156 Eichwald, Carl Eduard von, baltendeutscher Naturforscher, vor allem Geologe und Zoologe, russischer Staatsrat, Professor in Wilna, Begründer der russ. Paläontologie (1795-1876). Eigh. Brief m. U. „Dr. E. Eichwald“. 2 S. 4to. Wilna 24.VIII.1833. 150 € An die „Herr Professoren der Breslauer Universität“, die ihn zur jährlichen Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte eingeladen
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ besteht, keine Correspondenznachrichten und Samlungen von Beobachtungen damit verbunden seyn werden. Ich habe mir deshalb die Freiheit genommen Ihre wichtigen Beobachtungen der Sternbedeckungen Herrn Professor Schumacher zur öffentlichen Bekanntmachung einzusenden ...“ [22.XI.1827]. Die folgenden Briefe über ein Metallthermometer sowie über Planeten und Kometen. „... Die kleinen Planeten fahren immer noch fort das Leben den Astronomen sauer zu machen. Ich bin genöthigt gewesen, den Termin für die Herausgabe [des Astronomischen Jahrbuchs] früher anzusetzen und mich nicht mehr darauf einzulassen, die Einsendungen abzuwarten ...“ [20.I.1863]. - Teils etwas gebräunt; einige Faltenrisse; 1 Brief mit kleinem Ausschnitt.
2158* Eucken, Rudolf, Philosoph, Nobelpreisträger (1846-1926). Eigh. Briefkarte mit U. „R. Eucken“. 2 S., eng beschrieben. Mit Briefkopf. Quer-8vo. Jena 30. VIII.1906. 200 € An den Kammerdirektor und Schriftsteller Friedrich Bode mit Dank für dessen Buch „Sonnenwende, ein Märchenspiel in drei Bildern“ (Nordhausen, Krause, 1906). Er möchte nicht länger zögern, Bode auszusprechen, „mit welchem Vergnügen ich Ihre ‚Sonnenwende‘ erhalten und wie sympathischem Interesse ich sie gelesen habe. Sie haben ein echtes und anziehendes Problem in so anmutiger Form und aus so wohltuender Gesinnung behandelt, daß der Gesamteindruck ein reiner und erhebender ist. So habe ich dem Verleger gern einige Worte über das Büchlein gesandt ...“. Ferner Ratschläge zur Gesundheit des Adressaten. 2162
hatten. Während seiner Reisevorbereitung sei ein unvorhergesehenes Hindernis eingetreten, das ihn zu seinem großen Bedauern „des Glückes beraube“, persönlich an den Sitzungen teilzunehmen. „... Daher werde ich von unserer Akademie beauftragt, Ihnen ... inständigst für die uns übersandte Einladung zu danken, Sie der vollkommensten Hochachtung unserer Akademie zu versichern, und Ihrem gelehrten Vereine den glänzendsten Erfolg zu wünschen ...“. Um jedoch seine innere Teilnahme zu bezeugen, übersende er „einige kleine Notizen über naturwissenschaftliche Gegenstände, die Russland betreffen, und meist zur Erläuterung einiger zweifelhaften Stellen der ältesten griechischen und römischen Klassiker dienen ...“. - Zwei kleine Einrisse.
2157 Encke, Johann Franz, Astronom, Direktor der Berliner Sternwarte, Professor an der Universität und Sekretär der Akademie der Wissenschaften in Berlin, u. a. Entdecker der Teilung des Saturnrings und des Enckeschen Kometen (1822-1863). 6 eigh. Briefe m. U. „Encke“. Zus. 7 S. 4to und gr. 8vo. Berlin 1822-1863. 800 € An verschiedene Kollegen. Ausschließlich über astronomische Themen, z. B. über seine Fortführung des „Astronomischen Jahrbuchs“ nach Bodes Tod. „... In der Form wird ... eine Aenderung eintreten, daß so lange ein so ausgezeichnetes Journal wie Schumacher‘s Nachrichten
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2159 Fuß, Paul Heinrich, deutsch-russ. Mathematiker, Mitglied der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, maßgebl. Herausgeber der Werke und Briefe Leonhard Eulers (1798-1855). 5 Briefe m. U. „Fuß“, davon 1 ganz eigenhändig. Zus. 91/2 S. Gr. 4to. St. Petersburg 1835-1837. 600 € An einen Astronomen, ausführlich über die Drucklegung von dessen „Sternverzeichniß“. - 2 Briefe mit Eck-Abschnitten. - Dabei: Georg Albert Fuss, deutsch-russischer Astronom, Bruder des Vorigen, Ständiger Sekretär der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg (1806-1854). 3 Briefe m. U. „Fuss“. St. Petersburg 1839-1840. Zus. 3 S. 4to. 1839-1840. - Wohl an denselben, welcher der Akademie seine „Meteorologischen und Astronomischen Beobachtungen“ gesandt hatte. Ferner gleichfalls über die Drucklegung des „Sternverzeichnisses“. - 1 Brief mit Briefkopf „Kaiserliche Akademie der Wissenschaften St. Petersburg. Vom beständigen Sekretär“. - Dieser Brief stärker geknittert und am leeren Blatt lädiert; ein weiterer mit Eck-Abschnitt.
2160 Gadamer, Hans-Georg, Philosoph, als Nachfolger von Jaspers ab 1949 Professor in Heidelberg; einer der prominentesten Philosophen des 20. Jhdts, Träger zahlreicher internationaler Ehrungen (1900-2002). Eigh. Brief m. U. „H-G. G.“ 1 S. Quer-8vo. (Stuttgart) 22.XII.1947. 180 € An eine Dame, knapp zwei Monate nach seinem Rücktritt vom Rektorat der Universität Leipzig und der Zusage aus Frankfurt. „... Nun sitzen
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik wir im Wartesaal von Stuttgart, mitten in dem (freilich trümmerhaften) westlichen Komfort. Die Wochen in Frankfurt sind mir so zerflossen, in ständiger Bewegung zwischen Lehramt und Ämtern - nur Abends ein paar Stunden ‚Arbeit‘ (der Aristoteles-Text ist inzwischen in der Druckerei!). Der neueste Stand der Wohnungssache ließ uns in einigem Optimismus in die Ferien fahren. - Die Immatrikulationsangelegenheit steht so: Die ‚Neuen Richtlinien zur Zulassung‘ sind noch nicht vom Ministerium eingetroffen! Tout comme chez nous. Doch habe ich bereits angemeldet, daß ich einige spezielle Schüler außerhalb des Kontingents (von 30 für die ganze Fakultät) für das Sommersemester benötige. Das wird leichter sein, als die Zimmerbeschaffung ...“. - Mit dem „Aristoteles-Text“ ist Gadamers „Metaphysik XII / Aristoteles“ gemeint, erschienen 1948 bei Klostermann in Frankfurt.
2161 Goldschmidt, Benjamin, Göttinger Mathematiker und Astronom aus jüdischer Familie, Schüler und Mitarbeiter von Gauß (1807-1851). 5 eigh. Briefe m. U. „B. Goldschmidt“. Zus. 8 S., eng beschrieben. Mit 2 Lacksiegeln. Gr. 4to und gr. 8vo. Göttingen 1843-1847. 600 € An einen Professor. Ausführlich über beiderseitige astronomische Beo bachtungen in den Jahren 1840-1845, speziell Abweichungen („Dec linationen“) von Planetenbewegungen. Mit umfangreichen Zahlentabellen. - 3 Briefe mit teils stärkeren Randschäden. - Beiliegend 2 eigh. Briefe des Mathematikers und Gauß-Schülers Johann August Grunert (1797-1872), Professor in Greifswald. Zus. 6 S. Gr. 8vo. Greifswald 15.III.1841 und 19.VII.1855.
„herrlicher Reispudding mit Kuchenkruste“ 2162* Hahn, Otto, Chemiker, Nobelpreisträger (18791968). Eigh. Brief m. U. „Dein Otto“. 2 S. Gr. 4to. (Großes Hauptquartier) 6.VI.1918. 450 € An Hahns Frau Edith (geborene Junghans), geschrieben an der deutsch-französischen Front während Hahns Tätigkeit in Fritz Habers „Gastruppe“, über Lebensmittelrationierung und ein geplantes Treffen der Eheleute in Bad Nauheim: „... Falls sich Nauheim programmässig entwickelt, kann ich an Esswaren mitnehmen 1) Brot, 2.) Eier, 3.) den gelben Käse, von dem wir neulich schon das grosse Stück hatten und 4.) 1/2 Pfd. Butter. Wenn wir uns die Eier nicht machen können, dann können wir sicher aber nette Käsestullen essen; das ist ja auch schon sehr schön. Dagegen Dauerwurst kann ich jetzt nicht mehr kriegen. Ich habe an Brot schon rund 1 kg Mehl gespart. Aber es ist noch unsicher, ob wir für nicht gegessenes Brot immer Mehl kriegen können ... Neulich hatten wir hier Reistorte; sehr fein, schmeckte wie herrlicher Reispudding mit Kuchenkruste ...“. - Von Januar 1915 bis zum Kriegsende 1918 war Otto Hahn Mitglied der von Fritz Haber geleiteten Spezialeinheit für chemische Kriegsführung. Er erprobte Gasmasken und neue Giftgase, beriet in der Heimat die Industrie bei der Her stellung von Gasmunition und war eine Zeit lang Verbindungsmann der Gastruppe im „Grossen Hauptquartier“. Von Dezember 1916 bis September 1917 weilte Hahn hauptsächlich in Berlin, wo er seine Radium-Forschungen mit Lise Meitner zum Abschluss brachte. Nach der Entdeckung des sog. „Proto-Actininium“ war er wieder an der deutsch-französischen Front unterwegs. - 1944 erhielt er den Nobelpreis. Abbildung
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2163 Haidinger, Wilhelm Ritter von, österr. Geologe und Mineraloge, erster und langjähriger Direktor der „K. K. Geologischen Reichsanstalt“ in Wien, Mitglied diverser Akademien der Wissenschaften (1795-1871). Eigh. Brief m. U. „W Haidinger“. In engl. Sprache. 3 S. Gr. 8vo. Wien 26.III.1870. 120 € An Sir Edward von der Royal Society in London. Bedankt sich für die Zusendung des umfangreichen III. Bandes des Kataloges der Schriften der Royal Society von 1800 bis 1863, nachdem er schon 1868 und 1869 die Bände I und II erhalten habe. „... I indeed had received this Cat. in the course of January, but I wished to defer my offering of thanks, till I should have given a report on them in a meeting of our Imperial Geological Institute, to whom likewise copies had been kindly sent of that most meritorious work. - Pray now do kindly accept also of a copy of my report, which I send at the same time with these lines. If you kindly glance it over, you will find, how deep a sense of satisfaction may pervade us, when we compare the poor state of contribution of my Austrian countrymen in the beginning of the century, particularly in the period from 1800 to 1825 with the considerable stride forwards, which was
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ effected particularly within the space of time from 1845 up to the close of the collection of papers for the years 1863. I feel happy indeed to have been able to point out statistically this particular in my report of these Volumes in our meeting of the Geological Institute ...“. - Für Haidingers weltweites Ansehen spricht die Tatsache, daß u. a. ein Mineral, ein Berg auf Neuseeland und ein Mondkrater seinen Namen tragen. - Die erste Seite etwas fleckig.
2164* Heidegger, Martin, Philosoph (1889-1976). Eigh. Ansichts-Postkarte mit U. „Euer Martin“. 1/2 S. Meßkirch, Pfingsten 1953. 200 € An seinen früheren Studienfreund, den Historiker und Bibliothekar Ernst Laslowski (1889-1961) und seine Frau Lene: „... In herzlichem Gedenken senden wir Euch beiden unsere herzlichsten Pfingstgrüße aus der erinnerungsreichen Heimat ...“. - Mit unterschrieben haben Martin Heideggers Bruder, Schwägerin und Neffe „Fritz Heidegger“, „Liesel Heidegger“ und „Thomas Heidegger“. - Die Bildseite zeigt den Kirchturm der Stadtkirche St. Martin von Meßkirch.
2165 Hell, Maximilian, österr. Jesuit und Astronom, Direktor der Universitätssternwarte in Wien, errichtete Sternwarten in Siebenbürgen und Norwegen und errechnete erstmals ziemlich genau den Abstand zwischen Sonne und Erde (1720-1792). Eigh. Brief m. U. „Maximilianus Hell S. J.“. In latein. Sprache. 11/2 S. 4to. Wien 20.III.1765. 300 € An einen Kollegen. Spricht vom Wesen und den Kosten seiner „Ephemerides astronomicae ad meridianum Vindobonensem“, die von 1757 bis 1792 erschienen, sodann von astronomischen Geräten und Beobachtungen und rühmt zum Schluß ein neu erschienenes Fachbuch. „... Gaudebo plurimum, si quas observationes astronomicas praesertim satellitum jovis Eclipses pro determinanda differentia Mendianorum obtinuero, hae enim faciles sunt, et non mihi tubo Newtoniano, horologia, atque quadrante quo correspondentes solis altitudines accipiantur, indigent. - Recenter prodiit Parisiis liber singularis, Astronomia Domini de la Lande in duobus vastis Tomis, quem librum ... pote completam Astronomiae practicae et theoreticae doctrinam complectentem methodo facillima, et clarissima. constat liber iste una cum portorio Viennam usque florenos nostros 16 ...“. - Leicht tintenfleckig; Einriss beim Namenszug. - Sehr selten; kein Autograph von Hell im JbdApr. 1950 ff.
2166* Holub, Emil, bedeutender böhmischer AfrikaForscher, unternahm vier Expeditionen in Süd-NordRichtung und umgekehrt (1847-1902). Eigh. Brief mit U. „Dr. Emil Holub“. 1 S. Mit gedrucktem Briefkopf. Gr. 8vo. Prag 2.XI.1892. 300 € An den Redakteur F. Wilhelm, den er bittet, im Morgenblatt ihm verliehene Orden aus Tunis, Montenegro und Ägypten anzuzeigen: „... Bitte zu entschuldigen, dass ich auf die mir im vorigen Jahre erwiesene Güte bauend, wieder einmal mit einer Notiz zu belästigen mir erlaube. Im Laufe der letzten Tage erhielt ich die folgenden Auszeichnungen: von Seiner Hoheit dem Bey von Tunis die Offiziersdecoration des Nichan Iftikhar Ordens. Von Seiner Hoheit dem Fürsten von Montenegro, der
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im vorigen Jahr die Ausstellung zu Wien mit seinem Besuche auszuzeichnen geruhte, den Danilo Orden III Cl. und von Seiner Hoheit dem Khedive von Egypten den Medjidie Orden IV Classe. Ich würde bitten die Notiz für das Morgenblatt am Freitag zusenden ... zu wollen ...“. Mit gedrucktem Briefkopf „Dr. Emil Holub‘s südafrikanische Ausstellung in Prag 1892 (Darstellung der Forschungsresultate seiner letzten Afrika reise 1883-1887)“. - Mit der Auswertung seiner umfangreichen Forschungsergebnisse hatte Holub - mit Ausnahme seiner Bücher - in Österreich wenig Glück. Sein Angebot, seine mehr als 13000 Objekte zählende Sammlung kostenlos dem Prager Nationalmuseum zu übergeben, wurde abgelehnt. - Leichte Gebrauchsspuren. Abbildung Seite 55
2167 Humboldt, Alexander von, der große Naturforscher, Weltreisende und Geograph (1769-1859). Eigh. Brief m. U. „A. Humboldt“ und Adresse. In franz. Sprache. 2 S. 8vo. (Paris, vor 1832). 750 € An den Kartographen Jean Baptiste Poirson (1761-1831), der mehrfach für Humboldt gearbeitet hat und jetzt in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, weil ein Schuldner nicht zahlt. Humboldt bietet noblerweise an, ihm zu helfen und den Betrag auszulegen, bis die finanzielle Situation des Schuldners, Monsieur Stern, bereinigt ist. „Depuis plusieurs mois, Monsieur, il a été très sérieusement question d‘arranger les affaires de M. Stern. J‘ai plaidé très sérieusement aussi Votre cause pour un compte qui ne Vous a pas été acquitté. J‘ai appris depuis que rien ne l‘est fait à Votre égard. Peiné de cet éternel retard, je Vous offre, Monsieur, de payer moi même ce compte sauf à me rendre cette polite somme dès que, comme je l‘espère, l‘arrangement des affaires de M. Stern aura lieu ...“. Er erinnere sich sehr dankbar an die Arbeit, die Poirson für ihn geleistet habe: „Vous savez que je conserve, Monsieur, un souvenir reconnaissant des services que vous avez bien voulu rendre à mon ouvrage ...“. Er werde sich auch darum bemühen, daß Mr. Tardieu recht bald seine Schuld bezahlt. - Eck-Abriss beim Adressblatt vom Öffnen der Versiegelung.
2168 - Eigh. Brief m. U. „Al Humboldt“. In franz. Sprache. 4 S. auf 2 Bl., sehr eng beschrieben. Gr. 4to. Potsdam 6.IV.1837. 1.800 € Außerordentlich umfangreicher Brief an den bedeutenden französischen Zoologen Étienne Geoffroy St. Hilaire (1772-1844), den er mit „illustre confrère“ anredet. In der Ruhe und Einsamkeit seines Potsdamer Aufenthalts („dans la solitide de mon Exile“) kann sich Humboldt viel Zeit lassen, um sehr ausführlich auf die physiologischen Erkenntnisse des Adressaten einzugehen und mit zahlreichen wissenschaftlichen Anmerkungen, Erläuterungen und Betrachtungen zu versehen. „... Si j‘avais le bonheur d‘être à Paris au lieu de jouir du spectacle des neiges qui couvrent les terrasses du classique Sans-Souci, je voudrais être assis sur Vos bancs, Vous entendre parler des phénomènes de la vie ... La race de ceux qui pensent comme Mr. Moulinié forme aussi peuple en Allemagne, cependant une nouvelle génération est dans la route que Vous avez eu le grand mérite de tracer dès Votre début en Physiologie. Votre nom est placé bien haut parmi nous ...“. Schreibt u. a. über die Aktion der Kapillargefäße, die Produktion örtlicher Wärme, die Schwingbewegung von Purkinié und Valentin. „... Il est d‘autres phenomenes qu‘on peut classer et expliquer à la fois, car expliquer veut dire alors: pour Vous et pour moi, reconnaitre l‘analogie avec ce qui se passe dans
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ Fachgebiet, dessen allgemeine Bedeutung man sich erst in der 2. Hälfte des 20. Jh. voll bewußt werden sollte. Saint-Hilaire untersuchte als Erster, welche Umwelteinflüsse Fehlbildungen in der Keimentwicklung von Wirbeltieren auslösten. Meckel erkannte sie bei menschlichen Embryos. - Etwas gebräunt; Faltenrisse, z. T. unauffällig unterlegt. Abbildung Seite 57
2169 Jacobs, Friedrich, klass. Philologe, Numismatiker und Schriftsteller, langjähriger Bilbliothekar und Leiter des Münzkabinetts in Gotha, Mitglied der Akademien in München und Berlin (1764-1847). Eigh. Brief m. U. „F. Jacobs“. 1 S. in sehr kleiner Schrift. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. Gr. 8vo. Gotha 20.II.1837. 120 € An Professor Jacob in Schulpforta, dem er ein gestochenes Porträt von sich mit verschiedenen Erläuterungen übersendet. Schildert die grassierende Influenza, auch in seinem Hause, die ihm einen „gewaltigen Schnupfen und Husten“ eingebracht habe. „... Tausend Dank für Ihre Memoiren-Litteratur! Sie hat mich auf Manches aus der neuern Zeit aufmerksam gemacht, das ich nun zu lesen suchen will. - Ich bewun dere die Thätigkeit, mit der Sie so vieles lesen und zu Papier bringen, und das bei kranken Augen! ... Was wir von Statius haben, steht Ihnen von Herzen gern zu Diensten. Der Aufsatz aber über diesen Dichter in den Nachträgen ist nicht von mir, sondern von Manso, dem auch die übrigen lat. Dichter, den Catull ausgenommen, angehören ...“. Stärker gebräunt.
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le monde inorganique ...“. - Empfiehlt ihm neue Veröffentlichungen, darunter H. Müllers Physiologische Erkenntnisse über den Mechanismus der Stimme, F. Webers Mechanismus der Bewegung und dessen Versuche im luftleeren Raum einer Glocke. - Erwähnt ferner Jean-François Champollion, Johann Christian Poggendorff, François Arago, Christian Gottfried Ehrenberg, Joseph-Louis Gay-Lussac und andere hervorragende Naturwissenschaftler. - Sehr eindrucksvoller Brief, der den weiten Horizont und gleichzeitig das erstaunliche Spezialwissen Humboldts auf vielen Gebieten spiegelt, während er bescheiden schreibt: „... le gaz oxigène et l‘acide carbonique, les alcali et l‘hydrogène sulfuré, ce sont les antiques souvenirs de ma première jeunesse laborieuse et avide de savoir, qui dans mon ignorance et dans mon imbécillité actuelle me rendent très attraquants des découvertes comme les Votres ...“. - In einer der Anmerkungen bittet er, alle Lieferungen über die preussische Botschaft gehen zu lassen, da die französischen Buchhändler Sendungen an die „pays barbares“ sehr nachlässig behandelten. - Der französische Zoologe Geoffroy Saint-Hilaire begründete zusammen mit dem deutschen Anatomen Johann Friedrich Meckel d. J. (1781 Halle-1833) die Teratologie (Lehre von Fehlbildungen meist pränatalen Ursprungs), ein
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2170 Jaspers, Karl. - Krüger, Gerhard, Philosoph, Professor in Münster, Tübingen und Frankfurt (1902-1972). Typoskript m. U. „G. Krüger“ und eigh. Verbesserungen und Zusätzen. 4 S. auf 4 Bl. Gr. 4to. (Münster ca. 1940). 150 € Philosophische Besprechung von Karl Jaspers‘ „Vernunft und Existenz“ (1935), der „wohl wichtigsten der kleineren systemantischen Schriften“ (H. Saner). Krüger setzt in Klammern davor: „Die Besprechung dieses bedeutenden Buches erscheint leider sehr verspätet.“ Der Aufsatz beginnt: „Die Philosophie der ‚Existenz‘ will keine Wissenschaft sein. Ihre ‚Existenzerhellung‘ beruht auf einem undogmatischen Glauben; sie bringt die Wissenschaften ‚in die Schwebe‘, ‚appelliert‘ an die Freiheit und ‚beschwört‘ die ‚Transcendenz‘. Da sie selbst aber auch denkt, lag es nahe, die Frage zu stellen, die J. in den vorliegenden fünf Vorlesungen in Angriff nimmt ...“. - Krüger hatte seit 1940 eine o. Professur in Münster; 1952 lehnte er eine Berufung auf Jaspers‘ Heidelberger Lehrstuhl ab, den dann Gadamer besetzte. - BüroklammerRostspuren.
Münchener astronomische Technik 2171 Lamont, Johann von, schottisch-dt. Astronom und Physiker, Direktor der Sternwarte Bogenhausen bei München, Pionier der Erforschung des Erdmagnetismus (18051879). Sammlung von 14 eigh. Briefen m. U. „Lamont“. Zus. ca. 44 S. Mit 2 Federzeichnungen und einer Reihe von Bleistift-Skizzen im Text und auf Beilagen. Gr. 8vo. München 1845-1847. 750 €
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ die Rheingegenden und die Schweiz. Mir insbesondere war es recht lieb, ihn durch diese Reise endlich wieder auf einige Zeit von seinem Arbeitstische, an dem er sonst, wie Sie ja wohl aus alten Zeiten auch noch wissen, den ganzen lieben Tag angeschmiedet ist, abberufen zu sehen. Er ist recht heiter und rüstig wieder in unsere Mitte zurückgekehrt ...“. - Kleine Randläsuren.
2173 Littrow, Joseph Johann von, österr. Astronom, Initiator und Direktor der neuen Universitäts-Sternwarte in Wien, Universitätsprofessor (1781-1840). 4 eigh. Briefe m. U. „Littrow“. Zus. 8 S., eng beschrieben. Gr. 4to und quer-gr. 8vo. Wien 1822-1825. 300 € An einen Fachkollegen. Ausführlich über astronomische Themen, Veröffentlichungen und vor allem den Aufbau eines Observatoriums, bei dem Littrow dem Adressaten mit Rat und Tat behilflich ist. So bietet er Instrumente an, „welche Sie in unserer sogenannten Rumpelkammer (dem nördlichen Saale) gesehen haben“. Inhaltsreiche Briefe, die das Konvolut ergänzen, das wir in unserer vorigen Auktion versteigert haben.
2174 Melanchthon, Philipp (eigentl. Ph. Schwartzerdt), als Reformator Martin Luthers engster Mitarbeiter, Altphilologe, Philosoph, Humanist, Theologe, Lehrbuchautor und neulateinischer Dichter, galt als „Praeceptor Germaniae“ (1497-1560). Eigh. Manuskript mit Namenszug „philippi melanchtonis“ am Kopf. In latein. Sprache. 1 S. (22 Zeilen). Auf ein neueres Blatt montiert. 8vo. O. O. 1522. 12.000 € 2176
Fragment einer Abhandlung über die Syrinx, die altgriechische Hirtenflöte („Panflöte“), ihren Namen und ihr Vorkommen in der grie chischen Mythologie (Bacchus, Telemachos) sowie ihr Verhältnis zur Vokalmusik; wohl niedergeschrieben im Rahmen einer Schrift über neuere Kirchenmusik. - Etwas braunfleckig; kleine Montagespuren; 1 kleiner Eck-Abriss alt restauriert. Abbildung Seite 59
An einen Fachkollegen, mit einem ausführlichen Nachrichtenaustausch über aktuelle Beobachtungen, Ergebnisse, Veröffentlichungen, Methoden und Technik (Daguerreotypie-Aufnahmen von Sternen, neuer Theodolit u. a.) und vor allem auch Magnetismus-Forschung. Reichhaltige Quelle zum Stand der astronomischen und geophysikalischen Forschung in München um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Abbildung
2172 Littrow, Carl Ludwig von, österr. Astronom, Sohn von J. J. v. Littrow, Direktor der Wiener Universitätssternwarte, Fachbuchautor (1811-1877). 4 eigh. Briefe m. U. „C. L. Littrow“ oder „Littrow“. Zus. ca. 9 S. Gr. 4to und gr. 8vo. Wien 1834-1867. 250 € An einen Kollegen. Über den Halleyschen, den Enckeschen und den Kometen Klinkerfues, ferner über ein Erdbeben und die Rückkehr seines Vaters, des Astronomen Joseph Johann von Littrow, nach Wien. „... Er besuchte auf seiner Reise nebst Stuttgart, dem eigentlichen Ziele,
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2175 - Drews, Arthur, Philosoph, Professor in Karlsruhe (1865-1911). Eigh. Brief m. U. „Drews“. 22/3 S. 8vo. Halle (Saale) 29.III.1911. 150 € An einen Kollegen, wegen einer „Stelle im Brief Melanchthons an Camerar[ius] vom 26. Juli 1529 ... die Sie in Ihrem Aufsatz ... für Ihre Anschauung der Entstehung der Schwab.[acher] Art.[ikel] heranziehen. Vielleicht interessiert es Sie, daß eine ganz ähnliche Stelle sich in der fälschl.[ich] ins J. 1530 gesetzte Brevis discendae theol.[ogiae] ratio - sie gehört ins Jahr 1529 - findet.“ Hingewiesen wird auf einen „Instruendus libellus“ Melanchthons, der „deutlich ... in den Schwabacher Art.[ikeln] zu erkennen“ sei. Ferner wird der Bezug zu Melanchthons „Enchiridion“ hergestellt. - Die „Schwabacher Artikel“, eine der frühesten protestantischen Bekenntnisschriften, wurden 1529 von Melanchthon unter Mitwirkung Luthers verfaßt. - Drews hatte 1909 großes Aufsehen mit seinem Buch „Die Christusmythe“ erregt, in dem er die Existenz eines historischen Jesus bestreitet.
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik „Think first about people and purposes“ 2176 Mumford, Lewis, amerikan. Architekturkritiker, Soziologe, Philosoph und Technik-Historiker (18951990). Eigh. Brief m. U. „Lewis Mumford“. 2 S. Mit Umschlag. Schmal-4to. Cambridge (Mass.) 24.XI.1968. 180 € An Mrs. J. H. Meisel (wohl die Ehefrau des Schriftstellers, Dozenten und Thomas-Mann-Sekretärs Hans Meisel) in Ann Arbor (Mich.), die seinen Rat zum Plan eines „Civic Centers“ in Ann Arbor erbeten hatte. Mumford gibt überzeugende Antworten. „... the problem you put to me ... is not an easy one to answer at a distance, or indeed to answer at all. There are plenty of books that describe Civic Centers, old and new: but I know none that I could recommend as guides at this early stage. If I could sit down with your committee I would first ask them what they mean by a civic center, what functions and purposes it would serve, and why they believe the institutions they wish to bring together should be centralized, and for what reason should be big ... What your city may really need is a number of small centers, with either a school or a shopping center as a formative nucleus. Most of the older civic centers ... were misconceived and have turned out to be disappointments. My final advice is not to begin thinking about buildings - that is the very last step. Think first about people und purposes ...“. - Auch optisch schöner Brief mit Aussagen von zeitloser Gültigkeit. Abbildung
2177* Platner, Ernst, Mediziner, Physiologe und Philosoph sowie Mitbegründer der Anthropologie als medizinisch-philosophische Wissenschaft, der Vorläuferin der psychosomatischen Medizin (1744-1818). Eigh. Albumblatt m. U. „Ernst Platner“. 1 S. Goldschnitt. Quer-8vo. Leipzig 3.III.1776. 300 € „Wissenschaft ist dann erst Weisheit, wenn sie Vertrauen auf Gott, Menschenliebe und Tugend und Liebe zur Wahrheit richtet“. - Platner war seit 1770 außerordentlicher Professor der Medizin in Leipzig; 1780 wurde er Ordinarius der Physiologie, 1811 auch der Philosophie. Sein Hauptwerk „Anthropologie für Ärzte und Weltweise“ beeinflußte diverse prominente Zeitgenossen, darunter Schiller, Herder und Moritz; auch Wezel und Jean Paul setzten sich damit auseinander. - Gut erhalten und sehr selten.
2178* Rohlfs, Gerhard, Afrika-Forscher und preuß. Hofrat, unternahm acht Reisen, mit teils langjährigen Aufenthalten, nach Afrika und Sansibar (1831-1891). Eigh. Brief m. U. „Gerhard Rohlfs“. 1 S. Gr. 8vo. Weimar 22.I.1871. 180 € An einen Herrn in Pirna: „... Ich kann Ihnen einstweilen nur die feste Versicherung machen, daß ich gerne bereit bin, nach Pirna zu kommen um über meine Reisen in Africa vorzutragen. Der Verlauf meiner Krankheit durch Kälte bedingt ist aber leider derart, daß ich selbst im Februar zu kommen, nicht ganz fest versprechen kann ...“. Bittet, das Honorar selbst festzusetzen. - Großherzog Carl Alexander schenkte Rohlfs in Weimar das Grundstück Belvederer Allee 19 (Ecke Kantstr.), wo er von 1881-83 und 1885-89 den (heute noch existierenden) trutzigen Travertinsteinbau bewohnte.
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2179* Rosenkranz, Johann Karl Friedrich, Philosoph, Professor in Königsberg (1805-1879). Eigh. Manuskript mit Namenszug „Johann Karl Friedrich Rosenkranz“ am Kopf. 2 S., sehr eng beschrieben. Gr. 4to. (Königsberg 1853). 450 € Umfangreiche tabellarische Chronologie seiner bisherigen Laufbahn und Veröffentlichungen, für den Artikel im Conversationslexikon von Brockhaus bestimmt. Wertvolle biographische Quelle. - Kleine Einrisse; leicht gebräunt. Abbildung
2180 Savigny, Friedrich Karl von, der große preußische Jurist, Begründer der historischen Schule in der Rechtswissenschaft, Minister für Gesetzgebung (1779-1861). Eigh. Billet m. U. „Savigny“. 1 S. Quer-kl. 8vo. (Berlin) 15.IV.1857. 120 € „Herr Prof. Hensel wird ersucht, diesen Abend zur Theestunde bei uns einzusprechen. Savigny“. Es handelt sich vermutlich um den Maler Wilhelm Hensel (1794-1861), Ehemann der Fanny Mendelssohn Bartholdy, der schon 1829 als Königlicher Hofmaler in den Vorstand der Berliner Kunstakademie gewählt worden war und als beliebter Gast in den Berliner Salons verkehrte.
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ daran denken darf, seine Correspondenz zu erledigen. Die Arbeit drängt, weil Herr Schweitzer nächsten Herbst nach Afrika zurückkehren muss ...“. - Der Adressat, Gerhart von Schulze-Gaevernitz, ein einflußreicher Nationalökonom und Politiker, war Professor in Freiburg. - Der Brief mit Büroklammer-Rostspur, Notizen des Empfängers und Läsuren am rechten Rand. Das Foto mit geringfügiger Klammerspur, sonst gut erhalten. Abbildung
2182 Struve, F. G. Wilhelm von, deutsch-baltischer Astronom und Mathematiker, russischer Staatsrat, Professor und Direktor der Sternwarte in Dorpat, dann in Pulkowo bei St. Petersburg, Mitglied zahlreicher wiss. Gesellschaften, Ritter des Ordens Pour le Mérite (17931864). Konvolut von 8 eigh. Briefen m. U. „W. Struve“. Zus. 17 S. Gr. 4to. Dorpat und Pulkowo 1833-1839. 300 € An einen Fachkollegen. Ausführlich über Neuigkeiten und neue Literatur in der Astronomie, vor allem auch russische Drucke, über die Dorpater Sternwarte, eigene und fremde Beobachtungen, sein Vortrag beim Zaren und anderes. Die Reichhaltigkeit und Ausführlichkeit der Briefe spricht gegen seine in einem Brief vom 6.VIII.1835 geäußerte „entschiedene Abneigung gegen das Briefschreiben“. - Struve ist mit einer Vielzahl wichtiger Veröffentlichungen hervorgetreten. - Der erste Brief ist ohne Unterschrift und daher wohl unvollständig. Teils etwas angestaubt oder mit kl. Randdefekten.
2183 Theunissen, Michael, dt. Philosoph, Professor in Bern, Heidelberg und Berlin, mit zahlreichen Preisen und Ehrungen bedacht (1932-2015). 2 eigh. Briefe m. U. „Michael Theunissen“. (Tinte und Kugelschreiber). Zus. 2 S. Gr. 4to. (Berlin) 27.VI. und 9.VIII.1992. 200 € 2181
2181 Schweitzer, Albert, Urwald-Arzt, Organist, Philanthrop und Nobelpreisträger (1875-1965). PoträtfotoPostkarte mit eigh. Widmung auf der Bildseite sowie mit Begleitschreiben. Koenigsfeld (Baden) 13.VI.1929. 220 € „Herrn Schulze-Gaevernitz herzlichst Albert Schweitzer. 1929“. Das Brustbild aus dem „Ross“-Verlag zeigt den Gelehrten mit Blick in die Kamera. - Beiliegend der handschriftl. Begleitbrief seiner Mitarbeiterin Emma Haussknecht; am Schluss noch 2 eigenhändige Zeilen mit Unterschrift Albert Schweitzers: „Tausend Dank für die lieben Zusendungen! Ich lerne daraus so manches für eine Fortsetzung meiner Culturphilosophie! Herzlichst Ihr Albert Schweitzer“. - Frau Haussknecht hatte geschrieben: „... Herr Schweitzer bittet Sie, ihn zu entschuldigen, dass er nicht selber schreibt. Er ist derart mit Arbeit überlastet und arbeitet überdies an einem grösseren Buch über ‚Paulus‘, dass er zur Zeit nicht
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An eine Mitarbeiterin. Der erste Brief über die Vorbereitungen für ein geplantes Tutorium und über die einzuladenden Bewerber. Der zweite Brief vor der Abreise in seine „Odenwälder Arbeitsklause“ mit Dank für Hilfe in den letzten Monaten sowie mit Anweisungen zur Behandlung der Post auf seinem Schreibtisch. - Beide Briefe mit BleistiftAnstreichungen, der zweite auch gelocht.
2184 Weber, Wilhelm Eduard, der große Göttinger Physiker, einer der „Göttinger Sieben“, eng befreundet mit C. F. Gauß, konstruierte den ersten elektromagnetischen Telegraphen und revolutionierte die elektrodynamischen Messverfahren, Ritter des Ordens pour le mérite (18041891). 5 eigh. Briefe m. U. „Wilhelm Weber“. Zu. 131/2 S. Mit 1 Federzeichnung. Gr. 8vo. Göttingen 8.II.1840 23.XII.1842. 3.000 € An einen Fachkollegen, den er schriftlich beim Aufbau eines Observatoriums berät. Ausführlich über technische Details sowie über beiderseitige Erfahrungen und Beobachtungen in stetem Bezug auf Messungen durch die Göttinger Sternwarte. Am 20. Dez. 1840 schreibt er: „... Mit dem neuen (5ten) Bande der Resultate sind wir jetzt beschäftigt, doch wird
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er vor Ostern nicht fertig werden. [Carl Friedrich] Gauß wird darin die Theorie der Bifilarmagnetometer entwickeln, auch soll ein ausführliches Beispiel von einer im vergangenen October im hiesigen magnetischen Observatorium ausgeführten absoluten Intensitätsmessung gegeben werden, wornach [!] sich der horizontale Theil seit 6 Jahren nur sehr wenig geändert hat ... So wenig wir glauben, daß ein magnetischer Einfluß des Mondes auf die Erde sich je werde mit Sicherheit nachweisen lassen, so hat sich Hr. Dr. [Benjamin] Goldschmidt doch die Mühe gegeben, die hiesigen sechsjährigen Declinationsbeobachtungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu unterwerfen, die auch den Grad der Sicherheit der Resultate bestimmen muß ...“. Hierzu liegt eine hs. Tabelle bei, betitelt: „Declinations-Beobachtungen 1840 August 28, 29. Göttingen“. - 1 Brief mit leichten Randschäden; 1 Siegelausriss; sonst gut erhaltene Dokumente zur Geschichte der Physik, nicht nur in Göttingen. Abbildungen
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2185* Wiebeking, Carl Friedrich Ritter von, Architekt, Kartograph und Wasserbau-Ingenieur von europäischer Berühmtheit, zuletzt in Diensten des Königs von Bayern (1762-1842). Billet m. U. „Ritter von Wiebeking, K. B. wirklicher Geheimrath“. 1/2 S. Kl. 4to. München 30.IX.1814. 180 € „Von dem Lager des Buchhändlers Cotta sind dem Buchhändler Baumgärtner in Leipzig die unverkauften 22 Exemplare meiner Brückenbaukunde deutschen Text und ein Exemplar französischen Text einzuhändigen.“ - Wiebekings „Beyträge zur Wasser-, Brücken- und Straßenbaukunde“ waren 1809 in München erschienen, der den Brückenbau betreffende 2. Teil dort 1810 auch auf Französisch. Wiebeking war 1805-1817 Könglicher Generaldirektor des gesamten bayerischen Wasser-, Brückenund Straßenbauwesens. - Aus der Sammlung Künzel. - Selten.
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Geschichte 2186 Aereboe, Friedrich, bedeutender Agrarökonom, Professor in Breslau, Hohenheim und Berlin, „gehört zu den großen Universalgelehrten der Agrarökonomie“ (18651942). 2 Briefe (1 eigh., 1 masch.) m. U. „Aereboe“. Zus. 2 S. Mit gedr. Briefkopf. Gr. 4to. Bozen 27.VIII. und 27.IX.1930. 350 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg, u. a. über die neugegründete „Deutsche Staats-Partei“. „... Ich war am Semesterschluß mit meinen Kräften ganz am Ende; habe dann zuerst in Deutschland an verschiedenen Stellen etwas Erholung gesucht, bin aber überall vollkommen verregnet, so daß ich schließlich nach Bozen-Gries geflüchtet bin ... Es ist zu schade, daß wir uns über das Programm der Staatspartei nicht eingehend mit einander und mit Koch-Weser, Höpker Aschoff, Halpach etc. unterhalten können. Ich glaube nicht, daß es sich empfiehlt so weit in die Details hineinzusteigen wie es der mir übersandte Entwurf tut. Ich will aber zusehen, daß ich in diesen Tagen auch zu den einzelnen Abschnitten des Entwurfes noch einige Ausführungen mache [Gries-Bozen 27.VIII. 1930] ... Ich bin in Bezug auf die agrarpolitischen Maßnahmen, die unter den Herren Dietrich und Schiele getroffen sind, vollkommen Ihrer Meinung. Dieselben führen unsere Landwirtschaft und unsere gesamte Volkswirtschaft immer tiefer in den Sumpf hinein, weil sie das Inland ausplündern und das Ausland in seiner Konkurrenzfährigkeit in den Möglichkeiten, nach Deutschland zu importieren, ungeheuer stärkt ...“ [Berlin-Hermsdorf 27.IX.1930]. - Hermann Dietrich war in den Kabinetten Müller und Brüning zuständig für Ernährung und Landwirtschaft; Martin Schiele war ebenfalls Reichsernährungsminister. - Mit Farbstift-Anstreichungen des Empfängers. - Dabei: Erich Koch-Weser, Jurist und Politiker, Reichs-Innen- und Justizminister, emigrierte 1933 nach Brasilien (1875-1944). 2 Briefe m. U. „Koch-Weser“. Zus. 2 S. Gr. 4to. Berlin 31.VII. und 21.VIII.1930. - Ebenfalls an Schulze-Gaevernitz. „... Ich habe mich sehr über Ihr Schreiben vom 30. Juli 1930 gefreut und würde es begrüssen, wenn Sie das angeregte Programm für uns ausar-
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beiten würden. Sie würden mir damit einen grossen Dienst erweisen. Ich darf nach Ihrem Schreiben feststellen, dass die Deutsche Staatspartei Ihren Namen als einen der hervorragendsten unter den unendlich Vielen, die in diesen Tagen der Partei beitreten, nennen darf [31.VII] ... Meinen verbindlichsten Dank für Ihre ... Uebermittlung Ihres Programmvorschlags ... Ich glaube Ihnen sagen zu können, dass die Staatspartei in allen wesentlichen Fragen auf dem Boden Ihrer Richtlinien steht; in Sonderheit betont sie auch stark die sozialen Verpflichtungen: bereits in ihrem Gründungsaufruf und auch jetzt bei der Auswahl der Kandidaten ist das deutlich zum Ausdruck gekommen. Ich glaube daher in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich Ihr Exposé der nach den Wahlen zusammentretenden Programmkommission zur Stellungnahme unterbreite ...“ [21. VIII.1930]. - Mit Briefkopf „Deutsche Demokratische Partei. Der Parteivorsitzende.“ - Der erste Brief mit 4 Tintenflecken. - Ferner beiliegend die Durchschrift des vorangegangenen Gegenbriefes von Schulze-Gaevernitz, in dem er u. a. vor den Nationalsozialisten warnt. - 5 interessante Briefe zur politischen Atmosphäre gegen Ende der Weimarer Republik.
2187 Altmark. - Kaufbrief. Niederdeutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Quer-schmal-4to. (Wasmerslage bei Osterburg) Pfingstmontag (3.VI.) 1392. 450 € Vertrag zwischen Henning (von) Kannenberg und seinem Knappen Allert (von) Ro[h]r über einen Hof in Wasmerslage. Die Urkunde beginnt: „Wytliken sy alle den ghenen Sye dessen Bryf syn horen edder lesen dat ik Henningh Kannenberghe ... bekenne vnde betuighe apenbar in dessen Jeghenwardighen bryfe dat ik mit gude wille vnde mit vulbort miner rechten eruen hebbe gelaten vnde vorkoft rechtliken vnde redeleken deme duchthegen knapen allert Ror vnde synen rechten eruen dat hogheste rychte vnde den teghede aver den hof tu Wasmerslage ...“. - Ohne das angehängte Siegel. - So früh selten. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2188 Anhalt-Dessau. - Leopold I., Fürst von AnhaltDessau, der „Alte Dessauer“, Reichsgeneralfeldmarschall, preuß. Generalfeldmarschall und Heeresreformer, verheiratet mit einer Bürgerlichen, daher von großer Popularität (1676-1747). Brief m. U. „Leopold F z Anhalt“. 2 S. 4to. Doppelblatt mit Adresse und Siegelrest. Halle (Saale) 19.V.1733. 250 € An den Pastor Koch in Ihlewitz, den er ausdrücklich zur Einhaltung einer bereits von der Kanzel verlesenen Ordre des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I. zur verstärkten „Enrollierung“, d. h. Aushebung von Truppen ermahnt. „... wie Sr. Königl. Mayst. dero sämtlichen Regimentern und Compagnien gewißer districte mit denen darin belegenen Städten und Dörffern allergnädigst assigniret, den Zuwachs darin zu enrolliren, mit Pässen zu versehen und darauf den Eyd der Treue schwehren zu laßen, und dann das Dorff Ellewitz [Ihlewitz], Straußhoff, Packdorff, Pfeifhausen und Abendorff meinem Regimente und zwar des Hauptmans de Fouquet Compagnie zugefallen, so wird der Herr Pastor die Gutheit haben, und so bald ein junger Bursche, der einen paß hat, zum Abendmahl gewesen, es der Compagnie durch ein Schreiben bekant machen, damit dieser sodann nach Sr. Königl. Mayst. Allergn. Ordre beym Anhaltschen Regimente der Fahne schwehren könne, Als dadurch der H. Pastor dem Regimente und mir einen nicht geringen Gefallen, erweiset. Solte aber im unvermutheten widrigen Fall der H. Pastor sich darunter saumsählich bezeigen, und deshalb bey Sr. Königl. Mayst. Beschwerde einlauffen, wird auch alle daher entstehende schwere Verantwortung auf den Hn. Pastor alleine fallen, doch zweiffele ich nicht, der Herr Pastor werde sich vor Straffe in Acht zu nehmen wißen ...“. - Der anfangs genannte und hier befolgte Erlaß des Soldatenkönigs bedeutete die Einführung des sog. Kantonierungssystems, wobei die Kantone in Anlehnung an das Grundsteuerkataster 5000 bis 8800 Feuerstellen (Häuser mit eigenem Eingang und Kamin) umfassten. Aus diesen für sie reservierten Landesteilen hoben die Regimenter, die sich vorher stets im Wettstreit um den besten Nachwuchs befunden hatten, nunmehr ihren Ersatz für die krankheitsbedingt ausgefallenen oder invaliden Kantonisten aus. Hierzu wurden die Knaben bereits bei der Geburt registriert, später vorgemustert und mit Namen, Alter und Größe in die Stammrolle eingetragen. Sie erhielten dann einen Enrollierungsschein (Laufpass), der sie bis zum Erreichen der ausgewachsenen Größe und der endgültigen Einberufung (alle 1-2 Jahre) begleitete. Die Kantonierung bedeutete de jure lebenslänglichen Militärdienst, beschränkte sich aber de facto auf die zwölfmonatige Grundausbildung und die jährlich zweimonatigen Übungen (zit. nach M. Guddat, Handbuch zur preußischen Militärgeschichte 1688-1786, 2. Aufl., Hamburg 2011).
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haben ...“. - Offenbar hatte sich Alvensleben, der 1817-1823 als preußischer Artillerie-Leutnant gedient hatte, beim Prinzen unbeliebt gemacht und sich zudem 1830 mit der Gründung der „Sachsenzeitung“ eher als sächsischer Untertan profiliert. Er scheint auch von oppositioneller Gesinnung gewesen zu sein, denn er wurde später wegen Beteiligung an der 1848er Revolution in Wien zu Festungshaft verurteilt. Alvenslebens großes und unbestreitbares Verdienst liegt in der Gründung und Redaktion der „Allgemeinen Theaterchronik“, die von 1832 bis 1873 in Leipzig erschien. - Der zweite Brief ist an den russischen Generalleutnant Prinz Ernst von Hessen-Philippsthal in Barchfeldt gerichtet, der ihm einen Offiziersanwärter empfohlen hatte. Teilt mit, „daß der junge Baron von Fischern unterm 27ten Februar bereits in die GardeArtillerie-Brigade eingestellt worden ist. Ich habe Mir den jungen Mann persönlich vorstellen laßen und erlaube Mir Euer Durchlaucht die Versicherung zu ertheilen, daß ich mit Vergnügen geneigt bin, demselben, mit besonderer Berücksichtigung Ihrer Empfehlung, vorzugsweise im Auge zu behalten. - Besonders erfreulich ist es Mir gewesen aus Euer Durchlaucht Schreiben entnommen zu haben, daß Sie Sich der kurzen Zeit Ihrer diesseitigen Dienste so gütig erinnern ...“.
Kanonen nach Heilbronn 2189 August, Prinz von Preußen, Sohn des Prinzen Fer dinand, preußischer General (1779-1843). 2 Briefe m. U. „August Prinz von Preußen“. Zus. 11/2 S. Mit 1 gesiegelten Umschlag. Gr. 4to. Berlin 19.III.1831 und 1.III.1834. 280 € Der erste Brief an den kgl. sächsischen Advokaten Steche in Leipzig. Lehnt ein Gesuch ab, dem aus Berlin stammenden, in Leipzig lebenden Schriftsteller und Publizisten Ludwig von Alvensleben (1800-1868) ein Darlehen zu gewähren. Teilt mit, „daß ich demselben das nachgesuchte Darlehen um so weniger bewilligen kann, als er bereits früher aus einer verderblichen Lage durch Mich befreiet worden ist, und hierselbst sich eine große Anzahl von Hülfsbedürftigen befindet, welche durch gutes Verhalten nähere Ansprüche auf meine Wohlthätigkeit
2190 Baden. - Ludwig Wilhelm, Markgraf von Baden, Reichsfeldmarschall, wegen seiner Erfolge als Feldherr in den Türkenkriegen genannt „der Türkenlouis“, Bauherr des Rastatter Schlosses (1655-1707). Brief m. U. „freundtwilliger Louis M v Baden“. 1 S. Doppelblatt mit Siegel. Folio. Günzburg 22.XII.1695. 450 € Als Führer der Reichsarmee am Oberrhein - im Krieg gegen Ludwig XIV. - an einen General-Wachtmeister mit dem Ersuchen, sich einige Kanonen aus dem Arsenal des Bischofs von Würzburg verabfolgen zu lassen und nach Heilbronn zu spedieren. „... Weillen mir bekhant, daß des Herrn Bischoffens zu Würtzburg Lbdn: demselben die bewilligung gethan, bey erheischend notturfft von den Eisen Stükhlen Einige
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ zum gebrauch Verabfolgen zu lassen, nun aber die occasion derzeith sich hervorthuet, daß man sich deren ... in die New angelegte linien ... sehr nüzlich gebrauchen könte, Alß woll der H: Gral Wachtmst: deren so Vill, alß sich Immer entgehen lassen dem H: gral Wachtmst: v: Erffa auff Heylbrun zuschickhen, welcher solche so dan, wohin es die noth Erforderdt, schon Überliffern lassen wirdt ...“. - Bei Heilbronn hatte der Markgraf weitere Vorstöße der Franzosen ins Innere Süddeutschlands abgewehrt. Bei dem Generalwachtmeister von Erffa handelte es sich möglicherweise um Georg Hartmann von Erffa (1649-1720), später Generalfeldzeugmeister des Fränkischen Kreises. - Beim Adressblatt die Adresse abgeschnitten; etwas fleckig; einige Stellen mit Transparentpapier unterlegt; zwei sehr kleine alte Sammlerstempel.
2191 Bayern. - Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern (1636-1679). Urkunde m. U. „Ferdinandt Maria Churfürst mppria“. Deutsche Handschrift auf Pergament. Mit kalligraphischer Kopfzeile. Quer-folio. München 9.I.1669. 300 € Donationsbrief für den Hofkammerdirektor Marquard Pfettner. Der Kurfürst schenkt ihm einen „an dessen inhabendt Gärtl nechst dem Schwäbinger Thor an der Strass ligendten, und auf die Fortification stossendten öeden Grundt“. - Ohne das angehängte Siegel; sonst gut erhaltene Pergament-Urkunde.
2192 - Kaufbrief der Stadt München. Deutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit kalligraph. Kopfzeile und angehängtem Stadtsiegel in gedrechselter Holzkapsel. Quer-gr. folio (34 x 50 cm). München 27.IX.1629. 800 € Sehr umfangreicher Vertrag der Stadt München mit dem Bürger und Kaufmann Adam Drossel, „Inenhaberen vnnd besizeren einer Behaußung vnnd Hoffstat gelegen alhir zue München an der Althambgassen, in St: Peters Pfarr“, dem sie ein „Wasser“ mit „Behaußung“, nämlich einen städtischen Brunnen zur ständigen Benutzung, also „alle vier vnnd zwanzig stundt“ verpachtet, mit dem Recht, pro Stunde zwei Eimer zu entnehmen. Er darf den Brunnen auch in einer bestimmt en Höhe ummauern („Sechs vnnd ain halben werch Schuch hoch“), „... welche Höche vorgemelter Drossel vnnd seine Nachkomen ohne eines Ersamen Rhats sonders vorwissen unnd bewilligen nit änndern, das wasser mit dem iezigen Außgange anderswo nirgents hinfürn vnnd sonderlichen bei ferlierung des Wassers nit widere zum Außgang Richten solle, Von vnnd auß vnserm vnnd gemeiner Statt Prunnenhauß, hindter dem Bruederhauß, zwischen des Senntlinger vnnd Neuhauser Thors, darfür Er vnnß, vnnd gemeiner Statt Camer, Ainhundert gulden, Reinisch in gänz albereit vnnd ohne abgang Bezalt, unnd Richtiggemacht, Und darauf so haben wür Ime bemelts Wasser, ... in der Althamb gassen ligent, in sein Adamen Drossels deichen Überantwortet ...“. Sollte die Stadt München ihm aus irgendwelchen Gründen das Wasser vorenthalten, „So hat mergemelter Drossel vnnd seine Nachkommen guet fueg vnnd Recht, auf alle gemeiner Statt München haab vnnd guettern, einkomen Rechten vnnd gerechtigkeiten sich dessen zueholn: Doch haben wür unß außtrückenlich vorbehalten, wenn am Prunnwerch ... etwaß schadhafft wurde, erbrach, oder Krieg (da gott vor seye) vnnd dergleichen oder andre ... vrsachen, wie die genannt sein, vnnd sich begeben“, so müsse Herr Drossel und auch seine Nachbarn, deren Häuser womöglich durch das Wasser
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beschädigt würden, sich gedulden, bis der Brunnen durch die Stadt wieder instandgesetzt werde. - Interessante Urkunde zur innerstädtischen Wirtschaft und Versorgung Münchens im Dreißigjährigen Krieg. - Gut leserlich und frisch erhalten, einschließlich des schönen Stadtsiegels (Münchner Kindl), bei dem lediglich der hölzerne Deckel der Kapsel fehlt. Abbildung Seite 65
Der Brand des Münchener Glaspalastes 2193* - Miller, Ferdinand von, Enkel des prominenten Münchener Mediziners Franz Xaver von Gietl, dessen Tochter Marianne (1846-1942) eine verehelichte v. Miller war. Eigh. Brief m. U. „Ferdinand v. Miller“. 31/2 S. 4to. München 10.VI.1931. 150 € An den Schriftsteller Eugen Roth, zu dieser Zeit Lokalredakteur der „Münchner Neuesten Nachrichten“: „... Nächsten Sonntag, d. 14. ds. begeht meine Mutter, gottlob in bester gesundheitl. Frische, ihren 85. Geb. Tag ... An ihrem Hochzeitstag erschien am frühen Morgen in der Dienstwohnung in der Residenz in Uniform König Ludwig II. u. übereichte ihr das Braut Bouquet. M. Großvater [Franz Xaver von Gietl] war Leib Arzt bei Sr. Majestät König Max II. sowie König Ludwig II. - Nun etwas anderes! ... Was ... den Glas Palast Brand u. die nun viel besprochene Selbst Entzündung betrifft, so ist bis jetzt mit keinem Wort erwähnt worden, daß vor ca. 30 Jahren in der Max II Kaserne, die Geschütz-Remise des 1. Feld -Art. Rgts. durch Selbst Entzündung abbrannte. Es war für den folgenden Tag Geschütz Revi sion angeordnet u. Tage vorher wurde mit Öl u. Terpentin das Gesch. Material gereinigt u. die ölgetränkten Lappen in eine Ecke geworfen; Früh 3 Uhr brach dann das Feuer aus u. zerstörte alles. Näheres könnte darüber der derzeit. Direktor vom Armee-Museum Major Hofmann angeben ...“. - Vom Empfänger mit Rotstift als „Wichtig!“ gekennzeichnet; 3 Tintenwischer und 1 Büroklammer-Rostspur. - Der Münchner Glaspalast war am 6. Juni vollständig abgebrannt. Bei dem Feuer verbrannten über 3000 Kunstwerke, darunter die Werke deutscher Romantiker von Caspar David Friedrich bis Moritz von Schwind, über 1000 Werke zeitgenössischer Künstler wurden schwer beschädigt. Gerettet werden konnten nicht mehr als 80 Kunstgegenstände.
2194 - Montez, Lola (d. i. E. R. Gilbert), irische Tänzerin und Abenteuerin, Geliebte König Ludwigs I. von Bayern, von diesem zur „Gräfin Landsfeld“ erhoben (18181861). Eigh. Brief m. U. „M. de Landsfeld“. In franz. Sprache. 1 S. Mit gekröntem Monogramm in Blindprägung. 8vo. O. O. 10.III.1851. 600 € An einen französischen Historiker, dessen Geschichte der französischen Revolution sie mit größtem Interesse sie gelesen habe. Das Buch hebe sich gegenüber den Werken anderer Historiker, die sie studiert habe, durch seine Qualitäten deutlich hervor. Sie hoffe, den Verfasser bald einmal treffen zu können. - Da 1851 mindestens 3 Werke mit dem Titel „Histoire de la révolution française“ erschienen, kommt als Adressat des Briefes François Mignet, Nicolas Villiaumé oder Roisselet de Sauclières in Betracht. - Minimal fleckig. - 3 neuere Beilagen. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2195 - Tann (-Rathsamhausen), Ludwig Frhr von der, hoch dekorierter bayerischer General, Generaladjutant des Königs Maximilian II. (1815-1881). Eigh. Brief m. U. „Ihr treu ergebener Vetter Fr.[eiherr] v. d. Tann“. 31/2 S. Gr. 8vo. München 23.III.1876. 150 € An eine Cousine, die ihn eingeladen hatte. Er müsse leider ablehnen: „... Denn in der zweiten Hälfte des Mai müssen wir unser Haus wegen einer projektirten Umbauung räumen. Meinen Urlaub von 6 Wochen kann ich dann zwischen einem Bade und der Tann gerade theilen. Ihr Aufenthalt in Gastein wäre ja viel später; denn Ende Mai ist man ja vor Schnee nicht sicher, wie ich selbst bei meinem Aufenthalt mit dem verstorbenen Könige erfuhr. Mein Badebesuch ist eigentlich mehr ein Präservativ, denn bis jetzt klopfen die Leiden, welche selten einen alten Soldaten verschonen, noch recht anständig bei mir an ... Da eine Dame im Hause, folgt nothwendig ein Postscriptum. Anna läßt melden, daß die Sendung aus Berlin richtig angekommen ...“. - In diesem Jahr wurde von der Tann zum Großkanzler des Militär-Max-Joseph-Ordens ernannt.
2196 Bayreuth. - Christian Ernst, Markgraf von Brandenburg-Bayreuth, kaiserl. Generalfeldmarschall, wirkte 1683 bei der Befreiung Wiens mit und befehligte die Reichsarmee am Oberrhein gegen Ludwig XIV., trat 1707 nach verhängnisvollem militär. Fehler als Feldmarschall ab (1644-1712). Brief m. U. „Christian Ernst M B“. 2 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Bayreuth 23.IV.1686. 180 € An den Herzog Bernhard von Sachsen-Meiningen. Ausführlich über die Aufstellung von Truppen, die der Herzog bisher nur mangelhaft geliefert habe. Er möge sich an die Beschlüsse des Kreistags halten. „... Demnach aber bey den Lezt vorgewesten Creißtag zu Nürnberg, die beeden Craiß Regimenter zu Fuß, waß in Ungarn zu der künfftigen operation wieder den Türcken gehen, und was alhir im Craiße bestehend verbleiben solle, in gewiße Mannschafft eingetheilet, und Ihren Gesambthauße 56. Mann, bey der Schönbeckischen Compagnie repartiret worden. Deß ersuchen Euer Ld. Wir hiemit Freund-Vetterlich, Sie belieben, die zuverleßige anstalt zu machen, daß nicht allein beregte 56 Mann, zu Verhütung einiger disordre, auf das künfftige Rendesvous bey Eger gestellet, sondern auch ein mit 2 Knechten und vier Pferden bespannter Wage, dahin verschaffet werden möge ...“. - Leicht gebräunt.
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dass ich diese Wirkung durch nichts, namentlich nicht durch abendliche Aufregung störe und so muß ich wohl mich fügen. Meine Frau dankt herzlich, sie ist aber ohne die bescheidenste Toilette, dagegen mit einem heftigen Schnupfen versehen ...“.
2197 Beust, Friedrich Ferdinand Frhr von, Staatsmann in sächsischen und österr. Diensten, Gegner Bismarcks, sächsischer Außen, Kultus- und Innenminister, später österr. Außenminister, Ministerpräsident, Reichskanzler sowie Botschafter in London und Paris (1809-1886). Eigh. Brief m. U. „Beust“. 2 S. 8vo. O. O. u. J. 150 €
2198 Bismarck, Otto Fürst von, preuß. Politiker, Reichskanzler, Begründer des vereinigten Deutschen Kaiserreiches (1815-1898). Eigh. Brief m. U. „v Bismarck“. In engl. Sprache. 2 S. Gr. 4to. Berlin 24.II.1874. 750 €
An einen Grafen, der ihn eingeladen hatte. „... Ich hoffe ich darf auf Ihre und der Frau Gräfin gütige Nachsicht rechnen, dass ich von der wiederholten überaus liebenswürdigen und ehrenvollen Einladung keinen Gebrauch mache und mit innigem Bedauern darauf verzichte. Heute beschließe ich meine Cur mit der ich sehr zufrieden bin, da ich ganz gesunden Schlaf wiedergefunden habe. Es ist des Arztes Gebot
An einen Lord in Großbritannien, der ihm einen Brief von Earl John Russell (1792-1878, zweimaliger brit. Premierminister) übersandt hatte, worin dieser seine volle Zustimmung zu Bismarcks Anti-RomPolitik signalisierte. „... I return with many thanks the letter of Earl Russel [!], bearing the memorable date of the 27. of January, and need hardly say, how much I am gratified by the active interest the Nestor of
Bismarck im Kulturkampf
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2200 Blumenthal, Leonhard Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, Ritter des Ordens pour le mérite mit Eichenlaub, Ehrenbürger von Düsseldorf, Generalsstabschef der 2. Armee im dt.-österr. Krieg und General der Infanterie im dt.-franz. Krieg, sein Denkmal befand sich auf der „Siegesallee“ in Berlin (1810-1900). Eigh. Brief m. U. „v. Blumenthal“. In engl. Sprache. 21/2 S. Gr. 8vo. Magdeburg 2.I.1876. 200 €
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European statesmen is taking in our defensive warfare against the priesthood of Rome. I quite agree with the idea which seems to underlie his letter: that in clerical government there is always a seed of international conflicts, and that a great deal left of that seed will be thrown out, if England and Germany neagreed to stand up for religious liberty ...“. Er möge Earl Russell berichten, „that time never has impaired with me the impression of our personal acquaintance made in 1862 on his Lordships country-seat in Richmond ...“. - Earl Russell residierte in Pembroke Lodge, Richmond Park, Surrey. Abbildung
2199* Blum, Robert, liberaler Politiker, Theater-Angestellter und Lexikograph, Führer der Linken in der Frankfurter Nationalversammlung, in Wien standrechtlich erschossen (1804-1848). Eigh. Billet m. U. „Blum“. 1 S. Kl. 8vo. (Leipzig) 20.III.1846. 350 € Aus seiner Zeit als Kassierer am Leipziger Stadttheater. „Sehr geehrte Herren | Eine Menge Sachen, welche auf Annahme wohl keine Aussicht haben, will ich Ihnen hiermit dankbar zurücksenden ... Ueber die St. Georges habe ich immer noch keine Nachricht. Die Stein hat am 22. Febr. mit Hannover auf 10 Jahre fest abgeschlossen.“ - Gebrauchsspuren; Oberrand von Sammlerhand beschriftet „Handschrift von Robert Blum.“ - Beiliegend: Derselbe. Abschnitt einer Quittung mit U. „Blum“. 5 x 20 cm. - „den 30. August erhalten | Blum.“ - Robert Blum war 1832-1847 Theatersekretär, Bibliothekar und Kassenassistent in Leipzig. - Mit Rotstift beziffert.
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An den (nicht genannten) britischen General Lawrence Shadwell, der ihm sein Buch „Mountain Warfare. Ill. by the Campaign of 1799 in Switzerland“ (London 1875) übersandt hatte. Blumenthal bedankt sich ausführlich in leicht fehlerhaftem Englisch und plaudert freimütig über die deutsche Infanterie. „... Permit me to express my hearty thanks for it and excuse my not having acknowledged the receipt of your letter and book sooner. My time has so thouroughly been taken up with my militairy duties that it was quite impossibel for me to read any book at all ... Even now I have only been able to read with attention the prepanatory remarks, which have highly interested me and make me long for the time, to study the whole book through with the help of the splendig maps you have joined to it. - In our German army we have very little experience in mountain warfare and are very apt to think too lightly of it, but who knows, what time bring and if we shall not once be obliged to get into a montanous country. In the last two campaigns, we have marched through mountains and fought in very hilly terrain, but not in real mountains like the Alpes and if we do not study books like yours, we might once have to repent it much and too late ... Feeling the want of experience in mountain warfare, I have often had our manoeuvers in the Italy-mountains, but they are not high and so intercepted with good roads, that they offer no difficulties even in windy and rainy weather. For the greater manoeuvers we must always look out for the plains, as it is only on them, that we can overlook and direct well the movements of great masses of troops. - In the autumne of this year, we shall most likely have 50.000 men together near Leipzig and Halle. Should you or any of your particular friends have the wish to see it, I should be most happy to see you there and to provide you with a horse and orderly ...“.
„vor unser stat Spandow“ 2201 Brandenburg. - Friedrich II., Markgraf und Kurfürst von Brandenburg (1413-1471). Urkunde in seinem Namen. Deutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit angehängtem Siegel in Wachsschale. Schmal-quer-4to. Trebbin (Kreis Teltow-Fläming) „am myttenvochen nach dem Sontage als man singet In der heiligen krechen Cantate“ (22.IV.) 1439. 3.000 € Bestätigung einer Stiftung Ottos V., der „vor Zeiten ... zu gedechteniß vnd seiner seelen selickeit drey stucke Jerlicher zinse vnd Rente Im dorffe zu wustermarcke von dem Hove vnd von tzelberen Huben, die zu der zyt geackert vnd besessen hatt Nicklawß Ladow, den armen lewten zu Sente Jorgen [St. Georg], vor vnser Stat Spandow yz in dem Closter gelegen, vmb gotes willen vereygent hatt ... befesten vnde bestetigen den auch In Crafft disses briefes also das die obingeschriben Jerlichen Zinse vnd Rente den guten armen lewten vnd iren nachkamen ... ewiglichen bleiben sollen ...“. - Friedrich VI., Burggraf von Nürnberg und seit 1415 auch Markgraf Friedrich I. von Brandenburg, hatte 1437 die Regierung über die Mark an seinen Sohn Friedrich II. übergeben.
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- Einige kleine Wurmlöcher; sonst einschließlich des schönen Siegels frisch erhaltene, frühe märkische Urkunde aus den Anfängen der Hohenzollern-Herrschaft in Brandenburg. - Sehr selten. Abbildung
2202 - Albrecht, Markgraf von Brandenburg, Bruder des Kurfürsten Joachim I. Nestor, Erzbischof von Magdeburg, Administrator des Bistums Halberstadt, KurfürstErzbischof von Mainz, Kardinal, veranlaßte durch seinen Ablaßhandel Luthers Thesen-Anschlag (1490–1545). Urkunde in seinem Namen. Deutsche Handschrift auf Pergament. Mit angehängtem Siegel in Wachsschale. 1 S. Quer-folio. Halberstadt „am Sonnabende nach Conver sionis paulj“ (31.I.) 1534. 250 € Lehensbrief für Braun Pauss, Amtmann zu Gattersleben, und Otto Birkeler, „unsern Silberknecht“, die u. a. „Sechs hufenn landes zu
Nachterstedt ... Drey hufenn landis zu Habendorff, vnnd Ein wiese grases doselbst, Eine hufe landis zu Huestorff vnnd eine hufe landis, die welckendorffs gewest ist, So uns nach tode Christoffeln vonn Bentzingerode vorlediget vnd heimgefallen ... von vns vnnd vnnserm Stifte Halberstadt zu rechtem manlichem lehne“ erhalten. - Der in Berlin geborene Markgraf, „ein humanistisch gebildeter Renaissancefürst, betrieb - um seine Schulden beim Bankhaus Fugger bezahlen zu können - einen schwunghaften Ablaßhandel, gegen den sich Luthers Ablaßthesen richteten. Seine Kurfürstenstimme zur Wahl Kaiser Karls V. ließ er sich teuer bezahlen“ (Klauser). Albrecht, der gemeinsam mit seinem Bruder die Universität Frankfurt (Oder) gegründet hatte und eine zeitlang mit diesem gemeinsam regierte, residierte von 1514 bis zu seiner Vertreibung 1541 auf der Moritzburg bei Halle. Der ursprünglich dem Humanismus nahestehende Fürst geriet allmählich, auch infolge seiner Finanzpolitik, immer weiter auf die katholische Seite, so daß er schließlich 1541 von den protestantischen Untertanen aus der Moritzburg vertrieben wurde. - Die Siegelschale stärker, das Lacksiegel selbst (Durchmesser 6,5 cm) nur am Rand beschädigt.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________
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2203 Brandt, Willy, SPD-Politiker, Reg. Bürgermeister von Berlin, Bundeskanzler, Friedensnobelpreisträger (19131992). Porträt-Photographie mit eigh. Signatur „Willy Brandt“ sowie mit der Signatur der Bundestagspräsidentin Annemarie Renger unter dem Bild. 12,5 x 17,8 cm. (Bonn 1973) 250 € Die Aufnahme zeigt Willy Brandt bei der Vereidigung nach seiner Wiederwahl zum Bundeskanzler, mit erhobener Schwurhand, in Anwesenheit der Bundestagspräsidentin und zwei weiterer Personen. - In diesem Jahr besuchte Brandt als erster deutscher Bundeskanzler Israel; ferner wurde zum ersten Mal eine umweltpolitische Bundesbehörde geschaffen. Abbildung
2204 Braunschweig. - Carl Wilhelm Ferdinand, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, preuß. Feldmarschall, in den Revolutionskriegen Oberbefehlshaber der Verbündeten (1735-1806). Schriftstück m. U. „Carl W F Hzg“ sowie papiergedecktem Siegel. 1/2 S. Folio. Braunschweig 6.I. 1789. 180 € Bescheid für den Berliner Bankier Johann Friedrich Inberg, daß dessen Geldforderung abgelehnt werde. „... wird auf sein übergebenes Gesuch um Auszalung des Betrages von zwey Fürstl. Obligationen zu 1500 rh. welche auf den verstorbenen hiesigen Geldwechsler Daniels gestellet, und von ihm erkauft worden, nebst rückständigen Zinsen hiedurch zur Resolution erteilt, daß demselben nicht zu deferiren stehe; ihm jedoch überlaßen bleibe, seine Forderung, wenn er damit durchzukommen sich getraue, im Wege Rechtens gegen die Fürstl. Kammer hieselbst auszu-
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machen ...“. - Der Herzog, dessen Bescheid hier recht zynisch klingt, starb bekanntlich nach der Schlacht bei Auerstedt schwer verwundet (erblindet) im dänischen Ottensen.
„die Rücksichten auf Achselstücke“ 2205* Breitscheid, Rudolf, sozialdemokratischer Politiker, starb im KZ Buchenwald (1874-1944). Eigh. Brief mit U. „Rud Breitscheid“. 1 S. Gr. 4to. O. O. (im Feld), 12.VII.1917. 350 € An den Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“, der wie Breitscheid als Schreiber zum Kriegsdienst eingezogen worden war: „... Wie ich aus den Zeitungen ersehe, darf ich Sie jetzt als Kameraden und Kollegen begrüssen. Die Preußen haben Sie gegriffen und Sie widmen ihnen wie ich Ihre schätzbaren Dienste als Schreiber. Schade, dass sie nur hilfsdienstpflichtig sind und nicht zu uns an die Front kommen können. Ich hätte dann doch jemanden hier, mit dem ich ein Wort über die Herrlichkeiten und besonderen Lage reden könnte und brauchte mich nicht auf Monologe und gelegentliche Unterhaltungen zu beschränken, bei denen die freie Aussprache beiderseits durch die Rücksichten auf Achselstücke stark beengt ist. - Im Ernst: ich habe mit Bedauern die Sie betreffenden Nachrichten gelesen und gebe der lebhaften Hoffnung Ausdruck, dass alle diese Unerquicklichkeiten Sie nicht niederbeugen und Ihnen Mut und Tatkraft für bessere Zeiten nicht rauben. Es ist doch immerhin die Morgenröte solch besserer Zeiten, die jetzt in Berlin aufdämmert. Sie können sich denken wie mir zu Mute ist, dass ich sie nur aus weiter Ferne sehen kann ...“. - Es ist ein makabrer Zufall, dass der in Deutschland bisher schwerste islamistische Terroranschlag mit vielen Toten und Verletzten auf dem Berliner Breitscheid-Platz stattfand. Etwas gebräunt; kleine Randschäden. - Schöner, charakteristischer Brief des unerschrockenen politischen Märtyrers. - Sehr selten. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte „den Fürsten Bismarck zum Mitarbeiter“ 2206* Brentano, Lujo, einflußreicher Nationalökonom und Sozialreformer, Doktorvater von Theodor Heuss, Professor u. a. in Breslau, Straßburg und München (18441931). Eigh. Brief mit U. „L Brentano“. 2 S. Doppelblatt. 8vo. Cortina d‘Ampezzo 26.IX.1892. 300 € An den Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“, der ihn um einen Programmartikel gebeten hatte: „... Da Sie die Ano nymität wenn auch nicht zur Regel machen, so doch gestatten, so bitte ich für diesen und etwa weitere Artikel aus meiner Feder die Anonymität völlig wahren zu wollen. Freilich weiß ich nicht, ob Sie den Artikel aufnehmen können. Einmal scheint er mir als für eine Wochenschrift zu lang geraten, wenn er auch für das, was ich auf dem Herzen habe, viel zu kurz ist. Sodann scheint mir Ihr Blatt, da Sie den Fürsten Bismarck zum Mitarbeiter haben, den Artikel nicht aufnehmen zu können. Denn ich kann mir nicht denken, daß Sie Ihr Blatt lediglich zu einem an sich farblosen Tummelplatz aller Arten von Mitarbeiter machen wollen. Der Artikel aber richtet sich ganz wesentlich gegen die vergangene Bismarcksche Politik und die durch sie erzeugte Gesinnung. Ich nehme Ihnen daher nicht nur nicht übel, wenn sie mir den Artikel zurücksenden, sondern ich bitte Sie geradezu, es zu thun, wenn er ihnen irgendwo nicht zusagt ...“.
2207 Bunsen, Christian Karl Josias von, preuß. Diplomat, Theologe und Archäologe, Gesandter und Mitbegründer des Dt. Archäologischen Instituts in Rom, Botschafter in London (1791-1860). Eigh. Brief m. U. „Bunsen“. 1 S. 4to. Rom 14.V.1835. 120 € An einen Freund, dem er den Arzt, Schriftsteller und Dante-Übersetzer John Aitken Carlyle (1801-1879) empfiehlt, den jüngeren Bruder des Historikers Thomas Carlyle. „... Ich sende Dir hiermit einen alten Bekannten von Dir, Dr. Carlyle, aus Schottland, der mir ein sehr werther Freund geworden ist, und der Dir ins Gedächtniß zurückgerufen zu werden wünscht. Er hat sich hier als ausgezeichneten Arzt und als einen echt christlichen Mann bewährt, und es ist ihm besonders wohl unter Deutschen. An wen könnte ich ihn also lieber weisen als an Dich? ...“. - Knitterung und Einrisse, vor allem am rechten Rand.
2208* Cobden, Richard, britischer Unternehmer und Nationalökonom, führende Figur des sozial intendierten Manchester-Liberalismus und der Freihandelsbewegung (1804-1865). Eigh. Brief m. U. „R. Cobden“. 3 S. Gr. 8vo. Seebad Bognor Regis 17.XII.1853. 300 € An das Parlamentsmitglied Charles Bowyer Adderley, 1st Lord Norton (1814-1905), „Vice-President of the Committee of the Council on Education“, in Birmingham: „... Your letter has met me here after some delay, in consequence of my absence from home. I regret to say that my other & unavoidable engagements will prevent me from attending the Birmingham meeting on the 20th. - But my heart is thoroughy in the business ... If my humble aid can at any time be of service it shall be forthcoming both within & out of the House [of Commons]. - I am engaged to attend an educational Conference in Manchester on the 18th January. - They
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are kindred objects; - for what better name could be given to free schools for the children of the whole people than ‚Juvenile Reformatories‘. I heard you offer some excellent remarks upon ‚Secular Education‘ in the House. - Are there not signs that the question can no longer be delayed with safety? ...“. - Als Großunternehmer mit sozialem Anliegen sorgte Cobden nicht nur für die bahnbrechende Abschaffung der sog. „Corn Laws“, sondern begrüßte auch trotz eigener Nachteile die Abschaffung der Sklaverei in den USA und sammelte Spenden für die vom Rückgang der Baumwollproduktion betroffenen Arbeiter. - Selten. Abbildung Seite 72
2209* Dietl, Eduard, dt. Generaloberst im Zweiten Welt krieg, Träger des Ritterkreuzes mit Eichenlaub, operierte In Norwegen und Finnland („Held von Narvik“), stürzte mit dem Flugzeug auf dem Weg zu Hitlers Berghof ab (1890-1944). Eigh. Brief m. U. „Dietl“. 1 S. Mit Briefkopf „Gebirgskorps Norwegen. Der kommandierende General“ sowie mit eigh. Umschlag. Gr. 4to. (Narvik) 7.9.1940. 200 € An den Arzt Anton Waldmann in Berlin mit Dank für die ihn ehrenden Glückwünsche, den er auch den Sanitätsoffizieren auszurichten
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2211 - Horn, Bengt, schwed. Offizier im 30jähr. Krieg, Feldmarschall, Generalgouverneur von Estland, Präsident des schwedischen Hofrates (1623-1678). WechselBrief m. U. „Bengt Horn“. In deutscher Sprache. 1 S. Mit rückseit. Adresse. Quer-gr. 8vo. (wohl Reval) 23.X. 1673. 180 € Zahlungsauftrag (Wechsel) für den Hafenpräfekten Strahlborn in Reval, dem Landrat und Obristen Gustaf von Mengden 500 Speciestaler auszuzahlen. - Darunter eine von Mengden unterzeichnete Verfügung: „Es beliebe dem Hrn Praefecto Strahlborn den Einhalt dieses Wechselgeldes, meinet wegen an Sr. Hochwürd. d. Hrn. Bischoff zu Reval Johan Jacob Pfeiff zu liefern, welcher solche gelder auff fernere disposition bey sich behalten wirdt. Act: Stockholm den 25 Oct. 1673. Gustaff von Mengden“. - 2 Ecken defekt von ehemaliger Abheftung, leicht stockfleckig. - Sehr seltenes Dokument des schwedischen Gouverneurs im Baltikum.
2212 Eugen, Prinz von Savoyen, der große österr. Feldherr, Reichsgeneralfeldmarschall, „der edle Ritter“ (16631736). Brief m. U. „Eugene de Savoye“. In franz Sprache. 3 /4 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. Folio. Belgrad 25.VII.1718. 350 €
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bittet. - Anton Waldmann (1878-1941) war ein deutscher Facharzt der Hygiene und als Generaloberstabsarzt Heeres-Sanitätsinspekteur der Reichswehr und der Wehrmacht. - Eingangsstempel und -vermerke.
2210 Dreißigjähriger Krieg. - Gallas, Matthias Graf von, kaiserlicher Feldherr im Dreißigjährigen Krieg, Generalleutnant und Feldzeugmeister, anfangs unter Wallenstein tätig, zuletzt den Verschwörern gegen Wallenstein zugehörig (1588-1647). Ausgeschnittene Signatur „Undtheniger Diener Gallaß“. Im 19. Jhdt mit mehreren Zierrahmen auf ein Untersatzblatt montiert und zweifarbig mit Tinte kommentiert („Hauptgegner Wallensteins“). 28,5 x 19 cm (Gesamtformat). O. O. u. J. 350 € Zu einer Zeit montiertes Ensemble, als der Autographensammler sich noch mit der Unterschrift des Helden begnügte.
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Aus dem im Vorjahr von ihm eroberten Belgrad an den Herzog von Ursel, kaiserlichen und königlich spanischen Staatsrat in Brüssel; wegen der Ernennung eines Nachfolgers für den verstorbenen Gouverneur von Antwerpen. „... vous scavez que la nomination à ce Gouvernement est immediatement à Sa Majesté Impériale et Catholique et qu‘il etoit autrefois reservé aux Espagnols, dont il y a deja des pretendans de distinction. Je ne scaurois par l‘absence de la Cour precisement dire, si et comment elle voudra s‘y tenir presentement ...“. - Kaiser Karl VI., als König von Spanien Karl III., behielt auch nach dem Rastatter Frieden vom 6.III.1714, der ihm nur den Besitz der spanischen Niederlande beließ, den Titel „Katholische Majestät“ bei. - Die Eroberung Belgrads 1717 im Venezianisch-Österreichischen Türkenkrieg bildet den Inhalt des berühmten Liedes vom Prinzen Eugen („Prinz Eugen der edle Ritter ...“). - Die Schrift etwas verblasst; die Unterschrift jedoch kräftig. Abbildung
2213 Frankreich. - Heinrich IV., König von Frankreich (1553-1610, wurde ermordet). Brief m. U. „Henri“ und blindgepr. Siegel. 1/2 S. Folio. Im Lager vor Amiens 13.IX. 1597. 300 € Verfügung zugunsten des Stallmeisters Pierre de Foucault. - Nach vier blutigen Hugenottenkriegen und zahlreichen politischen Morden war der König von Navarra 1594 auf den französischen Thron gelangt. Seine wichtigste historische Leistung, ein halbes Jahr nach dem hier vorliegenden Schreiben, war das Edikt von Nantes, das den Religionsfrieden wieder herstellte. Dennoch wurden im Laufe der Jahre insgesamt 18 Attentate auf ihn ausgeübt, dessen letztes 1610 durch einen Messerstecher auf offener Straße geschah. - 2 Eck-Abrisse (ohne Textverlust); an den Rändern angestaubt und mit kleinen Defekten.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte Ludwig XIV. verbietet das Spiel 2214 - Louvois, François Michel Tellier, Marquis de, franz. Staatsmann, Kriegsminister Ludwigs XIV. (16411691). Brief m. U. „M Louvois“. 1 S. Doppelblatt. Folio. St. Germain 10.III.1681. 180 € Wohl an einen General, dem er den Befehl Ludwigs XIV. mitteilt, dass das neu aufgekommene Hocca-Spiel ebenso das Mißfallen des Königs finde wie vorher das Bassette-Spiel. Der König wünsche, dass der Adressat den Soldaten grundsätzlich jedes Spiel in der Öffentlichkeit verbiete. „... Le Roy ayant esté informé que l‘introduction du Jeu du hocca estoit aussy mauvaise que celle de la bassette, sa Ma.té m‘a commandé de vous faire scavoir qu‘elle désire que vous le deffendiez, et empeschiez qu‘il n‘en soit tenu aucun dans la place ou vous commandez, elle m‘a en mesme temps ordonné d‘y adjouster que son intention est que vous empeschiez aussy les soldats de tenir aucun Jeu publicq comme ils ont fait jusqu‘à present ...“. - Dauerhaft gelang es nicht, das Spiel zu unterdrücken, denn Liselotte von der Pfalz bekennt 1717 in einem Brief: „Daß hocca-spiel zu beschreiben, meritirt keine dancksagung; den es ist mir mehr ein amussement, alß mühe, geweßen ... Umb die wahrheit zu sagen, so lieb ich kein spiel; daß hoca ist mir ein wenig leydtlicher, alß ein ander spiel, weill man zettel zicht.“ - Kleine Defekte am oberen Rand; leicht geknittert.
2215 - Maintenon, Françoise d‘Aubigné, Marquise de, Geliebte und zweite Gemahlin König Ludwigs XIV., in erster Ehe mit dem Dichter Scarron verheiratet (16351719). Brief m. U. „Maintenon“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse. O. O. 26.IX. (1710). 600 € An Madame de St. Periers in Saint-Cyr, wo sie eine Erziehungsanstalt für Töchter des niederen Adels gegründet hatte. „Vous seriez assés propre à aimer mieux sans dire mot que je vous écrivisse de ma main que de celle d‘une autre [der Text des Briefes ist von Hand der Mademoiselle Aumale geschrieben] mais il faut devenir forte et porter de plus grande disgrace, vous estes a souhait dans vostre classe, vous vous recriez sur tout ce que fait Ma S[oeu]r de Boissanoeur, et elle chante vos louanges, vous la trouvés propre a être première Maitresse, et elle dit que vous estes une parfaite subalterne, et qu‘elle aspire a changer de place avec vous, qu‘est ce qu‘une supérieure peut avoir a faire avec de feltre inférieure, je M‘engouay lautre jour a Melun en recitant vos vertus, je metois fait prier longtems de parler de St Cyr quoique j‘en mourusse d‘envie, et je m‘abandonnay sy fort que j‘en sortis envouée de sorte que je ny retournerai plus ...“.
„in Zeiten wie diesen“ 2216 - Villars, Louis Hector, Herzog von, Heerführer Ludwigs XIV., Marschall von Frankreich (1653-1734). Brief m. U. „Villars“. 11/2 S. Folio. Paris 19.XII.1716. 120 € An einen Herrn, der sich für einen Offizier eingesetzt hatte, dessen Bezüge nach dem Friedensschluß auf 600 Livres reduziert worden waren. Er würde ja gern helfen, aber: „... il n‘y a pas moyen présentement de luy procurer une augmentation d‘apointemens n‘y de pension, et dans des temps comme ceux cy, on est heureux de conserver la moitié de ce qu‘on avoit ...“.
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2217 - Louis Philippe I., Herzog von Orléans, ab 1830 König der Franzosen, der „Bürgerkönig“ (1773-1850). Eigh. Brief m. U. (Paraphe). 21/3 S. 8vo. Palermo (Sizilien) 18.II. 1812. 450 € Eigenhändig an einen Münzen sammelnden Grafen von Rohan, dem er eine alte Malteser Münze mit dem Bildnis des Malteser-Großmeisters Rohan zukommen läßt. „Comme je sais, mon cher Comte, que vous aimés à faire des collections, j‘ai pensé que vous seriés bien aise d‘y placer une pièce de monnoye portans les noms & armes de votre Maison, &/ cela me determine à vous envoyer une demi piastre Maltaise du Grand-Maitre de Rohan. Vous y trouverés d‘un coté vos Macles, & de l‘autre son effigie & la perruque qui ont bien leur mérite. Cette pièce vaut quinze taris Maltais, dix taris Siciliens, ou trois taris Napolitains & un Sol ... de mois qu‘une demie piastre forte d‘Espagne ...“. - Ferner über das Gedeihen seines Sohnes und die Erwartung eines zweiten Kindes im April. - Die ersten drei Kinder Louis Philippes und seiner Gemahlin, Maria Amalia, Tochter des Königs Ferdinand III. von Sizilien, wurden in Palermo geboren.
2218 - Eigh. Brief mit U. (Paraphe). 2 S. 8vo. (Paris) 12.III. 1831. 300 € An einen Minister oder Kammerdeputierten, einen Tag bevor Casimir Périer Ministerpräsident und Innenminister von Frankreich wurde. „Mr Périer qui j‘ai voulu remettre ce projet de remise en vigueur de la Loi du Vendémiaire, m‘a demandé de vous l‘adresser encore. Il était bien fatigué. Je vous remets aussi d‘autres Ordonnances dont nous avons parlé. Je n‘objecte qu‘à prélever ces dépenses sur les fonds secrêts qui me semblent avoir d‘autres destinations. Cependant s‘il n‘y a pas moyen d‘y faire face autrement, je signerai. - Quant à celle des droits de Navigation à convertir en péage, je la crois encore illégale malgré la note, & ne fut-elle pas illégale, je la crois impolitique, & je vous dirai pourquoi la ce soir ...“. Interessantes Beispiel für den Regierungsstil unter dem „Bürgerkönig“. Abbildung Seite 74
2219 - Laffitte, Jacques, franz. Großbankier und liberaler Politiker, leitete eines der größten Geldinstitute Europas, unter König Louis Philippe Ministerpräsident und Finanzminister (1767-1844). 7 Briefe m. U. „J Laffitte“, 2 weitere in seinem Auftrag. Zus. ca. 81/2 S. 4to. Paris 1818-1831. 300 € 73
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2221 - Clemenceau, Georges, franz. Staatsmann und Publizist der dritten Republik, antideutscher Politiker („der Tiger“), zweimaliger Ministerpräsident (1841-1929). 4 eigh. Briefe und 1 eigh. Briefkarte m. U. „G Clémenceau“. Zus. 92/3 S. 8vo. Paris 1900-1909. 500 € Die ersten 4 Briefe an den Verleger Eugène Fasquelle, Herausgeber der „Editions Fasquelle“ (1863-1952). „... Mon ami M. Paul Lévy qui n‘en est pas à sa première oeuvre, va vous remettre un roman qu‘il vient d‘achever, La Lie. Ce que j‘en ai lu me fait penser qu‘il n‘est point du tout indigné d‘être publié par la Maison Fasquelle. Voulez vous m‘obliger en le recommandant d‘une manière toute particulière à votre lecteur? ...“ [19.X. 1900]. - Bittet ihn, ihm so schnell wie möglich die Andrucke seines eigenen Theaterstücks „Le Voile du Bonheur“ zukommen zu lassen. „... Vous me feriez grands plaisir en m‘envoyant le plus tôt possible les épreuves du Voile du Bonheur. Il n‘y a pas du temps à perdre ... Vous avez préparé une image chinoise pour la couverture du Voile du Bonheur. Dans ce pli deux décalques à choisir, pris au Musée Guimet. Je préferais la femme qui se tortille sur sa chaise. Si vous voulez envoyer quelqu‘un au Musée Guimet [Museum für ostasiatische Kunst] donnez lui une carte d‘introduction auprès de M. [Emile] Deshayes conservateur adjoint qui est mon ami et se mettra à sa disposition [29.IX.1901] ... La librairie Fasquelle jugerait-elle indigne de sa grandeur de publier en brochure le discours que je viens de prononcer au sénat sur la liberté de l‘enseignement? ...“ [18.XI.1903]. - Der 5. Brief an eine Dame: „... Combien j‘ai regretté de n‘avoir pas été avisé plus tôt. J‘avais été si heureux de vous donner cette joie en souvenir de celui qui est resté vivant dans mon coeur. Et la réparation n‘était-elle pas due à l‘artiste de noble talent qui, dans la grande lutte, a longuement payé de sa part de souffrance? Quand l‘occasion se présentera d‘un nouvel effort, je n‘ai pas besoin de vous dire, chère Madame, que vous pouvez compter sur tout mon concours ...“ [19.IV.1909]. Abbildung
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An die hugenottische Textilfabrik und Indigo-Färberei Macaire frères in Konstanz am Bodensee. Jeweils detailliert über Bankgeschäfte, Zahlungen, Schuldenstand der Firma etc. in teilweise politisch unruhigen Zeiten. - Die Unterschrift „J. Laffitte“ wechselt im Aussehen auf den Briefen, so dass wohl nur 4 Briefe wirklich von Jacques Laffitte eigenhändig unterzeichnet sind, die übrigen von Prokuristen in seinem Namen. - Mit ihren Fabrik-, Bank- und Schiffahrts-Unternehmen sowie kulturellen Aktivitäten zählte die Familie Macaire zu den einflußreichsten Persönlichkeiten der Bodensee-Region.
2222 Franz I., röm.-dt. Kaiser, Gemahl Maria Theresias, vorher Herzog von Lothringen und Großherzog von Toskana, Begründer des Hauses Habsburg-Lothringen (17081765). Brief m. U. „Frantz“. 1/2 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Folio. Wien 27.XI.1754. 180 € An den kaiserlichen Kommissar Graf Ludwig zu Hohenlohe-Langenburg wegen einer Erbstreitigkeit im Hause Löwenstein-Wertheim. - Etwas gebräunt.
2223 Friedrich I., König in Preußen (1657-1713). Brief m. U. „Friderich“, Adresse und papiergedecktem Siegel. 11/2 S. Folio. Cölln an der Spree 22.XI.1707. 200 €
2220 Ballon-Post aus dem eingeschlossenen Paris. 1 frankierter Umschlag. Paris 3.I.1871. 280 €
An Johann Friedrich Hornig in Halle, seinen Amtskammerrat im Herzogtum Magdeburg, wegen der Absicht zweier Kaufleute, mit dem Verkauf preußischen Salzes im kurmainzischen Erfurt „ein profitables Saltz-Commercium“ einzurichten. - Etwas stockfleckig; Randläsuren.
Gestempelter Umschlag eines Briefes an Madame Tiret in Rennes, der mit dem Ballon „Le Newton“ am 3. Januar 1871 aus dem von deutschen Truppen eingeschlossenen Paris gestartet worden war und am 8. Januar in Rennes eintraf. - Mit beiliegender Echtheitsbestätigung der Firma „Valeur Philatelique“.
2224 Friedrich II., der Große, König von Preußen (17121786). Verfügung m. U. „Fch“. 1 S. Folio. Berlin 6.VI.1744. 300 €
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________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte An das Französische Obergericht in Berlin. Erteilt auf dessen Anfrage den Bescheid, daß die Gelder aus der Erbschaft der verstorbenen Margarethe le Cordelier de Verneuil, die nach England gehen, „mit dem Abschoß nicht beschweret werden, sondern davor gäntzlich eximiret werden müßen“. - Am Schluß ein französischer Vermerk für die „Justice ordinaire françoise“, unterzeichnet von dem Minister Heinrich von Podewils und dem Diplomaten und Minister Caspar Wilhelm von Borcke (1704-1747), der früher preußischer Gesandter in London gewesen war und als der erste Übersetzer eines vollständigen Werkes von Shakespeare, Versuch einer gebundenen Übersetzung des Trauerspiels von dem Tode des Julius Caesar (Berlin 1741), ruhmreich in die Literaturgeschichte eingegangen ist. - Ein größerer Einriß in Längsrichtung; gebräunt; unter Glas in einem Rahmen des 19. Jhdts.
2225 - Brief m. U. „Federic“. In franz. Sprache. 1/4 S. 4to. Potsdam 18.IX.1773. 350 € An den Oberst von Cocceji wegen einer Audienz für ausländische Besucher. „Les Princes de Baratinski & de Hawanski, avec le Major de Reitzenstein, au service de Russie, ainsi que le Sr Brancamp, Gentilhomme de la Cour de Lisbonne ... ayant désiré de Me faire leur cour ici; Je les ai fait appointer tous les quatre, à demain ... vers les onze heures avant midi; et Je vous ai choisi en même tems, pour les introduire dans mon appartement & Me les présenter. C‘est ce, dont Je n‘ai pas voulu différer, de vous prévenir, puisque Mon Ministre d‘Etat & de Cabinet, Comte de Finckenstein reçoit ordre de vous Les adresser ...“. - Mit „Hawanski“ ist wohl ein Mitglied der Adelsfamilie Chowanski gemeint.
2226 - Heinrich, Prinz von Preußen, Bruder Friedrichs des Großen, erfolgreicher Feldherr, pflegte die Künste in Rheinsberg (1726-1802). Eigh. Brief m. U. „Henri“ und eigh. Umschlag mit Lacksiegel. In franz. Sprache. 1 S. 4to. Rheinsberg 19.VIII.1785. 450 € Eigenhändig an einen „Prince de Holstein“, vermutlich Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Gottorp (1755-1829), der gerade zum Vormund seines geisteskranken Vetters Peter Friedrich Wilhelm von HolsteinGottorp, Titularherzog von Oldenburg (1754-1823), ernannt worden war und 1823 zum Herzog von Oldenburg aufrückte. Prinz Heinrich von Preußen tröstet ihn über den Verlust einer Tante, die mit 85 Jahren verstorben war. Er sei überzeugt, „que vous trouvez vottre Consolation dans les embrassemens de vottre aimable femme ... et dans la jouissance de tous les plaisirs de vottre age, si vous aviez encore quelque tante de quatre vingt cinq ans qui vous fit son héritier ...“. - Eigenhändige Briefe des Prinzen Heinrich kommen selten vor. Abbildung Seite 76
2227 - Preußische Soldaten-Ehen. 7 Erlaubnis-Scheine mit Begleitpapieren zur Eheschließung für Angehörige des Altpreußischen Infanterieregiments No.3, Regiment Anhalt zu Fuß. Zus. 12 Bl. Verschied. Formate. 1764-1786. 300 € Am 16. Dezember 1665 hob Oberst Johann von Fargel im Zuge des Englisch-Niederländischen Krieges (1665-1667) in den Reichsstädten Regensburg, Nürnberg und Frankfurt a. M. ein Regiment aus. 1679
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wurde Johann Georg von Anhalt-Dessau Regimentschef. Bis 1758 wurde das Regiment „Anhalt“ genannt, da weitere Angehörige des Hauses Anhalt Regimentschefs wurden. In den vorliegenden Dokumenten erhalten Soldaten des Regiments die Genehmigung zur Eheschließung, wobei die unterschiedlichsten „Umstände“, Bedingungen und Probleme zur Sprache kommen. In einem Fall ist z. B. die Braut bereits hochschwanger, und die Hochzeit sollte in Halle stattfinden, doch wegen schlechten Wetters und unpassierbarer Wege im Februar sei ihr die Reise nicht zuzumuten, so daß ein Feldprediger die Trauung vornehmen soll. - Die Schriftstücke sind vom Regimentschef (Franz Adolph Fürst zu Anhalt-Bernburg bzw. Heinrich Ernst von Leipziger) oder vom jeweiligen Geistlichen unterzeichnet. - 2 Bl. mit Randschäden.
2228 - Siebenjähriger Krieg. 3 Schlachtpläne in aquarellierten Federzeichnungen von F. A. Schröder, davon einer mit nebenstehender handschriftl. Legende. 18,5 x 36,5 und 20 x 30 cm. O. O. (ca. 1770). 750 € 75
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Soubise in Kassel 2230 - Soubise, Charles de Rohan, Prinz von, franz. Feldmarschall unter Ludwig XV., bei Roßbach besiegt, später dennoch zum Marschall von Frankreich erhoben (1715– 1787). 2 Briefe m. U. „Charles de Rohan Pr. de Soubise“. Zus. 3 S. Folio und 4to. Kassel 16.I. und Westhofen 7.XI. 1758. 250 € An eine Hoheit in Darmstadt, der er von seinem Treffen mit dem Erbmarschall der Landgrafschaft Hessen, Baron Friedrich Georg Riedesel zu Eisenbach (1703-1775) in Kassel berichten sollte. „... je l‘ay trouvé à mon arrivée icy du nombre des personnes principalles qu‘il a été jugé nécessaire d‘y retenir, et j‘ay cherché Les moyens de pouvoir me prêter aux désirs de Votre Altesse, les circonstances malheureusement sont devenus moins favorables que jamais et dans celle ou nous nous trouvons, il n‘est pas encore possible de pouvoir le degager de la parole qu‘il a donnée de ne pas s‘écarter de Cassel ...“. - Im März mußten die Franzosen das bis dahin besetzte Kassel räumen, und sie nahmen Riedesel wegen angeblich zu wenig gezahlter Kontributionen als Geisel mit nach Straßburg. - Der zweiten Brief, an dieselbe Hoheit in Darmstadt gerichtet, ist ein Dankschreiben. „... Je suis pénétré de la bonté avec laquelle votre altesse veut bien prendre part à ma satisfaction sur le garde dont le Roy vient de m‘honnorer ...“.
Einer der letzten Briefe des Königs 2226
„Vorstellung der zwischen den Oesterreichischen und Preussischen Armeen geschehenen Bataille bey Prag den 6ten May ano 1757.“ - „Plan der zwischen denen Oesterreichischen und Preussischen Armeen geschehenen Battaille bey Collin den 18ten Juny 1757.“ - „Plan von der Affaire bey Goerlitz den 7ten Sept. 1757“. - Sehr fein ausgeführte und sorgfältig kolorierte Zeichnungen mit figürlicher Darstellung von Häusern und Bäumen; die ersten beiden signiert „F. A. Schröder“. Auch ohne zusätzliche Legende lassen sich die Stellungen und Bewegungen von Infanterie, Kavallerie und Artillerie beider Parteien genau nachvollziehen. Nur der dritte Plan mit beigefügter Erläuterung, dieser jedoch beschädigt und mit größerem Eck-Abriss. - Durch die zeitnahe und genaue Darstellung von besonderer Authentizität. Abbildung
2229 - Kaunitz-Rittberg, Wenzel Anton Reichsfürst von, österr. Staatsmann, Reichshofrat und Diplomat (1711-1794). Brief m. U. „Kaunitz Rittberg“. In ital. Sprache. 1 S. Folio. Wien 9.X.1758. 250 € Im Siebenjährigen Krieg an eine Exzellenz in Mailand wegen der „riparazioni indispensabili da farsi al Pò per difesa della Città di Cremona“. - Kleine Randschäden. - Beiliegend eine abgeschnittene Unterschrift des Feldmarschalls Graf Daun.
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2231 Friedrich Wilhelm I., König von Preußen (16881740). Brief m. U. „Fr Wilhelm“. 11/2 S. Folio. Berlin 21.V. 1740. 450 € Zehn Tage vor seinem Tod an seinen Bevollmächtigten Jakob Friedrich von Rohd in Köln am Rhein, der ihm berichtet hatte, dass das Jülichsche Con-Direktorium beschlossen habe, im Juni abermals einen „CreyßDirectorial-Convent“ zu veranstalten, ohne den König darüber näher zu informieren. Dieser vermutet, daß man sich gegen seine jüngsten Maßnahmen wenden wolle und auch sonst Unannehmlichkeiten im Schilde führe. Trotzdem solle der Convent zugelassen werden, aber die Veranstalter sollten Rohd vorher die Tagesordnungspunkte nennen, und dieser solle sie dem König zukommen lassen. „... Nun vermuthen Wir zwar wohl, daß dieser Convent nicht allein darauff angesehen seyn werde, umb wegen der von Uns, ratione Unserer Westphäl. Lande prae tendirter Creyß-Praestationen, in Uns zu dringen, sondern daß auch darunter noch einige andere Uns unangenehme, und Unserm Interesse praejudicirliche Geheime Absichten verborgen seyn dürfften. Es wäre Uns auch dannenher am liebsten gewesen, wann sothaner neue Convent gäntzlich hätte rückgängig gemacht, oder sonst mit guter Manier decliniret werden können. Weil aber besage Eures Berichts, Münster über diesen Punct mit Jülich schon d‘accord ist, und es also vergebens seyn würde, wann Wir uns allein denenselben darunter entgegen setzen wolten, so habt Ihr Euch dagegen nicht zu moviren, sondern vielmehr dem Jülichschen Directorial-Rath zu temoigniren, daß Wir uns den vorgeschlagenen Convent gefallen ließen, und dazu concurriren wolten; Es würde aber zuforderst von nöthen seyn, daß Euch die Puncta, welche man eigentlich in Berathschlagung zu stellen, willens wäre, specifice und in extenso, und zwar bey guter Zeit, communiciret würden ... Sothane puncta deliberanda habt Ihr hiernechst an Uns gehst [d. h. gehorsamst] einzusenden, auch welchergestalt sich sonst Jülich und Münster über diese Materie gegen Euch herauslaßen werden, umbständlich zu berichten ...“. - Gegengezeichnet vom Generalfeldmarschall,
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
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Staats- und Kabinettsminister Adrian Bernhard von Borcke (16681741), einem der engsten Vertrauten des Königs, und dem Staats-, Kriegsund Kabinettsminister Heinrich Graf von Podewils (1696-1760), der für die preußische Außenpolitik zuständig war. - Interessanter politischer Brief, der den alten und kranken König mit einem sehr viel milderen Tonfall zeigt, als man ihn aus seinen frühen Regierungsjahren gewohnt ist. Die westfälischen Provinzen werden hier gleichsam mit Samthandschuhen angefaßt.
An den verabschiedeten Major von Seel vom Garderegiment, auf Wulckow, der um die Genehmigung ersucht hatte, seine Uniform weiter zu tragen. Der König antwortet: „... Bey Euren hiebevor geleisteten treuen Diensten habt Ihr Euch zu der, unter dem 9ten, erbethenen ArmeeUniforme, hinlänglich verdient gemacht; und daher verwilligt Euch solche; Euer gnädiger König ...“. - Der Major von Seel hatte sich früher auch schon der besonderen Gunst Friedrichs des Großen erfreuen können.
Friedrich Wilhelm I. siehe auch unter „Potsdam“
2234 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (17701840). Offizierspatent m. U. „Friedrich Wilhelm“ und papiergedecktem Siegel. 21/2 S. Folio. Berlin 7.VI.1804. 120 €
2232 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen (17441787). Brief m. U. „Fr Guillaume“. In franz. Sprache. 1/2 S. 4to. Berlin 6.II.1787. 120 € An den Staatsminister Graf Maltzan in Berlin, der um eine Stelle für seinen Sohn als Legationsrat im Auswärtigen Amt gebeten hatte. Der König sieht kein Hindernis: „C‘est sans difficulté que J‘accorder à votre fils cadet la place de Conseiller de légation au Département des affaires étrangers, que vous me demandez pour lui par votre lettre de 5. de ce mois. J‘en donne tout de suite connoissance à Mon Ministère, où Vous n‘ausez qu‘à le présenter ...“. - So leicht konnte man unter diesem König Legationsrat werden. - 2 Randstreifen fleckig und mit kleinen Defekten.
2233 - Militärischer Bescheid m. U. (Paraphe). 3 Zeilen. 4to. Berlin 12.III.1787. 120 €
Beförderung des Majors Hans von Kamiensky im Infanterie-Regiment Prinz Wilhelm von Braunschweig zum Oberstlieutenant. - Leicht fleckig durch das (wohlerhaltene) Siegel; sonst dekorative Urkunde.
2235 - Brief m. U. „Friedrich Wilhelm“. 1/2 S. Gr. 4to. Königsberg 31.X.1809. 150 € Aus dem Königsberger Exil an Wilhelmine von Danielewicz in Neisse, die mit ihren vier noch unmündigen Geschwistern nach dem Tod ihres Vaters in Not geraten war und die Königin Luise um Unterstützung gebeten hatte. Der König zeigt Mitleid: „... Die Königin Meine Gemahlin hat Mir Eure an Sie gerichtete Vorstellung eingehändiget. Ich nehme Theil an der traurigen Lage, in welche Euer Vater Euch mit 4 noch unerzogenen Geschwistern zurückgelassen hat, und habe zu Eurer gemeinschaftlichen Unterstützung eine Pension von 100 rh jährlich bewilligt,
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ auch dem Obersten Grafen von Götzen aufgetragen, für deren zweckmäßigste Verwendung Sorge zu tragen, u. in so fern es möglich ist, es zu vermitteln, daß eines oder das andere Eurer jüngern Geschwister in eine Erziehungs- oder Waisen-Anstalt aufgenommen werde ...“. - Die Rückseite des Briefes enthält das Dankschreiben Wilhelmines an den König, worin es u. a. heißt: „... Was den zarten Eindruk der Anhänglichkeit zu unserm allgemein geliebten Landes Vater bey meinen jüngeren Geschwistern noch ermangelt, will ich durch fernere Ausbildung zu befestigen mir es eifrigst angelegen sein laßen ...“. - Ein Beispiel für die oft erwähnte Wohltätigkeit der Königin, eine Ursache für ihre große Beliebtheit im Volk. - 1 Faltenriss repariert; mäßige Gebrauchsspuren.
Ordensverleihungen 2236 - Reskript m. U. „Friedrich Wilhelm“ (Paraphe). 1 /2 S. 4to. Berlin 18.I.1840. 180 € An den Generalleutnant, späteren Generalfeldmarschall Friedrich Graf zu Dohna-Schlobitten, kommandierenden General des II. Armeekorps (1784-1859), der ihm eine Liste mit Vorschlägen für Ordens-Verleihungen an Angehörige des II. Armeekorps unterbreitet hatte. Der König entscheidet sich für folgende Verleihungen: „dem Rittmeister v. Köszeghy vom 3ten Dragoner Regiment den rothen Adler-Orden 4r Classe und dem Stabshautboisten Derautier und Sergeant Wunsch vom 2ten Infanterie-, Unteroffizier Bortmann vom 2ten Cuirassier-Regiment, Bezirksfeldwebel Arndt und Wachtmeister Zuge vom 2ten Bataillon und dem Wachtmeister Reetz vom 3ten Bataillon 2ten Landwehr-Regiments das allgemeine Ehrenzeichen ...“. - Dabei: Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen (1795-1861). Reskript m. U. „Friedrich Wilhelm“. 3 Zeilen. 4to. Charlottenburg bei Berlin 23.XI.1840. - An den Hofgerichtsrat Ziemssen in Greifswald. „Ich will Ihnen auf das Gesuch vom 8ten d. Mts. die Anlegung des Ihnen von des Königs von Schweden Majestät verliehenen Ritterkreuzes des Nordstern-Ordens hiemit gestatten ...“.
2237 Großbritannien. - Chamberlain, Sir Austen, brit. Politiker, Post-, Finanz- und Außenminister, Friedens nobelpreisträger (1863-1937). Eigh. Brief m. U. „Austen Chamberlain“. 11/2 S. Gr. 4to. (London) 17.VII.1927. 180 € Als Außenminister eigenhändig an den namhaften Schweizer Botaniker Dr. Henry Correvon (1854-1939). Empfehlungsschreiben für zwei Damen, die die Schweizer Gebirgswelt besuchen wollen und besonders an der Flora interessiert sind: Lady Grey und ihre Nichte, die Tochter seines Kollegen Lord Wolmer. Er hoffe, daß Correvon den Damen die schönsten Orte mit blühender Landschaft vorführen könne. Er selbst habe einen Aufenthalt in Zermatt sehr genossen („had a capital time“), wo er die Bekanntschaft des Professors Wildzeck aus Lausanne gemacht habe.
2238 - Granville, George L.-G. Earl of, brit. Staatsmann, mehrmals Außen- und Kolonialminister, einer der engsten polit. Freunde Gladstones (1815-1891). Eigh. Brief m. U. „Granville“. 31/2 S. Mit Briefkopf „Baginton Hall, Coventry“ in Blaudruck. 8vo. (Coventry) 29.III.1872. 120 € An den namhaften französischen Portraitmaler Louis-Gustave Ricard (1823-1873). „... I have rec. your letter and also one from M. Water, in
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which he tells me of your request to him. He says that influence is out of the question (which I have always understood to be the case) as to the hanging of any particular picture. He adds that he is afraid that the gentlemen who hang the picture this year did not sympathize as a body with the style of which your work is an example. He is enclined to advise that you should postpone the exhibition of the potrait for another year ...“. - Ricard starb allerdings bereits im folgenden Jahr.
2239 - Palmerston, Henry Temple, Viscount, brit. Staatsmann und zweimaliger Premierminister (1784-1865). 3 eigh. Briefe m. U. „Palmerston“. Zus. 8 S. Mit 1 Lacksiegel. 8vo. 1839-1860. 300 € Den ersten, sehr umfangreichen Brief schreibt Palmerston als Staats sekretär des Auswärtigen an Lord Auckland, Generalgouverneur von Indien und dreimaliger Lord of the Admirality. „... I cannot refrain from reminding you of the suggestion I made to you a little while ago to see if means could not be found to remove Dr. Guarnier from his present medical appointment at Haslar. To deprive a man of a professional situation merely because he has voted one way or the other at an election or because when his friends were in power he gave them an active support would be unjust & impolitic. But then on the other hand there are limits which decency & good sense prescribe to the political interference of persons against a government by which they are employed & paid; and when individuals greatly overstep those limits, I am afraid that the government which remains passive gains less credit by its forbearance towards its enemies, than it loses consideration & respect by its supposed desertion of its friends. Now not only has Guarnier been on all occasions of Canvass & Election one of the most active of the Tory leaders in South Harts, but he has always and at all times been the most stirring & personally offensive of the Parthians of our opponents ... now is it fitting that a medical officer on full pay in the Naval Service, should make himself an active agent of opposition in the immediate neighbourhood of a dockyard & that he should use as an engine against the government ...“. - Einer der beiden anderen (kurzen) Briefe ist an Sir Roderic Murchison gerichtet und betrifft eine Verabredung mit Lady Franklin, möglicherweise wegen der Errichtung eines Denkmals für Lord Franklin. - Beiliegend ein gestochenes Porträt Viscount Palmerstons auf Tonplatte mit Weißhöhung. Abbildung
2240 - Thatcher, Margaret Baroness, brit. konservative Politikerin, für 11 Jahre Premierministerin, die „Eiserne Lady“ (1925-2013). Eigh. Brief m. U. „Margaret Thatcher“. 2 S. Mit Briefkopf „House of Commons. The Rt. Hon. Mrs. Margaret Thatcher, M.P.“ 4to. 11.XII.1979. 250 € An einen britischen Diplomaten über die soeben absolvierte Konferenz von Belgrad, wo sie mit Marschall Tito sprach. Dankt ihm für die viele Mühe, die er sich bei ihrem Besuch in Belgrad gegeben habe. „... The briefing we had on Tuesday was of enormous value and it was good to have the chance to meet Arthur Goldberg. I very much enjoyed listening to the speeches - particularly your own valuable contribution. But I marvel at your patience. So many words and so much time: I should soon be exasperated. The talk with President Tito went well. He was walking very fit and I hope will stay that way for many years to come ...“.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2241 Hanau, Marthe, franz. Anlage-Betrügerin großen Stils, Gründerin der Wirtschaftszeitschrift „Gazette du Franc“, entfloh zweimal aus dem Gefängnis, starb durch Selbstmord (1886-1935). Brief m. U. „Marthe Hanau“. 1 S. Mit Briefkopf „Forces“. 4to. (Paris, Februar 1931). 300 € An ein Fräulein in Finanznöten, das ihr ein Bild zum Kauf angeboten hatte. „... Si désireuse que je sois de vous aider à sortir de la situation douloureuse que vous me signalez, il m‘est absolument impossible de vous venir en aide, car je consacre, en ce moment, toutes mes ressources à la réalisation des engagements que j‘ai pris en faveur des créanciers de la Gazette du Franc. Si je vois la possibilité d‘intéresser quelqu‘un à votre proposition de vente d‘un tableau, je ne manquerai pas de vous le faire savoir aussitôt ...“. - Zu diesem Zeitpunkt schwebte noch der Prozeß gegen Marthe Hanau, ihren Ex-Ehemann und einige Komplizen wegen Anlage-Betruges und anderer Wirtschaftsvergehen in Höhe von mehreren Millionen Francs. Aus einer jüdischen Kleinhändlerfamilie im Elsass stammend, war Marthe Hanau nach Paris gekommen, hatte dort mit ihrem Mann Lazare Bloch das Handelsblatt „Gazette du Franc“ gegründet und Aktien von Firmen beworben, an denen das Paar beteiligt war oder die nur Briefkasten- oder Scheinfirmen waren. Das System funktionierte auch durch Bestechung von Politikern, die Marthe Hanau dann im Prozeß nannte und damit einen Skandal auslöste. Die in vorliegendem Brief dokumentierte Zeitschrift „Forces“ erwarb sie, bevor ein zweiter Prozeß (wegen Geheimnisverrats) ihr erneut Gefängnis einbrachte. Dort nahm sie sich mit Schlafmitteln nach einer mißglückten Flucht das Leben. - Marthe Hanaus Leben wurde u. a. mit Romy Schneider unter dem Titel „La banquière“ verfilmt. - Von fremder Hand mit Bleistift datiert. Sehr selten.
„ein Freund der DDR“ 2242* Havemann, Robert, Chemiker und Regimekritiker in der DDR (1910-1982). Typoskript mit eigh. Datierung und 2 kleinen eigenh. Korrekturen. 21/2 S. auf 3 Bl.; dünnes Papier. Gr. 4to. (Ost-Berlin) Februar 1973. 300 € „Zwei Fragen“, redaktionell korrigiert in „Schreiben für die DDR“. Die beiden Fragen lauteten, warum Havemann in der DDR bleibe und warum er in westdeutschen Medien veröffentliche. Havemanns Antwort fällt umfangreich aus: „Beide Fragen hängen eng zusammen, so eng, daß man sie überhaupt nicht getrennt beantworten kann. So könnte ich zum Beispiel das, was ich publizieren will, gar nicht im Westen publizieren, wenn ich nicht hier in der DDR wäre. Das klingt vielleicht paradox, ist es aber nicht. Wenn ich ein Feind der DDR und des Sozialismus wäre, dann wäre es ganz selbstverständlich, wenn ich in jenes Wunderland der Freiheit und des Wohlstands hinüberwechselte und dort ätzende Anklagen gegen das System der neostalinistischen Unterdrückung veröffentlichte. Aber ich bin gerade das Gegenteil, ein Freund der DDR und überzeugter Sozialist. Wenn ich in den Westen ginge, würde ich sehr darunter leiden, daß ich mich dort kaum politisch betätigen könnte. An den komplizierten Auseinandersetzungen der Linken könnte ich mich nur schwer beteiligen. Ich würde auch mit Recht von vielen meiner Freunde wegen Fahnenflucht verurteilt werden. Dieser Umstand würde es praktisch unmöglich machen, mich bei meinen linken Freunden politisch frei bewegen zu können. Ich wäre einfach unglaubwürdig. Im Westen könnte ich mich weder für die DDR einsetzen, noch Kritik an ihr üben, ohne in einen falschen Geruch zu kommen. Beides aber kann ich als Bürger der DDR, der in der DDR lebt, in sehr wirksamer
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Weise tun. Das liegt auch daran, daß ich zu einem großen Teil gar nicht für den Westen, sondern in erster Linie für die DDR und die Länder des Sozialismus publiziere. Es ist mir zwar sehr daran gelegen, daß politisch Interessierte auch im Westen meine dortigen Veröffentlichungen lesen. Aber noch mehr bin ich daran interessiert, daß möglichst viele Exemplare hierher in die DDR gelangen, weil hier die Leser leben, an die ich mich eigentlich wende. Das ist das Vorteilhafte an der Spaltung Deutschlands (es gibt kaum sonst noch etwas, was daran vorteilhaft ist), daß man in dem einen Teil drucken kann, was die Leute dann in dem anderen Teil lesen können“ [folgen weitere 11/2 Seiten]. - Der einflußreiche Text erschien 1973 in „Europäischen Ideen“, Heft 1, S. 2425, wurde u. a. vom RIAS und dem SFB ausgestrahlt sowie vielfach nachgedruckt (vgl. Theuer-F. Nr. 609 sowie 610-17). - Randläsuren, bei Blatt 2 mit minimalem Buchstabenverlust. - Sehr selten.
2243 Hessen-Kassel. - Wilhelm II., Kurfürst von HessenKassel (1777-1847). Urkunde m. U. „Wilhelm K“. 1 S. Folio. Kassel 7.II.1827. 180 € Bestallung des Registrierungs- und Stempel-Offizianten Carl von Walter in Altengronau als Kanzlist beim Obergericht in Hanau mit einem Jahresgehalt von 124 Talern. - Gegengezeichnet vom hessischen Außen-
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ minister Karl Rivalier von Meysenbug (1779-1847), dem Vater der Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Malwida von Meysenbug. Er gehörte zum engeren Umkreis der Emilie Ortlöpp, der einflußreichen Mätresse des Kurfürsten, die 1841 als Gräfin Reichenbach auch seine zweite Gemahlin wurde.
2247 Hitler, Adolf, NS-Politiker, Reichskanzler, Diktator und politischer Verbrecher (1889-1945). Urkunde m. U. „Adolf Hitler“, mitunterzeichnet vom preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring. Mit Reichssiegel in Blindprägung. 1 S. Gr. 4to. Berlin 18.V.1935. 800 €
2244 - Friedrich Wilhelm I., der letzte Kurfürst von Hessen-Kassel, 1866 zur Freude der Untertanen von preußischen Truppen gefangengenommen und später abgesetzt (1802-1875). Urkunde m. U. „Friedrich Wilhelm“. 1 /2 S. Folio. Kassel 15.VII.1835. 120 €
„Entpflichtungsurkunde für den ordentlichen Professor Dr. Johann Plenge in Münster“. „Auf Grund von § 4 des Gesetzes über die Entpflichtung und Versetzung von Hochschullehrern aus Anlaß des Neuaufbaues des deutschen Hochschulwesens vom 21. Januar 1935 sind Sie mit Ende Juli 1935 von den amtlichen Verpflichtungen in der Philosophischen und Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster i. W. entbunden worden. Ich spreche Ihnen für Ihre akademische Wirksamkeit und die dem Reich geleisteten Dienste meinen Dank aus.“ - Die gegen seinen ausdrücklichen Willen erfolgte vorzeitige Entlassung des 61jährigen angesehenen Soziologen und Volkswirtes hatte einen interessanten Hintergrund: Der Sozialdemokrat Plenge (1874-1963), Lehrer Kurt Schumachers, war ein bedeutender Propaganda-Forscher, der in Münster ein Staatswissenschaftliches Institut mit Schwerpunkt Propagandaforschung unterhielt, das 1921 mit einer Anschub-Finanzierung von 380.000 Reichsmark, einer Spende des Bremer Kaffeefabrikanten Ludwig Roselius, gegründet worden war. Schon 1922 hatte Plenge eine Schrift „Deutsche Propaganda“ herausgegeben. Hitler konnte nicht daran interessiert sein, dass Forschung zum Thema Propaganda, einem seiner wesentlichen Machtfaktoren, unabhängig und außerhalb seiner Partei betrieben wurde. Da Münster zu Preußen gehörte, unterzeichnet auch Göring als preußischer Ministerpräsident. - Hitlers Unterschrift ist zweifelsfrei handschriftlich; zu dieser Zeit hat er auch solche Urkunden noch eigenhändig unterzeichnet. - Gering fleckig. - Bemerkenswerte Vereinigung der zwei „Spitzenpolitiker“ in der finstersten Epoche deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Erhöhung der Bezüge des Obergerichts-Kanzlisten Carl von Walter in Hanau auf 300 Taler jährlich. - Gegengezeichnet von dem erzreaktionären und äußerst unbeliebten Minister Ludwig Hassenpflug (17941862), im Volk genannt „der Hessen Fluch“
Hindenburg 2245 Hindenburg, Johann H. W. E. von Beneckendorff und, preuß. Generalleutnant, Kommandant und Ehrenbürger von Thorn (1774-1847). 4 Dokumente aus seiner Laufbahn. Mit 1 Umschlag. Gr. 4to und folio. Berlin, Potsdam und Thorn (Westpreußen) 1837. 250 € Vier Schriftstücke, Beneckendorff-Hindenburgs Verabschiedung in Thorn betreffend. Vorhanden: Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (1770-1840). Brief m. U. „Friedrich Wilhelm“. 1/3 S. 4to. Potsdam 12.VIII.1837. - „Da Sie sich nach Ihrer Angabe durch Ihre geschwächte Gesundheit außer Stand gesetzt sehen, Ihrer bisherigen Stellung vorzustehen, so habe Ich beschlossen, Sie mit der gesetzlichen Pension in den Ruhestand zu versetzen, und mache Ihnen dies mit dem Wunsche bekannt, daß Ihre Gesundheit sich befestigen und Sie sich noch lange Meines Wohlwollens erfreuen mögen ...“. - Derselbe. Brief m. U. „Friedrich Wilhelm“. 1/4 S. 4to. Berlin 4.XI.1837. - „Ich habe beschlossen, Ihnen als Anerkenntniß Ihrer langjährigen rühmlichen Dienste den rothen Adler-Orden 2r Klasse mit Eichenlaub zu verleihen ...“. - Der Magistrat von Thorn. Brief m. U. von 4 Mitgliedern, darunter Poplavski und Oloff. 2 S. Folio. Thorn 15.IX.1837. - Begleitbrief zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Thorn, mit Würdigung der Verdienste und Beliebtheit Beneckendorff-Hindenburgs. - Das Offizierskorps des 33. Infanterie-Regiments. Brief m. U. von 6 Offizieren (von Buddenbrook, Fuchs, Amtsberg, Kozewski, Banckel und Bronikowski). 2 S. 4to. Thorn 23.XI.1837. - Glückwunsch-Brief zur Verleihung des roten Adler-Ordens an den Generalleutnant a. D. Johann von Beneckendorff und von Hindenburg. - Dieser Brief gering fleckig, der vorige mit Faltenrissen.
2246 Hindenburg, Paul von Beneckendorf und von, Reichspräsident, Feldmarschall, Sieger bei Tannenberg (1847-1934). Urkunde m. U. „von Hindenburg“ und Reichsadler in Blindprägung. 1 S. Folio. Berlin 1.IV.1928. 120 € Ernennung des Majors Wilhelm Ulex vom 6. (Preußischen) ArtillerieRegiment zum Oberstleutnant. - Mit Gegenzeichnung des Reichswehrministers und Ministers des Innern, Wilhelm Groener (1867-1939). 1 Eck-Abriss. - Beiliegend eine Karte mit eigh. Namenszug des Bundespräsidenten Walter Scheel.
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Johann Plenge siehe auch unter „Wilhelm II.“ 2248 Hohenlohe-Langenburg, Hermann Fürst zu, kaiserlicher Statthalter in Elsaß-Lothringen (1832-1913). Urkunde m. U. „Hermann Fürst zu Hohenlohe“ und Lacksiegel. 1 S. Folio. Langenburg 4.XII.1886. 100 € Der Präparanden-Lehrer Gotthold Majer in Künzelsau wird auf die II. deutsche Schulstelle in Weikersheim versetzt und dazu um seine Bestätigung und die entsprechende Nachsuchung der Bestätigung bei der Oberschulbehörde gebeten. Mit gut erhaltenem Wappensiegel.
2249 Honecker, Erich, kommunistischer Politiker, SEDGeneralsekretär, Staatsratsvorsitzender der DDR (19121994). Brief m. U. „E Honecker“ und Umschlag. 11/3 S. auf 2 Bl. Mit blindgepr. Staatssiegel und zweifarbigem Briefkopf. Gr. 4to. Berlin (Ost) 30.X.1979. 300 € An den französischen Nationalökonomen und DDR-Sympathisanten Henri Smotkine (gest. 1994) in Paris, der ihm das Manuskript seines Buches „Le développement industriel de la Republique Démocratique Allemande“ (1981) übersandt hatte. „... Ihren freundlichen Brief und das Manuskript Ihres Buches über die industrielle Entwicklung unseres Landes habe ich erhalten. Wollen Sie meinen herzlichsten Dank
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dafür entgegennehmen. - Sehr wohl weiß ich Ihre Schrift als einen Ausdruck des Interesses und der engagierten Sympathie für die Deutsche Demokratische Republik zu würdigen. In diesem Sinne haben Sie neben der Arbeit an Ihrem Buch, wie mir bekannt ist, über lange Jahre hinweg Wertvolles getan, um zum besseren Verständnis des von uns beschrittenen Weges, zur internationalen Anerkennung unseres sozialistischen deutschen Staates beizutragen. Gerade dafür meinen besonderen Dank. - Man darf gerechtfertigt davon ausgehen, daß Ihre Feststellungen und Erkenntnisse bei Wissenschaftlern, Studierenden und an der ökonomischen Entwicklung der DDR Interessierten viel Aufmerksamkeit wecken. Daher werden wir geeignete Möglichkeiten finden, um dem Inhalt Ihres Buches bei uns entsprechende Publizität zu verschaffen ...“. - Smotkine war Ehrenmitglied der Geografischen Gesellschaft der DDR. - Beigegeben eine gleichfalls an Smotkine gerichtete, illustrierte Neujahrs-Glückwunschkarte (Paris 1980) mit eigh. Signatur des DDR-Botschafters in Paris, Werner Fleck (1931-2018).
2250 Idstein (Taunus). - Geburtsbrief für einen Barbiergesellen. Deutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit kalligraphischer Kopfzeile und angehängtem Siegel in gedrechselter Holzkapsel. Quer-gr. folio. Idstein („Itzstein“) 8.VI.1681. 300 € Von „Oberschultheis, Schultheis, Bürgermeister und Schöppen der Statt Itzstein“ ausgestellter Geburtsbrief für den sich auf Wanderschaft begebenden Idsteiner Barbiergesellen Johann Balthasar Philgus, Sohn des gleichnamigen ehemaligen idsteinischen Gerichtsschreibers, jetzt aber hochgräflich Nassau-Saarbrückenschen Amtsschreibers und Organisten In Wiesbaden, und dessen Ehefrau Anna Elisabeth, geb. Kützel, aus Homberg. „... Nachgehents er dann von seinen Eltern (die er auch allen Christlichen Gehorsambs, wie einem frommen Kinde ansteht, verehrt) zur Forcht Gottes und allen Christlichen Tugenten, aufgefußet, und in der Schul, zu der Lateinischen Sprache, angehalten worden, biß er endlich die löbliche Barbierkunst zunftgemäs erlernet ...“. Er sei auch mit keiner Leibeigenschaft verhaftet, sondern eine
„freyzügige Person“, die von jedermann Respekt und Unterstützung verdiene. - Gefaltet; die Rückseite wie gewöhnlich angestaubt; sonst aber dekorative und einschließlich des Siegels gut erhaltene PergamentUrkunde.
2251 Joseph II., röm.-dt. Kaiser, der reformfreudige Sohn Maria Theresias (1741-1790). Brief m. U. „Joseph“. 11/4 S. 2 Doppelbl. mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Wien 5.XII.1776. 200 € An die Stadt Rothenburg ob der Tauber. Übersendet Unterlagen einer Klageschrift von „Georg Nicolaus Röder und Consorten“, die von den Stadtvätern innerhalb von zwei Monaten geprüft und kommentiert werden sollen, bevor der Kaiser einen Beschluß in der Streitsache verkündet. Wie aus einer Notiz hervorgeht, wurde die Angelegenheit erst zwei Tage vor Ablauf der Frist, am 3. Februar 1777, im Senat beraten. - Bei dem genannten Röder könnte es sich möglicherweise um den gräflich Erbachschen Kabinettssekretär Georg Nicolaus Roeder (17031776) handeln, den Vater des preußischen Generalmajors Heinrich Christoph Dietrich von Röder. - Frisch erhalten.
2252 Kaufmann, Karl, NS-Gauleiter, SS-Obergruppenführer, Reichsstatthalter in Hamburg, Reichskommissar für die deutsche Seefahrt (1900- 1969). Brief m. U. „Karl Kaufmann“. 2/3 S. Gr. 4to. Hamburg 30.X.1939. 150 € An Hermann Rieck, Kapitän des Motorschiffes „Heinz Horn“. „Das MS. ‚Heinz Horn‘ ist von Willemstad, das es am 25. August d. J. verlassen hat, nach gelungenem Durchbruch durch die feindliche Blockade wohlbehalten in Hamburg eingetroffen. Diese schwierige Fahrt ist ein Erfolg Ihrer Führung und der einsatzfreudigen Mitarbeit der gesamten Besatzung. Ich spreche Ihnen zu diesem Erfolg meine volle Anerkennung aus ...“. - Mit Briefkopf „Der Reichsstatthalter in Hamburg“.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ weg 6-B“). „... Thank you very much for your recommendation of Mr. Rieck for the International Seminar. Unfortunately, we received this application only today, more than two months after the deadline. We have already selected the participants from Germany ... If Mr. Rieck is interested in applying next year, we would be happy to consider him ...“. - Bei der ursprünglichen Anrede „Dear Mr. Schmidt“ hat Kissinger „Mr. Schmidt“ durchgestrichen und eigenhändig durch „Helmut“ ersetzt. - Der von Schmidt empfohlene Rieck war wohl ein Verwandter des späteren Verwaltungsdirektors beim Bundesnachrichtendienst, aus dessen Nachlaß der Brief stammt. Schmidt hat das Schreiben Kissingers an ihn weitergereicht, denn es trägt, wahrscheinlich in Helmut Schmidts Handschrift, mit grünem Kugelschreiber den Vermerk „Herrn ORR Rieck persönlich“. - Gelocht. - Interessantes Dokument der guten Beziehungen der beiden Politiker in Hamburg und Cambridge, bei beiden schon lange vor ihrer „großen Zeit“. - Dabei: Helmut Schmidt, vielfach hochdekorierter SPD-Politiker und Publizist, Hamburger Senator, Bundesverteidigungs- und Bundesfinanzminister, schließlich Bundeskanzler, gilt heute als beliebtester deutscher Kanzler seit Gründung der Bundesrepublik (1918-2015). Farbiges Porträtfoto (Postkartenformat) mit eigh. Signatur „Helmut Schmidt“ unter dem Bild. (ca. 1980). - Zu den zahllosen Ehrungen, die Helmut Schmidt im Lauf seines Lebens empfangen hat, gehört auch der 2007 erstmals verliehene „Henry Kissinger-Preis“ der American Academy in Berlin.
2255 Krupp, Alfred, rheinischer Erfinder und Großindustrieller, machte seine Firma zum größten Industrieunternehmen Europas (1812-1887). Eigh. Brief m. U. „FA Krupp. 1 S. Mit zweifarbig geprägtem Monogramm und dem Umschlag. 8vo. Essen 3.II.1876. 250 €
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2253 Kennedy-Besuch in Berlin. Orig.-Foto in Postkartenform, mit eigh. Signaturen von Konrad Adenauer und Willy Brandt. 10,6 x 14,6 cm. (Berlin 1963). 300 € Die Aufnahme zeigt den amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt und dem Bundeskanzler Konrad Adenauer im offenen Wagen stehend, wohl bei der Fahrt durch den Tiergarten. Von Adenauer und Brandt auf der Bildseite signiert. - Kennedys legendärer Berlin-Besuch fand am 26. Juni 1963 statt; am 22. November wurde der Präsident in Dallas ermordet. Das Foto ist als Postkarte im Oktober 1963 verschickt worden.
An den Bergrat Schrader in Essen. „... Meine Frau u. ich danken Ihnen u. Ihrer verehrten Frau Gemahlin herzlich für die freundliche Ein ladung, die wir aber zu unserem Leidwesen nicht annehmen dürfen, da meine Frau Abendgesellschaften nicht mehr mitmachen soll ...“. Krupp war seit 1853 mit der 20 Jahre jüngeren Bertha, geb. Eichhoff, verheiratet. - Dabei: Derselbe. Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „A K“. 1 S. (Bleistift). Quer-gr. 8vo. O. O. u. J. - „Wer nicht liebt Wein Weib und Gesang / So sprach einst Doctor Luther / Der bleibt ein Narr sein Leben lang. / Ich liebe die Großmutter. / Und da sich jeder ihrer freut / So halt‘ ich mich für sehr gescheut. - / Es mag ihr Freude sprießen / Ich bitte sie zu grüßen.“ - Dazu ein Kärtchen von „C S“, datiert „Br 10.IV. 1897“ und adressiert an einen Adolf. „... Krupp war ein großer Verehrer meiner seligen Mutter; dieses ist eines von mehreren Gedichten, in denen er sie angesungen hat ...“.
Abbildung Seite 81
Königin Luise sucht Schmucksachen „Dear Helmut“ 2254 Kissinger, Henry A., amerikan. Politikwissenschaf tler und republikanischer Politiker, US-Außenminister, Friedensnobelpreisträger (geb. 1923). Brief m. U. „Kissinger“ und 1 handschriftl. Wort. 1 S. Gr. 8vo. Cambridge (Mass.) 7.V.1964. 200 € Als „Executive Director“ des „International Seminar“ der Harvard University (Briefkopf) an den Hamburger Innensenator und späteren Bundeskanzler Helmut Schmidt („Hamburg-Othmarschen, Zigzag-
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2256 Luise, Königin von Preußen (1776-1810). - Hill, Frau von, Kammerfrau oder Gesellschaftsdame der Köni gin Luise. Eigh. Brief m. U. „C v Hill“. 2 S. Bad Freienwalde (Oder) 25.X.1801. 400 € Im Auftrag der Königin an einen Juwelier, mit der Anfrage nach EmailTabatieren und Schmucksachen. „Auf Befehl ihrer Majestät der Königin soll ich anfragen ob Sie feine schöne goldne mit Emailie Tabatieren haben, [die] so ohngefehr 25. bis 30. Frid‘or am Werth sind, auch ob Sie nicht sonst andre Sachen, Medalions, Scherffen, Schlößer, ... oder sonst Moderne Sachen in Gold hätten zu 6. bis 10 Frid‘or das Stück. I.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte M. wünschte etliche Sachen hieher geschickt zu haben, um etwas aus suchen zu kennen. Das aber was I. M. anjezo nehmen, kenne Sie nicht gleich bahr bezahlen sondern nur in gewissen Terminen die alsdann nach dem Sie was nehmen festsetzen werde. - Ew. Wohlgeb. haben die Güte wenn Sie mit solchen Sachen versehen sind, Sie unter meiner Adresse in Monbijou ab zu lieffern ...“. - Die etwas fehlerhafte Schreibweise könnte davon herrühren, dass Frau von Hill aus England stammte, wo eine Abigail von Hill Kammerfrau der Königin war.
Strafe für Studenten-Duell 2257 Mecklenburg. - Friedrich Franz III., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin (1851-1897). Brief m. U. „Friedrich Franz“. 3/4 S. Doppelblatt mit lithogr. Briefkopf sowie Adresse und Siegelrest. Folio. Schwerin 20.VIII. 1896. 180 € An den Medizinstudenten Gustav Prösch in Rostock, der sich nach einem aufgedeckten Duell gemeinsam mit zwei beteiligten Studenten mit einem Gnadengesuch an den Großherzog gewandt hatte. Dieser eröffnet ihm, „daß die durch Erkenntniß Unseres Landgerichts zu Rostock vom 18. v. M. jedem von ihnen wegen Zweikampfes zuerkannte Festungsstrafe von drei Monaten auf eine im akademischen Karzer zu Rostock zu verbüßende Festungsstrafe von drei Tagen herabgesetzt sein soll ...“. - Das Adressblatt etwas angeschmutzt und beschnitten, der Brief selbst gut erhalten. - Dabei: Johann Albrecht, Herzog und zeitweilig Regent des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin sowie später des Herzogtums Braunschweig, eifriger Kolonialpolitiker, Prä sident der Dt. Kolonialgesellschaft (1857-1920). Urkunde m. U. „Johann Albrecht“. 1 S. Doppelblatt mit lithogr. Briefkopf und papiergedecktem Siegel. Folio. Schwerin 18.I.1901. - Patent als Assistenzarzt für Gustav Prösch, Unterarzt der Reserve im Landwehrbezirk Schwerin.
„das Behufige“ 2258 - Friedrich Franz IV., der letzte Großherzog von Mecklenburg-Schwerin (1882-1945). Erlaß m. U. „Friedrich Franz“. Mit lithogr. Kopfzeilen. 1 S. Doppelblatt. Folio. Schwerin 9.IV.1911. 120 € Mitteilung an Franz Schade, Oberlehrer an der Realschule in Rostock. „Wir sind des gnädigsten Entschlusses geworden, auch den Titel ‚Gymnasialprofessor‘ zu verleihen und haben wegen Veröffentlichung dessen das Behufige verfügt ...“. - Gegengezeichnet von dem späteren mecklenburgischen Justiz- und Staatsminister Adolf Langfeld (1854-1939).
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dig gelernt, denn es ist so Vieles darin, was mir aus der Seele gesprochen ist ... Alle meine hiesigen politischen Freunde, leider sind davon nur wenige, denn Alles ist hier in der Nacht des National-Vereins [zur Schaffung eines liberalen kleindeutschen Staates unter preußischer Führung] befangen und erblickt nicht in der Erhaltung sondern im Umsturz des Bestehenden das Heil des Vaterlandes, während doch nur ein Zusammenwirken aller Kräfte dem Andrang unseres Erbfeindes und der mit ihm verbündeten Revolution zu widerstehen ist, theilen meine Ansicht über die Wichtigkeit des ... kleinen Meisterwerkes ...“. - Merck war 1849 Hamburgs Vertreter und Reichsfinanzminister in der Frankfurter Nationalversammlung (Best-W. 235 f.). Er initiierte die Gründung des Hamburger Zoologischen Gartens und des Vereins zur Rettung Schiffbrüchiger. Er gilt als einer den bedeutendsten Hamburger Unternehmer des 19. Jhdts. - Sehr selten. Abbildung
2259* Merck, Ernst (von), Hamburger Unternehmer und Politiker, Reichsfinanzminister der Frankfurter Nationaversammlung (1811-1863). Eigh. Brief mit U. „Ernst Merck“. 2 S. Doppelblatt. Mit gesiegeltem Umschlag. Gr. 4to. Hamburg, 13.III.1861. 300 € An den Schriftsteller und General Emil von Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1824-1878) in Wiesbaden mit Dank für dessen (anonym erschienene) Broschüre „Deutschland in die Schranken!“ (1860): „... Ich habe dieselbe mit Aufmerksamkeit und großem Interesse gelesen, ja auswen-
Inkunabel der Schreibmaschine 2260 Moltke, Helmuth Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, Chef des Generalstabs, Träger beider Klassen des Ordens pour le Mérite sowie weiterer 43 internationaler Orden; auch Schriftsteller, als genialer Stratege maßgeblich am Erfolg der drei deutschen Einigungskriege beteiligt (1800-1891). Eigh. Satz auf einem Albumblatt. (Bleistift). Quer-8vo. Brühl 13.IX.1877. 200 € 83
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ „Der Sacher fährt übermorgen nach Cöln.“ - Darunter mit Schreibmaschine die Erklärung dieses Satzes: „Diese Worte hat der General-Feldmarschall Graf Moltke geschrieben, als er die Schnelligkeit meiner Schreibmaschine prüfen wollte. - Villa Märchen in Brühl, 13 September 1877. W. Schultze.“ - Kuriosum und frühes Beispiel einer Schreibmaschinen-Benutzung. - Dabei: Hermann von Tresckow, preuß. General der Infanterie, 1870/71 Chef des Militärkabinetts, später kommandierender General des IX. Armeekorps in Altona (1818-1900). Eigh. Brief m. U. „von Tresckow“. 2 S. Gr. 8vo. Altona 1.I.1874. - Bedankt sich für gute Wünsche zum Jahreswechsel und fährt fort: „... Ich freue mich, daß wir dienstlich wieder in nähere Beziehungen getreten sind u. hoffe Sie bald einmal wiederzusehen. Bis jetzt bin ich erst wenige Tage in meinem Stabs-Quartier anwesend gewesen, da längere Inspicirungen im Bezirk des Armee-Korps u. neuerdings auch eine Reise nach Rußland mich fern gehalten haben. Nun sitze ich vor aufgehäuften Tischen noch nicht erledigter Sachen ...“. - Ferner beiliegend das handschriftliche Adressblatt eines Feldpostbriefes vom Generalfeldmarschall Edwin von Manteuffel (1809-1885) an Frau von Heyden in Schleswig.
2261 Napoleon I. Bonaparte, Kaiser der Franzosen (1769-1821). Urkunde m. U. „Napole“. Franz. Kupferstich auf Pergament mit handschriftl. Eintragungen, mehrfarbiger Wappendarstellung und gestoch. kalligraph. Kopfzeilen und Reichsadler. 1 S. Quer-gr. folio. St. Cloud 4.VI.1810. 450 € Der Brigadegeneral Louis Mazzuchelli aus Brescia, Träger des Kleinen Adlers der Ehrenlegion, wird zum Baron des Kaiserreiches ernannt. Mit Abbildung seines Wappens (vergoldete Keule und Schwert auf blaurotem Grund). - Ohne Besiegelung; 1 größerer und 2 kleine Randeinrisse; gefaltet und nicht ganz frisch; dennoch dekorative, große Pergament-Urkunde.
Der Rücktritt des Generalfeldmarschalls 2262 - Carl Wilhelm Ferdinand, Herzog von Braun schweig-Wolfenbüttel, preuß. Generalfeldmarschall, in den Revolutionskriegen Oberbefehlshaber der Koalitionstruppen, 1806 Oberbefehlshaber der preuß. Hauptarmee, starb, bei Auerstedt schwer verwundet, im dänischen Ottensen (1735-1806). Eigh. Brief m. U. „Charles Duc de Bronsvic“. In franz. Sprache. 3 S. 4to. Mainz 24.I.1794. 2.000 € Eigenhändig an eine königliche Hoheit (Prinz Heinrich von Preußen?). Ausführlicher Brief über die Gründe für seine spektakuläre Nieder legung des Oberbefehls über die Koalitionstruppen gegen Frankreich, trotz der Eroberung von Mainz sowie der siegreichen Schlachten bei Pirmasens, an den Weißenburger Linien und bei Kaiserslautern. Der ohnehin zu zögerlichem Entschluß neigende Herzog nennt hier als Ursachen für die militärischen Fehler und für seinen Rücktritt die Querelen und Streitigkeiten mit dem österreichischen Feldmarschall Wurmser (ohne dessen Namen zu nennen) um die zu verfolgende Strategie. Zugleich gibt er eine dringende Empfehlung für die Vorgehensweise seines Nachfolgers, des preußischen Generals von Moellendorf. „... Vôtre Altesse Roiale m‘inspire la plus vive reconaissance en daignant prendre part à ma Retraite de l‘Armee du Roi, il n‘y a que des Circonstances aussi facheuses, que peu communs, comme celles dans les
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quelles je me suis trouvé enveloppé, qui aient pu me conseiller une demarche aussi affligeante pour moi. - Il m‘a été infiniment flatteux d‘avoir trouvé quelques fois l‘Occasion d‘approcher Vôtre Altesse Roiale et d‘admirer en Elle les Talents qui vont La mettre au Rang des Grands hommes du Siècle. L‘Europe en a besoin dans une Lute au pres de quattre Cent mille hommes Armées, quattre vingt vaissaux de Ligne - secourus par une Guerre intestine, n‘ont pas encore pu mettre un frein à cette federation de crimes qui tyranise la France. Je m‘estime très heureux de ce qu‘Elle a daigné remarquer mon Zèle pour operer les Bien, quel malheur que des dissentions intimes, et externes, ont souvent paralysés les mouvemens des armées dans des Epoques ou la plus grande activité auroit été necessaire. Si après la reddition de Maience, l‘on fut tombé sur Houilsard, qu‘on l‘eut poussé et battu, l‘on prevenoit la marche du Renfort vers l‘armée du Nord, par conséquent l‘Echec de Dunkerque, Saarlouis, mal aprovisioné, et allons encore presque sans Abrès contre les Bombes, tomboix vraisamblablement en 15 jours, des lors l‘Alsace se trouvoit Tournée par la Saar, la prise des Lignes de la Contre (?) auroit eu des suites solides, et si l‘Armée Ennemie du Rhein, eut été par tous ces moiens separée de celles de la Moselle, et que l‘on eut gagné le point de Bouquenom, Phaltzbourg étoit menacé, et Landau devoit tomber vraisemblablement; pardonés que je vous communique mes regrêts; je sens toute l‘inutilité des pleintes, elles soulagent cependant un moment, mais permettes que j‘ajoute encore ici que si Elles a quelque pouvoir sur mon Successeur, qui Elle le conjure d‘emploier tout son credit, pour prevenir la trop grande subdivision de l‘armée en divers detachement[s], faible partout, l‘on est reduit à la défensive, ce qui est un genre de Jeux qu‘il est nécessaire d‘éviter avec l‘ennemi qui nous est oposé. - Je compte partir d‘ici le 27 ou 28, selon le jour que Mr. de Moellendorf arrivera, et que j‘aurai eu le tems de lui remettre tout ce qui regarde nos details, il m‘en coute infiniment de m‘éloigner d‘Elle, et de quiter une Armée qui m‘a inspiré la plus haut degré d‘estime, d‘admiration, et d‘attachement ... „. - Der Rücktritt des Herzogs hatte eine ähnliche Wirkung wie zwölf Jahre später seine tödliche Verwundung: die bereits drohende Niederlage der preußischen Armeen wird vollends besiegelt. - Hoch bedeutender Brief zur Geschichte des Revolutionskriegs an den Westgrenzen des Deutschen Reiches. Abbildung Seite 83
2263 - Fouché, Joseph, Herzog von Otranto, franz. Staatsmann, berühmt-berüchtigter Polizeiminister Napoleons I. und der Bourbonen (1759-1820). Brief m. U. „Fouché“ und Adresse. 1 S. Doppelblatt. Mit figürl. HolzschnittBriefkopf „Ministère de la Police Générale“. 4to. Paris 6.III. 1806. 250 € Als Polizeiminister des Kaiserreichs an den Präfekten des Departements de l‘Ourthe in Lüttich, der um Erstattung von 394 Francs und 21 Centimes ersucht hatte, die im vorigen Jahr von der Geheimpolizei seines Departements verbraucht worden seien. Fouché antwortet: „... Je vous remets cette somme en un mandat, ci-inclus, en date du 21. février ... et payable à votre ordre, le 22. du mois courant, par le Receveur Général de votre département ...“. - Mit einem Antwort-Vermerk des Empfängers, in dem u. a. darauf hingewiesen wird, das es in Lüttich kein Theater mehr gebe, weil das Gebäude abgebrannt sei. - Verhältnismäßig harmloser Brief des von allen gefürchteten Mannes, den Stefan Zweig in seiner Fouché-Biographie einen „politischen Menschen“ nannte. - Das zweite (leere) Blatt mit kleinem Loch und kleinem Brandfleckchen.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte „ohne mich keinen Oesterreichischen Krieg“ 2264* - Gentz, Friedrich von, dt.-österr. Politiker und Publizist, Staatstheoretiker, Berater Metternichs (17641832). Eigh. Brief m. U. „Gentz“. 21/3 S. 4to. Prag 30.VII. 1813. 700 € Wichtiger politischer Brief, vor der Völkerschlacht bei Leipzig an den hannoverschen Diplomaten in England und späteren Minister Ludwig Carl Georg von Ompteda (1767-1854), den er regelmäßig mit geheimen Nachrichten versorgte: „... Wenn meine Meynung in irgend einer Frage - denn an Modificirung der Grundsätze werden Sie doch bey mir wohl nie gedacht haben - von der Ihrigen abgewichen wäre, so würde kein Argument in meinen Augen mehr Stärke gehabt haben, um mich zur Übereinstimmung zurück zu führen, als das, dessen Sie sich bedienen. Auch ich halte es mit der Maxime, die Sie den Englischen Parteyen zuschreiben. Die Wahrheit ist aber, daß ich in keiner wesentlichen Frage von Ihnen abwich, nur, da ich auf einem ganz andern Terrain stand wie Sie, mit ganz andern Waffen kämpfen mußte. Ich habe gesiegt. Die geheime und geheimste Geschichte der Politik des Wiener Hofes seit 1810, die Hardenberg nur unvollkommen kennt, ob er gleich unendlich mehr davon weiß als sehr Viele Andre, wird Ihnen dereinst Data an die Hand geben, um zu beurteilen, ob irgend einer unserer Sache besser gedient hat als ich. Mein Verdienst ist desto größer, weil nur Wenige es in seiner ganzen Fülle kennen, und weil ich zum Voraus weiß, daß mir Undank zum Lohn werden wird. Exaltirte Weiber und Narren haben mich für einen Friedens-Advokaten gehalten, weil ich ihre Ausschweifungen theils nicht theilen durfte, theils nicht theilen mogte; und dieser Ruf wird zeitig genug nach England wandern. Und doch - es ist ein starkes, aber grundwahres Wort - doch gab es ohne mich keinen Oesterreichischen Krieg. - Genug davon - Zerreißen Sie dieses Blatt, weil es nach Prahlerey schmeckt. Ich danke Ihnen, Mein würdiger, treuer, und vortrefflicher Freund, daß Sie wenigstens nie an mir verzweifelten ...“. - Gentz digital Nr. 911 (H: nicht ermittelt. D: Ompteda-Nachlaß, VI, Nr. 81, 179.). - Einriss im Falz.
„ni Prince, ni Citoyen françois, ni militaire!“ 2265 - Karl Konstantin, Landgraf von Hessen-RheinfelsRotenburg, franz. General in königlichen, später republikanischen Diensten (1752-1821). Eigh. Brief m. U. „Charles de Hesse“. In franz. Sprache. 2 S. 4to. Ile de Ré 22. Pluviôse (an X oder XI = 10.II.1802 oder 1803). 300 € Verzweiflungsvoller Brief an den ihm befreundeten Revolutionär PierreJoseph Briot (1771-1827) auf der Insel Elba, nachdem Prinz Karl - aufgrund des Bombenanschlags auf Napoleon am 24. Dez. 1800 - in die Liste der 130 geächteten Jakobiner aufgenommen und auf die Île d‘Oléron verbannt worden war. Gratuliert Brion zum beruflichen Aufstieg (Generalkommissar auf Elba) und persönlichen Glück und vergleicht dies mit seiner eigenen zutiefst unglücklichen Situation. „... Je viens de lire dans la Gazette de France ... que vous étiez deri chef, nommé Commissaire général, à l‘isle d‘elbe, je m‘en rejouis pour vous, car vous avez femme, 4 enfants, et point de fortune! et vous méritez à tous égards les bienfaits du gouvernement françois, soyez lui toujours fidèle, vous avez des Talents, de la probeté et de l‘expérience, vous pouvez donc, avec le temps, et de la conduite, aspirer à une place, à vie, qui vous procurera, à vous, et à votre famille, honneurs, et existence durable! ... mais moi, que vais je Dévenir, je ne suis plus, ni Prince, ni Citoyen françois, ni militaire! je suis voué à l‘opprobre, à la nullité, à la Détention, et à des infirmités
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Douloureuses! ...“. Beklagt die aussichtslose Lage nach seiner höchst wechselvollen Karriere in französischen Diensten. „... me voilà seul au monde, sans parens, sans amis, et même sans hommes de confiance, pour guerer mes affaires, civiles et politiques, jugez donc de l‘horreur de ma position! en outre ma santé, empire chaque jour, j‘ai les jambes, et les cuisses bleues, et enflées, le corps décharné, un ulcère dans la gorge, depuis six mois, et pour comble de malheur, je suis sans sécours, par conséquent sans espoir! vu le climat, et surtout, l‘air de la mer! source, et aliment journalier, demon Scorbut invéteré ...“. - Erörtert dann Maßnahmen zur Verbesserung seiner Lage und äußert sich über verschiedene militärische Zeitgenossen, denen er sein Unglück verdanke. - Nach seiner Befreiung 1803 wurde Karl aus Frankreich ausgewiesen, so daß er sich in die Schweiz zurückzog, aber weiterhin lebhaften Anteil an der Entwicklung in Frankreich nahm. - Beiliegend zwei weitere Briefe (1795, 1796) des Landgrafen Karl von Hessen. - Alle drei Briefe stockfleckig. - Sehr selten.
2266 - Mareschal, „Grand Maître de la Maison“ der Kai serin Marie-Louise von Frankreich, der zweiten Ehefrau Napoleons. Eigh. Brief m. U. „Mareschal“. In franz. Sprache. 3 S. Gr. 4to. Schloss Persenbeug (Niederösterreich) 26.VII.1832. 250 € 85
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ und ihm 1000 Gulden in Silber auszuzahlen. - Im zweiten Brief wird die Ablehnung von zwei Bewerbern um Hofämter beim Herzog empfohlen. Beide Anträge in den Briefen waren von der Kaiserin mit „Approuvé“ gebilligt worden.
2267 - Scharnhorst, Gerhard von, preuß. General und Heeresreformer, Begründer der allgemeinen Wehrpflicht (1755-1813). Eigh. Brief m. U. „Scharnhorst“. 2/3 S. Doppelblatt mit Adresse. Folio. Berlin 4.I.1810. 500 € An seine Schwester Wilhelmine Müller in Blumenau, die mit einem dortigen Mühlenpächter verheiratet war. „... ich schreibe dies zwar auf dem Bette, aber ich bin Gott lob bald hergestellt; ich freue mich Eurer Gesundheit und ich hoffe Euch alle noch ein mal diesen Sommer zu sehen. Ich war nahe am Rande des Grabes, ich habe mich aber noch ein mal durchgeschlagen [Scharnhorst hatte seit Monaten an einer Gesichtsrose gelitten]. Ich muß künftigen Sommer nach Drieburg - Gott, welch ein unglückliches Jahr war für uns das verfloßene - Nur die Heirath von Julchen [seine Tochter Julie hatte 1809 Graf Friedrich zu Dohna-Schlobitten geheiratet] das Einzige erfreuliche ... Küsse und umarme Deine Kinder in meinem Namen - Ich liebe sie als von unserm Geblüt unbeschreiblich.“ - Im Jahr zuvor hatten Gerhard und Wilhelmine zwei Brüder verloren: Heinrich, der bei der Schlacht von Wagram tödlich verwundet worden war, und Wilhelm, der an einer Lungenentzündung gestorben war. - Leicht gebräunt, am Rand fleckig; auf Japanpapier aufgezogen.
Der Gouverneur von Berlin 2268 - Victor (d. i. Claude-Victor Perrin), Herzog von Belluno, sehr erfolgreicher franz. Heerführer, Marschall des Kaiserreiches, Kriegsminister, nach dem Frieden von Tilsit Gouverneur von Berlin (1764-1841). Brief m. U. „Victor, Duc de Bellune“. 1/2 S. Folio. Berlin 30.V.1808. 180 € An den Kavallerie-General François Antoine Louis Bourcier (17601828), den er zur Bildung eines Militärtribunals autorisiert, weil ein Dragoner offenbar in Berlin einen Einbruchsdiebstahl begangen hat. „... Je vous autorise à former une commission Militaire pour juger le nommé Pierre Aqueret, Dragon au 12e régiment, Prévenu d‘avoir volé avec effraction. - Je vous fais le renvoi des Différentes pièces d‘accusation contre ce Militaire ...“. Am Briefkopf ein Vermerk, dass die Verhandlung am 8. Juni stattfinden werde. - Ein Beispiel für strenge Ordnung und Disziplin bei der Berliner Besatzungsmacht unter dem Gouverneur Victor. - Defekte am oberen und unteren Rand. 2272
An einen Grafen, dem er ausführlich über Napoleons Sohn, den Herzog von Reichstadt („l‘Aiglon“, vormals Titular-König von Rom) berichtet, nachdem er mit dem Kaiser von Österreich über den jungen Napoleon II., dessen finanzielle Ausstattung und Zukunft gesprochen hat. - Kleine Defekte an der Querfalte. - Dabei: Derselbe. 2 zeitgenöss. Abschriften von Briefen an die Kaiserin Marie-Louise, betreffend Perso nal und Hofstaat des Herzogs von Reichstadt und deren Finanzierung. Im ersten Brief bittet der General Graf Hartmann, dem Baron von Moll (beide in Diensten des Herzogs) den Verlust eines Pferdes zu ersetzen
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2269 - Wellington, Arthur Wellesley, Herzog von, eng lischer Feldmarschall und Staatsmann, Premierminister und Oberbefehlshaber der britischen Armee, neben Blücher Sieger bei Waterloo (1769-1852). Eigh. Brief mit Namenszug „Wellington“ im Text. 1 S. Doppelblatt. Mit gesiegeltem Umschlag. 8vo. London 7.IX.1844. 250 € Wie häufig, in der dritten Person abgefaßt. An Richard Elwood, der wohl Wellingtons Anwesen besichtigen möchte. „... The Duke regrets much that as he is in the point of quitting London during the Prerogative of Parl., his servants have covered up all the furniture and Pictures in his House, & nothing can be seen at present.“
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
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2270 Nassau. - Heinrich, Fürst zu Nassau-Dillenburg (1641-1701). Eigh. Brief m. U. „H F z N“. 2/3 S. Mit papiergedecktem Siegel, Lacksiegel und Adresse. Folio. Schloß Ludwigsbrunn in Dillenburg 3.VI.1698. 200 € Eigenhändig an „Unsern Cammerraht vnd lieben H Johan Henrich Reichman zu Diellenburg“. „Er Soll Unsern Cammerraht, H Johan Jost von Carbach als Ober Stallmeister vnd Cammer Herr, wie auch zu Unsern Obristen Post Meistern von Unsern Orden fürstellen, vnd in Plichten nehmen, vnd ihme deswegen ein Bestallungsbrieff außfertigen, vnd Sein gebührenden respect geben lassen, vnd ihme Sein stand bey den Cavalliren ahnweisen in der Kirche ...“. - Siegel-Ausriss; sonst gut erhalten. Abbildung Seite 85
2271 Neustadt (Landkreis Marburg-Biedenkopf). Zunftbuch der Schuhmacher- und Lohgerber-Zunft im kurmainzischen Neustadt bei Schwalmstadt. 75 Bl., davon 142 S. von diversen Händen beschrieben. Folio (33 x 20 cm). Pergamentband d. Z. (fleckig; etwas gewölbt) mit Verschlußbändern. 1683-1756. 750 € Inhaltsreiche Chronik zwei eng miteinander verbundener Zünfte in dem hessischen Städtchen, das seit 1294 (mit einer annähernd hundertjährigen Unterbrechung) als kurmainzische Enklave in landgräflichhessischem bzw. gräflich-ziegenhainer Gebiet lag, nachdem es vom Landgrafen Engelbert I. an das Erzbistum Mainz verkauft worden war. Das Manuskript beginnt mit der Wiedergabe der 1683 vom Erzbischof
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________
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Anselm Franz genehmigten Zunftordnung für das Neustädter Schumacher-Gewerk. Die siebzehn Artikel zeigen schon den fortgeschrittenen Detailreichtum an Vorschriften, Regeln und Verboten, wie er sich im 17. Jahrhundert entwickelt hatte, und bieten ein interessantes Bild der bürgerlichen Sitten und Gebräuche: Anzahl der Lehrjahre, zusätzliche Beschäftigung von Knechten, Verbot der Abwerbung von Mitarbeitern der Konkurrenz, Umgang der Meister untereinander, Sitzordnung bei den Versammlungen, Marktgebühren für fremde Meister, Verbot des Hausierens durch fremde Schuhmacher, Einhaltung der vertraglichen Dauer der Beschäftigung, Geldstrafen etc. - Im Jahre 1700 fand offenbar in Folge der Vermehrung der Lohgerber eine teilweise Trennung der beiden Zünfte statt, so dass ab S. 13 des vorliegenden Bandes eine eigene Zunftordnung der Lohgerber, bestehend aus sieben Paragraphen, angefügt ist. Dort heißt es u. a.: „... alß ist solche ordnung interim confirmiret undt der schau Macher Zunfft woselbst die lohgerber schon incorporiret gestandten annaectiret worden, in so lang Jedoch biß die lohgerber sich etwan dergestalt im Ampt vermehren, daß ihnen alß dan frey stehen solle ein aigene Zunfft ordnung bey Ihro Churfürstl: gnd. Sich auß zu würckhen ...“. Es folgen nun im Lauf von fünf Jahrzehnten viele Ergänzungen der Schumacher-Vorschriften und Richtlinien, jeweils datiert und oft vom Obermeister unterzeichnet, ferner Berichte über Vorgänge unterschiedlichster Art, wie z. B. Unterstützung Bedürftiger oder Strafzahlungen in die Lade. 16 Seiten sind gefüllt mit einer großen Liste der Mitglieder und der Jahre, in denen jede Person Beitragszahlungen geleistet hat. Über alle Ausgaben wird gewissenhaft Buch geführt, so z. B. auch für die Musiker bei einer Festveranstaltung. - Das reichhaltige Zunftbuch bietet wertvolle Einblicke in Gewerbe, Wirtschaft und Sozialstruktur einer hessischen Kleinstadt im 17. und 18. Jahrhundert.
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2272 Osmanisches Reich. - Abdülhamid II., Sultan des Osmanischen Reiches (1842-1918). Handschriftliche Urkunde in Schwarz, Rot und Gold, mit großer goldfarbener Tughra (Schriftzug des Sultans). 1 S. Mit kleiner SchriftPerforation sowie rückseitigen Stempeln und amtlichen Vermerken. Schmal-gr. folio (80 x 27,5 cm). (Istanbul) 1893. 600 € Wohl Ferman oder Pass, vermutlich für einen Deutschen ausgestellt. In Abdülhamids lange Regierungszeit (1876-1909) fällt die enge Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich (Bau der Bagdadbahn, Berufung deutscher Militärs als Ausbilder für die türkische Armee), aber auch Kriege, viele Unruhen, Aufstände, Massaker und ein allmählicher Niedergang des Osmanischen Reiches. - Stellenweise etwas fleckig. Abbildung Seite 86
2273 Päpste. - Clemens IV. (vorher Guy Foulques) (reg. 1265-1268). Bulle. Lat. Handschrift auf Pergament. 1 S. Quer-gr. 4to. Perugia 15.VI.1265. 2.000 € An den Generalminister und die Brüder des Franziskaner-Ordens. Verbot für die Apostolischen Legaten (mit Ausnahme derer, die zur nächsten Umgebung des Papstes gehören oder eine Sondererlaubnis haben), gegen den Franziskanerorden Kirchenstrafen zu verhängen. Alte Regeste: „Clemens PP IIII Inhabilitat legatos (Exceptis his, qui a Latere sunt et qui Specialem habuerint Facultatem) etc - & Subdelega-
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte tos S[anctae] Sedis ad Censurandum Fratres Minores eorumque loca censurasque latas annullat“. - Der eigentliche Urkundentext beginnt mit dem Satz: „Exigentibus vestre devotionis meritis votis vestris libenter annuimus et petitiones vestras quantum cum deo possumus favorabiliter exaudimus ...“. - In seiner annähernd vierjährigen Regierungszeit residierte der französische Papst in Perugia und später in Viterbo, da man ihm in Rom feindlich gesonnen war. Sein ganzes Bemühen war darauf gerichtet, den Grafen Karl von Anjou anstelle der Staufer Manfred und später Konradin als König von Süditalien und Sizilien zu etablieren, was ihm mit Hilfe zweifelhafter Mittel und der Finanzierung blutiger Schlachten auch gelang. - Ohne das angehängte Siegel. - Sehr selten. Abbildung Seite 87
„milicie clericali“ 2274 - Pius II. (vorher Enea Silvio Piccolomini), gekrönter Dichter (1405-1458-1464). Bulle. Latein. Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit angehängtem Bleisiegel an Hanfschnüren. Quer-gr. folio. Rom 10. Kal. Mart. (20.II.) 1461. 750 € An die Bischöfe von Concordia (Antonio Feletto) und Ancona (Agapito Rustici) sowie an Jacobus Francisci, Kanonikus zu Concordia. Bewilligung einer Pfründe für Johannes de Colloredo, „dilecto filio ... Scolari Acquilegiensis dioc[esis] de Nobili genere ex utroque parente procreato qui ut accepimus milicie clericali ascribi desiderabat specialem gratiam facere ...“. - 1442 vom Gegenpapst Felix V. als Sekretär zum Reichstag nach Frankfurt entsandt, fiel Piccolomini dem deutschen König Friedrich III. durch sein literarisches Talent auf, so daß er ihn zum Poeta laureatus krönte und ihn veranlaßte, Felix zu verlassen und in seine Dienste zu treten. Vom König sowie von den Päpsten Eugen IV., Nikolaus V. und Calixtus III. protegiert, führte Piccolomini-Pius lebenslang seine vielfältige literarische Tätigkeit fort, während er zugleich überall in die politischen Kämpfe der Zeit verwickelt war und mehrmals vergeblich versuchte, einen Kreuzzug zu organisieren. „Unter den Päpsten seiner Epoche ragte er aufgrund seiner glänzenden Talente, seiner unübertroffenen Erfahrung und seiner literarischen Leistungen hervor“ (Kelly, Lexikon der Päpste). - Gefaltet; kleines Loch in einer Falte mit geringem Buchstabenverlust; ferner einige winzige Löcher, meist zwischen den Zeilen; sonst gut erhalten.
2275 Politiker, Militärs, Geheimdienst-Mitarbeiter nach 1945. 33 Autographen. 1956-2000. 600 € Briefe, Karten und signierte Fotos. Teilweise gerichtet an den rechtskonservativen Publizisten, CSU-Politiker und Geheimdienst-Mitarbeiter Gerhard Baumann. Darunter: Norbert Blüm, Willy Brandt, Eugen Gerstenmaier (Kritik eines Aufsatzes von Paul Yorck von Wartenburg), Jacques Chirac, Valéry Giscard d‘Estaing, Kai-Uwe von Hassel, Kurt Georg Kiesinger, Rudolf Scharping, Carlo Schmid, Franz Josef Strauss (Brief 1956 über einen seiner Artikel in der Süddeutschen Zeitung), Gaston Thorn, Josip Broz Tito (handschriftlich signierter Druck mit Neujahrsglückwunsch), Lech Walesa (Karte und 2 signierte Fotos), Herbert Wehner (Billet und Foto mit Widmung), Karl Wienand, Manfred Wörner, Günther Nollau, Paul Münstermann. - Beiliegend 10 Briefe von leitenden Zeitschriften- und Rundfunk-Redakteuren der Zeit; einige weitere Beigaben. - Meist gelocht. Abbildung
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2276 Pommern. - „Amts-Taschen-Buch vom RegierungsBezirk Stettin“. Manuskript in säuberlicher Kanzleischrift. 2 Bl., 462 gez. Seiten. 21 x 14,5 cm. Dunkelgrüner Kalblederband d. Z. (Gelenke etwas angebrochen) mit Blindprägung, Rückenvergoldung mit Titel, Goldschnitt und Lederschlaufen zur Aufbewahrung von Schreibwerk zeug. In dunkelgrüner, mit Samt ausgeschlagener LeinenKassette mit Messing-Ecken. (Stettin ca. 1860). 1.200 € Mit enormem Arbeitsaufwand hergestelltes, einem Staatshandbuch entsprechendes Nachschlagewerk, das in überaus zierlicher Schrift nicht nur genauestens alle staatlich Bediensteten mit Namen, Lebensalter, Dienstalter, verbleibender Dienstzeit, Funktionen und Gehalt auflistet, sondern auch die Finanzverhältnisse jedes Dorfes und aller staatlich kontrollierten Bereiche bis auf jeden Groschen verzeichnet. Laut Inhaltsverzeichnis werden u. a. nachgewiesen die Daten: der Landräte, Kreis-Sekretäre, Kreis-Einnehmer, Kreis-Physiker und KreisChirurgen, Departements- und Kreis-Tierärzte, Baubeamten, Hafen-
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ beamten, Leuchtturmwärter, Landarmen-Anstaltsbeamten, Strafanstaltsbeamten, Beamten der Polizeidirektion, Polizei-Anwälte, Domänen-Beamten, Städte- und Kommunal-Beamten, der Vermögens- und Schulden-Zustände sowie der etatsmäßigen Einnahmen und Ausgaben der Städte, Nachweis der Superintendenten, Synoden und katholischen Pfarrer, Einnahmen, Ausgaben und Überschüsse bei der Forstverwaltung und der bei der letzteren angestellten Beamten, Nachweisung der aufkommenden Grund-Klassen-, Einkommens- und Gewerbe-Steuer, der Wasserstraßen, der Zahl der Wohnhäuser, der Bevölkerung, der Geborenen, Gestorbenen und der militärpflichtigen Mannschaften pro 1855; des Viehstandes pro 1855; der Bevölkerung von 1816 ab, der Landwehr-Bataillons-Bezirke und der Gendarmen - ein statistisches Handbuch von einzigartiger Vollständigkeit und Genauigkeit. - Da einige Einnahmen bis 1858 nachgewiesen sind, ist die Entstehung des Taschenbuchs in der Zeit um 1860 zu vermuten. Im KVK ist kein Druck dieses Titels verzeichnet. - Titelblatt beschnitten und ergänzt; Vorsatzblatt und Titel neu befestigt. - Höchst wertvolle Informationsquelle über den Hauptstadt-Bezirk Pommerns vor der Reichsgründung.
Die Frühzeit des Großen Waisenhauses in Potsdam 2277 Potsdam. - Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, der „Soldatenkönig“ (1688-1740). Sammlung von 5 Urkunden und Verfügungen m. U. „Fr Wilhelm“ (Paraphe) sowie 2 weiteren Urkunden, betreffend die Leitung des Großen Waisenhauses in Potsdam. 42 Bl., davon 75 S. beschrieben. Als Faszikel zusammengefasst in einem Umschlag des 19. Jhdts. Potsdam und Berlin 1728-1735. 1.200 € „Acta enthaltend einige Bestallungen u. Instructionen aus der ersten Zeit des Waisenhauses welche vom Gründer desselben selbst vollzogen (als Merkwürdigkeiten aus den alten vernichteten Acten herausgenommen)“ (Beschriftung des Umschlags, wohl um 1860). Das Faszikel enthält folgende Urkunden und Verfügungen: I. Bestallung des Capitaines Salomon Dreher als Vorsteher des Großen Waisenhauses sowie des bei der Heiliggeistkirche gelegenen Mädchen-Waisenhauses und des „über der [Teltowschen] Brücken gelegenen“ Lazaretts. Mit genauen Instruktionen in 13 Kapiteln. 9 S. Mit Unterschrift und Lacksiegel des Königs. Potsdam 15.V.1728. - II. Bestallung und Instruktion des Emanuel August Brockhausen als Controlleur und General-Rechnungsführer am Großen Waisenhaus. Mit Dienstvorschriften in 16 Kapiteln, in denen auch das Verhältnis des Controlleurs zum Capitaine geregelt wird. 18 S. Mit Unterschrift des Königs. Potsdam 6.IX.1735. - III. Bestallung des Capi taines George Ernst von Gütterbock als Vorsteher des Großen Waisenhauses in der Nachfolge des wegen Krankheit ausgeschiedenen Salomon Dreher. Zugleich Bestallung des Emanuel August Brockhausen als Rechnungsführer. 3 S. Mit Unterschrift und Lacksiegel des Königs. Potsdam 16.III.1729. - IV. Schriftlicher Amtseid mit Unterschrift des Waisenhaus-Vorstehers George Ernst von Gütterbock. 2 S. Potsdam 19.III. 1729. - V. Neue Instruktion für den Capitaine und alle WaisenhausBediensteten, in 27 ausführlichen Paragraphen. 19 S. Mit Unterschrift und Lacksiegel des Königs. Berlin 6.IX.1735. - VI. Schriftlicher Amtseid mit Unterschrift des Speisemeisters im Mädchen-Waisenhaus, Gerhard Singstock. 2 S. Potsdam 19.III.1729. - VII. Bestallung und Instruktion des Speisemeisters im Mädchen-Waisenhaus, Gerhard Singstock. Mit Dienstvorschrift in 21 Paragraphen. 21 S. Mit Unterschrift des Königs. Potsdam 6.IX.1735. Sehr interessante Dokumente, die relativ genaue Einblicke in die Sozialfürsorge unter dem Soldatenkönig gewähren, der sich bekanntlich als
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strenger, aber gerechter Vater seiner Untertanen betrachtete und sich nach Möglichkeit in jede ihm wichtig erscheinende Angelegenheit persönlich einmischte. So legt er z. B. den größten Wert auf Sauberkeit im Waisenhaus. In der Instruktion von 1735 heißt es in Paragraph 27: „Uberhaupt aber und letzlich hat der Capitaine seine vornehmste Sorge mit auf die Reinlichkeit zu haben, sowohl waß die sämtlichen Gebäude, als sonsten die Bedienten und Kinder betrifft, daß das gantze Hauß jederzeit rein gefeget, täglich einige mahl darinnen geräuchert, und Sand gestreuet, der Hoff und Gaßen gereiniget, und aller übler Geruch wegen derer Privete und Schlaff-Säale, wie auch die Krätze vertrieben werde, die Kinder allezeit sauber und gewaschen, in keiner zerlumpten Kleydung einhergehen; Allermaßen derselbe Macht und Gewalt haben soll, alles was zu des Hauses bestes gereichet, und demselben zuträglich ist, zu reguliren ...“. Ähnlich heißt es in der Instruktion für den Speisemeister: „Auf die Reinlichkeit sowohl des Haußes als auch derer Waysen Mägdgens hatt der Speise Meister sorgfältigst zu sehen, daß die Kinder gehöriger maßen und nach Nothdurfft mit weißer Wäsche versehen, zum öffteren gekämmet, und von allem ungezieffer aufs fleissigste gereiniget werden. Dahero soll er auch die Betten gehörig umrühren, dieselben zu rechter zeit weiß überziehen und von allem ungezieffer und unreinigkeit säubern laßen ... Die Mundirungs Stücke derer Waysen Mägdgens soll der Speise Meister in guter Aufsicht haben, damit selbige von denen Kindern nicht muthwillig verdorben oder gar verlohren, und weder von ihnen selbst noch von andern weggebracht und verschleppt, sondern wofern etwas daran zerrißen, selbige sofort geflicket, und wieder zu recht gemachet werden. Dahero soll er alles Ernstes darauf halten, daß die Waysen Magdgens jederzeit sowohl in Leinenzeuge als auch mit denen Kleidern rein und propre einhergehen, und keine unsauberkeit an ihnen wahrgenommen werde“. Ferner müsse darauf geachtet werden, daß die Mädchen „in ihren Sitten nichts unanständiges oder gar Liederliches von sich spühren laßen, wiedrigenfalls dieselben hart davor gestraffet werden sollen“. Zur Verhütung solcher Unordnungen sollen die Mädchen beständig unter der Aufsicht der Spinn- oder einer anderen Frau stehen. Ferner über die Verpflegung und ärztliche Versorgung der Waisen. Auch die Arbeit (für Mädchen in der Spinnerei) wird erwähnt, und die Jungen dürfen an fremde Handwerksmeister gegeben werden, wenn diese sich gehörig ausgewiesen haben. Auffallend ist, dass sehr wenig von Bestrafung der Kinder die Rede ist; vielmehr werden die Aufseher mit großer Strenge zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht und zur guten Behandlung der Kinder angehalten. - Beiliegend eine im späten 19. Jahrhundert gefertigte Abschrift von zwei weiteren Dokumenten zum Waisenhaus vom Jahre 1737. - Bei 2 Schriftstücken ist (mit etwas Textverlust sowie Einschnitten in den anliegenden Blättern) wohl von einem Siegel-Sammler das Siegel herausgeschnitten worden; Heftung lose; der Umschlag wasserfleckig und lädiert. - Reichhaltige und wertvolle Quelle zur Frühgeschichte des noch heute in Potsdam als Bau- und Kulturdenkmal gepflegten Großen Waisenhauses.
2278 Raeder, Erich, dt. Marineoffizier, zur NS-Zeit Oberbefehlshaber der Reichs- bzw. Kriegsmarine (1876-1960). Brief m. U. „Raeder“. 2/3 S. Gr. 4to. Berlin 4.X.1939. 200 € An Hermann Rieck, Kapitän des Motorschiffes „Heinz Horn“, in Hamburg. „Ich beglückwünsche Sie zu dem erfolgreichen Durchbruch durch die englische Blockade. Heil Hitler! Raeder, Großadmiral Dr. h.c.“ - Briefkopf mit blindgepr. Flagge und Adresse „Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine“. - Kleiner Einriss nahe am unteren Rand.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2279 - Urkunde m. U. „Raeder“ und blindgepr. Reichssiegel. 1 S. Gr. 4to. Berlin 13.IX.1941. 200 € Als Oberbefehlshaber der Kriegsmarine verleiht Raeder „im Namen des Führers ... dem Kapitän Hermann Rieck die Berechtigung zum Führen des Kriegsverdienstwimpels.“ - Rückseitig die ausführliche „Verordnung über den Kriegsverdienstwimpel vom 16. Mai 1941“ (detaillierte Beschreibung und Ausführungsbestimmungen).
2280 Rauch, Friedrich Wilhelm von, preuß. Generalleutnant, Generaladjutant und enger Vertrauter Friedrich Wilhelms IV., preuß. Militärbeauftragter am russ. Hof Nikolaus‘ I. in St. Petersburg (1790-1850). Eigh. Brief m. U. „F v Rauch“. 3 S. Gr. 4to. St. Petersburg 4./16.I.1836. 150 € Wohl an einen preußischen Minister oder Gesandten nach dessen Aufenthalt in St. Petersburg. Verschiedene Danksagungen und Mitteilungen. Erwähnt Prinz Carl von Preußen, Zieten und die russischen Politiker Zernischew, Orlow, Nesselrode und Adlerberg sowie Madame Narischkin. - Der mit zahlreichen hohen preußischen und russischen Orden dekorierte General war 1833 nach St. Petersburg kommandiert und der Person des Zaren zugeteilt worden. Im Jahr 1848 war Rauch eines der führenden Mitglieder der Kamarilla um König Friedrich Wilhelm IV. - Etwas geknickt; kleine Faltenrisse.
2281 Regensburger Reichstag. - Metternich, Ernst Graf von, preuß. Geheimer Staatsrat und Diplomat, Gesandter beim Immerwährenden Reichstag in Regensburg (16571727). Sammlung von 40 eigh. Briefen m. U. „Metternich“. In deutscher und französ. Sprache. Zus. 214 S. 4to und folio. Regensburg 1698-1707. 6.000 € Wertvolle Brieffolge eines hohen preußischen Diplomaten, Sohn des Begründers der neumärkischen Linie der Metternichs aus Chursdorf. Ernst von Metternich wurde für wichtige Aufgaben eingesetzt; so verhandelte er in Wien mit Kaiser Leopold über die Königswürde des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. und agierte ab 1713 bei den Friedensverhandlungen in Utrecht. Die hier vorliegenden Briefe sind aus Regensburg an den Grafen Ferdinand Joseph Maria von Tattenbach in St. Martin (Innkreis) gerichtet, den er auch seinen „Herrn Bruder“ nennt. Über einen Zeitraum von rund 10 Jahren berichtet und kommentiert Metternich im Plauderton Neuigkeiten aus seinem Alltag und vom Reichstag, teils deutsch, teils französisch, teils gemischt und mit zahllosen Zitaten in Latein und anderen Sprachen geschmückt, die seine Gelehrsamkeit zum Ausdruck bringen sollen. Als geübter Diplomat drückt sich Metternich immer vorsichtig aus, wenn er auf die Tagespolitik und die Vorgänge auf dem Reichstag zu sprechen kommt. So kommen in vielen Briefen Andeutungen vor, die zuweilen dem heutigen, nicht eingeweihten Leser schwer verständlich sind, für seinen Adressaten aber aufschlußreich waren. Als Beispiel mag ein Brief vom 23. August 1698 dienen, in dem von den endlosen Verhandlungen über Zeremonialfragen die Rede ist. Das Schreiben Tattenbachs vom 16. August sei ihm ausgehändigt worden. „... Die Politici in hiesigen Revieren werden schon gute sorge tragen, daß Regensburg nicht gar bei denen, so dem Landleben nachhängen, vergeßen werde. Der ehrliche Chur-Bayerische Secretarius ist darüber in große noth gerathen. Ich habe dazu lachen müßen, und dazu nichts andres gesaget, als daß die worte so Er in mate-
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ria Ceremoniale ad protocollum gegeben, in terminis labilibis et favis prioribus, mithin dahin zuverstehen wären, daß Ew. Exce einen weg wie den andern zu der bekannten gemeinsahmen Relation concurriren wolten, ja daß wan auch hierunter nicht zu reüssiren wäre, daß Sie das werk darumb nicht für verlohren geben, sondern mit andern auf mehrere expedientia denken könten. Ich neide übrigens Ew. Exce wegen des Landlebens gar nicht; dan ich glaube Sie seyn bey demselben mehr distrahiret als ich bey meinem Stadtleben. Worumb ich mich nach dem Lande sehne ist allein einer retraite halber. Wan ich dort sowol im fracas leben mus [wie] alhier, bin ich deßen nichts gebeßert. Unser größestes unglück seynd die distractiones oder die desapplication von unserm einigen Zweck, von dem uno necessario. Wer solches noch nicht fühlet oder empfindet, der ist halbtod ... Ew. Exce Erklärung aber wird heute erwartet und allem unwesen abhelffen. Man hätte an seiten des Secretarii denen Politicis nicht die Freude machen und so große Kleinmüthigkeit bezeigen sollen. Was das Ceremoniel an sich selbst anlanget, so habe ich Hoffnung, es werde Se. Churf. Durchl., mein gnädigster Herr, sich der Relation nicht entziehen; für mich aber, und als der arme Metternich, bin und bleibe ich der Meinung, daß wan man etwas erdenken solte, umb das ganze werk aufzuhalten, und Sr Kayl. Mst. einen undienst hiebey zuthun, man es nicht künstlicher anfangen könte. Der eventus muß zeigen, ob ich mich betriege. Es mag aber dem seyn wie ihm wolle, so bin ich deswegen ganz ohne bekümmernüß, dan ich habe in Herrn Sachen meinen eigenen willen längst abgeleget ...“. - Andere Briefe enthalten vielerlei Klatsch und Andeutungen zu allen möglich Ereignissen; oft werden die anderen (kurkölnischen, kursächsischen, kurtrierischen, kurmainzischen etc.) Gesandten und ihr Verhalten in den Streitigkeiten geschildert. Fast alle Briefe sind großenteils politischen Inhalts.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2283 Russland. - Katharina II., die große, Kaiserin von Russland, geb. Prinzessin von Anhalt-Zerbst (1729-1796). Verfügung m. U. „Ekaterina“. In russ. Sprache. 1/2 S. Doppelblatt. Folio. St. Petersburg 28.XII.1783. 800 € An ihren Günstling, den Fürsten Potemkin, betreffend eine BaukostenRate für die Admiralität in Cherson.
2284* - Potemkin, Gregor Alexandrowitsch, russ. Fürst, Feldmarschall und Günstling der Zarin Katharina der Großen (1739-1791). Brief mit eigh. U. „C[ompte] Potemkin“. In franz. Sprache. 2 S. 4to. St. Petersburg 11.IX.1777. 2.500 €
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Am 27.XII.1701 bekennt Metternich resigniert: „... Sie können nun unsere Schwachheiten und den elenden Zustand unsres lieben Vaterlandes von weitem ansehen und bestrachten. Unsere krumme sprünge alhier werden die sache nicht ausmachen. Wer das Protestirende Corpus zufrieden stellen, und die Protestirende begütigen könte welches beydes mir noch sehr mißlich deucht, der könte endlich wol die hiesige berathschlagungen wieder in den gang, vieleicht auch eine Krieges Declaration per majora herausbringen, aber damit ist es noch lange nicht ausgerichtet ... Mancher wird froh seyn, daß der Herr Cardinal wieder weg ist. Einige sagen, Er werde bald wieder kommen. Ich kans nicht glauben. Die alliance zwischen dem Kayser, England und Holland werden Ew. Excellenz schon gesehen haben ...“. - So wird sehr viel ange deutet, was hier in „small talk“ eingebettet zur Sprache kommt, dem Kenner der Reichstagsgeschichte aber eine Fülle von Informationen aus erster Hand bietet. - Einige französische Briefe ohne Unterschrift, aber vollständig; 1 Schreiben nur Postskriptum. - Beiliegend ein 8sei tiger lateinischer Brief ohne Anrede, Unterschrift oder Datum, aber gleichfalls in Metternichs Handschrift. - Teilweise Transkriptionen beiliegend, die allerdings nicht fehlerfrei sind. - Die vorliegende Korrespondenz, die unerforscht aus einem Antiquariatsbestand des 19. Jahrhunderts stammt, stellt eine Quelle ersten Ranges zur europäischen Geschichte um 1700 dar. Abbildung Seite 89
2282 Rudolf II., röm.-dt. Kaiser, König von Böhmen und Ungarn (1552-1612). Brief m. U. „Rudolff“ und papiergedecktem Siegel. 1 S. Quer-gr. folio. Prag 7.II.1603. 350 € Sehr umfangreiches Schreiben, betreffend die Klage des „adelichen Stiffts“ Brüssel gegen Bürgermeister und Gastwirte der Orte Odenheim und Rohrbach (südlich von Heidelberg) wegen Nichtabführung des Zehnten „von allem dem Wein, so in desselben angehörigen Flecken mit der maß verzäpfft würdt ...“. - Rückseitig eine ebenso umfangreiche eidesstattliche Erklärung eines Burghardt Hagen, des „Cammergerichts geschworner Cammerbot“, dass er die Verfügung des Kaisers in zwölf Punkten den betreffenden Parteien an Ort und Stelle verkündet habe. - Etwas fleckig vom Siegel; Faltenrisse.
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Nach älterer Zuschreibung an die berüchtigte Abenteuerin Elizabeth Chudleigh, Duchess of Kingston (1721-1788). Diese hatte nach einer Anklage und Verurteilung wegen Bigamie England verlassen und lebte in Calais, wo sie sich mit Stefano Zannowich anfreundete. Nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie am Russischen Hof trotz ihrer Eskapaden angenommen würde, liessen sich die beiden ein Schiff ausrüsten und machten die Aufsehen erregende Fahrt nach Kronstadt, dem St. Petersburger Hafen, wo das Schiff bei einem Unwetter Schaden nahm. Potemkin drückt im Auftrage Katharinas sein Bedauern über die Beschädigung ihrer Fregatte aus, deren Reparatur die Kaiserin zu bezahlen sich anbietet: „Madame, | Sa Majesté Imperiale vient d‘apprendre avec regrèt que votre fregatte ait été beaucoup endomagée par l‘inonda tion d‘hier; Le Malheur qui Vous est arrivé La tend d‘entant plus que le desir de Lui faire la cour fut le seul but de votre voiage, et Se croiant obligée par le droit de l‘hospitalité de rémedier à un evénément si facheux. Elle m‘a chargé de porter Ses ordres à Monsieur le Compte de Chernichef pour qu‘il ait soin de reparer Votre équipage et de le mettre dans son premier état. Devant Vous informer de l‘intention de Ma très auguste Souveraine je le fais avec empressement pour vous temoigner la consideration très distinguée avec laquelle je suis ...“. - In der Nacht vom 9. auf den 10. September 1777 erlebte St. Petersburg eine der schlimmsten Überschwemmungen seiner Geschichte. Katharina II. tat ihr Möglichstes um die Folgen zu lindern. „She received many favours from the czarina Catherine, who had her ship repaired for her when it was injured by a violent storm. Delighted with the attention that was paid her, the duchess bought for 12.000 pound an estate near St. Petersburg, which she called ‚Chudleigh‘ and there she set up a manufactory of brandy; another estate was given her by the czarina. After a while, however, she grew restless, and left her property and her manufactory in charge of an English carpenter to whom she took a fancy.“ (Vgl. Claire Gervat, Elizabeth: The Scandalous Life of an Eighteenth-Century Duchess. London 2003). - Etwas stockfleckig; Faltenrisse; 1 Rand beschnitten. - Sehr selten. Abbildung Seite 91
2285 - Alexander II., Kaiser von Russland (1818-1881, ermordet). Telegramm mit dem Absender-Pseudonym „Danneberg“. In franz. Sprache. Gedrucktes TelegrammFormular des Norddeutschen Bundes mit handschriftl. Eintragungen. Quer-4to. [Aufgegeben: St. Petersburg 28.V.1869]. 350 € Telegramm des Zaren an seine Geliebte und spätere morganatisch angetraute Gemahlin, Prinzessin Katharina Dolgorouki (1847-1922), die bei einem Berlin-Aufenthalt im „Hotel Royal“ abgestiegen war. „... Impatient de nouvelles comprenez ce qui se passe en moi ou voudrais
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte être. Que Dieu benisse voyage et revoir. Santé bonne. Danneberg“. - Das bis an sein Lebensende haltende Verhältnis des Zaren mit Jekaterina Dolgorukowa, aus dem vier Kinder hervorgingen, war erst zwei Jahre zuvor bekannt geworden. Für ein „öffentliches“ Telegramm benutzte der Zar jedoch Pseudonyme wie hier den Namen „Danneberg“. Abbildung
2286 - Dolgorouki, Katharina Prinzessin, russische Fürstin, Geliebte und später morganatische Gemahlin des Zaren Alexander II. (1847-1922). Eigh. Brief ohne Anrede und Unterschrift. In franz. Sprache. 4 S., eng beschrieben. Gr. 8vo. Weilbach, (Mai 1869). 800 € Ausführlicher Brief an den Zaren, mit vielen Mitteilungen von ihrer Reise und Berichten von ihren Unternehmungen, zuweilen von Liebesbekundungen unterbrochen („chez toi, mon ideal, mon tout. Oh! que ce sera doux et que tout sera oublié par nous“). Auch solche Bekenntnisse fehlen nicht: „... o dieux ... il serait bien plus heureux que je quittes [!] ce monde puisque nous n‘aurons jamais le bonheur de nous consacrer toute notre vie ... Depuis que je suis à l‘étranger je portes [!] la coiffure ... sans chignon et rien de frisé ... et une robe comme une femme de chambre ...“. - Anrührende Zeugnisse einer zweifellos großen Liebe. Abbildung
2287 Sachsen-Gotha. - Ernst II. Ludwig, Herzog (hier noch als Erbprinz) zu Sachsen-Gotha-Altenburg (17451804). Eigh. Signatur „Ernst EP. und Hz z Sachsen mpp.“ in einem Kaufvertrag. 9 S. auf 6 Bl. Mit 3 Lacksiegeln und 1 papiergedeckten Siegel. Lose geheftet, ohne Umschlag. Folio. Schloß Friedenstein und Stadt Gotha 19.IV.1770. 450 € Erbkauf-Vertrag zwischen dem Prinzen und 8 Gothaer Bürgern, die ihm 9 verschiedene Ländereien verkaufen; mit genauen tabellarischen Angaben über die jeweiligen Ausmaße, Erträge, Lehen, Erbzins, Schoß, Kaufpreis etc. Ernst Ludwig benutzte die Erwerbungen wohl für die Erweiterung seines bedeutenden Schloßparks, einer der größten und frühesten Parkanlagen im englischen Stil auf dem Festland. Mit angeschlossener, besiegelter Bestätigung vom Gothaer Bürgermeister Caspar Hermann Stieler (1722-1810) und dem Regierungs- und Oberkonsistorialrat Johann Friedrich Freytag in Gotha sowie weiteren Bestätigungen (jeweils mit Siegel) von zwei städtischen Beamten und dem KirchenVorsteher zu St. Augustini. - Das papiergedeckten Siegel mit Fettrand; sonst ordentlich erhaltene Urkunde aus der Frühzeit des Herzogs, der viel Interesse für Naturwissenschaften und Astronomie bezeigte. Als eifriger Freimaurer trat er 1783 dem Illuminaten-Orden bei.
2288 San Marino. - Urkunde der „Capitani Reggenti“ und des „Gentile Consiglio „ der Republik San Marino. Mit den Signaturen der Capitani Reggenti Franco Liangi und Pietro Barbieri. 1 S. Mit gestoch. Wappen und papiergedecktem Siegel. Quer-folio. (San Marino), Pubblico Palazzo del Governo 15.III.1855. 180 € Ernennung des Advokaten Giovanni Paltrinieri zum Generalkonsul der Republik San Marino am Hofe Kaiser Napoleons III. in Paris; zugleich Verleihung der Zivilen Verdienstmedaille I. Klasse in Silber. Gefaltet; ansonsten dekorative Urkunde.
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1782: ein Wunsch nach Telefon 2289 Schleswig-Holstein. - Friedrich Carl, der letzte Herzog von Schleswig- Holstein-Sonderburg-Beck, Generalleutnant in preußischen, russischen und dänischen Diensten (1757-1816). Eigh. Brief m. U. „Fridrich H v Holstein Beck“. 3 S. (Goldschnitt). Mit gesiegeltem Umschlag. 8vo. Schloß Lindenau bei Braunsberg (Ostpreußen) 29.V.1782. 250 € Eigenhändig an Peter Friedrich von Hohenthal, den kursächsischen Gesandten auf dem Reichstag zu Regensburg und kurfürstlich-sächsischen Konferenzminister (1735-1819). Bittet um Verzeihung, daß er seinem alten Freund so lange nicht geschrieben habe. „... Ich bin seit einiger Zeit ... wie ein Ball von einem Orte zum andern herum geworfen worden, und habe beynahe noch nicht können zu mir selbst kommen. Endlich habe ich meinen Wunsch erreicht, und erhielt im vergangenen Herbste, nach zweyjährigem Kampfe meinen längst gewünschten Abschied [d. h. aus dem preußischen Militärdienst]. Darauf reisete ich gleich mit meiner Frauen nach Quedlinburg zu meiner alten Tante; wie viel, und wie ich bey meiner Durchreise an Sie und die liebe kleine
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Gräfin von Schlieben aus dem Hause Sanditten (1757 - 1827) vermählt. Sie war weltgewandt, vor allem durch ihren Onkel, den Kammerherrn der Königin Elisabeth Christine von Preußen, Ernst Ahasverus Heinrich Grafen v. Lehndorff-Steinort (1727 - 1811), der durch seine Tagebücher weithin bekannt wurde, mit dem höfischen Leben in Berlin vertraut und gilt als Ahnfrau der englischen, russischen, griechischen und dänischen Herrscherhäuser, denn ihr Enkel, König Christian IX. von Dänemark, verheiratete seine Töchter erfolgreich an andere europäische Herrscherhäuser.
2290 Schmidt, Helmut, vielfach hochdekorierter SPDPolitiker und Publizist, Hamburger Senator, Bundesverteidigungs- und Bundesfinanzminister, schließlich Bundeskanzler, gilt heute als beliebtester deutscher Kanzler seit Gründung der Bundesrepublik (1918-2015). Brief m. U. „Schmidt“. 1 S. Gr. 4to. Bonn 24.VIII.1967. 120 €
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Baronne gedacht habe, brauche ich Ihnen nicht zu sagen; denn Sie kennen mich ...“. In Sachsen seien sie sehr freundschaftlich empfangen worden; nur der Adressat habe ihnen gefehlt. „... Überhaupt machte es mir viele Freude, so viele Dresdner Bekandten, hauptsächlich den guten alten Ministre [Friedrich Ludwig von] Wurmb vor zu finden. Von Quedlinburg gieng ich zu meiner Mutter [Friederike, geb. Gräfin zu DohnaLeistenau, 1738-1786] nach Mecklenburg; und von da durch meine alte Garnison nach Preussen; hier im Lande stellete ich aber gleich wieder eine Caravane bey denen Verwandten von meiner Frauen an; und zu Ostern endigte ich endlich meine Reise, und bin nunmehr ein ehrbarer Landwirth geworden. Ich kann es Ihnen nicht sagen, wie glücklich und zufrieden ich lebe; Sie müßten meine Frau kennen, um es mir ganz zu glauben ... nun zur Hauptsache meines Brieffes; diese ist, daß ich Ihnen den Grafen von Lehndorff, welcher ihn Ihnen einhändigen wird, recht inständig empfehle; er ist ein Oncle von meiner Frauen, und ein gar guter Mann; der sich sehr auf Ihre beyderseitige Bekantschaft freuet ... Wie herlich wird ihm die liebe kleine Baronne vorsingen? Schade, daß bis jetzo kein Sprach-Rohr erfunden ist welches von Regenspurg bis hieher reichet; ich schafte mir sonst gewiß eines an ... Haben Sie doch die Liebe mir zu schreiben wie es der armen Baronin ihrem Fuße stehet ... Legen Sie mich Ihr zu Füßen; jedoch nicht so wie in der Fr v Roeder ihrem Graben in Dresden. Ich muß Sie noch einmahl bitten mir doch nur wenigstens Si mis bene von [Johann Gottlieb] Naumann zu schikken; denn ich höre Sie immer singen, wenn ich daran denke ...“. - Herzog Friedrich von Holstein-Beck hatte sich 1780 mit Friederike Amalie
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Als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion an den Publizisten und Geheimdienst-Mitarbeiter Gerhard Baumann, der in einem Brief die „Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise“ verteidigt hatte. „... Ich möchte die Arbeitsgemeinschaft demokratischer Kreise nicht ‚verschwinden lassen‘, sondern bin dafür eingetreten, ihr ab 1. Januar 1968 keine Bundesmittel mehr zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie die bisherige Arbeit der ADK verfolgt haben, werden Sie die Gründe für meinen Vorschlag sicher verstehen. - Nun weiß ich natürlich auch, daß über die ADK zahlreiche staatspolitisch wertvolle Veranstaltungen finanziert worden sind, das gilt gewiß auch für manche Veranstaltung der Gesellschaft für Wehrkunde oder des Verbandes deutscher Soldaten; für eine Zwischenschaltung der ADK sehe ich dabei allerdings keinerlei Anlaß ...“. - Dabei: Derselbe. Gedruckte Dankes- und Glückwunschkarte zum Jahreswechsel 1971/72 mit eigh. Unterschrift „Stets Ihr Helmut Schmidt“. - Beide Teile gelocht.
2291 Spener, Philipp Jacob, Mitbegründer und Hauptvertreter des Pietismus, Oberhofprediger in Dresden, Konsistorialrat und Propst an St. Nikolai in Berlin, auch bedeutender Genealoge und Heraldiker (1635-1705). - Johann Georg III., Kurfürst von Sachsen (1647-1691). Entlassungsschreiben an Ph. J. Spener. Zeitgenöss. Abschrift. 2 S. Doppelblatt. Folio. Torgau, Schloss Hartenfels, 21.III.1691. 250 € Nachdem sich zunehmende Differenzen zwischen Spener und dem sächsischen Kurfürsten gezeigt hatten, war der Oberhofprediger froh, einem ehrenvollen Ruf nach Berlin folgen zu können. Der Kurfürst genehmigt die Entlassung, ohne sich irgendeinen Groll gegen Spener anmerken zu lassen, und versorgt im Gegenteil ihn und seine Frau noch weiterhin reichlich mit Bezügen. Georg schreibt, der Kurfürst von Brandenburg habe ihn schriftlich gebeten, ihm den Hofprediger zu überlassen, „weil Sie gesonnen waren, die vacirende Probstey und Inspectorat bey der Kirchen zu St. Nicolai in ihrer Residenz Stadt Berlin, nebst einer Rathsstelle im Consistorio derselben durch Eure Person zu ersetzen. Nun Wir dann Sr: Lbdn in diesem Ansuchen nicht entstehen mögen, sondern besagte Eure Überlaßung zugestanden ... so haben Wir Euch in Zeiten hiervon Nachricht geben ... wollen, damit Ihr bey Einlangung der Churbrandenb. Vocation Euch darnach richten könnet. Auf daß Ihr aber auch noch außer Unsern Diensten, Unsere
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte Euch und denen Eurigen zu tragende Gnade erkennen, und deroselben gesichert seyn möget, Alß haben Wir verordtnet, daß neben denen Reise-Unkosten auch die Eurer Haußfrauen sonst -versprochene Gnaden-Gelder, nicht allein von Dato dieser Unserer gdtn Dimission Rescription, auß Unserer Fleisch-Steuer-Casse zu denen gewöhnlichen Quatember Zeiten ... Jährlich bezahlet, sondern auch damit ad dies vitae continiret, und ihr ohnweigerlich abgefolget werden sollen ...“. Auch dem Prediger selbst versichert der Kurfürst sein bleibendes Wohlwollen. - Dieser zeitgenössischen Abschrift hat ein anderer, wenig späterer Schreiber einen Spottvers angefügt: „Flemming, Spener, Lohman machen, / Daß uns iezt vergeht das lachen. / Dieser stirbet, jene beyde / Suchen anders ihre Weyde. / Drumb, Herr Christ, laß dich erbitten, / Und bleib bey uns in der mitten!“ - Etwas gebräunt.
2292 Stein, Heinrich Fr. K. Reichsfreiherr vom und zum, preußischer Staatsmann, Minister und bedeutender Reformer (1757-1831). Eigh. Brief m. U. „F v Stein“ sowie Adresse und Siegelrest. 1 S. Gr. 4to. Nassau 16.V.1827. 450 € An den Kunst- und Buchhändler Jügel in Frankfurt a. M., bei dem er Kupferstichwerke und eine Reihe von 9 Geschichtswerken bestellt, darunter „Chateaubriand Oeuvres Brüsseler Edition - Lettres sur l‘Histoire de France par Thiery - Guizot Revolution de l‘Angleterre - W. Scott Life of Napoleon Brüsseler Edition - Thiery de l‘Invasion de l‘Angleterre par les Normands - Guizot Essai sur l‘Histoire de France ...“ [etc.]. - Ein durch das Öffnen der Versiegelung entstandenes Loch mit geringfügigem Buchstabenverlust repariert. Abbildung
2293 Thüringen. - Henneberg, Jutta Gräfin von, Tochter des Markgrafen Hermann von Brandenburg und Agnes, einer Tochter des Königs Albrecht I.; mit Heinrich VIII. von Henneberg-Schleusingen verheiratet (gest. 1353). Urkunde in einer späteren Abschrift. Deutsche Handschrift auf Papier. 1 S. Kl. 4to. O. O. 20.I.1351 (Abschrift um 1550). 120 € Lehensbrief für den Ritter Dietrich, Truchseß von Werxhausen. Die Enkelin König Albrechts I. war zu dieser Zeit bereits verwitwet.
2294 Türkenkrieg. - Gundelfing[er], Daniel, Waffenhändler (oder Zeugmeister der kaiserl. Rüstkammer?) in Wien. Gesuch an eine kaiserl. Behörde m. U. „Daniel Gundelfing mpp.“. 1 S. Doppelblatt Folio. (Wien, März 1598). 450 € Letztlich die Wiener Hofkammer betreffend, die einen Passierschein („Freipaß“) für einen größeren Waffen- und Rüstungs-Kauf ausstellen soll, der aus Nürnberg über die Donau transportiert werden soll. „... fueg ich gantz underthenig zu wissen demnach mir zu außstaffirung Ihres künfftigen verbunden kriegs volckh etwas wenig kriegs Rüstung Mangln thut als ein hundert schlacht schwerdt, mehr 60 schwartz sturmhauben, vnd 60 Schwartz ring krägen, mehr 20 gestraiffte sturmhauben, vnnd 20 gestraifft krag, die sie in der flucht vor Raab verloren haben ... Des gleichen, 300 Schwartz Landtsknecht Harnisch. Welche bemelte kriegsrüstung ich von Nürnberg bringen laß, vnd so die Thonaw offen wirdt, solche als baldt alhir sein werden. dar zu ich
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nun ein frei Paß Prieff bedürfftig langt an E. E. mein bith Sie wollen die gnedige verordnung thon, damit solcher Paß Prieff von der Hoff camer aus geben werde. so kan ich die Schlachtschwerdter in vorigen kauff haben, sonst muste ich ein iedes umb ein halben gulden theurer kauffen ...“. - Rückseitig hierzu der Vermerk: „Fiat, vnd die Notdurfft an die Hof Cammer zufertigen. 9 Marty ao C 98t. - Mit der „Flucht vor Raab“ ist die voreilige Übergabe der Festung Raab an die Türken im Jahr 1594 gemeint. 20 Tage nach dem vorliegenden Schreiben wurde die wichtige Festung durch Adolf von Schwarzenberg und Graf Nikolaus Palffy mit Hilfe einer List zurückerobert. - Kleiner Adress-Ausschnitt.
2295 Wilhelm I., Deutscher Kaiser, König von Preußen (1798-1888). Urkunde m. U. „Wilhelm“ (hier noch als König von Preußen) und Majestätssiegel in Blindprägung. 1 S. Doppelblatt. Folio. Berlin 10.III.1869. 150 € Patent als Bergrat für den Berg-Inspektor Hugo Wagner in Wettin. Gegengezeichnet vom preußischen Handelsminister Heinrich Friedrich Graf von Itzenplitz (1799-1883). - Laut Bismarck war Itzenplitz „nicht in der Lage, das Steuer seines überladnen ministeriellen Fahrzeugs selbständig zu führen, sondern trieb in der Strömung, welche seine Untergebenen ihm herstellten.“ Die rasche Entwicklung des Eisenbahnwesens und der Strousberg-Skandal überforderten ihn, so daß Itzenplitz 1873 um seine Entlassung ersuchte, die er auch erhielt.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2296 - Brief m. U. „Wilhelm“. 2/3 S. Gr. 4to. Berlin 4.XI.1882.
120 €
An den Fürsten zu Sayn-Wittgenstein-Sayn. „... Durch meine Verordnung vom 2. d. Mts. habe ich beide Häuser des Landtages der Monarchie zum 14. d. Mts. in Meine Haupt- und Residenzstadt Berlin einberufen. Indem Ich Eure Liebden unter Bezugnahme auf die Verordnung vom 12. Okrober 1854 hiervon in Kenntniß setze, lade ich Eure Liebden ein, an gedachtem Tage daselbst zu erscheinen und Ihren Sitz in dem Herrenhause einzunehmen ...“.
2297 Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von Preußen (1859-1941). Verfügung m. U. „Wilhelm R.“ 1 S. 4to. Syrakus (Sizilien) 13.IV.1904. 120 € An den Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. „... ermächtige Ich Sie, den Steinbruchspächter August Rojahn in Sievershausen von dem Vertrage, durch welchen er im Distrikt 1 der Oberförsterei Neuhaus im Regierungsbezirk Hildesheim eine Fläche zum Steinbruchbetriebe auf die 6 Jahre ... für ein jährliches Pachtgeld von 300 M angepachtet hat, vom 1 Oktober 1904 ab zu entbinden ...“. - Gegen gezeichnet vom preußischen Landwirtschaftsminister Victor von Podbielski (1844-1916). - Mit ungewöhnlicher Absender-Adresse des Schreibens.
2298 - Brief m. U. „Wilhelm R.“ sowie 9 hierauf bezügliche Schreiben, alle signiert „Wilhelm I.R.“ oder „Wilhelm R.“. Zus. 10 S. 4to. (Der Brief:) Wiesbaden 22.V.1909 bzw. (die Beilagen:) Achilleion, Yacht „Hohenzollern“, Wiesbaden, Berlin und Potsdam 1907-1908. 600 € An das Kommando der Marinestation der Nordsee. „Ich lasse dem Kommando in der Anlage einen Abdruck der heute von Mir verfügten Personal-Veränderungen in der Armee zugehen, die auch Kommandirungen einer Anzahl von Armeeoffizieren zu MatrosenartillerieAbtheilungen und an Bord von Schiffen der Hochseeflotte enthalten.“ - Beiliegend 1 gleichlautendes Schreiben von 1908 sowie 8 Einzel-Verfügungen über Versetzungen von Offizieren und andere Personal-Veränderungen in Armee und Marine, alle vom Kaiser unterzeichnet. Alle Teile mit geringfügigen Blaustift-Spuren von „Erledigt“-Streichungen; 8 Bl. am linken Rand mit leichtem Buchstabenverlust beschnit-
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ten; 1 Bl. gelocht. - Dabei: Derselbe. Porträt-Photographie mit eigh. Signatur „Wilhelm I.R.“ (Blaustift) auf der Bildseite. 23,5 x 18 cm. Doorn 1934. - Am linken Rand gelocht. - Insgesamt 11 vom Kaiser signierte Stücke. Abbildung Seite 94
2299 - Urkunde m. U. „Wilhelm“ und Majestätssiegel in Blindprägung. 2 S. Doppelblatt. Folio. (Potsdam), Neues Palais 20.XII.1910. 120 € Patent als Stabsarzt der Landwehr für den bisherigen Oberarzt Dr. Gustav Prösch in Wismar.
2300 - Urkunde m. U. „Wilhelm R.“. 1 S. Mit Majestätssiegel in Blindprägung. Folio. Wiesbaden 5.V.1913. 150 € „Bestallung für den bisherigen außerordentlichen Professor Dr. Johann Plenge zu Leipzig als ordentlichen Professor in der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster.“ - Büroklammer-Rostspur; gering fleckig.
2301 Zetkin, Clara, sozialist. Politikerin und Publizistin, SPD-Mitglied, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin (1857-1933). Eigh. Postkarte m. U. „Clara Zetkin, rédactrice de ‚Die Gleichheit‘“. In franz. Sprache. 1 S. (Stuttgart) 30.V.1902. 600 € An Victor Serwy, Sekretär des „Bureau Socialiste International“ in Brüssel, das am 30. Dezember 1901 seine erste Vollversammlung abgehalten hatte. Bittet ihn um Auskunft über feministische Zeitschriften. „... Je viens encore vous demander un service. Auriez vous la bonté de me faire parvenir l‘adresse du journal ‚Stem de Vrouw‘ de Gand? De plus: pendant quelques temps je n‘ai pas reçu le journal ‚Cahiers féministes‘ et je voudrais avoir la collection eu complet. Est-ce que le journal n‘aurait pas paru pendant quelque temps? J‘en ai demandé renseignement à la citoyenne Gatti de Gamond, mai je suis restée sans réponse. Je vous prie donc de vouloir me dire si oui ou non tous les numéros ont paru ...“. - Die führende belgische Frauenpädagogin und Feministin Isabelle Gatti de Gamond (1839-1905) war Mitarbeiterin der „Cahiers féministes“, die von 1896 bis 1907 erschienen. - Gelocht; die Schriftseite leicht fleckig. - Selten.
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Bildende Kunst 2302* Bary, Eduard, sächs. Maler, Professor an der Dresdener Akademie (1813-1875). Eigh. Brief m. U. „Eduard Bary“, Adresse und Siegelrest. 1 S. Gr. 4to. Dresden 25.XII. 1844. 150 € An den Bildhauer Karl Brandenburg in Rom, der dort 1840 ein Atelier für Abgüsse begründet hatte, wegen einer ausstehenden Zahlung, durch die er von Fabri erfahren hatte: „... ich ... habe mit meinen Arbeiten hier in Dresden bis jetzt glücklicheren Erfolg gehabt, als ich mir bei meiner Abreise von Rom träumen ließ ...“. - Bary studierte in Dresden und Düsseldorf. 1840-1843 reiste er als sächsischer Stipendiat nach Italien. Seit 1853 war er Profssor an der Dresdener Akademie. - Dünnes Papier mit durchschlagendem Adresstext.
„the weimar gropius office“ 2303* Bauhaus. - Bayer, Herbert, Fotograf, Designer und Bauhauslehrer (1900-1985). Masch. Brief mit eigh. U. „Herbert“. In engl. Sprache. 1 S. Mit Umschlag. Gr. 4to. Montecito, California, 2.VII.1984. 300 € An den Designer und Bauhaus-Biographen Eckhard Neumann in Frankfurt am Main. „... I am not able to give you any information about the lighting fixture in the weimar gropius office. I have not seen the folder which you received from walter allner about my book, but expect the book to be going on the market sometime in august, there have been some negotiations with german publishers, but I only know that prestel verlag is taking on 1,000 volumes for distribution, the dumont-kunstverlag would certainly be an appropriate publisher ...“. - Gemeint ist das von Arthur A. Cohen herausgegebene Buch „Herbert Bayer. The Complete Work“ (1984). - Eine Kopie des Antwortbriefes liegt bei. - Alle drei Teile gelocht.
2304 - Feininger, Lyonel, Maler und Graphiker, Lehrer am Bauhaus (1871-1956). Brief m. U. „Lyonel Feininger“. 1 S. Gr. 4to. Dessau 26.XI.1931. 450 € An den Berliner Kunstkritiker Albert Buesche, der um Fotos für einen Aufsatz über Feininger gebeten hatte. „... in aller eile habe ich ihnen einige mir geeignet erscheinende fotos für ihren aufsatz im ‚bildkurier‘ ausgesucht. von den hochformaten, als titel seite, erscheint mir vielleicht ‚gelmeroda XI‘ ... geeignet. ferner wollten sie eine karikatur von 1910. hierzu habe ich ihnen ein graphisches blatt ‚karneval in paris‘ 1910 und ein gemälde ‚norman village‘ (auch 1910) beigelegt. sehr bewegte bilder sind um 1916 nicht entstanden, diesem wunsch kann ich leider nicht
entsprechen ... ich würde mich freuen, wenn sie mir nach erscheinen ihres aufsatzes ein belegexemplar zugehen lassen würden. falls die strichzeichnung reproduziert werden sollte, würde es sich empfehlen, sie nicht allzu sehr zu verkleinern ...“. Abbildung
2305* - Finsterlin, Hermann, Architekturvisionär, Designer, Maler, Dichter, Essayist und Komponist, 1919 Mitbegründer der „Gläsernen Kette“, noch 1933 ans Bauhaus berufen (1887-1973). 2 eigh. Briefe m. U. „Finsterlin“. Zus. 3 S. Gr. 8vo. Seefeld (Tirol) 26.V. - 4.VII.1964. 350 € An den Münchener Journalisten Wolfgang von Weber, mit der Bitte um Entschuldigung für die harsche Kritik an Webers Rezension der Ausstellung „60 Jahre Finsterlin. Querschnitt durch sein Schaffen“, die am 8. Mai 1964 in München eröffnet worden war, mit zahlreichen, hier beiliegenden Geschenken zur Wiedergutmachtung: „... Ihre fdl. Besprechung war abgesehen von den, neulich erwähnten Fehlurteilen, an denen ich ja selbst die Schuld trug, in der Grundstimmung doch so positiv und wohlwollend, dass ich Ihnen, auch als dem einzigen interessierten Experten der wirklich sehr seltsamen Münchner Kunstpresse, nicht nur mit Worten danken möchte. Da ich es bei aller bewiesenen Sympathie doch etwas schwierig finde, Ihnen mit einer Arbeit Freude zu machen, (was natürlich immer noch nachgeholt werden kann) - darf ich Sie wohl bitten, das beiliegende, neutrale, bescheidene Geschenk freundlich zu empfangen, und meine, vielleicht verständliche Reaction auf die kl. Missverständnisse zu verzeihen ...“. - Im zweiten Brief vom 4. Juli schickt Finsterlin abermals Freundesgaben: „... das im [Ausstellungs-] Katalog (den Sie wohl besitzen?) vergessene Vorwort, - auch die eigentlich recht gute Ansprache von Hasinger, - noch eine der besten Rezensionen von früher, und - als vielleicht ganz interessanten Gegenpol zu München ein Echo meines alten Freundes, Astrologen und Malers Steiner aus Californien ...“. - Alle genannten Abschriften, das Vorwort sowie der Katalog einer Berliner Finsterlin-Ausstellung (das im ersten Brief erwähnte „neutrale, bescheidene Geschenk“) liegen hier bei. - Finsterlin war ein Wanderer zwischen den ästhetischen Welten und künstlerischen Stilen, der in seinen, meist nie realisierten, architektonischen Entwürfen sich als seiner Zeit weit voraus erwies. Nach der Begründung einer freien Künstlergruppe in Schwabing wandte er sich um 1918, wohl unter dem Einfluss der Anthroposophie, mythologischen und märchenhaften Themen zu, aus intensiver Nietzsche-Lektüre entstand ein „Zarathustra“-Aquarell. 1919 forderte ihn Walter Gropius auf, in einer Ausstellung die Entwürfe seiner „Traumhäuser“ vorzustellen, im selben Jahr wurde er Mitglied der Gläsernen Kette. 1921 entwarf er das „Stilspiel“ für Architekten und einen „Baukasten für Zukunfts-Stil“, bevor er 1926 nach Stuttgart zog, wo die Kinder die dortige Waldorfschule besuchten. 1930 Vorträge am
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ De Chirico und die Fälscher 2307* Chirico, Giorgio de, italienischer Maler, entwickelte die „Pittura metafisica“ (1888-1978). Eigh. Brief mit U. „Giorgio de Chirico“. In deutscher Sprache. 12/3 S. 4to. Rom 28.III.1956. 800 € In deutscher Sprache an einen Herrn : „... Ich sende Ihnen zurück die Photo von dem einzigen Bild welches echt ist. Die drei ‚metaphysischen‘ sind alle drei falsche Bilder, die wahrscheinlich aus Paris kommen. - Ich muss die photos von den falschen Bildern behalten und bitte Sie mir Namen und Adresse schreiben von dem, oder diejenigen die Ihnen die Falsche Bilder angeboten haben. - Jetzt ich bleibe hier, bis Juni. Ich habe manche metaphysische Bilder, wenn Sie kaufen wollen; nur ich muss Ihnen sagen dass die Autentik die Ich hinter dass Bild schreibe ist dass Ich das Bild gemalt habe und mein Namen ist von meiner Hand geschrieben. Wenn jemand mir fragt in welchem Jahr ich dass Bild gemalt habe dann antworte ich dass ein Bild ist ein Kunstwerk und nicht ein Briefmark ...“. - Chirico gilt als einer der meistgefälschten Künstler des 20. Jahrhunderts. Er war dafür berühmt, dass er Bilder von sich in Museen regelmässig als Fälschungen disqualifizierte. Ab 1911 hatte er seine „pittura metafisica“ entwickelt und später mit den Versatzstücken von einst „neometaphysische“ Bilder gemalt. So kopierte er auch Erfolgsstücke der frühen Jahre, etwa „Piazza d‘Italia“, bis zu 400 Mal. Sie seien „sehr gefragt, gut bezahlt, warum sollte ich sie nicht neu malen?“, soll er gesagt haben. - Rückseitig kleine Montagespur. Abbildung
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Bauhaus in Dessau, dann Dekorationen für das Stuttgarter Künstlerfest „Spuk“ und die Erste Internationale Kunstausstellung, Wand- und Deckengemälde in Bad Mergentheim, Schömberg und auf Mallorca. Intensive Kontakte zu Erich Mendelsohn, Bruno und Max Taut, Walter Gropius und den Amigos de Gaudí. Finsterlins Plan, das OlympiaGelände in München 1972 zu gestalten, wurde nicht verwirklicht. Vgl. Reinhard Döhl, Hermann Finsterlin. Eine Annäherung, Stuttgart 1988.
2306 Behrens, Peter, führender Architekt, Graphiker und Kunstgewerbler des Jugendstils (1868-1940). Eigh. Brief m. U. „Behrens“. 1 S. Auf blauem Papier. 4to. Düsseldorf 30.VII.1905. 750 € An Harry Graf Kessler, den Vizepräsidenten des Deutschen Künstlerbundes in Weimar. „... Mit besonderer Freude habe ich davon Kennt nis genommen, daß der Deutsche Künstlerbund mich als Mitglied des Gesammtvorstandes in Vorschlag gebracht hat. Ich gestatte mir ganz ergebenst darauf zu erwidern, daß ich die Wahl gern annehme und nach besten Kräften bemüht sein werde, die hohen kulturellen Ziele des Bundes fördern zu helfen ...“. - Graf Kessler, der von 1902 bis 1906 das Weimarer Museum leitete, war 1903 auch an der Gründung des Deutschen Künstlerbundes beteiligt gewesen. - Am oberen Rand gelocht; rückseitig leicht fleckig. Abbildung
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2308 David d‘Angers, Pierre Jean (eigentl. P. J. David), berühmter franz. Bildhauer und Medailleur, schuf auch in Deutschland Büsten von Goethe, Tieck, Schelling u. a. (1788-1856). Eigh. Brief m. U. „David d‘Angers“ und Adresse. 1 S. Gr. 8vo. Paris 23.VI.1846. 350 € An Ledru Rollin. „J‘ai le plaisir de vous offrir ... le modèle de notre médaille des Polonais, en vous remerciant d‘avance du petit coin que vous voudrez bien lui accorder dans votre appartement. - Il n‘a pas dépendu de moi que la medaille parut plustôt; la reduction ... a été fort longue, nous avons encore à attendre le fondeur, puis le graveur des lettres, et malgré toute ma bonne volonté de les presser je n‘obtiendrai pas grand chose ...“. Abbildung Seite 100
2309* Defregger, Franz von, Maler (1835-1921). Eigh. Brief mit U. „F. Defregger“. 1 Seite. Doppelblatt. Kl.-4°. München 8.VII.1906. 150 € An einen Professor, der ihm ein Bild zur Prüfung oder zum Ankauf übersandt hatte: „... anbei returnire ich das Bildchen, welches eine übermalte Fotografie zu sein scheint u. infolgedessen völlig werthlos ist ...“. - Kleiner Einriß in der Knickfalte hinterlegt.
2310* Dix, Otto, Maler und Graphiker (1891-1969). Eigh. Brief mit U. „Otto Dix“. 1 S. Kl. 4to. Dresden 27.IX.1938. 450 €
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst Seltener Brief aus der Vorkriegszeit, an eine Galerie in Stuttgart. „... Leider habe ich nicht ein einziges Blatt meiner neuen Handzeichnungen mehr, einige sind noch in Zürich. Sobald diese zurück sind schicke ich sie Ihnen gerne ...“. - Eingangsstempel „29. Sep. 1938“. - Dix war mit Ilse Schaller, der 1899 geborenen Tochter des Stuttgarter Kunsthändlers Hans Otto Schaller und Ehefrau Walter Ostermayers bekannt. Gelocht; mit Vermerk des Empfängers: „Ordner für Originale“. - Beiliegend ein eigenhändig adressierter Umschlag (Marken ausgeschnitten), der aber wohl nicht zu diesem Brief gehört.
2311* - Eigh. Schriftstück m. U. „Otto Dix“. 1 S. (Kugelschreiber und Tinte). Mit eigh. Umschlag. Quer-schmal8vo. (Hemmenhofen am Bodensee 17.I.1962). 250 € An Friedhelm König in Frankenberg (Eder), der ihn offenbar um ein Zeugnis gebeten hatte. „Ich kenne Herrn König seit Jahren und habe sein ganzes Werk an Bildern und Radierungen gesehen. Er ist ein außerordentlich begabter Maler und Grafiker. Ich selbst besitze eine Anzahl Radierungen von ihm und schätze seine Arbeiten sehr.“ Darunter, mit Tinte: „Entwurf für ein Schreiben an Ihre Behörde. Otto Dix“. - Friedhelm König (geb. 1931) war Handelsschullehrer und hatte 1955 u. a. bei der Gründung der Frankenberger Handelsschule mitgewirkt.
2312* Felixmüller, Conrad, Maler und Graphiker, hervorragender Vertreter des dt. Expressionismus (1897-1977). Eigh. Brief m. U. „Conrad Felixmüller“. 1/2 S. Gr. 4to. Berlin-Zehlendorf 6.II.1968. 180 € An den Leiter des Verlages Gebr. Mann, Prof. Dr. Heinz Peters (19212004) in Berlin „... Herr [Florian] Karsch wird Ihnen meinen Holzschnitt Portrait Carl Sternheim - 1925 - als meinen Dank für Ihre Mühe um das Vorwort zum Katalog u. für Ihre einführenden Worte zu meiner Ausstellung übergeben - ich hatte schon damals Ihnen meinen Dank ausgesprochen als ich Ihnen mein Holzschnittbuch (40 Holzschnitte ‚ich sah und schnitt in Holz‘) gab. Ich glaube Herrn Karsch richtig verstanden zu haben als er Ihre besondere Anerkennung des oben genannten Holzschnittes erwähnte - das freute mich besonders ...“. - Felixmüllers großer Porträtholzschnitt des Dichters Carl Sternheim (Söhn 334) von 1925 gehört zu den Höhepunkten in seinem druckgraphischen Werk. - „Ich sah und schnitt in Holz“ war 1952 in Hamburg erschienen. - Gelocht; Beantwortungsvermerk.
2313* Firle, Walther, Münchener Maler, Porträtist prominenter Persönlichkeiten (1859-1929). Eigh. Brief m. U. „Walther Firle“. 2 S. Mit 2 fotograf. Ansichten aus Seeshaupt. Doppelblatt mit eig. Umschlag. Kl. 4to. Seeshaupt 9.IX.1903. 120 € An den Diplomaten Gottfried von Böhm (1845-1926): „... Ich nehme an daß Du aus der Schweiz wieder zurückgekehrt bist und bitte Dich mir mitzutheilen, wann Du meinst, daß wir den Baron Büsing besuchen sollten. Es wäre mir lieb, wenn Du mir gütigst einen Tag vorher Nachricht geben würdest, da ich in München noch einige Besorgungen zu machen hätte. Daß ich mich sehr freuen würde, wenn Du einmal zu
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mir heraus kämst, weißt Du, das thust Du aber leider doch nicht. Es ist mir jeder Tag angenehm den Du für unseren gemeinsamen Besuch in Zinneberg bestimmst ...“. - Am Briefkopf zwei reproduzierte Fotografien von Firles Bauernhaus am Starnberger See, eine Gesamtansicht vom See aus und eine Detailansicht des Eingangs mit Freisitz und dem Künstler am Tisch. Das heute noch in der Hauptstr. 25 bestehende Haus ist im Innern als holländische Fischerwohnung ausgestattet. Firle hat es in seinem Bild „Hauskonzert“ dargestellt. Die bayerischen Briefmarkenserien unter König Ludwig III. sind alle nach Firles Porträts gestaltet.
2314 Genelli, Bonaventura, dt. Maler, Zeichner und Graphiker (1798-1868). Eigh. Brief m. U. „B. Genelli“. 2 S. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 4to. München 25.IX.1850. 450 € Aus Genellis „brotlosen“ Münchener Jahren an den Verleger Georg Wigand in Leipzig, dem er seinen Zyklus von Zeichnungen „Aus dem Leben eines Wüstlings“ anbietet. „... Seit einigen Monaten habe ich eine Serie von achtzehn Compositionen (das Titelblatt mit eingerechnet) vollendet - dieselbe stellt dar Situationen aus dem Leben eines Wüstlings. Künstler und nicht Künstler wünschen dieser wohldurchstudirten Arbeit die Veröffentlichung und ich sehe mich genöthigt mich nach einem Käufer und Herausgeber umzuthun - und da Sie Herr Wie-
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ ihnen Freude machen würde, daß diese Arbeit in die Welt käme ...“. Der 1840-1849 entstandene Zyklus von Aquarellen, den Genelli noch dreimal variierte, erschien von Georg Koch lithographiert erst 1866 bei F. A. Brockhaus in Leipzig. - Beiliegend ein Porträt des Künstlers mit faksimilierter Unterschrift, nach dem Gemälde von Rahl gestochen von C. Gonzenbach. Abbildung
2315* Hanak, Anton, österr. Bildhauer (1875-1934). Eigh. Brief mit U. „A. Hanak“. 1 S. Gr.-4°. Wien, 23.I.1921. 400 €
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gand [!] als einer von den Männern in Deutschland gelten, der eines solchen Untrnehmens fähig wäre - so wende ich mich an Sie mit der Frage, ob wir nicht zusammen ein Geschäft machen könnten? ... Ich könnte Ihnen nur vorschlagen solche Männer wie Prof: Rietschel - Dir: Schnorr - Pr: Hähnel - Pr: Richter usw in Dresden - und in Ihrer Nähe Dir: Jäger über den Kunstwehrt dieser Arbeit zu fragen - da ja all‘ diese Künstler dieselbe kennen ... Meine Forderung wäre fals [sic] die Zeichnungen selbst in Ihren Besitz kämen 6000 Gulden - von dieser Summe müßten mir jedoch bei Ablieferung der Zeichnungen 3000 fl. ausgezahlt werden die andere Hälfte nach Verlauf eines Jahres. Oder ich behielte die Zeichnungen und ich gäbe Ihnen die Erlaubniß sie stechen zu lassen, für welche Erlaubniß ich 4000 Gulden die mir aber ganz bei Ablieferung der Zeichnungen ausgezahlt werden müßte[n] - verlangen würde. - Der für einen Unternehmer schwierigere Theil bliebe wohl die Honorirung der Kupferstecher welche jedoch allhier unter meiner Leitung jedenfalls sich billiger und besser finden ließen als in irgend einer anderen Stadt Deutschlands - schon deßhalb billiger weil es
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In der allgemeinen Notlage nach dem Ende des Weltkriegs an den Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, Friedrich Dörnhöffer (1865-1934) in München: „... Erschrecken Sie nicht daß ich aus den Tiefen der Gräber auftauche. Hier kann ich nicht mehr weiter. Ein Leben lang will ich von hier auswandern. Hier ersticke ich und muß ich doch noch höher steigen. Können mir die unsichtbaren Förderer nicht dazu ihre Hände bieten, mich befreien? Hätte ich nicht schon früher laut rufen sollen? selbst das Streben steuern? Ich fühle daß ich angerannt bin und keine Zeit mehr habe den Kreis der sich um mich gebildet hat zu unterhalten. Jetzt da ich am meisten vollbringen könnte muß ich mich als Musikant entdecken. Der Gesellschaft einen Komiker oder musikalischen Hanswurst bieten damit vielleicht ein plastisches kleines Werk entstehen kann? Nein, ich muß aufbauen. Dort wo das Material heilig spricht, dort wo die göttliche Erhebung das Irrdische [!] auslöscht. Dorten, irgendwo? Und so melde ich mich zur Arbeit, will mit der Jugend die Stätten der Erhebung vertheidigen. Ich verlange nichts nur zur Arbeit will ich aufgefordert sein. ...“ - Hanak unterrichtete seit 1913 an der Wiener Kunstgewerbeschule und an der Wiener Akademie der bildenden Künste (1932-34). Ausgehend von Rodin und Maillol, schuf er expressionistische Monumentalplastiken für Bauten und öffentliche Plätze; sein bekanntestes Werk ist „Der brennende Mensch“ (nach 1918). - Kalligraphisch wirkendes Schriftbild. - Dabei: Derselbe. Eigh. Schriftstück m. U. „A. Hanak“. 1 S. Gr. 4to. Wien 6.XII.1927. - „zur Reinigung der Marmorfigur ‚Das Gebet‘. - Gestossenen Naturbimsstein dan [!] einen Leinwandstoppel [kleine Federzeichnung] (Bausche) machen denselben ins Wasser tauchen dan in dem Bimssteinstaub (Pulver) und dan damit den Stein abreiben - solange bis die Flecken weg sind. Sollten die Flecken sehr tief sein so mache ich mich erbötig persönlich nach München zu fahren und diese Arbeit persönlich zu verrichten (gegen blos Entgeld für Reise III. Classe und knappe Tagesdiäten ...“. Abbildung Seite 102
2316* Heartfield, John (eigentl. Helmut Fr. Jos. Herzfeld), Maler und politischer Graphiker (1891-1968). Masch. Brief mit eigenh. U. „John Heartfield“. 1/2 S. Mit Briefkopf. Gr. 8vo (20,5 x 15 cm). Ost-Berlin 1.VII.1966. 200 € Kurze Bitte an die Redaktion des Staatsorgans „Das Neue Deutschland“. „Werte Genossen! ! Ich bitte Sie so freundlich zu sein und meinen Brief an Herrn Hans Krause weiterzuleiten, da ich seine Adresse nicht kenne. Mit sozialistischem Gruß John Heartfield.“ - Gemeint ist der Schauspieler, Kabarettist und Schriftsteller Hans Krause (geb. 1924), Gründungsmitglied und zeitweise Direktor des Kabaretts Die Distel. - Gelocht. - Selten.
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst 2317* Heckel, Erich, Maler und Graphiker des Expressionismus, Mitbegründer der „Brücke“ (1873-1970). Masch. Brief mit eigh. U. „Erich Heckel“. 11/2 S. Quer-gr. 8vo. Hemmenhofen am Bodensee 10.VIII.1947. 180 € An Herrn Hempe, der eine Heckel-Ausstellung in Weimar veranstalten will. „... Mit Ihrem Vorschlag, die Aquarelle, die Herr [Max] Kaus von mir aufbewahrt, nach Weimar zu holen und mir später zustellen zu lassen, bin ich ... einverstanden. Allerdings habe ich den Wunsch, eine Anzahl angebrannte Blätter, die sich auch bei Herrn Kaus befinden, bei dieser Gelegenheit hierher gesandt zu bekommen. Da die Arbeiten bei Herrn Kaus alle im Herbst 1943 in Potsdam entstanden und einige davon unverkäuflich, andere nicht geeignet sind, schlage ich vor, Ihnen von hier in einer Rolle einige Blätter aus anderer Zeit zu senden ... Unverkäuflich sind von den Potsdamer Blättern 3 oder 4, diese haben neben der Signierung ein kleines Zeichen ... Das eine, etwa 56 x 70 gross: Gartenland mit Sonnenrosen, eine grössere Baumgruppe dahinter; das zweite, gleich grosse: ein grösserer Baum an einem Weg, Gesträuch mit roten Beeren; ein etwas kleineres mit der Potsdamer Kirche und grüner Kuppel, vorn Wasser mit Holzflössen; möglicherweise das 4. mit einer Baumgruppe und einer Hütte ...“. Ferner über ein Aquarell „Nordsee bei Kampen“, das gleichfalls in Weimar ausgestellt werden soll. - Mit dem genannten „Herrn Kaus“ ist wohl der Maler und Heckel-Schüler Max Kaus (1891-1977) gemeint, der seit 1945 Lehrer und stellvertretender Direktor der Hochschule für Bildende Künste in Berlin (West) war.
Kunst und Inflation 2318* Jaeckel, Willy, Maler und Graphiker, Mitglied der Berliner Secession und der Preuß. Akademie der Künste, Hochschullehrer (1888-1944). Eigh. Brief m. U. „Willy Jaeckel“. 3/4 S. Liniiertes Papier. Gr. 4to. Gunzesried 29.IX. 1923. 180 € An eine Galerie in Stuttgart: „... Anbei sende ich Ihnen Ihre Preisaufstellung meiner bei Ihnen befindlichen Graphik in Goldmark umgesetzt, zurück. Um bessere Verkaufsmöglichkeiten zu bieten bitte ich die Preise inclusive Ihrer Verkaufsgebühren zu betrachten. Verrechnung in Papiermark ist der amtliche Kurs am Tage des Verkaufs ...“. - Im Oktober 1923 betrug der Gegenwert eines Dollars 25 Milliarden Reichsmark. - Mit Eingangsstempel; gelocht; leicht gebräuntes Inflationspapier.
„mir mein Jubiläum verdorben“ 2319* Kerschensteiner, Josef, Maler (1864-1936). 7 eigh. Briefe mit U. „Jos. Kerschensteiner“. Zus ca. 101/2 S. Gr. 8vo. Stuttgart 11.I. bis 10.III.1924. 250 € An eine Galerie in Stuttgart. - I. „... Bei Eröffnung meiner Ausstellung ... drängt es mich, Ihnen ... meinen großen, aufrichtigen u. innigen Dank auszusprechen. Sie haben dieselbe angeregt und in Szene gesetzt und ist es bei meinem 60. Geburtstag mir also so schön vergönnt, in intimem Raum, bei mildem trefflichem Oberlicht und eigener Jury, in wohlgewählter Qualität wieder einmal collectiv vors Publikum zu treten.Meine schönste Ausstellung, die ich je hatte!! ...“. - II. „... Zu meinem Erstaunen sind Arbeiten von mir, die ich als nicht ausgestellt wünschte, im Schaufenster ... öffentlich ausgestellt! Ich bitte Sie, diese Bilder aus der Auslage zu entfernen ...“. - III. „... Es ist eine trübe Sache für mich, daß mit meiner so streng erlesenen Jubiläums-Ausstellung ... jene Ver-
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kaufs-Collection zusammen fällt, die in Ihrem Büro hängt: Ich bitte Sie von ganzem Herzen, daß Sie, so lange diese meine beste Ausstellung währt, Sie mir keine Trübung meines Jubiläums antun, indem Sie Ihre Verkaufsbilder meiner Hand, in die Strassen-Auslage nochmals lançiren ...“. - IV. Mit Dank. - V. „... Es wäre diese Ausstellung ein selten schönes Ereignis für mich gewesen, wäre nicht unmittelbar danach eine durch Sie veranstaltete Ausstellung sehr minderwertiger Arbeiten von mir in Ihrer Strassenauslage erschienen! ... Wohl mögen Sie es begreifen, daß ich in einer ‚Kunsthandlung‘ niemals mehr ausstellen werde! ...“. - VI. „... Sie haben mir mein Jubiläum verdorben und mir ‚geschadet‘! ...“. - VII. „... Hätten Sie mit der Straßen-Auslage nur wenigstens einige Wochen gewartet, damit das Publikum selbe nicht mit der Jubiläums-Ausstellung in Verbindung bringt ...“. - Kerschensteiner konzentrierte sich auf die Tiermalerei. Er bevorzugte in seinen Gemälden insbesondere Elefanten und Kamele und stellte häufig die Farbigkeit von Papageien dar. - Alle Teile gelocht.
2320 Kokoschka, Oskar, Maler, Graphiker und Dramatiker, Hauptmeister des Expressionismus (1886-1980). Eigh. Brief m. U. „O Kokoschka“ und eigh. Uschlag. 2 S. Gr. 8vo. Villeneuve (Schweiz) 14.XI.1955. 450 € 101
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ An einen Galeristen in Stuttgart: „... nach Ihren, mit meinen Wünschen ganz übereinstimmenden Darlegungen werde ich Ihnen in der II. Hälfte des September - eine Ausstellungskollektion senden bestehend 1. Der neue Totentanz, Folge mit 24 Blättern, 2. 16 Einzelarbeiten - (da der n[eue] T[otentanz] bisher verlegt ist, ja nicht in Einzelstücken ab gegeben werden kann und ich auch wenigstens die Chanze [!] einer Verkaufsmöglichkeit einschliessen möchte. - Für die nachträglichen Wünsche zum 60. danke ich und werde der Sendung eine der kl. Lithos zur Erinnerung für Sie beilegen - ich hatte noch ein paar Ex. davon ...“. - Gelocht. - 3 neuere Beilagen.
2322 Le Corbusier (d. i. C. E. Jeanneret), franz. Architekt (1887-1965). Brief m. U. „Le Corbusier“. 1 S. Gr. 4to. Paris 18.IX.1962. 600 €
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An einen ihm befreundeten Juristen, Politiker und Architekturkritiker in Bonn, betreffend eine „alte Schuld“. „... Das Rad der äußeren Erfolge läuft ja wieder ganz munter, doch der Werkelmann, ich, der die Kurbel dreht, ist meist gar nicht bewußt alles dessen, was er angestellt hat im Leben. Nun, vom Verlag Fingerle & Cie, Esslingen am Neckar, werden in der nächsten Zeit 2000 D.M. als erste Anzahlung auf meine Schuld von 10.000 D.M. bei Dir geleistet werden. Weitere Beträge folgen von andern Stellen, wo ich anständige Beträge erwarte ... Bis zum 1. Jänner hoffe ich Dir den Gesamtbetrag zurückerstattet zu haben in Teilbeträgen. Überdies will ich Dir eine Ölskizze des Casalsportraits aushändigen, als Geschenk für Ruth, die ich in Sion nicht fertigbrachte, weil die Dame in Begleitung Casals auf plötzlicher Abreise bestand. Ich malte dann ein Bild darnach, in einer andern Stellung. Auch diese Skizze wäre besser hier gelegentlich abzuholen, weil Verpackung, Transport und offizielle Zollscheerereien hier alles so compliziert machen. Ich hätte auch Ruth gemalt, bei ihrem labilen Gesundheitszustand ist dies aber so schwierig einzurichten ...“. Erwähnt eine Kokoschka-Ausstellung in Wien. Abbildung
2321* Kubin, Alfred, Graphiker, Illustrator und Schriftsteller (1877-1959). Eigh. Brief mit U. „A Kubin“. 1 S. Gr. 4to. Goldegg im Pongau „bei Bürgler“, 18.VIII.1938. 380 € 102
An Willy Brandt, damals Regierender Bürgermeister von Berlin (West), den er mit „Monsieur le Professeur“ anredet. Brandt hatte Corbusier am 13. September 1962 zu einem Kongress (Tagung des Verbandes deutscher Städtestatistiker?) nach Berlin einladen lassen. Dieser lehnt ab: „... J‘ai le très vif regret de ne pouvoir accepter car je serai encore en voyage à Brasilia à ce moment-là. Je le regrette infiniment. Mais, d‘autre part, je vous signale que je n‘accepte plus d‘assister à des congrès ou des symposiums. J‘ai écrit suffisement de choses pour que mes idées soient connues ... PS. Je signale à votre attention le livre qui a été préparé par M. Jean Petit, aux éditions ‚Forces Vives‘: ‚Le Corbusier - L‘urbanisme des Trois Etablissements humains.‘ C‘est là que j‘ai exprimé la synthèse de mes recherches ...“. - Gelocht; mit Eingangsstempel und Vermerken („Büro Willy Brandt“) verschiedener Senatsstellen.
2323 Lenné, Peter Joseph, der große preußische Gartenarchitekt, Schöpfer vieler Parkanlagen in Berlin, Potsdam und Umgebung sowie im Rheinland (1789-1866). Eigh. Signatur „Lenné“ auf seinem Teilnehmer-Ausweis für die Pariser Weltausstellung 1855. Zweiseitig bedruckter Karton mit hs. Eintragungen und Stempel der Ausstellungsleitung. 7,5 x 11 cm. Paris 1855 600 € Ausweis für Aussteller („Exposans“), zu denen Lenné wohl zählte. Der Inhaber ist gekennzeichnet als „Mr. Lenné de Berlin, à Paris, 36 Boulevart [!] bonne nouvelle.“ Rückseitig gedruckte Verhaltensvorschriften für die „Exposans“ . Abbildung Seite 104
2324 Lithographen-Zeugnis. Illustrierte Urkunde. Lithographie mit handschriftl. Text. 1 S. Quer-folio. Schwerin 16.III.1834. 150 € Zeugnis für den Lithographen Heinrich Grebs aus Doberan, ausgestellt von der Schweriner „Sonntagsschule für Handwerkslehrlinge“. Mit den Unterschriften von 15 Lehrern. Dem Lithographie-Lehrling wird bescheinigt, dass er in der deutschen Sprache „befriedigende Fortschritte“ gemacht habe. Aber im architektonischen Zeichnen und namentlich im freien Handzeichnen habe er ausgezeichnete Fortschritte gemacht. „... dazu hat er durch manche öffentliche Leistungen schon erwiesen, daß er in der Lithographie zu schönen Hoffnungen berechtigt, wenn er es
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst auch fortan nicht an Fleiß und Bescheidenheit fehlen läßt ... Wir haben ihm deshalb ein Zeugniß erster Klasse, Prämie und Wanderbuch gerne zuertheilt ...“. Der lithographische Schmuck zeigt eine Flußlandschaft, im Vordergrund ein Gedenkstein mit figürlichem Relief; oben eine Bordüre mit Zeichengeräten. - Etwas gebräunt; Faltenrisse.
2325 Meidner, Ludwig, Maler und Graphiker, Hauptvertreter des dt. Expressionismus (1884-1966). Eigh. Brief m. U. „Ludwig Meidner“. 2 S. auf 2 Bl. (Bleistift). Gr. 4to. Frankfurt a. M., Hospital zum Heiligen Geist, 25.III.1957. 300 € An eine befreundete Dame in Bonn. „... Ich selber bin nun fast 3 Wochen hier u. werde aufs beste von Ärzten, Krankenschwestern u. der guten Verpflegung versorgt. Viel zu viel Essen. Hab schon eine Narkose u. 2 Einschnitte in den Unterleib hinter mir. Ich leide sehr und bin seelisch tief betrübt. Nächste Woche die Prostata-Operation ... sollte mir hier im Hospital etwas Menschliches passieren, so ist es mein Wille, dass mein gesamtes Besitztum an Geld u. sonstigem meiner Frau u. meinem Sohn zufällt. Mein künstlerischer Nachlass soll der hessischen Regierung übergeben werden, von der ich seit 3 Jahren ein Stipendium bekomme. 2) Die hessische Regierung möchte einen Kunsthistoriker oder Museumsleiter bestimmen, der meine besten Arbeiten, namentlich Handzeichnungen, auch Radierungen, für die öffentlichen Museen und städtischen oder staatlischen Galerien der Bundesrepublik, von deutschÖsterreich und der deutschen Schweiz, die alle vor 1933 Arbeiten von mir hatten, auswählt, um die jenen Museen als Geschenk von mir zu übermitteln. Ich denke mir, dass jede Galerie 10 bis 20 Arbeiten erhalten soll, plus ca. 5-10 Radierungen oder Aquarelle. - Ungedruckte Manuskripte aus meinem Nachlass sollen nicht publiziert werden. Die nach der Auswahl übrig bleibenden Arbeiten sollen meiner Frau übergeben werden. - Sie selbst ... mögen sich, vor der Auswahl, einige Arbeiten von mir, zur Erinnerung an mich, auswählen für sich selber. Bitte bewahren Sie diesen Brief auf, ich habe ihn eigenhändig auf dem Krankenlager geschrieben ...“. - Glücklicherweise waren dem Künstler dann aber doch noch neun Lebensjahre vergönnt.
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2326 Mendelsohn, Erich, Architekt (1887-1953). 2 Briefe m. U. „Mendelsohn“. Zus. 2 S. Auf bräunlichem Papier. Gr. 4to. Berlin-Charlottenburg 11. und 24.III.1926. 450 €
2327 Menzel, Adolph von, Maler, Graphiker und Illustrator, einer der bedeutendsten Maler des 19. Jahrhunderts (1815-1905). Eigh. Brief m. U. „Menzel“. 21/2 S. Folio. Berlin 12.IV.1895. 450 €
An Professor Alfred Fischer in Essen. Über Ausstellungen seiner Entwürfe in Köln und Essen. „... Meine Arbeiten in Cöln sind bis zum 21. dort ausgestellt; sie könnten alsdann direkt zu Ihnen kommen ... Einiges neue Material möchte ich für die Ausstellung in Essen noch beigeben, besonders die Arbeit für Rußland ... Ich halte am Mittwoch, den 17. d. Mts., einen Vortrag im Cölner Kunstverein über ‚die Architektur unserer Zeit‘. Vielleicht ist es mir möglich, Sie kurz darauf in Essen zu besuchen ... Den Buchverlag Rud. Mosse habe ich angewiesen, Ihnen in meinem Namen ein Exemplar meines Amerika-Bilderbuches zu übersenden [11.III.] ... Der ihnen vorgeschlagene Vortrag hat für mich nur ideellen Wert, ich pflege deshalb nur die Erstattung meiner Auslagen, also etwa RM 150,- in Anrechnung zu bringen. Ich würde denselben Vortrag halten wie neulich in Köln ... Gerade gestern erhielt ich von Herrn Dr. Freundlich aus Sumatra einen längeren Brief. Er schrieb mir, dass die Finsternisaufnahme geglückt sei und er auf dem Wege über Amerika zurückreist ...“ [24.III.]. Erwähnt auch Bruno Taut. - Rückseitig zwei Bleistift-Skizzen.
An einen Herrn („Euer Hochwohlgeboren“), vermutlich den Architektur-Professor Hermann Ende, Präsident der Berliner Akademie und Vorsitzender der Sektion für die Bildenden Künste im Senat. Menzel hatte die Aufgabe seiner Mitgliedschaft im Senat der Akademie, dem er seit 1875 angehörte, verkündet, weil diese, wie Anton von Werner in seinen Memoiren erzählt, „nichts für ihn war“. Es erhoben sich sofort Stimmen, die versuchten, den Künstler von seinem Vorhaben abzubringen, so auch der Adressat des vorliegenden Briefes. Doch Menzel gibt sich fest entschlossen: „... Wahrhaft gerührt von den Ausführungen Ihrer beiden Antwortschreiben ... danke ich Ihnen wie unserer Section herzlichst für solch einmüthigen Ausdruck Ihrer Gesinnung zu mir. Mein von Ihnen mit so kameradschaftlichem Eifer angefochtener Entschluß steht jedoch fest. Und ich halte mich überzeugt, daß der Herr Minister, nachdem die Gründe meines Austritts, wie ich nicht zweifle, Hochdemselben durch Sie bekannt geworden, ein viel zu korrekter Staatsbeamter ist, um demselben nicht beizustimmen. - Vielleicht liegt diesen Augenblick schon die genehmigende Verfügung im
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Cabinet Sr: Excellenz ...“. - Anton von Werner erzählt von Menzels Senats-Mitgliedschaft: „Entweder er kam in die Sitzung, wenn sie eben geschlossen werden sollte, oder er schlief, oder er sprach in der Diskussion langsam und bedächtig über Dinge, die gar nicht zur Diskussion standen.“ So sehr Menzel Geselligkeit schätzte, so wenig behagten ihm, besonders im Alter, bürokratische Strukturen und Ämter. Im vorliegenden Fall gelang es allerdings, den Künstler noch einmal für die dreijährige Amtsperiode zum Bleiben zu bewegen; im Mai 1898 lehnte er dann jedoch eine Wiederwahl endgültig ab.
2328* Modersohn, Otto, bedeutender Landschaftsmaler, Mitbegründer der Künstlerkolonie Worpswede (18651943). Eigh. Postkarte m. U. „Otto Modersohn“. 1 S. Fischerhude 28.XI.1925. 300 € An den Geographen Ewald Banse (1883-1953) in Braunschweig: „... Es freut mich sehr, daß Ihnen die Bilder gefallen, im Preise will ich Ihnen möglichst entgegenkommen, auch mit der Bezahlung. Die Bilder können gern dort bis Weihnachten bleiben. Vielleicht sieht sie auch ein Bekannter bei Ihnen ...“. - Modersohn gründete 1889 gemeinsam mit Mackensen die „Worpsweder Malervereinigung“. - Gelocht.
2329 Mueller, Otto, Maler und Graphiker, einer der Hauptvertreter des Expressionismus, Mitglied der „Brücke“, Akademieprofessor in Breslau (1874-1930). Eigh. Brief m. U. „Otto Mueller“. 1 S. Gr. 4to. (Wohl Breslau) o. J. 750 € An den Schriftsteller, Kunsthistoriker und Botaniker Reinhold Conrad Muschler (1882-1957), der sein neuestes Buch für ihn abgegeben hatte. „... es tut mir ausserordentlich leid daß Sie mich nicht angetroffen hatten - ich war ein paar Tage im Gebirge, mich zu erholen, bin meistens über Sonntag von Freitag bis Montag weg - aber Dienstag bis Donnerstag
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immer im Atelier und ich würde mich sehr freuen, wenn wir wieder einmal zusammen wären, früher war es doch so oft - ich freue mich sehr über das Buch ...“. - Der Botaniker und Romancier Muschler trat auch als Kunstschriftsteller in Erscheinung: 1925 gab er ein Werkverzeichnis des Graphikers Ferdinand Staeger heraus. - Minimale Randschäden; ein Faltenriss unauffällig unterlegt. Abbildung
2330* Pankok, Otto, Maler, Zeichner und Bildhauer (1893-1966). 2 eigh. Briefe mit U. „Pankok“ bzw. Paraphe „OP“. Zus. 2 S. 4to und gr. 4to. (Düsseldorf) 15. und 21. XI.1957. 200 € An den Photographen Anton „Toni“ Tripp (1911-1991) in Düsseldorf wegen Photobestellungen von einem Porträt und von Plastiken. - I. „... Würden Sie freundlicherweise die obigen Aufnahmen noch mal kopieren? Bei feinem Druck und sehr guten Klischees wird das Schwarz im Hintergrund nämlich zu stark, lieber Hintergrund unbearbeitet, sowie auf der Platte ...“. - II. „... Das Foto (Portrait) ist schön, aber durch das Um-die-Ecke-Schielen etwas theatralisch. Vielleicht machen Sie noch mal gelegentlich ein anderes. Ich habe da so eine Idee für das Heft, das die Akademie herausgibt. Von den Plastiken hätte ich noch gerne je einen Abzug ... Dann wäre ich wieder komplett ... Es wird Sie vielleicht interessieren, dass der UKW des Westd[eutschen] Rundfunks am 29. Nov. 18.15 eine kleine Zigeunersendung bringt ...“. - Dekorative Künstlerschrift.
2331 Poelzig, Hans, Architekt, Maler, Bühnenbildner, führender Vertreter der Neuen Sachlichkeit (1869-1936). Eigh. Brief m. U. „Poelzig“ und Umschlag. 11/2 S. Gr. 4to. Potsdam-Wildpark 5.XI.1926. 250 €
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst An Helli Landsberger in Breslau, die in einer peinlichen Affäre vermittelt hatte. „... Gut, daß die leidige Angelegenheit, bei der der Alkohol eine diabolische Rolle spielte, aus der Welt ist. Ich hoffe, daß auch Herr Jaffé keinen üblen Nachgeschmack zurückbehalten hat ...“. - Zwei Faltenrisse mit Transparentpapier unauffällig repariert.
An Schadow über das Grabdenkmal Friedrich Wilhelms III. 2332 Rauch, Christian Daniel, Berliner Bildhauer, Schüler und Nachfolger Schadows, Königl. Hofbildhauer, Hauptmeister des preuß. Klassizismus (1777-1857). Eigh. Brief m. U. „Ihr ergebener und dankbarer Diener und Freund Rauch“. 2 S. 4to. (Berlin) 25.XII.1842. 600 € An seinen Lehrer, den (nicht genannten) Bildhauer Johann Gottfried Schadow. Bedauert, bei Schadows Besuch nicht im Atelier gewesen zu sein; dadurch sei er daran gehindert worden, diesem „die Gründe der Darstellung unseres hochseel. über alles guten Königs gegen welche der Aesthetiker manches mit mir einzuwenden hat, vor dem Modelle näher zu bezeichnen, wie ich aber aus Ihren Zeilen ersehe, haben Sie dasselbe mit dem Auge und Gefühl des Herzens betrachteten [sic], welches auch uns die Hand bei der Darstellung dieses Werkes leiten durfte, indem das Gewissen und der Wille des Bildhauers manches desselben anders gemacht hätte. Zufrieden werde ich erst dann sein wenn an Ort und Stelle der Marmor dem hohen Zwecke entspricht, womöglich aber ein Raum den Eindruck erhöht, welcher von diesen beiden historischen Gestallten [!] erwartet werden darf. Am 10 März wird dieser Abguß neben den Marmor der hochsel. Königin im Mausoleum aufgestellt sein können, und ich dabei zur klaren Einsicht kommen, wie das Erstere ebenfalls in Marmor zu übertragen sein wird ...“. - Das Marmorbildnis des ruhenden Königs für das Mausoleum in Charlottenburg wurde erst 1846 vollendet. - 1 Eck-Abriss; am unteren Rand ein winziger gedruckter Aufkleber aus einem alten Antiquariatskatalog: „das liegende Bildwerk des Königs Fr. W. III. betreffend.“
2333* Schadow, Johann Gottfried, Bildhauer und Graphiker, Hauptmeister der Berliner Klassik, AkademieDirektor (1764-1850). Brief von der Hand Ernst Heinrich Tölkens, aber mit eigh. Unterschrift „Dr. G Schadow, Director“. 1 S. Gr. 4to. Berlin 11.X.1844. 200 € Wegen mehrerer Sachspenden dankt Schadow im Namen der Königlichen Akademie der Künste dem Musikdirektor, Musikwissenschaftler und Komponisten Franz Commer (1813-1887) für die „neuen schätzbaren Beweise Ihrer Geneigtheit. Sie [d. i. die Akademie] wird nicht ermangeln, den empfangenen 2ten Band der Meisterwerke der Niederländischen Schule des 15. und 16. Jahrhunderts, den 1. Band der ‚Cantica sacra‘ und Ihre treffliche Composition des 50. Psalms ihrer Bibliothek mit Bemerkung des geneigten Gebers einzuverleiben ...“. - Franz Commer war der Gründer des „Berliner Tonkünstlervereins“ und „Gesellschaft für Musikforschung“. - Unser Brief ist niedergeschrieben und mitunterzeichnet vom Sekretär der Akademie, dem Philosophen und Archäologen Ernst Heinrich Tölken (1786-1869). - Mit Anstreichungen in Rot und Blei sowie Eintragung von alter Hand. - Mehrere Einrisse unauffällig unterlegt; etwas gebräunt. - Beiliegend Karteizettel von E. Fischer von Röslerstamm.
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An Schadow über dessen Luther-Denkmal 2334* Schinkel, Karl Friedrich, Architekt, Kunstgewerb ler und Maler, Hauptmeister des preußischen Klassizismus (1781-1841). Eigh. Brief m. U. „Schinkel“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. (Berlin) 18.IV. (wohl 1820). 1.200 € An den (nicht genannten) Bildhauer Johann Gottfried Schadow, über dessen im Entstehen begriffenes Luther-Denkmal in Wittenberg. „Wahrscheinlich werden Sie sich, hochgeehrter Herr und Freund, von dem guten Fortgange der Granit-Arbeit am Fußgestelle ihrer schönen Luther-Statue, in der Werkstatt des H Wimmel überzeugt haben. Wollten Sie daher gefälligst das beiliegende Schreiben des H Minister von Altenstein an mich und den Contract durchsehn, und allenfalls der Kürze wegen, unter meinem ebenfalls beiliegenden Antwort-Schreiben, Ihrer Seits, mit ein Paar Worten bemerken, was Sie für nöthig finden, damit doch dieser Contract endlich noch etwas eher als die Sache selbst fertig werde ...“. - Schadows Bronzefigur wurde am Reformationstag 1821 enthüllt, unter einem von Schinkel entworfenen gußeisernen Baldachin stehend, der mit gotisierendem Maßwerk verziert war. - Auf festem Papier; minimal fleckig.
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ fragen, ob nicht in New York Bedarf an einem namhaften deutschen Architekten bestehe, so dass er sich dort eine neue Existenz gründen könne. Astor antwortet ihm ausführlich und gewissenhaft, rät Semper jedoch von dem Versuch in Amerika dringend ab. „... It will always give me great pleasure to be of service to any gentleman recommended by my friends Dr. Hedenus and Professor Hughes of Dresden, but at the same time I feel it my duty to speak with great frankness, and advise you strongly not to give up certain employment in England or Europe generally for uncertain prospects in the United States and more particularly in this City. It is true there is a great deal of buildings going on here now, but American Architects have always a preference, as understanding thoroughly the tastes of our people, the requirements of our climate, and being able to deal far better with our American Masons & Master Builders than foreigners. It is true also there are several foreigners here at present, and one German in particular, but though some of them have been here for some years, and are certainly men of talent, they cannot compete with our American Architects ...“. Sollte sich Semper dennoch zur Überfahrt entschließen, wolle er ihm gern helfen, doch: „I fear you will be doomed to much of disappointment and perhaps to a long period of inactivity ...“. - Bekanntlich begab sich Semper doch auf das Schiff, kehrte aber wieder um, als sich ihm in England eine Lehr tätigkeit an einer Kunstgewerbeschule bot. - Kleine Faltenrisse.
2337* Strixner, Johann Nepomuk, Münchener Zeichner, Lithograph und Kupferstecher (1782-1855). Eigh. Brief mit U. „J. N. Strixner“. 11/2 Seiten. Doppelblatt mit eigh. Adresse und Siegelrest. Gr. 8vo. München 7.XII. 1848. 200 €
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2335 - Eigh. Brief m. U. „Schinkel“. 1/2 S. Doppelblatt; das bräunliche feste Papier, auf dem Schinkel gewöhnlich schrieb. 4to. Berlin 19.I.1820. 800 € An einen Freund, dessen Name im Text sorgfältig getilgt ist. „Über den Magdeburger Dom hat mir Sulpiz Boisserée nichts geschrieben, ... wohl aber über mancherlei andre Gegenstände welche eine ausführliche Antwort erfordern; leider bin ich bis jetzt daran gehindert worden. Grüßen Sie ihn gefälligst bestens und bitten Sie ihn für mich um einige Geduld ...“. - Falz rückseitig verstärkt.
Gottfried Semper nach Amerika? 2336 Semper, Gottfried, bedeutendster dt. Architekt und Kunsttheoretiker des 19. Jhdts nach Schinkel (18031879). - Astor jun., Johann Jakob, Sohn des amerikan. Multimillionärs und Begründers der Astor-Dynastie (17911879). Eigh. Brief m. U. „J. J. Astor Jr“. 21/2 S. 4to. New York 20.II.1852. 600 € An den Architekten Gottfried Semper, der nach aktiver Teilnahme an den1849er Dresdener Revolutionskämpfen wie sein Freund Richard Wagner aus Sachsen fliehen mußte und sich nun in London aufhielt. Nachdem sich in Paris und zunächst auch in London keine Arbeitsmöglichkeit für ihn geboten hatte, war Semper auf den Gedanken gekommen, beim reichsten (und deutschstämmigen) Mann Amerikas anzu-
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An Johann Nepomuk Gistel in Mitter-Sendling, wegen des Verkaufs einer Konchyliensammlung: „... Die Sammlung besteht durchaus aus gut erhaltenen, und vorzüglich ausgezeichnet schönen Exemplaren ... noch vor 2 Jahren hat mir ein H. v. Kallenbach aus Berlin 600 fl. dafür gebotten, aber damals wollte ich sie nicht verkaufen, gegenwärtig aber wäre es mir lieb sie zu verkaufen! ... Wenn Sie also dieses Geschäft über sich nehmen wollten, was bei Ihren ausgebreiteten Bekanntschaften Ihnen nicht schwer werden würde ...“. Der Zoologe Johannes Nepomuk Franz Xaver Gistel (1809-1873) lehrte Naturgeschichte und Geographie in München, war Museumskonservator, Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften und veröffentlichte in Lorenz Okens „Isis“. Gistels eigene Sammlung ist heute Bestandteil der Zoologischen Staatssammlung München. - Der Zeichner und Lithograph J. N. Strixner wirkte 1808/09 an den von Alois Senefelder als lithographische Kopien herausgegebenen christlich-mythologischen Handzeichnungen Albrecht Dürers mit. Gemeinsam mit Ferdinand Piloty gab er 1808 bis 1815 eine Folge von 432 Lithografien nach Handzeichnungen alter Meister heraus. Bekannt wurde er besonders durch die Wiedergabe der Gemäldesammlung der Brüder Sulpiz Boisserée und Melchior Boisserée in Form eines großen, in mehreren Lieferungen von 1821 bis 1840 in 114 Blättern erschienenen Werkes. Zu diesem Zweck lebte er einige Jahre in Stuttgart, wo die Sammlung Boisserée in den 1820er Jahren gezeigt wurde. - Gebräunt.
2338 Thoma, Hans, badischer Maler und Graphiker, für zwei Jahrzehnte Professor an der Großherzogl. Kunstschule in Karlsruhe (1839-1924). Eigh. Brief m. U. „Hans Thoma“. 1 S. Gr. 4to. Karlsruhe 26.VII.1917. 120 €
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst An einen Stadtrat, der in Emmendingen eine Ausstellung von Bildern des Malers Fritz Boehle veranstalten will. „... Boehles Kunst stirbt nicht, sie wird wie jede echte Seelenkraft der Welterhalten bleiben, aber gar schön ist es und auch notwendig ist es, daß so eine geistige Sache von treuen Freunden weiter gepflegt wird ... Es tut mir nun recht leid, daß ich bei dieser Gedächtniß-Ausstellung nicht persönlich sein kann, da mir meine Jahre das Reisen erschweren und es tut mir auch leid, daß ich mit keinem Bild unter den Weggenossen Boehles erscheinen kann ... Der Kunsthandel und auch viele Privatliebhaber haben in den letzten drei vier Jahren meine Kunstbude förmlich gestürmt und haben mir, ich darf wirklich sagen zu meinem Bedauern, alles was vorhanden war abgenommen ...“.
Thoma, Hans siehe auch Kapitel „Musik“ unter „Wagner“ 2339 Trier, Walter, viel beschäftigter, humor- und phantasievoller Karikaturist und Illustrator, mußte 1936 emigrieren (1890-1951). Eigh. Brief m. U. „Walter Trier“. 1 S. Mit farbig illustriertem Briefkopf. Gr. 4to. BerlinLichterfelde-Ost 6.II.1926. 350 € An Herrn David, bei Übersendung einer Karte mit Werbung für eine bevorstehende Trier-Ausstellung. „... Unter den ausgestellten Bildern befindet sich auch meine Hauptmannkarikatur mit eigenhändigem Signum Hauptmanns. Ich würde mich sehr freuen wenn Sie sich die Sachen ansehn würden und auch in Ihren Kreisen etwas Propaganda dafür machen würden. Wir haben leider lange nichts von Ihnen gehört, doch denken wir ‚pichelnt‘ [!] häufig und gern an Sie ...“. - Der gedruckte Briefkopf zeigt neun bunte Vögel und einen flötenden Zwerg, alle auf einem großen Ast sitzend. - Beiligend eine verkleinerte (Teil-)Reproduktion der Hauptmann-Karikatur. - Leicht geknittert; unbedeutende Büroklammer-Rostspur. Abbildung
2340* Weber, A. Paul, zeitkritischer Graphiker und Illustrator (1893-1980). 5 eigh. Briefe m. U. „A. Paul Weber“. Zus. 11 S. Gr. 4to. Schretstaken in Schleswig-Holstein, 3.VI.1956 bis 6.VIII.1958. 350 € An die Antiquarin und Kunstsammlerin Marianne Waechter in Friedberg. - I. (3. VI. 1956): „... Sie haben schon recht - durch eine große Arbeit bin ich im letzten halben Jahr in einen fast tollen Wirbel geraten ... Ich darf mir doch bei Gelegenheit ansehen - wie der Eulenspiegel mit dem Füchschen hängt? ... Sie werden sich sicher freuen wenn in 2-3 Monaten eine Monographie zu meiner Graphik zur Welt kommt - Stalling bringt sie heraus und gibt sich rechte Mühe - eine edle schöne Ausgabe soll es werden : 23 x 31 cm im Format - in Kupfertiefdruck mit zusammen ungefähr 125 Bildern ... Zu guter Letzt habe ich trotz vieler Berater und Kenner die Auswahl treffen müssen ... Ich betreue auch die Gesamtausstattung und ich werde noch 2-3 Wochen damit beschäftigt sein. Sie können mir gewiß nachfühlen - wie mir zumute ist - ich bin ja ehedem nie besonders erwähnt worden und fühle mich nun doch wie ein Glückspilz ...“. - II. (13. XI. 1956): „... In Altenkirchen [im Westerwald] konnte ich eine runde schöne Graphikschau im Kreishaussaal aufbauen und ich glaube mit gutem Erfolg. - Solche Ausstellungen an kleineren Orten haben meine besondere Liebe - das Echo - die Anteilnahme ist dort immer wesentlich stärker als sonst andeswo. Sie sind hoffentlich nicht erstaunt - oder gar erschreckt - was ich Ihnen außer dem
Blatt ‚die Geduldigen‘ noch alles beigepackt habe ... doch ich denke mir das so schön und so einfach daß Sie dort immer eine kleine Auswahl meiner Graphik liegen haben möchten - damit der Kreis der Liebhaber weiter wachsen kann -? ...“. - III. (16. VII. 1957): „... Ich habe manches neue Blatt fertig und welche auch in Arbeit ... jetzt bei Ihnen ist wohl wenig Möglichkeit - Liebhaber zu interessieren? ... Ich kam soeben aus Hannover - ich stelle dort ca. 100 Blatt im Busch Museum im August/ Sept. aus - ich strenge mich an - daß das dort eine gute gediegene Schau wird. In Kassel winkt der Febr. ebenso mit einer ganz umfassenden Ausstellung - auf Betreiben des Kultusministers - In Marburg spinnt sich vielleicht auch das gleiche an ...“. - IV. (15. X. 1957): „... Die ersten Fassungen des Porträts sind längst vergessen und jetzt sitzt ein Narr im Kleide eines Clowns in Rot auf der Deichsel an den hochbordgen Kastenwagen gelehnt - den gehäuft lauter Masken füllen - Stimmung = dunkle tiefe Nacht und unterm Wagen eine Laterne hängend die das einzige Licht gibt - Es ist ein ansprechendes Thema - doch leidet der Autor immer unter einer unerbittlichen Prüfung - und Gefühle ewigen Ungenügens lassen ihn immer wieder herangehen - Mir fehlt eben auch mit der Farbe eine gewisse Übung - das soll anders werden! Hannover - das wissen Sie wohl schon - wurde bis Ende Okt. verlängert ich komme leider nicht häufig genug hin ...“. - V. (9. VIII. 1958): „... Mich hat die Arbeit so beim Hammelbein daß ich ganz ergeben alles hin nehme ... ich plagte mich in Nürnberg mit 2 Oelbildern. Die leidige Geschichte mit der mißglückten Ausstellung in Brüssel hat sich erledigt ... In wenigen Stunden fahren wir nach Frankfurt. Dort steigt am Sonnabend die Eröffnung - wir haben nur 2 Tage zum Aufbau - am Freitag soll der Vorspann für den Fernsehfilm hier gedreht werden - etc. etc ... Göttingen war ein guter - sehr guter Erfolg und es lohnt die Mühe sich nur - wenn alles notwendige gut vorbereitet ist ...“. - A. Paul Weber zog 1936 nach Schretstaken im Kreis Herzogtum Lauenburg, der heute in Ratzeburg dem Künstler ein eigenes Museum gewidmet hat. - Kleine Faltenrisse; gelocht.
2341 Wilkie, Sir David, berühmter schottischer Maler, Erster Hofmaler Georgs IV. von England, schuf viele Adelsporträts und historische Genrebilder (1785-1841). Eigh. Brief m. U. „David Wilkie“ sowie Adresse und Siegel. 2 S. 4to. Kensington 1.III.1838. 300 € An Miss Coppard in Norwood, die ihn in einer Affaire um teilweise mit ihr verwandte Marine-Offiziere um Rat gefragt und den Brief eines Captain Beaufort beigefügt hatte. „... The very civil manner in which it is worded, seems encouraging ... myself I am of course not commiserate with these matters, and scarcely know any one ... make out a good case ‚showing the benefits Mr. Robertson‘s work has conferred upon all navigators‘, as Capt. B suggests ... If Captain King would be induced to bear his testimony to this, he might do you a great service, if it so happens that his experience as a practical man has made him acquainted with the fact of the service rendered. Perhaps he as an officer of distinction in the Navy might be able to put it in the proper train [?] to be presented in the proper quarter ...“. - Beiliegend ein gestochenes Porträt Wilkies sowie weitere Beilagen: George Cruikshank, glänzender engl. Karikaturist, Illustrator und Zeichner für den Holzschnitt, von großem Einfluß auch auf Karikaturisten des Festlandes (1792-1878). Eigh. Brief m. U. „Geo Cruikshank“. 6 S. 8vo. (London) 24.VIII.1852. - An eine „Dear Bertha“. „... I should have thought that you had known me and my disposition long enough; to have known - that I have never yet deserted a friend, more particularly, when that friend was in trouble why! I have gone on serving one friend and another untill I have placed myself in such extreme difficulties, that I am all but destroyed by
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ them ... last year I nearly killed myself by hard work, and did not get one penny for all my 12 months labour ...“. Schildert weiter ausführlich seine Überlastung mit Arbeiten, die ihm nichts oder zu wenig einbringen. - Ferner 5 weitere eigh. Briefe englischer Künstler und 2 gestoch. Porträts: Sir Edwin Henry Landseer (2), Sir Richard Westmacott (2) und Daniel Maclise (mit 2 gestoch. Porträts) sowie ein eigh. Brief nebst gestoch. Porträt des bedeutenden italienischen Kupferstechers Raffaelo Morghen (1758-1833), der als „Hauptmeister der Linienstrichtechnik“ gilt, die er für virtuose Reproduktionsstiche nach Raffael, Leonardo u. a. anwandte. - Insgesamt 8 Künstlerbriefe und 4 gestochene Porträts.
2342 Zille, Heinrich, Zeichner und Graphiker (18581929). Eigh. Brief m. U. „Ihr alte[r] Zille“. 13/4 S. Schmal4to. Unter Glas gerahmt. (Berlin-Charlottenburg 9.1919). 300 € An seinen Freund, den höchst produktiven Librettisten, Bühnenautor, Artisten und Vortragskünstler Hermann Frey (1876-1950, „Immer an der Wand lang“), der ihm zwei neue, illustrierte Notendrucke mit Abbildung Freys übersandt hatte. „... Deine Humorist. beiden Sachen erhielt ich, lieber H. Es konnte Deine Figur ruhig etwas größer genommen werden u. möchte doch empfehlen, bei neuen Musikstücken entweder größere Figur oder ein Bild, was Bezug auf den Inhalt hat, anzubringen. - Eure gutgemeinte Aufforderung werde ich nicht mißbrauchen, denn es ist durch meine werte Gegenwart wohl ein ansehnliches Loch in die Wirtschaftskasse gefressen worden. Bin am Mittwoch krank gewesen, schon die Nacht, jetzt noch kann ich mich nicht weit von ‚Hier!!‘ wegtraun. Es war die starke Cigarre u. denke ich, der
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Mandelkuchen, verbunden mit dem Kilo Pfifferlinge, was meine geschwächten Magenwände sich nicht gefallen ließen. Auch das ‚Kaffein‘ [!]. Da ich aber noch zu Taten ausersehen bin, ging der Kelch noch mal vorüber ... Die Herrn Wolff haben mir recht gefallen, es war ein angeregter Abend - und Frau Frey hatte die Arbeit! Wie wirds mit den Patenten? Wenn die Wolff auftreten, würde ich um ein Zaunbillet ersuchen. Für die mitgenommenen Naturalien hafte ich mit Gegenleistung, habe mich geschämt. Achte, lieber H., auf die No 5 am Freitag von ‚Die Schiebung‘ ...“. - Offenbar enthielt das Heft der satirischen Zeitschrift eine Illustration von Zille. 1917 hatte Zille die Plakate, die Kostüme und die Bühnenbilder zu Hermann Freys großer Revue „Rund ums Jahrhundert“ im Theater am Kottbusser Tor geliefert. Die Freundschaft mit Hermann und Wally Frey äußerte sich auch in Einladungen wie der hier besprochenen.
2343* Zingg, Adrian, Maler, Zeichner, Radierer und Kupferstecher (1734-1816). Eigh. Albumblatt mit U.“Adrian Zingg“. 1 Seite. Quer-8vo. Dresden 8.II.1781. 300 € Zitat von Albrecht von Haller: „Aus der Tugend fließt der wahre Friede, / Wollust ekelt, Reichthum macht uns müde, / Kronen drüken, Ehre blendt nicht immer, / Tugend fehlt nimmer.“ - Zingg war der Wegbereiter der neueren Dresdner Landschaftsmalerei. Er wird heute als ein wichtiger Wegbereiter und Impulsgeber für die Dresdener Romantik gesehen und beeinflusste durch seine Motivwahl und seinen romantisch verklärenden Blick auf reale Landschaften Künstler wie etwa Caspar David Friedrich. - Selten. Abbildung
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Musik, Theater und Film 2344* Bartók, Béla, ungar. Komponist (1881-1945). Eigh. Brief m. U. „Bartók Béla“. 1/2 S. Mit Umschlag (dieser nicht eigenhändig). Gr. 4to. Budapest 16.IV.1930. 750 € An seine Schülerin, die Musikpädagogin Stefania Szalay (1886-1964) in Oradea (Großwardein, Nagyvárad) über einen Brief, über Gyuri Halmos und seine Schüler, die er empfiehlt; außerdem rät er zu einem Telefongespräch: „Igen tisztelt Nagyságos Asszony! Sajnos nevn volt módomban elöbb válaszolni levelére, ugy hogy Halmos Gyurit illetöleg talán túlkésön érkezik levelem. Szivesen meghallgatom tanitványait; de felvételre vonatkozólag biztosat csak akkor tudnék mondani, ha egészen rendkivüli tehetségekröl volna szó. Az elöjátszás idejét legjobb telefonon megbeszélni annak idején (lelefonom száma nincs a telefonkönyvben!) ...“. - Demény 551. - Knickfalten und kleine Randeinrisse.
2345 Baumgart, Expedit Felix, schlesischer Musikpädagoge und Musikwissenschaftler, Lehrer für Orgel am Institut für Kirchenmusik in Breslau (1817-1871). Sammlung von 6 musikhistorischen und musiktheoretischen Manuskripten. Zus ca. 178 S., sehr eng beschrieben. 4to. Lose Bl. in einer Einbanddecke des 16. Jhdts für Musikalien. (Wohl Breslau um 1865). 300 € Sammlung von Manuskripten für Vorlesungen oder Aufsätze. Mit vielen Verbesserungen, Streichungen und Einschüben. Vorhanden: I. Über Sinn und Zweck der Coloratur (ca. 36 S. Mit Notenbeispielen). - II. Über die Organisation des Musikwesens im preuß. Staate nach der Denkschrift von A. B. Marx (ca. 84 S., wohl unvollständig). - III. G. F. Händels Herakles (5 S.). - IV. (Unbetitelt, über Instrumentation bei Händel) (25 S.). - V. Über J. N. Forkel‘s Polemik gegen Gluck (ca. 29 S.). - VI. Über AccordVerbindungs-Gesetze (13 S.). - Ferner die Abschrift eines Textes von Benda (6 S.). - Interessante Aufsätze von wissenschaftlicher Qualität.
2346 Behrendt, Gerhard, Puppengestalter und Regisseur, Erfinder der allseits beliebten Kinderfunk-Figur „Sandmännchen“ des „Deutschen Fernsehfunks“ der DDR (1929-2006). Farbige Jubiläumskarte „40 Jahre Unser Sandmännchen“ des ORB mit eigh. Widmung u. U. „Gerhardt Behrendt“. Berlin 20.XII.1999. 120 € „Herrn Tobias Stephan zur Jahreswende Viel Glück und liebe Grüße vom ‚Vater‘ des Sandmännchens Gerhard Behrendt“. Auf der Bildseite im Kreis um die farbige Abbildung des „Sandmännchens“ geschrieben. - Der höchst erfolgreiche Kinder-Einschlaf-Helfer erfreut sich heute, 60 Jahre nach seiner Entstehung, in ganz Deutschland großer Beliebtheit. Abbildung
2347* Berg, Alban, Komponist (1885–1935). Eigh. Postkarte mit U. (Paraphe). 1 S. (Bleistift).Wien 2. I. 1923. 450 € An seinen Kompositionsschüler Herbert Strutz (1902-1973): „Lieber Strutz Ich kann Samstag nachm[i]tt[a]g 4h nicht. Bitte können Sie schon um 2h zu mir kommen? Oder vormittag 11h od. 12h. Eventuell Sonntag früh 9 Uhr? Es bedarf keiner Zusage. Herzlichst A[lban] B[erg] | (N.B.Seidelhofer kommt Samstag 3h. Es bleibt dabei).“ - Herbert Strutz musste sein Klavier- und Kompositionsstudium an der Wiener Musikakademie aus gesundheiltichen Gründen bald darauf abbrechen und wurde Journalist und Schriftsteller. Der Pianist, Organist und Musikpädagoge Bruno Seidlhofer (1905-1982) war Schüler von Franz Schmidt und daneben mit der Wiener Schule - besonders mit Alban Berg - eng verbunden; zu seinem Schülerkreis gehörten Martha Argerich, Rudolf Buchbinder und Friedrich Gulda. - Etwas verwischt.
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ 2349 Bernstein, Leonard, amerikan. Dirigent und Komponist (1918-1990). Eigh. Manuskript mit Namenszug „Leonard Bernstein“ am Kopf. 61/2 S. Liniiertes Schreibpapier. 4to. (Boston?) 27.V.1935. 300 € „Sigrid Unset: ‚Jenny‘“. Schulaufsatz des 16jährigen, der die Garrison und Boston Latin Schools besuchte, bevor er auf die Harvard University überwechselte und 1939 graduierte. Ausführliche Interpretation des 1911 erschienenen Romans der Norwegerin Sigrid Unset (18821949), mit dem sie ihren literarischen „Durchbruch“ erzielte. Bernsteins Arbeit ist gut gegliedert. Nach einer kurzen Einleitung über die Absicht des Buches folgt eine klare Inhaltsangabe, eine Charakteristik der handelnden Personen sowie eine Interpretation und Kritik des ganzen Werkes. „... Jenny, strong, young, good, and intelligent, started out to beat life, believing in the power of the human will. She soon found, as experiences shocked her in rapid succession, that she could never control the fallacies that were innate; and each time she would analyse her love, she became afraid. She experienced three different kinds of love, and each one was a miserable failure ... She grew confused and disgusted, and finally took her life; for she realized that she could not beat life ... Unset‘s style is excellent, approaching ... The story is slow-moving, although terrific in dramatic ... and emotional intensity. The translation ist adequate.“ - Einige Verbesserungen im Text, aber von Hand des Schreibers; der Lehrer/die Lehrerin scheint voll zufrieden gewesen zu sein. - Gelocht.
Spottvers auf Karajan 2350 - Eigh. Gedichtmanuskript (Limerick) m. U. „LB“. 1 S. Auf Papier des Londoner Savoy Hotels. Kl. 4to. London 6.VI.1985. 350 €
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2348 Bernhardt, Sarah, franz. Schauspielerin und Theaterleiterin, einer der ersten „Weltstars“ unter den Schauspielerinnen (1844-1923). Eigh. Brief m. U. „Sarah Bernhardt“. 4 S. Mit geprägtem Monogramm „SB“ und tragischer Maske sowie mit Trauerrand. Kl. 8vo. (London?) 1879. 300 € An einen Intendanten. „Tout est parfait et vous êtes un grand peintre et un admirable intendant ...“. Die Künstlerin trat 1879 mit eigener Truppe in London auf. - Dabei: Gabrielle Réjane (eigentl. G. Réju), franz. Schauspielerin, Soubrette und Theaterleiterin (1856-1920). Gedrucktes Rollenfoto auf Karton, mit eigh. Widmung u. U. „Réjane“ auf dem Untersatzkarton. 17,4 x 11,4 cm. (Paris 1905). - „Souvenir de la Soirée de Gala donnée au chateau de Versailles devant sa Majesté Nicolas II: rôle de Lolotte. - Réjane“. - Der Karton am linken Rand etwas fleckig. Abbildung
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Hübscher Limerick („American Version“) als Spottvers auf den ebenso berühmten Dirigenten und Konkurrenten Herbert von Karajan, geschrieben für Bernsteins Freund und Manager Harry J. Kraut (19332007). „Then a daring conductor named Herbie / Can no other more entrepreneur be: / He skis in the rain; / He flies his own plane; / But he‘ll never compete in the Derby.“ Karajan, der bekanntlich 35 Jahre die Berliner Philharmoniker leitete, hatte mancherlei Starallüren, die zum Spott herausforderten. Allerdings hatten beide Dirigenten, die nur gelegentlich Konkurrenten waren, große Hochachtung voreinander, auch wenn Bernstein einen Rest von Reserve behielt wegen Karajans Karriere zur NS-Zeit. In vorliegendem Limerick spielt er auf die Tatsachen an, dass Karajan begeisterter Skiläufer war und mit einem Privat-Jet von Konzert zu Konzert eilte. - Kurioser Scherz eines Weltstars über einen anderen Weltstar. Abbildung
2351* Birch-Pfeiffer, Charlotte, Schauspielerin, höchst produktive Bühnenautorin, erfolgreiche Theaterleiterin (1799-1868). Eigh. Brief m. U. „Charl. Birch-Pfeiffer“. 11/2 S. Gr. 8vo. Doppelblatt mit Adresse. Frankfurt a. M. 21.XI.1844. 250 € An Dr. Schuster in Frankfurt, den sie zu treffen gehofft hatte: „... Vergebenes Hoffen, ich sehe Sie nirgends, und so bin ich gezwungen Sie mit meiner schauderhaften Handschrift zu plagen, was Sie eigentlich verdienen, da Sie mir so gar keine Gelegenheit geben uns näher befreunden zu
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film können. Wollen Sie nicht die Freundlichkeit haben durch ein paar Worte meines Benefizes zu gedenken, welches am 24sten d. M. statt findet, und zwar indem mein neuestes Stück Thomas Thyrnau in Scene geht. Was auch die Kritik über dies Schauspiel sagen oder meinen mag, einen Umstand kann sie nicht abläugnen, den: daß Thyrnau in Hamburg ... sechs Vorstellungen während meines letzten Gastspiels erlebte - ein Beweis, daß es doch nicht so schlecht seyn muß, um nicht wenigstens die Aufmerksamkeit des Publikums fesseln zu können ... Ich hoffe Sie heute Abend einen Augenblick auf der Bühne zu sprechen ...“. - Gering fleckig; Eck-Abriss beim Adressblatt vom Öffnen der Versiegelung.
2352 Blech, Leo, Dirigent und Komponist, Generalmusikdirektor der kgl. Oper, der Staatsoper und der Städtischen Oper in Berlin, nach seiner Emigration Hofkapellmeister in Stockholm (1871-1958). Eigh. Visitenkarte m. U. „Leo Blech“ sowie 12 Orig.-Fotografien, davon 6 Porträts (meist 23,5 x 17,5 cm). (Berlin 1955-1956). 200 € Auf dem Kärtchen bedankt sich der Künstler eigenhändig bei dem prominenten Berliner Fotojournalisten Joachim Diederichs (1924-2010) „für die sehr schönen Aufnahmen“ und fragt, ob man davon auch Abzüge im Postkarten-Format bekommen könne. Die qualitätvollen Fotos, teils rückseitig vom Fotografen kommentiert, zeigen Dankgedichte an Blech von Humperdinck und Pfitzner; eine Tischuhr, dem Künstler verehrt von den regelmäßigen Opernbesuchern des „4. Ranges“; Blechs Sammlung von mindestens 14 ihm verliehener Orden; 6 Porträts: 4 ausdrucksstarke Kopfbilder und 2 Fotos am Schreibtisch; ferner Blech als Dirigent eines Freiluftkonzerts vor dem Jagdschloß Grunewald in Berlin. - Schöne Erinnerungen an den hervorragenden Dirigenten, der 1937 emigrieren mußte, aber nach Kriegsende trotz großer Erfolge in Schweden nach Berlin zurückkehrte. - Die Visitenkarte an 2 Ecken mit Spuren ehemaliger Tesafilm-Befestigung. Sonst alles gut erhalten. Abbildung Seite 112
2353* Blum, Carl, vielgespielter Berliner Komponist, Bühnenautor, Sänger und Schauspieler (1786-1844). Eigh. Billet m. U. „Carl Blum“. 1 S. Quer-schmal-8vo. (Wohl Berlin, um 1810). 150 € An einen Baron, dem er den Schauspieler Dammann empfiehlt. „... Überbringer dieser Zeilen Herr Schauspieler Dammann wünscht nach Magdeburg zu reisen, und ich ersuche Sie unter Erwiderung jeder Gefälligkeit ihm mit Rath u. That gefälligst an die Hand gehen zu wollen ...“. - Blum war Schüler von Friedrich Adam Hiller, später auch Antonio Salieri und wurde Hofkomponist der Königlichen Hofoper in Berlin. 1810 wurde dort seine erste Oper „Claudine von Villa Bella“ nach Goethes Schauspiel mit Beifall aufgeführt. - Aus der Samlung Rötger mit dessen roter Beschriftung. ,
2354 Callas, Maria Meneghini, amerik.-griech. Sopranistin, überragende Primadonna aller großen Opernhäuser (1923-1977). Eigh. Danksagung u. U. „Maria Meneghini Callas“. (Kugelschreiber). Auf dem Titelblatt des Buches „Die großen Primadonnen“ von Kurt Honolka. O. O. u. J. (nach 1960). 750 €
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„Thank you [for] your kind words and wishes - Sincerely Maria Meneghini Callas“. In Längsrichtung auf dem Titelblatt des Buches „Die großen Primadonnen von der Bordoni bis zur Callas“ (Stuttgart 1960). - Das Buch mit illustr. Umschlag frisch erhalten. - „Maria Callas gehört zu den größten Persönlichkeiten in der Geschichte der Gesangskunst überhaupt“ (Kutsch-Riemens, Sängerlexikon). - Selten.
2355 Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen, der „Theaterherzog“ (1826-1914). Schriftwechsel mit seinem Hofkapellmeister Fritz Steinbach, bestehend aus 3 eigenhändigen und signierten Schreiben des Herzogs und 2 eigenhändigen und signierten Schreiben Steinbachs. Zus. 4 S. auf einem zweispaltig beschriebenen Doppelblatt. Folio. Meiningen 18.-19.XII.1895. 800 € Fritz Steinbach, hervorragender Dirigent und Generalmusikdirektor der Meininger Hofkapelle (1855-1916) wendet sich am 18.XII.1895 an den Herzog mit der Bitte, für Kammermusik-Aufführungen des von ihm nebenbei geleiteten Meininger Singvereins in Hildburghausen den dortigen Theatersaal benutzen zu dürfen. „Da sich bei dem Musikfeste der Theaterraum als für Kammermusikaufführungen sehr günstig erwiesen hat, und ich versuchen möchte, den passiven Mitgliedern des Singvereins statt der Chorkonzerte mit Orchester Kammermusikaufführungen mit Chorvorträgen a capella zu bieten, erlaube ich mir die unterthänigste Anfrage, ob Eure Hoheit für drei Abende (und zwar
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ nur insofern zu thun hat, als das Streichquartett für die beabsichtigten Konzerte vom Singverein engagiert wird, gab ich das Gesuch wie bisher an Hoheit ab. Da es mein Bestreben ist, Herrn v. Zezschwitz nicht den geringsten Anlaß zur Vermuthung zu geben, als ob ich seine dienstliche Stellung übergehen wolle, so lag mir daran, die vorliegende Sache vor Hoheit richtig zu stellen ... Ich erlaube mir noch die unterthänigste Bemerkung, daß ich nicht einen Fall weiß, in dem ich in dienstlichen Angelegenheiten die Intendanz übergangen hätte ...“. Darauf erwidert der Herzog: „Sie haben recht! Veranstaltungen des Singvereins brauchen Sie dem Intendanten zum Voraus nicht mitzutheilen ...“. - Er fügt aber hinzu: „Immerhin rathe ich dem Intendanten post festum von dem Vorhaben Mittheilung zu machen honoris causa. Auf meine Frage wegen der Bezahlung der Beleuchtung etc. habe ich noch nicht Antwort. Georg.“ - Vorsichtshalber wendet er sich aber auch selbst noch an Herrn von Zezschwitz: „An die Theaterintendanz. Das wird wohl keinen Anstand haben. Georg [Paraphe]“. - Statt des Herrn von Zezschwitz meldet sich indessen sein Stellvertreter, der Dramatiker, Kritiker und Publizist Paul Lindau: „Mit Herrn Gen. Musikdirektor Steinbach habe ich mich darüber bereits geeinigt. Von unserer Seite ist durchaus keine Schwierigkeit vorhanden. Paul Lindau“. - Hübscher Einblick in die BetriebsProbleme eines kleinen, wenn auch berühmten Hoftheaters. Abbildung
2356* Glasunow, Alexander, russ. Komponist und Dirigent (1865-1936). Eigh. musikal. Albumblatt m. U. „Alexandre Glazounow“. In franz. Sprache. 1 S. Mit masch. Umschlag. Quer-schmal-8vo (7,5 x 13,5 cm). Paris 4.X. 1928. 600 € 2352
„II partie de la 7me symphonie en fa. - Adagio“. 4 Takte für Klavier, gewidmet Antonio Barreras in Havanna (Kuba). Abbildung Seite 114
Hildburghäuser Theaterabende) ... dem Singverein die Benutzung des Hoftheaters gnädigst genehmigen wollen. Die Einnahmen kommen dem Streichquartett & sonstigen mitwirkenden Hofkapellmitgliedern zugute ...“. - Darauf erfolgt noch am selben Tag eine ausführliche Antwort des Herzogs: „Zu Vermeidung eines Kriegsgeplänkels zwischen Ihnen und Zezschwitz [Intendant der Hofkapelle], bei dem auch ich unnütz Zeit u. Laune verlieren würde, wollen Sie so gut sein, diese Eingabe (in Abschrift) durch Letztern an mich gelangen zu lassen. Würde er merken, daß er in seiner Stellung als Intendant der Kapelle übergangen wurde, würde er jedenfalls sich bei mir beklagen; denn Niemand hat Gefallen daran, neben hinausgeschoben zu sein. Die Stellung von Z ist ja nicht beneidenswerth, er klagt auch immer darüber, daß er nichts zu thun habe und hält nun selbstverständlich mit Argusaugen Wache, daß das Wenige, was ihm amtlich zukommt, ihm nicht auch noch abgebröckelt werde. Eine andere Stellung als die des Intendanten habe ich absolut aber nicht für ihn und so muß es dabei bleiben ... Meinen Sie, daß Beleuchtung, Heizung und Vorhalten der Billeteurs aus der Hofkasse bestritten werde? ... Einstweilen kann ich Ihnen sagen, daß ich gegen diese 3 Kammermusiksoireen an u. für sich nichts einzuwenden habe ...“. - Auf dieses Schreiben des Herzogs sucht sich - ebenfalls noch am selben Tag - Steinbach zu rechtfertigen: „Gesuche des Singvereins, die ich als Director des Singvereins an Eure Hoheit richtete, gingen bis jetzt von mir immer direct an Eure Hoheit. Da die vorliegende Angelegenheit auch nur Singvereins-Angelegenheit ist und mit der Herzoglichen Hofkapelle
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2357 Gotha. - Walch, Johann Heinrich, Hofkapellmeister und Kammermusikus des Herzogs August von Sachsen-Gotha-Altenburg, u. a. Komponist berühmter Märsche (1776-1855). Schriftstück m. U. „Heinrich Walch“ und „August Hzg v Gotha“. 1 S. (Schwarze und rote Tinte). Mit 3 Musikzitaten. Gr. 4to. O. O. (wohl Gotha) Dez. 1808. 500 € Quittung über den Empfang des Honorars von 3 Carolin für die Instrumentierung von Kompositionen des Fürsten. „Auf hohem Befehle sind folgende von des Durchl. Herzogs Componierten Musikalien von mir Instrumentiert worden.“ Es folgt eine Aufzählung von 8 Ouvertüren, Walzern, Quadrillen und Ecossaisen, die Walch im Februar, April und Dezember 1807 in Partitur oder fürs Klavier arrangiert hatte. Drei der Stücke sind mit ihren Anfangstakten notiert. Am Schluss des Blattes Walchs Unterschrift und die eigenhändige Gegenzeichnung Herzog Augusts. - Der Herzog musizierte nicht nur selbst, sondern förderte auch Künste und Künstler, war allerdings eine Persönlichkeit mit bizarren Vorlieben (z. B. trat er bei Hofe gern als Transvestit auf). - Der Komponist Walch war vor allem als Militärmusiker international sehr erfolgreich; so stammt der lange Zeit Beethoven zugeschriebene „Trauermarsch Nr. 1“ von ihm, und zwei seiner Kompositionen werden noch heute täglich vor dem Stockholmer Schloss gespielt. - Das Papier (mit Wasserzeichen „Gekröntes Wappen“) etwas gebräunt. Abbildung Seite 132
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film 2358 Hébertot, Jacques (eigentl. Andé Daviel), franz. Theaterleiter, Dichter, Regisseur, Journalist und Verleger (1886-1970). Konvolut von 61 Briefen (29 eigenhänd., 32 masch. mit teils eigh. Zusätzen) mit Paraphe als Unterschrift. Zus. ca. 124 S. Die masch. Briefe teils mit Briefkopf „Théâtre-Hébertot“. Meist gr. 4to. Paris 1958-1970. 750 € Große und interessante Briefreihe, gerichtet an den deutschen Schauspieler und Regisseur Michael Münzer (eigentlich Fritjof H. A. Münzer, 1936-2012), den er mit „mon cher petit Fritjof“ anredet. Der Dramatiker Hébertot hatte das seit 1837 im Stadtteil Batignolles von Paris bestehende Theater im Jahre 1940 übernommen und zunächst in „Théâtre des Arts“, dann „Théâtre Hébertot“ umbenannt. 1957 fand der sehr sprachbegabte Michael Münzer dort für drei Jahre ein Engagement, und es entwickelte sich ein bleibendes Freundschafts- und Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Theaterleiter. So befassen sich die oft umfangreichen Briefe Hébertots mit zahlreichen Themen: Theater, Spielplan, Inszenierungen, Rollen, Probleme und Ereignisse auf Münzers weiterer Laufbahn, auch mit vielen Erörterungen privater Angelegenheiten und Sorgen, bei denen Hébertot kommentierend und beratend tätig wird. Bis zu Hébertots Lebensende 1970 und Münzers anschließender Auswanderung nach Japan schätzten beide offenbar einen umfangreichen Gedankenaustausch, in dem viele Alltagsfragen bis hin zur Politik zur Sprache kamen. Ein Zitat vom 26. März 1970, dem Todesjahr Hébertots: ... „Pour moi, tu as dû t‘en rendre compte, j‘ai excessivement vieilli ... Le théâtre est fermé, car les conditions de la vie, ici, sont atroces, et si cela continue, d‘ici trois ans, huit théâtres auront disparu. Mon problème, pour moi, est donc de sauver le mien, et il m‘est impossible de le faire avec des français. Mon chef-électricien m‘a quitté, car il est payé le double par un Centre dramatique qui touche 168.000.000 (anciens francs) de subvention par an, alors que les théâtres privés n‘ont pas un franc de subvention ... Le pays est plongé dans une espèce de chaos. Les vacances de Pâques risquent de se dérouler difficilement et je crains que d‘ici le rentrée, des événements se préparent qui ne soient pas bien profitables au théâtre ... Je crois que le moyen de sauver mon théâtre serait de créer un grand Centre européen avec le concours de l‘Allemagne ...“. - Anfangs gebräuntes Papier; alle Teile gelocht. - Diverse Beilagen, darunter: Signierter Vertrag (1957) mit Michael Münzer für 1 Inszenierung, mit 4seitigem Reglement; 1 eigh. Ansichts-Postkarte von Hébertot; 2 umfangreiche Briefe von Münzers Tochter und 1 weiterer Brief; 1 großes Porträtfoto Hébertots; 1 Foto Hébertots mit Paul Claudel bei einer Probe; ein Zeitungsartikel über Hébertot (1958); 2 Fotos mit Widmung von Anne Vernon; 4 Filmfotos (Münzer mit Schauspielern); 2 Exemplare des von Jean Aubert herausgegebenen Buches „Hommage des poètes à Jacques Hébertot“ (Paris, Edition du Centre, 1957); das Buch „Ich war ein Dummkopf, und was ich gesehen habe, hat mich zu zwei Dummköpfen gemacht“ von Rafael Alberti (Stuttgart 1982) mit ganzseitiger Zeichnung und Widmung Albertis an Michael Münzer auf dem Vorsatzblatt. - Vielfältige Einblicke in Leben und Arbeit eines Theaterdirektors in Paris. Abbildung Seite 140
2359 Hiller, Ferdinand von, Komponist und Pianist, europaweit tätig als Dirigent, schließlich städt. Musik direktor und Konservatoriumsdirektor in Köln (1811– 1885). Eigh. Brief m. U. „Ferd Hiller“. In franz. Sprache. 1 S. Doppelblatt mit blindgepr. Monogramm. Gr. 8vo. O. O. (ca 1870). 150 €
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An den Violinisten und Dirigenten François Jean Baptiste Seghers (1801-1881). „J‘ai été bien faché de ne pas me trouver chez moi l‘autre jour ... c‘est que le mot matin n‘a pas la même signification pour un Allemand et un François. Je tâcherai de vous trouver avant mon départ pour Londres - mais en attendant vous seriez bien aimable si vous vouliez prendre ... une tasse de thé chez nous. Vous trouveriez quelques artistes de nos amis ...“.
2360 - Hanslick, Eduard, österr. Musikschriftsteller, höchst einflußreicher und umstrittener Musikkritiker, Universitätsprofessor in Wien, Vorbild für Wagners „Beckmesser“ in den „Meistersingern“ (1825-1904). Eigh. Brief m. U. „Eduard Hanslick“. 3 S. 8vo. (Wien 1880). 200 € An den Komponisten und Dirigenten Ferdinand von Hiller, den er mit „hochverehrter Freund und Meister“ anredet. Hiller hatte ihm sein Buch „Künstlerleben“ als Weihnachtsgeschenk übersandt. „... Ich stürzte mich gleich in die ‚Weimarer Lehrjahre‘ und komme aus der Freude
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ 2362 Janácek, Leos, tschechischer Komponist, Musikforscher und Professor am Konservatorium in Brünn (18541928). Eigh. Signatur „Leos Janácek“ unter einem Protokoll der Orgelschule in Brünn. In tschechischer Sprache. 2 S. Gr. 4to. Brno (Brünn) 8.VI.1891. 220 € Zwei verschiedene Protokolle auf den beiden Seiten des Blattes, von 17 bzw. 11 Personen unterzeichnet, darunter auch Janácek. - Gebräuntes Papier; mit etwas Textverlust beschnitten.
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und dem Erstaunen über Sie gar nicht heraus. Sie sind ja unerschöpflich, und immer noch frischer und besser, - es ist gar nicht zu sagen! Welch‘ characteristisches Porträt v. Hummel und von der ganzen Zeit! Und zum Schluß wieder eine verschleierte Ungenannte! ...“. Damit spielt Hanslick auf Hillers vorhergehendes Buch an, „Briefe an eine Ungenannte“ (1877), dessen Rezension durch einen Druckfehler verunglückte: „... Es war der impertinenteste Druckfehler, der je passirte, daß in meinem Feuill. über Ihre Briefe statt: ‚Hillers Briefe müssen nicht minderen Eindruck auf die Ungenannte gemacht haben‘ gedruckt war ‚nicht wieder‘! Dabei ergab sich aber viel Triumph für Sie. Schon die Redaction wollte die ‚Druckfehlerberichtigung‘ (die dennoch im nächsten Blatt erschien) als ‚ganz unnöthig‘ weglassen, und jeder von mir interpellirte Leser kam mir mit der Versicherung zuvor, er habe den Druckfehler gleich erkannt und verbessert. Mein Schrecken war darum kein geringerer. Ihre ‚Briefe‘ leisten mir jetzt noch treffliche Extradienste als ‚passendstes Weihnachtsgeschenk‘ ...“. - Der dritte Teil des vorliegenden Briefes ist den Glückwünschen zur Eheschließung von Hillers Tochter Antonie gewidmet. - Mit der leeren 4. Seite ist der Brief auf ein anderes Blatt montiert.
2361 Humperdinck, Engelbert, Komponist (1854-1921). Eigh. Musikmanuskript mit Widmung u. U. „Engelbert Humperdinck“. 3 S. Quer-8vo. Siegburg 20.IX.1871. - In: Poesie-Album seiner Schwester Ernestine Humperdinck. 37 Bl., davon 35 S. beschrieben oder illustriert. Mit 1 Aquarell, 6 farbigen Kalligraphien, zwei einmontierten Drucken sowie 3 S. Notenhandschrift. Blindgepr. Leinen-Album d. Z. (1 Rückenkante zerschlissen) mit vergold. Aufdruck „Album“ und Goldschnitt. 1869-1873. 2.500 € „Erinnerung. - Nicht zu schnell“. Vollständige Komposition für Klavier (32 Takte); am Schluß die eigenhändige Widmung „Zum Andenken an Deinen Bruder Engelbert Humperdinck, Siegburg, den 20. September 1871.“ Drei Seiten im Poesie-Album der Ernestine Humperdinck, der früh verstorbenen Schwester von Engelbert und Adelheid. Eintragungen in Siegburg, Münster und Konstanz von Mitgliedern der Familie Humperdinck (Maria, Franziska, Caroline, Adele) und von anderen Verwandten und Freunden. Die Komposition des 17jährigen Engelbert in Siegburg, noch vor dem Eintritt in das Kölner Konservatorium, zeigt die gleiche Handschrift wie das Musikmanuskript des 20jährigen in unserer 112. Auktion. - Beiliegend ein Blatt mit zwei poetischen Nachrufen auf Ernestine Humperdinck. Abbildung
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2363* Kodály, Zoltán, ungar. Komponist (1882-1967). Eigh. Brief mit U. „Kodály“. In franz. Sprache. 3 S. Doppelblatt. 8vo. Budapest 17.III.1925. 450 € An einen Übersetzer vom Ungarischen ins Englische: „... je viens de recevoir votre envoi et je suis ravi des bons traductions. Je n‘ai qu‘une seule observation: Annie Miller. Croyez-vous que c‘est bon de traduire des noms propres? Ne pourrait-on chanter Annie Molnár? Par le même courier je vous envoie un second serie de 5 chansons. J‘ai improvisé une traduction literale pour vous faciliter un peu la tâche. On a commençé a graver cette seconde serie et je vous pris, tant que possible, d‘avoir la bonté de les essayer bientôt. Cette edition reste ma propriété. J‘ai proposé a Mr. Foss, que l‘Oxf[ord] Press vous payât vos honoraires, que ‚j‘amortiserai‘ par le nombre necessaire des exemplaires gratuites. Si l‘on accepte je suis dans la position heureux de vous garantir le meilleur honoraire possible. Si l‘on n‘accepte pas, je refléchirai un autre solution. Malheureusement, M. Foss n‘a pas encore répondu à mes propositions, quoique cela presse, j‘ai perdu déjà trop de temps avec ses éditions ...“. Kodálys Chorkomposition einer „Szekler Ballade“ mit dem Titel „Molnár Anna“ wurde tatsächlich unter dem Titel „Annie Miller“ (dt. „Schön Anna“) in der Übersetzung von Elisabeth M. Lockwood vertrieben. Die Entstehung wird allgemein mit 1936, der Erstdruck mit 1937 angegeben, so dass hier eine der frühesten Spuren der Komposition vorliegt. Der erwähnte Hubert James Foss (1899-1953) war Pianist und Komponist sowie von 1923-1941 der erste Musikverleger der Oxford University Press. - Unveröffentlicht und in den beiden Briefausgaben von Dezsö Legány („levelei“ und „Letters“) nicht gedruckt. - Etw. knittrig. - Selten.
2364 Lehár, Franz, ungar. Operettenkomponist (18701948). Porträt-Photographie mit eigh. Widmung u. U. auf der Bildseite. 17,5 x 22 cm. Wien 9.VIII.1943. 180 € „Herrn Marine-Musik-Ober Inspizient Professor Flick allerherzlichst gewidmet! Franz Lehár“. Darüber ein Musikzitat (2 Takte) „Immer nur lächeln“ aus der Operette „Das Land des Lächelns“. Die großformatige Hochglanz-Photographie des Budapester Ateliers Marianne Gách zeigt den Künstler am Schreibtisch sitzend und in die Kamera blickend, vor ihm aufgeschlagene Notenhefte. Abbildung Seite 117
2365 - Porträt-Photographie mit eigh. Widmung unter dem Bild. (Mit grüner Tinte). 17 x 11 cm. (Bad Ischl 20.IX. 1943). 150 € „Herrrn Marinemusikinspizienten Professor Karl Flick allerherzlichst gewidmet zur Erinnerung an unsere Begegnung in Bad Ischl im Som-
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mer 1943. Franz Lehár“. Die Aufnahme zeigt den Künstler am Schreibtisch sitzend, den Kopf nach halbrechts gewendet, vor sich ein Notenheft. - Dabei als Begleitschreiben eine eigh. Visitenkarte: „Das Bild als Kapellmeister der k. u. k. Kriegsmarine kann ich erst senden, sobald ich nach Wien zurückkehre! Allerherzlichst Franz Lehár. - Ischl 20.9.1943.“
Der 30jährige Liszt in Weimar 2366 Liszt, Franz, Klaviervirtuose und Komponist (18111886). Eigh. Brief m. U. „F. Liszt“. In franz. Sprache. 5 S. Gr. 8vo. Weimar 18.XII.1851. 3.500 € Sehr umfang- und inhaltsreicher, bedeutender Brief an einen Freund in Berlin, voll bemerkenswerter Aussagen, Urteile und Mitteilungen über die eigene Haltung in dem politisch bedrückenden nachrevolutionären Klima sowie über musikalische Neuigkeiten, u. a. die Werke von Verdi und Wagner betreffend. „... Il m‘a été très agréable d‘apprendre en même temps que vous aviez pris votre position naturelle dans la 1re chapelle de Berlin, et vous fais mes sincères complimens à ce sujet - Les évènemens des dernières années ont engloutis ou éclopés beaucoup d‘hommes plus ou moins valides; raison de plus pour applaudir ceux qui ont su se maintenir fermes et droits ... J‘ai peu de choses à vous en dire. Mon activité extérieure est quant à présent passablement circonsuite; mais ce néanmoins je ne laisse pas que d‘avoir fort à faire. Je fâche très sérieusement et simplement d‘être un homme de bon sens (pas trop bête, s‘il se peut) et un musicien comme il faut. Il est à espérer que je ne
dévierai point de cette ligne ... Je dois nécessairement laisser un certain nombre de choses et d‘individues en dehors de mes soucis quotidiens. Le brave [Franz von] Schober rentre dans cette catégorie, et je ne suis pas surpris qu‘il n‘ait su quelles nouvelles vous disiez de moi ... Sa longue maladie et ses interminables sonnettes esthetico-sentimentales l‘ont singulièrement endrinagé au physique et au moral ... L‘aspect musical de Weymar a gagné en intérêt depuis votre départ. Nous possèdent maintenant un Concert Meister d‘un talent vraiment extraordinaire, M. Joachim, et aussi un Violoncelle de plus distingué, M. Coßmann. Si comme il est probable, nous faisons encore quelques aquisitions de ce genre, notre Orchestre sera bientôt en un piéd des plus respectables. Le répertoire de l‘opéra prends aussi peu à peu une autre tournure que ci-devant. En fait d‘ouvrages nouveaux on représente cet hiver Benvenuto Cellini de Berlioz ... Ernani de Verdi et un nouvel ouvrage de M. Vesque (Hoven) [d. i. J. Vesque von Püttlingen] de Vienne ‚Der lustige Rath‘, - sans compter les deux chefs d‘oeuvres de Wagner, Tannhäuser et Lohengrin, représentations qui sont annoncées dans le Journal de Berlin, attendu que j‘ai reçu une douzaine de lettres qui me demandaient quand elles aurent lieu ...“. Bedankt sich für den „exzellenten Brief“ des Adressaten. „... Je me charge volontiers de vos complimens pour Ziegesar (avec lequel je suis resté lié de sincère et dévoué amitié) et M. de Maltitz qui est devenu Excellence (russe) depuis quelques mois. Mme la Princesse sera charmé de renouveller connaissance avec vous et en attendant vous envoie ses complimens par moi intermédiaire ... Si Madame Dadanyi est encore à Berlin, veuillez la remercier d‘un bienveillant souvenir ...“. - Der österreichische Dichter, Librettist und Schauspieler Franz von Schober (1796-1882), der zu Schuberts Freundeskreis gehörte, mit vielen Künstlern verkehrte und auch Vorlagen für Liszts Kompositio-
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_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film nen lieferte, lebte zu dieser Zeit als Legationsrat in Weimar. Der Violinist und Konzertmeister Joseph Joachim und der Cellist Bernhard Coßmann gehörten zu den glänzendsten Neuzugängen der Weimarer Hofkapelle unter Liszts Leitung. Der sachsen-weimarische Kammerherr Ferdinand von Ziegesar (1812-1854) war 1847 auf Liszts Empfehlung zum Intendanten des Weimarer Hoftheaters ernannt worden. Der Schriftsteller und Diplomat Apollonius von Maltitz (1795–1870) war von 18411865 russischer Gesandter in Weimar. - Die Schrift stellenweise etwas blass; ansonsten ein besonders schöner, gehaltvoller Brief des jungen Liszt. Abbildung
2367 - Eigh. Brief m. U. „F. Liszt“. 1 S. Gr. 8vo. Rom 29.VIII.1880. 650 € „Das wohllöbliche Kaiserliche Postamt in Weimar ersuche ich mir die Zeitung ‚Telephon‘ nicht mehr zu senden, sondern an die Administration derselben ... Wien, zurück zu expediren. Für Briefe und Pakete bleibt, bis Neujahr, meine Adresse: Roma (Italia): Via d‘Alibert ...“. Leicht vergilbt; verso Montagespuren am oberen Rand.
2368 - Dósnyai, Carl, ungarischer Maler und Bildhauer, lebte 1848 bis Ende 1850 in Weimar (1813- nach 1850). Skizzenbuch mit 8 Orig.-Bleistiftzeichnungen, die sehr sorgfältig und fein ausgeführte Porträts von Weimarer Musikern und Schauspielern zeigen, sowie mit einem Textbeitrag eines der Dargestellten. 30 Bl., davon 11 S. illustriert oder beschrieben. 22,5 x 18 cm. Dunkelgrüner Leinenband d. Z. mit Blindprägung im sog. „RomantikerStil“. (Weimar, wohl Okt. 1850). 8.000 € „Seinem edlem [!] Wohlthäter Herrn Doctor Franz Liszt widmet Carl Dósnai, Maler und Bildhauer“ (Titelseite). Auf dem folgenden Blatt zitiert er das von Ovid stammende Wort: „Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas“ („Wenn auch die Kräfte fehlen, so ist doch der Wille zu loben“). Das Album enthält 8 ganzseitige Porträts von wichtigen Künstlern des Weimarer Hoftheaters und der Hofkapelle, jeweils rückseitig (vielleicht von anderer Hand) mit Bleistift bezeichnet: 1. Eduard Genast, bez. „Eduard Genast Regisseur und Hofschauspieler“ (1797-1866; Schauspieler, Sänger und Komponist). Frühes Porträt. Aus dieser Zeit ist eine weitere Porträtzeichnung von Friedrich Preller („nach 1850“) bekannt. - 2. Franz Götze, bez. „Tenorist Götze“ (18141888; Violinist und Sänger). Frühestes der bisher bekannten Porträts. Ein Holzstich von Adolf Neumann (1825-1884) zeigt Götze viele Jahre später. - 3. Joseph Joachim, bez. „Joseph Joachim“ (1831-1907; Vio linvirtuose und Komponist). Joachims äußere Erscheinung ist zwar durch Photographien, Künstlerzeichnungen und Gemälde bekannt. Doch Dósnays Zeichnung dürfte das allerfrüheste Porträt des später weltberühmten Künstlers sein. - 4. Bernhard Cossmann, bez. „Bernhard Cossmann“ (1822-1910; Cellist und Komponist). Frühestes bekanntes und einziges Jugendbildnis. Das zeitlich Nächste ist ist ein Photo aus den 1870er Jahren. - 5. Hans Feodor von Milde, bez. „Feodor von Milde“ (1821-1899). Frühestes der bisher bekannten Porträts des vortrefflichen Baritons, das zeitlich nächste zeigt ihn im Jahre 1857. - 6. Joachim Raff, bez. „Joachim Raff“ (1822-1882; Komponist und Musikpädagoge). Frühestes der bisher bekannten Porträts; das zeitlich nächste zeigt ihn erst 1856. - Auf dem folgenden Blatt ein schriftlicher
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Eintrag von Raff selbst: „Wenn die Selbstironie den Humor eines Menschen bekundet, so wird man mir nachsagen müssen, daß ich ihre bittersten Forderungen nicht zurückgewiesen habe. - Weimar am 29. October 1850 Joachim Raff“. - 7. Georg Winterberger, bez. „Hofschauspieler Winterberger“ (1801-1866; Mitglied des Weimarer Hoftheaters). Es gibt ein Jugendbildnis als Lithographie nach Kriehuber. Dosnyais Porträt ist das einzige im reifen Mannesalter. - 8. Alexander Winterberger, bez. „Alexander Winterberger“ (1834-1914; Pianist, Organist und Komponist). Bekannt ist nur ein Porträtphoto und ein verwandter Holzstich des älteren Mannes. Dosnyais Porträtzeichnung des Siebzehnjährigen dürfte das einzige erhaltene Jugendbildnis des begabten Liszt-Schülers sein. Károly Dósnyai, der sich in Deutschland Carl Dósnai nannte, hatte bereits 1839 in Pest die Gips-Statue Franz Liszts modelliert, wodurch er dessen Unterstützung für eine Studienreise nach Italien gewann. 1846 hatte er Liszt in Pest aufgesucht und war ihm 1848 nach Weimar gefolgt. Die Tätigkeit Joseph Joachims als Konzertmeister der Weimarer Hofkapelle unter Liszts Leitung begann laut Vertrag am 13. Oktober 1850, und wenn Joachim Raff seinen Eintrag im Album mit 29. Oktober 1850 datiert, so läßt sich dessen Entstehungszeit mit „Oktober 1850“ annehmen. Falls Dósnyai geplant hatte, seinem Gönner den Band zum Geburtstag am 22. Oktober zu überreichen und bis dahin möglichst viele Bildnisse von Weimarer Künstlern darin zu sammeln, so konnte dieses Vorhaben nicht vollendet werden: Schon der Aufwand, den solche sorgfältigen Porträts „nach der Natur“ bedeuteten, war nicht leicht und schnell zu bewältigen. Und Liszt befand sich an seinem Geburtstag nicht in Weimar, sondern hatte bereits Mitte Oktober Fürstin Carolyne von SaynWittgenstein und ihre an Typhus erkrankte Tochter Marie zu einem Kuraufenthalt nach Bad Eilsen begleitet. Er kehrte erst Ende Januar 1851 nach Weimar zurück. Da hatte der Künstler, ohne neue Aufträge und ohne die Nähe seines Wohltäters, Weimar bereits verlassen, um sich über Hamburg nach London zu begeben. Das erklärt, warum sich das Album nicht in Liszts Nachlaß befand. Dósnyai ließ das erst zu einem Drittel gefüllte Album vielleicht in Hamburg zurück; dort kam es zu Beginn der 1990er Jahre erstmals zum Vorschein. - Das Album ist ein Dokument für die hohe Begabung Carl Dósnyais, erinnert aber auch an das selbstlose soziale Engagement von Liszt, der sich für viele
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angehende Künstler eingesetzt hat. Ungarn hat im 19. Jahrhundert eine beachtliche Anzahl hervorragender Künstler hervorgebracht, die aber aufgrund ökonomischer oder politischer Verhältnisse oft wenig Entfaltungsmöglichkeiten fanden, so daß Mancher sein Glück im Ausland suchte. Dabei hatten nicht alle so viel Erfolg wie der aus Kittsee bei Preßburg (damals ungarisch) stammende Joseph Joachim, dessen Bildnis kurz nach seinem Antritt als 19jähriger Konzertmeister mit gutem Gehalt an einer ranghohen Hofoper bereits von einem so talentierten Landsmann wie Carl Dósnyai festgehalten wurde. Abbildungen
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2369 - Winterberger, Alexander, Organist, Pianist und Komponist, Schüler Franz Liszts in Weimar, später Professor am Konservatorium in St. Petersburg (1834-1914). Eigh. musikalisches Albumblatt m. U. „Alexander Winterberger“. 1 S. Quer-4to. Wien, Februar 1857. 180 € Achttaktiges Incipit eines „Adagio“ für Klavier im 3/4 Takt. - Winterbergers Bildnis als 16jähriger ist in Carl Dósnyais Album für Franz Liszt enthalten (siehe die vorige Kat.-Nr.). - Dabei: Karl Schlesinger, Cellist
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und Komponist (1813-1871). Eigh. musikal. Albumblatt m. U. „Professor Karl Schlesinger, k. k. Kammervirtuose“. 1 S. Quer-4to. (Wohl Wien) 20.IX.1858. - „Etude No. 5. - Molto moderato“. 10 Takte.
2370 Mahler, Gustav, Komponist und Dirigent, Direktor der Wiener Hofoper, Chedirigent der New Yorker Philharmoniker (1860-1911). Eigh. Brief m. U. „Director Mahler“. 2 S. 8vo. Bad Aussee 13.VII.1899. 2.500 €
An die Besitzerin einer Villa in Maiernigg am Wörthersee. „... Nicht um diese Ferien, sondern erst für die kommenden handelte sich es mir bei Ihrer Villa in Mayernigg. Doch will ich - od. vielm. meine Schwester - mir erlauben dieselbe noch im Laufe des Monats Aug. in Augenschein zu nehmen & event. sogl. für‘s n. Jahr zu miethen. Der Preis v. 800 fl. ist allerdings weit mehr, als ich sonst f. meine Ferienwohn. auszugeben pflege. - Was wäre - f. alle Fälle - der Kaufpreis Ihrer Villa? ...“. - Im kommenden Jahr begann Mahler mit dem Bau einer Villa direkt am See in Maiernigg (durch den Architekten Alfred Theuer) und eines sog. „Komponierhäuschens“, das bereits 1900, ein Jahr vor der Villa,
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ Sie vielleicht beim Wort zu nehmen, wenn ich erst bestimmt weiß wan ich in Brüssel eintreffen werde, habe ich ein andres Anliegen, das Sie mir vielleicht erfüllen könnten, und mich dadurch sehr verbinden würden. Es ist nämlich unmöglich, wie es scheint, hier die Stunde zu erfahren wann die Dampfboote von Dover nach Calais abgehen, und weder mein Freund Klingemann noch ich haben einen Bekannten in Dover an den wir uns deshalb wenden könnten. Wäre es Ihnen nun vielleicht möglich durch einen Correspondenten in Dover auszumitteln, wann die verschiednen Dampfboote am Sonnabend den 23sten, und Sonntag 24sten Sept. von Dover nach Calais abgehen, und mich die Anwort bis zum Dinstag früh hier wissen zu lassen? Sie würden mir einen großen Gefallen damit thun, da mein ganzer Reiseplan davon abhängt, und in jedem Fall bitte ich Sie um eine Zeile Antwort; in der Hoffnung Sie nicht zu sehr durch meine Bitte zu belästigen ...“. Mendelssohn schreibt zweimal „Dovor“. - Unveröffentlicht. Regestdruck (nach einem Katalog von 1982) in: Sämtliche Briefe V, Nr. 1711. - Am Schluß mit älterer Bleistiftdatierung „London July 1837“. - Rückseitig am Unterrand Spur von ehemaliger Montage. Abbildung
Girardi: „geradezu entzückt“ 2372* Millöcker, Carl, Komponist und Kapellmeister (1842-1899). Eigh. Brief mit Libretto-Texten und U. „Millöcker“. 4 S. Gr. 8vo. Wien 9.IX.1886. 250 €
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fertiggestellt wurde. Nach dem Tod seiner älteren Tochter Maria im Juli 1907 verließ Mahler geradezu fluchtartig dieses prächtige Feriendomizil und verkaufte es im folgenden Jahr. - Gering gebräunt; kleine Einrisse.
An einen der beiden Librettisten von Millöckers Operette „Der ViceAdmiral“, die am 9. Oktober 1886 erstmals im Theater an der Wien aufgeführt wurde. Das Libretto stammte von F. Zell, pseud. Camillo Walzel (1829-1895) und Richard Genée (1823-1895): „... Beehre mich Ihnen mitzuteilen daß Gestern [Alexander] Girardi bei mir war. Ich spielte ihm den Walzer vor, er gefiel ihm sehr, über den Text war er geradezu entzückt. Wir machten auch noch einige andere Sachen aus dem V[ice-Admiral] durch, auch er ist der Meinung daß eine zweite Strofe des Entréeliedes sehr vortheilhaft wäre, und da sie so gütig waren mir eine solche zuzusagen so erlaube ich mir Ihnen anbei die Musterstrophe anzuführen. | Zwar die Frauenzimmer | Hab‘ verwünscht ich immer; | Thränen und Gewimmer | Falscher Katzenglimmer! ... [es folgen ca. 33 weitere Zeilen] Nun soll sich der Walzer anschließen - hier der Wortlaut in der 1. Fassung: | Stark sind nur wir Männer, | Doch die Weiber sind so schwach! [es folgen 6 weitere Zeilen] ... Zürnen Sie nicht, daß Sie nochmals mit Arbeit quält Ihr herzlichst grüßender ...“. - Auf den Mittelseiten 2 und 3 hat der Librettist in Form von Skizzen mit Korrekturen ca. 30 Zeilen ein getragen, die das „Entréelied“ ergänzen. - Dem Meister der Wiener Operette gelang 1882 der Durchbruch mit „Der Bettelstudent“. Kleiner Faltenriss.
Abbildung
2371* Mendelssohn Bartholdy, Felix, Komponist (18091847). Eigh. Brief mit U. „Felix Mendelssohn Bartholdy“. 11/2 S. 8vo. (London, zwischen dem 27. VIII. und 13. IX. 1837). 2.800 € An einen Herrn: „... Indem ich Ihnen für Ihre freundliche Anerbietung wegen meines Platzes in Brüssel bestens danke, und mirs vorbehalte
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2373* Mitterwurzer, Anton Friedrich, Schauspieler und Regisseur, als herausragender Charakterdarsteller einer der internationalen Stars aus der „großen Zeit“ des Wiener Burgtheaters im 19. Jhdt (1844-1897). Konvolut von 18 eigh. Briefen mit U. sowie zahlreichen Beilagen. Zus. ca. 59 S. Meist 8vo. Berlin, Braunschweig, Bremen, Dresden, Hannover, New York, Salzburg, Stuttgart, Teplitz, Weimar u.a., 1885-1893. 450 €
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film Aus diversen Gastspielorten an den Schauspieler Georg Sievers in Wien, der für Mitterwurzer, bedeutender Charakterdarsteller am Wiener Burgtheater, allerlei Hilfsdienste ausführte. Die Briefe berühren die Besorgung von Textbüchern, die Lancierung von Artikeln in Zeitungen, Botengänge, die Beschaffung von Photos und überhaupt Nachrichten aus der Wiener Theaterszene. - (Bremen, 17. X. 1885) „... Gestern, an meinem Geburtstage habe ich hier zum 4. und letzten Male gespielt ... und gute Geschäfte gemacht, glänzendste Aufnahme gefunden. Am 21. Mittwoch, fahre ich von Bremerhafen mit der ‚Elbe‘ nach New York ... lanciren Sie, wenn möglich eine Notiz über das Bremer Gastspiel in die Zeitung - (neue freie Presse) ...“. - (New York, 12. XI. 1885) „... New York macht einen großen, gewaltigen ja entsetzlichen Eindruck - ich finde kein besseres Wort um all die Empfindungen in ein Wort zusammenzufassen. Die Theater d. h. die englischen sind wundervoll hergerichtet - Alle - und die Spielweise hebt sich vortheilhaft von der deutschen ab - sie ist ernst - eine ernste Geschäftsarbeit - keine Wurstelei. Das deutsche Theater ist leidlicher und liegt in Mariahilf um die Gegend zu bezeichnen ... Ich spiele schon 8 Tage früher im Star-Theater (englisches Theater) ein sehr schönes Haus ... Mir geht es sonst gut. Das Essen bekommt mir nicht - aber das Obst ist köstlich. Ich wohne sehr schön. Alles im Haus und recht theuer. Meinem Barbier bezahle ich für einmal rasieren 1 Gulden 10 Kr. ...“. - (Dresden, 26. XI. 1887) Bittet, für ihn Lotterie zu spielen und erklärt, was man dabei gewinnen kann. - (Berlin, 28. II. 1888) „... Meinem Versprechen gemäß übersende ich Ihnen anbei 55 fl. = 90 Mark etwa für Monat December ...“. - (Salzburg, 16. I. 1889) „... Bin gut angekommen, habe heute polnischen Juden (Caspar) vor vollem Hause gespielt und viel Beifall gefunden ...“. - (Stuttgart, 31. I. 1889) „... Ich halte es für besser wenn Sie zunächst Alles daran setzen ein Engagement am Volkstheater zu erhalten ... Ich kann und will nicht immer offene Hand für Sie haben - es kostet mich ein Heidengeld. Sorgen Sie also zunächst für Ihren Contract ... Ich bitte Sie dringlichst die ernste Mahnung zu beherzigen ... Anbei erhalten Sie noch einmal 50 fl. für Monat Februar eine Summe die ich mir für Sie abgespart habe ...“. - (Braunschweig, 23. II. 1889) „... Ich schicke Ihnen mehr als 50 fl. für das Übrige haben Sie Ihren braunen Winterrock u. schwarzen Rock auszulösen ...“. - (Weimar, 10. IV. 1889) Gibt ihm Anweisung für eine Reise nach Berlin: „... Sie gehen mit mir nach Danzig und sind etwa gegen 5. Mai wieder in Wien. Sie nehmen Ihren Holzkoffer. Anbei 100 Mark welche Sie mir zu verrechnen haben ...“. - (Teplitz, 8. VIII. 1889) Gibt den Auftrag, im Bureau des Burgtheaters zu erfragen, wo der Einakter „Der Flüchtling“ von Theodor Herzl aufgeführt werde und erbittet zwei Exemplare des Textbuches. - Mitterwurzer ging 1867 an das Wiener Burgtheater. In den folgenden Jahrzehnten wurde er noch zweimal an das Burgtheater verpflichtet, spielte zwischendurch bei Heinrich Laube in Leipzig sowie in Berlin. Später war er am Wiener Stadttheater, am Ringtheater. Im Herbst l884 übernahm er die Direktion des Carl-Theaters in Wien. Er gab auch Gastspiele, die ihn bis nach Amerika führten. Mitterwurzer gestaltete komische Rollen, Helden und deren Gegenspieler, interpretierte die klassischen Rollen im Sinn des Realismus neu und überzeugte auch im naturalistischen Drama. Hugo von Hofmannsthal widmete ihm einen Versnekrolog. - Beiliegend: I. Eigenh. Brieffragment mit U. Berlin 1885. - II. 4 eigenh. Billets mit U. - III. 4 eigh. beschriftete Visitenkarten, sowie eigh. beschrifteter Paketabschnitt. - IV. Partezettel Mitterwurzers. - V. Partezettel seiner Tochter Anna. - VI. 7 Bl. „Kassen-Rapport“ des Stadt-Theaters Breslau, 15.-25. II. 1883. - Interessanter Einblick in die Einnahmen des Schauspielers. - VII. 3 Porträtphotographien im Visitenkartenformat. - VIII. 2 Theaterzettel (aus Mitau und Danzig) sowie Einblattdruck mit Festgedicht (Triest). - IX. 2 Verträge für Georg Sievers von den Theaterdirektoren Karl Strampfer und Johann Hugo Treu.
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2374 Mozart-Umreis. - Giesecke, Carl Ludwig, Opernlibrettist, Tänzer, Schauspieler, Jurist, Polarforscher und Mineraloge, spielte unter Schikaneder und gehörte derselben Freimaurerloge an wie Mozart, dem er zwei Libretti ins Deutsche übersetzte (1761-1833). Manuskript-Fragment mit Namenszug „Giesecke“ am Schluss. 31/2 S. Folio. O. O. (wohl um 1795). 600 € Der 8. (letzte) Auftritt einer parodistischen Pantomime mit Gesang „Die 12 Himmelszeichen“, die wohl ungedruckt geblieben ist (nicht bei Goedeke). Die Szene besteht aus einem Streit zwischen den Sternbildern Jungfrau und Stier. „... Die Jungfrau (sterbend) Zu Hülfe! Auf zu Hülf! Die Bestie bringt mich um! / Ach eile mir zu Hülf‘, geehrtes Publikum! (Die Jungfrau stirbt, der Stier aber stößt sie immer fort. Die übrigen Himmelszeichen erscheinen, erheben ein Angstgeschrey, und wollen abwehren; er aber jagt sie in die Flucht bis auf den Löwen, der ihm die Augen aushakt. Dier Stier will nun die Flucht ergreifen, rennt
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ Stalking in Meiningen 2375 Reger, Max, Komponist und Dirigent, Generalmusikdirektor in Meiningen (1873-1916). Eigh. Brief m. U. „Reger“. 11 S. Gr. 8vo. Meiningen 25.V.1913. 1.200 €
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in der Blindheit auf dem Theater herum, und fällt endlich in‘s Souffleurloch, woselbst ihn der Souffleur vollends umbringt). - Ende“. - Am Schluss der Seite unten rechts (von anderer Hand) der Namenszug „Giesecke“. - Die Parodie zielt offenbar auf die gegen Ende des Jahrhunderts beliebten Melodramen, d. h. Monologen oder Dialogen mit Musikbegleitung. - Stärker fleckig. - Der Autor, eine bemerkenswerte Persönlichkeit, gehörte zum engsten Kreis um Mozart, spielte in der Uraufführung der „Zauberflöte“ den ersten Sklaven und behauptete angeblich im Jahre 1818, der eigentliche Autor des Librettos zu sein. Immerhin übersetzte er die Textbücher der Mozart-Opern „Le Nozze di Figaro“ (1793) und „Cosi fan tutte“ (1794) ins Deutsche. Nach Aufgabe seiner Bühnentätigkeit reiste er - als Mineralien-Kenner und -Händler - im Auftrag der dänischen Regierung anch Grönland, wo er sich von 18061813 aufhielt und ein mineralogisch-geologisches Standardwerk verfaßte. 1814 erhielt er eine Professur für Mineralogie an der Universität Dublin, wo Sir Charles Lewis Giesecke als angesehener Gelehrter bis an sein Lebensende tätig blieb. - Sehr selten.
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Sehr umfangreicher Brief an seinen Brotherrn, Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen (1826-1914), den berühmten „Theaterherzog“, der ihm die abfällige Kritik eines Reger-Konzertes aus der Feder Otto Neitzels übersandt hatte. Der Komponist nutzt die Gelegenheit, über Verschiedenes ausführlich sein Herz auszuschütten. „... Die betreffende Kritik habe ich übersehen; dieselbe stammt aus der Kölnischen Zeitung u. ist geschrieben von Dr. Otto Neitzel, welcher Herr uns allen als ein oberflächlicher Musiker bekannt ist; derselbe hat noch nie sich Zeit genommen, sich mal ernsthaft mit Reger zu beschäftigen; er hörte in Bonn die beiden Werke zum 1. Male. Ich hätte nicht die Courage, nach einmaligem Hören eines moderneren ernsthaften Werkes, darüber ein Urtheil in der Zeitung loszulassen; aber das ist ja der Krebsschaden unserer gesammten Kritik. Mit welcher grandiosen Oberflächlichkeit dieser Herr Neitzel urtheilt, geht wohl am Besten daraus hervor, daß er vorigen Winter in Eisenach gelegentlich eines Vortrages äußerte, daß man Joh. Brahms‘ Klavierquartette doch eigentlich nicht mehr spielen könnte. (Ich machte darauf die treffende Bemerkung: ‚Neitzel kann sie noch nicht spielen!‘). Seit diesem Ausspruch ist Neitzel für mich u. sehr viele andere als Musiker u. Kritiker endgültig erledigt. Im Übrigen fühlt der ernsthaft schaffende Künstler viel eher als die Kritik, wo die Schwächen seines Werkes liegen. Ich selbst gestehe offen, daß es seit Jahren mein Bestreben ist, mich so klar und plastisch, wie es möglich ist, musikalisch auszudrücken, was bei mir schwerer ist, da ich sozusagen an ‚Überfülle‘ der Einfälle leide. Wenn jemand meine Entwürfe u. dann die druckreife Arbeit sähe, würde er sehr erstaunt sein, wie viel, wie viel ich ganz rücksichtslos rauswerfe; ich predige meinen Schülern immer: Kürze, Plastik! ...“. Ferner meldet er dem Herzog, daß er soeben die Leitung des Meininger Singvereins niedergelegt habe, weil der ihn schlecht behandele, obwohl er, Reger, ohne jedes Honorar seit langem viel Zeit und Geld für den Verein und dessen Volksspiele geopfert habe. Reger schildert ausführlich seine Differenzen mit dem Verein und versichert schließlich: „... ich für jeden Fall dirigiere diesen Verein nicht mehr“. - Es folgen diverse weitere Themen, darunter die Konzerte der Meininger Hofkapelle in Hildburghausen. Reger bittet um die Erlaubnis, „daß die Konzerte ... immer um 33/4 Uhr (statt 4 Uhr) beginnen dürfen; die Besucher aus Coburg u. Sonneberg haben dann sehr gute Reise-Verbindung heimwärts; wenn wir um 4 Uhr beginnen, erreichen sie den Zug nicht mehr, müssen bis nachts 1 Uhr aufbleiben, während sie schon um 8 Uhr zu Hause sind in Sonneberg, wenn wir um 33/4 Uhr beginnen ... Nun muß ich Ew. Hoheit noch eine ganz wunderliche Geschichte melden. Ich habe in Leipzig eine Schülerin am Conservatorium gehabt; Russin, merkwürdiges Geschöpf; vor 6 Monaten taucht sie plötzlich in Meiningen auf, wird aber so arg zudringlich, daß ich sie aus dem Kreise meiner Schüler entfernte; seit dieser Zeit - 1/4 Jahr - verfolgt mich das Mädchen mit Briefen derart unverschämter Natur, daß ich mir die Sache nicht mehr länger gefallen lassen konnte, insbesondere, da sie mir drohte, sie wollte mich erschießen. Ich habe die Briefe an die Polizeidirektion Leipzig gesandt, welche das Mädchen vor 10 Tagen als lästige Ausländerin ausgewiesen hat. Nun ist das Mädchen wieder in Rußland, schreibt mir aber gleichwohl die total verrücktesten Briefe weiter ... Meine Wohnung gleicht demnächst einem Museum; von allen Seiten bekomme ich die kostbarsten seltensten Kunstraritäten geschenkt. Es sind da Dinge von größtem Musikhistorischem Werte dabei - meistens Originale. Augenblicklich weilt eine Bildhauerin aus Berlin hier, der ich zu einer Büste sitze; die
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film Büste wird sehr gut ...“. - Schöner, sehr inhaltsreicher Brief, interessant auch durch den vertraulichen Ton, den der Herzog im Umgang mit seinen Künstlern pflegte. - 2 Bl. mit Faltenriss. Abbildung
2376* Schostakowitsch, Dimitrij, russ. Komponist, Pianist und Musikpädagoge der Sowjetzeit (1906-1975). Eigh. Brief m. U. „D Schostakowitsch“. In russ. Sprache. 2 S. (Kugelschreiber). Doppelblatt roséfarbenes Papier. Mit (defektem) eigh. Umschlag. Kl. 4to. Moskau 28.XI.1966. 1.200 € Recht persönlicher Brief an eine „sehr geehrte Galina Andreewna“, wohl eine Studentin. „... Verzeihen Sie mir, dass ich so lange nicht auf Ihren Brief antwortete. Ich war krank ... Auch jetzt bin ich noch nicht richtig in Form.“ Er bedankt sich für die ihm entgegengebrachte Achtung; ihm falle es schwer, über sich selbst zu schreiben. „... Ich kann es nicht und ehrlich gesagt, mag ich es nicht. Manchmal lese ich, wie die anderen Komponisten über sich selber schreiben, dabei kommen mir Gedanken, wie unbescheiden es von ihnen ist. Deshalb werde ich nur Ihre Fragen beantworten. 1) Leider war ich noch nie bei Ihnen in Syzran. 2) Fußball mag ich sehr. Ehrlich gesagt, bringt mir dieses Hobby mehr Leid als Freude. Ihnen und allen Studenten der Universität sende ich meine besten Wünsche“ (Übers. aus dem Russischen). - Die Anspielung auf seine Krankheit bezieht sich auf den im Mai 1966 erlittenen Herzinfarkt, „ein erstes Zeichen des Zusammenbruchs seiner an sich schon schwachen Gesundheit ... Ende der fünfziger Jahre zeigten sich erste Symptome einer eigenartigen Krankheit ... so daß er zeitweise nicht mehr schreiben konnte ... Anfang der sechziger Jahre diagnostizierten die Ärzte eine Art Poliomyelitis, als Kinderlähmung, die bei Erwachsenen selten vorkommt und unheilbar ist“ (Meyer, Schostakowitsch. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, S. 478 f.). Abbildung
2377* Schröder, Sophie, Schauspielerin, berühmte Tragödin, Mitglied des Wiener Burgtheaters (1781-1868). Eigh. Brief m. U. „Sophie Schröder“. 2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. München 26.XI.1863. 150 € An eine Dame mit Dank und der Übersendung eines „Lorbäumchens“ (Lorbeerbäumchens) in einer Schachtel für Frau von Gleichen. Diese möge das Bäumchen „behutsam auspacken und gleich begießen und grade biegen ... acht Tage wird es diese, an sich starke Pflanze, sicher aushalten - aber länger schwerlich ...“. - „Ihr leidenschaftliches Privatleben hat manchen ihrer Zeitgenossen den ruhigen Blick auf ihre Kunstleistungen verstellt. ‚Zum erstenmal vielleicht feierte in ihr der tragische Mut auf der deutschen Bühne seine glühenden Feste‘ (Max Martersteig)“ (Rischbieter, Theaterlexikon).
2378* Smetana, Friedrich (Bedrich), böhmischer Komponist und Musikkritiker, Begründer der tschechischen Nationalmusik (1824-1884). Originaldruck seiner Todesanzeige. In tschechischer Sprache. Karton mit Trauerrand. 28,3 x 22 cm. Prag 13.V.1884. 750 €
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Seltenes Smetana-Dokument. Der Künstler hatte bereits seit 1874 mit zunehmender Taubheit zu kämpfen, die jedoch sein kompositorisches Schaffen noch nicht beeinträchtigte: seine größten Werke entstanden in dieser Zeit. Doch 1882 machten sich Anzeichen von Geisteskrankheit bemerkbar, die der Komponist jedoch zu bekämpfen versuchte. So beschäftigte er sich 1883 noch intensiv mit der Partitur seiner Oper „Viola“, die er aber nicht mehr vollenden konnte. Die letzten Lebenstage verbrachte er in einem Prager Krankenhaus, wo er am 12. Mai 1884 verstarb. „Die Beisetzung auf dem Friedhof des Prager Vysehrad wurde zu einem nationalen Ereignis“ (Seeger, Musiklexikon). - Trotz der großen Anteilnahme in der Bevölkerung ist die Original-Todesanzeige heute von größter Seltenheit. - Leicht angestaubt und mit rückseitigen Fingerspuren; kleine Faltenrisse. Abbildung Seite 124
2379* Spontini, Gasparo, ital. Komponist, Hofkomponist unter Napoleon in Paris, Generalmusikdirektor in Berlin (1774-1851). Eigh. Brief m. U. „Spontini“. In franz. Sprache. 1 S. 8vo. O. O. u. J. 300 € An einen Grafen, den er gemeinsam mit dem Maler Granet treffen möchte, um eine wichtige Verbindung aller drei herzustellen. „... Je n‘ai pas été plus heureux encor dernierement que les fois précedentes, de vous rencontrer chez vous, ni Mr. [François Marius] Granet [Maler; 1777-1849]: Mon but était de vous exprimer ma vive réconnoissance,
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ An einen Konzertveranstalter: „... Ich ersuche vom Mittwoch den 16. an in allen Inseraten die Stunde des Endes der Concerte hinwegzulassen, oder 101/2 zu nennen. Meine Concerte dauern niemals über zweieinhalb Stunden, weder bei einer Reise noch in Wien. Bei einer Tournée ist eine solche Concertdauer, wie Sie angeben (ohne meinem Einvernehmen) unmöglich. Ich führe mein Programm von 12 Nummern aus, aus diesen werden durch da capo‘s 25 bis 27 Piècen, ein Mehr ist da nicht möglich. Um das Publikum vor jeder Mystification bezüglich der Dauer der Concerte zu bewahren, empfehle ich dringendst, die Ankündigung einer Stunde des Endes des Concertes zu unterlassen, u. abzuändern ...“. - Eduard Strauss leitete mit seinem Bruder Johann das bedeutende Tanzmusik-Imperium. - Knickfalten. Abbildung
2382* Strawinsky, Igor, Komponist (1882-1971). Eigh. Postkarte m. U. „I St“. 1/2 S. Hollywood 23.III.1962. 300 € Kurze Danksagung an seinen Freund und Agenten, den Rechtsanwalt Arnold Weissberger, in New York. „Thanks ... for your interesting clippings and also for your thoughtfulness which touches me very much ...“. - Kurz von Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war Strawinsky in die USA ausgewandert, wo er von 1939 bis kurz vor seinem Tod in Hollywood lebte.
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Monsieur le Comte, ainsi qu‘à Mr. Granet, et quoique je n‘aie rien à ajouter, cépendant je désirerais beaucoup vous faire à tous deux une comunication importante; à cet effet j‘ose vous prier de vouloir bien me fixer une heure dans la journée d‘aujourdhui ou dans la soirée, où je puisse vous rencontrer chez vous, ainsi que Mr. Granet ...“. - Leicht gebräunt. - Beiliegend eine Postkarte mit gedrucktem Bildnis Spontinis.
2380* Strauss, Richard, Komponist und Dirigent (18641949). Eigh. musikal. Albumblatt m. U. „Dr. Richard Strauss“. Zus. mit einer Portrait-Photographie unter dunkelgrünes, stoffbezogenes Passepartout montiert. Insges. 18 x 32 cm. O. O. (nach 1927). 900 € Zwei Takte aus seiner Oper „Die ägyptische Helena“ (op. 75; Libretto von Hugo von Hofmannsthal), deren Uraufführung 1928 an der Dresdener Staatsoper unter der Leitung von Fritz Busch stattfand. - Das wohl um 1895 entstandende Foto im Postkarten-Format zeigt den jungen Strauss im Sessel sitzend, die Hände gefaltet. - Das Albumblatt mit vertikaler Falte; sonst sehr dekoratives Ensemble.
2381* Strauß, Eduard, Bruder von Johann Strauß, Komponist, letzter Leiter des Strauß-Orchesters, Hofball-Musikdirektor (1835-1916). Eigh. Brief m. U. „Eduard Strauß“. 3 S. Gr. 8vo. München 14.IX.1896. 350 € 124
2383* Toscanini, Arturo, Dirigent (1867-1957). Gedruckte Karte mit mont. Porträtdruck, eigh. Datierung und U. „Arturo Toscanini“. 1 S. Quer-8vo (11 x 17 cm). New York 2.III.1934. 200 € Gedruckter Text: „Your immediate reply to my appeal for contributions for The Philharmonic-Symphony Society Campaign Fund has deeply touched me and I wish you to accept my heartfelt thanks.“ - Hübsches Sammelstück. Abbildung Seite 135
2384* Verdi, Giuseppe, ital. Komponist (1813-1901). Eigh. Brief mit U. „G Verdi“. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Gr. 8vo. Genua (Genova), 2.XII.1890. 2.000 € An seinen Musikverleger Giulio Ricordi (1840-1912): „... nel ritratto per Bach si vede poco il nome mandatemene un altro che lo rifarò. E‘ forse vero che nel mali le troppe cure fanno effetto opposito. Auguro che Ginetta e Marcolo [die Kinder Ricordis] giano instabili ben presto ... A poi ... Dunque a rivederci! Saluti a tutti ...“. Abbildung Seite 126
„Liebestod“ oder „Verklärung?“ 2385 Wagner, Richard, Komponist (1813-1883). Eigh. Manuskript. 1 S. Gr. 4to (23,1 x 28,5 cm). (Wien, Dez. 1863). 15.000 € „Tristan und Isolde. Vorspiel und Schlussatz“. Entwurf zu Handlung und Programm für Teile der Oper, mit Erläuterung seiner motivischen
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film Intentionen. „A.) Vorspiel (Liebestod.) - Tristan führt, als Brautwerber, Isolde seinem Könige und Oheim zu. Beide lieben sich. Von der schüchternen Klage des unstillbaren Verlangens, vom zartesten Erleben bis zum furchtbaren Ausbruch des Bekenntnisses hoffnungsloser Liebe, durchschreitet die Empfindung alle Phasen des sieglosen Kampfes gegen die innere Gluth, bis sie, ohnmächtig in sich zurücksinkend, wie im Tode zu verlöschen scheint. B.) Schlussatz. (Verklärung.) - Doch, was das Schicksal für das Leben trennte, lebt nun verklärt im Tode auf: die Pforte der Vereinigung ist geöffnet. Ueber Tristan‘s Leiche gewahrt die sterbende Isolde die seligste Erfüllung des glühenden Sehnens: ewige Vereinigung in ungemessenen Räumen, ohne Schranken, ohne Banden, unzertrennbar! - „ Der Text war bestimmt für den Wiener Programmzettel des „Großen Orchester-Concerts ... unter der Leitung von Richard Wagner ... im kaiserl. königl. grossen Redouten-Saale“ am 27.XII.1863. - Der Schlußsatz ist heute unter dem Titel „Isoldens Liebestod“ bekannt, während Wagner stets nur von „Verklärung“ spricht. Dieser poetischere Begriff passt besser zu Wagners Anschauung vom Transzendenten, dem Übergang von den seelischen Leiden des Erdendaseins zur immateriellen „seligsten Erfüllung“ in der Verklärung. Der metaphysische Anteil in der Beziehung des Paares ist durch „Verklärung“ besser gekennzeichnet als durch „Liebestod“. - Anderthalb Jahre vor der Uraufführung der lange als unaufführbar verrufenen Oper stellt Wagner einem anspruchsvollen Konzertpublikum mit der vorliegenden schönen Handschrift in nuce das Konzept und die Idee des großen Werkes vor. Abbildung Seite 127
Cosima als Bayreuther Regisseurin 2386 - Wagner, Cosima, zweite Frau Richard Wagners, Tochter Franz Liszts, geschiedene v. Bülow, Leiterin der Bayreuther Festspiele (1837-1930). Eigh. Brief m. U. „C Wagner“. 4 S. Gr. 4to. Schloss Fantaisie 9. und 10.IX.1885. 1.200 € Höchst bedeutender Brief an den Maler Joseph Flüggen in München, den Cosima als Kostümbildner für die von ihr inszenierte und von Felix Mottl musikalisch geleitete Bayreuther Erstaufführung von „Tristan und Isolde“ (1886) engagiert hat. Im vorliegenden Brief resümiert sie alle Details für die Kostüme, wie diese in vorhergegangenen Besprechungen mit Flüggen festgehalten worden waren. Die bis in alle Einzelheiten von Cosima durchdachte Kostümierung vermittelt ein genaues Bild von der farbigen Bühnenerscheinung der Darsteller, so dass der vorliegende Brief eine wertvolle Quelle zur Kenntnis und Rekonstruktion der ersten Bayreuther „Tristan“-Inszenierung darstellt. Cosima möchte Flüggen mitteilen, „was mir beim Nachsinnen angekommen ist, indem ich Alles Besprochene und Bestimmte noch einmal durchgehe. „Isolde - Weisses aufgerafftes Gewand, entweder aus feinster (indischer) Wolle oder aus matter Seide. Gurt blau, reiche Schmuck-Borte oben. Krone. Schwarzer Mantel - Art von Gold-Brokat - in tiefem Ton; entweder roth oder hellblau gefüttert, je nachdem es zu dem Oberstoff und zu dem Gurt stimmt. (Dieses Kostüm zweimal). - Aufgegeben habe ich betreffs Isolde: a: Das Pelz-Kostüm, so schön es ist, weil es doch den Begriff der Königsbraut nicht genügend wiedergiebt. - b.: Das Gewand für den 2ten Akt, weil bei den Aufführungen, München 1865, und Berlin 1875, keine eigene Tracht für den zweiten Akt gefordert wurde; nach reiflicher Ueberlegung bringe ich der Erhaltung des Typus dieser Aufführungen das Opfer meines Wunsches, wenn ich auch weiss, dass dieser dem Sinn des Werkes, und der besonderen Situation nicht zuwider läuft.
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„Tristan“ - Untergewand ungefähr Lederfarbe, nicht auffallend, aber ja nicht dürftig, grosser rother Mantel - tiefe rothe Farbe - ja nicht Scharlach - mit bläulich violettem Schatten. (Es ist mir der Mantel welchen Ludwig Schnorr - 1865 - trug, nicht in Erinnerung geblieben, es ist mir aber als wäre er blau gewesen - dunkel - Ich will Nachforschungen danach geschehen lassen; ich glaube aber, dass wenn wir die richtige rothe Schattirung bekommen, der Eindruck ein ernster und ruhiger sein wird.) ...“. - Es folgen Kostüm-Überlegungen zu Marke im II. und III. Akt sowie zum weiblichen und zum männlichen Gefolge: „... Nach den Figurinen, nur mit besonderer Beachtung dessen: dass man durchaus nicht an die ‚Hermannsschlacht‘ erinnert werden soll, und nicht zu sehr an den ‚Ring des Nibelungen‘. Irland, Cornwallis, und Bretagne (Careol) dürfen keinen zu absolut wilden, nordischen Charakter haben; die Eichenkränze dürften kaum dort angebracht sein; die Pelze sehr gut, aber in schöner Verarbeitung. Der Hof des milden Königs soll wohl einen rüstigen, ursprünglichen, aber keinen wilden Eindruck machen. Im zweiten Akt kommen die Hofleute alle in Jägertracht ... Ich habe heute 7 Stücke des Kundry-Kostüms an das [Münchener] Hoftheater abgesandt; sie sind alle mit erklärenden Zetteln versehen. Auch für die Uebernehmung der Veränderungen in diesem Kostüm fühle ich mich sehr verpflichtet ...“. - Die Akribie, mit der sich Cosima der Ausstat-
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tung von Wagners Opern widmet, ist sicherlich auch den Reformbemühungen der Meininger und ihrer Gastspiele zu verdanken, die in halb Europa eine Welle der historischen Kostümforschung an den Theatern ausgelöst hatten.
„Keinen Schwan!“ 2387 - (Wagner, Cosima) Eigh. Brief m. U. „C. Wagner“. 4 S. Gr. 4to. Bayreuth 11.XII.1886. 1.200 € Ebenfalls ausführlich an Joseph Flüggen, doch diesmal über die Kostüme für eine „Lohengrin“-Aufführung in Paris, die der berühmte Dirigent Charles Lamoureux (1834-1899) veranstalten möchte. „... Herr Lamoureux hat einige Anfragen an mich bezüglich der Kostüme des Lohengrin gestellt; hierauf schlug ich ihm vor, mich mit der Bitte an Sie zu wenden, einige Skizzen zu entwerfen. In einem heute empfangenen Briefe geht er freundlich darauf ein, bittet aber zuvörderst um die Angabe Ihrer Bedingungen, da seine Unternehmung eine private, unsubventionirte, also recht bescheidene ist. Ich habe ihm geschrieben, daß ich durchaus überzeugt sei, dass Sie den Verhältnissen Rechnung tragen
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würden, dass ich aber der Ordnung wegen diese, welche noch bescheidener sind als die Bayreuther, Ihnen vorlegen würde. Da dieses hiermit geschehen, erlaube ich mir, Ihnen ... das auszusprechen, was bezüglich Lohengrin‘s mein Wünsch wäre. Vor allem möchte ich dass er sich durchaus vom Tannhäuser unterschiede. Die Frömmigkeit, die sich in ihm ausspricht, ist eine wesentlich Andere , u. erheischt meines Erachtens eine grosse Strenge u. Einfachheit ... Es ist der Gottesbegriff, die Gottesfurcht, die da herrscht u. den Stempel giebt; während im Tannhäuser die freie Neigung, der Erlöser, u. die durch unseren Glauben an ihn ausgebildete Legende waltet. - Sie verzeihen, dass ich so weit aushole, es geschieht diess aber um das Gefühl, welches die Musik eingegeben hat, auch durch die Tracht fühlbar werden zu lassen, u. jede archeologische Spielerei zu entfernen, wenn wir auch durchaus suchen müssen, das Xte, u. zwar das deutsche Xte Jahrhundert, was mir ungemein schwierig scheint, festzuhalten. Ich habe mir ungefähr Folgendes gedacht: Den König: ungefähr wie er in Frankfurt dargestellt ist, nur ohne Krone (I Akt). Für den II. Akt (dort müsste das zu speziell Kaiserliche vermieden werden) ungefähr wie Heinrich d. 2te XItes Jahrhundert. Lohengrin: In Silberrüstung durchaus frei von der Zeit, u. sich unterscheidend (Man kann annehmen, dass seine Erscheinung den späteren Rüstungen das Muster gegeben hat.) Keinen Schwan, weder auf Helm noch auf Schild, höchstens wäre eine Taube zulässig, aber diese auch lieber nicht. Den hellblauen Mantel nur für den Fall, dass die Gestalt des Darstellers sich nicht gut in der blossen Rüstung ausnähme. Im I. Akt weiss, wie das Bild Seite 98 im Buche von Köhler ‚Trachten der Völker‘. Auch sie darf man der Zeit entrücken, nur müsste das, was zu speziell dem XII. Jahrhundert angehört, entfernt werden. (Ich weiss nicht, ob das Kostüm vom Jahr 67 für den IIten Akt in München beibehalten worden ist. Dieses war sehr schön; für Lohengrin meine ich, wäre ein langes Gewand blau mit Gold, u. vielleicht ein sehr hellbraun golddurchwirkter Mantel das Beste?) Ortrud: Möchte ich womöglich einen heidnischen Charakter beibehalten wissen. Im I Akt etwa braun u. gelb (Wolle) mit Spangen u. Gurt symbolischen Charakters. Im IIten schwarzer oder hellbrauner Pelz, rother Rock mit Gold durchwoben, goldener Mantel mit Schlangen, ... heidnische Krone. Nun läge mir daran, dass die Sachsen, die Thüringer u. die Brabanter sich in Waffen u. Kleidung unterschieden. Ich habe mir die Sachsen am ähnlichsten dem Könige gedacht; [mit] langen Mänteln, länglichen Schilden, langen Messern u. Speere[n] ... Auch die Banner würde ich zu entwerfen bitten, was gewiss nicht leicht sein wird, da es damals noch kein Wappen gab ... Am 25. d. M. treffe ich in München ein; werde ich da bereits Einiges sehen können? Die Zeit drängt nämlich, da sie Ende März bereits in Paris aufführen wollen. Darf ich noch bitten, da wir es mit heiklichen Verhältnissen zu thun haben, von diesem Antrage nichts sagen zu wollen. Die Franzosen sind empfindlich u. es könnten Herrn Lamoureux durch Zeitungsnotizen Schwierigkeiten entsehen ...“. - Auf der letzten Seite einige Tinten-Wischer; kleine Faltenrisse. - „Lamoureux hat einen großen Teil seiner Kraft und seines Vermögens der Propaganda für Wagner geopfert; denkwürdig war seine Aufführung des ‚Lohengrin‘ in Paris (3.5.1887, einzige Vorstellung!)“ (Riemann Musiklexikon). Abbildung Seite 129
2388 - Wagner, Winifred, Schwiegertochter Richard Wagners, Ehefrau Siegfried Wagners, Leiterin der Bayreut her Festspiele (1897-1980). Konvolut von 17 Briefen m. U. „Winifred Wagner“ und 1 Brief m. U. „Wolfgang Wagner“. Zus. 181/2 S. Gr. 4to und quer-4to. Oberwarmensteinach und Bayreuth 1949-1974. 1.200 €
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An einen politisch rechtskonservativen Wagner-Verehrer, der 1949 mit Autographen-Wünschen bei ihr angefragt hatte. Es entwickelt sich eine Jahrzehnte anhaltende Korrespondenz, in der Winifred ihre Situation, Begebenheiten und Erfolge in ihrer Familie und vor allem die Wiederauferstehung der Bayreuther Festspiele thematisiert. Mit vielerlei Mitteilungen, die Aufschlußreiches über ihre Gesinnung, ihre Familie und die Nachkriegsgeschichte der Festspiele zur Sprache bringen. Einige Zitate: „... So gerne ich Ihren Wunsch erfüllen würde, so bin ich leider momentan nicht dazu in der Lage - meine Berufung hat immer noch 21/2 jährige Bewährungsfrist verhängt, was bedeutet, dass ich weiterhin, wie seit dem Einzug der Amerikaner, blockiert bin und einen Treuhänder habe. Es ist mir bisher nicht gelungen, festzustellen, was überhaupt noch an Manuscripten vorhanden ist - Wahnfried wurde in dem Luftangriff am 5. April 1944 vernichtet und aus dem erhaltenen Siegfried-Bau musste alles innerhalb von 20 Minuten heraus und ist seitdem besetzt - zunächst war es Offiziersklub - dann Heim der CIC und für uns natürlich unzugänglich. Was wir verlagerten - ist vorhanden - aber Sie werden verstehen, dass wir das vorläufig ignorieren müssen - um es vor einem Zugriff zu retten ... ich will gerne in einigen Jahren versuchen, Ihre Bitte zu erfüllen ... wir geben uns auch alle Mühe trotz der Trostlosigkeit der finanziellen Lage - wenigstens in der dritten Generation die Wiederaufnahme der Festspiele zu versuchen oder zu riskieren, müsste man wohl besser sagen ... Ich lebe hier weiter im Exil und werde hier wohl auch bleiben, da die Behandlung seitens der Stadt Bayreuth wohl kaum je zu verwinden sein wird [Oberwarmensteinach 19.II.1949] ... Artikel wie im ‚Wochenend‘ sehe ich gar nicht so ungern - sie beweisen,
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dass das Interesse für Bayreuth nach wie vor rege ist - und dass sie so und nicht anders schreiben müssen, wissen wir ja - Eingeweihte wissen Bescheid - Ahnungslose lassen sich so oder so nicht weiter beeindrucken, sondern lassen sich ihre Sensationslüsternheit für einige Minuten befriedigen und gehen dann zu einem anderen Thema übrig [!]. ‚Schlimmes‘ können sie über uns doch nicht erfahren - wenn man sich auch noch so grosse Mühe gibt, uns zu vermiesen ... Wieland und seine Familie sind nunmehr in das Torso Wahnfrieds eingezogen - also blüht neues Leben aus den Ruinen - ich selbst bleibe hier [Oberwarmensteinach 24.VII.1949] ... [Hans] Rosbaud schätze ich sehr und wenn Sie Gelegenheit haben, seine Konzerte zu besuchen, dann sind Sie schon zu beneiden. Ich kenne ihn gut und schätze ihn auch menschlich sehr. Vor allem ist er ein vorzüglicher Pädagoge und erzieht sein Orchester vorbildlich . - Den Kurdirektor [von Baden-Baden] Erich von Prittwitz kenne ich auch gut - er ist ein Duzfreund von mir [11.IV.1950] ... Die Vorarbeiten zu den Festspielen sind in vollem Gange und ich freue mich ausserordentlich für meine Söhne, dass ihre mutigen Bemühungen insofern schon schöne Früchte getragen haben, als die Eintrittskarten schon völlig vergriffen sind. Sollte ich je in dem von der Besatzung hinterlassenen Tohuwabohu ein Schriftzeichen der von Ihnen verehrten Familienmitglieder finden, so sollen Sie es bestimmt bekommen [Oberwarmensteinach 13.IV.1951] ... Ich bin jetzt einige Tge in Wahnfried, um mir von meinen Söhnen über ihre Neapeler Arbeit berichten zu lassen. Sie inszenierten dort das Rheingold und die Walküre mit grossem Erfolg ... Ich werde am 23. April in Regensburg bei einer Aufführung des Bärenhäuter sein [20.IV.1952] ... Die Gründung der Gesellschaft der Freunde klassischer und romantischer Kunst in Baden-baden ist ein sehr erfreuliches Zeichen einer gesunden rfeaktion gegen die unvermeidliche Unkunst unserer Zeit! ... Sie brauchen sich gar keine Gedanken über Ihre Bitte um einen Namenszug Richard Wagners zu machen! Den Wunsch finde ich absolut begreiflich - da aber bei uns alles archivarisch festgelegt ist, kann ich einfach nicht diese Bitte Ihnen erfüllen [14.III.1953] ... Augenblicklich ist mein Sohn Wieland mit dem gesamten Stuttgarter Ensemble in Paris und wiederholt dort seine erfolgreiche Fidelio Inszenierung drei Mal ... Wieland ... hat leider seine vier Kinder in eine Schweizer Schule gesteckt - aus lauter Ärger über die verworrenen deutschen Lehrpläne! Sie sind gerne dort - aber ich vermisse ihre Wochenendbesuche sehr [11.III.1955] ... [Erwin Guido] Kolbenheyer ist mir durchaus nahe, denn ich lese die Klüter Blätter und bekomme von gleichgesinnten Verlagen (Drüffel etc.) alle Anzeigen zugesandt. Es ist ja Gottlob immer noch ein grosser, wenn auch stiller Kreis von Verehrern und Helfern Kolbenheyers vorhanden ...“ [13.IV.1958]. - Ferner über einen Tausch von Briefen ihrer Schwägerin Daniela Thode gegen Festspiel-Karten und manches andere Thema. - Gelegentlich kleine Rand-Defekte.
2389 - Thoma, Hans, badischer Maler und Graphiker, für zwei Jahrzehnte Professor an der Großherzogl. Kunstschule in Karlsruhe (1839-1924). Konvolut von 32 Skizzenblättern, davon 24 zum „Ring des Nibelungen“. (Bleistift, teils ankoloriert). 27 x 21,5 cm. (Wohl Frankfurt a. M. 1880 ff.). 600 € Laut beiliegender Expertise einer Thoma-Museums-Leiterin sind die Blätter in Hans Thomas Frankfurter Zeit (1877-1900) entstanden, wie aus den Datierungen 1882 und 1884 zu ersehen ist. Der 1. Vorsitzende des Frankfurter „Richard-Wagner-Kreises“, Dr. Otto Eiser, veranlasste den Künstler 1880, Entwürfe zum Thema „Nibelungen“ zu liefern, die dann auch dem mit Thoma befreundeten Architekten Simon Raven-
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ An den Industriellen und Mäzen Otto Röders (1913-1987) in Soltau mit Dank für einen Brief: „... Es hat mir Freude gemacht, von einer so lange Jahre hindurch gehegten Waerme des Gefuehls in Ihren Zeilen einen Hauch zu spueren, und ich erwidere die Bekundung Ihrer Anhaenglichkeit und Dankbarkeit mit den besten Wuenschen fuer Ihr Wohlergehen...“.
60 Dukaten für den „Freischütz“ 2391* Weber, Carl Maria von, Komponist und Dirigent, Hofkapellmeister in Dresden (1786-1826). Eigh. Brief m. U. „Carl Maria von Weber“. 2/3 S. Doppelblatt mit Adresse. 4to. Dresden 18.I.1822. 3.500 €
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stein (1844-1932) als Vorlagen zu Wandgemälden dienten. Sein Wohnhaus, in dem viele namhafte Künstler verkehrten, ließ Ravenstein 1882 von Thoma mit Fresken von Szenen aus Wagners Opern ausstatten. Auch Cosima Wagner besuchte Thoma 1888 in seinem Frankfurter Atelier und beauftragte ihn mit Kostümentwürfen zum „Ring des Nibelungen“. In diesen Zusammenhängen werden die vielen hier vor liegenden Zeichnungen und Skizzen von weiblichen und männlichen Figurinen des frühen Mittelalters, Rüstungen, Helm-Studien sowie Waffen und anderem Gerät entstanden sein, wohl unter Benutzung kulturhistorischer Trachtenbücher. - Die übrigen Zeichnungen zeigen meist Landschafts-Impressionen (erkennbar z. B. Limburg/Lahn) die auf Ausflügen Thomas in den Odenwald, den Taunus oder main abwärts entstanden sein mögen. - Am Rand durchgehend ein kleiner Brandfleck; sonst ordentlich erhalten. Abbildung Seite 128
An den Mainzer Musikverlag B. Schott‘s Söhne, der vom Leiter des Mainzer Theaters gebeten worden war, bei Weber wegen des Erwerbs der „Freischütz“-Partitur für seine Bühne anzufragen. Der Komponist antwortet: „ ... Da ich wegen so manchem Mißbrauch der mit Partituren getrieben wird, mir von jeder geehrten Theater Direktion einen Revers wegen des nicht weiter Verkaufs, Vertauschs e.c. ausgebeten und erhalten habe, So muß ich Sie ersuchen, mir statt eines Hoftheaters, zu sagen welches Hoftheater meine Oper zu haben wünscht. Berlin, Wien, München, Hannover, Koppenhagen, Carlsruh e. c. besizzen sie bereits. - Bühnen des 1ten Ranges haben sie mit 100 - 60 - und selbst Privatdirektionen mit 40 Thl. honorirt. Das geehrte Hoftheater für das Sie sie zu haben wünschen, kann hier seinem eigenen Ermessen gemäß wählen ...“. Bedankt sich „aufs freundschaftlichste“ für die ihm bezeugte Teilnahme. - Darunter hat der Musikverleger den Entwurf für die Antwort an Weber notiert: „In obiger Angelegenheit schreiben Sie Herrn Carl M. von Weber, daß die Oper, für das hiesige Hoftheater ist, daß nie von hier aus eine Abschrift einem andern Theater mitgetheilt u. daß ebenso wenig gegen andere Opern eingetauscht wird. Se Königl. Hoheit haben allergnädigst bestimmt für die Oper 60 Dukaten auszahlen zu lassen, so wie solche eingegangen ist. Wagner“. - Mit der Bezeichnung „Hoftheater“ hatte der Schott Verlag wohl absichtlich etwas hoch gegriffen, um Vertrauen zu erwecken. Das unter ständigem Wechsel privater Direktoren leidende Mainzer Nationaltheater hatte endlich 1817 einen festen Zuschuß des Großherzogs Ludwig I. von Hessen erlangen können und nannte sich fortan „Großherzoglich Hessische Nationalbühne“. Als die städtische Verwaltung bereits Anfang 1819 wieder aufgeben mußte, übernahm der Stadtrat Ludwig Kramer die Direktion und führte sie bis 1823; dann hatte auch er sein gesamtes Vermögen investiert und eingebüßt. „... Gelang es Kramer, zunächst auch die Zustimmung der theaterinteressierten Kreise zu erringen; dann aber ließ ... die Teilnahme des Publikums nach, die nur noch einmal durch die Erstaufführung des Weberschen ‚Freischütz‘ am 16. November 1822 geweckt wurde“ (Merbach, Das Mainzer Stadttheater). Nach der bejubelten Uraufführung des „Freischütz“ in Schinkels neuem Berliner Schauspielhaus im Juni 1821 folgten rasch andere Bühnen, und im Jahr 1822 gab es mehr als 20 Inszenierungen der Oper in Deutschland. Die Mainzer Aufführung, 10 Monate nach vorliegendem Brief, erfolgte also recht spät. - Aus der Sammlung Künzel. Abbildung
2390* Walter, Bruno, Dirigent, Generalmusikdirektor in München und Berlin, Gewandhauskapellmeister in Leipzig, Direktor der Wiener Staatsoper, einer der bedeutendsten Dirigenten des 20. Jhdts (1876-1962). Brief m. U. „Walter“. 1 S. Hotel-Briefpapier, Doppelblatt. Mit Umschlag. 8vo. New York 14.III.1950. 120 € 130
2392 Wegener, Paul, Theater- und Filmschauspieler, hervorragender Charakterdarsteller, einer der bedeutendsten dt. Schauspieler seiner Zeit (1874-1948). Eigh. Brief m. U. „Paul Wegener“. 1 S. Gr. 4to. Charlottenburg bei Berlin (ca. 1915). 120 €
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Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ 2393* Wiener „Deutsches Volkstheater“. Bogen mit 32 Signaturen seiner Mitglieder. In einem Umschlag mit Orig.Federzeichnung. Zus. 21/2 S. 2 Doppelbl. Folio. (Wien ca. 1890). 200 € „Mitglieder des Deutschen Volkstheaters“ (Schild in einer Federzeichnung mit Masken und Instrumenten auf dem Umschlag). „Die P. T. Mitglieder werden herzlichst ersucht, sich auf diesem Bogen zu unterschreiben. Es gilt nur einer Autographensammlung“. Anschließend 32 Unterschriften von Schauspielern und Theatermitarbeitern, darunter: Anton Amon (1862-1931), Franz Brunner, Christine von Bukovocs, Marie Ernst, Ernst Greisnegger, Richard Heiter, Sofie Hell, Mizzi Hellmesberger, Rosa Keller, Viktor Kutschera (1863-1933), Louise Martinelli geb. Seeberger (1850-1913), Julius Meixner, Max Pollandt, Mitzi Rainer, Gustav Romani, Adele („Dilly“) Sandrock (1863-1937), Jenny Turnay, Anton Weidinger und Adolf Weisse (1857-1933; Direktor ab 1905). - Adele Sandrock spielte von 1889 bis 1895 am „Deutschen Volkstheater“ und ging dann ans Burgtheater. Das heutige „Volkstheater“ im 7. Wiener Gemeindebezirk Neubau wurde 1889 vom Dichter Ludwig Anzengruber und dem Industriellen Felix Fischer gegründet und ist nach wie vor neben dem Burgtheater die bedeutendste Wiener Schauspielbühne. - Kleine Randeinrisse.
2394* Wolf-Ferrari, Ermanno, ital.-dt. Komponist (18761948). Eigh. Brief m. U. „Ermanno Wolf-Ferrari, Komponist“. 3 S. 4to. Berlin (1911?). 250 €
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Kurzes Begleitschreiben an die Redaktion der „Deutschen illustrierten Zeitung“ in Berlin. „Anbei sende ich Ihnen, Ihrem Wunsche gemäss ein Bild, dessen Rückgabe ich aber erbitte. Mit vorzüglicher Hochachtung Paul Wegener“. - Beiliegend die Photographie (21,5 x 16 cm): charaktervolles Kopfbild des Künstlers mit der zeittypischen Weichzeichnung der Konturen. Rückseitig mit Bleistift beschriftet: „‘Die Dame‘ Okt 1915, Heft 1, 34 Jhrg.“ Abbildung Seite 130
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Schöner Brief an eine Schauspielerin, die er in Berlin als „Penthesilea“ gesehen hatte. „... Als ich ... wie trunken vor Glück heim ging, packte mich die Lust Ihnen meinen tiefen Dank für das durch Sie Empfangene auszusprechen. Ich bekämpfte aber diesen Impuls ... Es hallte aber in mir weiter und ich las Penthesilea nochmals. Da sah ich wieder erst recht, wie viel Sie von Ihrem Leben hineingedichtet haben. Ich werfe die Scham weg, und schreibe Ihnen. Lachen Sie darüber. Der Applaus eines Publikums ist zu wenig für so viel empfangenes Glück: um den vollen Dank dafür zu empfinden, braucht man eine breite Seelenklaviatur, die von den tiefsten bis zu den jauchzendsten Tönen reicht. Die Schauspielkunst ist vergänglich: traurig: aber weil sie es ist, ist sie so kostbar. Das Leben ist kurz, gleitet hin, verschwindet: lieben wir also das Leben um so mehr. Das Glück was Ihre Penthesilea bietet ist das Glück eines Tages, der nie wieder in derselben Fülle wiederkehrt: um so unvergesslicher. Es war eine Wonne Sie und Achilles (übrigens auch ein herrlicher Künstler) im zweiten Akt zu sehen. Die stumme Scene - wie tief! - Wer sollte nicht, wie Achilles, stumm vor Ihrer Penthesilea niederknieen? ...“. - Es könnte sich um die Aufführung mit Gertrud Eysoldt als Penthesilea handeln, die am Deutschen Theater vom 23. September 1911 bis zum 23. Mai 1913 gespielt wurde. Achilles war Alexander Moissi. - Etwas geknittert; Lochung am unteren Rand unterlegt.
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Register A Abdülhamid II. 2272 Adelung, Friedrich von 2137 Adelung, Johann Christoph 2138 Aereboe, Friedrich 2186 Albrecht, Markgraf von Brandenburg 2202 Alexander II., Kaiser von Russland 2285 Amts-Taschen-Buch Regierungsbezirk Stettin 2276 Andreas-Salomé, Lou 2001 Apt, Max 2139 Archenholtz, Johann W. von 2140 Ardenne, Manfred von 2141 Artmann, H. C. 2002-2003 Astor jun, Johann Jakob 2336 Astronomen des 18. und 19. Jahrhunderts 2142 August, Prinz von Preußen 2189 B Ballonpost 2220 Barbusse, Henri 2004 Barth, Heinrich 2143 Bartók, Béla 2344 Bary, Eduard 2302 Baumgart, Expedit Felix 2345 Baumgarten-Crusius, Ludwig F. O. 2145 Bayer, Herbert 2303 Behrendt, Gerhard 2346 Behrens, Peter 2306 Belzner, Emil 2005 Benn, Gottfried 2006-2007 Berg, Alban 2347 Berlinische Gesellschaft für Deutsche Sprache 2146 Bernanos, Georges 2008 Bernhardt, Sarah 2348 Bernstein, Leonard 2349-2350 Beust, Friedrich F. Frhr von 2197 Birch-Pfeiffer, Charlotte 2351 Bismarck, Otto Fürst von 2198 Björnson, Björnstjerne 2009 Blech, Leo 2352 Bloch, Ernst 2147-2148 Blum, Carl 2353 Blum, Robert 2199 Blumenthal, Leonhard Graf von 2200 Bode, Johann Elert 2149 Boguslawski, P. H. L. von 2150 Böll, Heinrich 2010-2011 Brandt, Willy 2203 Breitscheid, Rudolf 2205 Brentano, Lujo 2206 Brüggemann, Ludwig W. 2151 Bunsen, Christian K. J. von 2207 Butenandt, Adolf 2152
C Callas, Maria Meneghini 2354 Canetti, Elias 2012 Carl Wilhelm Ferdinand, Herzog von Braunschweig 2204, 2262 Carmen Sylva 2013-2014 Chamberlain, Sir Austen 2237 Chateaubriand, François René Vicomte de 2015 Chirico, Giorgio de 2307 Christian Ernst, Markgraf von Brandenburg-Bayreuth 2196 Christie, Dame Agatha 2016 Clémenceau, Georges 2221 Clemens IV., röm. Papst 2273 Cobden, Richard 2208 Cocteau, Jean 2017 Courteline, Georges 2018-2019 D Dallmann, Günter 2021 Daudet, Alphonse 2022 David d‘Angers, Pierre Jean 2308 Defregger, Franz von 2309 Dehmel, Richard 2023, 2032-2033 Dichter und Schriftsteller 2024 Diederichs, Eugen 2025 Dierbach, Johann Heinrich 2154 Dietl, Eduard 2209 Dietrichstein, Moritz Reichsfürst von 2155 Dix, Otto 2310-2311 Doderer, Heimito von 2026-2027 Dolgorouki, Katharina Prinzessin 2286 Dósnyai, Carl 2368 Drews, Arthur 2175 E Ebner-Eschenbach, M. von 2028 Edschmid, Kasimir 2029 Eichwald, Carl Eduard von 2156 Encke, Johann Franz 2157 Ernst II. Ludwig, Herzog von Sachsen-Gotha 2287 Eucken, Rudolf 2158 Eugen, Prinz von Savoyen 2212 F Falk, Johannes Daniel 2043 Feininger, Lyonel 2304 Felixmüller, Conrad 2312 Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern 2191 Finsterlin, Hermann 2305 Firle, Walther 2313 Fischer, Max 2153 Fouché, Joseph 2263 Franz I., röm.-dt. Kaiser 2222 Freytag, Gustav 2030
Friedell, Egon 2031 Friedrich, Herzog von HolsteinSonderburg-Beck 2289 Friedrich Franz III., Großherzog von Mecklenburg 2257 Friedrich Franz IV., Großherzog von Mecklenburg 2258 Friedrich I., König in Preußen 2223 Friedrich II., der Große, König von Preußen 2224-2225 Friedrich II., Markgraf und Kurfürst von Brandenburg 2201 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Hessen-Kassel 2244 Friedrich Wilhelm I., König von Preußen 2231, 2277 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen 2232-2233 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 2234-2236 Fuß, Paul Heinrich von 2159 G Gadamer, Hans-Georg 2160 Gallas, Matthias Graf von 2210 Genelli, Bonaventura 2314 Gentz, Friedrich von 2264 Georg II., Herzog von SachsenMeiningen 2355 Gersdorff, Ernst Christian August von 2044 Geyser, Christian Gottlob 2045 Giesecke, Carl Ludwig 2374 Glassbrenner, Adolf 2041 Glasunow, Alexander 2356 Goethe, Ottilie von 2042 Goetz, Bruno 2050 Goldschmidt, Benjamin 2161 Goncourt, Edmond de 2051 Granville, George L. 2238 Großmann, Stefan 2052 Groth, Klaus 2053 Gruppe, Otto Friedrich 2054 Gubitz, Friedrich Wilhelm 2055 Gundelfing, Daniel 2294 Gundolf, Friedrich 2034 Gutzkow, Karl 2056 H Haas, Willy 2057 Hahn, Otto 2162 Haidinger, Wilhelm Ritter von 2163 Hanak, Anton 2315 Hanau, Marthe 2241 Hanslick, Eduard 2360 Hasenclever, Walter 2058 Hausmann, Raoul 2020
Havemann, Robert 2242 Heartfield, John 2316 Hébertot, Jacques 2358 Heckel, Erich 2317 Heidegger, Martin 2164 Heinrich, Fürst zu Nassau 2270 Heinrich, Prinz v. Preußen 2226 Heinrich IV., König von Frankreich 2213 Hell, Maximilian 2165 Helmershausen, Paul J. Fr. 2046 Henneberg, Jutta Gräfin von 2293 Hesse, Hermann 2059-2065 Heyse, Paul 2066 Hill, Frau von 2256 Hiller, Ferdinand von 2359 Hiller, Kurt 2067 Hindenburg, Johann H. W. E. von Beneckendorf und 2245 Hindenburg, Paul von 2246 Hitler, Adolf 2247 Hofmannsthal, Christiane v. 2068 Hohenlohe, Hermann Fürst zu 2248 Holub, Emil 2166 Holz, Arno 2069 Honecker, Erich 2249 Horn, Bengt 2211 Horvath, Ödön von 2070 Humboldt, Alexander von 2167-2168 Humperdinck, Engelbert 2361 I Ibsen, Henrik 2071 Idsteini m Taunus 2250 J Jacobs, Friedrich 2169 Jacobs, Monty 2072 Jacobsohn, Siegfried 2073 Jaeckel, Willy 2318 Janacek, Leos 2362 Jandl, Ernst 2074 Johann Georg III. Kurfürst von Sachsen 2291 Joseph II., röm.-dt. Kaiser 2251 Jünger, Ernst 2075-2077 K Karl, Landgraf von HessenRheinfels 2265 Katharina II., Kaiserin von Russland 2283 Kaufbrief 1392 aus der Altmark 2187 Kaufmann, Karl 2252 Kaunitz-Rittberg, Wenzel Reichsfürst von 2229
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Register _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Kennedy-Besuch in Berlin 2253 Kerner, Justinus 2078 Kerschensteiner, Josef 2319 Keyserling, Hermann Graf 2079 Kirsten, Wulf 2080 Kissinger, Henry 2254 Kodaly, Zoltan 2363 Koenig, Heinrich Josef 2081 Kokoschka, Oskar 2320 Krolow, Karl 2082 Krüger, Gerhard 2170 Krupp, Alfred 2255 Kubin, Alfred 2321 Kürnberger, Ferdinand 2083 L Laffitte, Jacques 2219 Lamartine, Alphonse de 2084 Lamont, Johann von 2171 Landauer, Gustav 2085 Lavant, Christine 2086 Lavater, Johann C. 2047-2048 Le Corbusier 2322 Lechter, Melchior 2035-2037 Lehár, Franz 2364-2365 Lenné, Peter Joseph 2323 Lenz, Hermann 2087 Leopold I., Fürst von AnhaltDessau 2188 Lersch, Heinrich 2088 Liszt, Franz 2366-2367 Lithographen-Zeugnis 2324 Littrow, Carl Ludwig von 2172 Littrow, Joseph Johann von 2173 Löns, Hermann 2089 Louis Philippe I., König der Franzosen 2217-2218 Louvois, F. M. Tellier, Marquis de 2214 Ludwig Wilhelm, Markgraf von Baden 2190 M Mahler, Gustav 2370 Maintenon, Fr. d‘Aubigné, Marquise de 2215 Mann, Katja 2092 Mann, Monika 2093 Mann, Thomas 2090-2091 Mareschal, Grand Maître de la Maison 2266 Mark Twain 2094
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Martyni-Laguna, Johann A. 2095 May, Karl 2096 Meidner, Ludwig 2325 Melanchthon, Philipp 2174 Mendelsohn, Erich 2326 Mendelssohn Bartholdy, Felix 2371 Menzel, Adolph von 2327 Merck, Ernst 2259 Metternich, Ernst Graf von 2281 Miller, Ferdinand von 2193 Millöcker, Carl 2372 Mitterwurzer, Anton Fr. 2373 Modersohn, Otto 2328 Moltke, Helmuth Graf von 2260 Mondt, Richard 2038 Montez, Lola 2194 Mueller, Otto 2329 Mumford, Lewis 2176 München 2192 Musil, Robert 2097 Musset, Alfred de 2098 Mynona (Friedlaender, Salomo) 2099 N Nachdruck-Verbot für Goethes Werke 2049 Napoleon I. Bonaparte, Kaiser der Franzosen 2261 Neustadt (Hessen) 2271 Nizan, Paul 2100 P Palmerston, Henry Temple, Viscount 2239 Pankok, Otto 2330 Petermann, August 2144 Pius II., röm. Papst 2274 Platner, Ernst 2177 Poelzig, Hans 2331 Politiker nach 1945 2275 Potemkin, Gregor Alexandrowitsch 2284 Preußische Soldaten-Ehen 2227 Proust, Marcel 2101 Prutz, Robert 2102 R Raeder, Erich 2278-2279 Raßmann, Friedrich 2103 Rauch, Christian Daniel 2332
Rauch, Friedrich W. von 2280 Reger, Max 2375 Reich-Ranicki, Marcel 2104 Ringelnatz, Joachim 2105 Rodenberg, Julius 2106 Rohlfs, Gerhard 2178 Romains, Jules 2107 Rosenkranz, Johann Karl Friedrich 2179 Rudolf II., röm.-dt. Kaiser 2282 S Sacher-Masoch, Leopold v.2108 San Marino 2288 Sand, Aurore 2111 Sand, George 2109-2110 Savigny, Friedrich Karl von 2180 Schadow, Johann G. 2333 Schaefer, Oda 2112 Scharnhorst, Gerhard von 2267 Schickele, René 2113 Schinkel, Karl Fr. 2334-2335 Schlegel, Friedrich von 2114 Schmidt, Helmut 2290 Schnitzler, Arthur 2115 Schostakowitsch, Dimitrij 2376 Schröder, Rudolf A. 2116 Schröder, Sophie 2377 Schubin, Ossip 2117 Schweitzer, Albert 2181 Siebenjähriger Krieg 2228 Smetana, Friedrich 2378 Soubise, Charles de Rohan, Prinz von 2230 Spontini, Gasparo 2379 Stahl, Hermann 2118 Stammbuch 2119-2122 Stammbuch-Kassette 2123 Stammbuch-Kassetten 2124 Stein, H. Fr. K. Freiherr vom und zum 2292 Strauß, Eduard 2381 Strauss, Richard 2380 Strawinsky, Igor 2382 Strixner, Johann N. 2337 Struve, F. G. Wilhelm 2182 T Taine, Hippolyte 2125 Tann, Ludwig Freiherr von der 2195 Tergit, Gabriele 2126
Thatcher, Margaret 2240 Theunissen, Michael 2183 Thoma, Hans 2338, 2389 Toscanini, Arturo 2383 Trier, Walter 2339 V Vallentin, Bertold 2039 Verdi, Giuseppe 2384 Victor, Herzog v. Belluno 2268 Vigny, Alfred de 2127 Villars, Louis H. Herzog v. 2216 W Wagner, Cosima 2386-2387 Wagner, Richard 2385 Wagner, Winifred 2388 Walch, Johann Heinrich 2357 Walter, Bruno 2390 Weber, A. Paul 2340 Weber, Carl Maria von 2391 Weber, Wilhelm Eduard 2184 Wedekind, Frank 2128 Wegener, Paul 2392 Wellington, A. Wellesley, Herzog von 2269 Werfel, Franz 2129 Wiebeking, Carl Friedrich Ritter von 2185 Wiener „Deutsches Volkstheater „ 2393 Wilde, Oscar 2130 Wildenbruch, Ernst von 2131-2132 Wilhelm I., Dt. Kaiser, König von Preußen 2295-2296 Wilhelm II., Dt. Kaiser 22972300 Wilhelm II., Kurfürst von Hessen-Kassel 2243 Wilkie, David 2341 Winterberger, Alexander 2369 Wolff, Theodor 2133 Wolf-Ferrari, Ermanno 2394 Wolfskehl, Karl 2040 Z Zetkin, Clara 2301 Zille, Heinrich 2342 Zingg, Adrian 2343 Zola, Émile 2134-2135 Zweig, Stefan 2136
__________________________________________________________________________________________________________________________________
2383
Besitzer 1: 2392. 2: 2001, 2047, 2071, 2079, 2097, 2101, 2130, 2135, 2174, 2198, 2210, 2220, 2266, 2285, 2286, 2288, 2292, 2361, 2366. 3: 2201, 2250. 4: 2304, 2306, 2322, 2323, 2326, 2329, 2331, 2335. 5: 2106, 2131, 2359, 2360. 6: 2028, 2049, 2066, 2078, 2083, 2356, 2376, 2378, 2380, 2382, 2391, 2394. 7: 2060, 2139, 2141, 2257, 2258, 2295, 2299, 2301. 8: 2277. 9: 2142, 2149, 2150, 2151, 2157, 2159, 2161, 2165, 2171, 2172, 2173, 2182, 2184, 2207, 2276, 2280. 10: 2352. 11: 2119, 2122. 12: 2232. 13: 2362. 14: 2007, 2143, 2144, 2156, 2170, 2175, 2282, 2291. 15: 2005, 2006, 2021, 2023, 2072, 2080, 2094, 2112, 2118, 2126, 2129, 2176. 16: 2127, 2190, 2191, 2194, 2212, 2213, 2214, 2215, 2216, 2222, 2229, 2230, 2269, 2270, 2283, 2338, 2341, 2367. 17: 2231. 18: 2181, 2186. 19: 2339. 20: 2263. 21: 2002, 2003, 2012, 2020, 2027, 2074. 22: 2076. 23: 2086, 2349, 2350, 2370. 24: 2048, 2163, 2180, 2195, 2197, 2226, 2240, 2262, 2289, 2345. 25: 2364, 2365. 26: 2104, 2324. 27: 2120. 28: 2056, 2136, 2293. 29: 2386, 2387, 2388, 2389. 30: 2030, 2067, 2090, 2147, 2219, 2255, 2256, 2336. 31: 2187, 2245, 2261, 2272, 2273, 2274, 2355, 2375. 32: 2202, 2224, 2228, 2233, 2234, 2235, 2332, 2334. 33: 2041, 2054, 2055, 2081, 2102, 2138, 2146, 2167, 2169, 2196, 2211, 2281, 2294, 2314, 2374. 34: 2327. 35: 2032, 2033, 2034, 2035, 2036, 2037, 2038, 2117. 36: 2009, 2010, 2011, 2016, 2025, 2026, 2029, 2031, 2039, 2040, 2043, 2044, 2045, 2046, 2050, 2052, 2057, 2058, 2061, 2062, 2063, 2064, 2068, 2069, 2070, 2073, 2077, 2082, 2085, 2087, 2088, 2089, 2091, 2092, 2095, 2099, 2103, 2105, 2108, 2113, 2114, 2115, 2116, 2128, 2133, 2137, 2140, 2145, 2153, 2154, 2155, 2158, 2162, 2164, 2166, 2177, 2178, 2179, 2185, 2193, 2199, 2205, 2206, 2208, 2209, 2242, 2259, 2264, 2284, 2302, 2303, 2305, 2307, 2309, 2310, 2311, 2312, 2313, 2315, 2316, 2317, 2318, 2319, 2321, 2328, 2330, 2333, 2337, 2340, 2343, 2344, 2347, 2351, 2353, 2363, 2371, 2372, 2373, 2377, 2379, 2381, 2383, 2384, 2390, 2393. 37: 2014. 38: 2008, 2015, 2018, 2019, 2022, 2051, 2098, 2110, 2134, 2217, 2218, 2221, 2237, 2238, 2239, 2308. 39: 2004, 2013, 2017, 2024, 2042, 2053, 2084, 2093, 2096, 2100, 2107, 2109, 2111, 2124, 2125, 2132, 2148, 2152, 2160, 2183, 2189, 2203, 2241, 2249, 2252, 2253, 2254, 2260, 2265, 2267, 2268, 2275, 2278, 2279, 2290, 2298, 2346, 2348. 40: 2320, 2325. 41: 2200. 42: 2123, 2168, 2357, 2368, 2369. 43: 2192. 44: 2358. 45: 2271. 46: 2188, 2227, 2243, 2244, 2248, 2287. 47: 2204, 2223, 2225, 2236, 2246, 2251, 2296, 2297. 48: 2059, 2065. 49: 2385. 50: 2075. 51: 2342. 52: 2354. 53: 2121. 54: 2247, 2300.
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V ER ST EIGERU NG S - BEDI NGU NGEN 1. Die Bassenge Buchauktionen GbR, nachfolgend Versteigerer genannt, versteigert als Kommissionärin im eigenen Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber (Kommittenten), die unbenannt bleiben. Die Versteigerung ist freiwillig und öffentlich im Sinne des § 383 III BGB. 2. Der Versteigerer behält sich das Recht vor, Nummern des Kataloges zu vereinen, zu trennen, außerhalb der Reihenfolge anzubieten oder zurückzuziehen. 3. Sämtliche zur Versteigerung kommenden Gegenstände können vor der Versteigerung besichtigt und geprüft werden. Die Sachen sind gebraucht. Erhaltungszustände der einzelnen angebotenen Arbeiten bleiben im Katalog in der Regel unerwähnt. Die Katalogbeschreibungen sind keine Garantien im Rechtssinne und keine vertraglich vereinbarten Beschaffenheitsangaben. Gleiches gilt für individuell angeforderte Zustandsberichte. Sie bringen nur die subjektive Einschätzung des Versteigerers zum Ausdruck und dienen lediglich der unverbindlichen Orientierung. Alle Gegenstände werden in dem Erhaltungszustand veräußert, in dem sie sich bei Erteilung des Zuschlages befinden. Soweit nicht in der Katalogbeschreibung explizit erwähnt, sind Rahmungen nicht bindender Bestandteil des Angebots. Der Käufer kann den Versteigerer nicht wegen Sachmängeln in Anspruch nehmen, wenn dieser seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Der Versteigerer verpflichtet sich jedoch, wegen rechtzeitig vorgetragener, begründeter Mängelrügen innerhalb der Verjährungsfrist von 12 Monaten ab dem Zeitpunkt des Zuschlags seine Ansprüche gegenüber dem Einlieferer (Auftraggeber) geltend zu machen. Im Falle erfolgreicher Inanspruchnahme des Einlieferers erstattet der Versteigerer dem Erwerber den Kaufpreis samt Aufgeld. Die Haftung des Versteigerers auf Schadensersatz für Vermögensschäden – gleich aus welchem Grund – ist ausgeschlossen, es sei denn, dem Versteigerer fiele Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die Haftung bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit bleibt unberührt. 4. Der Zuschlag erfolgt nach dreimaligem Aufruf an den Höchst bietenden. Der Versteigerer kann den Zuschlag verweigern oder unter Vorbehalt erteilen. Wenn mehrere Personen dasselbe Gebot abgeben und nach dreimaligem Aufruf kein höheres Gebot erfolgt, entscheidet das Los. Der Versteigerer kann den Zuschlag zurücknehmen und die Sachen erneut ausbieten, wenn irrtümlich ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot übersehen worden ist oder wenn der Höchstbietende sein Gebot nicht gelten lassen will oder sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen. 5. Im Falle eines schriftlichen Gebotes beauftragt der Interessent den Versteigerer für ihn während der Versteigerung Gebote abzugeben. In schriftlichen Aufträgen ist bei Differenzen zwischen Nummer und Kennwort das Kennwort maßgebend. 6. Telefonische Gebote und Online-Direkt-Gebote über das Internet bedürfen der vorherigen Anmeldung beim Versteigerer und dessen Zustimmung. Für die Bearbeitung übernimmt der
Versteigerer jedoch keine Gewähr. Telefonische und OnlineGebote werden nur akzeptiert, wenn der Bieter bereit ist, den ihm zuvor mitgeteilten Mindestpreis des jeweiligen Loses zu bieten. Auch bei Nichtzustandekommen einer Verbindung gilt, dass für den Auktionator dieses Gebot in Höhe des Mindestpreises verbindlich ist. Für das Zustandekommen einer entsprechenden Telefon- oder Onlineverbindung übernimmt der Versteigerer keine Gewähr. Das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen findet auf solche Gebote keine Anwendung (§ 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB). 7. Mit der Erteilung des Zuschlages geht die Gefahr für nicht zu vertretende Verluste und Beschädigung auf den Ersteigerer über. Das Eigentum an den ersteigerten Sachen geht erst mit vollstän digem Zahlungseingang an den Erwerber über. 8. Auf den Zuschlagspreis ist ein Aufgeld von 28% zu entrichten, in dem die Umsatzsteuer ohne separaten Ausweis enthalten ist (Differenzbesteuerung) oder ein Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19% (Regelbesteuerung), bei Büchern beträgt die Umsatzsteuer 7% (Regelbesteuerung).Die im Katalog mit einem * gekennzeichneten Objekte unterliegen in jedem Fall der Regelbesteuerung (Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19%). Bei den im Katalog mit einem ^ gekennzeichneten Objekten ist Einfuhrumsatzsteuer angefallen. In diesen Fällen wird zusätzlich zu einem Aufgeld von 25% (Differenzbesteuerung) die verauslagte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von z.Zt. 7% auf den Zuschlag erhoben. Für bundesdeutsche Kunsthändler und Antiquare, die zum Vors teuerabzug berechtigt sind, kann die Gesamtrechnung auf Wunsch, wie bisher nach der Regelbesteuerung ausgestellt werden. Von der Umsatzsteuer befreit sind Ausfuhrlieferungen in Dritt länder (außerhalb der EU) und – bei Angabe ihrer USt.-Identi fikations-Nr. bei Auftragserteilung als Nachweis der Berechtigung zum Bezug steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen – auch an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten, unter der Voraussetzung, dass sie für gewerblichen Gebrauch einkaufen. Eine Korrektur nach Rechnungsstellung ist nicht möglich. Alle anderen Käufe aus EU-Ländern unterliegen der Umsatzsteuer. Ausländischen Käufern außerhalb der Europäischen Union wird die Umsatzsteuer erstattet, wenn binnen 4 Wochen nach der Auktion der deutsche zollamtliche Ausfuhrnachweis und der zollamt liche Einfuhrnachweis des entsprechenden Importlandes erbracht werden. Bei Versand durch uns gilt der Ausfuhrnachweis als gegeben. Bei Online-Live-Geboten über externe Internetplattformen erhöht sich das Aufgeld um die dort anfallende Transaktionsgebühr. Während oder unmittelbar nach der Auktion ausgestellte Rech nungen bedürfen einer besonderen Nachprüfung und eventueller Berichtigung; Irrtum vorbehalten. 9. Die Auslieferung der ersteigerten Stücke erfolgt in unseren Ge schäftsräumen gegen Bezahlung. Kreditkarten (Mastercard, VISA, American Express), Schecks sowie andere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen. Bankspesen/
Transaktionsgebühren bzw. Kursverluste können zu Lasten des Käufers gehen. Die Auf bewahrung erfolgt auf Rechnung und Gefahr des Käufers. Der Versand wird gegen Vorabrechnung des Rechnungsbetrages ausgeführt. Die Versandspesen sowie die Kosten für Versicherung gegen Verlust und Beschädigung gehen zu Lasten des Käufers. Übersteigen die tatsächlichen Versandkosten die vorab berechnete Pauschale, so wird die Differenz dem Käufer nachträglich in Rechnung gestellt. 10. Bei der Ausfuhr von Kulturgütern aus dem Gemeinschaftsgebiet der EG ist gem. der EG-Verordnung Nr. 116/2009 abhängig von Kategorie und Wert des Objekts ggf. eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich. Aus Gründen des Artenschutzes können Objekte aus bestimmten, geschützten Materialien (u.a. Elfenbein, Schildpatt, Perlmutt und einige Korallenarten) besonderen Im- und Exportbeschränkungen unterliegen. Zum Zwecke des Exports (insbesondere außerhalb der Europäischen Union) kann hierfür eine spezielle Ausfuhrgenehmigung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97 erforderlich sein. Entsprechende Ausfuhrgenehmigungen können nur unter strengen Bedingungen erteilt und ggf. auch gar nicht erlangt werden, auch kann der Import dieser Gegenstände in manche Staaten eingeschränkt oder untersagt sein. Der Käufer ist selbst dafür verantwortlich, sich über etwaige Im- und Exportbeschränkungen zu informieren. Export und Import entsprechender Objekte erfolgen allein auf Rechnung und Gefahr des Käufers. 11. Der Zuschlag verpflichtet zur Abnahme. Der Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig. Der Versteigerer ist berechtigt, falls nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Versteigerung Zahlung geleistet ist, den durch den Zuschlag zustande gekommenen Kaufvertrag ohne weitere Fristsetzung zu annullieren, Verzugszinsen in banküblicher Höhe – mindestens jedoch 1 % auf den Bruttopreis je angebrochenen Monat – zu berechnen und von dem Ersteigerer
wegen Nichterfüllung Schadenersatz zu verlangen. Der Schadenersatz kann in diesem Falle auch so berechnet werden, dass die Sache in einer neuen Auktion nochmals versteigert wird und der säumige Käufer für einen Mindererlös gegenüber der vorangegangenen Versteigerung einschließlich der Gebühren des Auktionshauses aufzukommen hat. Zu einem Gebot wird er nicht zugelassen, auf einen etwaigen Mehrerlös hat er keinen Anspruch. 12. Erfüllungsort und Gerichtsstand im vollkaufmännischen Verkehr ist Berlin. Es gilt ausschließlich deutsches Recht. Das UNAbkommen über Verträge des internationalen Warenkaufs (CISG) findet keine Anwendung. 13. Die im Katalog aufgeführten Preise sind Schätzpreise, keine Limite. 14. Der Nachverkauf ist Teil der Versteigerung, bei der der Interessent entweder telefonisch oder schriftlich (im Sinne der Ziffern 5 und 6) den Auftrag zur Gebotsabgabe mit einem bestimmten Betrag erteilt. 15. Die Abgabe eines Gebotes in jeglicher Form bedeutet die Anerkennung dieser Versteigerungsbedingungen. Der Versteigerer nimmt Gebote nur aufgrund der vorstehenden Versteigerungs bedingungen entgegen und erteilt dementsprechend Zuschläge. Kommissionäre haften für die Käufe ihrer Auftraggeber. 16. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sein, so bleibt die Gültigkeit der übrigen davon unberührt. Dr. Markus Brandis Geschäftsführer
Stand: März 2019
CON DI T IONS OF SA L E 1. The Bassenge Buchauktionen GbR, subsequently called “the auctioneer” carries on business as commission-agent in its own name on behalf of its voluntary consignors. This auction sale is a public one in the sense of § 383 III BGB. 2. The auctioneer reserves the right to combine, to split, to change or to withdraw lots before the actual final sale. 3. All objects put up for auction can be viewed and examined prior to the sale at the times made known in the catalogue. The items are used and sold as is. As long as not explicitly mentioned in the catalogue description, framing is not an inherent part of the offer. As a rule, the condition of the individual work is not given in the catalogue. Catalogue descriptions are made with as much care as possible, but the descriptions do not fall under the statutory paragraph for guaranteed legal characteristics. The same applies for individually requested condition reports. These also offer no legal guarantee and only represent the subjective assessment of the auctioneer while serving as a non-binding orientation. The liability for damage to life, body or health shall remain unaffected. In case of a justified claim, however, he will accept the responsibility to make a claim for restitution on behalf of the buyer against the consignor within a period of 12 months, running from the fall of the hammer. In the event of a successful claim the auctioneer will refund the hammerprice plus premium. 4. The highest bidder acknowledged by the auctioneer shall be deemed the buyer. In case of identical bids the buyer will be deter mined by drawing lots. In the event of a dispute the auctioneer has the absolute discretion to reoffer and resell the lot in dispute. He may also knock down lots conditionally. 5. In the case of a written bid the bidder commissions the auctioneer to place bids on his behalf during the auction. In cases where there is a discrepancy between number and title in a written bid the title shall prevail. 6. Telephone and direct online bidding via the internet must be approved in advance by the auctioneer. The auctioneer cannot be held liable for faulty connections or transmission failure. In such a case the bidder agrees to bid the reserve price of the corresponding lot. For such bidding the regulations of long distance contracts do not apply (Fernabsatzverträge) [cf § 312d IV,5 BGB]. 7. On the fall of the auctioneer’s hammer title to the offered lot will pass to the acknowledged bidder. The successful buyer is obliged to accept and pay for the lot. Ownership only passes to the buyer when full payment has been received. The buyer, however, immediately assumes all risks when the goods are knocked down to him.
8. A premium of 28% of the hammer price will be levied in which the VAT is included (marginal tax scheme) or a premium of 23% of the hammer price plus the VAT of 19% of the invoice sum will be levied [books: 7%] (regular tax scheme). Buyers from countries of the European Union are subject to German VAT. Items marked with an * are subject to the regular tax scheme (premium of 23% of the hammer price plus the current VAT of 19%). Items marked with an ^ are subject to import duty. In these cases in addition to a premium of 25% (marginal tax scheme), the charged import tax of currently 7% will be added to the hammer price. Exempted from these rules are only dealers from EU-countries, who are entitled, under their notification of their VAT ID-Number, to buy on the basis of VAT-free delivery within the European Union. Notification of VAT ID-Numbers must be given to the auctioneer before the sale. For buyers from non EU-countries a premium of 23% will be levied. VAT will be exempted or refunded on production of evidence of exportation within 4 weeks of the auction, or, if appropriate, importation to another country. This is taken as given when the dispatch is effected by us. Live bidding through external online platforms entails a transaction fee stipulated by the platform and will be added to the premium. Due to the work overload of the accounting department during auctions, invoices generated during or directly after an auction require careful revision and possible correction; errors excepted. 9. Auction lots will, without exception, only be handed over after payment has been made. Credit cards (VISA, Mastercard, American Express), checks and any other form of non-cash payment are accepted only on account of performance. Exchange rate risk and bank charges may be applicable. Storage and dispatch are at the expense and risk of the buyer. If the shipping costs exceed the lump sum on the invoice the outstanding amount will be billed separately. 10. According to regulation (EC) No. 116/2009, an export license is necessary when exporting cultural goods out of European Community territory, depending on the type or value of the object in question. For the purposes of wildlife conservation, it is necessary to obtain an export license according to regulation (EC) No. 338/97 when exporting objects made from certain protected materials (incl. ivory, tortoiseshell, mother-of-pearl and certain corals) out of the territory of the European Community. Export licenses for objects made of protected materials are only granted under strict conditions or may not be granted at all. The import of such objects may be restricted or prohibited by certain countries. It is the buyer’s responsibility to inform himself, whether an object is subject to such restrictions. Export and import of such objects are at the expense and risk of the buyer.
11. The buyer is liable for acceptance of the goods and for payment. The purchase price shall be due for payment upon the lot being knocked down to the buyer. In case of a delayed payment (two weeks after the sale) the purchaser will be held responsible for all resultant damages, in particular interest and exchange losses. In case of payment default the auctioneer will charge interest on the outstanding amount at a rate of 1% to the gross price per month or part of month. In such an event the auctioneer reserves the right to annul the purchase contract without further notice, and to claim damages from the buyer for non-fulfilment, accordingly he can reauction the goods at the buyer’s expense. In this case the buyer is liable for any loss incurred, the buyer shall have no claim if a higher price has been achieved. He will not be permitted to bid. 12. The place of fulfillment and jurisdiction is Berlin. German law applies exclusively; the UN-Treaty (CISG) is explicitly excluded. 13. The prices quoted after each lot are estimates, not reserves.
14. The after-sales is part of the auction in which the bidder places either by teleÂphone or in written form (as stated in number 5 and 6) the order to bid a set amount. 15. By making a bid, either verbally in the auction, by telephone, written by letter, by fax, or through the internet the bidder confirms that he has taken notice of these terms of sale by auction and accepts them. Agents who act on behalf of a third party are jointly and separately liable for the fulfillment of contract on behalf of their principals. 16. Should one or the other of the above terms of sale become wholly or partly ineffective, the validity of the remainder is not affected. In the event of a dispute the German version of the above conditions of sale is valid. Dr. Markus Brandis As of March 2019
H E R B S TAU K T IO N 15.–17. Oktober 2019 Einlieferungen jetzt erbeten
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K ATA LOGBE A R BEIT U NG DR. RAINER THEOBALD