BA S S E N G E
Autographen Auktion 112 | 18. Oktober 2018
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T ermin ü bersicht
Au ktion 112
dienstag, 16. oktober 2018
W ertvolle Bücher u nd Liter atur
Vormittag 10.00 Uhr
Geschichte, Geographie und Reisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr.
1-191
Varia Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 201-223 Naturwissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 224-236 Pflanzen- und Tierbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 237-249 Haus- und Landwirtschaft, Jagd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 250-264 Technik und Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 265-280 Asiatica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 281-301 Gastrosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 302-304 Genealogie, Heraldik und Numismatik . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 305-313 Judaica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 314-321 Kultur- und Sittengeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 322-329 Moden und Kostüme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 330-334 Militaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 335-341 Musik, Theater und Tanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 342-358 Okkulta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 359-362 Politik 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 363-373 Recht, Staat und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 374-393 Buchwesen und Lexika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 394-406 Kunstliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 407-417 Nachmittag 15.00 Uhr Literatur und Buchillustration 17. – 19. Jh. Literatur und Buchillustration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2101-2243 Philosophie und Pädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2244-2264 Kinder- und Jugendbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2265-2279 Abend 17.00 Uhr Handschriften, Alte Drucke, Theologie Handschriften und Einzelblätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 501-516 Inkunabeln und Drucke vor 1600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 517-602 Bibeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 603-608 Theologie, Gebet- und Gesangbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 609-635 Faksimiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 636-639 Architektur, Kunstaltertümer und Archäologie . . . . . . . . . . . . Nr. 640-715 Papierantiquitäten des 18. und 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . Nr. 801-868 mittwoch, 17. oktober 2018 Vormittag 10.00 Uhr Nachmittag 15.00 Uhr
Sammlu ng Nationalökonomie u nd Sta atsphilosophie Klassische Nationalökonomie und Staatstheorien . . . . . . . . . . . Nr. 1001-1677 Nationalökonomie Spaniens und seiner Kolonien . . . . . . . . . . . . Nr. 1701-2058
donnerstag, 18. oktober 2018 Moder ne Liter atur & Ku nstdoku mentation Vormittag 10.00 Uhr Moderne Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3001-3580 Exlibris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3581-3584 Architektur, Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3585-3595 Plakate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3596-3719 Russische Avantgarde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3720-3724 Foto, Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3725-3738 Nachmittag 16.00 Uhr Autogr aphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2301-2776 VORBESICHTIGUNG Dienstag, 9. Oktober bis Freitag, 12. Oktober 2018, jeweils 10.00–18.00 Uhr, Samstag, 13. Oktober, 10.00–14.00 Uhr, Montag, 15. Oktober, 10.00–16.00 Uhr, Sonntag geschlossen
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Autographen Literatur – Wissenschaft – Geschichte – Bildende Kunst – Musik und Theater
Literatur 2301 Aichinger, Ilse, österr. Schriftstelllerin, Trägerin zahlreicher Literaturpreise und anderer Auszeichnungen (1921-2016). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Ilse Aichinger“. 1 S. (Kugelschreiber) auf Karton. 8vo. O. O. u. J. 200 € „Gebirgsrand“. 8 Zeilen. „Denn was täte ich, / wenn die Jäger nicht / wären, meine Träume ...“. - Schwache Büroklammerspur, sonst schöne kleine Dichterhandschrift. Abbildung
2302* Altenberg, Peter, österr. Schriftsteller und Bohèmien (1859-1919). Eigh. Manuskript m. U. „Peter Altenberg“. 1 S., in 2 Teilen auf ein Untersatzblatt montiert. Schmal-4to. Venedig, Lido, 1913. 450 € „Leitmotiv für einen ‚innerlich Adeligen‘: Sei, der Du bist! Wie Gott und das Schicksal es Dir bestimmt haben! Entziehe Dich nicht, es wäre vergeb lich! Sei, der Du bist! Folge den Plänen, die Gott und Natur und Schicksal mit Dir weise vorhatten!“ - Beim Aufenthalt am Lido im Sommer 1913 entstanden die bekannten Fotografien mit Peter Altenberg und Karl Kraus in Badeanzügen. Auch Trakl und das Ehepaar Loos waren anwesend. - Auf der Rückseite ist ein signiertes Gedicht der Schriftstellerin Ella Triebnigg (1874-1938) montiert, datiert Wien 8.X.1913. Abbildung
2303 Andreas-Salomé, Lou, russ.-dt. Schriftstellerin, Essayistin und Psychoanalytikerin, verkehrte mit Nietzsche, Rilke und Freud (1861-1937). Eigh. Postkarte m. U. „Lou-Andreas“. 1 S. Göttingen 14.II.1933. 300 € An Johanna W. de Stoppelaar in Amsterdam. „... Dass unser Briefwechsel allmählich in den Anfängen stecken geblieben ist, soll uns nicht weiter bekümmern, denn ihm fehlten zu sehr als Unterlage die persönlichen Begegnungen. Die kleine Welt ist immer noch, trotz ihrer Flug- und Dampfmaschienen [!] zu gross um ohne weiteres zu einander zu kommen ... mir ist es gut ergangen in Arbeit und Freude. Nur mit Reisen kann ich mich nicht recht befreunden ...“. - Auf der Adressenseite noch einmal der volle Name „Lou Andreas-Salomé, Göttingen“. - Vertikale Mittelfalte. 2302
2304* Bacheracht, Therese von, Schriftstellerin, mit Gutzkow befreundet, starb in Batavia (1804-1852). Eigh. Brief mit U. (Paraphe). 1 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelrest. 8vo. (Wien, August 1847). 350 €
An den Schriftsteller Moritz Hartmann (1821-1872): „Ich habe Ihnen heute Morgen Stahrs Buch und eine Novelle von mir als Fortsetzung unseres gestrigen Gespräches gesandt und Sie haben mir dagegen die Grenzboten [hrsg. von Ignaz Kuranda] geschickt. Letztere folgen anbei
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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zurück. Über das von mir entworfene Bild mit den kleinen komischen Augen hat die Gräfin Zaluska Beifall gelächelt, ich muß mich also schon über den geistreichen Artikel, der in französischer Luft geschrieben ist, um so mehr beruhigen, da ich wirklich voraussetze daß ein Schelm auch im treuherzigsten Tone reden kann ...“. - Mit [Adolf] „Stahrs Buch“ könnte „Friedrich Wilhelm‘s IV. politisches Glaubensbekenntnis“ oder der erste Band von „Ein Jahr in Italien“ gemeint sein. - Die Reiseschriftstellerin, „eine Schönheit ersten Ranges“, schrieb auf Anregung des mit ihr eng befreundeten Karl Gutzkow auch Novellen. Ihren sommerlichen Wien-Aufenthalt hat sie ihrem 1848 bei Brockhaus erschienenen Buch „Reise nach Wien“ beschrieben. - Da die Autorin ihren zweiten Ehemann, den niederländischen Oberst v. Lützow, nach Java begleitete (wo sie auch starb), kommen Briefe von ihr selten vor.
2305 Bachmann, Ingeborg, eine der bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen und Prosaistinnen des 20. Jhdts., Büchner-Preisträgerin (1926-1973). Brief m. U. „von Eurer Ingeborg“. 1 S. Quer-gr. 8vo. München 12.IV. 1958. 600 € An den Berliner Musik- und Ballettkritiker Klaus Geitel und seinen Lebensgefährten „Blacky“. „... das liebe Wochenende ist da, und mit Zähneknirschen sieht der Junggeselle dem öden Sonntag entgegen. Aber nicht, weil mir zum Knirschen zumute ist, greife ich in die Tasten, sondern weil ich Euch schon öfter, von Erinnerungen und Rührung übermannt, schreiben wollte ... Ihr wart so lieb, und Berlin wäre nicht Berlin geworden ohne Euch. Eure Gasthaus-Karte kam heute zum Frühstück und bekam einen Butterfleck ab, mitten in die Stabreime hinein ...“. Spricht von ihren Haustieren und fährt fort: „... Momentan sind wir alle drei gegen die Atomwaffen, gegen Dichterlesungen, die Münchener Atmosphäre, die hohen Salatpreise und die Verkehrssünder. Und für südliche Länder, Berliner Herren und gelegentlich Sekt und Whisky. So haben wir alle unsere kleinen Schwächen und ein reiches Innenleben ... hier regnet es zufällig nicht, dafür gibt es Föhn und erkleckliche Hysterien; in Berlin vermutlich scharfen Wind ...“.
ich mich natürlich riesig gefreut habe, dass Du, trotz einiger Widerstände, diesen Brief geschrieben hast, denn auch Lyriker müssen mal gestreichelt werden ... Und was Du zum Homburg aufgeschrieben hast, ist ein wirklich grosser Freundschaftsdienst; ich werde noch in dieser Woche versuchen, die vorgeschlagenen Änderungen zu machen, fast alle, denn sie sind wirklich ausgezeichnet, besonders auf die Vereinfachung mit dem vielen Brief-Hin- und Her wäre ich nicht gekommen, man ist ja ein bisschen blind einer Sache gegenüber, auf die man gerade viel Mühe verwandt hat. - Ich war bis vor kurzem in Neapel und bin jetzt auf der Rückreise, in 10 Tagen etwa werde ich wieder in München sein, vorläufig auch dortbleiben, bis mir etwas besseres einfällt. Eure Griechenlandreise wurde zweimal erzählt ... und nun warte ich auf eine Gelegenheit, Dich und Blacky zu hören, damit sich das Bild rundet über die obskuren Hauptstädte obskurer Länder und die Ruinenschau ... Ich sitze an einem sehr lieblichen Ort und bin trotzdem etwas dumpf im Kopf, weil ich wieder einmal einen dräuenden Termin vor mir habe und vor Arbeit kaum aus und ein weiss, alle drängen mich, anstatt zu bedenken, dass ich auch gern einmal hier in den Felsen herumklettern und mit Kopfsprüngen ins Mittelmeer möchte ...“. - Klaus Geitel beriet die Dichterin bei der Abfassung ihres Librettos zu Hans Werner Henzes Oper „Der Prinz von Homburg“ nach Kleists Schauspiel. - Im Jahr dieses Briefes erschien das prämiierte Hörspiel „Der gute Gott von Manhattan“.
2307 - Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „Ingeborg“. (Zürich) 30.XI.1959. 300 € An Klaus Geitel und „Blacky“. „... Habt Dank für Euer Telegramm, es hat genützt; leider geht die Müh‘ und Qual weiter, ich schmachte schon über der nächsten Vorlesung. Blackie hätte viele Magnifizenzen und Spektabilitäten verwirren können. Meine Hand zittert, ich bin total erledigt für diesen Winter ...“. - Die Bildseite der Karte zeigt ein Foto von Gottfried Kellers Geburtshaus.
2308 - Brief m. U. „Eure Ingeborg“. 12/3 S. auf 2 Bl. Gr. 8vo. Rom 24.XI.1961. 600 € An Klaus Geitel in Berlin. „... Muss ich sehr zerknirscht sein? ... Ich war nämlich nur ganz kurz in Berlin, und nach der Lesung in der Kongress halle dachte ich natürlich, dass Ihr plötzlich vor mir stehen würdet, aber kein Klaus und kein Blacky waren da, überhaupt niemand, und nachher wurde ich abgeschleppt zum geselligen Beisammensein, und am nächsten Morgen sollte ich abfliegen und war zuerst sehr pressiert, dann habe ich das Flugzeug versäumt und mich deprimiert noch einmal ins Bett gelegt bis zum nächsten Flugzeug, mit Gedanken an Euch, aber ich hatte einfach keine Kraft mehr, den Telephonhörer zu heben, - habe überhaupt niemand angerufen ... Wer nun wem was verzeihen muss, ist mir gar nicht klar, aber verzeiht mir jedenfalls. - Morgen früh bin ich wieder in Rom ... Ueberhaupt springt alles zu sehr hin und her und man kommt nirgends mehr richtig zusammen. Aber es geht mir gut und ich habe einen langen, ruhigen, römischen Winter vor mir ...“. Abbildung
„auch Lyriker müssen mal gestreichelt werden“ 2306 - Brief m. U. „Eure Ingeborg“. 1 S. Gr. 4to. Porto venere 4.IX.1958. 750 €
2309 - Brief m. U. „Ingeborg Bachmann“. 1 S. Gr. 8vo. Berlin 25.II.1964. 350 €
An Klaus Geitel. „... Dieser Sommer zeichnet sich für mich durch generelles Nichtbriefeschreiben aus ... Womit soll ich denn anfangen? Dass
An Eckhard E. Goldberg in Wuppertal, der nach ihren „Frankfurter Vorlesungen“ gefragt hatte, weil er sie für seine Lehrtätigkeit an der
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Johannes R. Becher auf Freiersfüßen Kirchlichen Hochschule benötigte. „... der bessere Teil meiner Frankfurter Vorlesungen erscheint Anfang März in einem Sammelband, der sich ‚Buch der Neunzehn‘ nennt und auch noch andere unveröffentlichte Arbeiten von mir enthält ...“. Sollte er das Buch schon eher brauchen, könne er sich an den Piper Verlag wenden und um die Druckfahnen bitten.
2312 Becher, Johannes R., expression. Lyriker, links radikaler Schriftsteller und Politiker, Nationalpreisträger und Kulturminister der DDR (1891-1958). Eigh. Brief m. U. “Johannes R. Becher”. 4 S. Kl. 4to. Berlin 14.V.1915. 300 €
2311* Banville, Théodore de, franz. Dichter (1823-1891). Eigh. Manuskript m. U. „Théodore de Banville“. 6 S. auf 6 Bl., in mikroskopisch kleiner Schrift. Folio. O. O. (ca. 1884). 300 €
Interessanter Brief des jungen Dichters, der sich seiner schwierigen Zukunft bewußt ist, an einen Professor, bei dem er um die Hand von dessen Tochter anhält. „... Ich muß Sie heute mit diesem, einem sehr merkwüdign Brief gewiß, überraschen. Ich kenne Ihre Tochter schon seit langem, und wir haben es beschlossen, uns bald zu heiraten ... Einwände aller Art: die Ihren und die vielen anderen, wurden beiderseits und gemeinsam aufs Gründlichste durchdacht. - Auch gebe ich es Ihnen gern unumwunden zu: teils sehr berechtigte, als ich, ohne jedes Vermögen, keine feste Stellung innehabe; so auch keine Pension beanspruchen kann ... von meiner Famile abgelöst schwer, mühselig und noch lange fast ohne Verdienst arbeite-: ein Außenseiter; ein Anfänger. - Was mich letzten Grundes bewegt, gemeinsam den Weg mit Ihrer Tochter zurückzulegen, kann ich ausführlich jetzt noch nicht darlegen ... Ein ganz großes sicheres Gefühl von Zusammengehörigkeit hat uns gebunden ... Und ohne das hätte ich nimmer die Verantwortung übernommen, diese Frau in meinen Lebenszirkel einzubeziehen. Ich habe es erlebt, das bleibt Hauptsache, daß uns Beiden durch diese Verbindung eine große Vollendung ermöglicht wird ... Hören Sie meine Stimme, und sie möge Ihnen nicht fremd sein, sie ist es nicht, da Ihre Tochter sie versteht und sie liebt...“. - Ein etwaiges Mißtrauen des Brautvaters wäre nicht unberechtigt gewesen: Fünf Jahre zuvor hatte Becher eine Geliebte bei einem gemeinsamen Selbstmordversuch erschossen, und jetzt war er drogenabhängig.
Vollständiges Manuskript seiner Erzählung „Le Sonnet“ aus der 1884 erschienenen Sammlung „Contes héroïques“. Als Druckvorlage mit Rotstift-Eintragungen und Strichen des Setzers. Das Manuskript wurde den typographischen Absätzen folgend - zunächst zerschnitten und dann mit Transparentstreifen von der Rückseite her wieder zusammengesetzt. - Leichte Altersspuren.
2313* Beckett, Samuel, irischer Schriftsteller, Nobelpreisträger (1906-1989). Eigh. Briefkarte m. U. „Sam. Beckett“. In franz. Sprache. 1 S. Quer-8vo. Paris 14.IV.1966. 280 €
2310 - Brief m. U. „Ingeborg“. 1/2 S. Gr. 4to. BerlinGrunewald (Koenigsallee 35) 28.IX.1964.
300 €
An Klaus Geitel, der ihr anläßlich der Verleihung des Büchner-Preises telegraphisch gratuliert hatte. „... Schon damit wir einander wirklich wiedersehen, werde ich für den Büchner ein Frühstück oder sonstwas Geselliges veranstalten. - Wegen der Rede: Bitte sei nicht böse, ich möchte sie nicht in einer Tageszeitung abdrucken lassen, sondern in einer Monatszeitschrift. Du siehst das sicher ein ...“. - Auf dünnem Papier; gelocht.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2315* Beecher Stowe, Harriet, amerikan. Schriftstellerin, Autorin des Welt-Bestsellers „Onkel Toms Hütte“, mit dem sie einen entscheidenden Impuls zur Beendigung der Sklaverei gab (1811-1896). Eigh. Billet m. U. “H B Stowe”. 1 S. Quer-8vo. O. O. 9.I.1858. 600 € An einen Redakteur Philips. “... I thank you for your letter in reply to mine of Jan[uar]y 2nd. You shall have the story, it is almost ready, & I will send it in in time for publication in the next issue of your magazine. Very truly Yours H B Stowe“. - Etwas braunfleckig. - Sehr selten. Abbildung Seite 7
2316* Benn, Gottfried, Schriftsteller (1886-1956). Eigh. Brief mit U. „Benn“. 2 S. Gr. 8vo. O. O. 7.VIII.1918. 1.800 € An den Erzähler und Lyriker Franz Langheinrich (1864-1945): „... vielen Dank für Ihren Anruf, für Ihren Brief. Meine Gedichte schicke ich Ihnen, ehe der Hahn dreimal kräht. Entschuldigen Sie mich, es giebt Zeiten, wo man ohne Energie und Antrieb ist. Was Sie über mein Buch gesagt haben, habe ich von niemandem erfahren können. Haben Sie es notiert? Haben Sie eine Abschrift davon? Ihr Gedicht ‚Venus universa‘ sende ich Ihnen ebenfalls demnächst zurück. Es ist sehr interessant. Mir kommt das Formale, die Verstandholung nicht konform mit dem genialischen Inhalt vor, nicht aus dem Moment der Vision geboren und mit ihr, sondern übernommen ...“. - „Venus universa“ ist auch der Titel eines Gedichtes von Richard Dehmel, dessen Werk den jungen Benn beeinflusst hat. - Wohl ungedruckt. Abbildung
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An die Rundfunkmitarbeiter Hans-Jochen Schale und Manfred Esser in Stuttgart: „... Merci de tout coeur pour votre télégramme. Je suis très touché que vous ayez pensé à moi ...“. - Beckett dankt hier für den Glückwunsch zu seinem 60. Geburtstag am 13. April 1966. Am Abend dieses Tages wurde vom SDR das Fernsehspiel „He, Joe“ ausgestrahlt, das Beckett im März 1966 im Stuttgarter SDR-Studio selbst inszeniert hatte (vgl. Spuren 50, Marbach 2000, S. 2 ff., auch mit Hinweis auf Hans-Jochen Schale).
2314 - Eigh. Briefkarte m. U. „Samuel Beckett“. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Quer-8vo. Paris 17.X.1973. 280 € An Dr. Hans Dieter Zimmermann von der Akademie der Künste in Berlin (West). “... Please forgive delay in answering your kind letter of September 9 and programme of your Colloquium, only now received on my return from a holiday in Morocco. - I look forward to being in the Akademie again one of these days and to the pleasure of meeting you then ...”. - Karte und Umschlag gelocht.
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2317* Bergk, Johann Adam, politisch liberaler Schriftsteller und Philosoph (1769-1834). 2 eigh. Briefe mit U. „Dr. Bergk“. Zus. 11/2 S. 4to. Leipzig 6. und 25.V. 1828. 300 € An einen Oberpostamtsdirektor: „... Ew. Wohlgeboren übersende ich hierbei die mir so großmüthig geliehenen 50 Thaler, wodurch Sie mir eine Gefälligkeit erwiesen haben, deren Größe ich durch Worte nicht auszudrücken vermag. Ich und meine Frau sagen Ihnen den innigsten, den herzlichsten Dank und der Himmel vergelte Ihnen, was wir nicht zu thun im Stande sind! In meiner Lage, wo alles Einkommen so unsicher ist, habe ich bis jetzt oft mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen und ich kann gegen einen so freundschaftlichen Dienst nicht erkenntlich genug seyn. In Zukunft, hoffe ich, soll es besser werden, aber gegenwärtig geht es bisweilen hart her, weil ich eine zahlreiche Familie zu ernähren und zu erziehen habe und ich hierbei mehr thun sollte und wollte. Manches kleine literarische Geschäft würde ich unternehmen, wenn meine so beschränkten Kräfte hinreichend wären. - Ich nehme mir die Freyheit, Ew. Wohlgeboren Joliffes Reise in Palästina, die ich übersezt und mit vielen Anmerkungen versehen habe, beizulegen und bitte, sie nicht als den Maaßstab meiner Dankbarkeit anzusehen, sondern sie als einen geringen Beweiß meiner Erinnerung an Ew. Wohlgeboren anzunehmen ...“ [6.V.1823]. Gemeint ist: „Thomas] R[obert] Joliffe‘s [17801872] Reise in Palästina, Syrien und Aegypten im Jahre 1817; mit vielen Zusätzen aus neuen ausländischen Reisebeschreibungen übersetzt“ (Leipzig 1821). - „... nehme ich mir die Freiheit, ein Buch, betitelt: das Bücher lesen, hierbei zu übersenden und Sie gefälligst zu ersuchen, dasselbe mit Dero gewohnter Güte aufzunehmen. Meinem edlen Wohlthäter
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wünsche ich fortdauernd alles Gute, womit die göttliche Vorsehung die Herzen der Menschen erfreuet und stärkt ...“ [25.V.1828]. Gemeint ist Bergs mehrfach aufgelegtes und auch in unserer Zeit nachgedrucktes Werk: „Das Bücherlesen oder Anweisung, wie man Bücher lesen, welche Bücher man lesen und welche Zwecke man dadurch zu erreichen strebt; mit Betrachtungen über Bücher, Schriftsteller und Literatur (Leipzig 1828). Bergk, dem es nicht gelang, einen Universitäts-Lehrstuhl zu erhalten, mußte zeit seines Lebens sein Brot als freier Schriftsteller ver dienen. Daher verfaßte er zahlreiche populär-philosophische Schriften, teils unter dem Pseudonym „Hainichen“. - Gleichmäßig etwas gebräunt.
2318 Berlinische Gesellschaft für Deutsche Sprache (Gegr. 1815). Ausriss aus einem gedruckten Blatt ihrer Statuten mit den eigh. Signaturen von 8 ihrer „derzeitigen Beamten“. 2 S. Mit dem Stempel der Gesellschaft. 15 x 19 cm, ungleichmäßige Ränder. Berlin, 14. Februar („Hornung“) 1816. 800 €
Eigenhändige Signaturen des gesamten Vorstands der nach dem Ende der fast zehnjährigen Franzosenherrschaft gegründeten Sprachgesellschaft, die man böswillig auch „deutschtümelnde Gesellschaft“ nennen könnte, mit der jeweiligen Funktion der Persönlichkeit in dem Verein: Johann August Zeune, Pädagoge, Geograph und Germanist, Gründer und Leiter der Berliner Blindenanstalt („Ordner“). - Friedrich Ludwig Jahn, der „Turnvater“, Pädagoge, Begründer des Turnens als Volksertüch tigung und nationale Wiedererweckung („Älterer Pfleger“). - Ludwig Graßhoff, Direktor der Taubstummenanstalt in Berlin („Jüngerer Pfleger“). - Theodor Heinsius, Pädagoge, Grammatiker und Lexikograph, Rektor des Gymnasiums zum Grauen Kloster („Schreiber“). - Friedrich August Pischon, Historiker, Theologe und Publizist („Schriftwart“). - Wilhelm Müller, Dichter und Pädagoge, der sog. „Griechen-Müller“ („Älterer Schaffner“, obwohl er gerade einmal 22 Jahre alt war). - Franz Marggraff, mit Jahn befreundeter Leiter einer Privatschule in Berlin („Jüngerer Schaffner“). - Christian Hinrich Wolke, bedeutender Päda goge, Kais. Russischer Hofrat und Professor („Ältester“). - Etwas braunfleckig. - Seltenes Dokument der Gründung einer neuen deutschen Sprachgesellschaft in Berlin, vertreten durch einige der besten Pädagogen ihrer Zeit. Abbildung
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ rief dich zu des Thrones Glanz, / Doch wußtest du zu kämpfen und zu richten ...“. - Am Rand der wohl eigenhändige Vermerk: „Zu Kaiser Wilhelm‘s 90. Geburtstage. März 87“.
2321* Böll, Heinrich, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1917-1985). Typoskript mit eigh. Zusätzen und Unterschrift „Heinrich Böll“ sowie eigh. Begleitbrief m. U. „Heinrich Böll“. Zus. 6 S. Gr. 4to und kl. 4to. Köln (Sept. 1974). 600 €
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2319 Binding, Rudolf G., Lyriker und Erzähler, zu seiner Zeit hoch verehrt (1867-1938). Eigh. Brief m. U. “Rudolf G. Binding”. 2 S. Gr. 4to. Buchschlag 15.VIII.1935. 120 € An Herrn von Simolin in Berlin, über die Irrfahrt einer Radierung von Max Beckmann, die Simolin ihm senden wollte, sowie über Bindings von Beckmann gemaltes Porträt. „... Was sagen Sie, wie beurteilen Sie das Bildnis das Beckmann von mir malte? - Ich bin sehr froh damit gewesen als ich es vor mir sah. Wie es sich auf die Dauer benehmen wird, bleibt abzuwarten. Für Sie als eine kleine Gegengabe Ihres schönen Geschenkes, liegt hier ein Bändchen Gedichte bei - lediglich in der Vorstellung, Ihnen damit Freude zu machen ...“. - Wie man sieht, blieb Binding auch nach 1933 ein Verehrer des als „entartet“ verfemten Künstlers. - Dekorativ geschrieben. - Dabei: Hans Carossa, Arzt und Schriftsteller (1876-1956). Eigh. Widmung u. U. „Hans Carossa“ unter dem Faksimile eines 8zeiligen Gedichtes. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Quer-folio. Seestetten 4.I.1940. - „Herrn Bernadelli mit herzlichen Wünschen für das Jahr 1940 und mit frohem Dank für seinen Zuruf. Hans Carossa“. - Geschrieben unter dem - an zwei Stellen handschriftlich korrigierten - Faksimile eines Gedichtes mit dem Anfang: „Der Acker der Zeit wird mit scharfer Pflugschar gepflügt ...“.
2320 Bodenstedt, Friedrich von, Schriftsteller, Asienund Amerikareisender, Übersetzer, Professor für slawische Philologie in München, Intendant des Meininger Hoftheaters (1819-1892). 2 eigh. Gedicht-Manuskripte auf zwei Seiten eines Blattes, eines davon signiert „Fr Bodenstedt“. 2 S. 4to. O. O., März 1887. 250 € Zwei unbetitelte Sonette in stellenweise korrigierten Rohfassungen, beide verfaßt anläßlich des 90. Geburtstages Kaiser Wilhelms I. am 22. März 1887. Das signierte Gedicht beginnt: „Ehrwürdig ist uns selbst das hohe Alter / Des mächtigen Baums, der weithin als die Krone / Des Waldes ragt; man sucht, daß man ihn schone, / Als heim‘scher Sagen Sinnbild und Erhalter. - Wie viel ehrwürdiger ist uns der Entfalter / Der höchsten Macht im Reich auf seinem Throne ...“. - Das zweite Sonett beginnt: „Als Kind sahst du den Fall des Vaterlands, / Als Jüngling halfst du‘s wieder aufzurichten; / Gewissenhaft in Übung schwerer Plichten / Erfülltest du dein Mannesleben ganz. - Nicht Ruhmsucht
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„Wo verbirgt der Weise ein Blatt?“ Vollständiges, am Schluß signiertes Typoskript über Carl Amerys (1922-2005) Buch „Das Königsprojekt“. Mit vielen eigenhändigen Verbesserungen und einigen Einschüben. Der Text erschien in „Die ZEIT“ Nr. 41 vom 4. Oktober 1974, Seite 25 (unter dem Titel „Galopp mit der Raum-Zeit-Maschine“). Am Schluß die Sätze: „Was las ich doch vor (knapp) vierzig Jahren bei Chesterton und fand es im Königsprojekt als Zitat wieder? ‚Wo verbirgt der Weise ein Blatt? Im Walde.‘“- Drucke in: Einmischung unerwünscht (1977) und in der Kölner Ausgabe Bd. 18: 1971-1974. - Böll hat sich mehrfach für Amery eingesetzt; so schrieb er im „Spiegel“: „Amery ist als Autor zu schade für den deutschen Katholizismus.“ - Der eigenhändige Begleitbrief ist an den zuständigen Redakteur gerichtet. Es sei nicht kürzer gegangen; wenn gekürzt werden solle, könne man telefonieren. Böll sei bis 30. September in Paris.
2322* - Typoskript m. U. „Heinrich Böll“ sowie masch. Begleitbrief m. U. „Heinrich Böll“. Zus 5 S. Gr. 4to. Köln 1977. 600 € Vollständiges Typoskript einer Rezension zu Edgar Hilsenraths Roman „Der Nazi & der Friseur“ (Köln 1977). Mit zahlreichen eigenhändigen Verbesserungen und 2 Einschüben. Der Text erschien in „DIE ZEIT“ Nr. 51 vom 16. Dezember 1977 auf Seite 51 unter dem Titel „Hans im Glück im Blut“ mit der Vorbemerkung „Umgekippte Märchenfiguren: obszön und grotesk“. - Im Begleitbrief an den zuständigen Redakteur (Köln 26.XI.1977) schreibt Böll, die Rezension sei ein schweres Stück Arbeit gewesen. Erwähnt die „scheussliche Kölner Geschichte“ nämlich die Hausdurchsuchung mit Scharfschützen durch das Bundeskriminalamt, der auch die Wohnung seines Sohne René zum Opfer gefallen sei. Man habe, so der Polizeipräsident an Böll, „weder Herrn Schleyer noch Terroristen“ gefunden, was Böll gallig kommentiert. - Der Deutsche Herbst war von einer Polarisierung der bundesrepublikanischen Gesellschaft geprägt. Wer die RAF nicht klar ablehnte, galt in konservativen Kreisen als „Sympathisant“. Dem Schriftsteller Heinrich Böll warf insbesondere die „Springer-Presse“ (Bild-Zeitung) vor, durch seine zögerliche Haltung den Terror zu unterstützen und damit selbst Terrorist zu sein. Diese Anschuldigungen führten unter anderem zu Hausdurchsuchungen bei ihm und seinem Sohn. Böll warf den Polizeibehörden vor, so aufgeregt zu sein, dass sie jeder Diffamierung nachgingen. - Beiliegend ein Briefumschlag und 1 Kopie.
2323* - Signiertes Typoskript und masch. Begleitbrief m. U. „Heinrich Böll“. Zus. 7 S. Gr. 4to. Köln 1977. 600 € Vollständige, am Schluß signierte Rezension zu Alfred Anderschs Buch „Öffentlicher Brief an einen sowjetischen Schriftsteller [Konstantin Simonow], das Überholte betreffend. Reportagen und Aufsätze“ (Zürich 1977). Mit zahlreichen eigenhändigen Verbesserungen und einigen Strei-
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chungen. Der Text erschien in „DIE ZEIT“ Nr. 15 vom 8. April 1977 auf Seite 69 unter dem Titel „Der fragende Reporter. Alfred Anderschs Repor tagen, Aufsätze, Reden“ und mit der Vorbemerkung: „Alfred Andersch hat einen ‚Öffentlichen Brief‘ an den Schriftsteller Konstantin Simonow geschrieben: der Versuch, den deutschen Komplex gegenüber der sowjetischen Literatur zu heilen.“ - Andersch hatte seinen Offenen Brief zuerst am 11. März 1977 in der „ZEIT“ veröffentlicht und provozierte damit eine literarische Auseinandersetzung. Noch vor unserer Rezension der Buchausgabe beteiligten sich daran sowohl Heinrich Böll (ZEIT vom 1. April 1977) als auch der Slavist Wolfgang Kasack (ZEIT vom 15. April 1977). Am 11. November 1977 druckte die „ZEIT“ schließlich den Schluß jenes „Offenen Briefes“, mit dem Konstantin Simonow auf Andersch antwortete. Mit einem Kommentar von Alfred Andersch zu diesem Brief Simonows beendete die Zeitung dann diese deutsch-russische Diskussion. - In dem Begleitbrief an den zuständigen Redakteur (Köln 20.III.1977) schreibt Böll, die Rezension sei ein schweres Stück Arbeit gewesen. Er habe sich zwar in der Schweiz gut erholt, wolle aber bis September keine Rezension mehr verfassen. Auch erwarte er eine Honorarzulage von 100 DM. - Beiliegend ein Umschlag und zwei Bl. Kopien des Aufsatzes.
2324 Brod, Max, österr. Schriftsteller, Kafkas Freund und Förderer (1884-1968). Eigh. Albumblatt m. U. „Max Brod“ auf einer Postkarte. Prag (1924). 150 €
2325 Breitbach, Joseph, dt.-franz. Schriftsteller und Publizist (1903-1980). Eigh. Brief m. U. „Joseph Breitbach“. 1 S. Gr. 8vo. Paris 2.XII. (ca. 1962). 180 € An den Schauspieler Michael Münzer in München. “... Votre lettre m’a fait grand plaisir et j’espère vous voir ... à Munich. En attendant je vous ai fait ... par ma librairie la brochure [à l‘usage des comédiens] de ma comédie et differents autres textes de moi. Voyant chez la librairie cette édition du théâtre de Cocteau qui est devenu introuvable, je l’ai fait ajouter pour vous. Ne soyez donc pas étonné si on vous demande un peu d’argent par la douane. Veuillez excuser la hâte avec laquelle je vous écris ...”. Er sei im Begriff, in die Schweiz abzureisen. - Beiliegend eine eigh. Visitenkarte Breitbachs, auf der er bedauert, dass es ihm nie gelänge, den Adressaten zu treffen. - Beide Teile gelocht.
2326 Busch, Wilhelm, Dichter, Zeichner und Maler, genialer Karikaturist von epochaler Bedeutung (18321908). Eigh. Gedicht m. U. „Wilh. Busch“. Auf einem kleinen Zettel. 1 S. (6 x 11 cm). (Mechtshausen) o. J. 1.200 €
„Wenn du, Mensch, dich, gut zu sein, entscheidest, / Wirst den Weltenlauf du umgebären. / Fabel war es, daß du sinnlos leidest. / Gib dein Herz - dir geben sich die Sphären. - [Aus dem Gedichtbuche ‚Das gelobte Land‘]. Max Brod.“ Geschrieben für den Wiener Lehrer, Schriftsteller und Autographensammler August Eigner.
„An Fräulein Simon, Hoffnungsthal b/Köln: Mich hat‘s erfreut, / So neu zu sehn in eleganten / Schreibfederstrichen die Bekannten / aus alter Zeit. - Wilh. Busch.“ - Die beiden BuschVerehrerinnen Emma Simon aus Hoffnungsthal bei Köln-Deutz und Meta Poensgen aus Bergisch-Gladbach hatten den Künstler in einem mit Nachzeichnungen von Busch-Figuren geschmückten Brief um ein Autogramm gebeten. Angenehm berührt von der Resonanz seiner Werke erfüllt der Meister freundlich den Wunsch. - Leichte Büroklammer-Rostspur. - Sämtliche Briefe, hrsg. von F. Bohne, Nr. 1719.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Der Berliner Busch-Verehrer Walter Pissin schrieb am 9.VI.1902 an den Künstler: „... Die Zeitschriften, die anläßlich Ihres werten 70. Geburtstages ‚Erinnerungen an Wilhelm Busch‘ brachten, sind für mich ein bleibendes Andenken, sie würden aber für mich eine wertvolle Erinnerung werden, wenn ich ... ein kleines geschriebenes Andenken von Ihnen erhalte, es würde mir eine große Freude bereiten, eine noch größere, als wenn ich das Busch-Album lese ...“. - Auf der letzten Seite, unter dem Schluß des Briefes, notiert der Künstler mit Bleistift den Entwurf für die Antwort: „Wie er vor- und zubenannt, / Schreibt, wie folgt, mit eigner Hand - W. B. 14. Juni.“ - Sämtliche Briefe, Nr. 1697. Die Briefausgabe läßt erkennen, mit welcher Geduld bereits seit den 1870er Jahren Wilhelm Busch die unaufhörliche „Fan-Post“ beantwortete.
2329 Canetti, Elias, Schriftsteller, Büchner- und Nobelpreisträger (1905-1994). Eigh. Brief m. U. „Elias Canetti“. 1 S. (Kugelschreiber). Gr. 4to. Zürich 18.IX.1975. 450 € An Dr. Grützner in London, wo eine Ehrung für den Autor geplant war. „... leider kann ich nicht so früh nach London kommen, wie ich es vorhatte. Ein ernster Unglücksfall in meiner Familie hält mich in Zürich fest. Ich fürchte, ich werde noch lange hier gebunden sein, bis Ende Oktober oder noch länger ...“. Er werde sich melden, wenn er wieder in London sei. „... Ich würde, unter diesen Umständen, ohnehin nicht feiern und niemand zur Verleihung einladen wollen. Vielleicht wird es überhaupt notwendig sein, die Verleihung auf länger zu verschieben. Es gibt leider Dinge, die nicht vorauszusehen sind ...“. - Geringfügig geknittert.
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2327 - Eigh. Brief-Abschrift m. U. „W. B.“ 1 S. Kl. 4to. Mechtshausen 12.III.1902. 800 € Für die eigene Korrespondenz-Ablage gefertigte Abschrift eines Briefes, den Busch an den Maler Theodor Pixis in München schickte. Dieser wollte in der Zeitschrift „Die Kunst für Alle“ aus Buschs Münchener Frühzeit erzählen und dazu vereinsinterne Karikaturen abbilden. „Antwort an Maler Pixis, München ... Die tacktvolle Darstellung persönlicher Verhältniße vor dem Publikum hat ja seine Schwierigkeit. Eine Veröffentlichung der Jungmünchner Karikaturen, von denen ich obendrein kaum noch weiß, wie sie aussehn, schien mir deshalb bedenklich zu sein. Auf Deinen Brief hin aber und da Du auch mit Baßermann [Buschs Verleger] gesprochen hast, darf ich wohl annehmen, daß niemand verletzt wird ...“. Er habe deshalb dem Bruckmann Verlag telegraphisch seine Zustimmung zu der Veröffentlichung erteilt. Die fraglichen Zeichnungen aus den Jahren von 1854 bis in die 1860er Jahre befanden sich im Karikaturenbuch des Künstlervereins „Jung-München“ und waren bis dahin unveröffentlicht. - Sämtliche Briefe, Nr. 1341. - Das an Pixis verschickte, gleich lautende Exemplar des Briefes ist nicht erhalten.
2330 Chamisso, Adelbert von, Dichter, Weltreisender und Naturforscher (1781-1838). Eigh. Brief m. U. „Adelbert v Chamisso“. 1 S. Gr. 8vo. (Berlin) „Friedrichstraße No 235 / eine Treppe hoch“, 8.XII. (um 1835). 600 € Laut einer Bleistiftnotiz an den Berliner Orientalisten [Wilhelm] Schott (1802-1889), der seit 1833 Dozent für Sinologie und andere ostasiatische Sprachen an der Berliner Universiät war. „... Verzeihen Sie einem kranken müden Mann, der sich längst Ihre persönliche Bekanntschaft wünscht, Sie nicht selber aufzusuchen. - Dürfte ich mir mit der Hoffnung schmeicheln, Sie Morgen Sonnabend abends (oder jeden andern
2328 - Eigh. Zweizeiler m. U. „W. B.“. (Bleistift). - Auf einem 3seitigen, an Busch gerichteten Brief. 8vo. (Mechtshausen) 14.VI. (1902). 300 € 2331
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________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Ihnen bequemeren Tag den Mondtag ausgenommen) in meiner Arbeitsstube bei meiner jetzt sehr vermehrten Hawaiischen Bibliothek auf eine Tasse Thee, zu sehen? - Ich verstehe jetzt so ziemlich die Sprache, aber ich kann den Stoff nicht gewältigen und ich bedarf Rathes und Ermunterung ...“. - Nach seiner Aufnahme in die Berliner Akademie der Wissenschaften legte Chamisso 1837 seine Untersuchung „Über die hawaiische Sprache“ vor.
2331* Chesterfield, Philip D. Stanhope, 4. Earl of, brit. Staatsmann und Schriftsteller (1694-1773). Eigh. Albumblatt mit U. „PhDS Graff Chesterfield“. In deutscher Sprache. 1 S. Quer-8vo. O. O. u. J. 450 € „Hipsche Mädgen guter Wein | Das ist unser Leben | Und den Leben wünsche ich ihnen, Hans Graff von ganzen Herzen [...]“ - Laut einem älteren Bleistifteintrag aus dem Stammbuch Lepell. - Chesterfield wurde als Schriftsteller durch die „Letters to his son“ weltbekannt. Er schrieb auch Briefe in deutscher Sprache (an Grevenkop u. a.). - Minimal braunfleckig. Abbildung
2332 Cocteau, Jean, französ. Schriftsteller, Regisseur und Graphiker (1889-1963). Eigh. Brief m. U. „Jean Cocteau“ und eigh. Filzstift- und Federzeichnung. 1 S. Mit Umschlag. Gr. 8vo. Paris 19.III.1962. 450 € An den Schauspieler und Regisseur Michael Münzer in München. Über eine Aufführung der Erlanger Studentenbühne. „... Je suis parti bien triste de laisser cette salle vide derrière moi et ces artistes qui etudient de raisons autres que la publicité. alors que le succès énorme d‘Erlangen devait leur faire comprendre que la pièce et le concours n‘entrat pas la ligne de compte ...“. - Herumgeschrieben um ein diagonal über das Blatt gezeichnetes Gesicht. - Dabei: Derselbe. Große Federzeichnung mit Widmung an Michael Münzer (München, 1962?), die durch unvernünftiges Aufhängen im Rahmen unter Glas stark ausgeblichen ist (ca. 37 x 30 cm).
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von Cocteau angedeutet) zeigt den Künstler in Halbfigur, sitzend, mit Schal um den Hals, in die Kamera schauend. - An den Ecken kleine Löcher von ehemaliger Reisszwecken-Befestigung.
2333 - Eigh. Brief m. U. „Jean Cocteau“ und einer Federzeichnung. 1 S. Mit eigh. Umschlag. 4to. (Paris) 1.IV.1962. 300 €
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An den Schauspieler und Regisseur Michael Münzer in München. „... Je ne croyais pas à cet espèce de miracle et je ne le mets que sur le compte de votre courage à tous et du feu qui flambe en Wanda. Elle propage le feu autour d‘elle et c‘est ce qui effraye un peu ses camarades. Dites lui et dites leur ma gratitude. Toi c‘est ton charme qui opère et qui agace les âmes ne le possédant pas ...“. - Die kleine Federzeichnung am Briefkopf zeigt einen Fisch im Wasser.
2334 - Porträtfoto mit eigh. Widmung u. U. auf der Bildseite. 24 x 18 cm. München 1962. 300 € “1946/1962. à Michael de tout coeur Jean Cocteau. München 1962.“ Die Aufnahme des Pariser Ateliers Harcourt aus dem Jahre 1946 (wie
2335 - Porträtfoto mit eigh. Widmung u. U. „Jean Cocteau“ sowie Federzeichnung am Rand. 18 x 23 cm. München 1962. 300 € „à Michael son ami Jean Cocteau * 1962, München“. Am Rand Cocteaus charakteristische Zeichnung eines Jünglingskopfes. - Die Aufnahme zeigt den Dichter mit jungen Darstellern der Erlanger Studentenbühne. - Unbedeutende Knickspuren.
2336 Dada. - Hausmann, Raoul, Künstler und Schriftsteller, gehörte der Berliner Dada-Bewegung an, emigrierte 1933 (1886-1971). Eigh. Gedicht m. U. “Raoul Hausmann”. 2/3 S. Gr. 4to. Limoges 7.X.1958. 200 € 13
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ ges mit, bedauert, nicht in die Schweiz kommen zu können, und kündigt an: „... Ich werde wahrscheinlich Gedichte in Hortulus veröffentlichen. Ich habe Herrn Hilty angezeigt, dass Sie ihm ein Expl. des Traité senden werden (natürlich gratis!) das wird Sie hoffentlich nicht stören! ich habe bis jetzt 3 (drei) Expl. davon verkauft! Was macht Ihre Lune en rodage? Unglücksmann, wievielen Zoll hätten Sie zahlen müssen, wenn ich Ihnen 220 Blatt Graphik gesandt hätte! ...“. - Die von Laszlo herausgegebene Sammlung moderner und zeitgenössischer Original-Graphiken „La lune en rodage“ erschien in drei Folgen ab 1960. „Hortulus“ war eine von Hans Rudolf Hilty herausgegebene „Zeitschrift für neue Dichtung“. Mit dem „Traité“ ist Hausmanns 1957 in Basel erschienene Schrift „Traité de questions sans solutions importantes“ gemeint. - Auf dünnem Papier; gelocht; kleine Einrisse.
2339 Dichter und Schriftsteller. 11 Autographen. 19161959. 180 € Meist eigh. Briefe oder Karten m. U. - Vorhanden: Hermann Burte (Lörrach 1929 an Professor Flesche). - Franz Theodor Csokor (Wien 1916 an Heinrich Glücksmann über Annahme und Besetzung seines Stückes „Die Sünde wider den Geist“). - Martin Greif (6 eigh. Postkarten an den Studenten Bernhard Stern, München 1887-1888). - Hugo Hartung (Verfasser der großen Erfolge „Ich denke oft an Piroschka“ und „Wir Wunderkinder“; sign. Foto mit rückseit. Brief sowie masch. Brief mit Beilagen, 1959). - Walter von Molo (Murnau 1958, munterer ausführlicher Dankesbrief für Geburtstagsgrüße). - Die Postkarten von Martin Greif z. T. fleckig oder unfrisch. 2337
„Keine Ahnung - / lang über das Denken habend gedacht / hab‘ ich nicht gelacht - / nicht geweint - ‚s hat mich nicht / weiter gebracht / ich habe nicht mehr gemacht / als gegreint - / und gesagt: Dada! ...“. - Hausmann bemühte sich nach 1945 mit mäßigem Erfolg, die Dada-Bewegung mit ihm als ihrem Repräsentanten am Leben zu erhalten oder wieder zu erwecken.
2337 - Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Raoul Hausmann“ und kleiner Zeichnung. 1 S. (Kugelschreiber). Gr. 4to. Limoges 26.XII.1958. 250 € „die Würmer / die zum Morgenrot / mich assen / als ihr Mittagbrot / waren am Abend / lange tot ...“. Mit einigen weiteren Eintragungen auf dem Blatt: „an alle Mitarbeiter von Panderma ... Scheicheländer ... caca / gaga / A - A“. - In den „Éditions Panderma“ unter der Leitung von Carl Laszlo in Basel erschienen Original-Graphiken zeitgenössischer Künstler. - Gelocht. Abbildung
2338 - Eigh. Brief m. U. „Hausmann“. 3/4 S. (Kugelschreiber). (Wohl Limoges, Oktober 1958). 200 € An den Schweizer Kunstsammler und -händler, Verleger, Psychoanalytiker und Autor Carl Laszlo in Basel. Teilt seine neue Adresse in Limo-
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2340* Doderer, Heimito von, österr. Dichter (1896-1966). Eigh. Brief mit Namenszug „Doderer“ im Text. 1/2 S., auf gelblichem Papier in mehreren Farben geschrieben. Gr. 4to. O. O. 2.VII.1958. 350 € In Blau und Rot an die Schauspielerin Tilla Durieux (1880-1971). Bedankt sich für ihre Briefe vom 1. und 17. Juni 1958, „mit Ihrer klaren und festen Schrift, die wahrlich ein würdiges Instrument ist für Ihren hohen und liebenswerten Verstand! Aber es ist Zeit, dass mit der Münchener Reprise der ‚Stühle‘ jetzt Ihre Sommer-Saison zu Ende geht und Sie im Waldeck‘schen Pyrmont Ihre Kur gebrauchen und Ruhe genießen. Ihr alter Doderer wird ganz glücklich sein bei der Vorstellung, dass Sie dann und wann einmal den Blick aus den so besonderen und unvergleichlichen Augen in eines seiner Bücher senken ...“. Bestellt „einen herzlichen Gruß an Hans Schweikart!“ - Eugène Ionescos Theaterstück „Die Stühle“ in der Regie von Hans Schweikart und mit Tilla Durieux in einer Hauptrolle hatte am 11. April 1958 an den Münchner Kammerspielen Premiere gehabt.
2341 Dreiser, Theodore, amerikan. Schriftsteller des literar. Naturalismus (1871-1945). Eigh. Brief m. U. „Theodore Dreiser“. 11/2 S. auf 2 Bl. Kl. 4to. New York 26.III.1919. 250 € An eine Dame wegen eines Aufführungsvertrages. “... The Coburn Contract runs until June 1-1919, when, on the payment of $ 500 additio nal, they can obtain an extension of three months, during which time the play must be produced or the contract lapses. I have the feeling that
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur they will not pay the $ 500. In that case the book will be prohibited ... and I shall be privileged to dispart of the dramatic rights as I wag ...”. - Mit kleinen Nadel-Einstichen und großem Erledigungsstempel.
2342 Ebner-Eschenbach, Marie von, Schriftstellerin (1830-1916). 1 eigh. und 1 diktierter Brief m. U. „Marie Ebner“ bzw. „Marie von Ebner-Eschenbach“. Zus. 6 S. 4to. Schloss Zdisslawitz (Mähren) 4.VIII.1907 bzw. Wien 14.I.1916. 200 € Der erste (eigenhändige) Brief an eine befreundete Gräfin, der sie ausführlich Dank für Geschenke und Trost in Familienstreitigkeiten ausspricht. „... Ich stehe noch tief in Ihrer Schuld u. wieder geben Sie mir neuen grund zu danken! Das kristallklare Wasser aus der Kastalischen Quelle, die türkische Uhr, sind mir rührende Beweise Ihre gütigen Gedenkens. Sie liegt, es steht, in seinem schlanken Fläschchen, vor mir auf dem Schreibtisch u. der Anblick erquickt mich auf das Wohlthuendste ... Sie leiden - ich kann es mir wohl denken - unter der Fehlerhaftigkeit anderer. Es ist das wohl eine Wiederholung schon einmal erfahrener Schmerzen ... Schmerzen ist vielleicht ein zu schwer wiegendes Wort. ‚Ich habe jetzt das Peinliche kennengelernt‘ sagte mir Minna Wickenburg als sie in einem traurigen Familienkonflikt stand. Was ist da zu tun? Am besten, scheint mir, die ganze Pein auskosten, bis aufs letzte Tröpfchen u. dann - fort mit dem geleerten Becher! Sie sind der Bitterniß nicht aus dem Weg gegangen, haben sie erfahren durch u. durch, jetzt dürfen, nein! jetzt sollen Sie sagen: vorbei! Sie haben ja den herrlichsten Trost den es gibt, das Bewußtsein: Ich bin ohne Schuld ...“. - Der zweite Brief an einen Redakteur. „... ich habe gleich nach der Ankunft der Korrektur bei Herrn Hofrat [Carl] Glossy, Herausgeber der ‚Oesterreichischen Rundschau‘ angefragt, ob er etwas einzuwenden hätte gegen das Erscheinen des ‚Harzer‘ in den Monatsheften. Die Antwort lautete: ‚Nicht das Geringste‘ ... Die Korrektur, die tadellos ist, folgt hiemit zurück ...“.
2343 Eich, Günter, Schriftsteller (1907-1972). Eigh. Brief m. U. „Günter Eich“. 1 S. (Kugelschreiber) und eigh. Umschlag. Gr. 8vo. (Bayerisch Gmain) 13.XI.1969. 200 € An Martin Ruch. „... von meinen Hörspielen sind mir die wichtigsten Blick auf Venedig. - Man bittet zu läuten. Mit dieser Meinung dürfte ich ziemlich allein stehen. Das bekannteste meiner Hörspiele ist Träume. Über einige andere kann Sie vielleicht der anliegende Aufsatz von Günter Bien orientieren. Ich wäre aber sehr dankbar, wenn Sie mir dieses Manuskript zurückschickten, es ist mein einziges Exemplar ...“. - Mit dem eigenhändigen Kuvert, das noch einmal Eichs Namen und Adresse enthält. - Der genannte Günther Bien hatte sich in diesem Jahr für das Fach Philosophie in Bochum habilitiert.
2344 Eliot, Thomas Stearns, engl. Schriftsteller, Nobelpreisträger (1888-1965). Masch. Brief m. U. „T. S. Eliot“. 1 S. Mit Briefkopf „Faber and Faber Ltd Publishers“ und frankertem Umschlag. 4to. London 22.X.1958. 300 € An Karin Henn in Braunschweig, die eine Aufführung von Eliots 1935 uraufgeführem Drama „Murder in the Cathedral“ gesehen hatte, das in Deutschland unter dem Titel „Mord im Dom“ gespielt wurde. “... I have your letter of the 18th October and must say that I think you write
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English very well indeed. In your letter you put the question which I intended to leave for every member of the audience to answer for himself or herself. Personally I am of the opinion that Archbishop Beckett was a real martyr, because I believe that he had overcome the temptation of wishing to become a martyr ...”. - Das berühmte Versdrama behandelt die letzten Tage des Erzbischofs von Canterbury, Thomas Becket, der bis zu seiner Ermordung durch Beauftragte König Heinrichs II. im Dom von Canterbury vier Versuchungen zu widerstehen hat.
2345 Falkenstein, Constantin Carl, sächsischer Hofrat, Oberbibliothekar an der Königlichen Bibliothek in Dresden (1801-1855, starb in geistiger Umnachtung). Eigh. Brief m. U. „Falkenstein“. In franz. Sprache. 21/4 S. Doppelblatt mit Adresse. Dresden 13.II.1829. 150 € An [Jean] Duchesne, Leiter der Kupferstich-Abteilung in der Pariser Nationalbibliothek, der ihm die ersten Folgen der „Isographie des Hommes Célèbres“ zugeschickt hatte, des großen Faksimile-Werkes von Handschriften berühmter Personen (fast nur Franzosen), das 1828-1830 bei Alexandre Mesnier in Paris erschien. Duchesne war einer der vier Herausgeber. Falkenstein rühmt das Werk, bittet um Komplettierung seines Fragments und nutzt den Brief zugleich als Empfehlungsschreiben für den Buchhändler Brockhaus, der Paris besucht. “... Je possède
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ bekanntesten Weihnachtslieder von Eugene Field diente als Druckvorlage für die lithographische Erstausgabe, von der zwei bibliophil gebundene und mit eigenh. Widmungen, Briefen und Exlibris des Autors versehene Erstausgaben beiliegen: (I) A Christmas Tale by Eugene Field. Illustrated by J. L. Selanders. 1886. Handschriftlicher Text von Field und Illustrationen von Selanders in Lithographie. 11 Blatt, mit einer roten Schleife gebunden. In grüner OLwd.-Kassette. Dazu ein eigenh. Brief von Eugene Field an General Nelson A. Miles,Chicago, 27. X. 1895: “This is so excellent a portrait of you that I want to preverve it among other tresures. You can it much more valuable by putting your autograph signature upon it; will you kindly do so and have your secretary mail it back to me? ...”. - (2) A Christmas Tale by Eugene Field. Illustrated by J. L. Selanders. 1886. Handschriftlicher Text von Field und Illustrationen von Selanders in Lithographie. 11 Blatt. Ockerfarbiges Halbmaroquin der Zeit mit Rückenvergoldung. Titel mit eigenh. Widmung des Autors „With the compliments of Eugene Field“, am Schluss von demselben zusätzlich signiert, Vorsatz mit Fields Exlibris. - (3) Quartblatt mit 2 eigenh. Zeilen Fields: „The Symbol and the Saint. | Christmas, 1886.“ - Das Manuskript etwas knittrig, Vorsatzblatt der gebundenen Erstausgabe (2) lose, sonst sehr gut erhalten, in dekorativen Einbänden.
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dans ce moment seize cahiers; oserois-je Vous prier, Monsieur, de bien vouloir me faire parvenir avec une occasion sure les cahiers qui ont parus depuis désirant de completer mon exemplaire. C’est Monsieur Brockhaus, propriétaire de la plus grande imprimerie de Leipzig, et libraire très-distingué, que j’ai l’honneur de Vous présenter par cette lettre. - Je juge de l’amitié que Vous avez pour moi par les complaisances que je reçois de votre part, et je me sens encouragé par-là à Vous demander plus librement de nouveaux témoignages de Votre affection, en Vous suppliant de bien vouloir les transporter à mon ami pendant son séjour à Paris ... MM. Ebers et Frenzel me chargent de les rappeler à Votre souvenir.“ - Kleiner Tintenfleck; sonst gut erhalten. - Beiliegend ein weiterer Brief Falkensteins an einen Herrn: „Innigst dankbar für Ihr so freundliches Anerbieten lege ich hiermit den beifolgenden Brief zu gütiger Besorgung in Ihre Hände ...“ (13.VII.1842).
2346* Field, Eugene, früh verstorbener amerikan. Dichter und Schriftsteller, schrieb berühmte Kinderlieder (1850-1895). Eigh. Manuskript mit U. „Eugene Field“ auf dem Titel. 1 nn., 9 num., 1 nn. Bll. Mit Titel- und 10 Textvignetten von J. E. Selanders in Federzeichnung. 8vo. Lose in roter Maroquin-Kassette mit goldgeprägtem Rücken titel. Ohne Ort, 1886. 600 € “The Symbol and the Saint. A Christmas Tale by Eugene Field. Illustrated by J. L. Selanders. 1886“. Reizvolles Set, bestehend aus dem eigenhändigen Manuskript Eugene Fields samt der hübschen Originalillustrationen von J. E. Selanders, in einer geschmackvollen Maroquin-Kassette im Stil der Chicagoer Monastery Hill Bindery. Das Manuskript eines der
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Monastery Hill Bindery 2347* - Eigh. Gedichtmanuskript mit U. „Eugene Field“. 2 Seiten. Doppelblatt. 4to. Montiert in königsblauer Maroquinmappe mit reicher Deckel- und Innenkantenvergoldung, goldgeprägtem Deckeltitel, farbigen Deckelintarsien und blauem Moiréseidenvorsatz, in königsblauem Maroquin-Schuber. Goldgeprägtes Signet der „Monastery Hill Bindery“ auf Schuber und Vorderdeckel. Chicago, 17. I. 1892. 1.200 € „Little Boy Blue“ (24 Zeilen). Hübsches Ensemble, mit besonderer Provenienz: Fields berühmtes Gedicht von seiner Hand in blauer und roter Tinte mit kalligraphischen Verzierungen niedergeschrieben: „... The little toy dog is covered with dust, | But sturdy and stanch he stands; | And the little toy soldier is red with rust | And his musket molds in his hands: | Time was when the little toy dog was new | And the soldier was passing fair, | And that was the time when our Little Boy Blue | Kissed them and put them there ...”. - Das Manuskript ist in eine dekorative Maroquinmappe aus der Chicagoer Monastery Hill Bindery eingebunden, zusammen mit einem gedruckten Doppelblatt “In Memoriam Eugene Field”, einem weiteren Gedicht mit drei Notenzeilen von anderer Hand und dem Vermerk von Eugene Fields Sohn: “This original manuscript of ‘Little Boy Blue’ was presented by my father, Eugene Field, to my mother. This manuscript was her personal copy ... Eugene Field II. Oct 20 - 1925”. Abbildung
Monastery Hill Bindery 2348* - Eigh. Gedichtmanuskript mit kleiner aquarellierter floraler Vignette und U. „Eugene Field“. 2 Seiten. Doppelblatt. 4to. Montiert in königsblauer Maroquinmappe mit reicher Deckel- und Innenkantenvergoldung, farbigen Deckelintarsien, goldgeprägtem Deckeltitel und blauem Moiréseidenvorsatz, in dunkelblauem Maroquinschuber. Das Signet der „Monastery Hill Bindery“ auf dem Schuber und dem Vorderdeckel. Chicago 17.I.1892. 900 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur „The Singing in God‘s Acre“ (30 Zeilen). Fein ausgeführte Niederschrift von Fields berühmtem Gedicht mit Ornamenten, farbigen Initialen und floraler Vignette: „... Out yonder in the moonlight, wherein God’s Acre lies | Yo angels walking to and fro, singing their lullabies; | Their radiant wings are folded and their eyes are bended low, | As they sing among the beds whereon the flowers delights to grow ...”. - In einer dekorativen Maroquinmappe der Chicagoer Monastery Hill Bindery, beigebunden ist eine handschriftliche fünfseitige Vertonung des Gedichts mit dem Vermerk: “My dear Mr Field: This is Dr. Benj. Blodgetts autograph original copy of his music to your lyric. Written October 1891 W. M. Stryker“. - Besonders schönes Exemplar; ein Unikat. Abbildung
2349 Fischer, Johann Georg, schwäbischer Dichter und Schulmann, Ehrenbürger von Marbach am Neckar (18161897). Eigh. Manuskript mit 2 Gedichten u. U. „J. G. Fischer“. 1 S. Gr. 8vo. O. O. u. J. 120 € „Aus eignem Holz“ (2 Strophen zu je 4 Zeilen) und „Den Kommenden“ (ebenfalls 2 Strophen zu je 4 Zeilen). Das erste Gedicht beginnt: „Überschwengliches Lob verlange nicht, / Freunde findest du gnug, die dich versteh‘n ...“. - Das zweite lautet: „Komm an mein Herz, du Herzenskind, / In meinem Arm gedeihe, / Daß ich - ein Mensch vergeht geschwind, / Dir all mein Leben weihe ...“. - Rückseitig kleine Montage-Spuren.
2350 Fontane, Theodor, Schriftsteller (1819-1898). Eigh. Gedicht-Manuskript mit Widmung u. U. „Th. Fontane“. 1 S. Gr. 8vo. Berlin 24.XII.1863. 2.200 € Fünf Zeilen: „‘Behüte, / Wieder dieselbe Blüthe!, / Wieder dasselbe Blatt!‘/ Freilich. Aber ich komme dahinter, / Schuld ist eigentlich der Winter, / der nur den einen Gedanken hat.“ - Darunter: „Mit den herzlichsten Wünschen für Ihr und der Ihren Wohl, gnädigste Frau ...“. Am oberen Rand ein Empfänger-Vermerk, daß Fontane das Gedicht „an Frau Elfriede mit einer Camelie“ gesandt habe. Diese „gnädigste Frau“, die hier Fontanes Weihnachtsgruß empfängt, war die Gemahlin von Tuiscon Beutner (1816-1882), der von 1853-1872 Chefredakteur der „Neuen Preußischen (Kreuz-) Zeitung“ war - also von 1860 bis 1870 Fontanes wichtigster Arbeitgeber. Der Dichter hatte Elfriede Beutner offenbar vor nicht langer Zeit schon einmal einen solchen Blumengruß gesandt. - Dekorative Gedichthandschrift. Abbildung Seite 18
„eine Art Entdecker“ 2351 - Eigh. Manuskript in Briefform m. U. “Th. Fontane“ . 2 S. Gr. 8vo. Berlin 29.IV.1874. 3.500 € Frisch zurückgekehrt von einer einwöchigen Reise ins Ruppiner Land, die der Dichter für die Arbeit an der 3. Auflage des Bandes „Die Graf schaft Ruppin“ aus den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ unternommen hatte, beantwortet er die Anfrage eines nicht genannten Korrespondenten - vielleicht eines Journalisten - wie er sich den relativ großen Erfolg dieser Beschreibungen einer Landschaft, ihrer Geschichte und Eigenart erkläre, deren Hauptlinien bisher zwar von einigen professionellen Historikern nach Urkunden und älterer Literatur dargestellt, deren Wesen aber in ihrer kulturellen Entwicklung und vor allem in den
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Charakteren und den landschaftlichen Wurzeln der vielen bemerkenswerten Persönlichkeiten ihrer Geschichte noch kaum wahrgenommen worden war. Fontane antwortet, indem er in knapper Form gleichsam ein Programm der „Wanderungen“ entwickelt, ihre Absicht, ihre Selbstständigkeit und Originalität betont, die in der Verbindung von Cicerone und „Heimat-Chronisten“ mit dem sorgsam vor Ort ergründenden und beobachtenden Schriftsteller beruhe, der mit der Neuentdeckung vergessener Ereignisse und Personen zu unterhalten versteht. „... Der gute Erfolg, den diese ‚Wanderungen‘ errungen haben, beruht lediglich darin, daß ich, innerhalb eines kleinsten und nächsten Kreises, als eine Art Entdecker auftrete. An Stellen, die kein Tourist betreten, die niemand vor mir der Beachtung werth gehalten hat, verweile ich mit Vorliebe und schreibe Landschaftliches, Sagen- und Genrehaftes über den Blumenthal-Wald und den Brieselang, über Dorf Kienbaum und seine Bienenzucht, ... über den Werbellin- und Schermützel-See. Daran reiht sich nun freilich Historisches, aber meist such ich auch hier verlorne, vergessene oder unbekannte Plätze auf, deren geschichtliche Bedeutung kaum die Einwohner kennen ... Von dieser Regel findet sich vielleicht nur eine Ausnahme: Ruppin; und auch diese ist mehr scheinbar als wirklich ...“. Wollte er über Brandenburg schreiben, so käme ein dicker Band dabei heraus, der ihm letztlich wenig Ehre und Dank einbrächte: „Nur das Neue wirkt.“ - Der bedeutende Brief hätte als Vorwort zur 3. Auflage des Bandes „Die Grafschaft Ruppin“ dienen können, die im Oktober desselben Jahres erschien, um 18 Kapitel erweitert. - Nicht bei Jolles/ Müller-Seidel; bisher nicht veröffentlicht.
Fontane, Theodor siehe auch unter Robert-tornow 17
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur 2352* Fouqué, Friedrich Baron de la Motte, märkischer Dichter der Romantik (1777-1843). Eigh. Brief m. U. “LM Fouqué”. Zus. 1/2 S. 4to. Nennhausen 6.VI.1821. 400 € An den Verleger Schlesinger in Berlin. „... Ew. Wohlgeboren erhalten anbei wieder einen Abschnitt der Lalla Rookh. Auf dem letztern Bogen hatte der Abschreiber allzuviele Fehler gemacht. Ich ordnete deshalb ein da capo an. Nun paßten aber die Zeilen nicht bis gänzlich zum Schluß der Seite, welches ich bemerke, damit nicht der irrige Begriff eines etwanigen Absatzes daraus entstehe ...“. - Die Übersetzung von Th. Moores „Lalla Rookh“ erschien 1822 bei Schlesinger. - Leicht gebräunt; oben Feuchtigkeitsrand mit kleinen Papierfehlstellen.
2353 - Eigh. Brief m. U. “La Motte Fouqué”. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und geteiltem Siegel. Gr. 4to. Halle (Saale) 30.X.1838. 450 € An den preußischen Kultusminister Karl Freiherr vom Stein zum Altenstein in Berlin. Empfiehlt ihm „dringend den Ueberbringer dieser Zeilen, den bei hiesiger Bibliotheksverwaltung angestellten Hrn. Dr. Förstemann, Secretair des thüringisch-sächsischen Vereins. Schon aus früheren gehorsamsten Vorstellungen meinerseits und huldvoller Bewilligung Eurer Excellenz wird Ihnen Mann und Name vortheilhaft bekannt und erinnerlich sein ...“. Es gehe um die von Fouqué bereits empfohlenen „Provinzialblätter hiesiger Gegend“. „Der historische Strom, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in stetiger Ganzheit verbindet, und somit uns auf‘s allerdeutlichste vor jeder einseitigen Auffassung und Verdrehung des Zeitgeistes bewahrt, lebt und webt in diesem Unternehmen und würde die günstigsten Erfolge herbeiführen, drückte nicht die Eifersüchtelei andrer, mindestens unbedeutender Zeitschriften auf dies Unternehmen, welches Hr. Dr. Förstemann mit Kraft, Umsicht und in tüchtiger Gesinnung leitet. Gern widme ich dem würdigen Schaffen einen großen Theil meiner Zeit und Kraft, natürlich bis jetzt ohne alle Entschädigung, da der Redacteur einstweilen nur durch Anstrengungen, die ihm als Familienvater Opfer abdrangen, die Sache fortzuführen vermochte ...“. Der Minister möge daher den billigen Wünschen Förstemanns Gehör schenken. - Ob ein Erfolg eintrat, ist fraglich, da der Minister in diesem Jahr wegen Krankheit aus seinem Amt entlassen wurde. Altenstein erwarb sich bekanntlich große Verdienste um die Reform des Bildungswesen in Preußen, darunter die Einführung der allgemeinen Schulpflicht. - Der Hallische Theologe, Bibliothekar und bedeutende Reformationshistoriker Karl Eduard Förstemann (1804-1847) redigierte 1838-1840 die „Provinzial blätter für die Provinz Sachsen“. 1844 wurde er Professor an der Universität Halle. Abbildung
2354 Freiligrath, Ferdinand, Lyriker und Übersetzer, politischer Dichter, Mitarbeiter von Karl Marx, emigrierte nach London (1810-1876). Eigh. Billet m. U. „F. Freiligrath“. 1 S. Mit Trauerrand. 8vo. Stuttgart 7.IX.1873. 150 € An den Stuttgarter Verleger Eduard Hallberger. „... Ihre Zuschrift vom 15. Aug. habe ich in Walton/ Naze bestens erhalten, u. zeige Ihnen hiemit an, daß ich vorgestern wieder hier eingetroffen bin ...“. - 2 Einrisse mit Transparent-Papier unauffällig unterlegt.
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2355* Fried, Erich, Schriftsteller (1921-1988). Brief m. U. „Erich Fried“. 1 S. Kl. 4to. London 5.III.1974. 200 € Aus politisch aufgeregter Zeit ideologischer Kontroversen an den Redakteur Wolfram Schütte: „... beiliegend, wie telefonisch versprochen, den Rundbrief Bahman Nirumands, der teilweise (die nicht in den Kram passende Kritik der Sowjetunion war natürlich weggelassen) auch vom Extradienst abgedruckt wurde. Verschickt wurde der Rundbrief zusammen mit einer ganz annehmbaren Resolution gegen die Morde an Iranischen Intellektuellen, von Brigitte Heinrich ... Die Resolution enthielt nur einen Hinweis, wenn man sich über die Behandlung Solschenizyns aufrege, so müsse man auch die Untaten im Iran zur Kenntnis nehmen. Nun, ja, stimmt ja. Ich mag ja auch Medwedews politische Ansichten lieber als die Solschenizyns, glaube nur, man kann ihm keinen Vorwurf machen, daß er nach seinen Erfahrungen vom ganzen MarxismusLeninismus nichts wissen will (Leninismus scheint ja auch mir schon sehr fragwürdiger Marxismus). Ich lege auch meine Antwort auf den Nirumandbrief bei, die ich allerdings in dieser Form nicht gerne veröffentlichen würde. So wie sie ist, zirkuliert sie jetzt nur unter ‚Linken‘. Für die FR müßte man es auch stilistisch besser machen. Es war mir schlecht, als ich den Brief, namentlich das Ende, schrieb ... Ich weiß nicht, habe ich Ihnen eigentlich den Text meines ‚Sachverständigengutachtens‘ für Wagenbach vom Prozeß in Berlin geschickt?“ - Beiliegend die beiden erwähnten Fotokopien: I. Bahman Nirumand, Offener Brief an Heinrich Böll. Berlin, 25.II.1974. - II. Erich Fried, Brief an Brigitte Hein
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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rich. London, 4.III.1974. - Fried bestätigt seine Unterschrift unter eine Resolution gegen die Hinrichtung und Verfolgung iranischer Schriftsteller und verteidigt Böll gegen Nirumand.
Gegen die Polizei in Berlin 2356* - Signiertes Typoskript und masch. Begleitbrief m. U. „Erich Fried“. Zus. 3 S. auf 3 Bl. Gr. 4to und 4to. London 3.III.1974. 450 € Für den Abdruck in der Frankfurter Rundschau bestimmter Offener Brief Frieds, in dem er den Verleger Klaus Wagenbach und den Schriftsteller Heinrich Böll gegen Vorwürfe des Berliner Polizeipräsidenten und der Justiz in Schutz nimmt, nachdem Wagenbach in seinem Roten Kalender die Tötung von Benno Ohnesorg, Georg von Rauch und Thomas Weißbecker als „geplante politische Morde“ bezeichnet hatte. „Antwort auf das Schreiben des Berliner Polizeipräsidenten ... Das Rundschreiben des Polizeipräsidenten in Berlin, Klaus Hübner und des
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Gesamtpersonalrats der Polizei an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Polizei ist ein erstaunliches Sammelsurium von Fehlern, Auslassungen, Trugschlüssen und - gelinde gesagt - Irrtümern; eigentlich unerklärlich, es sei denn, man nähme an, Herrn Hübners ‚tiefe Bestürzung und Sorge‘ über den Freispruch Klaus Wagenbachs in Berlin, meinen Freispruch in Hamburg und wohl auch über Heinrich Bölls Erklärungen in Hamburg und Berlin habe seine Fähigkeit, den Tatsachen zu folgen, verringert ... Es ging doch in Wirklichkeit um den Tod von drei Menschen: Benno Ohnesorg, Georg von Rauch und Tomas Weisbecker ... Auch grenzt es an Verleumdung, wenn Herr Hübner in seinem Rundschreiben nachdrücklich andeutet, Klaus Wagenbach und ich hätten eine ganze Berufsgruppe als Mörder bezeichnet ... Ich bin kein Jurist und weiß nicht, welche Möglichkeiten bestehen, den von Herrn Polizeiprä sident Hübner angerichteten Schaden wiedergutzumachen oder noch verhüten zu helfen. Ein Eingeständnis seiner eigenen Irrtümer und die Zurücknahme seines unhaltbaren Rundschreibens wäre wünschenswert ... In England, wo ich wohne, oder in Skandinavien, das ich fast so oft besuche wie die Bundesrepublik, wäre ein Polizeipräsident eine Woche nach einem solchen Rundbrief nicht mehr im Amt. Aber in England wären auch Benno Ohnesorg, Georg von Rauch, Thomas Weis becker und etliche Dutzend andere Menschen, die in den letzten Jahren durch Polizistenkugeln vom Leben zum Tode kamen, nicht erschossen worden ...“. - In Frieds Begleitbrief an den Redakteur Wolfram Schütte heißt es u. a.: „... beiliegend eine Antwort auf das völlig falsche und recht skandalöse Rundschreiben des Polizeipräsidenten von Berlin. Ich hoffe, diesmal kann das im Literaturteil gedruckt werden, denn dies ist eine für Schriftsteller und Intellektuelle überhaupt gefährliche Sache ... Klagen kann der Polizeipräsident auf meinen Text hin nicht, versicherte mir ein deutscher Generalstaatsanwalt ...“. - Der Tod des gewalttätigen Anarchisten Georg von Rauch beim Schußwechsel mit der Polizei hatte Fried im „Spiegel“ als „Vorbeugemord“ bezeichnet und war deswegen vom Berliner Polizeipräsidenten Klaus Hübner wegen Beleidigung angezeigt worden. Beim Aufsehen erregenden Prozeß im Januar 1974 wurde Fried freigesprochen und auch sein Verleger Klaus Wagenbach, der Frieds Text nachgedruckt hatte, kam in erster Instanz frei. Daraufhin zeigte sich der Polizeipräsident in einem offenen Brief erschüttert über die Freisprüche. Frieds Typoskript blieb unveröffentlicht. - Beiliegend eine Fotokopie mit dem Text von Hübner. - Interessantes Dokument aus stürmischer Zeit, in der sich wenig informierte ausländische Intellektuelle gern in die deutsche Innenpolitik einmischten. Die Darstellung der Polizei zu den Vorgängen wurde in späteren Untersuchungen als zutreffend erkannt. Beim Vergleich von Hübners Schreiben und Frieds Behauptungen würde ein heutiger englischer Polizist wohl anhaltend den Kopf schütteln.
„so dumm, so kenntnislos“ 2357 Frisch, Max, Schweizer Schriftsteller (1911-1991). Masch. Brief mit eigh. U. „Max Frisch“. 2 S. auf 2 Bl. Gr. 4to. Zürich 13.IV.1951. 450 € Geharnischter Brief an einen Mitarbeiter der Neuen Zürcher Zeitung. Scharfe Abrechnung mit dem Redakteur, der ihn böswillig verleumdet habe und von dem er nicht mehr mit „Lieber Kollege“ angesprochen werden will. „... Im vergangenen Januar haben Sie unter LOKALES ein paar Zeilen drucken lassen, die es nach meinem Empfinden unmöglich machen, dass wir uns weiterhin, und wäre es auch nur hektographiert, als ‚Lieber Kollege‘ ansprechen. Die Zeilen lauteten: ‚- die Manier jenes Dichters, der jetzt wieder in Zürich singt, nachdem er in Warschau gesungen hat.‘ Es handelte sich um eine Besprechung der Zürcher
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Fastnachtszeitung, die eine wirklich witzige, in ihrem Witz saubere Parodie meines ‚Tagebuches 1946-1949‘ gebracht hat. Die zitierten Zeilen waren übrigens das einzige, was die NZZ über das erwähnte Tagebuch schrieb; Sie werden finden, es fehle mir an Humor, und ich muss zugeben, dass ich in der Perfidie wirklich keinen Humor sehe. Sie ... haben sich einmal zwei Stunden mit mir unterhalten, nachdem ich in Warschau gewesen bin; Sie wissen, dass ich dort nicht gesungen habe, d. h. nicht vorgelesen, nicht gesprochen, auch keine Aufführung hat stattgefunden. Es ist also, was Sie Ihren Lesern zur Unterhaltung vorlegen, eine fertige Lüge. Man nennt das, glaube ich, politische Brunnenvergiftung; das Politische daran ist aber so dumm, so kenntnislos, dass man es doch wohl nur als Vorwand werten darf. In meinem ‚Tagebuch‘, das die NZZ totzuschweigen vorzog, habe ich über Warschau berichtet ... es ist niemand berechtigt, mir Verdächtigungen anzuhängen, ohne die Unterlagen nachzulesen. Niemand? Eine Zeitung ist es - sie darf alles, fast alles, was ihr nützlich scheint, sie darf lügen, sie darf fälschen und sie muss keine Richtigstellung veröffentlichen, sie darf auch die Richtigstellung wieder fälschen ... und nie wird es einem Schriftsteller gelingen, ein Missverständnis, das eine Redaktion will, aus der Welt zu schaffen ... ich möchte nicht mehr mit Ihnen spazieren oder einen Wein trinken; ich kann Ihnen nicht trauen. Ein offener Feind ist mir lieber als ein lieber Kollege wie Sie ...“. - Kleine Faltenrisse.
2358 Geibel, Emanuel von, Dichter und Übersetzer, Mittelpunkt des Münchener Dichterkreises „Die Krokodile“ (1815-1884). Eigh. Gedichtmanuskript. 1 S. (blaue Tinte). Gr. 8vo. O. O. (ca. 1855). 200 € „Sonett des Dante“. Vier Strophen, insgesamt 14 Zeilen: „Ihr Pilger, die ihr mit bedächtgen Schritten / Gleichgült‘ges sinnend eure Straße zieht, / Kommt ihr aus so entlegenem Gebiet / Wie euer Antlitz zeigt und eure Sitten? - Was weint ihr nicht, da euer Fuß doch mitten / In diese Stadt des tiefen Wehs gerieth ...“. - Mit Verbesserung einer Zeile. - Erschienen 1856 in „Neue Gedichte“ (Stuttgart, Cotta). - An einem Rand rückseitig Spuren ehemaliger Montage. Abbildung
2359 Genlis, Félicité du Crest de Saint Aubin, Comtesse de, franz. Schriftstellerin von enormer Produktivität, katholisch geprägte Gegnerin Voltaires und der Madame de Stael (1746-1830). Eigh. Brief m. U. “votre très humble et très obéisante [!] servante ducrest-genlis”. 12/3 S. 4to. O. O. 10.X.1794. 200 € Während des abschwellenden „terreur“ der französischen Revolution an den englischen Politiker Sir Abraham Hume (1729-1838) in London, den sie in einem umfangreichen Brief um Rettung, Verwaltung und Anlage ihres Vermögens bittet, nachdem er sich schon bei früheren England-Reisen der Comtesse hilfreich gezeigt hatte. Für den Fall, daß sie sich in Frankreich verschulden müsse, soll ihr Geld für ihre Kinder gesichert und verteilt werden. „... je ne veux rien pour moi de l’affeux héritage dont il est question, je ne pouvais consentir à en prendre une très légère portée que dans le cas où des événemens imprévus me forceroient à contracter quelques dettes, chose qui j’en suis certaine n’arrivera pas; ainsi je veux réserver ce qui peut me revenir pour mes enfans. en même tems voulant avoir la consolation d’en faire un don de la manière qui me conviendra, soit à ma fille si elle perd sa fortune soit à celui de
mes petits enfans que je voudrai avantager, je desire que la partion qui doit me revenir par la loi me soit assurée solidament, et je m’en rapporte entièrement à cet égard à ce que vous jugerez nécessaire à cet effet ... je vous demande donc, my dear Sir, de faire assurer ma propriété, et la sureté de ce dépot. si pour cela il est nécessaire qu’il soit administré en mon nom, ayez la bonté de me mander ce que je dois faire à cet égard. comme vous avez ma procuration je vous supplie de toucher ce que me revient, et la part de l’enfant de ma fille ainée, de placer le tout de manière que le fond ne soit pas mort, et produire un intérêt que vous voudrez bien toucher et placer à mesure et de continuer ainsi jusqu’à ce que ma fille avec un acte de donnation de moi ... je suis étonnée que dans cette affaire on n’ait pas demandé mon contrat de mariage ... je crois que je paurois l’avoir, en voici les termes: 6 mille livres de rentes viagères, quarante mille francs d’argent comptant reconnus comme dot, trente mille francs de bijoux et pour le deuil un logement, et communauté dans le mobilier ...“. - Abschließend kommt sie auf ihren neuesten Roman zu sprechen: „... je fais imprimer dans ce moment un ouvrage en deux gros volumes fini il y a un an. il est de pur agrément et je crois le moins mauvais que j’aie fait, c’est un roman historique il a pr titre Les chevaliers du cygne ou La cour de charlemagne. je tâche par d’éclatans exemples tirer de l’histoire de rappeller aux sentimens de justice d’humanité et de générosité si méconnus surtout depuis deux ans. je voudrais faire hommage de cet ouvrage à Lady Hume, j’attache tout de prix à son suffrage et au vôtre que je désire que le 1er exemplaire envoyé à Londres soit lu par elle et par vous. indiquéz moi je vous prie le moyen de vous le faire parvenir surement.“
2360 George-Kreis. - Bertram, Ernst, Dichter und Schriftsteller, Germanistik-Professor in Köln (1884-1957). Eigh. Gedicht-Zyklus mit Namenszug „Ernst Bertram“ auf dem Titel sowie 3 eigh. Begleitschreiben m. U. „Ernst Bertram“. Zus. 13 S. auf 11 Bl. Gr. 8vo und 8vo. Köln 1950-1951. 500 € „Sieben Radierungen“. Titelblatt und 7 Bl. mit je 1 betitelten Gedicht: Bild der Ahnin; Geliebtes Antlitz; Venezianisches Bildnis; Frauenbildnis; ‚An die Schönheit‘; Chinesischer Meister I und II. - Dazu 2 Briefe und 1 Postkarte an B. Martin, Redakteur der Zeitschrift „Neue Schau“ in Kassel, der Bertrams Gedichte drucken wollte und dazu ein Probeheft übersandt hatte. Bertram bedankt sich (12.X.1950); besonderes bereitete ihm „die Fraktur eine besondere Freude - ihre Wiederherstellung sollte uns allen am Herzen liegen, was einer gelegentlichen schönen Antiqua ... ja gar nicht widerstreitet ... übersende ich auf Ihren Wunsch zwei kleine Beiträge (‚Radierungen‘; ‚Spruchgedichte‘) und will inzwischen versuchen, auch an Prosa einiges für Sie auszuwählen ...“. Ferner über den Verleger Seekamp in Bremen. - Am 6.XI. fordert er auf einer Postkarte Korrekturfahnen an, und am 14.III.1951 schickt er endlich die Korrekturen ab, mit dem Bemerken: „... Ich bin, wie schon beim vorigen Heft, betrübt über die kalte und häßliche Antiqua, während doch Ihr ganzes Heft in so schöner deutscher Schrift erscheint. Was soll dieses lieblose Aussehen? Auch machten sich die Gedichte auf der letzten (Umschlag-) Seite nicht gut. Ich bitte, wenn irgend möglich, die Gedichte in Fraktur zu setzen (etwas weniger eng wäre schön gewesen, mitten im Heft - warum muß es eine Seite sein durchaus?). Ich kann Ihnen sonst die größeren Beiträge nicht mehr schicken. Wir haben alle die Pflicht, unsre schöne 500jährige deutsche Fraktur ... zu verteidigen, auch gegen den ... Ukas Hitlers vom März 1941, der die Antiqua befahl ...“. - Das Titelblatt zu den Gedichten und 1 Brief mit BüroklammerRostspur; sonst alles gut erhalten.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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2361 Glassbrenner, Adolf, Berliner politischer Schriftsteller, Satiriker und Publizist, Herausgeber der „Berliner Montags-Zeitung“ (1810-1876). Eigh. Brief m. U. „Ad. Glassbrenner“. 2 S. Doppelblatt mit Briefkopf „Redaction der Berliner Montags-Zeitung“. Gr. 8vo. Berlin 5.I.1875. 300 € An einen Freund. Über Verwirrung um einen Korb Champagnerflaschen, den ihm der Lustspiel-Autor Gustav von Moser zukommen lassen wollte, den Glassbrenner aber, wohl um als Journalist den Anschein von Bestechlichkeit zu vermeiden, nicht annehmen will. „... Auch ich muß Ihnen reinen Wein einschenken. Moser zog mich am Tage der ersten Aufführung der ‚Verschwiegenen‘ von Frl. Wegener fort bei Seite, sprach von seiner noch nicht eingelösten Wett-Schuld und bat mich, einen Korb Champagner, den er für mich aufgegeben, nicht zurückzuweisen. Die Bühne hat Lauscher, die hätten nichts verstehen können: ich lehnte halb und brach ganz ab. Andern Tags aber schrieb ich Moser und bat ihn dringend, den Wein nicht zu schicken, da ich denselben Ihretwegen u. noch aus weiteren Gründen ... in keinem Fall annehmen könne und werde. Durch den ‚reizenden‘ Brief an Sie hat sich die Sache geändert, demnach schlage ich Ihnen vor, den Wein zu behalten. Wollen Sie das aber durchaus nicht, so schicken Sie mir die 11 Fl. per Dienstmann, den selbstverständlich ich bezahle. Die 50 Austern werde ich, als von Ihnen kommend, mir abholen lassen ...“. - „Frl. Wegener“: die sehr beliebte Schauspielerin und Soubrette Ernestine Wegner, die seit 1873 am Wallner-Theater engagiert war.
2362 Goethe, Johann Wolfgang von, Dichter, Naturforscher und Staatsmann (1749-1832). Eigh. Billet. 6 Zeilen. (Bleistift). Quer-8vo. (Weimar o. J.) 1.200 € Anfrage an seine Schwiegertochter Ottilie von Goethe: „Mit Bitte um die ersten Zeilen.“ Für diese ist etwas Raum gelassen; dann folgt: „Il n‘appartient pas plus aux jeunes gens qu‘à moi, / Et celui de demain n‘appartient à personne.“ - Sophien-Ausgabe, Undatirtes, Nr. 112.- Die Bleistift-Schrift etwas blass.
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2363 - Gedruckte Todesanzeige Goethes, herausgegeben von Ottilie von Goethe. Einblattdruck. 10 x 15,6 cm. Weimar 23.III.1832. 450 € Exemplar der verworfenen Fassung. „Gestern Vormittags halb Zwölf Uhr starb mein geliebter Schwiegervater, der Großherzogl. Sächsische wirkliche Geheime-Rath und Staatsminister Johann Wolfgang von Goethe, nach kurzem Krankseyn, am Stickfluß in Folge eines zurückgeworfenen Katharrhalfiebers. - Geisteskräftig und liebevoll bis zum letzten Hauche, schied er von uns im drei und achtzigsten Lebensjahre ...“. - Kräftiger Druck auf festem Papier. - Slg Kippenberg 1288. Abbildung
2364 - Kayser, Philipp Christoph, aus Frankfurt a. M. stammender Komponist, Pianist, Musikpädagoge und Dichter, enger Jugendfreund Goethes, schrieb die Musiken zu 3 Singspielen Goethes, der ihn zweimal in der Schweiz besuchte und 1781 auch in Weimar empfing (1755-1823). Eigh. Billet m. U. „Kayser“. 1 S. Quer-schmal-8vo. (Wohl Zürich nach 1775). 800 € „Ich nehme die Freyheit für eine 1ste Sopran-Singstimme der Helvetischen Musik zu ersuchen, für Jgfr. Ott im gelben Haus, wozu denn etwa die der Jgfr. Ott an der Thorgaß dienen könnte, die nicht mehr singt, und also nicht zur Aufführung kommen wird. Mir gefälligst bis morgen zu übersenden. Kayser.“ - Goethe bemühte sich sehr um den von ihm hoch geschätzten Kayser, der schließlich noch die Musik zu „Egmont“ lieferte, dann aber weitgehend verstummte und unzugänglich wurde.
2365 - Maria Paulowna, Großherzogin von SachsenWeimar, Gemahlin des Großherzogs Karl Friedrich, geb. Großfürstin von Russland (1786-1859). Eigh. Brief m. U. „M“. In franz. Sprache. 3/4 S. Gr. 8vo. Weimar 5.I.1836. 250 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Eigenhändig an [Karoline] von Wolzogen, der sie die Ankunft Alexander von Humboldts mitteilt, der auf der Durchreise von Paris nach Berlin in Weimar Station machte. “... il passe la journée avec nous; - Si vous pourriez venir, Vous nous trouveriez ce soir au petit Comité réunis chez moi. Peut-être pourriez Vous par Votre présence le retenir plus longtemps ici ... je n’ai pas voulû négliger cet Avis à Vous donner ...”.
2366 - Schütze, Johann Stephan, Sachsen-Weimarischer Hofrat, vielseitiger Schriftsteller, Journalist, Theaterkritiker und langjähriger Taschenbuch-Herausgeber (17711839). 3 Autographen m. U. „St. Schütze“. Zus. 21/2 S. 8vo. (Weimar) 1826-1833. 300 € I. Eigh. Gedichtmanuskript „An die Unentschlossene“. 5 Strophen zu je 4 Zeilen: „Zürnend auf des Tages Schwüle / Fliehest, süße Thörin, du, / Suchst des Mondes Abendkühle, / Suchst und findest keine Ruh. - Ob die Nachtigallen schlagen, / Ob durch Blüthen Zephyr spielt, / Echostimmen Antwort sagen, / Nichts, was deinen Busen kühlt ...“. - Am Schluß einige Verbesserungen. - II. Eigh. Brief an einen Redakteur. 1/2 S. (Weimar) 13.IX.1826. - An einen Redakteur, dem er für empfangene Rezensionen dankt und ihm Texte von Anzeigen zu 3 Romanen sendet. - III. Eigh. Brief an einen Herrn. 1 S. Weimar 19.II.1833. - „Voriges Jahr ... waren Sie so gütig, mein Festgedicht an unsere Großherzogin freundlich aufzunehmen. Dies gibt mir den Muth, mit ergebenster Bitte um gleiche Nachsicht schon auch das diesjährige zu übersenden. Durch ein so geringes Zeichen wünsche ich wenigstens die Verehrung anzudeuten, die ich für Sie empfinde ...“. Abbildung
2367 - Wolff, Pius Alexander, Schauspieler und Bühnen autor, von Goethe geschätzter und geschulter Weimarer und Berliner Hofschauspieler (1782-1828). Eigh. Brief m. U. „Wolff“. 11/2 S. 4to. Berlin 11.II.1817. 180 € An seinen Chef, den Generalintendanten Karl Grafen von Brühl, der ihn um sein Urteil über zwei Theaterstücke gebeten hatte. Wolff, ein gebildeter und erfahrener Theatermann (er schrieb den Text zu Webers „Preciosa“), liefert ausführliche Gutachten: „... Es ist Schade, daß bei dem wirklich anziehenden Stoffe, und dem übrigens effectvollen Trauerspiele, Graf Riveira, der Dichter nicht darauf Rücksicht genommen hat, daß eine Frau, wie die Herzogin von Solana geschildert ist, bei der Darstellung gar zu widrig wird, dieser Karakter läßt sich im Roman sehr gut entwikeln, aber auf der Bühne wird ein Weib, das in seiner sinnlichen Begierde so aufgestellt wird, Eckel erregen. Ich kann zur Aufführung dieses Stückes nicht rathen, obgleich es mir leid thut, da alle übrigen Rollen günstig, und die Scenen mit Geist und Kunst geordnet sind, den Karakter der Herzogin zu mildern würde gegen die Absicht des Dichters sein ... Die Uebersetzung der Alzire von Voltair ist recht sehr brav, einige wenige Härten ausgenommen, die auf der Leseprobe zu beseitigen sind. Sind Ew. Hochgeboren gesonnen Voltairs Alzire auf Ihrer Bühne geben zu lassen, so ist diese Uebersetzung wohl zu empfehlen, und das Honorar, das der Verfasser verlangt, für die Arbeit die er geliefert, sehr mäßig ...“. - Bis zur Aufführung dauerte es allerdings noch mehr als fünf Jahre: Die freie Übertragung der „Alzire“ von Carl Anton Hess wurde vom 15. Oktober 1822 bis zum 5. Mai 1823 am Berliner Hoftheater 7 mal gespielt. - Das Trauerspiel „Graf Riveira“ wurde in Berlin nicht aufgeführt. - Mit eigenhändigem Vermerk des Grafen Brühl: „ad Acta, Brühl“. - Brühl hatte gegen den Willen Goethes nach
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langwierigen Bemühungen und Auseinandersetzungen in Weimar im Jahre 1816 das Ehepaar Wolff nach Berlin engagieren können. - Etwas gebräunt; einige kleine Einrisse, teils alt restauriert.
2368 - (Wolff, Pius Alexander) Eigh. Brief m. U. „P A Wolff“ sowie Adresse und geteiltem Siegel. 1 S. Gr. 4to. Berlin 23.IV.1828. 180 € An den hochverdienten Wiener Hoftheater-Sekretär (= de facto Leiter des Burgtheaters) Josef Schreyvogel, der ihm die Rollenbesetzung des Lustspiels „Der Mann von fünfzig Jahren“ mitgeteilt hatte. „... Die Anlage an Raupach habe ich sogleich abgegeben. - Durch die Post werden Sie 2 Stücke erhalten haben, 1tens den Kammerdiener eine Posse von Leiters hofen; ich will nichts zu ihrem Vortheil sagen, als daß sie hier, in Hamburg, Königsberg und Danzig bereits oft mit Beifall gegeben worden so wenig Werth sie auch hat, und wenn Sie Gebrauch davon machen sollten, rathe ich die Verwechslung des mir mit mich in der Rolle der Mad. Hirsch nicht so häufig sondern nur in den schwierigen Fällen vorkommen zu lassen; meiner Frau [Amalie Wolff, geb. Malcolmi] ist die Darstellung dieser Rolle außerordentlich geglückt, es war ein ächtes Karakterbild. - 2tens Mathilde, eine Uebersetzung, scheint mir eine hübsche
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Aufgabe für eine Künstlerin, als Gegenstück zu Gabriele, Mad. Crelinger wird hier darin nach ihrem Wochenbette auftretten ... Die Äußerungen Ihrer Theilnahme an meinem Uebelbefinden erkenne ich mit herzlichem Danke. Ich bin in der That sehr übel dran, schon über 3 Monate habe ich die Stimme so ganz verloren, daß ich auch nicht einen lauten Ton hervorbringen kann, und leide außerdem an einem beständigen Halsschmerz. Eine Unzahl von Mitteln, die ich gebraucht, sind alle ohne Erfolg geblieben, und meine einzige Hofnung ist jetzt noch auf den Brunnen in Ems gerichtet, wohin ich Anfang Juni reißen will ... Raupachs ‚Schleichhändler‘ machen großes Glück, ein ächter origineller komischer Karakter der Bader Schelle.“ - Das Lustspiel „Der Kammerdiener“ war ein großer Publikumserfolg; es wurde in Berlin von 1828 bis 1878 insgesamt 112 mal gegeben. - „Mathilde, oder Der letzte Wille einer Englände rin“ war eine Übersetzung P. A. Wolffs aus dem Französischen; sie hatte erst im Februar 1829 Premiere und erlebte nur 2 Aufführungen. Das Drama „Gabriele“ war eine Übersetzung I. F. Castellis aus dem Französischen. - Wolffs Erkrankung war ernsten Charakters (vermutlich Kehlkopfkrebs): er starb 4 Monate nach Abfassung dieses Briefes. - Beigegeben: Amalie Wolff, die Witwe des Künstlers, Weimarer und Berliner Hofschauspielerin (1780-1851). Eigh. Brief m. U. „Amalie Wolff“. 2/3 S. Gr. 4to. Berlin 24.IV.1843. - Vermutlich an Johann Valentin Teichmann, dem sie mitteilt, daß „ein heftiger Katarrh“ sie daran hindere, in den nächsten Tagen aufzutreten. Bittet ihn, „diesen unangenehmen Fall“ und ihr Bedauern dem Generalintendanten (Carl Theodor von Küstner) zu melden.
2369* - Zelter, Carl Friedrich, Berliner Komponist und Baumeister, Leiter der Singakademie, langjähriger Freund Goethes (1758-1832). Eigh. Schriftstück mit U. „Carl Friedrich Zelter, Königl. Professor“. 1 S. Schmal-quer-8vo (ca. 9 x 20 cm). Berlin 7.VIII.1817. 450 € „Zugleich ist damit einbegriffen daß der Endes unterzeichnete gleichfalls keine weitere Forderung an die Witwe Langbein bis heuttigen dato zu machen hat und machen wird ...“. - Abschnitt von einem Rechnungsblatt mit vertikalen Rubrikenlinien.
2370 Griepenkerl, Robert, braunschweigischer Dramatiker, Erzähler und Kunstkritiker (1810-1868). 2 eigh. Briefe m. U. „Griepenkerl“, der eine auch mit Adresse und Siegel. Zus. 3 S. Mit 1 Umschlag. 4to. Braunschweig 20. und 25.I.1856. 300 € An den Oberregisseur F. W. von Kawaczynski am Gotharer Hoftheater, der Griepenkerls Drama „Robespierre“ unter dem Titel „Dantons Tod“ in Gotha inszenieren will, das 1852 in Braunschweig uraufgeführt worden war. Griepenkerl nimmt regen Anteil an dem Vorhaben und berät Kawaczynski u. a. bei der Rollenbesetzung: „... Würden mich zu größtem Dank verpflichten, wenn ich so schleunig als möglich einige Andeutungen über die Besetzung von ‚Dantons Tod‘ erhalten könnte. Wer ist die dritte Dame? Lucile u. Therese sind gleich wichtig. Lucile ist sehr wichtig für die wirksamste Stelle im dritten Akt. Für Lucile würde ich die talentvollste Schauspielerin wählen. Frl. Ehrenbaum? Ich glaube fast. Therese declamirt - das ist leicht. Fr. v. Hagen muß die Louise spielen ...“. Bittet nochmals um Erfüllung seines Wunsches, da er „dann den einzelnen Darstellern Zusendungen machten möchte, die sie unterstützen ...“. - Mit dem zweiten Brief sendet er seinen Entwurf des Theaterzettels für Gotha. „... Ich denke, die Fassung dessel-
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ben findet Ihre Billigung. Die Rolle der Eleonore Duplay bitte ich zu streichen, da Simon Duplay für die kleine Situation vollständig hinreicht. - Noch erlaube ich mir, Ihnen einige Exemplare des Robespierre zuzusenden, welche für diejenigen Darsteller bestimmt sind, die von den früher eingesandten keines erhalten ... Für Sie selbst bin ich so frei ein Exemplar meiner gesammelten dramatischen Schriften beizulegen. Die Schrift von Palleske bietet manches was der Scenerie behilflich sein kann ... Ich denke, wir erzielen eine vortreffliche Darstellung ...“. Geht nochmals auf Besetzungsfragen ein und schließt mit der Ankündigung: „... Am 8ten Feb. denke ich einzutreffen. Am 9ten wünschte ich das Stück dem Personale vorzulesen, am 10 oder 11 Leseprobe zu halten ...“. - In beiden Briefen ist von „Dantons Tod“ die Rede, obwohl es sich, schon auf Grund des Personals, um Griepenkerls „Robespierre“ handeln muß. Büchners geniales Drama wurde zwar 1835 veröffentlicht, aber erst 1902 in Berlin uraufgeführt. Dennoch hat früher ein bekanntes Auktionshaus die hier vorliegenden Briefe auf Büchners „Dantons Tod“ bezogen!
2371 Gütersloh, Albert Paris (eigentl. A. C. Kiehtreiber), österr. Maler und Schriftsteller, gilt als geistiger Vater des „Phantastischen Realismus“ (1887-1973). Eigh. Postkarte m. U. „Gütersloh“. 1 S. (Wien) 2.II.1937. 180 € An den Lyriker, Übersetzer, Herausgeber und Publizisten Dr. Ernst Schönwiese (1905-1991) in Wien. „... bis gestern Montag abends ist der Aufsatz Blei‘s über mich leider noch nicht in seinem Besitz gewesen. Ich bitte Sie herzlichst denselben entweder sofort zur Expedition zu bringen, daß er noch heute bei B. eintrifft oder, wenn irgend möglich, vielleicht gegen 6 h abends im Henslerhof deponieren zu lassen (für Blei). Es wäre sonst das rechtzeitige Erscheinen in Frage gestellt und mir liegt aus gewissen Gründen sehr viel an einer öffentlichen Stimme zu dem an sich recht traurigen Anlaß ...“.
2372 Gutzkow, Karl, bedeutender liberaler Schriftsteller, Dramatiker, Kritiker und Publizist, dem Jungen Deutschland nahestehend, Förderer Georg Büchners (1811-1878). Eigh. Brief m. U. „Gutzkow“. 2 S. Gr. 8vo. Dresden 5.V. 1853. 180 € Als Herausgeber der „Unterhaltungen am häuslichen Herd“ (Briefkopf) an einen „Herrn u. Gönner“, der ihn auf mögliche Stoffe und Beiträge aufmerksam gemacht hatte. „... Das Tischrücken ist so von dem Tischklopfen verdrängt worden u. beide Fragen bei der großen Mehrzahl wieder von der Vernunft, daß ich eigentlich nicht mehr auf diesen Gegenstand zurückkommen möchte. Auch hat die Mittheilung aus dem ‚Cos mos‘ ein etwas zu altes Datum. - Einige der hervorragendsten Parthien über die Pendelbewegungen, die Irritation des Auges u. mehres von dieser Parthie möcht‘ ich auszugsweise geben ...“. Erwähnt Artikel von Heinrich Porges und Berthold Auerbach und beklagt: „An populär wissenschaftlichen Beiträgen leid‘ ich großen Mangel ...“.
2373 Halbe, Max, Schriftsteller, anfangs dem Naturalismus, später der Neuromantik nahestehend, verkehrte in München mit vielen Schriftstellern und Künstlern (1865-1944). Eigh. Brief m. U. „Max Halbe“. 2 S. Gr. 4to. München 11.VI.1895. 150 €
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An den Schriftsteller, Theaterkritiker und Direktor des Lessing-Theaters in Berlin, Oscar Blumenthal (1852-1917), dem er zwei seiner Dramen übersendet. „... Ich sende Ihnen anbei meine beiden Dramen ‚Freie Liebe‘ und ‚Eisgang‘ u. werde den ‚Emporkömmling‘ nachfolgen lassen, sobald ich mir wieder Exemplare habe kommen lassen. Es sollte mich freuen, wenn sich das ein oder andre von diesen Stücken für die Bühne gewinnen ließe. Was den ‚Eisgang‘ anbetrifft, so habe ich niemals die Hoffnung aufgegeben, daß seine Stunde noch einmal schlagen würde, u. gebe sie auch jetzt nicht auf, ehe ich nicht von seiner Bühnenunmöglichkeit überführt bin. Für die Aufführung würde es nach meiner Ansicht nur einer Milderung des plattdeutschen Dialects u. der Einfügung einer den Selbstmord Hugos noch deutlicher motivirenden Anfangsscene im IV. Act bedürfen. - Freie Liebe wird sich für die Bühne wohl schwerer ermöglichen lassen, doch mögen Sie selbst darüber urtheilen. Manches ist daran, was ich heute noch unterschreibe, u. scenenweise steckt wohl auch Theaterwirkung drin. Sollte sie sich heraus holen lassen, so würde mich das grade bei diesem Stücke, meinem Schmerzenskinde, noch besonders freuen ...“. - Unter Oscar Blumenthals Direktion ist nie ein Stück von Max Halbe aufgeführt worden.
2374 Hammer-Purgstall, Joseph Frhr von, österr. Diplomat und Orientalist, Begründer der wiss. Osmanistik (1774-1856). Eigh. Manuskript. 1 S. Auf grünem Papier. Quer-8vo. O. O. u. J. 200 €
2375 Hartlaub, Geno, Schriftstellerin (1915-2007). - Hartlaub, Gustav Friedrich, ihr Vater, Kunsthistoriker, Assistent Paulis in Bremen, später Direktor der Mann heimer Kunsthalle, Professor in Heidelberg (1884-1963). Brief m. U. „Hartlaub“. 2 S. Heidelberg 22.XI.1949. 150 € An den Hamburger Regierungspräsidenten Dr. R. Johannes Meyer, der sich intensiv für Hamburger Kunst und Künstler einsetzte. Ausführlich über Hartlaubs Tochter, die Schriftstellerin Geno Hartlaub, ihre wirtschaftliche Situation und ihre Verhandlungen mit verschiedenen Verlegern (Rowohlt, Stomps, Zeitschriften). Interessantes zu ihrer lite rarischen Biographie und zu den Verhältnissen im deutschen Verlagswesen nach 1945. - Kleine Faltenrisse.
„viel Staub von der Seele gespült“ 2376 Hauptmann, Gerhart, Dramatiker und Erzähler, Nobelpreisträger (1862-1946). Eigh. Brief m. U. „Gerhart Hauptmann“. 2 S. Kl. 4to. Wiesenstein (Agnetendorf im Riesengebirge) 15.V.1902. 300 €
4 Verszeilen in arabischer Schrift, darunter die deutsche Übertragung: „Vernunft, Naturstein [?], Schlafarzney und Wangenglanz / der Schmerzen Cur, des Geistes Ruh, der Seelen Nahrung / Kraft der Natur, Werkzeug der Sprach‘ und Heiterkeit / abwehrend Gram, ausheilend Herz, und immergleiche Güte.“ Darunter, vermutlich von anderer Hand, aber mit derselben Tinte: „Hofrath Hammer Purgstall“.
An einen Baron, wohl in Berlin. „... Ich will Ihnen in Eile nur ein paar Worte senden und Ihnen sagen, wie lieb mir die paar Stunden Zusammenseins mit Ihnen gewesen sind, wie herzlich menschlich ich Ihr Wesen schätzen gelernt habe und wie ich hoffe, die Zukunft möge uns noch oft zusammen führen. - Im übrigen hat der 11te Mai wie ein frisches Bad auf mich gewirkt, mir viel Staub von der Seele gespült und merkwürdigerweise mir die Schläfrigkeit ausgetrieben, die alle meine Kräfte im Banne hielt. Urtheilen Sie also, ob ich Grund habe, Ihnen und allen Betheiligten dankbar zu sein! ...“. - Hauptmann war am 11. Mai in Berlin zu Gast beim Fürsten Lichnowski und dem Reichskanzler Bernhard Fürst von Bülow gewesen.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ nach Erfurt verreisten Freund, mit kurzen Nachrichten von sich. „... Der Komet [die 1830 von H. gegründete Zeitschrift] geht gut, noch besser wäre aber besser ... Führe Dich gut auf, sei brav u. ordentlich. Und komm wenn Du kannst. Wir wollen hier ein wenig fröhlich sein ...“. - Stark gebräunt; Siegel-Ausriss. - Der zweite Brief an seinen Verleger August Taubert jun. in Leipzig. „Ich erkannte Sie gestern nicht an der Stimme. Um Sie zu entschädigen, biete ich Ihnen einen 4. Bd. Zeitund Lebensbilder gratis an. Manuscript folgt hier bei; das fehlende muß ich Ihnen erst abschreiben. Von heut nach 2 Tagen erhalten Sie Mscript zum 2. Theile des Helden, doch bitte ich, sie gleich drucken zu lassen, denn dies allein treibt, ermuthigt, befeuert mich. Hätten Sie den zweiten Theil nicht ganz im Ms. verlangt, er wäre längst fertig. Mit Gottes Hilfe können wir Ende Juli doch fertig sein, denn im 3. u. 4. habe ich verhältnißmäßig weniger Neues zu thun, als im 1ten ...“. - Mit dem „Hel den“ ist die zweite Abteilung von Herloßsohns Buch „Böhmen von 1414 bis 1424“ gemeint, die den Titel „Der blinde Held (Joh. Ziška)“ trägt. Das insgesamt vierbändige Werk erschien 1841 bei Taubert. - Dieser zweite Brief ordentlich erhalten.
„Das deutsche Volk hat mich ausradiert“ 2379 Hesse, Hermann, Dichter, Nobelpreisträger (18771962). Konvolut von 21 masch. Briefen und sign. Typoskripten, 4 masch. Postkarten, 1 eigh. Brief und 2 eigh. Postkarten m. U. „Hermann Hesse“, „H. Hesse“ oder „H. H.“. Mit 8 signierten, teils integrierten Gedicht-Typoskripten. Zus. ca. 29 S. Mit 16 eigh. und 4 masch. Umschlägen. Meist gr. 8vo. (Montagnola) 1941-1955. 3.500 € 2376
2377 Hell, Theodor (d. i. K. G. Th. Winkler), einfluß reicher Dresdener Hoftheater-Sekretär, Bühnenautor und Publizist, Herausgeber von Taschenbüchern und der Dresdener „Abendzeitung“ (1775-1856). Eigh. Brief m. U. „Winkler“ und Adresse. 1 S. Gr. 4to. Dresden 16.II.1834. 90 € An den Oberlandesgerichts-Assessor Carl Friedrich Heinrich Straß (pseud. Otto von Deppen, 1803-1864) in Frankfurt a. d. Oder, dem er zur Verlobung oder Hochzeit gratuliert. „... Das Leben wird Ihnen nun noch klarer und reicher werden. Glück auf! - Der kleine Artikel über Sorau ist schon abgedruckt und die Leutchen dort werden sich wundern, daß wieder mal von ihnen die Rede ist. Senden Sie bald etwas über Frankfurt. Mit mir gehts im neuen Jahre ziemlich lebendig aber leider durch gedrängte Zerstreuungen minder thätig. Doch wird das mit dem Lenz besser werden ...“. - 1 Tintenfleck; Einrisse.
2378 Herloßsohn, Carl, Leipziger Schriftsteller, Publizist und Lexikograph (1802-1849). 2 eigh. Briefe m. U. „Herloßsohn“. Zus. 2 S. Jeweils mit Adresse. Gr. 4to.[Leipzig] 8.II.1836 und 5.VI.1840. 150 € Der erste Brief an den ihm befreundeten Kammergerichts-Assessor, späteren Berliner Kreisjustizrat Dr. Straß. Gut gelaunter Brief an den
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An die ihm befreundete Emilie Weisschedel in Baden-Baden. Freundschaftliche Briefe mit familiären Mitteilungen und den beim späten Hesse vorherrschenden Klagen über Krankheiten und Überlastung, aber auch mit bitteren Urteilen zur aktuellen politischen Entwicklung. Nach tröstenden Worten zum Tod ihres Mannes bemerkt Hesse am 31.Januar 1941: „... Wir haben hier auch Sorgen genug, von meinen drei Söhnen sind zwei fast immer beim Militär. Aber vorläufig und im Vergleich mit dem Schicksal Vieler, die mir nahestehen, sind wir noch geborgen ...“. Angehängt an diesen Brief ist das signierte Gedicht „Hei land“, datiert „Weihnacht 1940“. - Auch in den folgenden Kriegsjahren gibt der Dichter immer wieder Auskunft zur eigenen Situation und zu der seiner Familie und Freunde: „... Hier schicke ich Ihnen ein Bild, das mein jüngster Sohn Martin im Sommer 43 aufgenommen hat. Und auf der Zeichnung [als halbseitiger Briefkopf] sehen Sie mich beim Gartenfeuer, gezeichnet von [Gunter] Böhmer, nur bin ich längst nicht mehr so rüstig, die Zeichnung ist schon diverse Jahre alt. - Schlimm ist es meiner ersten Frau Mia [d. i. Maria Bernoulli] ergangen, der Mutter meiner Söhne. Sie lebte seit mehr als 20 Jahren in Ascona, wo sie ein kleines Haus besaß, und dies Haus ist im November völlig abgebrannt, ohne daß das Kleinste gerettet werden konnte. Für den Winter ist sie, sehr mühselig und kümmerlich, beim jüngsten Sohn in Bern untergekommen, dann muß man weiter sehen ... Als Autor bin ich in Deutschland jetzt so gut wie ausradiert; meine alten Bücher, aus deren Erträgnissen ich ja leben sollte, sind seit Jahr und Tag vergriffen; und die neuen muß ich, da man sie in Berlin nicht wünscht, in der Schweiz drucken lassen, was aber wenigstens den Sinn hat, daß einige meiner Bücher weiter existieren und nicht ganz aus der Welt verschwinden. Nun, das gehört zu der großen Zeit, in der wir zu leben das Pech haben; wollte man sie so heilig ernst nehmen wie sie sich selber nimmt, so wäre man schon längst nicht mehr am Leben [12.I.1943] ... Gern gebe ich Ihnen über meine Söhne und Enkel etwas Auskunft. Mein ältester Sohn, Bruno, ist Maler und Rahmenschnitzer (sein Brot ver-
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur dient er halb und halb mit beiden Berufen) er wohnt im Bernischen, ... ist mit einer dortigen Bauerntochter verheiratet und hat ein Töchterchen Christineli und einen Buben namens Simeli. Mein zweiter Sohn, Heiner, ist Dekorateur und Graphiker, lebt in Zürich und ist zum zweitenmal verheiratet. Aus der ersten, geschiedenen Ehe ist ein sehr schönes Kind namens Bimba da. Von der zweiten Frau hat er ein Söhnchen, noch nicht viel mehr als ein Jahr alt. Der dritte Sohn, Martin, lebt in Bern, ist Junggeselle, und bei ihm ist zur Zeit seine Mutter Mia Gast, seit sie abgebrannt ist ... Er war Architekt, und mit Leidenschaft bei seinem Beruf; aber als er dann in der Krisenzeit zwei und drei Jahre lang ohne Arbeit blieb, sattelte er zum Fotografen um, spezialisierte sich später auf das Aufnehmen von Kunstwerken, Plastiken, alten Teppichen, Möbeln etc., und ist als Spezialist für diese Sachen gefragt ... In Zürich beginnt nächstens der Satz und Druck meines Buches [„Das Glasperlenspiel“]; es gibt lästig viel Arbeit, lauter peinliche Augenarbeit, bei meinem alten Verleger wäre das beinahe ohne mich gegangen, während ich mich jetzt um alles kümmern muß [23.II.1943] ... Die politischen Dinge sehen Sie dort anders als ich, das war schon seit 1914 so, und darum habe ich mich ja auch politisch losgelöst. Am Menschlichen ändert das nichts [geschrieben unter dem signierten Gedicht-Typoskript „Wache Nacht“, datiert „Februar 1943“] ... Eine schlechte Nachricht kam letzte Woche: die Päckchen mit Kaffee und Schokolade, die ich vielen meiner Freunde schickte, werden von den deutschen Behörden nicht mehr zugelassen. Das ist sehr schade, ich hatte viele Freunde, die, ohne direkt in Not zu sein, doch Kaffee etc. sehr entbehrten und froh an den Sendungen waren [wohl Mai 1944] ... die 2 nächsten Verwandten meiner Frau, ihre einzige Schwester und ihr Mann, konnten zwar nach unendlichen Aufregungen mit unsrer Hilfe ihr Leben aus Rumänien retten, sonst aber nichts, sie sind nun heimatlos und brotlos und seit 3 Monaten bei uns, und bis heute sind unsere Bemühungen um ihre Zukunft um keinen Schritt weiter als am ersten Tag. Die Schweiz duldet, dass sie auf meine Kosten als Gäste noch eine Weile bleiben dürfen, weiter reicht das Entgegenkommen der Behörden nicht. Da der Schwager Jurist ist und aus Rumänien kommt, wird er schwer ein Land in der Welt finden, das ihn einlässt und ihm erlaubt zu arbeiten [wohl um 1945] ... Ich war wieder einmal 14 Tage Gast in Bremgarten, das in der ‚Morgenlandfahrt‘ eine Rolle spielte, sah dort auch zwei meiner Söhne mit ihren Frauen, u. brachte die 2 Gedichte mit [handschriftlich um 1944/45 unter: „Zwei Gedich te, im August 1944 im Schloß Bremgarten geschrieben: Beim Wiederlesen von ‚Heumond‘ und ‚Schön ist die Jugend‘. - Im Schloß Bremgarten“]. - Im Oktober 1947 hat Hesse endlich wieder Gelegenheit, sich frei über sein Verhältnis zu Deutschland nach den Gräueln des Nationalsozialismus zu äußern, und er nimmt eine ähnliche Haltung wie Thomas Mann ein: „... Es liegt mir vollkommen fern, in Deutschland für mich zu werben, oder gar den Behörden und Schulen nahezulegen, sie möchten mich in ihre Lesebücher aufnehmen. Vor 25 und 30 Jahren standen in fast jedem Lesebuch, wenigstens für die höhern Schulen, Sachen von mir. Das deutsche Volk hat mich dann ausradiert, und seine teutschen Modedichter an die Stelle gesetzt, und ich werde nie einen Finger rühren um das zu ändern. Man hat mich bespukt [sic] und beschimpft, die Verwandten meiner Frau gefoltert und vergast, mich um mein gesamtes Lebenswerk und um mein Brot gebracht, und nun erwartet man, dass ich freundlich lächelnd sage: ‚Kinder, alles ist verziehen‘, und gar noch darum ersuche, man möge mich im Lesebuch nicht vergessen! Nein, da haben Sie sich mein Verhältnis zu Deutschland doch falsch vorgestellt. - Dass der norddeutsche Thomas Mann Ihnen ferner steht als ich Süddeutscher, ist ja ganz begreiflich. Ich bin sehr mit ihm befreundet und begreife die harten und dummen Urteile über ihn nicht, er hat sich vollkommen richtig und würdig gehalten und verdient Hochachtung dafür, nicht Vorwürfe. Ende Juli war ich in Luzern nach langen Jahren endlich wieder einen Tag mit ihm zusammen, das gehörte zum Besten, was dies Jahr mir gebracht hat ...“ [5.X.1947]. Ferner über ein
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weiteres Treffen mit der Familie Mann, über bürokratische Hürden bei Hilfslieferungen und der Pass-Beschaffung in Deutschland, ein Begleitschreiben zu dem signierten Gedicht-Typoskript „Märzsonne“ (datiert „März 1948), eine Abschrift seines Briefes an die „Neue Rundschau“ zum 75. Geburtstag Thomas Manns und vieles andere. - Diverse Beilagen, darunter 1 weiteres, nicht signiertes Gedicht-Typoskript („Klage und Trost“), 2 Ansichts-Postkarten mit eigh. Gruß von Hermann Hesse, 2 Orig.-Porträtfotos des Dichters (1 signiert), 1 Ansichts-Postkarte von Gaienhofen sowie 2 eigh. Briefe von Mia Hesse an Emilie Weisschedel. - Das eine Porträtfoto mit Lichtflecken; 2 Briefe mit blauer Wasserfarbe diagonal durchgestrichen - vermutlich von der Zensurbehörde. - Biographisch interessantes Konvolut aus sorgenvoller Kriegs- und Nachkriegszeit; mit 8 signierten Gedichten. Abbildung
2380 - 3 Autographen. Gaienhofen und Radolfzell (1906) bzw. o. J. 200 € I. Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „H. Hesse“. 11/2 S. Gaienhofen (wohl um 1908). - An den Schriftsteller Alfons Paquet. „... Ich freue mich schon darauf, Sie wieder zu sehen u. von der Reise zu hören. Und der ‚März‘ freut sich, wenn Sie ihm etwas haben. - Mir hat die Operation
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ damals gut getan, doch bringe ich wieder manche Nachmittage beim Augenarzt zu, der mir bald die Augen mit Höllenstein auskratzt, bald den Tränenkanal mit einer Nadel schlitzt - lauter symbolische Handlungen ohne rechten Erfolg ... Meine Buben gedeihen ...“. - Die Bildseite der Karte zeigt eine farbige Ansicht von Gaienhofen. - Etwas tintenfleckig. - II. Eigh. Grüße m. U. „H. Hesse“ unter einem kurzen Brief von Alfons Paquet an seine Frau („... Heut nachmittag war ich mit Hesse auf der Ausstellung, wir senden Dir vergnügte Grüße ...“). - III. Eigh. Widmung „Zum 8. September von Hermann Hesse mit vielen Grüssen“ auf der ersten Seite von 8 Blättern aus der Zeitschrift Über Land und Meer. Oktav-Ausgabe (XXII, 13), die den Vorabdruck (1906) von Hesses Erzählung „Der Lateinschüler“ enthalten. An Marie Steinhausen in Mannenbach (Thurgau) als Drucksache verschickt in einem von Hesse beschrifteten Umschlag, der ursprünglich eine Sendung des Münchener Verlags Albert Langen an Hermann Hesse enthalten hatte.
Über die Aufnahme vom „Steppenwolf“ 2381 - Brief m. U. „Dein Hesse“ und aquarellierter Federzeichnung. 21/2 S. Gr. 8vo. Montagnola 11.VII.1927. 1.800 € An seinen Freund Reinhold Geheeb, den langjährigen, Mitarbeiter des Albert-Langen-Verlags und Redakteur des „Simplicissimus“. Dankt für Glückwünsche zum 50. Geburtstag und fährt fort: „... Das Schlimme an meinem Geburtstag war, daß der Haupt-Festkamerad, mein lieber Hugo Ball, mit dem und dessen Frau ich hatte feiern wollen, totkrank liegt. Grade am Geburtstag wurde er in Zürich operiert, und es steht bedenklich mit ihm. - Trotzdem haben wir dann (mit aus Bern gekommenen Freunden) in einer Wirtschaft ein Huhn gebraten und reichlich Wein dazu getrunken, nicht bloß Nostrano, sondern auch schönen alten Fendant, der früher mein Lieblingswein war, und es waren auch zwei junge Mädchen dabei, und Abends soll ich einen Schwips gehabt haben ... Der Klimbim in der Presse zu meinem Jubiläum war nicht sehr erschütternd, doch habe ich im Ganzen dennoch den Eindruck, daß langsam eine Ahnung von meinem wahren Gesicht und dem Sinn meines Treibens dämmert, daran hat wohl Balls Buch viel Anteil. Was mich enttäuscht, das ist die Haltung der Kritik in Bezug auf den Steppenwolf. Ich war auf einige wenige leidenschaftliche Verteidiger, im Ganzen aber auf bürgerliche Abwehr und auch auf heftige Angriffe gefaßt. Statt dessen ist alles von einem lauen gemäßigten Wohlwollen erfüllt, zum Kotzen. Und jeder eitle Journalist und jede literarische Tante entdeckt jetzt in sich plötzlich auch etwas wie ein Steppenwölfchen, und glaubt mir auf die Schulter klopfen und mit mir fraternisieren zu müssen ... Wie immer sind das Beste vom Sommer die Aquarellierstunden draußen. In Konstanz, wo neulich mit Getöse ein Hessefest (ohne Hesse) gefeiert wurde, sind zur Zeit 50 Aquarelle ausgestellt. Adieu, Geheeb, lieber Kerl, wir wollen gute Freunde bleiben, bis der letzte Zahn uns wackelt ...“. - In diesem Jahr war Hesses berühmtester Roman, „Der Steppenwolf“, bei S. Fischer in Berlin erschienen, desgleichen „Balls Buch“, nämlich die Monographie „Hermann Hesse. Sein Leben und sein Werk“ von Hugo Ball. - Das annähernd halbseitige Aquarell zeigt ein Dorf im Tessin. Formal wie inhaltlich ein sehr schöner und wichtiger Brief.
Erzählung vom gestürzten Judasbaum in Garten meiner frühern Wohnung. Diese Geschichte ist geschehen und geschrieben vor etwa 6 Jahren, vielleicht auch schon etwas länger. Sie erschien damals in einer Zeitung. Später erwarb ein Zweitdruck-Bureau das Recht, diesen Aufsatz, und auch andre, weiter als Nachdruck zu vertreiben. Diese Nachdrucke geschehen zwar mit meiner Erlaubnis, aber ich weiß von den einzelnen Abdrucken nichts. Sie sind übrigens zur Zeit meine einzige kleine Einnahme-Quelle. Wir haben noch immer schöne warme Sonne, strahlende Tage, ich arbeite täglich draußen. Die Nächte sind schon kalt, darum habe ich seit einigen Tagen geheizt, tagsüber wäre es nicht nötig. Das Befinden ist schlecht, viel Gicht und viel Augenschmerzen, oft tagelang ohne Pause ...“. - Die Unterschrift mit Bleistift geschrieben.
2383* - Brief m. U. „H. H.“ 11/4 S. Gr. 8vo. (Montagnola, August 1944). 450 € An Nora Schadow: „... Sie haben mir einen wunderbaren Zweig mit drei herbstlichen Blättern gesandt, und dazu einen so schönen Brief, einen Sonntagsbrief, geschrieben, daß ich Ihnen dafür danken muß. Ich tue es, indem ich von den vier Gedichten, die ich in diesem Jahr geschrieben habe, Ihnen die drei abschreibe, die Sie noch nicht kennen. Aus den beiden Augustgedichten sehen Sie, daß ich im Hochsommer noch einmal eine kurze, sehr schöne Zeit, bei alten Freunden, gehabt habe. Da klang köstliche Musik im hohen Rokokosaal, und bei Kerzen in offner Halle, dahinter die Gartensommernacht, saßen wir beim Wein, lauter Freunde, zwei meiner Söhne mit ihren Frauen dabei. Nachher freilich begann eine böse Zeit der Sorgen und des Schlechtgehens, in der bin ich noch drin und kann darüber nichts sagen als was in dem Oktobergedicht steht ...“. - Hesse spricht hier von seinem Besuch bei Max und Margrit Wassmer im Schloß Bremgarten im August 1944. - Die monogrammierte Unterschrift mit Bleistift geschrieben.
2384 Heyse, Paul, Schriftsteller, Nobelpreisträger, Haupt des Münchener Dichterkreises (1830-1914). Eigh. Postkarte m. U. „P. H.“. 1 S., eng beschrieben. S. Margherita Ligure 18.IV.1908. 120 € An den Philosophen Johannes Volkelt (1848-1930) auf Schloß Labers bei Meran. Er habe sich am Meer, wohin ihn seine Ärzte zur Kräftigung gesandt hatten, eine heftige Influenza geholt, so daß er sich nun in der Villa Armena zu erholen hoffe. „... Ihnen dort einmal zu begegnen und so recht con amore mit Ihnen Alles zu besprechen, was an Lebensfragen der Kunst uns beiden am Herzen liegt, ist eine Hoffnung, die doch einmal sich erfüllen muß. Wie unzulänglich ist das geschriebene Wort! ... In einigen Wochen sende ich Ihnen ein Buch, ‚Charakterbilder‘, von denen ein und das andere Sie hoffentlich interessiert. Es ist eine sehr gemischte Gesellschaft, keine voll ausgewachsenen Novellen, da in ihnen nicht die Handlung, sondern die Figuren, um die es mir zu thun war, die Hauptsache sind ...“.
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„Erlebnis des Marschalls von Bassompierre“ 2382* - Brief m. U. „H Hesse“. 1 S. Quer-gr. 8vo. (Mon tagnola 1934). 400 € An Nora Schadow in Kiel: „... Ich besitze ein nicht ganz so großes und prächtiges, aber ähnliches Insektenwerk aus der Zeit um 1770. Ich weiß nicht, wo Sie den ‚alten Baum‘ gefunden haben. Ich nehme an, es sei die
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2385* Hofmannsthal, Hugo von, österr. Schriftsteller (1874-1929). Eigh. Brief m. U. „Hugo Hofmannsthal“. 2 S. 8vo. (Wien, Herbst 1900). 600 € An Alfred Gold, Redakteur der Wiener Wochenschrift „Die Zeit“. „... nachdem wir in einem Austausch von Briefen im Monat Juni 1899 das
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ men. In sehr lieber Weise haben Sie sich mir dadurch aufs neue ins Gedächtnis gerufen ...“. Versichert ihn seiner „Freude über die Stetigkeit einer reinen Teilnahme“. - Leichte Faltspuren.
2388 Holtei, Carl von, aus Breslau stammender Dichter, Erzähler, Schauspieler, Regisseur, Rezitator und Theaterleiter (1798-1880). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „C E v Holtei“. 3 S. Gr. 4to. O. O. (ca. 1840). 120 € „Gäste und Kinder“. 9 Strophen zu je 4 Zeilen. „Der Chinese sagt, - und ich wette drauf, / Sein Ausspruch gilt für uns nicht minder! - / ‚Nimm Deine Gedanken wie Gäste auf, ‚ / ‚Doch Deine Wünsche behandle wie Kinder.‘ - Welch tiefes Wort! Wie reich an Sinn! / Gedanken sind nur Gäste auf Erden, / Sie bleiben des Geistes ew‘ger Gewinn, / Sie sollen mit Ehrfurcht empfangen werden ...“. - Randläsuren; Faltenrisse alt unterlegt. Abbildung
2389* - Eigh. Brief m. U. „C v Holtei“. 3 S. Gr. 8vo. Schloß Grafenort (Niederschlesien) 16.IV.1836.
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Honorar für die Novelle ‚Erlebnis des Marschalls von B.‘ auf 100 fl. = 200 Kronen festgesetzt haben, muß ich es als einen Irrthum von Seite[n] der Administration ansehen, daß mir heute die Summe von Kr. 175 angewiesen wurde ...“. - Die Novelle, in der Bassompierre die Geliebte durch die Pest verliert, ist ein Meisterwerk von Hofmannsthals philosophisch durchdachter und künstlerisch bildhafter Prosa. Sie erschien erstmals im Herbst 1900 in der „Zeit“.
2386* - Eigh. Brief m. U. „Hofmannsthal“. 2 S. Doppelblatt. Kl. 4to. (Rodaun 20.VI.1908). 450 € An den Schriftsteller Arthur Schurig (1870-1929): „... vielen Dank für die Lespinasse. Ich freue mich sehr, dass Sie unserer Correspondenz gerne und freundlich gedenken. Bewahren Sie mir weiter diese Gesinnung - die mir zu den Dingen gehört deren Wert in der Münze des ‚Litteratur‘-verkehrs gar nicht zu berechnen ist, weil es eben andre Münze ist ...“. - Schurig hatte 1908 die Liebesbriefe der Julie de Lespinasse (17321776) für den Georg Müller-Verlag in München übersetzt. - Kleine Randeinrisse; das Datum von anderer Hand eingesetzt.
2387 - Eigh. Brief m. U. „Hofmannsthal“. 1 S. Gr. 4to. Rodaun 8.VI.1926. 600 € An den Schriftsteller Will Scheller. „... Sie konnten mir nichts Lieberes tun als dass Sie in dieser Weise sich dieses Teils meines dichterischen Daseins gegen Missurteile annehmen, die zum größten Teil aus der Trägheit des Denkens, zu einem Teil auch aus der Missgunst herstam-
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An einen jungen ungenannten Schauspieler, den er zu bewegen sucht, nach Grafenort zu kommen, wo sein Gönner Graf Johann Hieronymus von Herberstein 1816 ein Privattheater im Schloß eingerichtet hatte: „... Ich bin glücklich mit meinem Kleeblatt in Gr. angelangt u. habe die jungen Herrn auch, wenigstens erträglich logirt, im Dorfe unterbringen können. Morgen wollen wir dann zum Erstenmale los schießen. Graupe, den wir hier Raabe nennen, ist ohne Zweifel der Gebildeste von allen, u. scheint auch die meiste geistige Anlage zu haben. Rander‘s mag es, außer den Zähnen, auch noch an manchen andern Gaben fehlen, indessen einem geschenkten Gaul, sieht man nicht in‘s Maul. Franke, hier Ranke genannt, mag wohl Talent haben. - Wir wollen nun seh‘n das was ich eigentlich am allernöthigsten gebraucht hätte , - ein feiner, eleganter Liebhaber, fehlt halt noch immer. Und da Bonus gerade das nicht ist, (wiewohl Graupe ihn übrigens sehr lobt) so dürfte es gerathen seyn, ihn für‘s Erste noch nicht ... zu berufen, da wir ohnedies mit unseren oeconomicis noch nicht ganz klar sind. Ihnen, mein werther junger Freund, wiederhole ich nun schriftlich den herzlichen Dank für Ihre gefälligen Bemühungen u. erkläre mich bereit, zu jeden Gegendiensten, den Sie irgend wo? u. wie? von mir begehren wollen. Am liebsten freilich, wäre es mir, Sie könnten sich auf einen Monat loseisen u. zu uns kommen ... Versuchen Sie‘s doch einmal mit Carln [dem Wiener Theaterdirektor Carl Carl] zu reden? - Wegen einer Absage, kann er Ihnen ja den Kopf nicht abreißen ... Auf jeden Fall rechne ich darauf, eine Zeile von Ihnen zu bekommen, die mir sagt: ob ich vielleicht die Freude haben soll, Sie hier zu sehen? Ich würde Ihnen dann recht ausgesuchte Rollen vorbereiten, in Stücken welche, rebus sic stantibus nicht gegeben werden können ...“. - Der Schauspieler Adolf Franke (1815-1895) begann 1836 in Grafenort seine Bühnenlaufbahn. Holtei veröffentlichte 1841 „Briefe aus und nach Grafenort“. In seinem Roman „Der letzte Komödiant“ hat Holtei das Theaterleben in Grafenort lebendig geschildert. - Gebräunt und im Falz eingerissen.
2390 - Eigh. Brief m. U. „H“. 11/2 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelresten. Gr. 4to. Hannover 18.IV.1847. 150 € An den Intendanten des Braunschweiger Hoftheaters, Dr. Karl Köchy. „... Daß ich wieder nach Braunschweig kommen u. den Weg in jene
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Welt nicht antreten würde, ohne vorher noch ein paar Abende in alter Weise mit Euch zugebracht zu haben, das hatt‘ ich ja versprochen. Aber daß ich kommen sollte, nur um auf dem Seile zu tanzen, hätt ich mir damals nicht träumen lassen u. es ist eine Tollheit, zu der mich mein alter Kettl [der Schauspieler Georg Kettel] verleitet. Gott verzeihe mir den Unsinn! Jetzt kann ich nicht mehr zurück. - Ich lasse Köchy bitten, die Uhlanen gut zu besetzen: Heimann u. Bercht spielen mir zu Gefallen gewiss die beiden Sidlonatzki u. Lipowski. - Kunst, Manitzki u. s. w. ... Ich komme so rasch ich kann, damit wir einige Scenenproben vorher machen können. Denn wenn das nicht in einander greift, ist‘s nichts. Hoffentlich hat Kettl das Buch, worin die neue Umarbeitung steht von Theodor Gassmann entliehen. Die Rollen müssen nothwendig ganz neu ausgeschrieben werden, sonst giebt‘s Konfusion. Auch [Fanny]
Mejo muß nachlernen. Die Einlagen für die Partitur bring‘ ich mit ... Vielleicht kann ich dann nach dem Regisseur Benefiz noch ein- oder zwei-mal öffentl. lesen? Das wird sich finden ... Emil Devrient grüßt u. ich empfehl mich den holden Schwestern, Maxen, Schröder‘n, Schmalz, Hopfen etc. ...“. - Holtei, der eigentlich nur noch als Rezitator auftrat, war in Hannover von Emil Devrient und seinem alten Freund Georg Kettel gebeten worden, bei einer Braunschweiger Benefizvorstellung für die Regisseure Georg Kettel und Theodor Gassmann noch einmal als Schauspieler mitzuwirken, und zwar in der Rolle des Thaddäus in Holteis erfolgreichem Drama „Der alte Feldherr“. Er sagte voreilig zu, bekam dann aber viele Bedenken und heftiges Lampenfieber. Doch der Erfolg war groß, und Holtei wurde vom Braunschweiger Publikum gefeiert.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2391 - Eigh. Brief m. U. „Holtei“. 4 S. Gr. 8vo. Graz (Steiermark) 1.III.1860. 150 € An Ernst August Hagen, Literatur- und Kunsthistoriker sowie Publizist in Königsberg (Pr.), der ihm über den Leipziger Buchhändler Weigel ein umfangreiches Manuskript zur Prüfung übersandt hatte. Holtei zeigt sich, trotz „alter Anhänglichkeit“, ablehnend: „... Weder ich, noch diejenigen meiner hiesigen Freunde, denen ich ein gediegeneres Ur theil zutraue als mir selbst, konnten zu einer Anschauung Ihres Werkes gelangen, welche mich berechtiget hätte, dasselbe Herrn Kober für seine buchändlerischen Zwecke entschieden zu empfehlen. Ich habe ihm deshalb vorsichtig geschrieben, und meine Anfrage dahin gestellt: ob ich das Manuskript eines gelehrten Freundes zuschicken solle ...“. Zitiert dann die Absage des mit Material überhäuften Verlegers, fragt, ob er das Manuskript nach Leipzig zurücksenden solle, und fährt fort: „... Nach meiner individuellen Ansicht - (mit welcher ich von Herzen gern Unrecht haben möchte!) - werden Sie keinen Verleger dafür finden ... ich bin sonst ein dankbarer Leser - und als solcher muß ich eingestehen: das Buch fesselt nicht! Da nun nicht für die Köche, sondern für die Esser gekocht wird, wo es sich um Unterhaltungslektüre handet, so fürchte ich, die Buchhändler werden sprechen wie ich ...“. - Tatsächlich ist als einziges Buch Hagens nach 1860 nur noch eine Biographie Max von Schenkendorfs (1863) bekannt. - Etwas gebräunt.
2392 Holz, Arno, Lyriker, Dramatiker und Satiriker, Vorkämpfer des literarischen Naturalismus (1863-1929). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Arno Holz“. 1 S. (Bleistift). Nach Holz‘ Art symmetrisch auf die Mittelachse des Blattes geschrieben. Folio. O. O. u. J. 450 € „Phantasus“: „Unter dunklen, treibenden Novemberwolken / verdämmert die Heide. / Gebückt / am Wegrand, / sitzst du und starrst / auf deine welken Hände. / Pulst noch dein Blut? ...“. 16 Zeilen. Am Schluß, mit Rot- und Bleistift: „(herzlich grüßend) Arno Holz“. Darunter ein eigh. Korrektur-Hinweis, wohl zu einem früheren Blatt. - Das Ganze von anderer Hand mit Hinweisen (Tinte) für den Setzer versehen: „Name über dem Titel, Schrifttype Cicero, Korpus versal, Korpus compress“ etc. - Die „Phantasus“-Sammlung hat der Dichter bekanntlich von 1898-1925 in immer neuen, veränderten und erweiterten Versionen herausgebracht.
2393 - Teilweise eigh. Gedicht-Manuskript. 1 S. Bleistift und aufgeklebte Druckfahnen, nach Holz‘ Art symmetrisch auf die Mittelachse des Blattes geschrieben und geklebt. Folio. O. O. u. J. 450 € „Drei Tage lang / fiel in den Fluss Fu ein Regen von Pfirsichblüten. / Im blühenden Bambus / schrien, schwirrten und kletterten Papageien, Reißvögel und Purpurfinken ...“. Die sehr kleine Handschrift sechs Mal unterbrochen durch insgesamt sieben dazwischen montierte Ausschnitte aus Druckfahnen. Sie sind dem angestrebten zentralperspektivischen Druckbild angepasst und symmetrisch auf die Mittelachse geklebt. Es handelt sich um eine stark erweiterte und veränderte Fassung der im zweiten „Phantasus“-Heft gedruckten Dichtung. Abbildung Seite 31
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2394* Hormayr zu Hortenburg, Joseph Freiherr von, österr.-bayer. Politiker, Historiker und Publizist, Herausgeber des „Taschenbuchs für vaterländische Geschichte“ (1781-1848). Eigh. großes Albumblatt m. U. „Joseph Freiherr von Hormayr-Hortenburg, k. bayrischer Minister b. d. freien Hansestädten.“ 1 S. Briefkopf mit einer lithogr. Ansicht der „neuen grossen Weserbrücke in Bremen“. Gr. 4to. Bremen 14.III.1843. 300 € Ein vierzeiliges Gedicht und zwei Sinnsprüche, dekorativ unter die Bremen-Ansicht gschrieben. „Und sengte Dich niemals die himmlische Glut | Und tauchtest Du nie in die selige Fluth, | So hast du nicht Freud, nicht Entsetzen gekannt, | Warst nimmer den höheren Mächten verwandt! - Ach, wer den Besten seiner Zeit genug gethan, | Der hat gelebt für alle Zeiten. - Das Staatsleben ist wie ein Strom, nur in fortge hender Bewegung herrlich. - Wenn der Strom steht, wird er Eis oder Sumpf. - Nur, wo Licht und Wärme, da ist - Leben!“ - Mit breitem lithogr. Briefkopf und schöner Ansicht von Bremen über die Weser. - Der Tiroler Hormayr trat 1828 in den bayerischen Staatsdienst ein, wurde 1832 Ministerresident in Hannover und 1837-1847 bayerischer Geschäftsträger bei den Hansestädten in Bremen. - Kleines Löchlein. Abbildung
2395 Huch, Ricarda, Schriftstellerin, Dichterin und Historikerin, 1892 als eine der ersten Frauen in der Schweiz promoviert (1864-1947). Eigh. Brief m. U. „Ricarda Huch“ . 13/4 S. Auf gelbem Papier. Gr. 4to. München 20.I.1924. 250 € An die österreichische Germanistin, Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Christine Touaillon, die ihr vor längerer Zeit eines ihrer Werke übersandt und jetzt nach Braunschweig geschrieben und nachgefragt hatte. „... Ich bin schon seit 1910 wieder in München ansässig, halte mich aber oft bei meinem ersten Mann, dem Vater meiner Tochter, in Padova auf ... Ja, es ist wahr, ich habe Ihr Buch noch immer nicht gelesen, obwohl ich von vornherein überzeugt war, u. bin, dass es gut u. interessant ist. Seit Jahren lege ich so vieles zurück für eine Zeit der Muße, u. sie kommt nie. Auch die Zeit zum Arbeiten, was mir noch das wichtigste ist, muss ich mir tropfenweise erobern. Dann möchte ich durchaus nicht immer nur schreiben u. lesen, sondern persönlichen Umgang pflegen, u. um das zu erreichen, muss ich eine unsägliche Kraft verschwenden. Vielleicht ist das bei Ihnen anders u. Sie können es sich garnicht vorstellen. Wenn man einen Mann hat, der im Beruf ist, oder gar selbst irgend einen Beruf ausübt, ergeben sich die Beziehungen von selbst, mir fehlt das ... Auch das kleine Drama, das Sie mir zuschickten, habe ich noch nicht gelesen, ich gebe aber von vornherin die Erlaubnis zur Aufführung, überhaupt muss es gut sein, wenn Sie es finden. Vermutlich gehört auch die Erlaubnis des Verlegers dazu? ...“.
2396 Huchel, Peter, Lyriker, Hörspielautor und Publizist (1903-1981). Brief m. U. „Ihr Peter Huchel“. 1 S. Mit Briefkopf „Sinn und Form. Beiträge zur Literatur“. Gr. 4to. Potsdam 7.I.1958. 400 € Als Chefredakteur von „Sinn und Form“ an Dieter Struß vom Bertelsmann Verlag in Gütersloh, der sich eine Porträt-Fotografie zur Veröffentlichung erbeten hatte. „... Inzwischen habe ich das Hundebild, von
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur dem ich Ihnen schrieb, gefunden; ich bin aber dagegen, daß dieses gebracht wird. In der Anlage sende ich Ihnen aber - wie versprochen eine Aufnahme aus allerletzter Zeit, Herbst 1957 ... Auf alle Fälle füge ich das Negativ bei sowie zwei Abzüge, einen hellen und einen dunk leren. Ich glaube, daß ein besserer Photograph aus dem Negativ noch mehr herausholen könnte ...“. - Mit Eingangsstempel. - Beiliegend ein Zeitungsausschnitt mit der Meldung, daß Huchel in den Westen ausreisen durfte. - Gelocht. - Selten.
2397* Hugo, Victor, franz. Dichter und Politiker, Hauptvertreter der frz. Romantik, Mitglied der Académie Française und Pair de France (1802-1885). Eigh. Brief m. U. „Victor Hugo“. 2/3 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Paris 7.VI.1849. 800 € „Monsieur, j‘ai le regret profond de pas pouvoir assister à la conférence donc vous m‘entretenez, mais j‘accepte la présidence d‘honneur que vous voulez bien m‘offrir. Croyez, je vous prie, à ma très sincère cordialité. Victor Hugo.“ - Der Dichter hielt dann aber doch die Eröffnungsrede beim Friedenskongress „Congrès de la Paix“ am 21. August 1849. - Kleiner Faltenriss.
2398* Huxley, Aldous, engl.-amerikan. Schriftsteller, weltberühmt durch seinen Überwachungsstaats-Roman „Brave New World“ (1894-1963). Eigh. Brief mit U. „Aldous Huxley“. 2/3 S. Luftpost-Faltbrief mit rückseit. Adresse. Folio. Los Angeles 29.IV.1963. 300 € An den Germanisten und Übersetzer Otto F. Best (1929-2008), von 1960 bis 1968 Cheflektor beim Piper-Verlag: „... Thank you for your letter, which I passed on to my wife - who in turn communicated with Mr Straus of Farrar & Straus, through whom, I understand, all arrangements for translation rights are being made ...“. - 1963 erschien bei Piper Huxleys Essaysammlung „Literatur und Wissenschaft“. „my wife“: Laura Huxley, 1911-2007. - „Mr Straus“: Roger W. Straus, 1917-2004.
„ein Raub anderer Menschen“ 2399 Jacobi, Friedrich Heinrich, Philosoph, Jurist, Kaufmann und Schriftsteller (1743-1797). Eigh. Brief m. U. „Jacobi“. 1 S. 4to. Hamburg 19.XII.1797. 900 € An einen „theuersten Freund“ (Claudius? Klopstock?), dem er eine Aristoteles-Ausgabe von Isaac Casaubon sendet. „... Es ist aber eine andre Ausgabe als die meinige, und die Seitenzahlen und Randbuchstaben stimmen nicht zusammen; die Bücher- und Capitelabtheilungen aber sind dieselben. Ich lege die Uebersetzung von [Daniel] Jenisch, u. einen alten Woldemar, den Sie behalten dürfen, bey. Ich bleibe diese Nacht in Altona, und besuche Sie, wenn nicht Umstände es unmöglich machen, morgen Vormittag. Sie hätten die Bücher schon eher erhalten, wenn ich nicht alle diese Tage, mir selbst ganz entzogen, ein Raub anderer Menschen und ihrer Anliegen gewesen wäre.“ - Daniel Jenischs kommentierte Übersetzung der Zehn Bücher der Ethik von Aristoteles waren 1791 in Danzig erschienen.
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2400 Jandl, Ernst, österr. experimenteller Lyriker, Büchner-Preisträger (1925-2000). Eigh. Gedicht-Manuskript m. U. „Ernst Jandl“ und Datum 1 S. Gr. 4to. (Wien) 31.VIII.1976. 180 € „während“. 9 Zeilen: „Im Anfang / die Erde / war wüst / und leer // aber blühend / und voll / wird sie sein // während du / sie verläßt.“ - Beiliegend ein kurzer eigenhändiger Begleitbrief m. U. „Ernst Jandl“, Wien 18.IX.1976. - Jandl nahm das Gedicht mit diesem Entstehungsdatum in die Sammlung „die bearbeitung der mütze“ (1978) auf. Abbildung Seite 34
2401* Jünger, Ernst, Schriftsteller, Offizier und Entomologe, einer der international meistgeehrten, gleichermaßen umstrittenen wie bewunderten dt. Autoren (18951998). Eigh. Brief m. U. „Ernst Jünger“. 3/4 S. Auf gelbem Papier. Gr. 4to. Wilflingen 19.III.1975. 180 € An Herrn Singer: „... Mich hat‘s jetzt auch erwischt; ich liege mit einer bösen Grippe im Bett. Bin trotzdem unruhig über das Ergebnis Ihrer Operation. Ich hoffe, dass sie gelungen ist und dass Sie mit guten Aussichten zurückkehrten ...“. - Gelocht, dennoch dekorativ.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ erweckt gewecktg wird ...“. Er schlägt eine Änderung der Statuten vor, ohne jedoch das Ergebnis der Wahl vorläufig aufzuheben. Die fünf angeschriebenen Autoren stimmen Busses Vorschlägen weitgehend zu. Richard Dehmel schreibt: „Herr Busse befürchtet selber, daß ‚der rein materielle Standpunkt gar zu ausschlaggebend‘ werden könnte. Die Zusammensetzung des Komitees bietet die einzige Möglichkeit, im Kartell einen Wert zu repräsentieren, der über den schnöden Marktwert hinausweist. Wie dem auch sei, tatsächlich ist Mombert jetzt gewählt, und die nachträgliche Aufhebung eines Majoritätsbeschlusses würde zu übeln Sitten führen. Ich bleibe bei meinem Votum für Mombert, habe aber nichts dagegen, daß bei einer künftigen Wahl nach Herrn Busses Vorschlag verfahren wird. Übrigens ist es noch gar nicht sicher, daß Mombert die Wahl annehmen wird.“ - Gustav Falke schließt sich Dehmel an, während Arno Holz dafür plädiert, sofort nach Busses Vorschlägen zu verfahren und das Wahlergebnis aufzuheben. - Paul Heyse und Hugo von Hofmannsthal pflichten wiederum Dehmel bei. Hofmannsthal bemerkt: „Bin für die Zukunft durchaus einverstanden, in vorliegendem Fall scheint mir zur Aufhebung des (wenn auch internen) Majoritätsbeschlusses denn doch Einstimmigkeit erforderlich, die ja vielleicht herbeigeführt werden kann ...“. - Leichte Gebrauchsspuren. Abbildung
2403 Kasack, Hermann, Schriftsteller, Lektor bei Kiepenheuer, S. Fischer und Suhrkamp, Mitbegründer des dt. PEN-Zentrums (1896-1966). 2 Briefe m. U. „Kasack“. Zus. 21/2 S. 4to. Potsdam 9. und 24.IX.1929. 200 €
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2402 Kartell lyrischer Autoren (gegr. 1902). Zirkular des Vorstands-Komitees, mit den eigh. Stellungnahmen und Unterschriften von Carl Busse, Richard Dehmel, Gustav Falke, Arno Holz, Paul Heyse und Hugo von Hofmannsthal. 31/4 S. Folio. Friedrichshagen bei Berlin, München und Rodaun 11. - 21.III.1910. 1.500 € Der Lyriker Carl Busse wendet sich in einem ausführlichen Schreiben an die Mitglieder des Vorstands-Komitees, weil nach dem Tod Otto Julius Bierbaums die Neuwahl eines Vorstandsmitglieds erforderlich geworden war, bei der mit vier gegen zwei Stimmen Alfred Mombert gewählt worden war. Busse als konservativer Lyriker ist der Meinung, daß mit dieser Wahl und den aufgestellten Kandidaten dem Kartell eine literarische Tendenz verliehen worden sei, die mit dem rein wirtschaftlichen Zweck der Vereinigung nicht im Einklang stehe. „... Es sind nun zuletzt die drei Herren Mombert, Morgenstern u. Paquet aufgestellt worden. Vier Komité-Mitglieder haben für Mombert gestimmt, ein Mitglied hat sich der Stimme enthalten, weil ihm alle drei Herren unbekannt seien [!], ein andres hat gegen alle drei Kandidaten Widerspruch erhoben. Dieser Widerspruch ging von mir aus. Er wurde erhoben, und ich halte ihn vorläufig aufrecht weil die Nominierung der genannten drei Kandidaten rein litterarische Tendenzen in eine rein wirtschaftliche Vereinigung hineinträgt und weil dadurch mindestens der Anschein einer litterarischen Parteilichkeit seitens des Comités
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An den Regierungsdirektor R. Johannes Meyer in Hamburg, der als Präsident der Gesellschaft der Bücherfreunde sich vielfältig kulturell engagierte. Ausführlich über die Pläne zu einer Gedächtnis-Ausstellung und einem Oeuvre-Katalog des Malers und Graphikers Walter Gramatté (1897-1929), der am 9. Februar in Hamburg verstorben war. Sonja Gramatté sei sehr mit der Ordnung des Nachlasses beschäftigt, werde aber am 1. Okrober endgültig in die USA übersiedeln. „... Leider scheint mir jedoch die Angelegenheit des Oeuvre-Kataloges noch gar nicht geklärt zu sein. Sie werden sich entsinnen, dass wir damals in Hamburg darüber sprachen, und ich möchte nun hier noch einmal fragen und anregen, ob evtl. der Hamburger Kunstverein die Herausgabe dieses Oeuvre-Kataloges übernimmt, den, wie ich höre, Frau Dr. Schapiere [sic] bearbeiten soll. Die Verhandlungen, die Sonja mit dem Euphorion-Verlag gepflogen hat, sind ergebnislos verlaufen. Sie werden wohl auf demselben Standpunkt stehen wie ich, dass die Herstellung des Oeuvre-Kataloges gerade für Walter Gramatté wohl noch wich tiger ist als diese oder jene Ausstellung ...“. - Gramattés Witwe Sonia, eine russische Pianistin, vermählte sich 1934 mit dem Kunsthistoriker Ferdinand Eckhardt, der 1932 eine Monographie über Gramattés graphisches Werk und 1981 in Winnipeg (USA) ein dreibändiges maßgebliches Werkverzeichnis des Künstlers herausbrachte. Gramatté war mit Hermann Kasack eng befreundet und ist das Vorbild für die Figur des Malers Catell in Kasacks Roman „Die Stadt hinter dem Strom“. - Kleine Randschäden.
2404 Kaschnitz, Marie Luise (von), Schriftstellerin (1901-1974). Eigh. Brief m. U. „Marie Luise Kaschnitz“. 2 S. Auf blauem Papier. Quer-8vo. Frankfurt a. M. 4.X.1965. 180 € An den Redakteur Friedrich, der sie um einen Beitrag ersucht hatte. „... ich will das gern versuchen, aber erstens müssen Sie mir erlauben, dass
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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wir den Text vernichten, wenn er idiotisch wird und zweitens könnte ich auch erst im November damit beschäftigen ... Oktober ist der furchtbare Monat, Akademie in Darmstadt, Akademie in Mainz, Buchmesse und 2 Tage ‚Darmstädter Lesung‘; ich werde alle Mühe haben, Angefangenes zu Ende zu bringen ...“. - Gelocht.
2405 Kerner, Justinus, Arzt und Schriftsteller (17861862). Eigh. Gedicht-Manuskript m. U. „Justinus Kerner“. 2 S. Kl. 4to. (Weinsberg) o. J. 900 € „Der Gesang im Ofen“. 5 vierzeilige Strophen: „Wer sang in meinem Ofen / Heut Nacht so wunderbar? / Wie nie ein andres Singen / Mir so ergreifend war! - Lang war‘s als säng‘ aus Flammen / Unselger Geister Chor, / Dann aber sang‘s in Worten / So tönend meinem Ohr ...“. - Die vierte Zeile lautete ursprünglich „so herzergreifend war“, doch ist sie von des Dichters Hand verbessert in: „Mir so ergreifend war“. In der Druckfassung steht dann aber doch „so herzergreifend war“. - Leicht geknittert; rückseitig Montagespuren an einem Rand. Abbildung
2406 Keyserling, Hermann Graf, deutsch-baltischer Philosoph und Schriftsteller, Gründer der „Schule der Weisheit“ in Darmstadt (1880-1946). 4 eigh. Briefe und 3 eigh. Postkarten. In franz. und deutscher Sprache. Zus. 121/2 S. Mit 1 Umschlag. Die Briefe gr. 4to. Schloß Schönhausen (Elbe) bzw. Harthausen bei Bad Aibling 1936-1946. 600 € 36
Bis auf eine Ausnahme sind alle Briefe und Karten an Maurice Dela main von der Librairie Stock gerichtet, die auf deutsche Literatur spezialisiert war, Keyserlings Werke in Übersetzungen betreute und ihm auch ausländische Bücher besorgte. Drei Briefe sind in deutscher, ein Briefkonzept (1938) und die Postkarten in französischer Sprache verfaßt. 1941 schreibt er aus dem Bismarck-Schloß Schönhausen und bittet dringend um Exemplare seines Buches Diagnostic de l‘Amérique et de l‘américanisme“, das in diesem Jahr bei Stock erschienen war: „... Hier ist demnächst alles ausverkauft. Ich hoffe, Sie sorgen dafür, dass die neue Aktualitaet meiner Kritik Amerikas zu vollster Geltung kommt, es könnte ein neuer Riesenerfolg werden ...“. Im November 1942 berichtet er, ebenfalls aus Schönhausen, von seinem Sohn Manfred: „... Manfred ist Ende October in den Kämpfen von Stalingrad verwundet worden - er soll mit Berserkermut corps à corps gekämpft haben. Anscheinend ein Oberschenkelschuss, auch Knochenhaut, weiteres wissen wir nicht ... Bitte lassen Sie mir gleich durch den Verlag Grasset ... René Quintons ‚Maximes sur Guerre‘ schicken. Es ist ein fabelhaftes Buch einseitig au possible, aber noch nie ... ist die eine, rein destruktive Seite des männlichen Prinzips so scharf herausgearbeitet. Ich werde darüber schreiben. Falls mir Grasset daraufhin zwei Ex. (eins für die Bibliothek der Schule der Weisheit) senden, d. h. schenken wollte, wäre ich dankbar. Sie wissen ja, was meine Buchbesprechungen bedeuten ...“. - Das Buch von Quinton war zuerst 1930 erschienen. Die erwähnte Bibliothek der „Schule der Weisheit“ in Darmstadt wurde im Krieg durch Bomben vernichtet. - Ein zweiseitiger Brief von 1946 ist zur Hälfte maschinenschriftlich; ein umfangreiches eigenhändiges Brief-Konzept (41/2 S.) Keyserlings von 1938 in franz. Sprache bezieht sich auf ein hier auch vorliegendes spanisches Schreiben von J. Estelrich (Paris 16.IV. 1938). Fast alle Briefe und Karten behandeln Bücher, Übersetzungen und andere literarische Anliegen zwischen Keyserling und der Pariser Librairie Stock. Eine der Karten (auf der auch der Schriftsteller Paul Morand erwähnt wird) enthält Keyserlings gedrucktes Porträt. - Die Briefe von 1941 und 1942 mit Defekten. Abbildung
2407 Lavater, Johann Caspar, Schweizer Dichter und Physiognom, befreundet mit Goethe und anderen Autoren der dt. Klassik (1741-1801). Eigh. Brief m. U. „Johann Caspar Lavater“. 3 S. Kl. 8vo. (Zürich, wohl Anfang 1793). 750 € An den Hainbund-Dichter Johann Martin Miller (1750-1814), Prediger und Pädagoge in Ulm. „... Ich danke Ihnen für die Bekanntschaft mit dem Liebenswürdigen Candidat Wigand. Peters ist mir schon von Memmingen aus nachdrücklich empfohlen worden - wenn ich nur was für Ihn wüßte. Ich hoffe ihn bald bey einer schnellen Durchreise durch Memmingen bei H. Emmrich zu sehen. Diese Durchreise wird gleich nach Pfingsten geschehen. Gewiß werd ich Ihn auch jeden künftigen Fall mir notiren und ihn unterzubringen suchen, wenn Er nur, wie ich nicht zweifle einleuchten wird. Ich muß über Augsburg, und es thut mir leid daß ich nicht auf Ulm komme ... Donstags [!] nach Pfingsten denk ich wo möglich und so Gott will, abends in Augsburg zu seyn, wo ich mich nicht lang aufhalten werde. - Nun noch eine Bitte. Ich habe ein Etwas über Pfenningern, von dem ich sagen darf, es ist inte ressant und nützlich, herausgegeben. Es sind sechs Hefte, wovon das letzte noch unter der Presse ist - Sie werden bald um Einen Reichs thaler - izt noch um einen halben neuen Thaler - zum besten d. armen Wittwe und d. acht Kinder verkauft. Es hängt von dem Fortgang dieses Verkaufs etwas ab von dem Glück d. Familie. Könnten Sie mir durch Ihre Bekannten nicht etwa ein Dutzend Subskribenten verschaffen ...
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur PS. Höchstwahrscheinlich werd‘ ich die Stolbergs sehn, denn ich reise nach Copenhagen“. - Der reformierte Theologe Johann Konrad Pfenninger, ein enger Freund Lavaters, war am 11. September 1792 in Zürich gestorben. Abbildung
2408 - Eigh. Brief m. U. „L.“ 1 S. Doppelblatt. Kl. 8vo. Bernsdorf (Dänemark) 22.VI.1793. 600 € An den Sekretär Benzler in Wernigerode. „... Gott stärke Dich am Bette Deiner kranken Mutter zu Ihrer Stärkung. Nicht nur schreckl. Zeitmangel, sondern d. Natur u. Sache wegen kann ich Dir sehr wenig oder nichts sagen als: Es ist alles anders als ich erwartete. Ich stehe noch in großen Kämpfen ... Die Sache ist mir noch viel zu vermischt ... doch hab‘ ich Respekt für manches das die strengste Philosophie stutzig machen könnte ... Passavant kommt aus Hamburg. Werd‘ ich der Sache nicht gewiß, so mag ich mit keiner Seele davon sprechen, und würd ichs, so darf ich keinen unbefohlenen Schritt thun. In Eile: bethe für mich. L.“ - Auf seiner Reise nach Kopenhagen war Lavater am 10. Juni auf dem Schloß des dänischen Staatsministers Bernsdorf eingetroffen. - Beiliegend ein Einblattdruck Lavaters: „An Freunde“. 2 S. 16mo. O. O. 7.III. 1794. - „Meine Freünde wissen, daß die gedruckte Handbibliothek für Freünde, die mit dem Jahre 1790 anfieng, und mit 1793 sich endigte,
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einen doppelten Zweck hatte - Erstlich: Mir die unerschwingliche Auslage von 36 bis 40 Neüen Louisd‘ors jährlichen Briefports zu erleichtern - Zweitens: Mit meinen nähern und entfertesten Freünden auf eine mir weniger beschwerliche Weise - in beständig fortgehender Konnexion zu bleiben, und sie auf eine nicht unnützliche Weise zu unterhalten ... Jeder meiner bemittelten Freünde, ... welcher gern die Konnexion mit mir unterhalten, und dann und wann Etwas von mir wissen will, hat das Recht, mir, worüber er will, zu schreiben, seine Briefe, worinn aber auf einmal mehr nicht, als Ein Punkt, Eine Frage enthalten seyn darf, mir unfrankirt zu senden, und auf eine mir beliebige Weise eine mir mögliche Antwort darauf zu erwarten ... Dagegen verpflichtet Er sich zu einem beliebigen Beytrag oder Geschenke, von [handschriftlich eingesetzt:] einem neüen französischen Thaler und überläßt mir, Ihm Etwas, das ich Monatblat für Freunde nennen will, ... dagegen zu senden. Mein Gegengeschenkgen kann und soll dem Seinigen nicht gleich sein, das versteht sich; Aber am Ende des Jahres soll, so viel von mir abhängt, Jeder zufrieden, oder berechtigt seyn, seine Geschenke zurückzuverlangen ...“. - Von diesem „Monatblat für Freun de“ erschienen 1794 12 Hefte. 2406
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2410 Le Fort, Gertrud von, Lyrikerin, Essayistin (18761971). Eigh. Brief m. U. „Gertrud le Fort“. 2 S. Gr. 4to. Baierbrunn bei München 30.IV.1939. 200 € An Franz Wegwitz in Leipzig, der wohl eines ihrer Gedichte vertont hatte. „... Ich habe das Notenblatt, das Sie die große Güte hatten, mir zu widmen, ein wenig studiert - so gut es mir allein möglich war. Einen ganz vollen Eindruck Ihres Werkes wird mir erst eine liebe Freundin vermitteln, die im Gesang ausgebildet ist ... Ich habe ihr das Notenblatt gesandt; wenn wir uns ... im Laufe des Sommers wiedersehen, will sie mir das Lied vorsingen ... Ich bin gewiß, daß es durch Ihre Vertonung viel schöner und wesentlicher herauskommt als auf das Wort allein gestellt ...“. - Gelocht. - Dabei: Dieselbe. Gedruckte Dankeskarte mit Porträtfoto und eigh. Unterschrift „Gertrud v. le Fort“. 1 Doppelblatt, mit Umschlag. 8vo. (Oberstdorf 8.II.1956). - An denselben. Dank für Glückwünsche zu ihrem 80. Geburtstag. Unter dem Bild, das die Dichterin schreibend zeigt, das gedruckte Motto: „Bald erlischt was unsre Feder schreibt - Nur die Chiffre unrer Seele bleibt.“
Jugendbrief 2411* Lenau, Nicolaus (d. i. Nic. Niembsch von Strehlenau), österr. Dichter (1802-1850). Eigh. Brief m. U. „Dein Niembsch“. 11/2 S. 4to. Wien 17.XI.1827. 900 € 2409
2409* Lawrence, David Herbert, engl. Schriftsteller (1885-1930). Eigh. Brief mit U. „D. H. Lawrence“. 1 S. Gr. 4to. Oaxaca (Mexiko) 31.I.1925. 1.800 € An den britischen Vize-Konsul Constantine Rickards in Mexico City, dem er seine Abreise ankündigt: „... We leave here next week - arrive in Mexico City about Thursday, I suppose. Then look for a ship. - I wish there was such a thing in the world as a good Cargo boat that might take my wife & me & loiter with us to Yucatan or Jamaica or somewhere. I‘m not very anxious to arrive in England till spring comes. - But I suppose nice Cargo boats have disappeared off the face of the waters. Do you know anything about them? All very quiet in Oaxaca: Very pleasant: But I feel now like moving again. Would like to smell the sea, too ...“. - D. H. Lawrence und seine Frau Frieda (geb. von Richthofen) waren am 9. November 1924 in dem ca. 400 km südlich von Mexico City gelegenen Oaxaca angekommen. Sie waren mit der Bahn von Taos, New Mexico (wo Lawrence 3 Jahre lang Gast seiner Verehrerin Mabel Dodge Luhan war) über Mexico City gereist. In Oaxaca bezogen sie ein Zimmer im Hotel Francia nahe der Plaza. Der an Tuberkulose erkrankte Autor verbrachte gern die Winter im milden mexikanischen Klima, und er schätzte den ursprünglichen Charakter von Oaxaca. Hier schrieb er die endgültige Fassung von „The Plumed Serpent“ (Die gefiederte Schlange), einem in Mexico spielenden Roman, sowie sein Reisebuch „Mornings in Mexico“. Im Januar 1925 erkrankte Lawrence ernsthaft, was ihn zur Weiterreise und Rückkehr zwang. - Vgl. Ross Parmenter, Lawrence in Oaxaca. A Quest for the Novelist in Mexico, Salt Lake City 1984. - Gut erhalten. Abbildung
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Als Medizinstudent an seinen Jugendfreund Friedrich Kleyle (in Ungarisch-Altenburg), einen Vetter Sophie Löwenthals: „... Mein Hals ward, statt besser, ärger. Besonders auf der linken Seite hab‘ ich einen bedeutenden Schmerz. Ich mußte also durch einen Andern mich erkundigen, und habe erfahren, daß Dein Bruder ohne Erlaubnis von der Regierung wol als außerordentlicher, keineswegs aber als ordentlicher Schüler werde frequentieren können; daß die Regierung übrigens, wenn man gute Zeugniße vorlege, keine Schwierigkeit mache. Ich zweifle also nicht, Dein Bruder werde aufgenommen, nur glaub‘ ich, daß die Dazwischenkunft Deines Oncle‘s, wenn gleich nicht nöthig, doch von guter Wirksamkeit wäre. Willst Du es aber ohne den Letztern durchsetzen, so komm immerhin mit Deinem Bruder hieher, und verwende Dich für ihn ... Vorläufig soll aber Dein Bruder jedenfalls sich als außerordentlichen Zuhörer mit dem Bemerken einschreiben lassen, daß er nur auf den Bescheid der Regierung warte, um in einen ordentlichen verwandelt zu werden. Ich bin höchlich erfreut, daß Du Dich in einer so schönen Angelegenheit, dergleichen die ist, zur Veredlung eines Menschen beizutragen, an mich gewendet, und Deinen [Bruder] meiner Freundschaft entgegenführst. Er muß gut seyn, weil Du ihn so liebst, und ich werde ihn mit offnen Armen empfangen ...“. - Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke und Briefe, Band V, Nr. 61. Insel-Ausgabe (1971), Nr. 53.
2412 - Eigh. Verlagsvertrag m. U. „Nicolaus Niembsch von Strehlenau (Verfasser der Gedichte von Nicolaus Lenau)“. 1 S. 4to. Stuttgart 29.IV.1834. 600 € „Vertrag. - Die J. G. Cotta‘sche Verlagsbuchhandlung übernimmt den Verlag von Nicol. Lenau‘s Gedichten, zweite Auflage, unter nachstehenden Bedingungen. - 1. Die erste Auflage soll einen Zuwachs von neuen Gedichten erhalten im Belaufe von 10 Druckbogen, so, daß die zweite, hier contrahirte Auflage etwa aus 28 Druckbogen bestehe ... 4. Honorar tausend Gulden für die zweite Auflage von 1200 Exemplaren, zahl-
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur bar mit Beendigung des Druckes ... 6. Der Verfasser erhält 36 geheftete Freiexemplare. Sämtliche Exemplare werden in Umschlag geheftet ausgegeben ...“. - Ferner über Drucktermine, Format und den Fall einer dritten Auflage. - An den Rändern stärker fleckig infolge ehemaliger Versuche, Einrisse mit Tesafilm zu reparieren (der Tesafilm ist heute entfernt und durch säurefreies Papier ersetzt). Abbildung
2413 Lessing, Theodor, Philosoph und politischer Pub lizist (1872-1933, starb im Exil durch ein Attentat). Eigh. Porträtfoto-Postkarte mit Grußwort u. U. „Theodor Lessing“ auf der Textseite. (Hannover 3.III.1932). 150 € An die „Weltjugendliga, Verband Deutschland“ in Berlin-Lichtenberg. „Der Weltjugendliga herzlich Gruss u. Dank, Theodor Lessing, Hannover“. - Das Foto von Hein Gorny auf der Bildseite zeigt die sich liebevoll anblickenden Gesichter von Theodor und Ada Lessing.
Loblied auf das Rote Kreuz 2414 Lingg, Hermann, Münchener Dichter und Arzt (1820-1905). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Hermann Lingg“. 2/3 S. Gr. 8vo. München 1871. 100 € „Das rothe Kreuz im weißen Feld“. 2 Strophen zu je 4 Zeilen: „Und immer wieder weht sie noch und weht / Die roth und weiße Fahne. / Ein Sternbild das nicht untergeht / Im wüthenden Orkane ...“. - Wohl anläßlich des Deutsch-französischen Krieges verfasstes Loblied auf das erst wenige Jahre zuvor international etablierte Rote Kreuz. Vermutlich eines der frühesten Gedichte auf diese Institution.
2415* Lissauer, Ernst, Schriftsteller (1882-1937). Konvolut von 22 eigh. Postkarten m. U. „Ernst Lissauer“, „E.“ oder „E. L.“. Zus. ca. 43 S. Berlin und Wien 1912-1935. 450 € An den ihm befreundeten Literarhistoriker Heinrich Meyer-Benfey (1869-1945) in Hamburg-Wandsbek. Über beiderseitige Arbeit und Veröffentlichungen, literarische Fehden, Reisen, Verabredungen und Neuigkeiten vieler Art. Ein Zitat als Beispiel: „... es ist wirklich stark, was diese naturalistischen Leute sich gegen mich leisten. Gegen das Ästhetische bin ich ja mit einem ganz guten Stahlhemde gekleidet, aber das Charakterhafte. Es wurmt mich doch, daß ich dem Dr. Diedrich [ist Eugen Diederichs gemeint?] nicht mit der Feststellung geantwortet habe, daß er den Sinn m. damaligen Erklärung im B. T. [Berliner Tageblatt] entstellt hat; freilich lohnt es sich nicht, aber das Schlimme ist, daß diese Weisheit meinen Groll nicht beruhigt und ich, ab und zu, dem Mann innerlich schreibe, ihn fordere u.s.w., und nur der Gedanke, daß es uferlos wäre, dem nachzugeben, und stärker, einfach weiterzuschreiben, hindert mich. Nun schreibt auch die Tägl. Rsch. denselben Unsinn über ‚Bach‘ bei Gelegenheit eines von J. E. Schenk ... veranstalteten Bach-Abends. ‚Er sollte L‘s jüngstes Buch in Scene setzen.‘ Dabei habe ich Schenk es widerraten, weil ‚Bach‘ im Lessingmus. von mir und in d. Singakad. ... schon gelesen worden ist; trotzdem hatte d. Abend starken Erfolg u. Besuch ...“ [Berlin 30.IX.1916]. - Lissauers Buch „Bach. Idylle und Mythen“ erschien erst 1919 in Jena bei Eugen Diederichs. - Aufschlußreiche Sammlung zur literarischen Laufbahn dieses umstrittenen Autors.
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2416 Maass, Joachim, Schriftsteller, Redakteur und Lyriker, emigrierte 1936 in die USA (1901-1972). Typoskript mit eigh. Namenszug beim Titel. 101 Bl., einseitig beschrieben. Gr. 4to. (Hamburg ca. 1931 ff.). - Dazu: Derselbe. Eigh. Postkarte m. U. „Joachim Maass“ 1 S. Hamburg-Altona 29.III.1933. 600 € Typoskript einer umfangreichen literaturkritischen Arbeit mit dem Titel „Junge deutsche Literatur. Versuch einer zusammenfassenden Darstel lung“. Der Anfang der auf sieben Kapitel angelegten Abhandlung erschien 1932 in der vielgelesenen konservativen Zeitschrift „Die Tat“ (Nr. 9, S. 800). Der Abdruck wurde jedoch nach relativ kurzer Zeit abgebrochen. Auf der hier beiliegenden Karte des Verfassers vom März 1933, gerichtet an den Hamburger Landgerichtsdirektor, Kunstmäzen und Bücherfreund Dr. R. Johannes Meyer, äußert sich Maass zu den Ursachen: „... Natürlich schicke ich Ihnen gern die Fortsetzungen meiner Arbeit über die Junge deutsche Literatur. Nur der Abschnitt II: Zeitkriti sche Literatur ist noch einer stilistischen Umarbeitung unterzogen, die aus dem mir eben zur Verfügung stehenden Manuskript nicht zu ersehen ist - vielleicht überschlagen Sie ihn bei der Lektüre. Übrigens erscheint diese Arbeit, auf die ich 4 Monate Zeit verwendet habe, in der TAT nicht weiter, weil man, nach ziemlich heftigen Angriffen der radikalen Rechtspresse, den Eindruck gewonnen hat, ich sei für diesen Gegen stand zu liberalistisch ...“. - Der Abschnitt II ist im vorliegenden Typoskript, das aus Meyers Nachlaß stammt, vorhanden, doch fehlen die Abschnitte III („Zeitdeutende Literatur“) und VI („Mystik“). Da alle Abschnitte separat paginiert sind, könnte es sein, daß diese beiden gar nicht vollendet wurden, zumal (uns) auch nicht bekannt ist, ob der Druck der Abhandlung an anderer Stelle fortgesetzt wurde. Es könnte also durchaus sein, daß das vorliegende, größtenteils wohl ungedruckte
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Bermann-Fischer zu Thomas Mann. Sie fertigte die Manuskriptabschriften der späteren Werke an, so auch für „Die Betrogene“, worauf sich vorliegender Brief bezieht. - Bürgin/Mayer 53/34. - Vgl. Klaus Täubert, Zum 80. Geburtstag [von L. Rümelin] am 28. September. In: Europäische Ideen, Heft 90 (1994), S. 12-15.
Bei der Arbeit am „Felix Krull“ 2418* - Eigh. Brief m. U. „Thomas Mann“. 2/3 S. Mit eigh. Umschlag. 4to. Erlenbach-Zürich 20.VI.1953. 600 € An Lore Rümelin. Dank für die „überraschend prompte“ Übersendung der Abschriften und Korrektur einiger Schreibfehler: „... Es heißt im Portugiesischen Senhora und Senhor, mit einem h und ohne ~. Auch Dona wird ohne dies Zeichen geschrieben ...“ - Bürgin/Mayer 53/336. - Lore Rümelin-Wibel, Frau des deutschen Kulturattachés beim deutschen Generalkonsulat in Zürich, später Bern und Bonn, stammte aus Lübeck und kam auf Vermittlung von Gottfried Bermann-Fischer zu Thomas Mann. Sie fertigte die Manuskript-Abschriften der späteren Werke an, u.a. für „Felix Krull“, „Versuch über Schiller“ und „Versuch über Tschechow“.
2419* - Eigh. Brief m. U. „Thomas Mann“. 1 S. 4to. Erlenbach-Zürich 3.I.1954. 600 €
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Typoskript den gesamten Text bildet, den der Autor fertiggestellt hat - auch ohne die beiden fehlenden Kapitel eine umfassende und scharfsinnige Analyse der deutschen Gegenwartsliteratur um 1930. - Beiliegend eine 3 typogr. Seiten umfassende Biographie Maass‘, zusammen mit einer eingehenden Beschreibung der Zeitschrift „Die Tat“, ihrer Mitarbeiter und ihrer Klientel; wahrscheinlich verfasst von der Schriftstellerin Geno Hartlaub, die zum engeren Freundeskreis Johannes Meyers gehörte.
An Lore Rümelin (1915-1998), die seine Manuskripte sorgfältig in Maschinenschrift übertrug; hier vermutlich kurz nach ihrem Umzug von Bern nach Bonn: „... anbei die beiden noch unabgeschriebenen Kapitel. Der Vorname der Senhora [Kuckuck] ist jetzt Maria Pia. Die Nummer des letzten Blattes der Abschrift war 312. Ich werde mich nicht wundern, wenn Sie nicht gleich zu der Arbeit kommen. Ich möchte das Manuskript nur für den rechten Augenblick in Ihren Händen wissen ...“. - Bürgin/Mayer 54/10.
2420* Meister, Ernst, Dichter und Schriftsteller, Träger des Büchner-Preises und diverser weiterer Literaturpreise (1911-1979). Eigh. Manuskript m. U. „Ernst Meister“. 6 S. auf 4 Bl. (Kugelschreiber und Filzstift). Gr. 4to. O. O. u. J. 450 € Am Schluß signierter Essay über einen Text von Gabriele Wohmann (1932-2015), mit der Meister seit 1967 befreundet war, bis die Freundschaft 1970 im Streit um das Buch „Ernste Absicht“ auseinanderging. - Gelocht; nicht einfach zu lesen. - Sehr selten. Abbildung
2417* Mann, Thomas, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1875-1955). Brief m. U. „Thomas Mann“. 1 S. Gr. 8vo. Erlenbach-Zürich 27.I.1953. 600 € An Lore Rümelin (1915-1998) in Bern, die seine Manuskripte sorgfältig in Maschinenschrift übertrug. : „... Die Abschrift ist tadellos, und ich bin froh, dass dies für mich so wichtige Problem glücklich gelöst ist, und schicke Ihnen vertrauensvoll eine grössere Partie, die meine Frau, wenn Sie so weit sind, wieder abholen kann. Besondere Eile ist nicht nötig ...“. - Lore Rümelin-Wibel (1915-1998), Frau des deutschen Kulturattachés beim deutschen Generalkonsulat in Zürich, später Bern und Bonn, stammte aus Lübeck und kam auf Vermittlung von Gottfried
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2421 Meyer, Conrad Ferdinand, Schweizer Schriftsteller, bedeutender Balladendichter (1825-1898). Eigh. Briefkarte m. U. „Conrad Ferdinand Meyer“. 1 S. Auf der Rückseite seiner großen, gedruckten Visitenkarte. 9,2 x 11,2 cm. Kilchberg 31.XII.1897. 180 € An seinen Neffen Fritz Meyer, der ihm bei der Niederschrift mehrerer seiner Werke als Sekretär diente. „Lieber Fritz, Empfange mit den l. Deinigen Louisens u. meine herzlichsten Wünsche zur Jahreswende! Immer in alter Liebe Dein Conrad Ferdinand Meyer“.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur 2422* Miller, Henry, amerikan. Schriftsteller und Maler (1891-1980). Porträt-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Henry Miller“ auf der Rückseite. 24,2 x 19,3 cm. O. O. 17.V.1957. 300 € „For Prof. Henny Wolff with warm greetings. Henry Miller 5/17/57.“ Henny Wolff (1896-1965) war Sopranistin und lehrte 1950-64 Sologesang an der Musikhochschule Hamburg. - Die schöne großformatige Aufnahme zeigt Miller im Brustbild mit kariertem Hemd, die linke Hand am Kinn. - Der Photograph Arthur W. Knight (1937-2012) machte sich später auch als Schriftsteller einen Namen. - Auf der Bildseite eine wegen des dunklen Hintergrundes kaum lesbare zweite Widmung „Henny Wolff | Henry Miller | 7/15/57.“ - Linke obere Ecke geknickt. Abbildung
2423 - 2 Autographen. Verschied. Formate. 1962-1964. 180 € I. Brief m. U. „Henry Miller“. Auf dem roten Werbezettel eines Kunstverlags. 2 S. Schmal-8vo. (Wohl München) 4.X.1962. - An Michael Münzer in München. „Cher Ami Michel - Dommage que je ne vous ai pas vu avant mon départ - mais on se verra quelque part avant trop longtemps ... Dites à votre frère Holgar que je suis en train de faire une aquarelle pour lui. Comment trouvez-vous la liste des livres ci-inclus? ...“. - II. Eigh. Gruß m. U. „Henry Miller“. Auf dem Umschlag eines Ausstellungskataloges für den Maler Guy Harloff, dessen Text im wesentlichen aus einem Essay von Henry Miller besteht (Turin 1963). - „Vous qui parlez toutes les langues, voici quelque chose d‘amusante. Happy New Year! 1964. Henry Miller“. - Der Brief gelocht.
2424 Montherlant, Henry de, franz. Schriftsteller, Dramatiker und Essayist, Mitglied der Académie Française (1895-1972, starb durch Selbstmord). Eigh. Brief m. U. „Montherlant“. 1 S. Gr. 4to. Nizza 9.IV.1941. 250 € An einen Herrn, wohl Redakteur einer Zeitschrift. Man habe ihn viel zu kurzfristig um einen Artikel ersucht. „... M. Menjaud m‘a écrit, pour me demander un texte qu‘il lui fallait pour le 10, une lettre qui m‘est parvenue le 8, ayant été envoyé à une poste restante où je n‘ai jamais reçu ma correspondance ... tout cela était trop court... „. Für das Thema „La jeunesse et le sport“ brauche man ohnehin mehr Zeit. Erläutert dies und fährt fort: „... J‘ai repondu tout cela à M. Menjaud.“ Er kehre im übrigen erst im Juni nach Paris zurück. „... Pour la même raison, ne m‘envoyez plus Contauce [?], que j‘ai suivi toujours avec intérêt et amitié ...“.
„in Paranoia-Nähe“ 2425 Musil, Robert, österr. Schriftsteller (1880-1942) und Martha Musil, seine Ehefrau (1874-1949). Sammlung von insgesamt 16 Briefen, 2 Brief-Karten und 4 Brief-Zusätzen m. U. „Robert Musil“ bzw. „Martha Musil“. Großenteils gemeinsam auf einem Briefbogen geschrieben. Zus. 29 S. Gr. 4to und 8vo. 1933-1939. 18.000 € An Antonielle (Toni) Cassirer (1883-1961), die Ehefrau des Philosophen Ernst Cassirer (1874-1945). Bedeutende und gehaltvolle Briefreihe, die
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das harmonische Zusammenwirken des Ehepaars Musil sowohl in ihrer geistigen Sphäre wie in ihrer Außenwirkung dokumentiert. Die einzelnen Briefe und Briefanhänge (7mal gemeinsam auf einem Briefbogen) verteilen sich wie folgt: Robert Musil: 4 eigenhändige und 4 maschinenschriftliche Briefe sowie 3 eigenhändige Zusätze auf Marthas Briefen. - Martha Musil: 8 eigenhändige und 1 maschinenschriftlicher Brief sowie 1 eigenhändiger Zusatz auf einem der Briefe Roberts. Das breite Spektrum der behandelten Themen reicht von familiären Nachrichten über Reiseberichte bis zu literarischen Kontakten und aktuellen Arbeiten, und immer wieder ist vom „M. o. E.“, dem „Mann ohne Eigenschaften“, die Rede. Der eröffnende Brief von Martha Musil enthält eine Feststellung, die für die vorliegende Korrespondenz eher nicht gilt: „... Ich denke immer daran, daß Sie gern schreiben und nicht gern Briefe empfangen, was für herzlich gesinnte schlechte Briefschreiber ungeheuer sympathisch ist, und die Hoffnung eröffnet bald wieder von Ihnen zu hören.“ Die letzte halbe Seite nutzt Robert Musil zu einem eigenen Brief: „... Wir sind uns nach Ihrem und Ihres Gatten Weggang in unserer Heimatstadt Wien höchst einsam vorgekommen. Eifrig bin ich in die Schule von ‚Cambridge‘ gegangen. Es war Trost und Schmerz. Alles habe ich mit Genuß studiert, und wenn ich bloß von Humor spreche, so geschieht es, weil Ihr Gatte mich gerade danach gefragt hat und weil ich da ein wenig zum Fach gehöre: von allen mir bekannten Verfahren, die Bedeutung des Humors zu lokalisieren, kommt nur dieser meinem Empfinden nahe ...“ [Wien 27.VIII.1933]. Am 5.XI.1933 berichtet Martha: „... Eine englische Agentur bemühte sich um eine neue Arbeit meines Mannes, über ein historisches Thema, die zuerst
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ englisch erscheinen sollte. Mein Mann schlug dagegen ein Buch vor, in dem er in aphoristischer Form seine Meinung über das heutige Leben, Kunst, Kultur sagen wollte, was aus naheliegenden Gründen jetzt nicht für Deutschland geeignet wäre. Ein solches Buch hätte er gut neben dem Mann o. E. schreiben können und gern geschrieben, aber die Engländer wollen es nicht als Erstes, und nach manchem hin und her ist nun das Ganze auf einen toten Punkt gekommen ...“ [Wien 5.XI.1933]. In einem längeren maschinenschriftlichen Brief geht Robert auf seine aktuelle Arbeitssituation ein: „... Es ist ... aus dem Buch über Oesterreich, das Sie so freundlich begrüssen, nichts geworden; ich weiss nicht, ob ich nicht den richtigen Agenten hatte und nicht an den richtigen Verlag kam, jedenfalls scheiterte aber ... das schliessliche Angebot völlig an der Frage des Vorschusses, und ich habe nur kostbare Zeit verloren. Sonst wäre ich garnicht so böse darüber, denn ich bin kein Historiker, und das Unterfangen war nach dieser Seite etwas abenteuerlich. Ich muss nun leider in allergrösster Eile einen Ersatz suchen, denn auch aus der ‚Gesellschaft des Mannes o. E.‘ ist mittlerweile wider Erwarten die letzte Stütze schon jetzt ausgebrochen, und wenn ich das ganz unverblümt sagen darf, so geht es nur noch einige Wochen weiter mit dem Roman und seinen zwei Autoren ...“. Er überlege, ob es ihm möglich sei, für englische oder amerikanische Zeitschriften zu schreiben. „... Denn ich kann das ja nicht als Journalist tun, sondern nur wie ein Dichter, etwa wie die Notizen [Paul] Valérys sind oder nach dem Vorbild der Nietzscheschen Aphorismen. Das täte ich sogar sehr gerne, denn heute wachsen einem die Beobachtungen und Bemerkungen aus den Fingern, und ich bin ohnehin so voll davon, dass es dem Roman nebenbei gar nicht schlecht zu bekommen brauchte, wenn ich mich davon entlastete ... Und nun trete ich ab. Ich habe soeben ein Clarisse Kapitel bis zu einer Stelle geführt: ‚da sagte Clarisse: ‚die Irren denken eben mehr als die Gesunden. Sie können auch mehr als wir! ... Bedenken Sie, dass man in früheren Zeiten doch überhaupt keine Irrenhäuser gekannt hat! Und der General schloss wieder den Mund, denn daran war etwas Wahres. Und Clarisse sagte: ‚Das Irrenhaus ist eine Verfallserscheinung. Man muss die Irren wieder ins Volk lassen!‘ - Ich wäre gerne selbst noch dabei, wenn das weitergeht ...“ [Wien 17.XI.1933]. In einem Schreiben vom Dezember 1933 kommt Martha noch einmal auf die Versuche ihres Mannes zu sprechen, mit Hilfe der Cassirers in England Fuß zu fassen: „... es wäre sehr vorteilhaft für ihn, in England Terrain zu erobern, wo er so wenig bekannt ist, daß man Broch den tiefen und großen österreichischen Dichter nennt (dies soll Huxley geschrieben haben). Robert ist Ihrem Mann außerordentlich dankbar, daß er sich mit Mr. Gullick in Verbindung setzen will. Ich habe große Bedenken wegen der Übersetzung, eben weil er so schlecht Deutsch kann, und weil die Sachen, die Robert schreibt, doch immer recht schwierig sind. Aber er ist natürlich stolz auf seine Übersetzung der ‚Drei Frauen‘, und vielleicht mit Recht ... Wir haben ihn in Berlin durch seinen Freund, einen jungen Buchhändler vom ‚Buchladen am Kurfürstendamm‘ (jetzt ist er schon lange in Paris), der immer viel Propaganda für den ‚Mann o. E.‘ gemacht hat, kennengelernt ... Was macht Ihr Sohn Georg? Bleibt er in Berlin? Ich finde auch, daß man sich mit den Zurückgebliebenen nicht recht verständigen kann, weil ja doch nicht alles zu umschreiben und gleichzeitig verständlich zu schreiben ist [9.XII. 1933] ... Ich möchte Ihnen nur in Eile mitteilen, dass sich hier ein angenehmes kleines Wunder begeben hat: eine Gruppe von unseren Bekannten, eigentlich flüchtig Bekannten, hat sich plötzlich hinter unserm Rücken zusammengetan, um eine R. M. Gesellschaft oder so ähnlich zu gründen, durch welche die Vollendung des M.o.E. bewirkt werden soll ...“ [Wien 22.XII.1933]. In einem langen eigenhändigen Brief vom 1. Januar 1934 erläutert der Dichter die Entstehung und Zusammensetzung dieser „Robert-Musil-
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Gesellschaft“, die ihn einerseits freue, aber zugelich auch in Verlegenheit bringe. „... So sehr ich mir wünschen muß, daß sich die Sache ‚herumspreche‘, fühle ich mich dadurch doch schon in Paranoia-Nähe gebracht, insofern als ich schon überall meine ‚Freunde‘ flüstern höre und niemand mehr unbefangen ansehen kann; also nur ins Freundliche verkehrter, immerhin auch drückender Beziehungswahn! Das ist ein Grund meines Wunsches, daß die Angelegenheit möglichst bald unpersönlich-öffentlich werde ...“. - Nach längerer Pause meldet sich Robert am 12. April 1936 wieder mit einigen Entschuldigungen und einem Brief voll bedeutsamer Aussagen. „... Wissen Sie, was ich über den Sinn es Judentums denke? Ich antworte darauf, obwohl Ihre Frage bloss ein Seufzer war und obwohl ich zur Antwort nicht berufen bin und es gleich Ihnen lästig empfinde, dass man heute sogar nachdenken muss, ohne sich den Gegenstand aussuchen zu können. Aber zuvor müsste ich sagen, was ich über den Sinn des Volkstums denke: Bloss, dass er ein Unsinn ist! Wohl ist dieses als die natürlichste und nächste menschliche Leistungsgemeinschaft dargeboten, aber wie wenig leistet es wirklich im Verhältnis zu dem, was es schuldig bleibt und wie entwickelt sich alles, was vorwärts führt, über Volk und Nation weg! Der Sinn des Judentums wäre also gerade der, dass es sich nicht wirklich ganz konsolidiert, und wenn sich die heutige Rüpelromantik alias Staatsgesinnung überlebt, wird man das, denke ich, einsehen ... Sie werden, was ich gesagt habe, vielleicht zu belanglos finden -: wenn man heute einen Brief schreiben will, wäre er ja verpflichtet, sich gleich zu einer Abhandlung zu sammeln: das ist das Hinderliche, und aus Ehrgeiz oder Respekt schweigt man ...“. Martha Musil meldet im Juli 1937 - neben Nachrichten von ihrem Sohn Otto in Philadelphia - den Fortgang von Roberts Mammutwerk: „... Robert muß leider ununterbrochen arbeiten, weil sein neuer Verleger (Bermann-Fischer) wenigstens einen kleinen Teilband des ‚Mann o. E.‘ vor Weihnachten herausbringen möchte; und das ist in mancher Hinsicht unvorteilhaft, besonders weil die Zeit zu kurz ist ...“ [Reichenau, N.Ö., 3.VII.1937]. Daran schließt Robert einen eigenhändigen Brief, in dem er gesteht: „... die letzten Monate sind so ermüdend gewesen, daß wir gerade mit den letzten Kräften aufs Land gelangt sind. Ich habe mit Bermann-Fischer wegen der Übernahme meiner Bücher aus dem Rowohlt Verlag abgeschlossen, unter leider zeitgemäßen Bedingungen, und jetzt behandle ich meinen Kopf wie einen Fußball, weil ich mich habe verpflichten müssen, im Herbst eine Fortsetzung des Mannes o. E. herauszubringen und durchaus nichts auch nur Halbganzes werde fertigmachen können ... Für die Freundlichkeiten, mit denen Sie nach dem Erscheinen der ‚Dummheit‘ meinen Pessimismus erhellt haben, noch nachträglich vielen Dank! ...“. - Zwei weitere Briefe spiegeln den Konflikt mit dem Verleger „B.“ (BermannFischer?), von dem sich Musil schlecht behandelt sieht. „... Erst heute hat B. auf R‘s Brief geantwortet, ausführlicher als sonst, aber unbefriedigend und ablehnend; er will mit dem Autor - trotz aller Schätzung nichts mehr zu tun haben und begreift gar nicht, was R. auf sich genommen hatte, indem er monatelang, von aller Hilfe verlassen, auf ihn gewartet hat, ohne mit anderen auswärtigen Verlegern in Fühlung zu treten oder auf die Sirenentöne deutscher Verleger zu hören ...“ [Martha Musil, 18.IX.1938]. Der schöne Briefwechsel von drei Intellektuellen auf Augenhöhe beleuchtet die Situation eines Schriftstellers, der als Meister der Schilderung feinster seelischer Nuancen und wechselnder Bewußtseinsebenen und Dimensionen von Geschehensabläufen unverhofft mit äußeren Zwängen in einer langsam immer enger und bedrohlicher werdenden Umwelt und Bedingung des Schaffens zu kämpfen hat - ein höchst wertvoller Beitrag zur Biographie sowie zur Weltanschauung und Denkweise des Dichters. Abbildung
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ plars von Henrik Ibsens „Peer Gynt“ (Peer Gynt. Et drama tisk digt af Henrik Ibsen. Tiende oplag. 263 S. Hellbrauner Lederband [Kanten beschabt] mit blindgepr. Deckeltitel. Kopenhagen, Gyldendal, 1896). 180 € „Three ideas dominate I‘s thinkings - original sin, the sense of guilt, & redemption. The most important theolal obsession of I. is the saving act of ... the redemption of guilt by a voluntary acceptance of dr. guilt. This devolution of sin upon a lamb a. sacrifice occupies the same position in J‘s drama as it does in Richard Wagner‘s. - Max Nordau.“
2428 Österreichische Schriftsteller. 3 eigh. Albumblätter m. U. Zus. 3 S. Jeweils auf Kärtchen mit Goldschnitt. Ca. 9 x 12 cm. 1875-1884. 120 € Vorhanden: Eduard von Bauernfeld (1802-1890). Distichon m. U. „Bauernfeld“: „Wer altert gern? Man muß sich drein ergeben! / Das einz‘ge Mittel ist‘s, um lang zu leben.“ Wien 1875. - Anastasius Grün (d. i. Anton Graf Auersperg, 1806-1876). Vierzeiler m. U. „A Auersperg“: „Die Seele heiter / Und klar der Blick, / Für‘s Andre weiter / Ein gut Geschick!“ Graz 16.III.1875. - Olga Lewinsky-Precheisen (Schauspielerin und Schriftstellerin, 1853-1935). „Freundliches Lebewohl u. herzlichen Dank von Olga Lewinsky“. Kassel 18.V.1884.
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2426 - Brief m. U. „Robert Musil“. 1/2 S. Gr. 8vo. Wien 14.XII.1926. 1.600 € An den Schriftsteller Max Brod. „... Ihre Zuschrift und das Buch habe ich mit Dank erhalten. Leider muss ich Ihnen sagen, dass es sehr ungewiss ist, ob ich in der nächsten Zeit dazu kommen werde, Aufsätze zu schreiben, so dass ich unter Umständen Ihre Geduld und Nachsicht beträchtlich in Anspruch nehmen muss ...“. - Brod hatte ihm wohl ein Exemplar seines neuen Romans „Die Frau, nach der man sich sehnt“ geschickt und um eine Rezension gebeten.
2427 Nordau, Max, Arzt, Schriftsteller, Politiker und Mitbegründer der zionistischen Bewegung (1849-1923). Eigh. Manuskript m. U. „Max Nordau“. In engl. Sprache. 8 Zeilen. - Auf dem Zwischentitel eines dänischen Exem2430
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„Meine Armuth ...“ 2429 Pfeffel, Gottlieb Konrad, elsässisch-dt. Dichter und Schriftsteller, mit 22 Jahre nahezu erblindet, Militärwissenschaftler, Gründer einer Militär-Akademie in Colmar, Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1736-1809). Diktierter Brief mit eigh. Unterschrift „Pfeffel“. 2 S. 8vo. Colmar 12.II.1797. 450 €
Ein Mährchen von Pfeffel. Erster Gesang“. 2 S., enthaltend 16 Strophen zu je 8 Zeilen. Folio. O. O. u. J. - Der erste von drei Gesängen, erschienen u. a. in: „Poetische Versuche“. 10. Teil, Tübingen 1810; vorher auch schon in „Triumph des Witzes und der Laune“, Wien 1809.- Ferner 2 gestoch. Bildnisse Pfeffels. - Selten.
In der Handschrift der Ehefrau des 1758 erblindeten Dichters an den Herausgeber eines Taschenbuchs, das er „mit dankbarem Vergnügen“ gelesen habe. „... Ich erhielt es erst vor wenig Tagen, da der Herr Serafim, an den das Päkchen von einer fremden Hand adressiert war, sich unter dem Monde nicht wollte finden lassen. Endlich öffnete es der Buchhändler ... und fand auf Ihrem Briefe die wahre Aufschrift: an Jacob Sarasin, worauf er es meinem Sohne, der bey unsrer Gesandschaft in Basel steht, mit vielen Entschuldigungen zustellte. - Meine Armuth und meine Verbindungen mit der Cottaischen Buchhandlung erlauben mir nicht, für Ihren künftigen Almanach mehr als beykommende Kleinigkeiten anzubieten. Die neue vermehrte Außgabe meiner Gedichte muß ich biß auf den Frieden verschieben, der hoffentlich nicht mehr fern seyn wird. Indeßen danke ich Ihnen herzlich für Ihr gütiges Anerbieten, sich der Subscription anzunehmen und werde es zu seiner Zeit mit dem Zutrauen der Freundschaft benutzen. Die Revolution hat mich um die Hälfte meiner Capitalien gebracht, die treulose Schuldner mir in Papier zurück bezahlten als es 9/10 seines Werthes verlohren hatte, und es wäre ein kleiner Ersatz für meine Kinder wenn meine litterarischen Arbeiten mir etwas -“. Hier bricht der Satz ab, und es folgen nur noch die Grußformel („Ich umarme Sie mit der innigsten Werthschätzung“) und der eigenhändige Namenszug. - Der erwähnte Baseler Seidenhändler Jacob Sarasin (1742-1802) pflegte Kontakte und Freundschaften zu zahlreichen Vertretern der Aufklärung und des Sturm und Drang, und sein „Weißes Haus“ in Basel bildete einen vielbesuchten kulturellen Mittel punkt für deutschsprachige Schriftsteller. - Leicht fleckig; gering fügige Randläsuren. - Beiliegend ein zeitgenöss. Manuskript mit dem ersten Drittel einer längeren Ballade von Pfeffel: „Alarich und Stella.
2430 Pound, Ezra, amerikan. Dichter, lebte vorwiegend in Europa, als unbeirrbarer Anhänger des Faschismus 1945 inhaftiert, dann 12 Jahre in einer Heilanstalt untergebracht (1885-1972). Eigh. Schriftstück m. U. „E. P.“ 1 S. (Kugelschreiber). Gr. 4to. (Heilanstalt St. Elizabeth ca. 1955). 300 €
Abbildung
Aus der Heilanstalt, in die er nach 1945 eingewiesen worden war, um ihn vor einem Hochverratsprozess (wegen seines Eintretens für den Faschismus) zu bewahren, an einen Bekannten. „You need permit from superintendent S. Liz. f more data to me. re whence & whither. A. A. ... E. P.“ - Erst 1958 wurde Pound auf Betreiben von Freunden (darunter Ernest Hemingway) entlassen. Abbildung
2431 Proust, Marcel, franz. Schriftsteller und Sozialkritiker (1871-1922). Eigh. Brief m. U. „Marcel“. 4 S. 8vo. O. O. (1915 oder Anfang 1916). 6.500 € Bisher nicht vollständig veröffentlichter Brief an Albert Nahmias, eines der Modelle seiner Schwester Albertine. Proust hatte Albert 1908 in Cabourg kennengelernt, wo der „petit Albert gentil“ mit seinen beiden Schwestern am Strand eine „kleine Bande“ bildete. Er wurde fortan Prousts Vertrauter, Sekretär und Verwalter seiner Finanzen. In geistreicher Form schildert der Dichter im vorliegenden Brief den aktuellen
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ An den Philosophen Joseph von Görres (1776-1848). „Indem ich mich bey Hrn. Prof. Görres und seiner liebenswürdigen Frau Gemahlin in gütige Erinnerung bringe, möchte ich zugleich um nähere Bezeichnung des Codex von [Jean de] Mandeville‘s Reisen bitten, aus welchem die Citationen in Bezug auf die Form der Erde a. S. 67 u. 68 u. a. Stellen des Bandes über die deutschen Volks-Kaiser [?] genommen sind, und im Fall solcher in privat. Händen sich befände, ob er wohl auf einige Wochen zu haben seyn dürfte.“ - Das im 14. Jahrhundert entstandene Reisewerk eines angeblichen Jean de Mandeville ist heute in zahlreichen Editionen und Kommentaren ausgewertet.
2433 Reimann, Hans, Satiriker, Parodist, Erzähler und Feuilletonist, teils in sächs. Mundart (1889-1969). Eigh. Brief m. U. „Hans Reimann“. 1 S. Mit gedrucktem Briefkopf. 4to. Leipzig 21.VII. (ca 1920). 120 € Scherzhafter Brief an den Verleger und Bibliophilen Hans von Weber, Herausgeber der Zeitschrift „Der Zwiebelfisch“. „Lieber Herr Genosse von Weber! Auf Grund des Pressgesetzes vom 28. April 1742 § Z 74B / C III [etc] ersuche ich Sie höflichst, die beiliegende Erklärung in Ihrer Zeitschrift ‚Der Fiebelzwisch“ [!] aufzunehmen. (Übrigens: Können Sie mir die Vermählungs-Anzeige besorgen? Ich finde sie nich.) ...“. - Auf etwas vergilbtem Nachkriegspapier.
2434 Reuter, Fritz, mecklenburg. Dichter, plattdeutscher Erzähler und Dramatiker (1810-1874). Eigh. Brief m. U. „Fritz Reuter“. 1 S. Gr. 8vo. Eisenach 13.V.1870. 600 €
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Stand seiner immerwährenden Gesundheitsprobleme: „... Je viens d‘avoir de longues semaines de fièvre accablante où tracer une ligne m‘était impossible. Je vais mieux mais mes maux d‘yeux ont augmenté et pour cette autre raison je ne peux écrire tant que je n‘aurai pas vu un oculiste et que je n‘aurai pas de verres. Mais Pour aller voir l‘oculiste il faudrait pouvoir se lever. Cercle vicieux ...“. Es sei übrigens nicht leicht gewesen, auf Alberts Brief zu antworten. „... Mais méchant garçon jamais vous ne mettez votre adresse de sorte qu‘il va falloir deux jours de fouilles dans des tombereaux de papiers pour trouver une ancienne lettre de vous où elle se trouve. C‘est donc bien difficile de donner son adresse.“ Aber seine Gesundheit sei nicht der einzige Schwachpunkt; die Finanzen seien es gleichermaßen: „Ma ruine s‘achève lentement mais sûrement ...“ . - Etwas stockfleckig; 4 winzige Nadel-Löcher; sonst gut erhalten. Abbildung Seite 45
2432 Rehfues, Philipp Joseph von, Schriftsteller und Verwaltungsbeamter in Bonn, dort Kreisdirektor und langjähriger Kurator der Universität (1779-1843). Eigh. Brief m. U. „Rehfues“. 1 S. Quer-kl. 8vo. Auf ein Untersatzblatt montiert und in einen zeitgenöss. Umschlag geheftet. Bonn 2.IV.1809. 200 € 46
An Theodor Reusche, Komiker am Wallner-Theater in Berlin, der ihm die bevorstehende Aufführung des Lustspiels „Inspector Bräsig“ (nach Reuters Roman von Gaßmann und Krüger bearbeitet) angekündigt hatte. „... Ich wünsche dem Stück viel Glück und Ihnen persönlich einen solchen Erfolg, wie sie ihn bei Ihrem köstlichen Talent schon seit Jahren gewohnt sind; aber, so gerne ich Zeuge desselben wäre, kommen kann ich nicht; meine Zeit und verschiedene Besuche, die mir für die nächsten Tage in Aussicht stehen, erlauben mir dies nicht. - Ich weiß nicht, welche dramatische Bearbeitung Sie für Ihre Bühne gewählt haben; über die Gaßmannsche in Hamburg aufgeführte habe ich von einem Maler in Hamburg, der mich soeben verlassen hat, eine sehr unliebsame Kritik vernommen, indessen mag Andern dies anders erscheinen ...“. 1870 waren zwei konkurrierende Bearbeitungen des Stoffes erschienen. Der in Hamburg geborene, zeitweilig in Rostock engagierte, ausgezeichnete Komiker Theodor Reusche konnte das mecklenburgische Platt auf der Bühne annähernd authentisch wiedergeben. Der in Berlin äußerst beliebte Künstler ließ sich später ans Wiener Burgtheater locken, wo er ebenfalls höchst erfolgreich war, sich jedoch nicht wohlfühlte.
2435 Reventlow, Franziska (Fanny) Gräfin zu, Schriftstellerin, Übersetzerin und Malerin, berühmt als „Skandal-Gräfin“ der Münchener Bohème (1871-1918). Eigh. Brief m. U. „F. Reventlow“. 31/2 S. Gr. 8vo. Tigani (Korfu, Griechenland) 5.IX. (1906). 1.200 € Vom Griechenland-Aufenthalt mit „Adam und Bubi“ an den ihr befreundeten Schriftsteller Oscar A. H. Schmitz (1873-1931), wie sie ein Angehöriger der Münchener Bohème. „... Wenn wir Sie jetzt erwischen
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ begegnen, so müssen Sie es mir schreiben ... Wir sind sehr gespannt von Don Juan zu hören“. - 1906 erschien Schmitz‘ Buch „Don Juan, Casano va und andere erotische Charaktere“, mit Umschlagzeichnung von Alfred Kubin, bei Axel Juncker in Stuttgart. - Gelocht. - Selten.
2436 Rilke, Rainer Maria, Dichter (1875-1926). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „R. M. R.“. 11/2 S. auf 2 Bl. Briefpapier des „Hotels Marienbad, München“ (rückseitiger Aufdruck). Gr. 4to. (München 1914). 6.000 € „Hymne (zweiten und dritten August)“. 28 Zeilen: „Zum ersten Mal seh ich dich aufstehn / hörengesagter fernster unglaublicher Kriegs-Gott! / Wie so dicht zwischen die friedliche Frucht / furchtbares Handeln gesät war, plötzlich erwachsenes ... Endlich ein Gott. Da wir den friedlichen oft / nicht mehr begriffen, ergreift uns plötzlich der Schlacht-Gott, / schleudert den Brand: und über dem Herzen voll Heimath / schreit, den er donnernd bewohnt, sein röthlicher Himmel.“ Der erste der bei Beginn des Weltkriegs entstandenen „Fünf Gesänge“. Der wegen einer ärztlichen Behandlung in München weilende Dichter wurde vom Kriegs ausbruch überrascht und schrieb die Verse in seinen Band mit Hölderlin-Gedichten, aber, wie das vorliegende Manuskript zeigt, auch auf Münchener Hotelpapier. Rilke hat sich schon 1915 davon distanziert, aber die nach Vorbildern Pindars und Hölderlins gestalteten Verse wurden Rilke von einer besserwisserischen Nachwelt genauso übelgenommen wie die Kriegsbeginn-Dichtungen vieler anderer Autoren. - 1 Bl. rückseitig leicht angeschmutzt; 1 kleiner Faltenriss. - So frühe und umfangreiche Gedichtmanuskripte Rilkes kommen nicht mehr oft vor. Abbildung Seite 46
„Es drängt alles nach einer Reform“ 2440
2437 - Eigh. Brief m. U. „Rainer Maria Rilke“. 21/4 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Westerwede bei Bremen 9.I.1902. 2.000 €
könnten, würde es Ihnen sehr schlecht gehen. Wenn man doch schon einmal auf den weißen Hirsch [das berühmte Dresdener Sanatorium] gekommen ist, kann man auch mal einen anständigen Brief schreiben ... Wir haben inzwischen sehr viel Pech gehabt ...“. Berichtet über eine Erkrankung auf der Reise, die sie zwang, 4 Wochen in einem Hotel zu bleiben. Bei einem schweren Ohnmachtsanfall habe man sie für tot gehalten und beraten, was nun zu tun sei. „... Seit 14 Tagen sind wir wieder hier in Tigani und ich bin gestern zum erstenmal wieder ausgegangen. - Der arme Adam hat infolgedessen sehr viel Zeit verloren und wird noch 2 Monate hier brauchen. Also bis Ende Oktober. Ich hab aus diesem und noch andern Gründen, wenn auch mit etwas schwerem Herzen, Paris aufgegeben. a, möchte ich eben diese 2 Montae noch hier bleiben, weil es wunderschön ist ... b, weil Paris sehr viel Geld kosten würde c, weil ich jetzt glücklich meinen Roman angefangen habe und das Gefühl habe damit in Zug zu kommen. Paris würde mich wieder gründlich herausbringen. Schmerzlich ist es trotz alledem, aber ich baue meine Zukunftspläne zum großen Teil auf das Gelingen des Romans. Und damit werde ich jedenfalls weiter kommen, wenn ich noch 2 Monate hier und dann den Winter in München in möglichster Zurückgezogenheit daran arbeite ...“. Erwägt nochmals einen „Abstecher“ nach Paris, auch wenn das problematisch sei, „besonders auch wegen dem Geldpunkt. Ich muß dann ja gewissermaßen von vorn wieder anfangen. Bis der Roman fertig, brauche ich [den Verleger] Langen noch und so lange ich ihn brauche, würden mir anderweitige Uebersetzungen ... etwas helfen. Sollten Sie in Paris irgendwelchen glänzenden Aussichten für mich
An den Theater- und Kunstkritiker Georg Fuchs (1868-1949), der als Vorkämpfer der Theater- und Kunst-Reformbewegung später (ab 1908) das Münchner Künstlertheater leitete. Rilke hatte drei Tage zuvor erfahren, daß sein Studien-Stipendium aus dem Legat von Jaroslav Rilke Mitte des Jahres auslaufen werde, weil seine Cousinen nach Rilkes Heirat seine Studienzeit als abgeschlossen betrachteten. Auf fieberhafter Suche nach einer festen Anstellung wendet er sich an Fuchs, der gerade Erfahrungen mit der Darmstädter Künstlerkolonie „Mathildenhöhe“ gemacht hatte, die er gemeinsam mit dem Designer Alexander Koch in dem Katalog „Ein Dokument deutscher Kunst. Großherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Okto ber 1901“ dargestellt hatte. Rilke erkundigt sich nach Möglichkeiten, in Darmstadt eine Stellung zu finden. „... Eine unerwartete Veränderung in meinen Verhältnissen, welche verhängnisvoller Weise gerade jetzt, da ich mir in der Einsamkeit das ersehnte Heim gebaut habe, eintrat, zwingt mich, ohne langes Zögern einen Erwerb zu suchen ...“. In diesem „Augenblick der Bestürzung“ frage er deshalb: „... gäbe es in Darmstadt einen Platz für mich? 1. Bei einer Zeitschrift. 2. Böte das nun mal bestehende Theater der Kunst-Colonie nicht willkommenen Anlaß ein Schauspielhaus in unserem Sinn, ein Maeterlincktheater z. B. zu schaffen. Der Raum ist da, die Kräfte würden sich finden, das Publikum auch. Es drängt alles nach einer Reform auf diesem Gebiete - die Zeiten des ‚Deutschen Theaters‘ sind um, seine an sich treffliche Schulung ist für neue Dramen, (die gewiß schon da sind,) ungeeignet, und noch bereitet sich nichts Neues vor; ich inszeniere jetzt in Bremen ‚Schwester
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________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Beatrix‘, die zur Wiedereröffnung der dortigen Kunsthalle aufgeführt werden soll. Dabei sehe ich wieder, wie sehr Maeterlinck doch auf dem Wege eines kommenden Dramas liegt ... und welche Freude es macht, seinen Absichten selbstdenkend nachzugehen. - Wenn der dem Neuen geneigte Fürst [Ernst Ludwig, Großherzog von von Hessen-Darmstadt, 1868-1937] durch den Zerfall der Colonie momentan auch vielleicht mißtrauisch geworden ist, wäre es des Versuchs nicht wert, sein Augenmerk solchen Plänen zuzuwenden? 3. Giebt es keinen Platz an einer Sammlung, in einem Kunstsalon den ich ausfüllen könnte ... Bei einer Anstellung wäre auch meine Kenntnis des Russischen u. russischer Kunst ein Stützpunkt ...“. - Dem erwähnten „Deutschen Theater“ in Berlin unter der Direktion Otto Brahms wurde von den Neuromantikern vorgeworfen, im Naturalismus erstarrt zu sein. Gleichzeitig wurde in vielen Bereichen der Kunst und Kultur nach Reformen gerufen, und auch Georg Fuchs verfaßte 1904 eine programmatische Schrift „Die Schau bühne der Zukunft“. - Einriss in der vertikalen Falte des Doppelblattes; sonst sehr schöner Brief, der den Dichter in den Reihen der Theater reformer zeigt.
um ein Jahrhundert zurück versetzt zu sein. Auch die menschliche Wärme, ich möchte sagen Brüderlichkeit tut wohl. Überall noch ein herrliches Handwerk, Eisen und Holzarbeit und Ceramik zu finden und die schöne Strenge der Interieurs war ein wirkliches Bad nach all der Warenhausfracht des übrigen Continents ... Nun soll die französische Ausgabe, die einzige, die ihre Rechtfertigung in etwa 70 Übertragungen hat, Ende Januar beim ‚Mercure de France‘ erscheinen ... Eigentlich bedaure ich dass ich mich überreden liess es in‘s Deutsche zu übertragen. Es ist ja schon so unendlich viel über R.[ilke] dort geschrieben. Trotzdem war im Allgemeinen die Presse freundlich, mit 2 allerdings giftig verleumderischen Ausnahmen. Nun damit muss man rechnen wenn man in solches Wespennest sticht, denn R. scheint ja einiger Leute Privateigentum. Jedenfalls bin ich froh endlich zu meiner Malerei zurückgekehrt zu sein; das ist ein stilles, inniges Gewerbe, das keiner mit Spitzfindigkeiten verdrehen kann ...“ [17.XI.1952]. - Das Buch erschien 1952 unter dem von ihr gewünschten Titel „Wege mit Rilke“, in Frankreich 1953 unter dem Titel „Une image de Rilke“. - Beiliegend eine französisch beschriftete Visitenkarte der Künstlerin.
Abbildung Seite 47
„Rilke scheint ja einiger Leute Privateigentum“ 2438 - Albert-Lasard, Lou, dt.-franz. Malerin der Moderne, zeitweilig Geliebte Rilkes, Mitglied der „Novembergruppe“, in Paris befreundet mit vielen Künstlern der Moderne (1885-1969). 7 eigh. Briefe m. U. „Lou AlbertLasard“. In deutscher Sprache. Zus. 111/2 S. Gr. 4to. Frankfurt und Paris 1951-1952. 750 € An den Berliner Musik- und Ballettkritiker Klaus Geitel, der ihr für die Ausgabe ihrer Rilke-Memoiren den S. Fischer Verlag vermittelt hatte. Die sich daraus ergebenden Fragen und Probleme, ihre Verhandlungen mit Bermann-Fischer und ihre Ausstellungspläne in Deutschland sind die Themen ihrer Briefe an Geitel, der sie in manchem berät. Schon der vom Verlag gewünschte Titel gefällt ihr überhaupt nicht: „... Das Buch soll bald erscheinen und mit Sorgfalt verlegt werden. Wir haben nur ein Stein des Anstosses. Herr Bermann will als Titel die Anfangszeile eines Gedichtes [von Rilke] an mich wählen, nämlich ‚Sind wir‘s Lulu, sind wir‘s, oder grüssen ...‘ und dann verloren auf dem Schutzumschlag ein Faksimile des ganzen Gedichts. Ich finde den Titel unmöglich und Skandal erweckend. Ich wollte nur sagen ‚Wege mit R. M. Rilke‘. Schreiben Sie gleich auch an Bermann, Ihr Gefühl. Er ist sehr eilig + will sofort den Umschlag zeichnen lassen. Er will etwas Auffallendes um sich von den vielen Rilke-Veröffentlichungen zu unterscheiden. Ich bin aber unglücklich über diesen Titel der mich einfach unmöglich macht. Hier sind sie fünf, enthusiastisch dafür - ich allein, welche Minorität, entsetzlich dagegen [Frankfurt 20.XI.1951] ... Ich sehne mich sehr nach meiner Arbeit, denn das Schreiben war nur ein kleiner Abweg. Leider kann ich mich nicht entscheiden hier mit Calman-Levy abzuschliessen, ich finde die Gedichte, die ja in der französischen Ausgabe einen viel grösseren Raum einnehmen, passen nicht in diesen Verlag. In der nächsten Nummer von ‚Arts‘ wird eine Seite Auszüge aus dem Buch bringen ... Ja, Sie haben recht, es ist zu umständlich, in Berlin auszustellen, ich werde mich wohl auf Süddeutschland beschränken, wenn ich es überhaupt unternehme ... Vor Berlin fürchte ich mich offen gestanden ein wenig, habe es immer getan [23.XII.1951] ... Ich soll nun doch Anfang Mai nach Berlin kommen. Ich bin aufgefordert dort in Tempelhof eine Ausstellung von Aquarellen zu machen, fände es aber angemessener, wenn ich es in der ‚Maison de France‘ täte, wo ich gleichzeitig deutsch und französisch Gedichte von Rilke lesen könnte [Paris 5.IV.1952] ... Als Sie durch Paris fuhren, war ich in Spanien ... Es wirkt ... beruhigend im Täglichen
„für Parodistisches ganz unbefähigt“ 2439* Ringelnatz, Joachim (d. i. Hans Bötticher), Lyriker, Erzähler, Kabarettist und Maler (1883-1934). Brief m. U. „Ringelnatz“. 2/3 S. Gr. 4to. München 26.VIII.1926. 180 € An Walter Zadek, Redakteur beim Berliner Tageblatt: „... Ich habe den Kitsch nicht vergessen, aber es gelingt mir nichts. Ich bin wohl überhaupt für Parodistisches ganz unbefähigt. Rechnen Sie lieber nicht mit einem Beitrag von mir für dieses und das andere Thema ‚Künstlerische Doppelbegabungen‘. Wenn ich aber etwas anderes Ihnen vorzulegen habe, werde ich mich gern melden ...“. - Gelocht und mit kleineren hinterlegten Randeinrissen.
2440 Robert-tornow, Walter, Berliner Bibliothekar und Dante-Übersetzer, Urenkel des Bankiers Marcus Levin Cohn, ab 1888 Bibliothekar der Hausbibliothek Kaiser Friedrichs III. im „Weißen Schloss“ zu Berlin (1852-1895). Sammlung eigener Gedichtmanuskripte. Montiert in ein Leder-Album d. Z. (etwas berieben und bestoßen) mit dezenter Filetenvergoldung, vergold. Innenkanten und Goldschnitt. 25 x 22 cm. (Berlin 1870-1895). 600 € „Buch der Leidenschaft“. Sammlung von 151 eigenen und eigenhändig geschriebenen Gedichten: Natur-, Jahreszeiten- und Liebeslyrik, Reiseeindrücke aus Italien, Landschaftsschilderungen („Herbst in Pommern“), Patriotisches, Gelegenheitsgedichte an und über Verwandte oder zum Tode Kaiser Wilhelms I. Auch Humoristisches und Kurioses findet sich: Ein „Raucherduett“ beginnt: „Wie froh bin ich mit dir allein / Im süssen Tabacksduft / Und blase blaue Ringelein / Weit in die blaue Luft! / Kaum ist der Eine hin, / Da wird der And‘re wach, / Sie drängen sich und lösen sich - Wir lachen ihnen nach ...“. Einige Gedichte datiert, das letzte zwei Monate vor dem frühen Tod des Dichters auf Helgoland. Sehr viele Verse mit Text-Verbesserungen, etliche komplett durchgestrichen. Formal immer perfekt gestaltete, nachdenkliche Dichtungen eines durch körperliche Verkrüppelung benachteiligten Junggesellen, in ihrer Qualität durchaus auf der Höhe der Zeit. - Beiliegend eine große Porträt-Photographie des Autors (23 x 15,5 cm) aus dem Berliner Atelier Carl Günther. - Über Walter Robert-tornow, der zum Bekanntenkreis Theodor Fontanes gehörte, hat sich Fontane in einem Brief an Georg Friedlaender
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ damit machen koennen was sie wollen [.] schick mir also die boxen ... so schnell wie moeglich [.] das gedichtbuch hat verzoegerung erfahren das ging auch bei mir mit dem geld dazu nicht so fluessig ... DER TITEL SOLL SEIN: HERZASS ...“. - Faltenrisse unauffällig unterlegt. Beiliegend der gedruckte „gelbe Zettel“ mit dem Impressum und Roths eigenh. Zusatz „oder eigene bilder zu schaffen.“.
2442 Roth, Eugen, Münchener Dichter, berühmt für seine philosophischen „Ein Mensch“-Verse (1895-1976). Eigh. Manuskript m. U. „Eugen Roth“. 1 S. Auf liniiertem Papier. O. O. u. J. 150 € „Glückliche Menschen“. Eine Anekdote über seine Eltern, die man stets für glückliche Menschen hielt und die der Freund Georg Schaumberg zur Reise beglückwünschte, während der Vater (oder die Mutter) in Wirklichkeit auf dem Weg ins Krankenhaus war und hierfür ein Köfferchen trug. - Über- und Unterschrift sind vom Autor nachträglich angefügt. - An zwei Seiten beschnitten. - Beigegeben: Jakob Christoph Heer, Schweizer Schriftsteller (1859-1925). Eigh. Albumblatt m. U. „J. C. Heer“. 1/2 S. Gr. 8vo. Mit Umschlag. Rüschlikon, Juli 1912. - Geschrieben auf Büttenpapier für Fräulein Therese Pincus aus Berlin, die sich im Urlaub in der Schweiz befand. „In leicht bewegten Schicksalsbildern, / Vom Strahl des Schöpfers überflammt, / Die Macht der Frauenseele schildern - / Das ist des Dichters schönstes Amt.“ 2445
ausführlich und interessant geäußert: „... Der vorgenannte Robert-Tornow (ganz kleiner Pucklinski) ist Bibliothekar des Kaisers und wohnt im Schloß, er hat eine kolossale Kenntniß der ganzen Hofgesellschaft und ihres Klatsches, denn er ist seit Jahren persona gratissima bei der Kaiserin Friedrich, zum Theil aus Dankbarkeit dieser, denn sie hat ihm eine berühmte Sammlung ... abgeluchst. Diese Sammlung von Glas-, Porzellan-, Majolikararitäten befand sich in Tornow bei Potsdam, wo der alte Robert (Tornow ist blos Zuname) wohnte und diesem ging die Kaiserin so lange um den Bart, bis er ihr die höchst wertvolle Sammlung vermachte ... Zum Ausgleich dafür hat man den Sohn oder ErbNeffen ... zum Bibliothekar gemacht. Er ist einer der feinsten kleinen Kerle, auch seine Röcke und Stiefel würden Ihnen imponiren, die mir je vorgekommen sind; jeder Satz den er sprach wirkte wie ein Pfeil mit Goldspitze, womit er indeß nicht schoß, sondern nur kitzelte; man fühlte aber, daß er auch schießen könne. Dabei nichts von Ueberheblichkeit oder vordringlichem sich ausspielen wollen ...“ (7.XI.1893). Abbildung Seite 48
2441* Roth, Dieter, Graphiker, Schriftsteller und Aktionskünstler (1930-1998). Masch. Brief mit eigh. Zusätzen und U. „D. R.“. 1 S. Gr. 4to. Mit eigh. Umschlag. Providence, R. I. (USA) 13.I.1966. 350 € Mit gestempeltem Briefkopf „Diter Rot“ an den Galeristen und Verleger Jes Petersen (1936-2006) in Berlin: „... dank fuer brief und probe des gelben zettels! schade dass der zettel schon gedruckt ist ich hatte naemlich gehofft die idee: dass die leute ihre eigenen bilder machen koennen sollte die haupt sache sein ... aber im grunde macht das nichts! die kerle die das ding kaufen werden schon dran denken dass sie selber
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2443 Rückert, Friedrich, Dichter, Orientalist und Übersetzer (1788-1866). Eigh. Brief m. U. „Rückert“ und Adresse. 1 S. Gr. 8vo. Berlin 20.I.1843. 750 € An Charles Lewall in Karlsruhe. Er sei sehr erfreut worden durch die Nachricht, „daß Sie und Ihre Frau Gemahlin noch immer meine Gedichte zu einem Gegenstand Ihrer liebevollen und kunstfleißigen Übersetzungsthätigkeit machen. Einem einsamen deutschen Dichter, von der Welt abgewendet, (das bin ich, seit hier in der Hauptstadt, mehr denn eh) kann nichts so erfreulich seyn wie die Theilnahme eines geistvollen Mannes Ihres mit dem Weltsinn vorzugsweise begabten Volkes. Wäre die Entfernung nicht zu groß, so würde ich Ihnen meinen neuesten Versuch, einen dramatischen, Saul und David, zusenden ... Wenn Sie Wangenheim (den ich vor 2 Monaten gesund verließ) in Coburg besuchen, so vergessen Sie nicht, daß ich im Sommer nur eine Viertelstunde davon, in Neuseß, wohne. - Ihre finnischen Runen sind mir seit längerer Zeit bekannt; eine davon, die vom alten Wäinämöinen und seinem Kantele (Saitenspiel) hat Graf Platen aus der schwedischen Übersetzung ins Deutsche übersetzt ...“. - Einrisse restauriert; die Adresse mit Post-Stempel und -Vermerken. - John Charles Lewall (ca. 1817-1859) hatte in Jena Philosophie studiert und war 1838 dort promoviert worden.
2444* Sachs, Nelly, Schriftstellerin, Nobelpreisträgerin (1891-1970). Eigh. Briefkarte m. U. „Nelly Sachs“. 2 S. Quer-8vo. Mit eigh. Umschlag. Stockholm 5.1.1967. 300 € An den Journalisten und Schriftsteller Hans Eberhard Friedrich (1907-1980): „... Ihr lieber Brief mit der Beilage hat mich tief ergriffen und ich danke Ihnen von Herzen dafür. Ja Sie haben Recht ‚Und nie mand weiß weiter‘ [1957] war wirklich der Durchbruch und daß die Anregung an den wagemutigen [Hamburger Verlag] Ellermann von
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Ihnen kam, freut mich doppelt. Nun frage ich ob Sie den Sonderdruck ‚Die Suchende‘ schon bekommen haben, sonst sende ich von meinen eigenen Exemplaren ...“. - Friedrich war 1965-67 Feuilletonchef der „Welt“.
2445 Saphir, Moritz Gottlieb, heftig umstrittener Kritiker, Publizist, Schriftsteller Satiriker und Lyriker (17951858). Eigh. großes Albumblatt mit zweifacher Unterschrift „M. G. Saphir“. 2 S. Doppelblatt, von dem die erste Seite mit einer ganzseitigen Lithographie gefüllt ist. Gr. 4to. O. O. (wohl um 1830). 180 € In der Mitte des Bildes, das gerahmt von reichen Blumenranken den Blick in eine Landschaft gewährt, während oben auf einem Felsen bzw. einem Podest ein Lautenspieler und eine Harfenistin sich gegenüberstehen, schreibt Saphir: „Kehren Sie um (:das Blatt:) wenns gefällig ist; - vom Umkehren sind jezt gar viele glüklich geworden. MG Saphir“. Auf der Rückseite des Blattes fährt er fort: „Wenn der Teufel jezt nicht bald die ganze Welt hohlt, so ist der Teufel werth daß ihn der Teufel hohlte! - Dieses bestätige ich mit Wort und Schrift und bin erbötig es vor dem jüngsten Gericht eidlich zu erhärten. M. G. Saphir“. Als Ort und Datum nennt er: „Erde 6000 Jahr nach Dummheit gebaut am Tage der allgemeinen Schlechtigkeit.“ - Sehr typische Saphir-Texte. Abbildung
2446* Schaukal, Richard von, österr. Lyriker, Erzähler und Essayist (1874-1942). Eigh. Manuskript m. U. „Richard Schaukal“. 7 S. auf 7 Bl. Gr. 4to. (Wien 1908). 350 € Recht umfangreiches autobiographisches Manuskript: „Mit dem Herbst des Jahres 1904 hatte sich eine neue Epoche meines Schaffens eingeleitet. Die ‚Ausgewählten Gedichte‘ waren erschienen. Sie zeigen sich mir als sparsame, oft erwogene und vielfach geläuterte Lese aus einer vorzüglich lyrischen Dekade ...“. Ab Seite 4 bis zum Schluß wechselt Schaukal zu selbstinterpretatorischen und allgemeinen ästhetischen Betrachtungen über Literatur und Kunst. Am Schluß heißt es: „... Das Gestaltende, die Form ist nicht der Sinn der Kunst. Aber ohne die Form ist Kunst ohne Sinn. Die Doktrinären und Rationalisten, die immer auf Scheidung aus sind, gelangen nie zur Einheit ... Vernunft zerbricht die Welt. Kunst erhält sie.“ - Mit vielen Verbesserungen und Einschüben; im übrigen schöne Dichterhandschrift. - Beiliegend ein eigh. Verzeichnis seiner Veröffentlichungen bis 1908, mit Angabe der Verleger. 31/2 S. auf 3 Bl. Folio und gr. 8vo. (Wohl ebenfalls Wien 1908). Abbildung
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2447* Schlegel, August Wilhelm von, Dichter, Übersetzer, Philologe und Literaturhistoriker (1767-1845). Eigh. Billet mit Namenszug am Beginn. 1 S. auf Karton. 6 x 9 cm. (Wohl Bonn um 1835). 200 € „Professor von Schlegel beehrt sich Herrn Dr. Bobrik auf Donnerstag d. 19. November um zwei Uhr ergebenst einzuladen. U. A. w. g.“ - Es handelt sich um den Philosophen Eduard Bobrik (1802-1870). - 2 Beilagen: I. Ein ähnliches Billett, jedoch von Schreiberhand, für die „OberConsistorialräthin Augusti“, die „zum Thee und zur Abendgesellschaft“ eingeladen wird. - II. Gestoch. Visitenkarte auf Glanzkarton „Professor A. W. von Schlegel“ (ca. 4 x 7 cm). Abbildung
2448 Schlegel, Dorothea, Tochter Moses Mendelssohns, in zweiter Ehe mit Friedrich Schlegel verheiratet, Schriftstellerin und Literaturkritikerin (1764-1839). Eigh. Brief m. U. „Dorothea v Schlegel“. 31/2 S. Gr. 8vo. O. O. (ca. Juni 1835). 600 € An den ihr befreundeten Wiener Kaufmann Stanislaus Doré de Beauville (1796-1860), der ihr den Tod seiner Gemahlin mitgeteilt hatte, der ehemaligen Schauspielerin Franzisca, geb. Caspers, die am 18. Mai verstorben war. Sehr ausführlicher, mitfühlender Kondolenzbrief, in der Dorothea die Verstorbene ihre „unvergessliche, liebe, liebenswürdige Freundin“ nennt. „... Ich habe hier eine h. Messe für die Ruhe ihrer lieben Seele lesen lassen, bey welcher meine ganze Familie zugegen. 2447
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ und lasse Ihnen in Ihrer lieben Marie [seiner Tochter, 1827-1896, verh. 1863 mit Leonhard Stankiewicz von Mogila] die Erneuerung der Freude des Lebens finden. Ich denke sehr oft an dieses liebe Kind, von deren Anmuth und vorzüglichen Geistes Gaben, ich noch kürzlich durch Frau v. Walter und ihren Töchtern viel erwünschtes hörte ...“. Die verstorbene Franzisca Caspers gehörte 1800-1802 dem Weimarer Hoftheater an, wo sie Goethes Beifall fand. - Anrede und Unterschrift des Briefes von zeitgenöss. Hand (kaum störend) erläutert. Abbildung
2449* Schnitzler, Arthur, österr. Dramatiker und Erzähler (1862-1931). Brief m. U. „Dr. Arthur Schnitzler“. 2/3 S. auf grauem Papier. Mit gedrucktem Briefkopf und Umschlag. 4to. Wien 5.X.1909. 200 € An Karl Pohl, Regiekanzlei des k.k. Hofburgtheaters in Wien: „... Beigeschlossen sende ich Ihnen gerne die gewünschte Empfehlung an meinen Schwager [den Laryngologen Markus Hajek, 1861-1941] und hoffe die Sache wird für Ihre Frau von bestem Erfolg begleitet sein ...“.
2450 Schoppe, Amalie, Hamburger Schriftstellerin, Kinder- und Jugendbuch-Autorin, Mäzenin des jungen Friedrich Hebbel, Herausgeberin zweier Zeitschriften, Leiterin einer Erziehungsanstalt für Mädchen, starb in den USA (1791-1858). Eigh. Brief m. U. „Amalie Schoppe, geb. Weise“ und Adresse. 2/3 S. 4to. (Hamburg), Billwärder-Deich 16.IV.1834. 150 €
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Alle Mitglieder derselben (ganz insbesondre mein Sohn Philipp) die sie gekannt haben, lassen Ihnen ihre innigste Theilnahme bezeigen. Auf Philipp [Veit] hat die liebe Franzisca immer viel gehalten, und auch er war ihr immer wie ein jüngerer Bruder zugethan. Er betrauert von Herzen ihren frühen Tod ... Ich sagte, daß uns die plötzliche Nachricht überraschte, u so ist es, obgleich ihre längere Krankheit uns schon seit einiger Zeit hätte vorbereiten sollen, sie selber auch in ihrem letzten Briefe von ihrem nahen Ende schrieb; ich hielt dies aber für eine etwas übertriebene Aengstlichkeit und baute zu sehr auf ihre immer rege Lebenskraft, die sich in jedem Worte aussprach; trotzdem daß die Freunde in Wien sehr bedenklich über ihren Zustand schrieben glaubte ich es nicht ... Meine erste Vorstellung, wenn ich an sie denke - und dies geschieht täglich - ist immer wie sie thätig, heiter, und die Seele ihrer Umgebung in ihrem häuslichen Kreise, unter den Freunden sich bewegt, und nur eine zweite Reflexion führt mir den unersetzlichen Verlust vor die Erinnerung ... wie waren die selten sich zusammen findenden Eigenschaften des Geistes, des Herzens, der Ausbildung, der Treue, Heiterkeit, Güte, Anmuth, und wahrhafte christliche Frömmigkeit in dieser liebenswürdigen Seele vereinigt! ... Gott erhalte Sie gesund, lieber Stanislaus ...
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An den Schauspieler, Almanach-Herausgeber und Dramatiker Friedrich Ludwig Schmidt, Direktor des Hamburger Stadttheaters (17721841), der ihr offenbar eine befristete Dauerkarte für das Stadttheater ausgestellt hatte. „... Wenn ich Ihnen ... meine nur bis ult: März gültige Karte nicht schon am letzten März zurückstellte; so möge ein böses kaltes Fieber, dessen Beute ich auch dieses Jahr war, mich bei Ihnen entschuldigen; daß ich über die bestimmte Zeit hinaus keinen Gebrauch davon machte, versteht sich wohl von selbst. - Sollte Ihre Güte mir auch für dieses Jahr einen Platz zudenken; so bitte ich Sie, die Karte in meiner Expedition, bei Tramburgs Erben im Brodschranzen, abgeben lassen zu wollen. Auf jeden Fall lebhaftesten Dank für Ihre zeitherige Güte! ...“. Kleiner Siegel-Ausriss.
„etwas mehr Wolkenhaftigkeit“ 2451 Schreiber, Aloys, Lehrer und Professor der Ästhetik, Badischer Hof-Historiker, Schriftsteller, Publizist und Herausgeber von Reisehandbüchern (1761-1841). Eigh. Brief m. U. „. Schreiber“. 2/3 S. Doppelblatt mit Adresse. 4to. (Karlsruhe) 24.IV.1816. 150 € An die Verleger Gebr. Wilmans in Frankfurt a. M., wegen der Abdrucke von Kupfern und seinen Beiträgen für Taschenbücher und andere Periodika. Schickt „anliegend die Probedrucke zurück. ich bin mit der Arbeit des Stechers sehr zufrieden, denn sie ist mit Sinn und Liebe gemacht. Sie verbinden mich, wenn Sie mir, von jedem Blättchen einen guten Abdruck auf ein Quartblatt machen lassen. ist das Original von no. 1 ein guter Druck (ich meine die Zingara u. Correggio von por-
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poruti) und wollen Sie mir ihn ablassen, so erstatte ich Ihnen gern die Kosten. - Das Gedicht erhalten Sie nun bestimmt mit Anfang Mai, und mit dem übermorgenden Postwagen die Beiträge für Ihr Taschenbuch u. den Wintergarten ... Könnte der Künstler der Wolke in no. 3 auf welcher der Engel ruht, etwas mehr Leichtigkeit und, wenn ich so sagen darf, Wolkenhaftigkeit geben, so wärs wohl gut.“ - Die Zeitschrift „Der Winter garten“, herausgegeben von Stephan Schütze, erschien 1816-1822 bei Wilmans. - Siegel-Ausriss.
2452 Schröder, Rudolf Alexander, Lyriker und Erzähler (1878-1962). Eigh. Brief mit U. „Schröder“. 1 S. Gr. 4to. O. O. 2.III. o. J. 200 € An einen Professor Maier in Wien, der einen Vortragsabend Schröders vorbereitet. „... Hier schicke ich Ihnen Brentano-Lieder. Ich habe die, die ich am liebsten hören würde, mit Bleistift angekreuzt. Herr [Raoul] Aslan wird sie wohl nicht alle lesen können u. selber seine Auswahl treffen. Ich will sehen, dass ich meinen Vortrag auf 1/2 - 3/4 Stunden höchstens einschränke ... Ich werde Samstag Nachmittag um 4 in Wien eintreffen. Samstag Abend, Sonntag nachmittag, Montag, Dienstag abends u. Donnerstag abends habe ich Lesungen u. Vorträge, dann Freitag bei Ihnen. Wegen der Einzelheiten erkundigen Sie sich am besten bei Pfarrer Traar Wien 1 Schellinggasse 12 ...“. - Georg Traar (1899-1980) war evangelisch-lutherischer Jugendpfarrer und Superintendent in Wien.
2453 Sporschil, Johann Chr., Schriftsteller, Historiker und Übersetzer (1800-1863). 2 eigh. Briefe m. U. „Sporschil“. Zus. 21/2 S. Doppelblätter mit Adresse und Siegelresten. Gr. 4to. (Reudnitz) 21.VII.1835 und 1.II.1837. 150 € An den Buchhändler Weber in Leipzig. Im ersten Brief bestätigt er den Empfang eines Druckbogens. Er habe sich allerdings hier und da gewundert, doch sei er in französischer Grammatik nicht sicher genug, um zuverlässig kontrollieren zu können. Weber möge einen kundigeren Mann mit dem Korrekturlesen beauftragen. - Im zweiten Brief empfiehlt er einen Nationalökonomen und Münz-Fachmann. „... Er schreibt an einem Werke: ‚Der Staat und das Aktienwesen, oder Rechte und Pflich-
ten des Staates einer Aktienunternehmung gegenüber‘. Ich halte seine Schrift für äußerst zeitgemäß, denn weit entfernt, daß die Aktiengeschichten vorüber sind, werden sie sich erst in großem Maßstabe entwickeln, und wahrscheinlich eine wesentliche Umwälzung in der Anlegung und Verzinsungsart der Kapitalien hervorbringen ...“. - Gebräunt.
2454 Stammbuchblätter deutscher Gelehrter und Schriftsteller des Barock. 26 Bl. Teils auf Untersatzblätter gezogen. Verschied. Formate. 1593-1735. 600 € Außer Stammbuchblättern auch einige andere Schriftstücke. Vorhanden: Johannes Agricola (Coburg 1610). - Aegidius Agricola (Nürnberg 1637). - Hieronymus Agricola (Altdorf 1642). - Paul Antonius (akadem. Zeugnis, Halle 1716). - Johann Andreas Bose (Jena 1659). - Hieronymus Ernesti (1644). - Johann Faber (Straßburg 1616). - Johann Heinrich Faber (Augsburg 1631). - Johann Matthias Gesner (Besitzeintrag aus einem Buch, 1718). - Johann Friedrich Gronovius (Paris 1639). - Simon Friedrich Hahn (Helmstedt 1725). - Adrian de Linde (lat. Brief, Danzig 1668). - Heinrich Meibom (Helmstedt 1592). - Christoph Neander (Frankfurt 1626). - Christian Ohm (Rostock 1612. - Gottfried Olearius ( Leipzig 1706). - Johann Gottfried Olearius (Jena 1724). - Christoph Pincker (Leipzig 1639). - Johannes Pistorius. - Reiner Reineccius (Helmstedt 1593). - Erhard Reusch (Helmstedt 1735). - Johann Georg Richter (Nürnberg 1648). - Johannes Sartorius (lat. Manuskript). - Andreas Sennertus (Wittenberg 1643). - Gerhard Titius (Helmstedt 1651) / rückseitig: Johannes Meisner (Wittenberg 1623). - Johann Andreas Walther (Biedenkopf 1712) / rückseitig: Hoffmann (Gießen 1712). - Einige Bl. stärker gebräunt. - Beiliegend ein stark angestaubtes Widmungsblatt aus einem Buch von Romanus Schmiedt (ca. 1558). Abbildung
2455 - Stammbuchblätter des Barock mit Wappen-Darstellungen. 6 Bl. Quer-kl. 8vo bzw. 8vo. Ca. 1590-1620. 250 € Vier der Blätter auch rückseitig beschriftet, eines von dem Leipziger Jura-Professor Elias Heidenreich (1619). - Gebräunt oder wasserfleckig; die Wappenmalereien jedoch kaum betroffen.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2456 Stammbuch des Christian August Hänel aus Nürnberg. 143 (statt 146) Bl., davon 86 S. beschrieben oder illustriert. Mit 20 meist ganzseit. Deckfarben-Malereien bzw. Aquarellen (davon 14 auf Pergament), 3 Federzeichnungen, 3 Rötelzeichnungen, 1 Bleistiftzeichnung und 1 Blumenstickerei. Quer-gr. 8vo. Lederband d. Z. (stärker beschabt; Kapitale bestoßen) mit reicher Blindprägung, punziertem Goldschnitt und Buntpapiervorsätzen. 1735-1753. 2.800 €
während 1 Bl. doppelt paginiert ist. - Leider konnte ein Inhaber des Stammbuchs „F. L. St.“ im 20. Jahrhundert es sich nicht verkneifen, in den 1930er Jahren selbst 2 aquarellierte Federzeichnungen mit erotischen Motiven dem Album einzufügen und „1739“ zu datieren. Dieser Stilbruch stört aber nur wenig angesichts der vielen schönen OriginalIllustrationen, die das Stammbuch zu einem kostbaren Sittenspiegel der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts machen. - Leichte Gebrauchsspuren; die Farben bemerkenswert frisch erhalten.
Ausnehmend reizvoll illustriertes Stammbuch zwischen Spätbarock und Rokoko. Obwohl der Inhaber auf S. 1 in einer reich verzierten und mit Ringsiegel versehenen, gereimten Widmung ausdrücklich die Bitte ausspricht, daß man ihm bei den Eintragungen zwar gern „ein Gemähld ein Bild ein Narren reichen“ könne, aber nur, wenn „nichts verdächtiges, nichts hesslichs drunter sey“, so weist doch der hohe Anteil an Bildern, Andeutungen und Versen erotischer Natur auf die Sinnenfreude des Rokoko hin. Unter den meist ganzseitigen Gouachen und Aquarellen befinden sich: das Hänelsche Familienwappen (ein Hahn mit einem Pfeil im Hals). - Ein verschlungenes und gekröntes Monogramm „CAH“. - Das Porträt eines sitzenden jungen Mannes, das sicherlich den Inhaber Hänel zeigt. - Ein junger Mann an exotischem Strand (auf dem Wasser ein Handelsschiff) unter einer Palme mit Wappenschild, der einer jungen Einheimischen eine Blume reicht. Die Dame hält ein großes brennendes Herz in der Rechten, das die Inschrift trägt: „Vergiß der Freundschaft nicht“, und unter ihrem Reifrock wird sichtbar, daß sie auf einer zertretenen Schlange steht. - Eine zweispännige Kutsche, auf der außer dem Kutscher ein junger Mann und zwei junge Damen sitzen, fährt zwischen Feldern auf ein in der Ferne liegendes Dorf zu. - Eine Matrone in einer Stube, die, auf einem Stuhl sitzend, einem vor ihr knieenden jungen Mann das entblößte Hinterteil versohlt; darüber das Motto „Amor vincit Amicitiam“. - Ein Arzt am Bett einer jungen Frau, daneben Amor, der auf den Namen Christian in einem Kalender zeigt; auf dem Tisch ein Zettel mit der Aufschrift „Amor vincit omnia“ und über dem Bild das Motto „Glück und Glas, wie bald wird eine Jungfrau zu waß“. - Ein sehr fein in Punktiermanier gemaltes Bild zeigt eine junge Frau, die den Rock an einem Bein bis übers Knie hochgezogen hat, während auf ihrer Schulter ein Raubvogel sitzt und unter ihrem Bein ein Fuchs sich bewegt. Dazu auf dem Nebenblatt der Spruch „Greiff oben, Fuchß unten, bey allen vergnügten Stundten“. - Ein Kind zeigt einer Frau, indem es einen Bettvorhang beiseite zieht, die Füße eines kopulierenden Paares. - Zwei Reiter zwischen Feldern, einer von ihnen soeben abgeworfen. - Ein junger Mann bei einer (vermutlich) Prostituierten; auf dem Tisch sein Geldbeutel. Dazu der Spruch: „Ein gut Gewissen ohne Sorgen, / Ein frisches Mädgen biß am Morgen / Ein Beutel nimer ohne Geld / mir allezeit sehr wohl gefällt.“ - Ein Feldlager mit drei Reitern im Vordergrund. - Ein sich mit Seifenblasen vergnügender Knabe, in reichem Schmuckrahmen. - Ein schlafender Landmann mit Sense über der Schulter in idyllischer Landschaft. - Mönch und Nonne in inniger Umarmung, beobachtet von einem zweiten Mönch. - Ein tanzender Harlekin, in der einen Hand einen geblümten Reifrock schwenkend, in der anderen eine rote Hose. - Eine Federzeichnung zeigt einen Raum mit Webstühlen und einer fröhlichen Tischgesellschaft sowie einer aufklappbaren Tür, hinter der ein Liebespaar zum Vorschein kommt, das durch Fenster über der Tür von einem Mann beobachtet wird. - Auch die in professioneller Qualität gefertigten Rötelzeichnungen zeigen erotische Motive. - Text-Eintragungen erfolgten in Nürnberg (1735-1736, Juni 1737, Juli 1739, 1746), Frankfurt a. M. (Ostermesse 1737), Schneeberg (1737), Annaberg (1738), Ulm (1739), Zurzach (Schweiz), Schaffhausen, Augsburg, Freyberg, Dresden (alle 1739) und Zwönitz, Niederzwönitz sowie Mittweida (1740). - Am Schluß ein Register von späterer Hand. - Gemäß der (späteren) Paginierung scheinen 3 Bl. zu fehlen,
Mit einem frühen Goethe-Zitat 2457 - des Pfarrers Johann Friedrich Hänel aus Schneeberg in Sachsen. 179 Bl., davon 153 S. beschrieben oder illustriert. Mit 8 Deckfarbenmalereien bzw. Aquarellen (davon 4 auf Pergament), 2 Rötelzeichnungen, 4 (2 kolor.) Federzeichnungen, 1 Grisaille-Tuschzeichnung und 1 Bleistiftzeichnung. Quer-8vo. Lederband d. Z. (berieben; Ecken und Kanten beschabt; Vorderdeckel lose) mit Resten von reicher Vergoldung auf beiden Deckeln sowie Goldschnitt und Buntpapiervorsätzen. 1768-1781. 1.800 €
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Abbildungen
Mit einer von Rocaille-Ornamentik umgebenen Widmung eröffnet Hänel „dieses Denckmal 1768 seinen werthesten Gönnern und Freunden“. Er bezieht in diesem Jahr die Universität Halle, wo sich sogleich eine Menge Beiträger für sein Stammbuch finden, besucht aber auch die Heimat seiner Familie, das Dorf Lauter (Sachsen), wo sich Hänels Eltern und weitere Verwandte eintragen. Andere Besuche gelten Hof und Wittenberg (dort mit Eintragung des Theologen Carl Gottlob Hofmann, 1703-1774), bis Hänel 1769 nach Leipzig übersiedelt. Hier studiert er bis 1772; von 1773 bis 1778 ist er in Dresden zu finden, schließlich 1780 und 1781 in Altdorf. In Halle tragen sich der Theologe Johann Abraham Rüdel (Bibliothekar und Inspektor der deutschen Schulen, 1698-1777) sowie der Theologie-Professor Johann Georg Knapp, Direktor der Franckeschen Stiftungen (1705-1771) ein. In Leipzig versieht 1769 der Philosoph und bedeutende Physiker Johann Heinrich Winckler (1703-1770) Hänels Stammbuch mit einem Beitrag, ebenso der Jurist Christian Ernst Ulrici (1750-1825), dessen Grabstein auf dem Friedhof der Dresdener Frauenkirche noch erhalten ist. Auch ungewöhnliche Personen wie der in Kapstadt geborene und in den Franckeschen Stiftungen aufgezogene Christian Friedrich Blettermann („Africanus“) widmen Hänel in Leipzig eine Eintragung. - In Dresden befreundet sich Hänel mit dem Theologen und Aufklärer Karl Traugott Thieme (17451802), verdienstvoll als Schriftsteller und als Rektor in Lübben, Merseburg und Löbau. Auch Paul Jacob Marperger, der Sohn des berühmten Nationalökonomen, trägt sich in Dresden ins Stammbuch ein, ebenso der Lehrer und Diakon Chr. Gottlieb Hildebrand von der Landesschule Pforta. - In Altdorf gesellt sich u. a. der Jurist Paul Friedrich Birkner (geb. 1756) hinzu. - Besonders bemerkenswert ist der Beitrag einer Tochter des Fabeldichters Magnus Lichtwer, Sophia Emilie Richter, geb. Lichtwer (1754-1830), die 7 Zeilen eines Liedes von Goethe zitiert: „Erdennoth ist keine Noth ...“ aus der ersten Fassung des Singspiels „Erwin und Elmire“, die 1775 zuerst im Almanach „Iris“ und noch im selben Jahr in weiteren Drucken erschienen war - vermutlich eines der frühesten Zitate eines Goethe-Gedichtes in einem Stammbuch. - Die Malereien und Zeichnungen, z. T. von hoher künstlerischer Qualität, zeigen u. a. eine Darstellung mit dem Hänelschen Familienwappen; 3 Damen beim Kartenspiel; eine Minerva, umgeben von zahlreichen Attribu ten der Künste und Wissenschaften; eine Dame am Spinett, diskutierend mit einem Kavalier; eine Szene mit König Salomo; eine sehr fein ausgeführte Tuschzeichnung von Gottlieb Volckamer von Kirchen
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sittenbach (1757-1814) mit der Abbildung einer weitläufigen Brunnenanlage vor einer bewaldeten Anhöhe (Altdorf 1781). - Auf der Rück seite der Darstellung eines dreistöckigen barocken Gebäudes hat Georg Hänel 1916 in Dresden notiert: „Ich habe 1911 festgestellt, daß umstehendes Haus das Herrenhaus der Porzellanfabrik Moschendorf bei Hof ist, welches 1768 als Papiermühle dem Johann Georg Munnerlich, Schwiegersohn von Chr. Aug. Hänel gehörte, also Großvater von Joh. Aug. Hänel auf Bl. 94“. - Derselbe Georg Hänel hat - gleichfalls 1916 in Dresden - auf einem Vorsatzblatt die Provenienz des Stammbuchs mit seinen Besitzern seit 1768 notiert. Am Schluß ein ebenfalls später gefertigtes Register der Beiträger. - Gebrauchsspuren; das Bleiweiß, das für Gesichter und andere Hautstellen verwendet wurde, ist stellenweise oxydiert; die Farben sonst gut erhalten.
(„Er wurde später auf dem Königstein Schloßprediger“). Die Illustrationen zeigen Blumen- und Früchte-Arrangements, Tempel und Denkmäler der Freundschaft, Landschaften, zwei Angler, zwei Wanderer im Finstern mit Laterne und anderes. Besonders reizvoll sind die zierlichen Seidenstickereien. - Dekorativer Band.
Abbildungen
2458 - der G. Dorothea Winzer aus Chemnitz. Ca. 130 Bl., davon 184 S. beschrieben oder illustriert. Mit 18 Aquarellen oder Gouachen, 4 Grisaille-Zeichnungen, 5 Seidenstickereien und 1 Seiden-Arrangement mit Trockenblumen. Quer-gr. 8vo. Brauner Lederband d. Z. (Kanten beschabt) mit intarsiertem Marmorpapier-Mittelstück auf beiden Deckeln, vergoldeten Bordüren und dem goldgepr. Aufdruck „G. D. W. 1794“, reicher Rückenvergoldung mit grünem Rückenschild „Zum freundschaftlichen Andenken“ sowie Goldschnitt und Buntpapier-Vorsätzen. 17941817. 750 € Reich gefülltes Stammbuch einer viel gereisten Pfarrerstochter; weitaus die meisten Eintragungen von Verwandten und Freunden in Chemnitz, ferner Meißen, Pirna, Leipzig, Pleißa, Lichtenwalde, Waldenburg, Waldheim, Markersbach, Ebersdorf, Mittweyda, Dresden, Oschatz. Etliche Beiträger geben ihre Berufe an (z. B. Dr. Johann Heinrich Freytag, Stadtphysicus in Chemnitz). Daß auffallend viele Geistliche vertreten sind, liegt daran, daß Dorotheas („Dorchens“) Vater Diakon an der Kirche St. Jacob in Chemnitz war. In Dresden trägt sich der Historiker Ludwig Pölitz (1772-1838) ein. Bei einer Reihe von Eintragungen hat Dorothea Winzer die spätere Laufbahn der Autoren nachgetragen
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2459 - Stammbuch des J. W. Brüggemann in Holzminden (Weser). Ca. 150 Bl., davon 47 S. beschrieben oder illustriert. Mit 1 Titelillustration in Grisaille-Manier und 7 Aquarellen. Quer-gr. 8vo. Brauner Lederband d. Z. (berieben; Ecken bestoßen, Rückenschild fehlt) mit Rücken-, Deckel- und Stehkantenvergoldung, Goldschnitt und marmor. Vorsätzen. 1803-1808. 300 € Die Beiträge von Verwandten und Freunden in Holzminden, Heinsen, Weentzen, Fürstenberg und Hameln. Unter den Illustrationen ein reizvolles Quodlibet, zierlich und kunstreich gemalt von dem angehenden Chirurgen A. Berger in Heinsen, einem Vetter Brüggemanns. Ferner Vasen, Blumen und ein stürmisches Seestück. In Fürstenberg trägt sich 1803 eine Henriette Sontag ein - wohl nur eine zufällige Namensvetterin der berühmten Sängerin, die bekanntlich 1806 in Koblenz geboren wurde. - 3 späte biographische Nachträge. Abbildung
2460 - Stammbücher der Baronessen T. und Nina von W. aus Kremsier (Ost-Mähren). 2 Bände. 57 und 56 Bl., davon insges. 32 S. beschrieben oder illustriert. Mit insges. 5 aquarellierten Federzeichnungen und 2 Kalligraphien. Quer-8vo. Annähernd identische Lederbände d. Z. (berieben) mit vergold. Rücken- und Deckelfileten, goldgepr. Eckstücken und dem goldgepr. Deckelaufdruck „T B v W“ bzw. „N. B. v. W.“. 1811-1828. 200 € Anscheinend Stammbücher von zwei adligen Schwestern, teilweise von denselben Beiträgern gefüllt. Die durchweg deutschsprachigen
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2459
Eintragungen ausschließlich in Kremsier und Prag, meist von Verwandten und adligen Freundinnen. 4 Illustrationen (2 Denkmäler der Freundschaft und 2 Kalligraphien) sind signiert von einem Cousin namens Wenzel von Pachner. Die übrigen Illustrationen zeigen ein hübsches Quodlibet und Blumenkränze. Abbildung
2461* Strindberg, August, schwed. Schriftsteller, bedeutender Dramatiker (1849-1912). Eigh. Brief m. U. „August Strindberg“. In schwed. Sprache. 3/4 S. Gr. 8vo. Holte 24.II. 1889. 450 € An den Pastor und Lehrer Frederik Wandall (1849-1917) in Prestö. Antwort auf eine Anfrage nach geplanten Stücken für Strindbergs experimentelles Theater in Kopenhagen, wo aus Gründen der schwedischen Zensur seine Dramen, darunter „Fräulein Julie“, aufgeführt wurden. Der Brief ist in Holte geschrieben, wo Strindberg in der Villa des Bühnenbildners Waldemar Gyllichs (1836-1895) das Frühjahr 1889 ver lebte. - Till pastor Frederik Wandall (1849-1917) hjäppräst och lärare i Prestø kirke. Brevet är svar på en forfrågan om planerade uppsättningar av pjäser på Strindbergs Skandinavisker försöksteater i Köpenhamn. Brevet är scrivet i Holte där Strindberg bodde i teaterdekoratören Waldemar Gyllichs villen våren 1889.
2462 Tagore, Rabindranath, indischer Dichter und Philosoph, Nobelpreisträger (1861-1941). Porträt-Photographie mit eigh. Signatur „Rabindranath Tagore“ und Datum auf dem Untersatzkarton. Das Bild auch vom Photographen signiert. 25 x 21,5 cm (Bildformat: 14,5 x 12 cm). O. O. 17.VI.1921. 450 € Die Aufnahme von Hanns Holdt (Orig. Bromsilbergelatine-Abzug) zeigt den Dichter im Brustbild und Profil, nach links gewandt. - Leicht silberig oxydiert. Abbildung Seite 59
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2463 Thoma, Ludwig, bayerischer Schriftsteller und Publizist, Mitherausgeber des „März“, glänzender Satiriker (1867-1921). Eigh. Brief m. U. „L Thoma“. 11/2 S. Gr. 4to. Rottach 27.XI.1916. 180 € An einen Herrn Jakobsohn (den Publizisten Siegfried Jacobsohn?), der auf der Suche nach „Simplicissimus“-Jahrgängen bei Thoma angefragt hatte. „... Die Bände I-VI (VII) des Simplicissimus sind völlig vergriffen; ich besitze keinen. Von Doubletten schon gar nicht zu reden. I.II.III. wohl kaum aufzutr. Die Redaction hat zwei, sehr gebrauchte und beschädigte Exemplare; das best erhaltene hat meines Wissens Herr Korfiz Holm, der es aber sicherlich nicht abgeben wird. Doch will ich mich erkundigen ... Heute Abend sind die drei schönen Richter Albums eingetroffen. Ich freue mich sehr, sie zu besitzen und ich habe sofort den Verlag Langen angewiesen an Sie 52 Mk lt. Rechnung abzuschicken. Die Christenfreude ist besonders schön ...“. - In einem Mann wie Ludwig Thoma möchte man eigentlich keinen Ludwig-Richter-Verehrer vermuten.
Coburger Bier-Kompetenz für Saalfeld 2464* Thümmel, Moritz August von, Schriftsteller und Sachsen-Coburgischer Minister, befreundet mit Gellert, Weiße, Rabener, Verfasser der „Wilhelmine“ (1738-1817). Amtliches Schreiben m. U. „MA v Thümmel“. 1 S., halbspaltig geschrieben. Doppelblatt. Folio. Coburg, Schloß Ehrenburg, 15.X.1768. 300 € Amtlicher Bescheid an die Stadtväter von Saalfeld: Da die Brauversuche der Gebrüder Schmidt in Saalfeld mißlungen seien, habe der Herzog vorläufig verfügt, „durch den hiesigen Hofbraumeister Müller ein Gebräude abbrauen und den Versuch machen zu lassen, ob solchergestalt gut Bier verschaffet werden könne. Zu diesem Ende soll Senatus Saalfeldensis ... dahin angewiesen werden, ohnverzüglich ein tüchtiges Malz zu einem ganzen Gebräude, welches weder zu lang noch zu kurz gewachsen, auch weder zu hart noch zu leise gedörret seyn darf, fertigen zu lassen, ... damit sodann der Braumeister dahin abgeschicket werden kan ...“. - Nach dem Jurastudium in Leipzig wurde Thümmel 1761
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
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Kammerjunker des Erbprinzen Ernst Friedrich von Sachsen-CoburgSaalfeld und 1764 Geheimer Hofrat. 1768-83 war er Mitglied der Geheimen Ratskonferenz in Coburg. - Leicht gebräunt.
2465 Torberg, Friedrich, österr. Schriftsteller und Kritiker (1908-1979). 4 masch. und 1 eigh. Brief m. U. „Torberg“ oder „F. T.“. Zus. 9 S. Gr. 4to. New York 1946-1947. 1.500 € Sehr umfangreiche und gehaltvolle Briefe aus dem Exil an den Schriftsteller Ernst Gottlieb (1903-1961) in Los Angeles, der 1942 mit Felix Guggenheim die Pacific Press gegründet hatte. Torberg diskutiert mit Gottlieb anhand eigener Werke und der literarischen Persönlichkeiten Franz Werfels und Thomas Manns ausführlich weltanschauliche und selbstinterpretatorische Fragen und Positionen. Am 24.II.1946 schreibt er eingehend über den umstrittenen Schluss seiner Novelle „Mein ist die Rache“. „... Nun war ja vorauszusehen, dass die Schlussworte ‚Ich heisse Joseph Ashkenasy‘ den Leser im ersten Augenblick verblueffen wuerden. Es war sogar beabsichtigt. Aber ich hatte angenommen, dass ich von einem Leser, der mir bis zum Schluss willig gefolgt war, dann auch noch weitere Gefolgschaft verlangen duerfte, und dass er es bei seiner Verblueffung nicht bewenden liesse, sondern sie zum Ausgangspunkt einer neuen Nachdenklichkeit naehme ... Wenn er am Schluss dieser Novelle glaubt, dass ich ihn ganz einfach foppen wollte, - wenn er diesen Schluss fuer ein primitives Taeuschungsmanoever haelt ...: dann ist er als Leser so unzulaenglich, wie es seiner Meinung nach der Schluss waere ...“. - Am 5.III.1946, wegen eines Nachrufs auf Franz
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Werfel mit „bezug auf das Thema ‚Werfel-Katholizismus-Judentum‘“. „... Wenn nun schon Sie da nichts weiter als eine ‚Variation‘ konstatieren - wie wird es mir dann bei jenen Lesern der ‚Rundschau‘ oder bei jenen Hoerern meiner Gedenkrede ergangen sein, die von mir und meiner juedischen Einstellung weiter gar nichts wissen? Das ist ein beunruhigender Gedanke, und ich kann nur hoffen, dass diese Leser und Hörer sich von selbst gesagt haben, ... dass ein Nachruf auf einen toten Freund wohl kaum der geeignete Anlass waere, um gegen seine katholische Einstellung oder gegen den Katholizismus im allgemeinen zu polemisieren. Ohnehin habe ich beides bis zur Grenze der Angaengigkeit getan: gerade indem ich den katholischen Einfluss, unter dem Werfel stand, eben nur im Dichterischen zur Sprache und zur Geltung gebracht habe; indem ich die Frage der Taufe ganz ausdruecklich bagatellisiert habe (was kein Katholik gerne hoert), indem ich zwischen Oper und Katholischer Kirche eine mehr als deutliche Parallele gezogen habe ...; indem ich den Katholizismus als eine Art atmosphaerisch-landschaftlicher Komponente des Oesterreichertums dargestellt habe, ungefaehr so wie die Vorliebe fuer Rindfleisch (und ich bin im uebrigen wirklich der Meinung, dass ein oesterreichischer Zionist mehr Katholizismus in sich hat als ein Hamburger Prälat); und noch an einigen andern Stellen, aus denen meine eigene Einstellung zum Katholizismus, und meine Vorbehalte zur Einstellung Werfels, doch hinlaenglich hervorgehen muessten ... Ich bin, mit andern Worten, fuer den Papst und gegen Stalin nicht obwohl, sondern weil ich Jude bin und weil ich das Judentum am Leben zu erhalten wünsche. Das war ja auch der Tenor meiner Polemik mit Marcuse ...“. - Am 12.XI.1946 über einen Vergleich von Werfel mit Thomas Mann: „... Dass Sie auf Grund dieser Gedichte Werfel nun fuer den groesseren Dichter als Thomas Mann halten, ist eine einigermassen zweischneidige Bekehrung. Ich fuerchte, dass ein Vergleich zwischen Thomas Mann und Werfel, wie er immer ausfaellt, beiden Unrecht tun muss ... Werfel ist natuerlich der groessere Dichter (und es fuegt sich gut, dass Sie ‚groesser‘ sagen: weil das ja auch ein dimensionaler Begriff ist). Ob er auch die groessere literarische Erscheinung ist, wird vermutlich davon abhaengen, wie weit der Begriff ‚Literatur‘ sich noch von der Kunst weg und zum Handwerk hin entwickeln wird. Es hat eine Zeit gegeben, in der man sich unter ‚Dichter‘ und ‚Dichtkunst‘ etwas so Eindeutiges vorgestellt hat, dass einem Thomas Mann erst gar nicht die Voraussetzungen zum Vergleich mit einem Franz Werfel zuerkannt worden waeren ...“. Abbildung
2466 - 3 Briefe m. U. „Torberg“. Zus. 31/2 S. Gr. 4to. Breitenfurth bei Wien 1969-1971. 400 € An die Literaturhistorikerin Margarita Pazi, die von ihm Auskünfte über und Erinnerungen an Felix Weltsch erbeten hatte. Torberg berichtet, dass er Weltsch im wesentlichen nur als Mitarbeiter an der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Forum“ kennengelernt habe. „... Persönlich ist mir Felix Weltsch in unauslöschlicher Erinnerung: als ein Mann von enormem Wissen, das er ebenso scharfsinnig wie unaufdringlich anzuwenden verstand; als Verfasser einer Schrift über das ‚Wagnis der Mitte‘ und einer andern über den Witz, die ich zum Besten zähle, was über dieses Thema jemals veröffentlicht wurde; als einen Mann von unendlicher Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft; und als eine Art Grossiegelbewahrer jenes unvergleichlichen, nur im alten Prag beheimatet gewesenen jüdischen Humors, der mitsamt seinen Anlässen und Objekten längst ausgestorben ist. (Und es eigentlich schon vor der grossen Katastrophe war) ...“. Verspricht ihr, nach Briefen von Weltsch zu suchen, sendet ihr eine einschlägige Anekdote und berichtet von der Arbeit an seinem annähernd fertiggestellten Roman „Süßkind von Trim berg“, bei dem der Verlag zur Abgabe dränge. „... Sie wissen vielleicht aus
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur eigener Erfahrung, wie schwer man sich von einer Arbeit trennt, desto schwerer, je länger man für sie gebraucht hat. Und ich bin über diesem ‚Süsskind‘-Roman annähernd sechs Jahre gesessen, möchte also zum Schluss wegen einiger Wochen oder Monate nicht zu hudeln beginnen ...“.
2467 Unruh, Fritz von, pazifistischer Schriftsteller, vor allem Dramatiker, Träger zahlreicher Literaturpreise, emigrierte 1932 über Italien und Frankreich in die USA (18851970). Großes eigh. Albumblatt m. U. „Fritz von Unruh“. 1 S. Mit Umschlag. Gr. 4to. Gut Oranien bei Diez (Lahn) 14.VI.1923. 140 € „Mächtig sind wir nicht in Waffen / Unbezwingbar lebt allein der Geist! ... Weh dem Volke ohne Flamme! / Solches Volk muss untergehn!“ 6 Zeilen, mit Widmung an den Wiener Lehrer, Schriftsteller und Autographensammler August Eigner. - Die erste Zeile wurde abgewandelt wieder aufgegriffen, als 1957 eine Sammlung von Unruhs Reden unter dem Titel „Mächtig seid ihr nicht in Waffen“ erschien. - Gefaltet.
„ein gewisser Jakob Haringer“ 2468 Waggerl, Karl Heinrich, österr. Schriftsteller (1897-1973). Eigh. Brief m. U. „H.“. 1 S., in sehr kleiner Schrift. Gr. 8vo. O. O. (ca. 1935). 180 € An den ihm befreundeten Schriftsteller und Politiker Guido Zernatto (1903-1943), der sich krank gemeldet hatte. „... Stadtleben ist ein Leben auf kurze Sicht und das ‚Ausspannen‘ und Erholen ist leichter geraten als getan. Aber vielleicht bist Du doch Deiner Natur und Bestimmung nach nicht für den Verschleiß in der Großstadt gebaut, ich meine im Grunde bist Du ja ein Außenseiter geblieben, der spaßhalber einmal das Rennen macht. Das alles verstehe ich sehr gut, bloß darfst Du nicht dabei zugrund gehen ... in der letzten Zeit hab ich allerhand Ärger gehabt. Kai erzählte Dir ja, daß mir wieder einmal jemand auf die Zehen gestiegen ist, und ich höre, Du denkst an denselben Namen, der auch mir gleich eingefallen ist. Dieser Herr war mir gar zu freundlich in der Sezession. Möglich wäre aber auch, daß ein gewisser Jakob Haringer der Täter ist, er hat mich einmal auf einer offenen Karte beschimpft und ist auch sonst ein Charakter, dem man so etwas zutrauen kann. Überhaupt, feine Leute leben da im deutschen Blätterwald! ... Nun, die Hauptsache ist, daß Du wieder obenauf kommst, ich bitte Dich inständig ... Sorgen hat man mit Euch Kindern, schrecklich ist das! ...“.
2469* Wedekind, Frank, Dramatiker, Lyriker, Kabarettist und Schauspieler (1864-1918). Eigh. Postkarte m. U. „Frank Wedekind“. 11/2 S. (München 11.X.1917). 400 € An Dr. Carl Heine (1861-1927), Oberspielleiter an Max Reinhardts „Deutschem Theater“ in Berlin. „... Eben aus der Schweiz zurückgekehrt, finde ich Ihre freundlichen Zeilen vor. Mit großer Freude habe ich inzwischen von all Ihren Erfolgen gelesen. Daß wir uns das letzte mal nicht sahen, tat mir sehr leid. Allerhand Störungen trugen die Schuld, daß ich mich nicht bei Ihnen meldete, darunter der Skandal den [Maximilian] Harden verursachte als wir uns zum letzten Mal sahen. Um so mehr freue ich mich auf unser nächstes Wiedersehn. Die Karte von Arno Holz verstehe ich nicht. Ich habe ihm zwei Briefe in freundlicher
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Weise beantwortet. Er kam aber immer wieder auf das Gleiche zurück ...“. - Mit Abweichungen gedruckt in: Gesammelte Briefe (Hrsg. von Fritz Strich), Nr. 303. - Papierbedingt leicht gebräunt; Poststempelspur auf der Textseite.
2470 Weinheber, Josef, österr. Lyriker und Erzähler (1892-1945). 2 eigh. Briefe m. U. „Josef Weinheber“. Zus. 3 S. Mit 1 Umschlag. Gr. 8vo und kl. 8vo. Wien 29.VI. 1935 bzw. Kirchstetten 14.IV.1944. 180 € Der erste Brief an den österr. Schriftsteller und Politiker Guido Zernatto (1903-1943), dem Weinheber, einen Tag vor der Abfahrt in den Urlaub, die Adresse eines Arztes für Ischias-Probleme nennt: „... Zu einer völligen Heilung (für 3 Jahre) bedarf es zumeist 5-6 Impfungen. Eine Impfung kostet 25 Schilling, aber der Erfolg ist so gut wie sicher ...“. - Der zweite Brief aus Kirchstetten an eine Freundin in Dresden, die er - im sechsten Kriegsjahr - mit allerlei Bedarfsartikeln versorgt. „... Die Sache hat sich verzögert, weil wir erst zusammenkratzen mußten, was Du brauchst. Der Ortsgruppenleiter entschuldigt sich, weil der Leinsamen, sehr schwer überhaupt zu bekommen, nur in dieser gestoßenen Form zu Dir kommt ... Charlotterln kannst Du noch haben, so viel Du willst. Ich habe Dir, weil ich kein anderes Schachterl hatte, derweil die geringste Menge geschickt ...“. - Der erste Brief gelocht, der zweite stark geknittert.
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Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2472 Wieland, Christoph Martin, Schriftsteller und Publizist, einer der vier führenden Persönlichkeiten der Weimarer Klassik (1733-1813). Original- „Haarlocke“ (eher wohl 2-3 längere Haare). Auf einem zeitgenöss. goldgerahmten Seidenstück unter Glas in einem prächtigen vergoldeten Rokoko-Rahmen. (Wohl 1813). 300 € Über dem Haarteil ein kleiner Umschlag, beschriftet: „Haare von Wieland durch Dr. Wm Smets erhalten“. - Unter dem Haarteil ein Ausschnitt aus einem alten Antiquariatskatalog: „Wieland, Christoph Martin, Dichter (1733-1813). Einige ziemlich lange Haare d. Dichters. E. silbergraues Haar läßt darauf schließen, daß die Reliquie (aus dem Besitze Dr. W. Smets) aus den letzten Lebensjahren stammt.“ - Rückseitig Stempel und Aufschrift „Sammlung Behnen“. - Falls mit W. Smets der Schriftsteller Wilhelm Smets (1796-1848) gemeint ist, so konnten wir bei ihm keine Verbindung zu Wieland ermitteln, außer dass er ein Sohn der Schauspielerin Sophie Schröder war. - Eindrucksvoll gerahmt. Abbildung
2473* Wilder, Thornton, amerikan. Schriftsteller, dreimaliger Pulitzer-Preisträger (1897-1975). Eigh. Brief m. U. „Thornton Wilder“. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Gr. 8vo. New Haven (Conn., USA) 1.VIII.1957. 250 €
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An Fritz Seifert in Hameln, den rührigen Inhaber der dortigen „Bücherstube“, die regelmässig Dichter- und Vortragsabende veranstaltete: „... Many thanks for your kind letter and invitation. I wish, indeed, I could visit your famous and beautiful ‚Rattenfängerstadt‘ - and the other cities which have written to me in such friendly terms - but my doctors have urged me on this Trip to reduce my activities as far as possible. I shall not to be able to make more than two addresses ...“. - Wilder erhielt 1957 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels in Frankfurt und unternahm deshalb eine Deutschlandreise. - Klammerspur am Oberrand. - Beiliegend ein masch. Brief von der Schwester Isabel Wilder, dat. 12. XII. 1962: Thornton Wilder halte sich für zwei Jahre oder länger zur Erholung in der Wüste von Arizona auf und unternehme keine Reisen mehr. Er habe auch kein Telefon und empfange fast nur Familienpost. Daher sei sie zu Antworten autorisiert. - Alle Teile gelocht.
2474 Zürn, Unica, aus Berlin stammende Dichterin und Zeichnerin, mit Hans Bellmer liiert, Teilnehmerin an der Documenta II (1916-1970, starb durch Selbstmord). Eigh. Brief m. U. „Ihre Unica“. 11/2 S. (Bleistift). Berlin, Oktober 1960. 300 € 2471* Wells, H. G., engl. Schriftsteller (1866-1946). Eigh. Briefkarte m. U. „H. G. Wells“. 1 S. Quer-kl. 8vo. (8,8 x 11,3 cm). Easton Glebe, Dunmow (ca 1920). 280 € Dankt einem Bankier für eine gelungene Aktienspekulation: „Yes I‘ll come in for one share & Bond. I thank you for making me rich (I think I have a reasonable prospect of 1000% on my [Pound] 1.). - Yours H.G.Wells“. - Herbert George Wells, ein Pionier der Science-Fiction-Literatur, der auch Historiker und Soziologe war, hatte seine größten Erfolge mit den beiden Science-Fiction-Romanen „Der Krieg der Welten“ und „Die Zeit maschine“. - Vertikale Knickfalte.
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An den Baseler Kunstsammler, Kunsthändler und Verleger Carl Laszlo. „... Ihr Auftrag ist noch nicht ausgeführt. Ich bin etwas müde und ruhe mich aus. Wollen Sie die Güte haben und sich noch gedulden? Ich schicke Ihnen das Foto, das Negativ und die 230 Schnitzel der Zeichnung, sobald ich mich wohl genug fühle, um mich mit der Arbeit zu beschäftigen ...“. Gibt ihre Berliner Adresse in Wittenau an. - Um diese Zeit kam bei der Künstlerin eine paranoide Schizophrenie zum Ausbruch, die sie in den nächsten zehn Jahren zu mehreren Klinikaufenthalten nötigte. - Beiliegend das Typoskript eines ihrer berühmten AnagrammGedichte, hier zu der Zeile“ Es war ein Kind, das wollte nie ...“: „Wo Eiersand in Kandis wellte / war ein Kind. Es wollte nie das / Nein. War das die Welt? So klein? ...“ (12 Zeilen). - Selten.
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Wissenschaft und Technik „erhebliches Maß an Anstrengung und Konzentration“ 2475* Adorno, Theodor W., Philosoph, Soziologe und Musikschriftsteller, Professor in Frankfurt, von großem Einfluß als einer der Hauptvertreter der „Frankfurter Schule“ (1903-1969). Masch. Brief m. U. „Th. W. Adorno“. 2/3 S. Gr. 4to. Frankfurt a. M. 4.I.1968. 450 € An den Konzertagenten Dirk Nabering, der ihn wohl zu einer Vortragsveranstaltung eingeladen hatte: „... Der Gedanke an sich sagt mir zu, etwa auch in der Gestalt eines Podiumsgesprächs mit Hans Mayer. Das Datum allerdings bereitet mir ernste Sorgen - ich bin tief in der Niederschrift eines grösseren ästhethischen Werkes ... und muß versuchen, alles zu vermeiden, was mich von hier wegführt, über das Minimum an Erholung hinaus, dessen ich bei fortschreitendem Alter nun einmal bedarf. Dazu kommt das finanzielle Problem. Ehrlich gesagt, es ist ganz unmöglich, daß ich irgendwelche derartigen Verpflichtungen, die ein erhebliches Maß an Anstrengung und Konzentration mit sich bringen, ohne eine wirklich angemessene Remuneration übernehme. Es geht einfach nicht. Ich müßte, außer Aufenthalt und Reisespesen, mit einem Mindesthonorar von 1000 DM rechnen - weniger würde einem Kapellmeister von Rang ja auch nicht angeboten werden, wenn er für Ihre Gesellschaft ein Konzert dirigieren sollte ... Unter diesen Umständen ist es wohl am besten, wenn wir eine solche gemeinsame Veranstaltung noch hinausschieben. Ich für meinen Teil wäre sehr froh, wenn sie sich realisieren würde ...“. - Adornos „Ästhetische Theorie“ erschien 1970 aus dem Nachlaß. - Gelocht.
2476 Albrecht, J. A. Michael von, Jurist und bayerischer Politiker, Professor in Erlangen und Würzburg (1807-1878). Eigh. Brief m. U. „Albrecht“ 2 S. Gr. 4to. Würzburg 22.XII.1845. 120 € An einen Hofrat und Freund, dem er „das forum contractus sammt der Rectoratsrede“ im Druck übersendet. „... Ich bin sehr froh, diese Angelegenheit nunmehr als abgethan ... zu wissen, und es wird mir jetzt nach der Ruhe der Weihnachtstage obendrein, wie ich hoffe, leichter werden, meinen gewöhnlichen Dingen obzuliegen. Meine Frau und ich, bis her Gott Lob noch durch keinen Unfall seit Vollendung der Reise getrübt, vereiniget sich mit mir, Ihnen wie der verehrten Frau Hofräthin und Louischen zum nahenden Jahreswechsel allen Segen des Himmels zu wünschen ...“. - Albrecht war vier Mal Rektor in Würzburg.
2477 Barth, Heinrich, der große Afrika-Forscher. - Petermann, August, bedeutender Geograph und Kartograph (1822-1878). Eigh. Brief m. U. „A Petermann“. 1 S. Mit geprägtem Monogramm „P“. 8vo. Gotha 21.XII.1855. 200 € An Heinrich Barth, der zu dieser Zeit noch in London seinen großen Afrika-Reisebericht ausarbeitete, während Petermann in Gotha bereits die Karten herstellte. „... Ihr liebenswürdiges Schreiben ... habe ich erhalten und auch Ihre sehr interessante Schilderung des Aufenthaltes ‚Abdel-Kerims‘ [d. h. Heinrich Barths] in Timbuktu, die ich mit eben so viel
Vergnügen als Belehrung gelesen habe. Ihre freundschaftlichen und von mir sehr hochgeschätzten und werthgehaltenen Gesinnungen finden in meinem Herzen aufrichtige Dankbarkeit ... Ich stecke bis über die Ohren in der großen Reise drin, mache Schritt für Schritt noch einmal, wenigstens auf dem Papier. Ich lege die Routen im Maaßstabe von 1/500.000, stellenweise auch 1/250.000 auf, was, wenn die Blätter zusammengesetzt wären, eine Routenkarte von wenigstens 150 Fuß Länge gäbe ... Wenn Sie mir von Ihren früheren geschätzten mir leider noch unbekannten Aufsätzen über Afrika einen Abzug zukommen lassen könnten, würden Sie mich sehr verpflichten.“ - Aus dem Nachlaß Heinrich Barths.
2478 Barth, Karl, Schweizer evangelisch-reformierter Theologe, Mitbegründer der „Bekennenden Kirche“, „Kirchenvater des 20. Jahrhunderts“ (1886-1968). Eigh. Signatur „Karl Barth“ (Kugelschreiber) unter einer hektographierten Sammlung bestimmter „Lebensregeln“. 3/4 S. Gr. 4to. O. O. (wohl um 1960). 300 € „Lebensregeln für ältere Menschen im Verhältnis zu jüngeren“. 7 Regeln nach Art der 10 Gebote: „1. Du sollst dir klar machen, daß die jüngeren, die verwandten und sonst lieben Menschen beiderlei Geschlechts ihre Wege nach ihren eigenen (nicht deinen) Grundsätzen, Ideen und Gelüsten zu gehen, ihre eigenen Erfahrungen zu machen und nach ihrer eigenen (nicht deiner) Fasson selig zu sein und zu werden das Recht haben ...“. - Regeln von zeitloser Gültigkeit, die heute im teilweise noch aufgeklärten Europa Anwendung finden, nicht aber in weiten Teilen der übrigen Welt. - Gedruckt in: Carl Zuckmayer, Karl Barth. Späte Freundschaft in Briefen, Zürich 1977.
„der deutsche Autor ist im wesentlichen mittellos“ 2479* Bense, Max, Philosoph, Schriftsteller und Publizist (1910-1990). Brief m. U. „Max Bense“. 1 S. Mit Briefkopf „Technische Hochschule. Lehrstuhl für Philosophie. Prof. Dr. Max Bense“. Quer-8vo. Stuttgart 23.VIII.1957. 200 € An die Mitarbeiterin eines Verlages. Unter Hinweis auf einen gezahlten Vorschuss hatte sie angefragt, ob denn das versprochene Buch nun tatsächlich zu erwarten sei. Mense bemüht sich zu beschwichtigen. „... Natürlich mache ich das Buch. Es ist angefangen, schleicht langsam voran, eilt doch aber nicht, da es doch an und für sich nicht an eine besondere Aktualität gebunden ist. Im Laufe des nächsten Jahres wird jedenfalls der Band fertig. Inzwischen fahre ich nur noch für zwei Monate nach Südamerika, wo ich über meine Ästhetik, die dort erschienen ist, Vor lesungen halten soll. Ich denke doch, dass Ihr so grosszügig seid und Geduld bewahrt, denkt immer daran, dass ich nicht allein Schuld bin, dass die Sache mit diesem Buch sich so verzögert. Zurückzahlen könnte ich nichts, denn der deutsche Autor ist ja im wesentlich mittellos. Ich kann also nur Spiritualien liefern und das will ich tun. Übrigens möchte ich gern den Band über Max Bill (Plastiker) fertig machen. Ich begann ihn auch damals, habe aber inzwischen Material dafür gesammelt und viel entworfen. Auch dieser war vor ein paar Jahren, in den glücklichen Zeiten des Friedens, vereinbart worden ...“. - Von den Büchern, die hier
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ „blätternd soll Nietzsche gelesen werden“ 2481* Bertaux, Pierre, bedeutender franz. Germanist, Politiker, Geheimdienstmann in der Résistance, Offizier der Ehrenlegion und Inhaber weiterer Auszeichnungen (1907-1986). Typoskript mit eigh. Korrekturen und Zusätzen sowie Titel und Namenszug „Pierre Bertaux“ am Beginn. In deutscher Sprache. 22 S. auf 22 Bl. Gr. 4to. O. O. (1978). 450 €
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gemeint sein könnten, kommt das erst 1961 erschienene „Bestandteile des Vorüber. Dünnschliffe Mischtexte Montagen“ oder „Entwurf einer Rheinlandschaft“ (1962) in Betracht. Benses erstes Buch über Max Bill erschien 1958 in Zusammenarbeit mit Eugen Gomringer; weitere folgten 1972 und 1973. - Gelocht.
2480 Bernoulli d. J., Johann, Schweizer Mathematiker, Professor in Basel, befreundet mit Maupertuis (1710-1790). Eigh. Brief m. U. „Jean Bernoulli“. In franz. Sprache. 3 S. 4to. Basel 23.XI.1755. 900 € An einen Gelehrten, möglicherweise den Geophysiker Jean Jacques d‘Ortous de Mairan (1678-1771), Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris. Umfangreicher Brief über die neueste Fachliteratur, gemeinsame Bekannte auf dem Feld der Wissenschaft sowie über eigene Tätigkeit. „... vous saurés seulement, Monsieur, que je travaille à donner à mes ancètres une nombreuse postérité, tout, comme si je me persuadoit moi même ce que ... me faites l‘honneur de me dire à ce sujet; j‘ai actuellement cinq fils, sans compter ceux qui sont mort, ni ceux peutêtre, qui ne sont pas ... encore en vie. mon frère, à qui j‘ai communiqué vôtre lettre, n‘est pas moindre sensible que moi à toutes vos bontés et me charge de vous assurer de ses respects ...“. Empfiehlt ihm ausführlich einen Mr. Guernler.
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„Friedrich Nietzsche.“ Umfangreicher, geist- und gehaltvoller und lebendig geschriebener Aufsatz über den Philosophen, verbunden mit einer kritischen Übersicht über die neueste Nietzsche-Literatur. Der für den Abdruck in der „Zeit“ bestimmte Text ist mit vielen Korrekturen und einigen Einschüben von der Hand des Autors versehen. Die nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich „ungeheuer umfangreich gewordene“ Nietzsche-Literatur ist in Bertaux‘ Augen „meistens unnütz oder gar unerquicklich. Dies hat auch seine gute Seite: der verärgerte Nietzsche-Verehrer legt bald Artikel oder Buch missmutig beiseite und greift, um bessere Luft zu schöpfen, zum nächsten in Reichweite befindlichen Band Nietzsche und blättert darin (blätternd soll Nietzsche gelesen werden), bis die lästigen Kommentatoren sich wie Dunst aufgelöst haben. Dann bleibt nur die reine Freude an Nietzsche. Dies meine nunmehr fünfzigjährigen Erfahrungen mit den Nietzsche-Kommentatoren ...“. Geht dann auf viele Aspekte von Nietzsches Schriften und Biographie ein, jeweils auch unter Berücksichtigung der aktuellen Sekundärliteratur. - Beiliegend 2 eigenhändige und 3 masch. Briefe Bertaux‘ (zus. 6 S.) an den zuständigen Redakteur der „Zeit“ aus den Jahren 19751979, in denen er nicht nur auf den vorliegenden Aufsatz, sondern auch auf seine bei Suhrkamp erschienene Hölderlin-Monographie eingeht, als er erfahren hat, daß der Adressat einst über Hölderlin promovierte: „... In ‚Genius loci‘ erfahre ich auch, dass Sie ein Beissner-Schüler gewesen sind; ich weiss nicht, ob Sie wissen, dass ich mit Beissner sehr gut stand; wir haben einander sehr geschätzt, und dies im Namen der ‚philologischen Akribie‘. Auch Karasek gehörte dazu, Siegfried Unseld, und Walter Jens, der einmal in der ‚Zeit‘ so schön über mich schrieb! ...“. Ferner beiliegend Kopien der 12 Bl. korrigierter Druckfahnen zum „Nietzsche“-Artikel, eine Kopie des fertigen Artikels aus der „Zeit“ (14 S.) sowie 4 Umschläge.
2482* Bloch, Ernst, Philosoph, Professor in Leipzig und Tübingen (1885-1977). Eigh. Brief m. U. „Ernst Bloch“. 2 S. 8vo. Tübingen 31.III.1966. 300 € An den Verleger Karl Ulrich Majer, Inhaber des Tübinger Wunderlich Verlags, der ihm ein Buch über J. P. Hebel gesandt und ihn um ein Urteil über Gustav Mahler gebeten hatte, das in einer Sammlung von Aufsätzen prominenter Autoren über Mahler erscheinen sollte. Bloch dankt für die „freundliche Einladung. Kann ihr nur leider nicht nachkommen, erstens aus Zeitmangel, zweitens (und spezifischer), weil ich meinem frühen Mahlerbekenntnis (eben im ‚Geist der Utopie‘) nichts mehr nachschicken möchte. Es war eines der ersten damals, geschrieben fünf Jahre nach Mahlers Tod. So frage ich, ob man nicht (mit Buch- und Zeitangabe) dies Bekenntnis, gewissermaßen als etwas Historisches in Ihrem geplanten Mahler-Buch bringen könnte. Etwas klein, gewiss, doch vielleicht einen Zwischenraum ausfüllend ... PS: Als Motto über dem Text könnte stehen: ‚Melismatische Depeschen aus fernem Hauptquartier‘. Prinzip Hoffnung S. 1284.“ - Tatsächlich erschien der Band 1966 bei Wunder-
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik lich mit Blochs Text unter dem Titel „Arnold Schönberg, Ernst Bloch, Otto Klemperer, Erwin Ratz, Hans Mayer, Dieter Schnebel, Theodor W. Adorno über Gustav Mahler“. - Kleine Randläsuren und Faltenrisse. Abbildung
2483 Bode, Johann Elert, der bedeutende Berliner Astronom, ab 1786 Direktor des Berliner Observatoriums, langjähriger Herausgeber des „Astronomischen Jahrbuchs“, veröffentlichte die „Titus-Bode-Reihe“ und entdeckte den nach ihm benannten Kometen (1747-1826). Konvolut von 12 eigh. Briefen m. U. „Bode“. Zus. ca. 16 S. 4to und 8vo. Berlin 1805-1823. 3.000 € An einen Professor für Astronomie. Ausführlich über Angelegenheiten seines „Astronomischen Jahrbuchs“: Beiträge, Lieferungen, Kosten, Inhalte etc. sowie über andere seiner Veröffentlichungen. Ein Brief mit einer signierten Aufstellung und Berechnung gelieferter Bücher als Anlage. - Teils leicht angestaubt; insgesamt ordentlich erhalten. Abbildung
2484* Bosch, Robert, Industrieller, Ingenieur und Erfinder (1861.1942). Brief m. U. „Robert Bosch“. 1 S. Gr. 4to. Stuttgart 2.VII.1930. 300 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg, der ihm eine Nummer der Zeitschrift „Echo“ mit einem eigenen Aufsatz geschickt hatte. „... Mit dem von Ihnen Ausgeführten bin ich nach jeder Richtung einverstanden und möchte nur wünschen, dass es recht viele Unternehmer wären, die man als neuzeitliche Unternehmer nach Ihrer Ausführung bezeichnen kann. Ich kenne leider nur wenige ... Ich war immer Prediger in der Wüste, womit ich nicht sagen will, dass ich viel gepredigt habe. Ich habe mich nie gescheut, meine Meinung und Auffassung bekanntzugeben und zu vertreten ... und habe doch den Eindruck, dass ich einigermassen Schule gemacht habe. Wenn Sie schliessen mit dem Bekenntnis, dass Sie an das Land unserer Enkel glauben, so haben Sie wahrschein-lich recht, denn ich habe eigentlich noch nie erlebt, dass infolge einer Kollektivüberlegung oder -Überzeugung etwas durchgeführt worden ist, das zweckmässig war, denn die kollektive Uberzeugung, dass wir den Krieg bis zum letzten Ende durchführen müssten, kann man ja zweifellos nicht als etwas zweckmässiges betrachten. Immer hat man nur der Not gehorcht ...“. - Mit Rot- und Bleistift-Anstreichungen des Empfängers, kleinem Faltenriss und einer Büroklammer-Rostspur.
2485 Brüggemann, Ludwig Wilhelm, aus Pommern stammender Berliner ev. Pfarrer und Geograph, Lehrer und Seelsorger der Prinzessin Amalie von Preußen, ausgezeichneter Anglist und Gründer einer Berliner Lesegesellschaft für englische Literatur, ferner Verfasser einer großen Landesbeschreibung von Pommern (1743-1817). Eigh. Brief m. U. „Brüggemann“. 4 S. 4to. Stettin 4.V.1797. 180 € An den (nicht genannten) Philologen Johann Gottlob Schneider (17501822), dem er seine soeben in Stettin erschienene Bibliographie „A View Of The English Editions, Translations And Illustrations Of The Ancient
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Greek And Latin Authors ; With Remarks, by Lewis William Brüggemann“ übersendet und diese in dem ganzen Brief ausführlich erläutert. Er habe mit dem Druck so lange gezögert, weil er jeden erreichbaren Titel mit gleicher Sorgfalt bearbeiten wollte, so dass im Manuskript immer wieder Verbesserungen und Erweiterungen nötig waren. „... So ist z. B. der Artikel Cicero, seit der vor 2 Jahren gedruckten Probe, jetzt beinahe durchgehends theils berichtiget, theils ansehnlich erweitert worden. Dem Blicke meines liebenswürdigen und gelehrten Freundes, der in seinen vortreflichen Ausgaben der griechischen und lateinischen Classiker zugleich so ausgebreitete litterarische Kenntniße bewiesen hat, wird es auch nicht entgehen, daß in der Fabriciusschen griechischen so wol als lateinischen Bibliothek, und zwar nach den neuesten Ausgaben, welche [Gottlieb Christoph] Harles und [Johann August] Ernesti besorget haben, nicht die Hälfte der von mir angeführten englischen Schriften angezeiget worden ist ...“. Zieht dann noch andere Nachschlagewerke und Klassiker-Editionen zum Vergleich heran und stellt als NebenErkenntnis seiner Arbeit fest, dass von Erfindung der Buchdruckerkunst bis zum Ende des 16. Jahrhunderts die italienischen, französischen und deutschen Klassiker-Ausgaben philologisch besser gewesen seien als die englischen. Abschließend bemerkt er: „... Mit dem größten Verlangen sehe ich Ihrem neuen kritischen, Griechisch-Deutschen Handwörterbuche entgegen, welches Ihnen zwar unsägliche Mühe machen muß, dagegen aber auch für einen jeden, der sich mit dem Studium der alten Griechen beschäftiget, ein ganz unentbehrliches Handbuch werden und alle übrigen griechischen Wörterbücher verdrängen wird ... Mit Recht bin ich stolz auf die Freundschaft, mit welcher Sie mich beehren ...“.
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ 2486 Bunsen, Christian Karl Josias von, preuß. Diplomat, Theologe und Archäologe, Gesandter und Mitbegründer des Dt. Archäologischen Instituts in Rom, Botschafter in London (1791-1860). Eigh. Brief m. U. „Bunsen“. 1 S. 4to. Rom 14.V.1835. 150 € An einen Freund, dem er den Arzt, Schriftsteller und Dante-Übersetzer John Aitken Carlyle (1801-1879) empfiehlt, den jüngeren Bruder des Historikers Thomas Carlyle. „... Ich sende Dir hiermit einen alten Bekannten von Dir, Dr. Carlyle, aus Schottland, der mir ein sehr werther Freund geworden ist, und der Dir ins Gedächtniß zurückgerufen zu werden wünscht. Er hat sich hier als ausgezeichneten Arzt und als einen echt christlichen Mann bewährt, und es ist ihm besonders wohl unter Deutschen. An wen könnte ich ihn also lieber weisen als an Dich? ...“. - Knitterung und Einrisse, vor allem am rechten Rand.
2487 Ehrenberg, Christian Gottfried, Berliner Zoologe, Mikrobiologe, Ökologe und Geologe, Geheimrat und Ordinarius für Medizin an der Berliner Universität, Begründer der Mikropaläontologie und der Mikrobiologie (1795-1876). 2 eigh. Briefe m. U. „Ehrenberg“. 3 S. Mit 1 eigh. Umschlag. Gr. 8vo. Berlin 23.I. und 6.II.1861. 350 € An den Chemiker und Physiker Franz Gotthard Graf von Schaffgotsch in Berlin. Der erste Brief wegen Problemen mit einem geplanten Besuch, „da ich morgen wegen meiner Eröffnungs-Schrift der öffentlichen Sitzung der Akademie ... sehr in Anspruch genommen bin ...“. - Im zweiten Brief heißt es u. a.: „... Beiliegend erlaube ich mir Ihnen das Antwortschreiben von [Robert] Bunsen zur Kenntniß zu bringen, Es fragt sich nun wie die Proben zu verpacken sind, ob dieselben in andere Gefäße zu bringen, ob Sie vielleicht einige Worte an Bunsen zu adressiren Gelegenheit nehmen wollen. Es wäre wohl gut darüber mündlich zu conferiren ...“.
2488 Encke, Johann Franz, Astronom, Direktor der Berliner Sternwarte, Professor an der Universität und Sekretär der Akademie der Wissenschaften in Berlin, u. a. Entdecker der Teilung des Saturnrings und des Enckeschen Kometen (1822-1863). 6 eigh. Briefe m. U. „Encke“. Zus. 7 S. 4to und gr. 8vo. Berlin 1822-1863. 1.200 € An verschiedene Kollegen. Ausschließlich über astronomische Themen, z. B. über seine Fortführung des „Astronomischen Jahrbuchs“ nach Bodes Tod. „... In der Form wird ... eine Aenderung eintreten, daß so lange ein so ausgezeichnetes Journal wie Schumacher‘s Nachrichten besteht, keine Correspondenznachrichten und Samlungen von Beobachtungen damit verbunden seyn werden. Ich habe mir deshalb die Freiheit genommen Ihre wichtigen Beobachtungen der Sternbedeckungen Herrn Professor Schumacher zur öffentlichen Bekanntmachung einzusenden ...“ [22.XI. 1827]. Die folgenden Briefe über ein Metallthermometer sowie über Planeten und Kometen. „... Die kleinen Planeten fahren immer noch fort das Leben den Astronomen sauer zu machen. Ich bin genöthigt gewesen, den Termin für die Herausgabe [des Astronomischen Jahrbuchs] früher anzusetzen und mich nicht mehr darauf einzulassen, die Einsendungen abzuwarten ...“ [20.I.1863]. - Teils etwas gebräunt; einige Faltenrisse; 1 Brief mit kleinem Ausschnitt.
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„grausame Wildheit“ 2489 Foerster, Wilhelm, Berliner Astronom, EnckeSchüler, einer der bedeutendsten Vertreter seines Faches, Direktor der Berliner Sternwarte, Professor an der Universität, Mitbegründer der Physikalisch-technischen Reichsanstalt und der Gesellschaft „Urania“ sowie Direktor der „Normal-Eichungs-Kommission“ (1832-1921). Eigh. Brief m. U. „W. Förster“. 2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Berlin 13.VIII. 1863. 300 € Früher Brief an einen Freund in Polen, den er zunächst wegen des Bürgerkriegs in Russisch-Polen bemitleidet. „... Ich bedaure auf‘s Innigste die traurigen Zuckungen Deines armen, durch qualvolle Selbsttäuschungen bewegten Vaterlandes. Fürwahr die Polen wären durch ihre verzweifelte Tapferkeit des besten Looses würdig, wenn nicht eine so grausame Wildheit und eine solche Unfähigkeit zur Selbstbeherrschung damit Hand in Hand ginge. Dennoch wünsche ich, daß endlich freiere, menschenwürdigere Zustände Deinem Volke zu wahrer Freiheit, d. h. zum edlen Maaße verhelfen mögen. - Du mußt doch nach Heidelberg kommen, lieber Freund ... Die kleine Broschüre über Keppler [sic] mußt Du mit Nachsicht lesen ... Den Radcliffe Catalogue bekommst Du, wenn Du Dich an [Robert] Main, Direktor d. Oxforder Sternwarte, wendest ... Was Fr.[anz Friedrich Ernst] Brünnow betrifft, so bin ich mit im Geheimniß. Auch ich betrachte ihn als den passenden Nachfolger für Encke. Ich selbst scheue bei meiner Jugend die großen Schwierigkeiten der hiesigen Stellung und werde schon irgendwie unterkommen.“ - Foerster schrieb seinen Namen zu dieser Zeit noch mit „ö“; erst in den 1870er Jahren ging er zu „oe“ über. - Leichte Defekte am unteren Rand.
2490 Galle, Johann Gottfried, Astronom, Professor und langjähriger Direktor der Sternwarte in Breslau, Mit-Entdecker des Planeten Neptun (1812-1910). 3 eigh. Briefe m. U. „J. G. Galle“. Zus. 41/2 S. Gr. 8vo und gr. 4to. Breslau 1851-1858. 300 € An den Direktor einer Sternwarte. Mit dem ersten Brief übersendet er drei Bücher aus seiner Breslauer Bibliothek. Der zweite und dritte Brief (beide 1858) beschäftigen sich eingehend mit dem Erdbeben in Schlesien und Polen vom 15. Januar 1858. Die „Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur“ möchte die Beobachtungen zu dem Beben aus verschiedenen Gegenden sammeln und veröffentlichen und läßt anfragen, ob auch aus Krakau ein Bericht zu bekommen sei. Ferner über Fachliteratur und über eine neue Sternwarte. - Ein Brief etwas fleckig, ein anderer mit Rändläsuren.
2491* Geiger, Abraham, jüdischer Historiker, Theologe und Reformer, Oberrabbiner in Breslau, Mitbegründer der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin, einer der wichtigsten Vordenker des Reformjudentums (1810-1874). Gemeinschaftsbrief m. U. „D Abraham Geiger, Rabbiner“ und zwei weiteren Unterschriften von Vorstehern der Israelitischen Gemeinde Breslau. 2 S. Folio. Breslau 1.VII.1847. 600 € An den Breslauer Textil-Industriellen, liberalen Politiker und preußischen Handelsminister Karl August Milde (1805-1861), der sich auf
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik dem vereinigten preußischen Landtag von 1847 für die völlige juristische und politische Gleichberechtigung der Juden wie überhaupt der Konfessionen eingesetzt hatte. Anläßlich seiner Rückkehr nach Breslau sandte ihm die Israelitische Gemeinde das vorliegende Dankschreiben: „... Sie haben mit männlicher, sich stets treu bleibender Gesinnung, mit ernster Ausdauer, nach bester Ueberzeugung von dem, was zur Kräftigung des Thrones, was zum Gedeihen des Volkes heilsam ist, den von Ihnen erforderten Rath unserem erhabenen König ertheilt ... Ein wahrer Volksvertreter haben Sie das Volk in seiner Einheit aufgefaßt, für jeden Stand und jede Klasse, jedes Bekenntniß und jede Glaubensrichtung, die gleiche Berechtigung, die freie Entfaltung im Staatsleben nachdrücklich bevorwortet. In dem Bürger jüdischen Glaubens haben Sie nicht den Fremdling, nicht den nach Zion Hinblickenden, sondern den Preußen, den Deutschen erkannt, Sie haben uns die treue Bruderhand gereicht, die wir mit Freuden ergreifen ...“. - Außer Geiger haben noch die Gemeindevorstände Heimann und Schreiber unterzeichnet. - Geiger hatte Zeit seines Lebens mit Vertretern der Orthodoxie zu kämpfen, die seinen Reformideen nicht folgen wollten. Heute vermittelt das Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam das Gedankengut des Gelehrten in die Gegenwart. - Mit gedrucktem Briefkopf „Israelitische Gemeinde in Breslau“. - Zeitgenössische Bleistift-Unterstreichungen und -Notizen; Defekte im oberen und unteren Rand.
2492 Gerstenhöfer, Moritz, chemisch-technischer Ingenieur in Freiberg, Erfinder des nach ihm benannten „Schüttofens“ zur Röstung von Schwefelkies bei der Gewinnung von Schwefelsäure. Eigh. Brief m. U. „Moritz Gerstenhöfer“. 11/4 S. Gr. 4to. Freiberg (Sachsen) 2.X.1865. 120 € An einen befreundeten „Herrmann“, dem er die Ausführung mehrerer Aufträge meldet. „... Die Zeichnung der Stollberger Öfen habe ich gerne besorgt, aber noch nicht erhalten u. wird dieselbe wahrscheinlich meinem nächsten Briefe beiliegen. - Die Abschrift des Kostenanschlags der hiesigen Ofenanlage habe ich angefangen, bin aber noch nicht damit fertig ... In Betreff des Gay-Lussac-Apparates für Vivian muß ich Sie nochmals um Angabe der Dimensionen der Vivian‘schen Kammern ersuchen, deren Größe mir vollständig aus dem Gedächtniß entschwunden ist. - Im Übrigen geht alles gut. Ich richte jetzt den alten Versuchsofen auf Mulden-Hütte zur Blendröstung her u. werde in ca. 14 Tagen bis 3 Wochen mit den Versuchen beginnen. - Wie steht es mit den Öfen von Parnell? Was macht ferner dessen Schwefelsäurethurm? ...“. - Gerstenhöfers Erfindung kam ab 1862 im Freiberger Bergbau zur Anwendung. Die Sammlung der Bergakademie Freiberg besitzt ein Modell des Schüttröstofens von Gerstenhöfer.
2493 Gervinus, Georg Gottfried, Literaturwissenschaftler, liberaler Historiker und Politiker, einer der „Göttinger Sieben“ (1805-1871). Eigh. Brief m. U. „Gervinus“. 12/3 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Heidelberg 5.I.1865. 120 € An den Besitzer oder Leiter einer bedeutenden Bibliothek, aus der Gervinus eine Anzahl englischer Bücher entleihen möchte. Er listet auf dem zweiten Blatt eine Reihe von Titeln aus dem „englischen Cataloge“ auf. „... füge aber hier sogleich die Anfrage bei, ob sich vielleicht eins oder das andre der vier gleichfalls dort verzeichneten, nummerlosen Werke bei Ihnen vorfindet, die meist erst erschienen sind, nachdem ich vor zwei oder mehr Jahren Ihren Catalog excerpirte, vielleicht auch in den historischen Catalog nicht aufgenommen sind ... Ihrem würdigen Bibl.
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Diener Herrn Gruner bitte ich zu sagen, daß ich bei Rücksendung unfehlbar mich seinem Gedächtnis für dieses neue Jahr auffrischen werde; es ist mein einfaches Interesse, daß er mir nicht aus guter Laune kommt ...“. - Etwas fleckig.
2494 Gray, John Edward, brit. Zoologe und Philatelist, Mitglied der Leopoldina, langjähriger Kustos am British Museum, zudem leidenschaftlicher Sammler und Förderer des englischen Briefmarken-Wesens (1800-1875). Eigh. Brief m. U. „John Edw Gray“. 2 S. Gr. 8vo. (London 1840). 200 € An den bedeutenden Breslauer Anatomen Adolph Wilhelm Otto, den er um ein Zeugnis bittet, weil er sich um die freiwerdende Stelle des Kurators an der Zoolog. Abteilung des British Museum bewerben will. „... Mr [John George] Children who succeeded Dr. [William Elford] Leach in the Situation of Keeper of the Zoological Collection of the British Museum being about to retire. Having been his Chief Assistant for 15 years I am anxious to succeed him. It may be some use to me if you who have seen me in England and at the Scientific Meeting of Germany and who know something of my writings would give me a testimonial of what you consider my fitness for the office ... I have made it my business to study ... all the different branches of Zoology on this account for the Miscellanean Character of my Papers. But lately I have more confined myself to the Study of Mammalia Reptiles & Mollusca. - I hope next year to have the pleasure of meeting you again. I was anxious to go to Pyrmont but the ill health of Mr Children made me give up
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ Alles deutet auf ein krankhaftes Empfindungsleben hin. Solchen Naturen thut es nicht gut allzu zärtlich genommen, bemitleidet u. getröstet zu werden. Liebevolle Grobheit, die das Gefühl der Sicherheit verleiht, ist weit angebrachter. Ich würde rathen, daß Sie ganz einfach categorisch sagen: Ich wünsche Dich nicht eher wieder daheim als bis Du mit vergnügter Miene zurückkehrst. Du glaubst garnicht wie Dein Kopfhängen auf uns alle zurückwirkt ... Also ich bitte in Zukunft in dieser Tonart, dann werden wir die flügellahme Seele schon aufmuntern ...“. - Der Umschlag fleckig. - Sehr selten, zumal Lahmann nur 45 Jahre alt wurde. Abbildung Seite 65
2496 Haeckel, Ernst, Zoologe und Philosoph, Professor in Jena, als Darwinist Begründer des „Monismus“ (18341919). Eigh. Brief m. U. „Ernst Haeckel“. 2 S. Gr. 8vo. Jena 6.I.1900. 150 € An einen Assessor, der ihm Glückwünsche zum neuen Jahr gesandt hatte. „... Ihre freundlichen Glückwünsche für den Beginn des neuen Jahres (- das XX. Saeculum ‚nach Pabst und Kaiser‘! - O Weh!!-) erwidere ich von Herzen. Über die Verlobung Ihrer lieben Schwester mit meinem trefflichen Neffen Georg (- den ich sehr hoch schätze! -) habe ich mich sehr gefreut; ich bin überzeugt, daß beide sehr glücklich zusammen sein werden. Herrn Geh. Kommerzienrath bitte ich mich bestens zu empfehlen, mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß seine hochherzige, jetzt glücklich zur Veröffentlichung gelangende Preisstiftung die gewünschten Früchte tragen möge! ...“. 2497
„ein paar Eier für Frl. Meitner“
all my vacation ...“. - Gray, der nebenher ein begeisterter Briefmarkensammler war, kaufte bei ihrer Einführung die ersten englischen Marken in Sammel-Absicht und gab später auch Briefmarken-Kataloge heraus. - Gering tintenfleckig.
Doktor Eisenbart auf dem „Weißen Hirsch“ 2495 Lahmann, Heinrich, berühmter Dresdener Arzt, Naturheiler und Lebensreformer, Gründer und Leiter des Sanatoriums auf dem „Weißen Hirsch“, Kurort auch für zahllose Prominente (1860-1905). Eigh. Brief m. U. „Dr. Lahmann“. 4 S. Mit eigh. Umschlag. 4to. Weißer Hirsch bei Dresden 20.I.1897. 450 € Krankenbericht an Wilhelm Pless in Wien, dessen Frau sich bei Lahmann in Behandlung befindet, deren schwere Depression aber offenbar über seinen medizinischen Horizont hinausgeht. „... soeben in der Frühe war Ihre Frau bei mir um sich zu verabschieden. Sie hat diesen Plan nach unserer Besprechung aber fallen lassen. - Die Hauptsache ist eine hypochondrische Selbstquälerei. Sie sieht sich bei lebendigem Leibe zerfallen u. fürchtete nicht mehr nach Hause kommen zu können. Dabei macht sie körperlich einen guten Eindruck ... Wir finden nichts Sicheres von der alten Krankheit; denn der Ausschlag könnte sehr wohl auch aus einer gichtischen Säftemischung sich herschreiben. An den Mandeln ist garnichts. Die Armlähmung war zweifelsohne eine hysterische. Kurzum:
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2497* Hahn, Otto, Chemiker, Nobelpreisträger (18791968). Eigh. Brief m. U. „Dein Otto“. 4 S. Gr. 4to und quer-kl. 4to. Großes Hauptquartier (Belgien) 8.VI.1918. 500 € An seine Frau Edith in Berlin. Von der Etappe an der Westfront, wo Hahn als Angehöriger von Fritz Habers „Gaskrieg-Truppe“ zu dieser Zeit ein relativ beschauliches Leben führte. Wegen der Lebensmittelknappheit im Reich handelt der umfangreiche Brief großenteils von der Versorgung an der Front und in Berlin sowie vom Versand von Nahrungsmitteln. „... Neugierig bin ich, ob Du das kleine Pfundpaketchen bekommst, das ich gestern abschicken liess. Es sind ein paar Eier und Butter drin. Falls es ankommt, werde ich Frl. Meitner auch gelegentlich ein paar Eier schicken. Für uns habe ich noch genügend ... Butter kriegt Frl. Doktor aber nicht, da weiss man nie, wie lange man die noch hat. Soll ich wieder Ölsardinen (für 2 M!) kaufen? ... Ich erzählte Dir doch, dass wir hier Brot sparen. Da sie wenig Brot essen, so hatte ich in ein paar Tagen wieder einen Laib gespart gehabt. Nun ging gestern ein Unteroff. von uns für 2 Tage dienstlich nach Aachen. Da habe ich mir ein ganzes Brot geben lassen und es dem U. Off. für Onkel Karl etc. mitgegeben ... Arbeitstrieb habe ich gar keinen; ich habe ja allerdings auch fast nichts zu tun. Manchmal mache ich einen sehr bequemen Spaziergang. Verviers ist sehr bergisch; wir wohnen auf dem Wege nach Spa in einem Vorort Heusy, der viel höher liegt, als die Stadt selbst. An unserem Hause geht die Elektrische nach der Stadt sowohl, wie nach Spa vorbei ... Da für Militair alle Elektrischen umsonst sind, ist das sogar ein billiger Spaziergang und ausserordentlich bequem. Nach Spa ist es 17 km, also ein bisschen weit mit der elektr. Bahn; aber Autos giebts nur für rein dienstliche Sachen ... Heute hatte ich alter Zeitungsleser es gut: den
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ Vampyr, die Vas ... und die Kölnische Sonntagsausgabe. Ausserdem gleichzeitig den ‚Berner Bund‘, wo Herr Stegemann seine Kritiken über den Krieg veröffentlicht. Auf den Bund sind wir hier beim Stabe abonniert, man liest da doch mancherlei, was man in deutschen Zeitungen nicht liest. Vor allem die absolut vollständigen feindlichen Heeres- und Flugberichte ...“. - Auch am Berliner Kunstleben zeigt sich Hahn interessiert: „... Die Bilder von Pechstein kenne ich nicht, ausser dem einen üblen Portrait in den letzten Zeitbildern. Aber sehr hübsch muss die Ausstellung Berliner Bildnisse sein, worüber jetzt der Krach mit Liebermann ist, weil sie eins seiner Bilder gegen seinen Willen aufgenommen haben. In diese Bildnisausstellung ginge ich sogar gerne hinein ...“. - Von Januar 1915 bis zum Kriegsende 1918 war Otto Hahn Mitglied der von Fritz Haber geleiteten Spezialeinheit für chemische Kriegsführung. Er erprobte Gasmasken und neue Giftgase, beriet in der Heimat die Industrie bei der Herstellung von Gasmunition und war eine Zeit lang Verbindungsmann der Gastruppe im „Grossen Hauptquartier“. Von Dezember 1916 bis September 1917 weilte Hahn hauptsächlich in Berlin, wo er seine Radium-Forschungen mit Lise Meitner zum Abschluss brachte. Nach der Entdeckung des sog. „Proto-Actininium“ war er wieder an der deutsch-französischen Front unterwegs, von wo aus er vorliegenden Brief an seine Frau schrieb. Abbildung Seite 66
2498 Hamburger Kunsthalle und Kunstverein. 2 masch. Briefe und 3 Baupläne. Die Briefe zus. 2 S. Gr. 4to und quer-gr. 8vo., die Pläne gr. folio. 1929-1944. 600 € Die Briefe jeweils an den Hamburger Landgerichtsdirektor Dr. R. Johannes Meyer, der in der Hamburger Kulturpolitik eine wichtige Rolle spielte. Vorhanden: I. Gustav Pauli, Direktor der Hamburger Kunsthalle (1866-1938). Brief m. U. „Pauli“. 1 S. Hamburg 13.II.1932. - Über die Künstler-Nothilfe in der Weltwirtschaftskrise. „... Zunächst möchte ich darum bitten, dass Sie in der übermorgigen Sitzung ... den Vorsitz für die Künstler-Nothilfe übernehmen wollen, denn ich bin verhindert zu kommen ... Ihr Vorschlag, ... von zehn der namhaftesten Hamburger Künstler je ein Werk zum Preise von RM. 300.- anzukaufen, bedeutet zweifellos eine grundsätzliche Änderung der Auffassung der Tätigkeit der Künstler-Nothilfe. Nach der bisher im Rathaus und in unseren Sitzungen ausgeführten Auffassung handelt es sich um eine Hilfe aus materieller Not, auf die alle jene Anspruch haben sollen, die in Hamburg ernsthaft als Künstler anzusehen sind. In diesem Sinne ist auch die Prüfung der Frage, ob sie als Künstler gelten dürfen, bisher gehandhabt. Wenn das Kuratorium Ihrem Vorschlag folgt, ... ist natürlich zunächst festzustellen, wer denn diesem enger gezogenen Kreise überhaupt angehört. Sodann wäre, wenn ich mich an den Wortlaut Ihres Briefes halte, die geplante Zuwendung zu machen ohne Rücksicht darauf, ob die Betreffenden aus künstlerischer Tätigkeit in der letzten Zeit Einkommen gehabt haben ...“. - Gelocht. - II. Carl Schellenberg, 1942-1945 kommissarischer Leiter der Hamburger Kunsthalle (1898-1968). Brief m. U. „Schellenberg“. 1 S. Hamburg 1.VIII.1944. - „... Zu meinem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass meine Verwaltung gegen unseren Plan Einspruch erhoben hat. Die Begründung möchte ich Ihnen lieber mündlich mitteilen ...“. - Gelocht. - III. Karl Schneider, Hamburger Architekt. 3 großformatige Umbau-Pläne für das Gebäude des Hamburger Kunstvereins. Kolorierte Blaupausen. Mehrfach gefaltet. Hamburg 26.VIII. 1929. - Detaillierte Ansichten, Grund- und Aufrisse der vier Geschosse, teils mit genauen Maßangaben. Der Landgerichtsdirektor Johannes Meyer hatte sich sehr dafür eingesetzt, daß der Kunstverein ein „eigenes Haus“ bekam. Das Gebäude wurde leider im Krieg zerstört. - Mehrfach eingerissen, doch ohne Fehlstellen restaurierbar.
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2499 Heidegger, Martin, Philosoph (1889-1976). Konvolut von 3 eigh. Briefen und 8 Ansichts-Postkarten m. U. „M. Heidegger“. Zus. 11 S. Mit 6 eigh. Umschlägen. 4to und 8vo. Meßkirch, Todtnauberg und Freiburg 1949-1971. 3.000 € An Lucia Münzer und ihren Ehemann, die ihm regelmäßig zum Namenstag (Martinstag) und zum Geburtstag Grüße und selbstgebackenen Kuchen sandten. Der Philosoph bedankt sich mit Briefen oder (meist im Umschlag verschickten) Ansichtskarten, die Schwarzwald- oder Blumenmotive zeigen, und fügt zuweilen kleine philosophische Aphorismen und Sentenzen hinzu. „... Ich danke Ihnen vielmal für das allzu reiche Geschenk und die Glückwünsche zum Namenstag. Die Denkenden und die Dichtenden sind ihrer Natur nach Schenkende. Sie bleiben am meisten und reichsten dadurch beschenkt, daß sie schenken dürfen. Wenn ihrer gedacht wird, dann soll das so geschehen, daß der Dank, den sie erfahren, mithilft, ihr Schenken fruchtbar zu machen und beständig [Meßkirch 17.XI.1949] ... Ich danke Ihnen für das herrliche u. allzu reiche Weihnachtsgebäck, das über ein Verführerle schon tüchtig hinaus ging [Freiburg 2.II.1950] ... Alle theologischen Aussagen haben nur einen Sinn, wenn man schon glaubt. Pascal philosophierte bereits v. innerstem Glauben her u. so ist sein Denken eigentlich kein Denken. Die Kunst hat ihre eigene Wahrheit; die auch nur dann sich öffnet, wenn die Werke nicht nur ‚erlebt‘ werden, sondern aus einem dazugehörigen Wissen erfahren sind [30.IX.1951] ... Die Ausflüchte, die über meine Sprache Klage führen, entspringen meistens der Angst davor, sich mit der Sache des Denkens einzulassen. Solche Leute sind, je mehr sie angeblich wissen, umso schwerer zu belehren [Freiburg 23.XI.1952] ... Bei meiner großen Vortragstätigkeit u. Beanspruchung wird es mir kaum möglich sein, weitere Verpflichtungen zu übernehmen [6.XII.1953] ... Ich danke Ihnen für Ihr freundliches Gedenken u. Schenken zum Namenstag u. sende Ihnen als kleinen Gegengruß das beiliegende Bild [Freiburg 2.XII. 1955] ... schon 1930 wurde ich auf ein Jahr von japanischen Universitäten zu Vorlesungen eingeladen u. seitdem immer wieder. Heute muß ich schon allein meines hohen Alters wegen solche Einladungen ablehnen. Alle meine Schriften sind mehrfach ins Japanische übersetzt. Bitte teilen Sie meine Absage u. die obige Begründung Ihrem Herrn Sohn mit, dem ich für seine Arbeit allen Erfolg wünsche ...“ [Freiburg 16.XI. 1971]. - 2 kleine gedruckte Beilagen. Abbildung Seite 67
2500* - Eigh. Ansichts-Postkarte mit U. „Euer Martin“. 1 /2 S. Meßkirch, Pfingsten 1953. 300 € An seinen früheren Studienfreund, den Historiker und Bibliothekar Ernst Laslowski (1889-1961) und seine Frau Lene: „... In herzlichem Gedenken senden wir Euch beiden unsere herzlichsten Pfingstgrüße aus der erinnerungsreichen Heimat ...“. - Mit unterschrieben haben Martin Heideggers Bruder, Schwägerin und Neffe „Fritz Heidegger“, „Liesel Heidegger“ und „Thomas Heidegger“. - Die Bildseite zeigt den Kirchturm der Stadtkirche St. Martin von Meßkirch.
2501 Hoffbauer, Johann Christoph, Philosoph und Psychologe, einer der Pioniere der Psychiatrie, Professor an der Universität Halle (1766-1827). Eigh. Brief m. U. „Dein treuer Bruder und Freund Hoffbauer“. 6 ½ S. 4to. Halle / Saale 25.X.1805. 120 €
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik Umfangreicher Brief an einen „liebsten Freund und Bruder“; ausführlich über die Aufteilung einer Erbschaft (Taxierung von Büchern etc.). - Hoffbauer verfaßte nicht nur eine grundlegende Geschichte der Universität Halle, sondern trat auch frühzeitig mit Werken zur Psychologie und Psychiatrie hervor, angefangen mit Untersuchungen über die Krankheiten der Seele (3 Bde, 1802-1807).
2502* Hufeland, Christoph Wilhelm, Mediziner, Begründer der „Makrobiotik“, Professor in Jena und Berlin, königl. preuß. Leibarzt, Direktor der Charité, Gesundheits- und Sozialpolitiker (1762-1836). Eigh. Zeugnis m. U. „D Hufeland, Hofrath und Professor Med. ord.“ 1 S. 4to. Jena 5.XI.1798. 300 € „Daß Herr Doctor [Philipp?] Kinzel aus Warschau meine Vorlesungen über Pathologie, Semiotic, allgemeine und spezielle Therapie, mit ausgezeichnetem Fleiße besucht, in der Medizinisch-Chirurgischen Krankenanstalt unter meiner Anleitung selbst Kranke besorgt, auch ein Jahr in meinem Hause gewohnt, und sowohl da, als auf einer mit mir unternommenen fünfmonatlichen Reise durch Teutschland, mir in meinen practischen Geschäften wesentliche Dienste geleistet, und überhaupt wärend seines viertehalbjährigen Aufenthalts allhier die entschiedensten Beweise seiner Anlagen, seines Fleißes und seiner Sittlichkeit gegeben habe; diß mache ich mir ein Vergnügen hierdurch zu bezeugen.“ Abbildung
Humboldt über den Namen „Amerika“ 2503 Humboldt, Alexander von, Naturforscher, Geograph, Weltreisender (1769-1859). Eigh. Brief m. U. „Humboldt“. In franz. Sprache. 1 S. O. O. (um 1830?). 2.500 € Wohl an den Geographen und Bibliophilen Charles Athenase Baron Walckenaer (1771-1852), wahrscheinlich im Zusammenhang mit den Vorarbeiten zu Humboldts Schriften „Examen critique de l‘Histoire de la Géographie du Nouveau Continent aux 15me et 16me siècles“ (1833) und „Über die ältesten Karten des Neuen Continents und den Namen Amerika“ (1852). Er bittet ihn, einige Zeilen aus einer Ptolemäus-Edition zu kopieren: „... Je demande ... de me copier trois ou quatre lignes de l‘éd.[ition] de 1522 [Ptolemäus, Opus Geographie] dans lesquelles se trouve le nom d‘Ilacomylus ou Hylacomylus et de me les adresser par la poste à Paris ... Cet Hylacomylus est le Professeur Waldmüller de Fribourg, ami de Philesius (Ringmann) de Bâle, admirateur du Duc de Lorraine qui dans sa Cosmographie de 1507 a proposé le premiér le nom d‘Amérique ...“. - Humboldt konnte als erster die Identität des Ilacomylus mit dem Kartographen Martin Waldmüller (um 1470-um 1520) nachweisen; er hielt ihn auch für den Namensgeber des neuen Kontinents „Amerika“, weil er auf der Weltkarte in der „Cosmographia“ von 1507 als erster den Namen Amerika festhielt. - Nach neueren Forschungen gilt heute der in Humboldts Brief genannte Matthias Ringmann (um 1482-1511), ein Freund Waldseemüllers, als Verfasser der Kosmographie von 1507 und als derjenige , der als erster den Namen „Amerika“ vorschlug. Humboldts Verdienst bleibt es jedoch, nachgewiesen zu haben, daß in der Kosmographie von 1507 der Name „Amerika“ zum ersten Mal vorkommt. Etwas gebräunt.
2504 - Eigh. Brief m. U. Al Humboldt“. In franz. Sprache. 1 S., eng beschrieben. Gr. 8vo. O. O. ( wohl um 1840). 600 €
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An einen Freund. Er sende heute das Manuskript zu Bogen 9-12 und Anmerkungen S. 1-23 an ihren gemeinsamen Freund Gignaut. Ferner ausführlich über die Drucklegung eines Werkes sowie Übersetzungsfragen. Schneidet auch politische Probleme an, spricht von „l‘interven tion de notre Ministre des affaires étrangers à la légation Française“ und erwähnt den Fürsten Metternich.
2505 - 5 eigh. Briefe m. U. „Al Humboldt“. In franz. Sprache. Zus. 5 S. Gr. 8vo. Berlin und Potsdam 20.IX. 1844 - 16.V.1857 bzw. o. J. 6.000 € Inhaltsreiche Briefe an François Forster (1790-1872), Kupferstecher mit Professorentitel in Paris, dessen Kunst Humboldt sehr schätzte. „... Votre jeune Raphael de 15 ans a été admiré par tous nos artistes. C‘est un ouvrage qui porte le cachet de Votre beau talent, plein de fraicheur, de grace, de noble simplicité dans le faire, d‘une couleur de l‘original ... Sans doute que le ‚Roi de cette colline‘ [wohl Friedrich Wilhelm IV.] qui se plaint de ne pas vous voir ici (de grace ne venez cependant pas voir ce pays en hiver ...) aura un vif plaisir a recevoir, de Votre main, dans son Palais Vos admirables travaux ...“ [20.IX.1844]. - Empfiehlt ihm im Sept. 1844 den Miniaturmaler Durocque und bittet, ihm mit seinem Rat behilflich zu sein. „... un artiste qui peut Vous montrer un portrait très ressemblant de ma figure préadonnite (copie en miniature d‘un beau portrait de Begas que le Roi a fait faire) est bien reçu chez vous ...“. Am 30.IV. 1857 teilt er dem „cher et illustre ami“ mit, daß dieser ohne Zweifel für den preußischen Roten Adler-Orden für die Wissenschaft und Künste
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________
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_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik vorgesehen sei und erläutert die Bedeutung dieser Ehrung. „... je le savais d‘avance par Votre grand admirateur Mr. Rauch et par Mrs. Mandel et Eichens, ‚que l‘illustre maître, Mr. Forster, sera placé en première ligne parmi les trois graveurs proposés par moi à Sa Majesté‘ ...“. Er sei beglückt, mit dieser Ernennung einen so lange von ihm gehegten Wunsch in Erfüllung gehen zu sehen. „... Non seulement à cause de la grandeur de Votre talent ..., mais aussi de la haute gloire due à la noble independence et a l‘observation de Votre caractère moral ...“. - Es kommt aber anders: Am 16.V.1857 teilt er Forster die Aufnahme in den Orden pour le Mérite, Klasse der Wissenschaften und der Schönen Künste mit und bestätigt ihm, daß er den ersten Platz auf einmütigen Vorschlag der ganzen Intendanz erhalten habe. „... Puisse la nouvelle que je Vous donne, Vous prouver combien il nous est doux de nous occuper de Vous, que le Roi ne cède pas avec la Principauté puisque Vous appartenez à une plus vaste sphere ...“. - In dem folgenden, undatierten Schreiben läßt er Forster auf dessen Anfrage wissen, wie denn die Künste in dem Orden vertreten seien. Unter den Deutschen zählt Humboldt auf: Cornelius, Lessing, Julius Schnorr, Vater und Sohn Schadow, Rauch, Schwanthaler, die Komponisten Meyerbeer und Mendelssohn Bartholdy. An nicht deutschen Künstlern nennt er: Ingres, Horace Vernet, Toschi, Daguerre, Thorvaldsen, Fontaine sowie Rossini und Liszt als Komponisten. - Forster war Mitglied der École des Beaux Arts in Paris und wurde 1863 auch Offizier des Ehrenlegion. - Schöne, gehaltvolle (wenn auch gelegentlich schwer lesbare) Briefe in - abgesehen von belanglosen Büroklammer-Druckstellen - sehr gutem Zustand. Abbildung
Über Richard Lepsius 2506 - Eigh. Brief m. U. „Al Humboldt“. In franz. Sprache. 1 S. Gr. 8vo. Potsdam-Sanssouci 1.VII.1846. 1.100 € An einen „illustre Confrère“. Empfehlungsschreiben für den kürzlich von der großen preußischen Ägypten-Expedition mit reichen Ergebnissen zurückgekehrten Ägyptologen, Sprachforscher und Bibliothekar Richard Lepsius (1810-1884). „... ces lignes Vous feront présentées par le Chef de notre grande et fructueuse Expédition d‘Egypte, de Nubie, du Sinai ... et de Jerusalem, par Mr. Lepsius. J‘ose Vous le signaler non seulement comme imbu de sanscrit, d‘arabe, de tables engombiennes, de copte, de la langue phonétique de Champollion, mais ce qui vaut mieux peut-être, parce que c‘est le résultat de toutes ces connoissances par tielles, comme l‘homme que mon frère admiroit le plus dans les hautes regions de la philosophie des langues. J‘ose vous prier, mon illustre confrère, d‘accueiller mon ami avec bonté, et de l‘initier au sein d‘une Académie que se nourrit d‘idées générales. J‘espère bien que l‘on vous aura fait hommage, en mon nom, de la traduction française du Cosmos ...“. Abbildung
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17/8 %gesunken ist, und da ich meine Actien zu 2 % gekauft habe, ist meine Spekulation zu Ende“), Staatspapiere, Hypotheken und Geldanlagen, über Logis im Gartenhaus, über die Studien von von Bünaus Sohn (u. a. bei dem Chemiker Johann Wolfgang Dobereiner: „Somit geht bisher alles gut. R. zeigt den besten Willen, obgleich er kein Sitzfleisch hat“). - Einzelne Briefe mit Siegelresten, dort teils etwas eingerissen. Zwei Briefe mit Randläsuren. Abbildung Seite 72
2507* Kieser, Dietrich Georg von, Mediziner und Psychiater, Professor und Klinikleiter in Jena, als Nachfolger Nees von Esenbecks Präsident der Akademie der Naturforscher, Leopoldina (1779-1862). Sammlung von 18 eigh. Briefen m. U. „Dr. D. Kieser“. Zus. ca. 33 S. Verschied. Formate. Jena und Weimar 1821-1861. 900 €
2508* Kirchhoff, Gustav Robert, bedeutender Physiker, Mitentdecker der Spektralanalyse, des Cäsiums und des Rubidiums, stellte das nach ihm benannte Gesetz über Emission und Absorption von Licht sowie die nach ihm benannten Regeln über die Verteilung elektrischer Ströme auf, wirkte als Professor in Breslau, Heidelberg und Berlin (1824-1887). Eigh. Brief m. U. „G. Kirchhoff“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Heidelberg 7.V.1869. 250 €
Umfang- und inhaltsreiche, vielfältig interessante Briefsammlung. An die Famile des Günther von Bünau (1768-1841) in Leipzig und Rudolstadt über Zahlungen, Familiennachrichten, Reisevorbereitungen, eine Generalversammlung, Eisenbahnaktien („daß die Eisenbahnactie auf
An den Herausgeber von „Crelle‘s Journal für die reine und angewandte Mathematik“, den Mathematiker Carl Wilhelm Borchardt (1817-1880) in Berlin mit Dank für die Worte herzlicher Teilnahme: „... Der Verlust, der mich betroffen hat, ist ein schwerer für mich, für meine 4 Kinder
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________
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und für meine Schwiegereltern. Im Arme ihrer Mutter ist meine Frau gestorben, die in ihr das dritte erwachsene Kind im Laufe von 6 Jahren verloren hat. Die beiden Mädchen, die ich habe ... will meine Schwiegermutter mit sich nehmen; 2 Knaben, von 11 und 10 Jahren, will ich bei mir behalten ...“. - Kirchhoff war 1865/66 Prorektor an der Universität Heidelberg.
2510* Krug, Wilhelm Traugott, Philosoph, Nachfolger Kants in Königsberg (1770-1842). Eigh. Manuskript. 2 S. 4to. (Leipzig ca. 1820). 600 €
2509* Krishnamurti, Jiddu, indischer Philosoph und Theosoph (1895-1986). Masch. Brief m. U „F. Krishnamurti“. 1 S. 4to. Ojai (Calif.) 24.V.1946. 200 € Pläne für eine Reise nach Europa und für ein Treffen in der Schweiz: „... We had first thought of coming to Europe this summer but after further consideration we think it is better to come to Europe in the summer of next year. We had thought of going to India via Europe but now we are going via New Zealand and Australia, so I hope there will be an opportunity for us to meet next year. It is very good of you to offer your help in bringing about a gathering in Switzerland but I am afraid this will have to be postponed until next year. We will then have to consider what is the best thing to do - which places to visit and so on ...“. - Von der Theosophin Annie Besant 1910 schon als Kind zum kommenden Weltlehrer erklärt, wurde Krishnamurti Oberhaupt des 1911 gegründeten theosophischen Ordens „Order of the Star in the East“. Das wiederum stieß bei Rudolf Steiner auf heftigen Widerstand, der die Stilisierung Krishnamurtis als „zukünftigen Christus“ heftig kritisierte und dessen Anhänger aus der Theosophischen Gesellschaft ausschloss. Krishnamurti selbst begann Ende der 1920er Jahre, sich von der theosophischen Strömung loszusagen. - Sehr selten.
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Manuskript einer philosophischen Abhandlung über Erkenntnisarten, offenbar Bruchstück aus einem größeren Kommentar zu einem (gedruckten?) Text. Am Schluß der Namenszug „Krug“ in abweichender Schrift, wohl später hinzugesetzt. „Erkenntniß in Rücksicht ihrer natürlichen und wesentlichen Beschaffenheit, um daraus ihre Überzeugungen abzuleiten. Sollen also diese Überzeugungen objektiv gewiß seyn, so müssen die Gründe derselben objektiv zureichend seyn d. h. sie müssen die Vernunft in theoretischer Hinsicht befriedigen, indem sie aus der Natur des Objektes der Überzeugung abgeleitet sind. So ist der Logiker überzeugt, daß jeder Syllogism nur 3 terminos haben dürfe, indem er dies aus der Natur eines Syllogismus beweißt; es ist also objektiv gewiß ... Objektive Gewißheit ist also nicht bloß durch das Anschauen oder den Eindruck äußerer Gegenstände möglich, sondern auch durch Räsonnement, sobald dasselbe den formalen und materialen Gesetzen der Erkenntniß gemäß ist. ad 6. der historische Beweis giebt darum niemals Gewißheit in strengem Sinne, weil er auf Indukzion, Analogie und Zeugniß beruht; dies sind aber nur wahrscheinliche Beweisarten. Denn die Indukzion kann nie vollständig gemacht werden; die Analogie urtheilt nach bloßen Ähnlichkeitsverhältnissen; und Zeugnisse bleiben immer trüglich. Das Bewußtseyn der Möglichkeit des Gegentheils wird also durch den historischen Beweis nur ausgeschlossen. Es ist z. B. möglich, daß Alexander oder Cicero nicht gelebt haben. ad 7: Diese Lehre muß theils in guten Lehrbüchern der Logik, theils in den Schriften über die historische Kunst gesucht werden, z. B. Penzel de arte historica. Lpz. 784, 8°. Besonders lesenswerth sind: 1.
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik Abhandlung über die historische Gewißheit ...“. - Krug ging 1801 als Prof. der Philosophie nach Frankfurt an der Oder, wo er Wilhelmine Zenge, die ehemalige Verlobte Heinrich von Kleists, heiratete und wo seine anonym veröffentlichten „Briefe über die Perfektibilität der geoffenbarten Religion“ (1795) Anstoß erregten. Seit 1805 Nachfolger Kants in Königsberg, lehrte er 1809-1834 an der Universität Leipzig, zu deren Rektor er 1813 und 1830 gewählt wurde und um deren Reform er sich verdient machte. Durch das Studium der kritischen Schriften Kants geprägt, distanzierte er sich vom deutschen Idealismus. Er vertrat einen von ihm als Weiterentwicklung der Transzendentalphilosophie Kants aufgefaßten „transzendentalen Synthetizismus“. - Leicht gebräunt. - Beiliegend ein Blatt (ca. 1850) mit einer Biographie Krugs in franz. Sprache. - Sehr selten: kein Autograph auf einer deutschen Auktion seit 1950. Abbildung
2511* Lavoisier, Antoine Laurent de, französischer Chemiker, Mitbegründer der modernen Chemie, gilt als Vater der ersten Chemischen Revolution, sehr wohlhabend als Geschäftsmann, Hauptzollpächter, Leiter der frz. Pulververwaltung, Bankdirektor und Großgrundbesitzer, starb durch die Guillotine (1743-1794). Eigh. Brief m. U. „Lavoisier“ sowie mit Adresse und Siegel. 11/2 S. 4to. Paris 7.II.1791. 2.800 € An Charles-Antoine Parisis, seinen Verwandten und Verwalter in VillersCotterêts, Lavoisiers Landsitz, ca. 60 km nordöstlich von Paris; mit Dank für dessen Brief und wegen der Ersteigerung von Ländereien: „... Vous pouvés Monsieur et cher Parent Encherir pour mon compte la ferme de Lepine jusqu’a trois cent dix mille livres et celle de Vauberon jusqu‘a cinq cent quatre mille livres. Je vous adresserai un pouvoir par devant notaire si vous le jugés a propos mais ce seroit je crois des frais inutiles. Je vous prie de vous procurer quand vous le pouvez des renseignements sur les biens nationaux pour sentimens pour les quels il y a des soumissions de faittes ... Car lon annonce que les biens augmenteront plutot qu‘ils ne diminueront et je crois qu‘on ne scauroit trop se presser de realiser la speculation que lon peut faire en ce genre ...“. - Als Generalpächter der Steuern legte Lavoisier das Geld in großen Ländereien an. Unter anderem wegen dieser Tätigkeit wurde er vom Revolutionstribunal zum Tode verurteilt und am 8. Mai 1794 guillotiniert. - Linker Rand mit zeitgenössischem Regest-Eintrag. - Sehr selten. Abbildung
2512 Lee, Robert, berühmter britischer Frauenarzt, Professor in Edinburgh und Glasgow, zeitweilig auch Leibarzt des Generalgouverneurs der Krim, des Fürsten Woronzow (1793-1877). Eigh. Brief m. U. „Robert Lee M. D. J. R. S.“. 1 S. 4to. London 3.VIII.1830. 120 € Dankschreiben im Auftrag der Medical Chirurgical Society of London an den Breslauer Anatomen Adolph Wilhelm Otto „for the valuable present of Books presented by you to the Society ...“.
2513* Liebig, Justus von, weltberühmter Chemiker, Ehrenbürger Münchens (1803-1873). Eigh. Brief m. U. „J v Liebig“. 2/3 S. 4to. München 19.VIII.1861. 450 € An die Verlagsbuchhandlung C. F. Winter in Leipzig: „... Ich beehre mich Sie zu unterrichten, daß der 119 Band der Annalen [der Chemie
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und Pharmazie, deren Herausgeber Liebig war] erschienen ist. Derselbe umfaßt 24 Bogen für die mir à f. 27 - f. 628 gutkommen; ich habe mir erlaubt diesen Betrag durch Herrn Raph[ael] von Erlanger [Bankier; 1806-1878] in Frankfurt mit 370 Thlr. pr. 1. Sept. auf Sie zu entnehmen. Der zweite Band von [Henry Thomas] Buckle‘s Geschichte [der Civilisa tion in England] ist in England erschienen, hoffentlich erscheint er auch bald in der deutschen Übersetzung ...“. Der Band erschien in der Übersetzung von Arnold Ruge noch 1861 bei Winter. - „f.“ bedeutet hier Gulden; pro Bogen 27 Gulden ergibt bei 24 Bogen den Betrag von 628 Gulden. - Kleine Klebespur außerhalb des Textes; kleiner Tinten-Abklatsch bei der Grußformel; rückseitig Empfangsvermerk; linke untere Ecke mit kleiner Sammlermarke von Ray Rawlins (1917-?). - Beiliegend ein amerikanisches Stahlstichporträt Liebigs (27,5 x 20 cm, mit faksimilierter Unterschrift) nach einer Photographie. Abbildung Seite 74
2514 Littrow, Joseph Johann von, österr. Astronom, Initiator und Direktor der neuen Universitäts-Sternwarte in Wien, Universitätsprofessor (1781-1840). Konvolut von 57 eigh. Briefen m. U. „Littrow“. Zus. ca. 146 S. Meist gr. 4to, einige in gr. 8vo oder 8vo. Wien 1822-1835. 4.500 € An einen ihm befreundeten Astronomen. Große, umfang- und inhaltsreiche Briefreihe, in der es auschließlich um Fachfragen der Astronomie geht: neue Erkenntnisse und Berechnungen, Geräte, Fachliteratur, physikalische Beobachtungen und Messungen, Korrespondenz mit Kollegen und vieles andere. Mit seinem Buch „Die Wunder des Him
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ besuchte auf seiner Reise nebst Stuttgart, dem eigentlichen Ziele, die Rheingegenden und die Schweiz. Mir insbesondere war es recht lieb, ihn durch diese Reise endlich wieder auf einige Zeit von seinem Arbeitstische, an dem er sonst, wie Sie ja wohl aus alten Zeiten auch noch wissen, den ganzen lieben Tag angeschmiedet ist, abberufen zu sehen. Er ist recht heiter und rüstig wieder in unsere Mitte zurückgekehrt ...“. - Kleine Randläsuren.
2516* Lorentz, Hendrik Antoon, niederländ. Physiker und Mathematiker, Nobelpreisträger, schuf die mathem. Grundlagen für Einsteins Relativitätstheorie (18531928). Eigh. Brief m. U. „H. A. Lorentz“. In deutscher Sprache. 21/2 S. 8vo. Haarlem 25.I.1926. 800 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg. „... Ich habe die Angelegenheit, von der zwischen uns die Rede war, in der Sitzung des ‚Comité de direction‘ des Instituts für intellektuelle Zusammenwirkung besprochen und kann Ihnen wiederholen, dass es uns sehr freuen wird, wenn Sie ... nach Paris kommen und die Leitung der Abteilung für die Wissenschaftlichen Beziehungen übernehmen. Das wird nicht nur sehr im Interesse der Wirksamkeit des Instituts sein, sondern auch im hohen Maasse dazu beitragen, den internationalen Charakter, den es hat und haben muss, hervortreten zu lassen ... Ferner sind wir der Meinung, dass es nicht nötig sein wird, irgend welche besondere Maassnahmen zu treffen. Ich bin überzeugt, dass Sie auch ohne solche alle Gelegenheit finden werden, Ihre wissenschaftlichen Arbeiten fortzusetzen ...“. - Rot- und Bleistift-Anstreichungen vom Empfänger und BüroklammerRostspur. Abbildung Seite 76
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mels“, das zahlreiche Auflagen erlebte, erreichte Littrow eine Popularität wie wenige Astronomen. - 11 Briefe sind inkomplett, einige mit Randschäden; 1 Brief von 1832, betreffend die Versammlung der Naturforscher in Wien, ist an einen anderen Adressaten, einen „Director“, gerichtet. - Die vorliegende Briefsammlung ist eine außerordentlich reichhaltige Quelle zur Entwicklung der Astronomie im Verlauf von 13 Jahren und zu Beginn der technischen Revolution im 19. Jahrhundert. Abbildung
2515 Littrow, Carl Ludwig von, österr. Astronom, Sohn von J. J. v. Littrow, Direktor der Wiener Universitätssternwarte, Fachbuchautor (1811-1877). 4 eigh. Briefe m. U. „C. L. Littrow“ oder „Littrow“. Zus. ca. 9 S. Gr. 4to und gr. 8vo. Wien 1834-1867. 300 € An einen Kollegen. Über den Halleyschen, den Enckeschen und den Kometen Klinkerfues. sowie über ein Erdbeben und die Rückkehr seines Vaters, des Astronomen Joseph Johann von Littrow, nach Wien. „... Er
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2517* - Eigh. Brief m. U. „H. A. Lorentz“. In deutscher Sprache. 31/2 S. 8vo. Ithaca, N. Y. (USA) 15.X.1926. 900 € Ebenfalls an den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von SchulzeGaevernitz, dessen Brief er erhalten habe „... Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, dass es mir sehr Leid tat, aus demselben zu vernehmen, dass Sie meinen, das Pariser Institut verlassen zu müssen. Ich verstehe aber ganz gut die Gründe, die Sie bewegen, und tröste mich mit dem Gedanken, dass Sie, auch ohne mit dem Institut verbunden zu sein, in der gleichen Richtung wie bisher, im Sinne einer Verständigung der Völker weiter arbeiten werden. Ich freue mich schon darüber, dass die wissenschaftliche Abteilung des Instituts wenigstens einige Zeit unter Ihrer Führung gestanden hat ... Mit besonderem Interesse las ich, was Sie über die Frage eines alleuropäischen Zollvereins schrieben. Das ist gewiss von der höchsten Wichtigkeit und die K. f. i. Z. [Konferenz für intrnationale Zusammenarbeit] wird zu überlegen haben, inwiefern es auf ihrem Wege liegt, diesem Problem gegenüber Stellung zu nehmen ... Ich weiss nicht, ob wir den Begriff ‚intellektuelle Zusammenwirkung‘ so weit fassen können, dass er auch die Zollvereinsfrage umfasst, was mich aber nicht verhindert, die Bedeutung derselben anzuerkennen und die Hoffnung zu hegen, dass es Ihnen gelingen möge, etwas zur Verwirklichung dieses Ideals beizutragen. - Was die Besetzung Ihrer Stelle im Institut betrifft, so haben wir darüber nur noch ganz vorläufig gesprochen. Irgend einen Beschluss hätten wir übrigens nicht nehmen können, da Sie vergessen hatten, Ihren Brief zu unterzeichnen und also nichts Offizielles vorlag ...“. - Mit Rot- und Bleistift-Anstreichungen des Empfängers und Büroklammer-Rostspur.
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2518 Luden, Heinrich, Historiker und Publizist, Ordinarius für Geschichte an der Universität Jena (1778-1847). Eigh. Brief m. U. „Heinrich Luden“. 11/2 S. 8vo. Jena 13.X. 1810. 200 € An die Expedition der „Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung“: „Erklärung wegen der Bücher, die ich noch von der Literatur Z. habe oder haben soll.“ Offenbar hatte man bemerkt, daß Luden wesentlich mehr Rezensionsexemplare erhalten hatte als er Rezensionen lieferte, und darüber Aufklärung verlangt. Der Historiker zählt, offenbar etwas ungehalten, in 7 Positionen die einzelnen Fälle auf und gibt zu allen Titeln Erklärungen ab, ist auch erbötig, zu 6 Büchern Rezensionen zu schreiben. „... Aber ich muß dabei bemerken, daß ich die Zeit nicht vorausbe stimmen kann, wann ich die Recensionen werde liefern können, u. daß ich mir in keinem Falle die Bücher zur Last schreiben lassen mag, wenn ich sie nicht recensirt habe. Nur unter dieser Bedingung kann ich sie behalten ...“. Am Schluß heißt es: „7. Muß ich bitten, daß die Recension einiger kleinen Schriften Johann von Müller‘s betreffend, nunmehr nicht abgedruckt, sondern mir wieder zurückgegeben werde ...“.
2519* Mädler, Johann Heinrich von, bedeutender Astronom, tätig in den Sternwarten Berlin und Dorpat, prägte 1839 den Begriff „Photographie“ und fertigte detaillierte Mondkarten an, die lange als Standardwerke dienten (1794-1874). 11/3 S., mit winziger Schrift sehr eng beschrieben. Gr. 8vo. Dorpat 28.X.1842. 450 € Umfangreicher Brief an den Mitarbeiter eines Lexikons: „... Die Ausarbeitung des Artikels ‚Durchgänge‘ hat meinen Beifall ... Die Fixierung
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der Durchgänge auf die Zeit um den 4. Juni und 5. Dezember (für Venus) kann nur für das gegenwärtige und etwa die nächsten Jahrhunderte gelten ... Aus einem ähnlichen Grunde schieben sich bei Merkur die Perioden in einem Jahrtausend um 11 Tage vorwärts ... 2. Könnte vielleicht erwähnt werden, daß diese Vorübergänge zugleich das beste Mittel zur Bestimmung der Größe und Gestalt dieser beiden Planeten sind ...“. Sodann über die Beobachtungen von Hell und Encke sowie die Schrift von Littrow „M. Hells Reise nach Wardoe“: „Vielleicht finden Sie sich veranlaßt, den ganzen unerfreulichen Vorgang vor einem exoterischen Publikum nicht an die große Glocke zu hängen, um nicht dadurch die Wissenschaft in Mißkredit zu bringen ... Die 110 Doppelsterne, in denen eine Bahnbewegung erkannt ist, kann ich nach meinen diesjährigen Beobachtungen abermals um 60 vermehren. Nach einigen Jahren, wenn die Zahl, wie ich hoffe, auf 3-400 gestiegen ist, wollen wir sehen, was sich daraus Weiteres für die Configuration und Constitution unseres Fixsternhimmels ergibt ...“. - Mädler wurde 1840 auf Fürsprache von C. F. Gauß Nachfolger Struves an der Sternwarte in Dorpat (Tartu). Zentrales Thema seiner Forschungen waren neben der Planetenbeobachtung vor allem die Doppelsterne. - Eckfehlstelle mit Buchstabenverlust. - Sehr selten.
2520 Magnus, Gustav, der bedeutende Chemiker und Physiker an der Berliner Universität, Entdecker des Magnus-Salzes, der Magnus-Formel und des Magnus-Effekts, Lehrer von Kundt, E. Warburg, Helmholtz und W. von Siemens, betrieb ein leistungsfähiges physikalisches Labor im „Magnus-Haus“ am Kupfergraben (1802-1870). 4 eigh. Briefe m. U. „G. Magnus“. Zus. 51/2 S. Mit 1 Umschlag. Gr. 8vo und 8vo. Berlin 1858-1862. 240 €
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik An den Chemiker und Physiker Franz Gotthard Graf von Schaffgotsch in Berlin. Drei Briefe mit Einladungen, der vierte mit Vorschlägen zu Ehrenmitgliedschaften. „... Zu meinem Bedauern bin ich durch mein Colloquium, das ich nicht gut aussetzen kann, verhindert in der von Ihnen anberaumten Sitzung der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu erscheinen. Indem ich Sie bitte mich deßhalb gütigst entschuldigen zu wollen, erkläre ich mich mit der Aufnahme sämmtlicher vorgeschlagenen Ehrenmitglieder einverstanden. Zugleich möchte ich um die Erlaubniß bitten noch zwei andere Vorschläge machen zu dürfen: nämlich Dr. John Tyndall in London und Thomas Graham, Master of the Mint, daselbst. Die interessante Arbeit des letzteren über chemische Trennungen durch Diffusion, im Januar Heft von Liebigs Anna len wird Sie gewiß ebenso wie mich interessirt haben, und ich zweifle nicht, daß Sie Graham als einen würdigen Candidaten für die Gesellschaft betrachten. Eben dasselbe darf ich auch wohl in Bezug auf Tyndall voraussetzen. Ich würde mich deßhalb sehr freuen wenn Sie sich diesen Vorschlägen anschließen wollten ...“.
„die Anglisierung unserer Kultur“ 2521* Meinecke, Friedrich, einer der führenden dt. Historiker des 20. Jhdts, Professor in Straßburg, Freiburg und Berlin (1862-1954). Eigh. Brief m. U. „Fr. Meinecke“. 1 S. Gr. 4to. Berlin 1.VI.1922. 250 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg. Über dessen Broschüre „Deutsch land und England“. „... Mit vielem Anteil habe ich Ihr Schlußwort gelesen und meine Anmerkungen, soweit ich im Augenblick sie machen konnte, an den Rand geschrieben. Historisch habe ich wenig zu erinnern ... Meine Schlußbemerkungen beziehen sich auf die politischen Ausblicke. Daß ich in der Sache selbst - Anlehnung an England - Ihnen zustimme, werden Sie aus meinem Leitartikel sehen.“ Man sei zwangsläufig dazu gelangt, von einer angelsächsischen Macht einmal die Rettung Europas zu erhoffen, „aber ein pis-aller ist und bleibt dabei die angelsächs. Weltherrschaft gegenüber dem früheren Zustande eines freien Nebeneinander der Großmächte und die Anglisierung unserer Kultur wünsche ich ganz und gar nicht. Können Sie nicht noch einige Worte darüber einfügen? Ihre Schlußworte klingen fast gar zu angelsächsisch. Wir müßten jetzt die Parole ausgeben, daß wir der Demokratie einen spezifisch deutschen Charakter bei uns aufprägen und erhalten wollen ...“. - Mit Rot- und BleistiftAnstreichungen vom Empfänger; Büroklammer-Rostspur. - Beiliegend die genannte Druckfahne mit Meineckes Bleistift-Anmerkungen zu Schulze-Gaevernitz‘ Text.
2522 Michaelis, Johann David, Theologe und Orientalist, ab 1746 Professor an der Universität Göttingen (17171791). Eigh. Brief m. U „Michaelis“. In latein. Sprache. 1 S. 4to. Göttingen 25.X.1773. 300 € An einen Gelehrten, dem er den Göttinger Historiker und Staatsrechtler August Wilhelm von Schlözer (1735-1809) empfiehlt. Er, Michaelis, könne sich vielleicht in Rechtsfragen irren, aber nicht in der Beurteilung seiner Kollegen in Göttingen, von denen Schlözer der „primus“ sei. Teilt mit, dass ein Teil seiner Edition des arabischen Autors Abulfeda sich jetzt im Druck befinde. Er bitte darum, daß er den Codex Abdulfedae noch bis zum Winter bei sich behalten dürfe, damit er den Band, wenn ihm bei der Beschreibung Zweifel kommen, zu Rate ziehen könne. Abbildung Seite 78
2523 Mittermaier, Carl Joseph Anton, Jurist und Politiker, einer der bedeutendsten Strafrechtler des 19. Jhdts (1787-1867). Eigh. Manuskript (Fragment ohne Unterschrift). 1 S. Quer-4to. O. O. u. J. 120 € Entwurf zu einer ausführlichen Rezension eines französischen juristischen Werkes. „Gut ist auch p. 273 von der Opposition gegen Contumacialurtheile gehandelt. von S. 278 an wird die Lehre von der Appellation erörtert u. p. 286 die der tierce-opposition p. 290 von der requête civile, p. 295 von der prise à partie (der Syndikatsklage) p. 299 von der Caßation. Sehr umständlich u. klar ist von p.303 an die höchst verwickelte Lehre von der Vollstreckung der Urtheile erörtert, vorzüglich gut p. 345 die Lehre von der lais[s]ie immobilière ... p. 420 die Abhandlung über die schwierige Lehre von dem possessorischen Prozeße. Den Schluß macht die Erörterung der procedures extrajudiciaires - Es würde dem Zwecke der gegenwärtigen Rezension nicht entsprechen, wenn Rezens. die einzelnen Meinungen u. Ansichten des Verf., denen Rezens. nicht beistimmt, einer umständlichen Kritik unterwerfen wollte ...“. - Geknittert; zwei Risse unterlegt.
2524 - 2 eigh. Briefe m. U. „Mittermayer“. Zus. 2 S. 4to und 8vo. Doppelblätter mit Adresse. (Wohl Heidelberg 1849). 240 € An den Frankfurter Kunst- und Buchhändler Jügel, der ein „Album der deutschen National-Versammlung nach Seib‘s Lichtbildern gezeichnet und lithographirt von H. Hasselhorst, Ph. Winterwerb und anderen“ vorbereitete. Mittermaier als führendes Mitglied des Parlaments schickt wunschgemäß eine „biographische Skizze“ ein. „... sende ich die biographische Skizze u spreche nur mein Bedauern aus, daß unter meinem Bilde in einer Zeit wo die Grundrechte alle Titel abschaffen, der Titel Geheimrath steht. Die Sache hat mir schon manche unangenehme Äußerung zugezogen ...“. - Im zweiten Brief dankt er für die Zusendung des korrigierten Porträts und ersucht darum, „mir die biographische Skizze die ich Ihnen schickte noch einmal zu einer kleinen Berichtigung zu senden ...“.
2525 Möser, Justus, der große Jurist, Historiker, Literat und Staatsmann in Osnabrück (1720-1794). Eigh. Brief m. U. „Möser“. 3 S. Folio. Osnabrück 5.VI.1767. 300 € Ausführliches Gutachten an die „Burghäuser und Gemeinde zu Buer“, die beim „Bau des zweyten Pastorat-Hauses“ die Vorschriften nicht eingehalten hatten. Sie wären „1) ... vor würklichem Anfang des Baues den Anschlag zur Revision und Genehmigung einzuschicken; und 2) wegen der gemeinen Beyhülfe an Gelde und Führer die erforderliche approbation und Anweisung nachzusuchen verbunden gewesen ...“. Möser war sowohl Syndikus der osnabrückischen Ritterschaft als auch Advocatus Patriae, der offizielle Vertreter des Fürstbischofs in Rechtsstreitigkeiten. - Auf der vierten Seite von alter Hand (1842) eine Echtheitsbestätigung mit Siegel.
2526 Moses, Leopold, Wiener Historiker, Archivar und Bibliothekar, Leiter des Wiener „Jüdischen Nachrichtenblat tes“, Hrsg. des „Archivs für jüdisches Museal- und Buchwesen, Geschichte, Volkskunde und Familienforschung“, starb in 77
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ An die Redaktion der Zeitschrift „Der Freyhafen“ (Redakteur: Theodor Mundt) mit dem Ersuchen, eine Notiz von ihm als Entgegnung auf Angriffe des Bonner Philosophen Johann Gottlieb Fichte in ihre Spalten einzurücken. „... Sie sind gewiß so billig, in Ihrem Blatt baldmöglichst durch unten gesezte Notiz anzuzeigen, wo von mir eine Beleuchtung gegen den Angriff auf meinen Charakter zu lesen ist, den in demselben zu veröffentlichen Herr Prof. Fichte zu Bonn für gut befunden hat ...“. - In diesem die untere Hälfte des Blattes einnehmenden Text heißt es: „Bitte des Dr. Paulus an die Leser des Freyhafens. Die Leser des Freyhafens, welche auf den Angriff gegen meinen Charakter, den sich Herr Prof. Fichte zu Bonn im zweiten Heft des Jahrgangs 1840 erlaubt hat, einige Aufmerksamkeit gerichtet haben mögen, bitte ich, nicht zu urtheilen, ehe sie meine in meinem Neuen Sophronizon I. Heft S. 80-134 abgedruckte Beleuchtung jener Sophistereien zur gerechten Vergleichung gelesen haben. Diese Beleuchtung erinnert zugleich an manches Unbekanntere, was jenen Atheismusstreit von 1799, einen Versuch pietistisch-aristokratischen Verfolgungseifers, betrifft ...“. - Der in den Jahren 1798-1799 ausgetragene sog. Atheismusstreit, in dem Fichte sich gegen ein von Menschen erdachtes Gottesbild wandte, hatte ihn damals seine Professur in Jena gekostet. - Geknittert und leicht angestaubt; ein Rand mit Läsuren.
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Auschwitz (1888- nach 1942). 1 eigh. Brief und 1 eigh. Postkarte m. U. „L. Moses“. Zus. 21/2 S. Gr. 8vo und quer-8vo. Der Brief mit Umschlag. Wien 16.VI. und 10.VII.1927. 150 € An den Wiener Lehrer und Schriftsteller August Eigner (1884-1951), der Moses in seinen historischen Forschungen unterstützte. Sendet Eigner „die gewünschten Zusammenstellungen ... Ich werde Sie nach Vorau von meiner Burgenlandreise verständigen und kann Ihnen dann noch einige Filme zu Ihrer Benützung mitbringen, die ich von einem Versuch, mit einem entlehnten Apparat photographieren zu lernen, übrig habe [16. VI.] ... Ich danke Ihnen vielmals für die mir übersandten wunderschön ausgefallenen Bilder und teile Ihnen mit, daß ich am 18. v. Wb. nach Tatzmannsdorf fahren und von dort aus tags darauf mit meinen Ausflügen nach Rechnitz, Schlaining, Güssing usf. beginnen werde. Am 25. v. Wb. möchte ich dann nach Vorau fahren, um womöglich im Stift ... nach Urkunden zu fahnden ... Es wäre mir sehr lieb, wenn Sie mich auf diesen Ausflügen, trotzdem ich einsehe, daß Sie nicht soviel Zeit wie ich an den einzelnen Orten brauchen, begleiten würden ...“ [10.VII.1927].
Im Streit mit J. G. Fichte 2527 Paulus, Heinrich Eberhard Gottlob, evang. Theologe, Professor in Jena, Würzburg und, als Geh. Kirchenrat, 33 Jahre in Heidelberg, Hauptvertreter des theologischen Rationalismus, wegen seiner bibelkritischen Einstellung vielfach angefeindet (1761-1851). Eigh. Brief m. U. „GKRath, Dr. Paulus“. 1 S. Gr. 4to. Heidelberg 20.II.1841. 200 € 78
2528 Poggendorff, Johann Christian, Berliner Physiker und Lexikograph, Entdecker und Erfinder zahlreicher Phänomene und Geräte der Elektrizität, Herausgeber der wichtigen „Annalen für Physik und Chemie“ (1796-1877). 6 eigh. Briefe m. U. „Poggendorff“. Zus. ca. 41/2 S. Mit 4 Umschlägen. Gr. 8vo. Berlin 1857-1861. 450 € An den Chemiker und Physiker Franz Gotthard Graf von Schaffgotsch in Berlin. Ein Brief über chemische Reaktionen, 2 Briefe mit Gratulation zu Ehrungen für den Grafen. Ein Brief über dessen Beitrag zu Poggendorffs großem, vierbändigem „Biographisch-literarischen Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften“ (1863-1904). - Beiliegend eine Einladung Poggendorffs von anderer Hand.
2529* Radius, Justus, Leipziger Pathologe (1797-1884). 5 eigh. Briefe m. U. „Radius“. Zus. ca. 17 S. Teilweise Doppelbl. mit Adresse. Verschied. Formate. Leipzig 7.IX.1830 - 2.II.1834. 350 € An den Breslauer Anatomen Adolph Wilhelm Otto (1786-1845). - I. (7. IX. 1830): „... der Nachtrag zum Verzeichnisse der anat. Vers. hat mich und alle, denen ich ihn zeigte in Erstaunen gesetzt, Gott verleih Ihnen Kräfte ... thätig zum Besten der Ihnen anvertrauten Institute zu wirken, - aber vergessen Sie auch Ihre Gesundheit nicht und Ihre liebe Familie ... An Prof. [Ernst Heinrich] Weber [Anatom; 1795-1878] habe ich das Paquetchen und die Dissertationen zur Auswahl übergeben, da er die rein anatomischen besser brauchen kann als ich, andere sammelt er nicht; einige waren ihm und mir sehr erwünscht, manche würde ich Ihnen gern zurückgeben, da Andere sie vielleicht besser brauchen können als ich und Sie sich gar zu sehr beraubt haben. Beiliegend erhalten Sie einige derjenigen Leipziger Dissertationen, die zu den besseren gehören ... freilich bekümmert sich von den Professoren auch Niemand um dieselben; ich wünsche, daß sie Ihnen neu und wenigstens eine oder die andre, wie ich hoffe, brauchbar sein möge, die Unbrauchbaren geben Sie weiter oder vernichten sie ...“. - II. (2. I. 1831) Mit Glückwünschen zum neuen Jahr: „... Beifolgend erhalten Sie ein kleines von Carus redigirtes Schriftchen, welches die Frucht gemeinsamer Arbeiten mehrerer jüngerer Docen-
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik ten aus hiesiger Universität enthält ...“. - III. (26. VIII. 1831): „... Durch die Aufnahme in die Schles. vaterländ. Gesellschaft bin ich sehr erfreut worden; ich wünsche, daß ich wenigstens ... im Stande sein möge ihr dafür einigermaßen nützlich zu werden; danken Sie ihr einstweilen in meinem Namen für die mir gethane Ehre und Auszeichnung ... Vor einigen Tagen bin ich vom hiesigen Buchhändler Baumgärtner aufgefordert worden eine temporäre Zeitschrift über die Cholera herauszugeben, für die ich den Titel: Mittheilungen des Neuesten und Wissenswür digsten, gewählt habe ...“. - IV. (3. XI. 1831): „... und hätten wir gewünscht, die garstige Cholera hätte die lieben Einwohner des in unserer Erinnerung so freundlich lebenden Breslau verschont. Allen Berichten nach ist aber die Sache von fern viel schlimmer als in der Nähe, und so hoffen wir auch, daß Gottes schützende Hand und Ihre Vorsicht Sie sämtlich durch die Gefahr glücklich hindurch führen wird. Durch Prof. [Ernst Theodor] Gaupp [Rechtshistoriker; 1796-1859] habe ich erfahren, daß Sie einige Sectionen an Ch[olera]- Verstorbenen gemacht haben; dies hat in mir den lebhaften Wunsch rege gemacht, einmal darüber etwas von Ihrer gewandten Feder für mein Blatt zu erhalten. Was ich bis jetzt von den Sectionen weiß, scheint nicht viel über das Wesen der Krankheit zu offenbaren, vielleicht ist es Ihrer Genauigkeit und Sorgfalt gelungen etwas zu beobachten ...“. - (V. 5. Mai 1832) Radius gratuliert Otto zu der Geburt seiner Tochter: „... kurz nach Empfang der erfreulichen Nach richt glaubte ich Ihnen ... täglich eine gleiche Nachricht von meiner Frau mittheilen zu können, was sich jedoch bis zum 18t. April verzögerte, wo Sie von einem kräftigen starken Knaben glücklich entbunden worden ist ... Wenige Tage nach Empfang Ihres Briefes erhielt ich auch das Heft ... in welchem Ihre Beobachtungen über die Ch[olera]. enthalten sind. Ich habe sie mit vielem Interesse nicht nur gelesen, sondern auch für Nr. 68 der Mittheilungen ausgezogen. Werden Sie nicht vielleicht irgendwo Nachträge dazu liefern, oder haben sich auch im späteren Verlaufe der Epidemie die früher gemachten Beobachtungen fortan bestätigt? ...“. - Teilweise mit Randläsuren; vorhandene Einrisse zum Teil alt mit Klebeband hinterlegt; 1 Brief sporfleckig. - Aus der Sammlung Ammann.
2530 Rehberg, August Wilhelm, politisch-philosophischer Schriftsteller, Staatsrechtler, Geh. Kabinettsrat in Hannover (1752-1836). Eigh. Brief m. U. „Rehberg“. 3/4 S. 8vo. Hannover 5.III.1791. 200 € An einen Redakteur, dem er einen Beitrag über das „Leben Leibnizens“ sendet. „... ich habe vergeßen, ... Ihnen zu dem Leben Leibnizens das Sie verlangten ein andres kleines Blatt beizulegen, welches ich bekant gemacht habe, da die Büste angelangt und aufgestellt werden sollte, und welches dadurch vielleicht einigen Werth hat, das ich gesucht habe, demselben so viel Vollendung in der Vollkommenheit des Ausdrucks zu geben als ich vermogt, welches bey einem kleinen Aufsatze eher möglich ...“. - Montage-Spur am linken Rand.
2531 Rokitansky, Carl Freiherr von, österr. Pathologe, Politiker und Philosoph (1804-1878). Eigh. Billet m. U. „Rokitansky“. 1 S. Wien 18.VI.1854. 180 € „Euer Hochwohlgeboren habe ich die Ehre, die Notiz für die Zeitung zu überschicken. Wenn ich nicht irre so ist sie entsprechend abgefaßt ...“. - Der geadelte und vielfach hoch geehrte Rokitansky war Präsident der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften sowie Mitglied diverser ausländischer Akademien.
2532 Rose, Heinrich, Berliner analytischer Chemiker und Mineraloge, Wiederentdecker des chem. Elements Niob, Mitglied der preuß. Akademie der Wissenschaften und zahlreicher auswärtiger Akademien, auch Ritter des Ordens pour le mérite (1795-1864). 4 eigh. Briefe m. U. „H. Rose“. Zus. 5 S. Mit 1 Umschlag. Gr. 8vo. (Berlin) 18571861. 300 € An den Physiker und Chemiker Franz Gotthard Graf von Schaffgotsch in Berlin, der sich zu dieser Zeit mit physikalisch-akustischen Experimenten beschäftigte. Am 15.I.1857 schreibt Rose: „... Morgen zwischen 11-12 Uhr kommen Poggendorf [sic], Dove und Reiss zu mir, um Ihr interessantes Experiment zu sehen. Ich habe auch für einen Violinspieler gesorgt. Herr Achten [?] ist zwar etwas heiser, glaubt aber doch, dass die Versuche gelingen werden. - Wollen Sie nicht auch die Güte haben zu kommen ...“. - Am 10. Dezember 1857 schreibt er: „Das Diplom soll Ihnen feierlich durch den Dekan und die Antragsteller überreicht werden. Wir haben beschlossen, dies am nächsten Sonntage ... um 12 Uhr zu thun. Ich muss Sie daher bitten, um diese Zeit in Ihrer Wohnung zu sein ...“. Es handelte sich wohl um die Verleihung eines EhrendoktorTitels. - Beiliegend eine gedruckte Verlobungsanzeige Heinrich Roses mit Elisabeth Haupt. - Über das genannte Experiment hat Schaffgotsch 1857 in Poggendorffs „Annalen für Physik und Chemie“ unter dem Titel „Eine acustische Beobachtung“ berichtet.
Der „Bildungstrieb“ in Oranienburg 2533 Runge, Friedlieb Ferdinand, Chemiker, Professor in Breslau, ab 1832 Industriechemiker in der „Chemischen Produkten-Fabrik“ im Schloss Oranienburg bei Berlin, Entdecker der Teerfarben, der Papierchromathographie und zahlreicher weiterer chemischer Substanzen und Produkte (1794-1867). 5 eigh. Briefe m. U. „Runge“, davon 4 mit Adresse, 2 auch mit Ringsiegel. Zus. 8 S. Mit 1 Umschlag. Verschied. Formate. Oranienburg 1857-1867. 3.000 € An den ihm befreundeten Physiker und Chemiker Franz Gotthard Graf von Schaffgotsch in Berlin, der sich zu dieser Zeit mit physikalischakustischen Experimenten beschäftigte. Lebhafte, temperamentvolle Briefe Runges mit meist Chemie-bezogenem Inhalt. „... Dießmal thut es mir leid, daß Sie nicht, wie vor etwa 10-20 Jahren, als ein wohlgewaschener ‚Schüler‘ sich unterschrieben; ich könnte dann noch immer glauben, daß auch diese letztere, wirklich geisterhafte Entdeckung, die Sie Ihren früheren hinzufügen, von mir beeinflußt sei. - Sie können es noch weit bringen! Es ist eine alte Geschichte mit den Mauern von Jericho die umgeblasen wurden! Sie singen (u. es kommt nur auf die rechte Kehle an) und die Sonne erlöscht! Die Thatsache ist im höchsten Grade wunderbar u. daß Sie der Entdecker sind, macht mir wirklich eine recht große Freude ...“. Fügt zwei illustrierte Veröffentlichungen bei: „Anbei sende ich Ihnen 2 Kleinigkeiten, wovon die eine körperlich etwas groß gerathen ist. Angenehm wäre es mir, wenn Sie den Inhalt in einer der dortigen gelehrten Gesellschaften vorzeigten u. erörterten, damit die Leute sehen, daß zwar hier in Oranienburg auch nicht gerade viel Bildung sein mag, doch der Bildungstrieb vorhanden ist! [25.II.1857]. - Auch Runges Bitte um die Beschaffung eines englischsprachigen Romans von Paul de Kock erfüllt ihm der Graf. „... Empfangen Sie meinen herzlichen Dank für den Abdruck Ihrer schönen, beneidenswerthen Entdeckungen u. den englischen Paul de Kock. Aus dem ersteren habe ich ersehen, wie dumm ich in gewissen Dingen doch bin u. aus dem zweiten,
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ daß ich die sonderbare Sprache noch verstehe ...“ [11.II1858]. - Im November 1860 schreibt er: „... Beim Öffnen dieses Briefes strahlte Ihnen ein ächter Rembrandt entgegen, der in gewohnter Behaglichkeit in einem dunklen Kellerwinkel sein Gläschen trinkt u. zwar dießmal ganz besonders auf Ihr Wohlergehen! ... Ich habe jetzt ein kleines hauswirthschaftliches Buch vollendet als Preisbewerbung für den Schillerverein in Dresden. Wenn ich den Preis von 600 Thalern nicht bekomme, so ist es nicht meine Schuld, denn ich glaube die Aufgabe am rechten Fleck gefaßt u. gelöst zu haben. Bruchstücke davon finden Sie in nächster Woche in Dr. Schneiders Landwirth. Zeitung ... Mein Bild, indem ich es beilege, will mir nicht recht gefallen. Der hiesige Pfuscher machts aber nicht besser. Gewiß haben Sie doch Jemand, der einige Verbesserungen daran anbringen kann, durch Aufsetzen von Lichtern u.s.w. Da ich nun dieses voraussetze, so lege ich noch ein Bild bei zum Ausbessern, was Sie mir dann gütigst als Gegengeschenk zurück senden wollen ...“ [23.XI.1860]. - Auf dem 2. Blatt findet sich noch ein Brief von Runges „gutem Rector Franz“ mit einer Danksagung an den Grafen. - Mit dem „kleinen hauswirthschaftlichen Buch“ sind wohl die „Hauswirthschaftlichen Briefe. 1.-3. Dutzend“ gemeint, die allerdings erst 1866 in Berlin erschienen (und 1988 einen Reprint erlebten). - Ein lebensgroßes Bronze-Denkmal in Oranienburg erinnert an Runges langjährige Tätigkeit in der Stadt. - Sehr selten. Abbildung
2534 Sauerbruch, Ferdinand, legendärer Mediziner, gilt als einer der bedeutendsten und einflußreichsten Chirurgen des 20. Jhdts (1875-1951). Masch. Billet m. U. „Sauerbruch“. 1 S. Mit Briefkopf der Charité. Quer-gr. 8vo. Berlin 25.I.1943. 150 € Dankt einer Dame für ihre „lieben Grüsse und Wünsche“. Mit Briefkopf „Chirurgische Universitätsklinik der Charité“. - Gebräuntes Kriegspapier.
2535 Schlagintweit, Hermann von, bayerischer Geophysiker und Forschungsreisender, bereiste Kaschmir, Indien, Turkistan, Karakorum und das Himalaya-Gebiet (1826-1882). Brief m. U. „Hermann von Schlagintweit“ und eigh. Nachschrift. 4 S. Gr. 8vo. München 13.XI.1862. 200 € Wohl an den Leiter eines Observatoriums, dem er eine Reihe wissenschaftlicher Messinstrumente anbietet, die mit Angabe von Preisen auf Seite 3-4 des Briefes aufgelistet sind. „... Als ich jüngst Herrn Director [Johann von] Lamont darüber consultirte, wie ich am besten über seine Instrumente disponiren könnte, die wir nach Bearbeitung unserer astronomischen Ortsbestimmungen und magnetischen Beobachtungen jetzt nicht mehr brauchen, wobei wir überdieß jedes derselben in mehreren Exemplaren haben, machte er mich speziell darauf aufmerksam, das Verzeichniß an Sie zu senden, da er glaubte, daß Sie vielleicht Manches unter dem hier Aufgeführten wünschen könnten. Herr Dir. Lamont erlaubte mir zugleich beizufügen, daß er gerne bereit sein würde, falls Sie es wünschten, die Instrumente, speciell die Chronometer, nochmals mit seinen der Sternwarte zu vergleichen, doch sind sie ohnehin nach unserer Rückkehr [von der Ostasien-Expedition] mit den Instrumenten der Berliner Sternwarte verglichen worden, u. haben zu unserer eigenen nicht geringen Beruhigung über die damit angestellten Beobachtungen die günstigsten Resultate ergeben ...“. - Der schottisch-deutsche
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Astronom und Physiker Johann von Lamont, ein Pionier der Erforschung des Erdmagnetismus, war 44 Jahre lang Direktor der Sternwarte in München-Bogenhausen. - Besonders interessant an dem Brief ist die Liste der von Schlagintweit benutzten Instrumente.
2536* Schmitt, Carl, so bedeutender wie umstrittener Staatsrechtler und Philosoph (1888-1985). Brief m. U. „Carl Schmitt“. 11/2 S. Gr. 4to. Berlin 22.VI.1929. 150 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg, der ihm eigene Aufsätze übersandt hatte. „... Da mich das Problem der modernen Demokratie ebenfalls sehr beschäftigt, sind Ihre Arbeiten für mich von allergrösstem Wert und Interesse und habe ich bisher versucht, sie aufmerksam zu verfolgen ... Eine geschichtliche Untersuchung des Zusammenhanges von Demokratie und religiöser Bewegung des 17. Jahrhunderts fehlt, soviel ich weiss, seit dem bekannten Buch von Gooch. Ich hörte aber von einem jungen Kollegen aus Turin, Herrn d‘Entreves, der selber eine interessante Abhandlung über die englischen Theologen und Politiker des 16. Jahrhunderts veröffentlicht hat ... dass über diese Angelegenheit in England sehr intensiv gearbeitet wird. Ich möchte diese Arbeiten erst abwarten, ehe ich mich weiter mit der Frage beschäftige. In meiner Verfassungslehre, die Ihnen vom Verlag aus zugeht, finden sich auf S. 157 und S. 230 f. Ausführungen über den Zusammenhang an angelsächsischem Sektierertum und moderner Demokratie; auf S. 158 auch ein Hinweis auf Ihren Aufsatz über die geistesgeschichtlichen Grundlagen der anglo-amerikanischen Weltsuprematie. Ich muss allerdings befürchten, dass mein Buch, weil es der erste Versuch einer modernen systematischen Verfassungslehre ist, Ihnen als Nationalökonom fremdartig erscheint ...“. - Mit Rot- und Bleistift-Anstreichungen des Empfängers und kleinen Randschäden.
2537* - 3 eigh. Briefe m. U. „C. S.“ und „Carl Schmitt“. In franz. Sprache. 8 S. Kl. 4to, gr. 4to und quer-8vo. Plettenberg 26.VI. bis 21.XII.1970. 600 € An Julien Freund. Eigenhändige Briefe mit vielfältigen Themen: ihre beiderseitigen Veröffentlichungen, politische Tagesnachrichten, BuchEmpfehlungen. Erwähnt mehrmals Max Weber. - Piet Tommissen in „Schmittiana VIII“, Berlin 2003, Nr. 38, 41 und 42, mit Kommentar. - Mit keinem anderen Briefpartner führte Carl Schmitt einen derart langen und intensiven Briefwechsel wie mit Julien Freund (1921-1993). Er sah in dem französischen Politikwissenschaftler seinen genialen Fortsetzer, beide verband eine enge Freundschaft. Zum Verhältnis Carl Schmitt - Julien Freund vgl. Tommissen in: Kraus, Souveränitätspro bleme der Neuzeit. Berlin 2010, S. 9ff.
2538 Schumacher, Heinrich Christian, holsteinischer Astronom und Geodät, Schüler von Gauß, Gründer der Sternwarte Altona, Herausgeber der „Astronomischen Nachrichten“ (1780-1850). 12 eigh. Briefe m. U. „HC Schumacher“ oder nur „Schumacher“. Zus. ca. 11 S. Meist 4to. Altona 1829-1848. 2.200 € An einen Fachkollegen. Ausschließlich über Fragen der Astronomie und der Landvermessung: Auswertung und Kommentierung der neuesten
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internationalen Literatur, Versand-Probleme bei seinen „Astronomischen Nachrichten“, seine topographische Arbeit für die „neue Karte von Holstein“, über das „Jürgensensche Metallthermometer“, Glückwünsche an den Adressaten wegen seiner Aufnahme in die Königl. Astronomische Gesellschaft in London etc. Am 9. Oktober des Revolutionsjahres 1848 mit seinen sich täglich überschlagenden Zeitungsmeldungen schreibt Schumacher: „Ich lese seit mehreren Jahren keine Zeitung, und keine Zeitschrift, streng wissenschaftliche ausgenommen, und kann Ihnen also über das, was in dem Magazin für die Litteratur des Auslandes über Sie gestanden hat, keine Auskunft geben ...“. - Mit seinen „Astrono mischen Nachrichten“, die Beiträge der besten Astronomen seiner Zeit brachten, schuf Schumacher die führende Fachzeitschrift für Himmelskunde. Seine Professur in Kopenhagen und seine vielfältigen Arbeiten in dänischen Diensten verhinderten nicht, daß Schumacher zeitweilig in Konflikt mit der dänischen Regierung geriet. - Beiliegend ein gedruckter Aufsatz (mit Randschäden) von W. Olbers „Ueber die Rota tion der Ringe des Saturns“ vom 12. April 1833, den Schumacher laut Nachwort als Sonderdruck hatte herstellen lassen.
Sozialtheoretiker und Nationalökonomen Götz Briefs (1889-1974) gebeten hatte. „... Ich halte Prof. Briefs für einen unserer allerbesten jüngeren Leute. Ich empfehle ihn überall an erster Stelle, wo ich befragt werde. - Seine Schriften sind vorzüglich: Das Buch über die englischen Klassiker ist vielleicht die beste Leistung, die wir auf diesem Gebiet besitzen. Seine neueren methodologischen & sozialphilosophischen Arbeiten zeugen von einer außergewöhnlich tiefen philosophischen Bildung + ebenso klarem Blick für das Wesentliche der Probleme. Briefs soll als Dozent hervorragnd sein; vor allem wird er als Seminarleiter gerühmt. Er ist persönlich ein fairer, liebenswürdiger Mensch. Ich glaube, Sie würden mit ihm einen ausgezeichneten Griff tun ...“. - Die glänzende Empfehlung wirkte: Briefs ging 1923 nach Freiburg, folgte aber 1926 einem Ruf nach Berlin, wo er das Institut für Betriebssoziologie und soziale Betriebslehre gründete. 1934 emigrierte er in die USA. - Mit Rotund Bleistift-Anstreichungen des Empfängers und leichter Büroklammer-Rostspur.
Abbildung Seite 83
2540* Sommerfeld, Arnold, Physiker (1868-1951). Brief m. U. „Ihr A. Sommerfeld“. 1 S. Gr. 4to. München 13.V. 1935. 350 €
2539* Sombart, Werner, Soziologe und Volkswirt, Professor in Breslau und Berlin (1863-1941). Eigh. Brief m. U. „W. Sombart“. 13/4 S. Gr. 8vo. Berlin 12.XII.1922. 200 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg, der ihn um Auskunft über den
Mit Briefkopf „Institut für Theoretische Physik München“ an den Physiker Karl Mey (1879-1945) als Vorsitzenden der Deutschen Physikalischen Gesellschaft: „... Das holländische Comité für das [Pieter] ZeemanJubiläum bittet mich, als Obmann des deutschen Subcomités, zu der Feier am 25. h. nach Amsterdam zu kommen. Ich will das tun, wenn
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Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ monly known as ‚Die Hard‘ ... The fact that it was not really practicable for the English to leave Cologne on the 10th Jan: if the French were to remain in the Ruhr until August, some arrangement had to be made by which the English could stay on and prevent the French themselves occupying Cologne until August, which would not have been an improvement ...“. Geht schließlich auch noch auf seine stadtplanerische Tätigkeit ein: „... The second point I might refer to is in regard to the Frankfurter Zeitung article. I do not of course expect any great and immediate revolution in the development of towns such as would involve the removal of large numbers of factories; indeed all that ... would be to support a tendency to decentralization. I was in Glasgow the other day and was discussing decentralization in housing with some members of the Corporation, and one of them put forward an argument that most of the people preferred to live in tenements in Glasgow. So I asked him whether he thought ten per cent would like to live in cottages with gardens on the exterior, and I pointed out to him that if only ten percent wished for this it would keep his Corporation and the building industry busy for a long time ...“. - Die erste Seite tintenfleckig; Rot- und Bleistift-Anstreichungen des Empfängers; Büroklammer-Rostspur.
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ich die nötigen Devisen erhalten kann. Unsere Akademie hat mir hierfür einen Empfehlungsbrief gegeben; Geld als Reisezuschuss hat sie aber nicht zur Verfügung. Nun fällt mir ein, dass Sie mir vor einem Jahr sagten, Sie hätten Fonds, um eine damals von mir geplante Reise nach Amerika zu unterstützen, die nachher nicht zur Ausführung kam. Können Sie statt dessen die Reise nach Amsterdam subventionieren? Ich würde dann auch die Glückwünsche der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in einer Rede übermitteln. Die Sache wird schätzungs weise 200 M kosten. Ich bin aber auch mit weniger zufrieden und zahle gern aus eigener Tasche dazu ...“. - Eigenh. Bleistiftanmerkung Meys „18. 5. Telegr. beantw. ‚Mit Ihrem Vorschlag sehr einverstanden‘“. Gelocht.
2541* Unwin, Raymond, engl. Architekt und Städteplaner, entwarf die erste englische Gartenstadt (1863-1940). Brief m. U. „Raymond Unwin“ und eigh. Nachsatz. 3 S. 4to. Hampstead 13.I.1925. 200 € An Margiana von Schulze-Gaevernitz, die Tochter des Nationalökonomen und Politikers Gerhart von S.-G., in Deutschland. Politischer Brief über die Besatzungspolitik im deutschen Rheinland. „... I do not wonder the Germans are disturbed about the Cologne business. I do not, however, think, as far as I can judge from the comments quoted in the papers, that they are quite right as to the reason. The fact is that one or two circumstances have contributed to this result. (1) An unexpe rienced Foreign Minister in this Country (2) a majority in the present Government with that section of the Conservative party which is com
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2542 Weber, Wilhelm Eduard, der große Göttinger Physiker, einer der „Göttinger Sieben“, eng befreundet mit C. F. Gauß, konstruierte den ersten elektromagnetischen Telegraphen und revolutionierte die elektrodynamischen Messverfahren, Ritter des Ordens pour le mérite (18041891). Eigh. Brief m. U. „Wilhelm Weber“. 5 S., eng beschrieben. Mit 2 Federzeichnungen. Gr. 4to. (Göttingen 1839). 600 € An einen Kollegen, der in seiner Sternwarte ein „magnetisches Observatorium“ einrichten will. Weber erteilt ihm auf 5 eng beschriebenen Quartseiten ausführlich Ratschläge. „... Es ist mir eine große Freude gewesen, von Hrn. Breithaupt [Hersteller optischer Instrumente] zu erfahren, daß Sie magnetische Beobachtungen zu machen beabsichtigen, und sie ist noch erhöhet worden, durch Ihre eigene Nachricht, ein magnetisches Observatorium bauen zu wollen, um darin nicht blos an den durch Verabredung bestimmten Terminen die Variationen der Declination, sondern auch tägliche Declinationsbeobachtungen und absolute Intensitätsmessungen zu machen. Meines Wissens ist außer Göttingen noch kein magnetisches Observatorium so vollständig einge richtet ... Es wird Gauß großes Vergnügen machen die ersten vollständigen Beobachtungen von auswärts zu erhalten, die er mit den seinigen vergleichen kann. Wahrscheinlich werden solche Einrichtungen auch bald in München, Greenwich und Upsala vollendet seyn ... Was zuerst den Spiegel betrifft, den Ihnen Breithaupt als zum Torsionsstabe gehörig angeboten hat, so rathe ich Ihnen denselben wegen des hohen Preises von 28 rh nicht zu nehmen. Da der Torsionsstab nur selten gebraucht wird, und man dann die Zeit so wählen kann, daß es an Licht nicht fehlt, so reicht ein viel kleinerer Spiegel dazu aus. Ich gebrauche dazu einen runden Spiegel von 5/4 Zoll Durchmesser ...“. Es folgen eine Vielzahl von detaillierten Ratschlägen sowie ein Grund- und ein Aufriss eines Raumes mit den Positionen eines Theodolithen und des aufgehängten Magnetstabes nebst Spiegel. - Webers Ratschläge sind für den Wissenschafts-Historiker auch insofern wichtig, als sie jeweils die Einrichtung und die Erfahrungen in Göttingen zugrundelegen, so daß sich Vieles von der Ausstattung der Göttinger Sternwarte rekonstruieren läßt. Abbildung
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2543 - Eigh. Brief m. U. „Wilhelm Weber“ und 2 Federzeichnungen. 4 S., sehr eng beschrieben. 4to. Göttingen 8.VIII.1839. 450 € An den Kollegen, der in seiner Sternwarte ein „magnetisches Observatorium“ einrichten will. Weber möchte ihm behilflich sein, kann aber nur mit Ratschlägen helfen, auch was die Beschaffung von Instrumenten des Herstellers Breithaupt betrifft. „... Ich hoffe, daß Breithaupt eine Hauptsache nicht versäumt haben wird, Ihnen einen recht starken Magnetstab zu senden; doch rathe ich, die Stärke des Stabs vor allem zu prüfen. Wenn der Stab bei 2 Fuß Länge und 4 Pfund Gewicht mehr als 24 Stunden Schwingungsdauer besäße, so wäre er zu schwach: der
unsrige hat 20 Stunden Schwingungsdauer. Die Probe läßt sich einfach machen, wenn Sie den Stab vorläufig an der Decke im Zimmer an einem feinen Drahte frei aufhängen und große Schwingungen (von 20-30 Graden) machen lassen. Alsdann können Sie mit bloßem Auge die Augenblicke beobachten, wo er seine Schwingung vollendet hat und umkehrt, und die Secunden zählen. Diese Probe bedarf keiner großen Feinheit ...“. Geht dann sehr ausführlich, mit Zeichnungen illustriert, auf die endgültige Installation des Magnetstabes ein, nennt die notwendigen Mate rialien, gibt eingehende Anleitungen und Vorschriften und erläutert die verschiedenen Wirkungen. Am Schluss bittet er, die Ergebnisse der Messungen ihm regelmäßig mitzuteilen und ggf. auch in einem Aufsatz zusammenzufassen.
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_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik 2544 Wetterauische Gesellschaft für die gesammte Naturkunde. Konvolut von 16 handschriftlichen oder gedruckten Dokumenten aus ihrer Gründungszeit. Zus. 27 S. Verschied. Formate. Hanau 1809-1816. 1.200 € Die 1808 von zwölf Bürgern in Hanau „zur Pflege des naturwissenschaftlichen Studiums“ gegründete Gesellschaft, zu deren Mitgliedern später auch Goethe und A. von Humboldt zählten, ist hier in 16 Dokumenten aus ihrer Frühzeit repräsentiert, von denen 11 vom Direktor der Gesellschaft, Dr. Gottfried Gaertner, eigenhändig unterzeichnet sind. Weitere Schriftstücke sind von den Gründungsmitgliedern Bernhard Sebastian von Nau, Karl Caesar von Leonhard und Dr. Johann Heinrich Kopp unterschrieben. Alle Dokumente stammen aus dem Nachlaß des Hanauer Rechnungsprüfers Andreas Diehls, der bereits 1809 als „außerordentliches Mitglied“ aufgenommen worden war. Im einzelnen sind folgende Schriftstücke vorhanden: Die großformatige, gestochene und gesiegelte Urkunde der Aufnahme Diehls‘ als außerordentliches Mitglied; unterzeichnet von Gaertner, Nau, Leonhard und Kopp. Mit reich illustrierter Kupferstich-Bordüre von C. Westermayr, die zahlreiche Tiere und Pflanzen zeigt (Hanau 28.VI.1809). - Eigh. Begleitschreiben Leonhards zu der Urkunde (Hanau 29.VI.1809). - 8 gedruckte Einladungskärtchen zur öffentlichen Versammlung der Gesellschaft, jeweils eigenhändig von Gaertner unterzeichnet (1809-1816). - Aufforderung von Gaertner, bei der Rückführung des „Museums“ der Gesellschaft „ins vorige Lokale“ mitzuhelfen. Mit eigh. Kommentaren von C. Westermayr, Kopp und Spangenberg (Hanau 11.III.1810). - Gedruckte „Verfassung und Gesetze der Wetterauischen Gesellschaft für die gesammte Naturkunde“ (4 S.). - 3 gedruckte Sitzungsberichte der Gesellschaft (1809-1812), einer davon handschriftlich unterzeichnet von den Sekretären Leonhard und Kopp. - Gedruckte Mitteilung Kopps über die Gewährung einer jährlichen Unterstützung durch den Kurfürsten in Höhe von 400 Gulden und 6 Klaftern Holz. „Das bisherige Lokale im Kurfürstlichen Schlosse ist zugleich ferner zum Versammlungsorte und zur Aufbewahrung des Kabinetts und der Bibliothek verstattet worden“. (Hanau 28.VIII.1816). - Gedruckte, 2seitige „Anzeige, die Fortsetzung der Annalen der Wetterauischen Gesellschaft ... betreffend“ (1811). - Beiliegend ein Gruppenfoto von 10 meist älteren Männern, auf einer Wiese sitzend und stehend (ca. 1890) sowie 3 Schriftstücke, die Familie Diehls betreffend. - Interessantes Material über die ehrwürdige, noch heute bestehende Gesellschaft, von der eines ihrer bedeutendsten Mitglieder, der berühmte Frankfurter Kameralist und Naturforscher Bernhard Sebastian von Nau (1766-1845), hier mit einer signierten Urkunde vertreten ist.
Aus einer Handwerkerfamilie stammend, erarbeitete sich Zeise in mehreren Stufen die Hochschulreife, studierte in Leipzig und Berlin Physik, Mathematik und Chemie und promovierte 1928 in Berlin mit einer experimentellen Arbeit über die Absorption von Gasen. Vor allem an Forschungsarbeit interessiert, fand er 1935 eine Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Physik am Gmelin-Handbuch, bis er 1939 zur Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt nach Adlershof wechseln konnte. Hier beschäftigte er sich mit Verbrennungsproblemen des Motors, Gasgleichgewichten, spektroskopischen Versuchen an Motoren und brachte (schon seit 1928) eine größere Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen heraus, von denen die wichtigste das auf 3 Bände angelegte Standardwerk Thermodynamik auf den Grundla gen der Quantentheorie, Quantenstatistik und Spektroskopie ist. Der erste Band konnte noch 1944 bei S. Hirzel in Leipzig erscheinen; erst 1954 und 1957 erschien noch posthum Band III in zwei Teilen. Nach kurzer Gefangenschaft konnte Zeise in Bleicherode am Harz als Abteilungsleiter für Thermodynamik eines Kollektivs beginnen, als er im Oktober 1946 von den Sowjets verhaftet und als Wissenschaftler mit Frau und Kindern nach Russland verschleppt wurde. Auf der Wolga-Insel Gorodomlja bei Ostaschkow mußte er als Gefangener, gemeinsam mit 175 weiteren Familien von Raketenforschern und anderen Spezialisten, für die sowjetische Forschung und Industrie arbeiten. Erst nach 7 Jahren, im November 1953, konnte die Familie Zeise nach Deutschland zurückkehren. Der Physiker bewarb sich von Berlin-Pankow aus um eine Anstellung, doch starb er bereits am 26. Juni 1954, einen Tag nach Abfassung seines hier eigenhändig vorliegenden und signierten Lebenslaufs (11/2 S.). - Die 29 Briefe Zeises stammen größtenteils aus den Jahren 1936-1937 und sind aus Berlin-Steglitz an seine Braut gerichtet, die zu dieser Zeit noch in Sachsen wohnende Mathematik-Studentin Ruth Haase. Die meist 3-4seitigen Briefe enthalten viel Biographisches über den Schreiber, sein tägliches Leben und Erleben in Berlin. Zwei Briefe aus dem Jahr 1943 berichten über die Kriegsverhältnisse (Bombenangriffe etc.) in Berlin. - Die Fotos zeigen Zeise mit seinen Töchtern in Russland. - Beiliegend der 1944 erschienene 1. Band von „Thermody namik“ mit eigh. Widmung Zeises vom Januar 1945 an seine Tochter Reglind. - Ferner beiliegend 10 Briefe und Postkarten an Ruth Haase/ Zeise, von verschiedenen Verwandten und Freunden. - Der vorliegende kleine schriftliche Nachlaß des ausgezeichneten Physikers Heino Zeise ist charakteristisch für eine Reihe ähnlicher tragischer Schicksale, deren historische Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen ist (vgl. Werner Albring, Gorodomlia. Deutsche Raketenforscher in Russland, Hamburg 1991).
Abbildung
2545 Zeise, Heino, dt. Thermophysiker, Schüler Nernsts, ab 1939 bei der DVL in Adlershof, 1946 mit der Familie nach Russland verschleppt und erst Ende 1953 zurück gekehrt (1902-1954). Teil seines Nachlasses, bestehend aus einem eigh. Lebenslauf, 29 eigh. Briefen an seine Frau, seinem Personalausweis von 1946, Fotos und verschiedenen Beilagen. 1936-1954. 900 €
2546 Zuse, Konrad, Ingenieur und Erfinder, baute 1941 den ersten funktionstüchtigen Computer der Welt (1910-1995). 2 Autographen. 1995 bzw. o. J. 300 € Eigh. Unterschrift „Konrad Zuse“ unter einem gedruckten Dankschreiben an die Gratulanten zu seinem 85. Geburtstag. Mit Umschlag. (August 1995).- Gedrucktes Porträtfoto mit eigh. Unterschrift „Konrad Zuse“ unter dem Bild; rückseitig gedruckte biographische Daten bis 1969. - 2 biographische Beilagen.
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______________________________________________________________________________________________________________________________________ 2548* Bahro, Rudolf, Philosoph, Politiker und SozialÖkologe, Publizist und prominenter Dissident der DDR, Berliner Universitätsdozent, sehr unruhiger Geist und politischer Aktivist mit äußerst wechselvoller Laufbahn (1935-1997). Brief m. U. „Rudolf Bahro“. 1 S. Gr. 4to. Worms 18.XII.1987. 120 € An eine Chefredaktion. Nach dem großen internationalen Erfolg seines sozialismuskritischen Buches „Die Alternative“ ersucht er indirekt um Besprechung seines „zweiten großen Buches“, der „Logik der Rettung“. „... Sie erscheint mir selbst bedeutender und sie ist vor allem hierzulande eingreifender als damals meine ‚Alternative‘. Inzwischen finden auch schon eine ganze Menge anderer Leute, sie sei ein Ereignis über Literatur hinaus. Offenbar kann sie quer zu den politischen, ja zu den weltanschaulichen Lagern aufgenommen werden. Wie auch immer über die Antworten gedacht werden mag, die ich konzipiere, mein Entwurf scheint jedenfalls tief an die für eine Rettungspolitik entscheidenden Fragen zu rühren. Wer das Buch auch bisher gelesen hat, kam so oder so mit jener Erregung heraus, für die der Aufschrei Robert Jungks charakteristisch sein mag ... Vielleicht hat jemand aus Ihrer Redaktion Interesse, an der Atmosphäre, in der ich denke, und an meiner Lebensperspektive, nicht mehr in Worms, sondern in der Eifel ...“. - Mit Eingangsstempel. - Beigegeben ein eigh. Billet m. U. des politischen Karikaturisten Fritz Wolf (1918-2001), mit 2 eigh. Umschlägen. Der exzellente Zeichner war u. a. viele Jahre Mitarbeiter des „Stern“.
2549 Bassompierre, François de, franz. Diplomat, Marschall von Frankreich, Musterbild eines Höflings seiner Zeit (1579-1646). Schriftstück m. U. „Bassompierre“. 2/3 S. Doppelblatt. Gr. 4to. O. O. u. J. 250 €
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Geschichte 2547 Anhalt-Dessau. - Leopold I., Fürst von AnhaltDessau, der „Alte Dessauer“, Reichsgeneralfeldmarschall, preuß. Generalfeldmarschall und Heeresreformer, ver heiratet mit einer Bürgerlichen, daher von großer Popularität (1676-1747). Brief m. U. „Leopold H z Anhalt“. 2 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Dessau 23.XII.1711. 200 € An den Herzog Friedrich von Sachsen-Gotha, mit ausführlichen Glückwünschen zur Jahreswende. „... Wir wünschen hertzinniglich, daß die Göttl. Güthe, so Ew. Ldn. das numehro bis auf ein weniges zurückgelegte Jahr bey gedeylichem Hochergehen gefristet, auch noch fernerhin über dieselbe Kräftigkeit walten, und nicht allein das bevorstehende, sondern auch noch viele folgende Jahre über bey selbst Verlangter prosperität und glückseligkeit erhalten, und mitt Himmlischen Seegen überschütten wolle ...“. - Ordentlich erhalten.
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Schuldverschreibung „promesse de Monsr de Bassompierre pour 1300 # [livres]“. - Charakteristisches Dokument: Bassompierre, dessen „Er lebnis“, wiedererzählt von Chateaubriand, Goethe und Hofmannsthal, zur Weltliteratur gehört, „dem Luxus, dem Spiel und der Liebe unmäßig frönend“ (Wikip.), war ein Verschwender und starb in Armut, aber: „Les Dames qui ont aidé à le ruiner, l‘ont regretté, quoy qu‘il soit mort bien à propos pour luy; parce qu‘il n‘avoit plus dequoy fournir à l‘excessive despense, qu‘il avoit accoustumé defaire; ny mesme dequoy vivre“ (aus dem Vorwort des „Journal de ma vie“ von 1665).
2550 Beaverbrook, W. M. Aitken, Lord, kanad.-engl. Unternehmer, Pressezar und Politiker (1879-1964). Eigh. Brief m. U. „Beaverbrook“. 1 S. Doppelblatt. Kl. 8vo. Temple 9.IV.1923. 120 € An den amerikanischen Kaufmann Harry Gordon Selfridge, der ihn zu einem Essen eingeladen hatte („to meet Mr Baum“). Er bedauere nicht kommen zu könne, „but I have some people dining with me that night“. Mit Briefkopf „from Lord Beaverbrook“. - Der 1910 aus Kanada eingewanderte Aitken machte in England Karriere, wurde Mitglied des Unterhauses, erwarb den „Daily Express“ und beherrschte den englischen Zeitungsmarkt. 1940-1942 war er auf Churchills Veranlassung Minister für Kriegsproduktion und Versorgung und wurde zum Lordsiegelbewahrer ernannt. Selfridge hatte 1909 in London sein bis heute weltbekanntes Kaufhaus für Luxusartikel eröffnet, starb allerdings völlig verarmt.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2551* Beneš, Edvard, tschechischer Staatsmann, Außenminister, Ministerpräsident und Staatspräsident, Verfasser der berüchtigten Beneš-Dekrete, mit denen mehrere Millionen Deutsche und Ungarn in der Tschechoslowakei enteignet und gewaltsam vertrieben wurden, eine der größten ethnischen Säuberungen des 20. Jhdts (18841948). Eigh. Vortrags-Manuskript (Fragment). In tschech. Sprache. 21 S. auf 21 Bl. Gr. 4to. (Prag) 16.VI.1946. 600 € Manuskript zu einer Rede auf dem tschechischen Schriftstellerkongress am 16. Juni 1946. - Vorhanden sind die eigenhändig nummerierten Blätter 1-8, 23a-23d sowie 24-32. - Edvard Beneš war von 1918-35 tschechoslowakischer Außenminister, von 1921-22 Ministerpräsident und von 1935-38 sowie von 1945-48 Staatspräsident. - Papierbedingt teilweise etwas gebräunt.
2552* - Masch. Brief m. U. „Benes“. In deutscher Sprache. 2 S. 4to. Berlin 2.I.1923. 250 € Als tschechoslowakischer Außenminister an den umstrittenen Berliner Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“, mit Dank für Neujahrsgrüße. „... Ich brauche nicht zu wiederholen, wie hoch ich Ihre Tätigkeit schätze und wie sehr ich bedauere, dass Ihr publizistisches Wirken seit Monaten unterbrochen ist. Das vergangene Jahr war für Sie besonders schwer, aber Idealisten wie Sie bleiben sich allen schlimmen Erfahrungen zum Trotz getreu und so hoffe ich, Sie im neuen Jahre mit Ihrem unvergleichlichen Temperament und Ihrem bewundernswerten Wissen im Dienste der guten Sache, die allen Nationen gemeinsam ist, wieder wirken zu sehen. Das Urteil der Zukunft wird von einem Tribunal gefällt werden, das volles Verständnis für Ihre Verdienste sowohl um Ihr Vaterland als auch um die andern Kultur nationen haben wird ...“. - Am 3. Juli 1922, wenige Tage nach dem Attentat auf Walther Rathenau, war auch auf Harden im Ortsteil Grunewald ein politischer Mordanschlag verübt worden, den er jedoch schwer verletzt überlebte. Daraufhin hatte er drei Monate später, am 30. September, das Erscheinen der „Zukunft“ eingestellt.
2553 Bodensee-Anrainer. - „Hegauischer Vertrag“ von 1497 mit Zusätzen und Erweiterungen von 1540 und 1583. Von 1 Hand ausgeführte diplomatische Abschrift der 3 Verträge. Ca. 124 Bl., davon ca. 180 S. beschrieben. Folio. Marmor. Halbpergamentband d. Z. (berieben, Rückenkanten zerschlissen) mit textilen Schließbändern und hs. Deckelschild. O. O. (wohl um 1700). 1.500 € „Heggewischer Vertrag Underm Röm: König Maximilian ddo 26 Junij 1497. - Declaration von 31 Martij 1540. - Lester Vertrag den 13. Aprill 1583.“ (Deckeltitel). Unter Kaiser Maximilian I. geschlossener Vertrag zwischen der österreichischen Landgrafschaft Nellenburg einerseits und den Komthuren der Balley Elsaß und Burgund des deutschen Ritterordens, zu der auch die Insel Mainau gehörte, sowie der Ritterschaft im Hegau. Um die zwischen diesen Parteien bestehenden anhaltenden Zwistigkeiten zu beenden, wurde auf Veranlassung Maximilians 1497 eine Versammlung zahlreicher Würdenträger als Vermittler und Zeugen in Lindau einberufen, aus der am 26. Juni 1497 ein Vertragswerk, der sog. „Hegauische Vertrag“, hervorging. Dieser Kontrakt, bestehend aus 33 Paragraphen, nimmt 54 Seiten unseres Manuskriptes ein. - Am 31.
März des Jahres 1540 wurden die Abmachungen durch eine „Declaration“ durch 4 Artikel ergänzt, z. B. über Probleme der Gerichtsbarkeit und die Nutzung der Obstbäume (in unserem Manuskript 9 S.). - Am 13. April 1583 schließlich wurde der ganze Vertrag unter neuen Herrschaftsverhältnissen noch einmal neu formuliert und wesentlich erweitert: Seine 37 Artikel umfassen mit Einleitung und Erläuterungen 117 Seiten unserer Abschrift. Die Paragraphen betreffen vor allem juristische Fragen und handeln u. a. „Von den Urvheden, oder Verschreibung der Eingezogenen Persohnen; Auffnehmung und Ab Khauffung der Leibaigenen Leuthen; Betreffendt Fänglich annehmen der verleimbten Leuthen undt Malefizischen Persohnen; Besetzung deß Landt Gerichtß So Einer vom Adel fürgenohmen würdt; Wie denen abgewiechenen Persohnen Haab und Guett ver-arrestiert undt wieder telaxiert werden soll; Daß denen Bestrafften das Straf Gelt nit wieder geben solle werden; Von Verkhauffung deß Viehß und den Metzgeren; Von Verschreibung der Leibeigenen Leuthen; Vom Uffheben und Abweichen im Jagen; Betreffendt den Nonnen Macher oder Viech Verhailer“ (etc.). Sehr saubere, gut erhaltene Handschrift (dazu noch mehr als 30 Bl. weißes Papier des 17./18. Jahrhunderts), die einen höchst interessanten Überblick über das gesamte Rechtswesen und die sozialen Verhältnisse des 16. Jahrhunderts im Bodensee-Raum gewährt. Abbildung
2554* Braunschweig. - Karl Wilhelm Ferdinand, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, preuß. Feldmarschall, in den Revolutionskriegen Oberbefehlshaber der Verbündeten (1735-1806). Schriftstück m. U. „Carl W F Hzg“ sowie papiergedecktem Siegel. 1/2 S. Folio. Braunschweig 6.I. 1789. 220 € Bescheid für den Berliner Bankier Johann Friedrich Inberg, daß dessen Geldforderung abgelehnt werde. „... wird auf sein übergebenes Gesuch um Auszalung des Betrages von zwey Fürstl. Obligationen zu 1500 rh. welche auf den verstorbenen hiesigen Geldwechsler Daniels gestellet, und von ihm erkauft worden, nebst rückständigen Zinsen hiedurch zur Resolution erteilt, daß demselben nicht zu deferiren stehe; ihm jedoch überlaßen bleibe, seine Forderung, wenn er damit durchzukommen sich getraue, im Wege Rechtens gegen die Fürstl. Kammer hieselbst auszumachen ...“. - Der Herzog, dessen Bescheid hier recht zynisch klingt, starb bekanntlich nach der Schlacht bei Auerstedt schwer verwundet (erblindet) im dänischen Ottensen.
2555* Cecilie, Kronprinzessin des deutschen Reiches (1886-1954). 9 eigh. Briefe (7 auf Karten) mit U. „Cecilie“. Zus. ca. 22 S. Verschied. Formate. Burg Hohenzollern, Bad Kissingen und Stuttgart-Frauenkopf 2.V.1950 - 28.VIII. 1953. 550 € An die ihr befreundete Lore Zeuner in Würzburg: „... Meine Handschrift ist schlechter geworden, weil ich mit dem gebrochenen Handgelenk nur mit einer Hand schreiben kann ... Ich hoffe bald in das neue Haus einziehen zu können. Es wird entzückend. Ich hoffe zu dem Mozart feste nach Kissingen kommen zu können ... Ich komme auf 3 Tage nach dem Würzburger Hof und freue mich sehr auf das schöne Orchester und [Eugen] Jochum! Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie am 22. mich ins Concert begleiten würden ... Ich habe mich sehr gefreut Sie neulich in Würzburg zu sehen und das schöne Concert gemeinsam genossen
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ An das Parlamentsmitglied Charles Bowyer Adderley, 1st Lord Norton (1814-1905), „Vice-President of the Committee of the Council on Education“, in Birmingham: „... Your letter has met me here after some delay, in consequence of my absence from home. I regret to say that my other & unavoidable engagements will prevent me from attending the Birmingham meeting on the 20th. - But my heart is thoroughy in the business ... If my humble aid can at any time be of service it shall be forthcoming both within & out of the House [of Commons]. - I am engaged to attend an educational Conference in Manchester on the 18th January. - They are kindred objects; - for what better name could be given to free schools for the children of the whole people than ‚Juvenile Reformatories‘. I heard you offer some excellent remarks upon ‚Secular Education‘ in the House. - Are there not signs that the question can no longer be delayed with safety? ...“. - Als Großunternehmer mit sozialem Anliegen sorgte Cobden nicht nur für die bahnbrechende Abschaffung der sog. „Corn Laws“, sondern begrüßte auch trotz eigener Nachteile die Abschaffung der Sklaverei in den USA und sammelte Spenden für die vom Rückgang der Baumwollproduktion betroffenen Arbeiter. - Selten. Abbildung
„für den europäischen Zusammenschluss“ 2557* Coudenhove Kalergi, Richard Nikolaus Graf von, Schriftsteller, Philosoph und Politiker, Gründer der Paneuropa-Union, Träger des Karlspreises (1894-1972). 3 (1 eigenhänd.) Briefe m. U. „R N Coudenhove Kalergi“. Zus 31/2 S. Gr. 4to. Wien, Karlsbad und Orleans 1925-1931. 450 €
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zu haben. Auch war es mir eine grosse Freude all‘ die lieben Berliner bei Ihnen zu sprechen u. zu hören, dass sie immer noch meiner so freundlich gedenken. Der Diebstahl auf der Burg bewegt uns sehr. Scheusslich ist es so garnichts zu hören, von den Spuren des Diebes zu wissen. Es muss jemand aus dem Ausland sein, aber Leute aus der Nähe der Burg müssen am Diebstahl ... beteiligt sein ... Ich hoffe, Sie kommen mich dort [in Kissingen] besuchen, um Manches zu besprechen, was mir manchmal das Herz abdrückt ...“. - Ferner über ihr alltägliches Leben, die Fortschritte ihrer Kinder und anderes. - Stellenweise leicht fleckig; 1 Karte stärker tintenfleckig und mit Knickfalte.
2556* Cobden, Richard, britischer Unternehmer und Nationalökonom, führende Figur des sozial intendierten Manchesterliberalismus und der Freihandelsbewegung (1804-1865). Eigh. Brief m. U. „R. Cobden“. 3 S. Gr. 8vo. Seebad Bognor Regis 17.XII.1853. 450 € 88
An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg. „... Der Kampf um Paneuropa beginnt nun, in ein entscheidendes Stadium zu treten. Zunächst arbeite ich an der Konstituierung der Unionen in den verschiedenen Ländern, vor allem in Deutschland, um von da aus eine Propaganda grössten Stils für den europäischen Zusammenschluss organisieren zu können. Ich bitte Sie, mir bei dieser Propaganda zu helfen und möglichst viele Persönlichkeiten, Kreise und Organisationen für den europäischen Zusammenschluss zu gewinnen [Wien 19.II.1925] ... Ich teile Ihre Meinung, daß nach den ersten Schritten zur Verwirklichung des Briandschen Projektes die Frage des europäischen Zollvereins in den Mittelpunkt tritt; ich teile auch Ihre Meinung, daß diese Aktion bei Deutschland und Frankreich und ihren engsten Nachbarn beginnen muß [Karlsbad 21.VI.1930] ... In Paris ist die Aufregung ausserordentlich: am meisten ärgert sich Briand selbst, da er von seinen Gegnern verspottet wird, dass seine Paneuropa-Politik den Anschluss gebracht hat. - Aber die Aufregung wird sich legen und ich zweifle nicht, dass die deutsch-österreichische Initiative die Entwicklung ... wesentlich beschleunigen wird ...“. [eigenhändig, Orléans 28.III.1931]. - Mit Rot- und Bleistift-Anstreichungen des Empfängers sowie Büroklammer-Rostund Knitter-Spuren.
2558* Dreißigjähriger Krieg. - Ferdinand II., röm.-dt. Kaiser (1578-1637). Brief m. U. „Ferdinandt“ sowie mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Wien 5.VI.1620. 250 € An den Feldmarschall Graf von Buquoy, wegen des Soldes für das „Cosaggische Kriegesvolckh“. Nachdem er nunmehr einen zweiten Monatssold habe „abführen“ lassen, erfordere es die „Kriegsbrauch erhaltung“ und „notturft“, daß zunächst eine Musterung abgehalten
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte werde. Entsprechend ergeht der Auftrag an den Feldmarschall. - Mit Gegenzeichnung und 5zeiliger eigh. Nachschrift des Hofkriegsrates Gerhard von Questenberg (ca 1586-1646). - Kleiner Braunfleck am oberen Rand. - Aus der Sammlung Künzel.
2559 - Leopold Wilhelm, Erzherzog von Österreich, kaiserlicher Feldherr, Statthalter der spanischen Niederlande, Gubernator des Königreichs Böhmen, 1639-1643 Oberbefehlshaber des kaiserlichen Heeres, Dichter und bedeutender Kunstsammler (1614-1694). Brief m. U. „Leopold Wilhelm“, 6zeiliger eigh. Nachschrift und papiergedecktem Siegel. 2 S. Folio. Hauptquartier Rakonitz 10.XI. 1642. 440 € An einen seiner Befehlshaber (Adresse ist abgeschnitten) mit einer Reihe von Nachrichten und Anordnungen. Lobt die Aufstellung der Truppen an der Eger und die Vorbereitungen für die Ankunft des Don Camillo II. Gonzaga. Verspricht separate Maßregeln wegen der „vom Feindt herüberkhommende Khnechte“ und trifft Verfügungen über die Bezahlung („ein hundert Duggathen“) verschiedener Offiziere, darunter Johann von Colloredo, sowie die Lagerung von Munition und anderem Material in Prag. - Das zu Hälfte abgeschnittene Adressblatt mit Montagespuren.
2560 - Tilly, Johann T‘Serclaes Graf von, oberster Heerführer der katholischen Liga, dann auch der kaiserlichen Armee im Dreißigjährigen Krieg, verwüstete Magdeburg und andere Städte und war berüchtigt für die Brutalität seiner Söldnertruppen (1559-1632). Brief m. U. „Johann grave von Tilly“. 2 S. Folio. Pirna 26.IV.1627. 900 € Wohl an einen Adligen, der seiner Forderung nach Quartier und Pferden für zwei Kompagnien und einer Kontribution bisher nicht nachgekommen sei. Er erinnere ernstlich an diese Forderung und habe seine Truppen ermächtigt, sich die notwendigen Quartiere und Pferde selbst zu beschaffen. - Der Name des Adressaten ist an drei Stellen getilgt. 1 Rand alt restauriert. - Beiliegend ein lithogr. Porträt Tillys.
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2561* Ebert, Friedrich, sozialdemokrat. Politiker, erster Reichspräsident der Weimarer Republik (1871-1925). Brief m. U. „Ebert“. 1 S. Mit Briefkopf „Der Reichspräsident“. Gr. 4to. Berlin 27.VIII.1923. 250 € An Berta Flamm in Halle (Saale), die um Unterstützung gebeten hatte, weil ihr Sohn „infolge der im Kriege erlittenen Verwundung und Gasvergiftung von einem heimtückischen Nerven- und Nierenleiden befallen“ sei, „das ihn schon 41/2 Jahre an das Bett“ fessele. Ebert antwortet: „... Im Vertrauen auf die Wiederstandskraft [sic] der Jugend hoffe und wünsche ich, dass Ihr Herr Sohn die Krankheit bald überwinden und auch er das köstliche Gut der Gesundheit wieder erringen möge. Zur Linderung der augenblicklichen Notlage, und um dem Kranken eine Freude zu bereiten, habe ich Ihnen eine Beihilfe von 1000 000 M bewilligt ...“. - Mit Wasserzeichen „Reichsadler-Papier“. - Beiliegend der
entsprechende Post-Abschnitt über die Auszahlung von 1 Million Reichsmark, „von der Kasse des Reichspräsidenten“. - Die Spende war allerdings so gut wie wertlos, denn bereits 5 Wochen später betrug allein das Inlands-Briefporto 2 Millionen Mark.
2562 Eugen, Prinz von Savoyen, der große österr. Feldherr, Reichsgeneralfeldmarschall, „der edle Ritter“ (16631736). Schriftstück m. U. „Eugenio di Savoya“. In ital. Sprache. 1 S. Mit papiergedecktem Siegel. Folio. Mailand 15.XII.1708. 250 € Verordnung wegen einer Zahlung an die „Monache Scalze di Santa Teresa in via di Elemosina“ in Mailand. - Leicht stockfleckig. Abbildung Seite 90
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ „den Feind auf die Finger zu klopfen“ 2565 Friedrich II., der Große, König von Preußen (17121786). Sammlung von 34 (darunter einem eigenhändigen) Briefen m. U. „Fch“, „Frch“ oder „Frdch“. Geheftet in einen handgebundenen violetten Maroquinband um 1860 (Ecken etwas bestoßen) mit reicher Vergoldung und Blindprägung im Rokoko-Stil auf beiden Deckeln und dem Rücken sowie mit goldgeprägtem Titel auf dem Vorderdeckel. Meißen, Breslau und Potsdam 8.IV.1761 - 15.XI. 1785. 12.000 €
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2563 Friedrich I., König in Preußen (1657-1713). Urkunde m. U. „Friderich“ und papiergedecktem Siegel. 1 /2 S. Folio. Cölln an der Spree 23.V.1707. 200 € Konzession für das Dorf Fahrland bei Potsdam, jährlich zwei Jahrmärkte abzuhalten, und zwar den ersten am Freitag vor Himmelfahrt, den zweiten am Freitag vor Michaelis. - Gegengezeichnet vom Generalkriegskommissar Daniel Ludolf von Danckelman (1648-1709). - Randläsuren; stärker stockfleckig.
2564* - Brief m. U. „Friderich“, Adresse und papiergedecktem Siegel. 11/2 S. Folio. Cölln an der Spree 22.XI.1707. 250 € An Johann Friedrich Hornig in Halle, seinen Amtskammerrat im Herzogtum Magdeburg, wegen der Absicht zweier Kaufleute, mit dem Verkauf preußischen Salzes im kurmainzischen Erfurt „ein profitables Saltz-Commercium“ einzurichten. - Etwas stockfleckig; Randläsuren.
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Umfangreiche Sammlung von Briefen des Königs an den Major und späteren Generalleutnant Joachim Bernhard von Prittwitz (1726-1793), der ihm als Rittmeister in der Schlacht bei Kunersdorf (12.VIII.1759) das Leben rettete, so daß Friedrich ihm bis zu seinem Tod freundschaftlich verbunden blieb. In allen Briefen herrscht ein freundlicher, wohlwollender Ton, der nicht nur auf vergangenen Dienstleistungen, sondern auch auf anhaltender Zufriedenheit mit dem Offizier beruht. - Anfangs stammen die Briefe aus den letzten Jahren des Siebenjährigen Krieges, aus Meißen und Breslau; sie enthalten Instruktionen und Lob für gutes Verhalten in den Kämpfen gegen die Franzosen. - Die folgenden Briefe aus der Friedenszeit kommen aus Potsdam und befassen sich mit Beförderungen, Schenkungen, Festsetzung einer Pension, Aufträgen, Einladungen etc. - Nach dem Brief vom 18.VI.1772 ist ein eigenhändiges Schreiben (o. O. u. J.) eingebunden. - Die ersten Briefe halb- oder ganzseitig, die späteren viertelseitig oder nur einige Zeilen. Einige Zitate: „... Erstlich, daß Ihr dort das Leib-Regiment zu Pferde deken, und durch Eure Patrouilles avertiren laßen sollet, wenn was starckes gegen selbiges kommen wolte, damit solchen fals das Regiment sich gleich zusammen ziehen könne, den[n] dorten Euch zu schlagen solches ist wegen Eurer aller mit einander meine intention nicht. Zweytens müßet Ihr, das Land und die Gegenden daherum überall so weit wie möglich von fourage und von Subsistance entledigen, damit die Frantzosen nichts von dorten zu ihrer Subsistance noch Magazinen ziehen können (Meissen 8.IV.1761) ... Der Vorschlag, ... die Auswechselung der bey denen Frantzosen befindlichen Krieges Gefangenen vom Leib Regiment und das allenfalls dazu erforderliche Geld, ... hat meine völlige Approbation (Meissen 15.IV.1761) ... Ihr habt übrigens Euere Mesures sehr gut gewonnen und thut alles so einem guten und brafen Officier zukommt. Ich habe befohlen, daß Ihr noch durch etwas Husahren aus einem Frey Bataillon renforciret werden sollet (Meissen 18.IV.1761) ... Ich habe den Vorfall, den Ihr unterm heutigen dato Mir gemeldet, mit Vergnügen ersehen. Die Action gegen den feind ist ungemein schön, und Ich verspreche mir weiter zu Euch, daß Ihr den Feind schon weiter in Respect zu halten wißen, und ihn in gleichen Fällen zurück zu weisen und auf die Finger zu klopfen nicht ermangeln werdet (Breslau 7.II.1762) ... Der Coup den Ihr gemacht habt, ist excellent. Ich habe Mühe zu glauben, daß alle feindliche Regimenter aus Sachsen, schon dort angekommen seynd ... „ (18.IV.1762). Nach Friedensschluß wendet sich der König dem Wiederaufbau der heimischen Wirtschaft und Infrastruktur zu, wozu auch der 17441746 erneuerte Finowkanal zwischen Havel und Oder gehörte. „... So habe ich resolviret Euch hierdurch zu committiren und aufzutragen daß Ihr nächstens selbsten nach gedachten Fino Canal gehen und daselbst alles wohl besehen und examiniren sollet, ob solcher Canal gäntzlich repariret ... werden kan (Potsdam 11.X.1765) ... Ich willfahre mit Vergnügen Eurem Gesuch ... um Allodification [Übergang vom Lehen in freies Eigentum] der Euch hiebevor geschenckten Ämter Quilitz und Rosenthal. Es macht solche, die Euch durch Schenckung dieser
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Aemter, erzeigte Gnade, noch vollständiger (Potsdam 2.XII.1769) ... Ihr habet nicht die allergeringste Ursach, Euch über die Ertheilung meines Moehringschen Husaren Regiments an meinen Obristen von Samoggi zu beunruhigen ... Vielmehr könnt Ihr Euch gantz fest versichert halten daß Euch niemahls einiger Tort, im Avancement, geschehen, oder Ihr, auf einige Weise, dabey vergeßen werden sollet. Wahre Verdienste weiß Ich zu schätzen (Potsdam 24.V.1773) ... Mir wird es angenehm seyn, Euch, auf einige Zeit, bey Mir zu sehen; und Ich werde Euch demnach, morgen oder übermorgen, allhier erwarten (Potsdam 13.VI.1774) ... Um Euch ein gesichertes Merckmahl meiner Gnädigen Zufriedenheit ... zu geben, habe Ich Euch eine jährliche Pension von Ein Tausend RTal. auf Meine General Krieges Casse ausgesezet (Potsdam 16.VI.1774) ... Die Gesuche zum Verkauf adelicher Güter an Personen bürgerlichen Standes sind häufiger, als Ihr Euch solches wohl vorstellet: und da, um solchem einmahl Einhalt zu thun, Ich, darinn weiter nicht zu willigen, Mir so zusagen zum Gesez gemacht; so werdet Ihr Euch daher nicht wundern, wenn Ich auch in Ansehung Eurer davon nicht abzugehen resolviren kann, und werde inzwischen Euch das Guth Saegewitz noch zu conserviren den gnädigsten Bedacht nehmen ...“ (Potsdam 2.VIII.1774). Im Alter gehören, wie immer, so auch hier Krankheiten zu den wachsenden Themen. 1775 schreibt der König. „... Es hat mir gewis recht viel plaisir gemacht zu erfahren, daß es sich mit Eurem Krankheitszu-
stand in so weit gebeßert hat, daß Ihr Euch nunmehro außer Gefahr befindet. Da indeßen in dergeleichen schweren Krankheiten die Recidive ungemein gefährlich sind; so wollet Ihr nunmehro wohl auf Eurer Huth seyn und ja nicht eher ausgehen, als bis Eure Gesundheit und Kräfte Euch solches vollkommen und mit völliger Sicherheit erlauben werden (Potsdam 1.II.1775) ... Ich habe in gnädiger Rücksicht, auf Euren Mir bekannten rechtschaffenen Dienste Eifer, resolviret, Euch Mein Regiment Gens d‘armes, zu conferiren, und vermelde Euch solches hierdurch, umb das Regiment und deßen Angelegenheiten, gehörig zu übernehmen und alles bey demselben in guter Ordnung zu erhalten (Potsdam 23.VI.1775) ... Wenn Ihr wollet so gut seyn, den 18ten dieses, ein bisgen zu Mir her zu kommen, so würde Ich das gerne sehen, werde aber nicht davon abusiren, sondern wenn das Carnaval angehet, werde Ich Euch nicht weiter hier aufhalten ...“ (Potsdam 15.XI. 1785). Der würdige Einband täuscht darüber hinweg, daß die Sammlung irgendwann vorher einen erheblichen Wasserschaden erlitten hat: Die Blätter sind durchgehend wasser-, braun- oder sporfleckig, teilweise auch mit ausgebesserten Fehlstellen; die Tinte häufig verblasst. Allerdings sind alle Schadstellen, soweit möglich, mit großer Sorgfalt fachmännisch unterlegt und restauriert. Abbildung
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2566 - Brief m. U. „Friderich“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Folio. Berlin 29.X. 1734. 500 € An das Altmärkische Obergericht. Im Auftrag des Königs erteilt der hier 22jährige Kronprinz den Befehl, das Gericht solle (laut Regest) „auff die von dem Fiscal Breuning und deßen Ehefrauen angebrachte Beschwerden berichten, zugleich Acta mit einsenden, damit selbige allhier nachgesehen und die Sache einmahl nach Recht abgethan werden könne“. - Gebräunt; kleine Einrisse. - So früh selten.
Lieber keinen als schlechten Wein 2567 - Brief m. U. „Fch“. 1/2 S. 4to. Potsdam 30.IX.1743. 450 € An den Geh. Staatsminister Grafen von Münchow wegen der Besorgung von Weinen aus Ungarn. „... Ich habe zwar die mit Eurem Bericht vom 24ten dieses eingesandte Proben von Ungarischen Weinen, erhalten; Ich finde aber diesen Wein nichts nütze, und habe Euch nochmahls erinnern wollen, daß bey dem ... ankauf von Wein, Ich keine andern Weine als die von diesem jetzigen Jahr seynd angekauffet wißen, und anderngestalt lieber gar keinen haben will ...“. - Leichter Wurmschaden an der rechten oberen Ecke.
2568* - Urkunde m. U. „Frch“ und papiergedecktem Siegel. 3 S. Mit großer kalligraphischer Kopfzeile. Folio. Berlin 27.VI.1767. 600 € Bestallung des Grafen Marie-Antoine Barberin als königl. Kämmerer. Gegengezeichnet von den Ministern Karl Wilhelm Graf von Finckenstein (1714-1800) und Ewald Friedrich Graf von Hertzberg (1725-1795). - Der Titel eines Kämmerers war nicht immer faktisch mit dem Hofamt verbunden, das dem Oberhofmarschall unterstand. - Beiliegend eine in noch prächtigerer Kalligraphie ausgeführte französische Übersetzung dieser Urkunde auf 4 Seiten. - Gut erhalten.
2569 - Urkunde m. U. „Fch“ und papiergedecktem Siegel. 1 /2 S. Folio. Berlin 29.XI.1770. 280 € Passierschein als Einfuhrgenehmigung für 20 Wispel Roggen und Weizen aus Sachsen und Mecklenburg, bestimmt für das Amt Fahrland bei Potsdam, „zum Behuf und Fortsetzung der dasigen Amts-Branndtwein Brennerey“, die „gegen Entrichtung der gewöhnlichen Abgaben“ ungehindert nach Fahrland passieren dürfen. - Gegengezeichnet von den für das Finanzwesen zuständigen Ministern Valentin von Massow (1712-1775) und Friedrich Wilhelm von Derschau (1723-1779). - Etwas gebräunt; das Papiersiegel dunkelrot verfärbt.
2570* - Brief m. U. „Federic“. In franz. Sprache. 1/4 S. 4to. Potsdam 18.IX.1773. 450 € An den Oberst von Cocceji wegen einer Audienz für ausländische Besucher. „Les Princes de Baratinski & de Hawanski, avec le Major de Reitzenstein, au service de Russie, ainsi que le Sr Brancamp, Gentilhomme de la Cour de Lisbonne ... ayant désiré de Me faire leur cour ici; Je les ai
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fait appointer tous les quatre, à demain ... vers les onze heures avant midi; et Je vous ai choisi en même tems, pour les introduire dans mon appartement & Me les présenter. C‘est ce, dont Je n‘ai pas voulu différer, de vous prévenir, puisque Mon Ministre d‘Etat & de Cabinet, Comte de Finckenstein reçoit ordre de vous Les adresser ...“. - Mit „Hawanski“ ist wohl ein Mitglied der Adelsfamilie Chowanski gemeint.
2571* Friedrich III., Deutscher Kaiser, König von Preußen, der „99-Tage-Kaiser“ (1831-1888). Eigh. Brief m. U. „FR“. 1 S. (Bleistift). Mit Adler, Ordensband und Krone in Blindprägung. Trauerrand, ebenso der eigh. Umschlag mit Monogramm. (Charlottenburg) 24.V.1888. 450 € Als Kaiser an seinen Adjutanten General von Winterfeld; am Tage der Hochzeit seines Sohnes Prinz Heinrich mit Prinzessin Irene von HessenDarmstadt. „Ich werde voraussichtlich 2 Ketten zum Gß. Komthur Kreuz des Hohenzollern Ordens brauchen. Lassen Sie bitte solche gleich kommen.“ - Aus den letzten Lebenswochen des der Sprache beraubten Kaisers, der am 15. Juni starb. - Wegen seiner kurzen Regierungszeit sind Briefe Friedrichs als Kaiser naturgemäß selten. Abbildung
2572* Friedrich Wilhelm I., König von Preußen, der „Soldatenkönig“ (1688-1740). Brief m. U. „F Wilh“ (Paraphe). 1 /2 S. Doppelblatt. 4to. Berlin 14.IX.1734. 250 € An einen seiner berüchtigten Werbe-Offiziere, Major von Zürcher. „... Ich habe die in Eurem Schreiben vom 26ten Jul. gemeldete 4760 f. welche Ihr aufs neue zur Werbung gebrauchet, an die Splitgerber und Daun zu vergüten allergnädigst befohlen und recommandire Euch bestens die Werbung ...“. - Frisch erhalten.
2573 Friedrich Wilhelm II., König von Preußen (17441787). Brief m. U. „Fr Guillaume“. In franz. Sprache. 1/2 S. 4to. Berlin 6.II.1787. 180 € An den Staatsminister Graf Maltzan in Berlin, der um eine Stelle für seinen Sohn als Legationsrat im Auswärtigen Amt gebeten hatte. Der König sieht kein Hindernis: „C‘est sans difficulté que J‘accorder à votre fils cadet la place de Conseiller de légation au Département des affaires étrangers, que vous me demandez pour lui par votre lettre de 5. de ce mois. J‘en donne tout de suite connoissance à Mon Ministère, où Vous n‘ausez qu‘à le présenter ...“. - So leicht konnte man unter diesem König Legationsrat werden. - 2 Randstreifen fleckig und mit kleinen Defekten.
2574* - Brief m. U. „F Wilh“. 1 S. 4to. Potsdam 15.VIII.1797.
300 €
Drei Monate vor seinem Tod an den Generalleutnant Graf v. Kalckreuth [Friedrich Adolf von Kalckreuth, später Generalfeldmarschall, auch Gouverneur von Berlin, Königsberg und Breslau, 1737-1818], dem er mehrere Bitten erfüllt, die mangelhafte Ausrüstung mehrerer Regimenter betreffend. „... bei den in Eurem Berichte ... angezeigten Umständen bewillige ich dem Regiment Bosniaken und den Husaren-
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte Regimentern von Suter und von Bediwary eine extraordinäre Bonification an Montirungs-Stücken zum Ersatz ihres bisher erlittenen großen Abgangs, und habe unterm heutigen dato dem zweiten Departement des Ober Krieges Collegii aufgegeben, gedachten Regimentern ein, ihrem Verluste angemessenes Quantum auf Meine Kosten zu vergütigen. Hiernächst erteile ich nach Eurem Antrage ... dem Fähnrich von Unruh des Euch anvertrauten Regiments Ansbach Bayreuth den nachgesuchten Abschied gegen Verzichtleistung auf alle Versorgung, und avanzire dagegen den Fahnjunker v Plötz zum Fähnrich. Was die, in dem Regiment v Biberstein außer der gewöhnlichen Remonte zu ersezenden 79 unbrauchbaren Pferde betrift, so habe Ich das 1te Departement des Ober Krieges Collegii heute angewiesen, solche dem Regimente bei der künftigen Remonte mit zu ersezen; es können solche aber nach Eurem Vorschlage schon jezt verkauft werden ...“. - Etwas über einen Monat später, am 25. September, notierte die Gräfin Voß über den aus Bad Pyrmont zurückgekehrten König in ihrem Tagebuch: „Barmherziger Gott, welch ein Anblick! Der König ist schwächer und abgemagerter als je, seine Stimme ist so schwach, daß man ihn kaum verstehen kann, wenn er spricht. Trotz dessen ging er ins Theater, aber ach, er hat gar keinen Athem, immer den Mund offen und ist in einem wahrhaft schrecklichen Zustand.“
2575 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (17701840). Urkunde m. U. „Friedrich Wilhelm“ und papiergedecktem Siegel. 21/4 S. Folio. Berlin 6.VI.1813. 200 € Patent als Capitaine und Compagnie-Führer im Ersten Westpreußischen Landwehr-Infanterie-Regiment für den Second-Lieutenant der Gendarmerie, Wilhelm Joachim von Hake. Unter den aufgezählten Pflichten heißt es, er müsse „der ihm anvertrauten Compagnie wohl vorstehen, für derselben Bestes, Aufnehmen und Conservation sorgen, solche stes in complettem und untadelhaftem Stand erhalten, denen Leuten dasjenige was auf selbige assigniret und gezahlet wird, ohne unzuläßige Abzüge verabreichen, sich auch übrigens bei allen vorfallenden Krieges Begebenheiten mit williger und ungescheuter Darsetzung Leibes und Lebens dergestalt erhalten und bezeigen ... wie es einem getreuen Diener und rechtschaffenen kriegeserfahrenen Officier eignet ...“. - Dabei: Derselbe. Brief m. U. „Frederic Guillaume“. In franz. Sprache. 5 Zeilen. 4to. Berlin 27.VI.1834. - An Herrn Pettschinsky, Kämmerer des Kaisers von Russland, mit Dank für die Übersendung seines wichtigen Werkes über die russische Industrie. - Ferner beiliegend ein Kupferstich-Porträt des Königs, gestochen von Blood nach dem Gemälde von Shepperson.
2576* - Reskript m. U. „Friedrich Wilhelm“ (Paraphe). 1 /2 S. 4to. Berlin 18.I.1840. 150 € An den Generalleutnant, späteren Generalfeldmarschall Friedrich Graf zu Dohna-Schlobitten, kommandierenden General des II. Armeekorps (1784-1859), der ihm eine Liste mit Vorschlägen für Ordens-Verleihungen an Angehörige des II. Armeekorps unterbreitet hatte. Der König entscheidet sich für folgende Verleihungen: „dem Rittmeister v. Köszeghy vom 3ten Dragoner Regiment den rothen Adler-Orden 4r Classe und dem Stabshautboisten Derautier und Sergeant Wunsch vom 2ten Infanterie-, Unteroffizier Bortmann vom 2ten Cuirassier-Regiment, Bezirksfeldwebel Arndt und Wachtmeister Zuge vom 2ten Bataillon und dem Wachtmeister Reetz vom 3ten Bataillon 2ten Landwehr-Regiments das allgemeine Ehrenzeichen ...“.
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2577* Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen (17951861). Reskript m. U. „Friedrich Wilhelm“. 3 Zeilen. 4to. Charlottenburg bei Berlin 23.XI.1840. 120 € An den Hofgerichtsrat Ziemssen in Greifswald. „Ich will Ihnen auf das Gesuch vom 8ten d. Mts. die Anlegung des Ihnen von des Königs von Schweden Majestät verliehenen Ritterkreuzes des Nordstern-Ordens hiemit gestatten ...“.
2578 - Urkunde m. U. „Friedrich Wilhelm“ und blindgeprägtem Majestätssiegel. 21/4 S. Gr. folio. Berlin 22.VIII. 1841. 120 € Patent als Oberst der Infanterie für den Oberstleutnant Wilhelm von Hake (1785-1866) vom 12. Infanterie-Regiment. - Hake beendete seine Laufbahn als Generalmajor, nachdem er auch noch den Roten Adlerorden IV. und III. Klasse erhalten hatte. - Falten und obere Ränder mit Papierstreifen verstärkt. Ein Rand mit Montagespuren; seitlich etwas beschnitten.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Dank für Beistand im Befreiungskrieg 2579 Griechenland. - Mavrokordatos, Alexandros, griechischer Politiker, erster Ministerpräsident des unabhängigen Griechenland, Gastgeber Lord Byrons, zeitweilig auch Außen-, Finanzminister und noch mehrmals Ministerpräsident, ferner Gesandter in München, Berlin, London und Konstantinopel, einer der bedeutendsten Vorkämpfer der griechischen Befreiungsbewegung (1791-1865). Brief m. U. „A. Mavrocordatos“ sowie Adresse und Lacksiegel. In franz. Sprache. 1 S. 4to. Tripolitsa (Tripoli) 4.VII. 1823. 450 € Offizielles Dankschreiben an den deutschen Buchhändler Winter in Heidelberg, der sich aktiv für den griechischen Freiheitskampf eingesetzt hatte. Erteilt ihm zum Dank das griechische Bürgerrecht. „... C‘est avec le plus grand plaisir que je m‘empresse d‘accomplir la volonté de mon Gouvernement en devenant aupriés de Vous l‘interprête de sa reconnaissance. - En contribuant continuellement par Votre zêle et par Votre activité genereux si bien connu à la liberté et à l‘indépendance de notre patrie, Vous acquiérez auprès d‘elle des droits égaux à ceux de ses enfans. - Je me flatte ... que Vous continuerez pour l‘avenir dans Vos sentimens genereux jusqu‘à l‘accomplissement de notre indépendance ...“. - Bei Tripolitsa (Peloponnes) hatten die Griechen zwei Jahre zuvor einen der ersten wichtigen Siege im Befreiungskrieg gegen die osmanische Herrschaft errungen. - Etwas stockfleckig. - Sehr selten.
2580 Hamburg. - Nevermann, Paul, sozialdemokrat. Politiker, schon in den 1920er Jahren parteipolitisch aktiv, nach 1945 Erster Bürgermeister und Bausenator mit ereignisreicher Karriere in Hamburg, Vater der Politiker Anke Fuchs und Knut Nevermann (1902-1979). Brief m. U. „Nevermann“. 1 S. Gr. 4to. Altona-Kleinflottbek 18.6.1931. 150 € Früher Brief, den der frisch promovierte Referendar inmitten der Wirtschaftskrise an den Landgerichtspräsidenten Dr. R. Johannes Meyer in Hamburg richtete. „... Vielleicht erinnern Sie sich noch dessen, dass ich zu Beginn meiner Referendarzeit Gelegenheit hatte, meine Ausbildung mit Ihnen persönlich zu besprechen. Ich äusserte damals schon den Wunsch, einige Monate in einer wirtschaftlichen Unternehmung ausgebildet zu werden. Dieser Wunsch war Ihnen ... auch bereits von Herrn Staatsrat [Alexander] Zinn mitgeteilt worden. Sie stellten dann sofort telefonisch fest, dass für mich bei den HEW. [Hamburgischen Elektrizitätswerken] Platz vorhanden war und vermerkten diese Station in meiner Akte. Damit hielt ich die Sache für abgemacht. Wie Sie aus beifolgendem Briefwechsel ersehen, ist mir bei den HEW. jedoch kein Platz vorgemerkt worden ...“. - Mit Eingangsstempel und Bearbeitungsvermerken. - Beiliegend ein Durchschlag der Antwort des Landgerichtspräsidenten mit Erörterung der Angelegenheit und dem Angebot, Nevermann bei der Gewerbekammer unterzubringen. Aber schon 1932 wurde er beim Hamburger Arbeitsamt als Assessor in den Staatsdienst übernommen.
2581* Hindenburg, Paul von Beneckendorf und von, Reichspräsident, Feldmarschall, Sieger bei Tannenberg (1847-1934). Urkunde m. U. „von Hindenburg“ und Reichsadler in Blindprägung. 1 S. Folio. Berlin 1.IV.1928. 150 € 94
Ernennung des Majors Wilhelm Ulex vom 6. (Preußischen) ArtillerieRegiment zum Oberstleutnant. - Mit Gegenzeichnung des Reichswehrministers und Ministers des Innern, Wilhelm Groener (18671939). - 1 Eck-Abriss. - Beiliegend eine Karte mit eigh. Namenszug des Bundespräsidenten Walter Scheel.
2582* Hugenberg, Alfred, Wirtschaftsmagnat, KruppDirektor, Pressezar, Politiker, Reichswirtschaftsminister (1865-1951). Brief m. U. „Hugenberg“ und eigh. Nachschrift. 1 S. Gr. 4to. Berlin 28.XI.1928. 150 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg. Bedankt sich für dessen Brief. „... Ich freue mich, dass Sie mit mir bezüglich der Aufrechterhaltung des Transferschutzes übereinstimmen. - Meine Liegnitzer Rede wird in diesen Tagen in einer Flugschrift der Deutschnationalen Volkspartei erscheinen. Alsdann werde ich veranlassen, dass Ihnen einige Stücke dieser Schrift zugehen. Schon heute füge ich einen Zeitungsausschnitt bei, der den genauen Wortlaut meiner Ausführungen enthält ...“. Eigenhändig fügt er hinzu: „Der Straßburger Zeit habe ich in diesen Tagen nicht nur in Folge Ihrer freundlichen Zeilen, sondern auch aus Anlaß eines Zusammentreffens mit Prof. Fuchs in Stuttgart lebhaft gedacht und erwidere Ihren Gruß aufrichtig!“ - Mit Briefkopf „Deutschnationale Volkspartei. Der Vorsitzende“. - Etwas geknittert und mit Rot- und Bleistift-Anstreichungen des Empfängers.
2583* Jesuiten-Orden. - Roothaan, Joannes, 21. General der Societas Jesu (1785-1853). Urkunde m. U. „Joannes Roothaan“. Lateinische Handschrift auf Pergament. 5 S. 4to. Rotbraunes Maroquin d. Zt. (minimal berieben) mit goldgepr. Bordüren, floralen Eckstücken und Mittelstück „IHS“ in Goldprägung, geheftet mit zweifarbig geflochtener Kordel, mit angehängtem Siegel „IHS“ in Hartholzdose mit Schraubdeckel; Marmorpapiervorsätze. Rom 23.VIII. 1834. 550 € Theologische Doktorurkunde für Franz Xaver Küstner aus dem Collegio Germanico. Gegengezeichnet von Joannes Janssen und Franciscus Manera. - Roothaan war seit 1823 Leiter des Kollegs in Rom und ab 1829 21. General des Jesuitenordens. Da Joannes Philippus Roothaan bei weiten Teilen der Bevölkerung im Ruf eines Heiligen stand, wurde 1927 im Vatikan eine Seligsprechung eingeleitet. Der Doktorand Franz Xaver Küstner stammte aus Hildesheim und wirkte später in Dessau, wo er den Neubau der Kirche St. Peter und Paul als Lebenswerk ab 1835 betrieb; er wurde dort 1880 an der Südseite beigesetzt. - Sehr selten. Abbildung
2584 Kursachsen. - Franz Xaver, Prinz von Sachsen und Polen, Sohn Friedrich Augusts II., von 1763 bis 1768 Administrator des Kurfürstentums Sachsen, Gründer der Bergakademie Freiberg (1730-1806). Brief m. U. „Votre obeissant et tres affectioné serviteur Xavier“. In franz. Sprache. 11/2 S. 4to. Dresden 13.V.1768. 180 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte Kürassierregiment und der Major Johann Gottlob von Dallwitz werden zu Oberstleutnants befördert, allerdings „mit Beybehalt ihres Majors Tactament, bis zu sich ereignenden würcklichen Vacanzen“. Zugleich erhält der bisherige Capitaine Heinrich Adolph von Wiedemann den Majors-Charakter.
2586 Liegnitz (Schlesien). 3 Pergament-Urkunden des Spätmittelalters. In deutscher Sprache. Zus. 3 S. Quer-kl. 8vo. und quer-gr. 8vo. Liegnitz 1489, 1490 und 1491. 800 € Zwei Urkunden über Häuserverkäufe und ein Schuldbrief. - Jeweils ohne das angehängte Siegel.
2587* Löwenstein-Wertheim-Rochefort, Maximilian Fürst zu, Staatsmann in kaiserlichen Diensten (1656-1718). Urkunde m. U. „principe di Leuenstein“. In spanischer Sprache. 2 S. Doppelblatt mit papiergedecktem Siegel. Mailand 12.IV.1717. 300 €
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An Ludwika Anna von der Borch (1725-1788), Gemahlin des polnischen Großkanzlers Johann Andreas Josef von der Borch, wegen eines Appartements im Palais de Saxe. „... En l‘accordant à Mr de Borch Je n‘ai pas crû M‘acquiter des obligations que Nous lui avons mais J‘ai jugé que le Palais de Saxe ne pouvoit être mieux occupé que par des personnes, qui ont montré pour Ma maison un Attachement aussi distingué. Si une complaisance, dont le motif étoit simple, a pû vous confirmer dans les sentimens, que vous M‘avez toujours témoignés, J‘ai doublement lieu de M‘en savoir gré ...“. - Nach dem Tod Friedrich Christians war Franz Xaver bis zum Eintritt der Mündigkeit des Thronfolgers Friedrich August III. für fünf Jahre Regent des Kurfürstentums.
2585 - Rutowski, Friedrich August Graf von, illegitimer Sohn Augusts des Starken und einer gefangenen Türkin, die als Mätresse am sächs. Hof lebte, Generalfeldmarschall, an zahlr. Feldzügen beteiligt, nach seinem Halbbruder Moritz von Sachsen der bedeutendste sächs. Heerführer seiner Zeit (1702-1764). Brief m. U. „Rutowski“. 11/2 S. Doppelblatt. Folio. Liebenwalde 2.XI.1746. 200 € An den Generalleutnant Fürstenhoff. Teilt ihm drei Beförderungen mit: der Major Wilhelm Treutzsch von Buttlar vom Dallwitzischen
Regeste: „Mandato de Official Mayor Interino de la Secretaria de Guerra en Persona de Dn Bartolome Fuentes.“ - Offizierspatent für Bartolomeo Fuentes auf Geheiß und mit Unterschrift des Kriegssekretärs Francesco Valeriano Maderno; gegengezeichnet von 4 weiteren Zeugen. - Entsprechend der Familientradition trat Maximilian Karl in kaiserliche Dienste und schlug dafür die wittelsbachische Nachfolge in der Pfalz aus, welche er mit starker Unterstützung von französischer Seite hätte beanspruchen können. Als er im Jahre 1686 als Wirklicher Reichshofrat auf der Herrenbank in Wien eingeführt wurde, war er bereits Hauptmann der Leibgarde von Kaiserin Eleonore. 1704 trat Maximilian Karl das Amt des Statthalters in der Oberpfalz an; es folgten Stationen in Landshut und München, wo er zum Administrator des Herzogtums Bayern ernannt wurde, nachdem Kurfürst Max Emanuel von Bayern ins Exil gehen musste. Von 1712 bis 1716 übernahm er das ehrenvolle Amt des kaiserlichen Prinzipalkommissars am Reichstag in Regensburg. Sein letztes Amt in kaiserlichen Diensten, das er bis zu seinem Tod ausübte, war von 1717 an die Statthalterschaft im Herzogtum Mailand, welches Prinz Eugen für das Haus Habsburg erobert hatte. - Schönes und seltenes Dokument.
An König Ludwig II. von Bayern 2588* Ludwig II., König von Bayern (1845-1886). - Bland, Hermine, kgl. bayerische Hofschauspielerin, glänzte 24 Jahre im Rollenfach der Naiven Sentimentalen am Münchener Hoftheater, zugleich bevorzugte Darstellerin bei den privaten Separatvorstellungen vor König Ludwig II. (1852-1919. Eigh. Brief m. U. „Hermine Bland“. 4 S. Mit Umschlag. Gr. 4to. München 12.V.1885. 600 € An den „Märchenkönig“ Ludwig II. von Bayern. Sehr umfangreicher Brief, der nur aus einer ans Groteske grenzenden Huldigungs-Hymne an den König besteht. Ein Großteil des Briefes ist in Gedichtform geschrieben, die im Schriftbild aber wie Prosa behandelt ist. Eine tatsächliche Prosastelle möge als Stilprobe zitiert sein: „... O meine herrliche glanzvolle gütigste liebenswürdigste Majestät, in diesen armen Zeilen drückt sich nicht aus wie erhaben, lieb und gut, wie nachsichtsvoll Eure Majestät stets sind und immer und immer zum höchsten Entzücken,
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2589 Ludwig XIV., König von Frankreich (1643-1715). - Berichte eines französischen Spions vom Kriegsgeschehen und den Truppenbewegungen der Allianz gegen Frankreich in Holland, Westfalen und Niedersachsen. 2 Manuskripte. I. 7 S. Folio. Münster 26.IX.1688. - II. 5 S. Folio. Werne bei Münster 29.IX.1688. 750 €
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zur höchsten Begeisterung fortreißen. Welche gütige Fee mag an meiner armen Wiege gestanden haben und dem armen, armen Kinde damals ein so reiches schönes Geschenk für die Zukunft gegeben haben, welches mir in der bezaubernden, entzückenden beseligenden allerhöchsten Gnade Euer Majestät erblühte ...“. - Diese Suada überschwenglicher Dankbarkeit gegenüber dem König hatte neben wirklicher Verehrung einen konkreten materiellen Grund: Nach den Separatvorstellungen mit dem König als einzigem Zuschauer erhielten die Schauspieler wertvolle Geschenke, für die sie sich noch in derselben Nacht schriftlich zu bedanken hatten. Am 12. Mai 1885 war auf königlichen Wunsch das Stück „Urvasi“ von dem indischen Dichter Kalidasa aufgeführt worden, und Hermine Bland spielte die Titelrolle. Wahrscheinlich hatte sie, wie schon am Schluß der Separatvorstellungen des Vorjahres, nach der Vorstellung vom König ein sehr wertvolles Schmuckstück erhalten und mußte sich wieder angemessen bedanken. So erklärt sich, wenn sie schreibt: „... ich hab immer nur dieselben Worte, aber kann ich denn andres sagen als daß das Gute gut, das Schöne schön, das Edle edel ist ...“. - Diese Aufführung sollte sich als die letzte der Separatvorstellungen vor Ludwig II. erweisen: Der König starb bekanntlich am 13. Juni 1886 im Starnberger See. Als nach Hermine Blands Tod gemäß ihrem Testament die Geschenke des Königs zugunsten der Münchener Kinder versteigert wurden, ergab sich, in holländ. Gulden bezahlt und in Reichsmark umgerechnet, ein Betrag von 2.144.000 Mark. - Ungewöhnliches Dokument aus dem engeren Umkreis und letztlich aus dem Besitz des unglücklichen Königs. - Der Umschlag vom Aufreißen beschädigt, sonst gut erhaltene „Ludwig-Reliquie“. Abbildung
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Sehr ausführliche Informationen über die Bewegungen, die Stärke und die Ausrüstung der Divisionen, Kompanien und Regimenter der gegen Ludwig verbündeten Armeen im nördlichen Reichsgebiet und in Holland. Der Spion reiste offenbar viel umher und notierte in zahlreichen Städten die jeweilige militärische Situation. Im ersten Bericht spricht er vom kurbrandenburgischen Infanterieregiment Markgraf Philipp unter dem Kommando des Oberstleutnants Friedrich von Derfflinger (1663-1724), des Sohnes vom Generalfeldmarschall Georg von Derfflinger. „... Par ma dernière de Luynen sur la Lippe daté du 22 du mois Je me suis donné l‘honneur de vous mander que monsieur Le marchal de Schomberg commanderoit les trouppes et que leur Rendevous estoit vers Duysburg et que pour cet Effect tous les trouppes du pais de la marck [Brandenburg] estois en marche que les 3. Reg:t d‘infanterie savoir celuy du Marggraf Philipp avois ordre de sy rendre avec les 400. hommes tiré de magdebourg. les 400 tiré de minden et les 200. tiré de Lipstat le tout faisont 4600 hommes au plus que le Reg:t de Dorflinger avois déjà passé le 21. décbre au matin à Luynen avec les 400 hommes de Minden ... J‘ay encore pris la liberté de vous marquer que la ville de Dortmund avois reçeu ordre de se pourvoir de pain et de la bière pour 2000 hommes des Lunenbourg mais qu‘on ne scaurois le jour qu‘ils y passeroit. Le même jour je passais la lippe pour m‘en aller à Werne ou un Chemin je pense estre assassiné par trois Cavalliers du Regt. de Span qui avois un peu trop beu de la bierre en quittent leurs hoste ...“. Ferner Vieles über den Prinzen Wilhelm von Oranien, über die kurbrandenburgischen Truppen unter Derfflinger, das Eingreifen dänischer Truppen etc. Erwähnt werden u. a. die Städte Nijmegen, Lünen, Minden, Lüneburg, Köln, Bonn, Mülheim, Paderborn, Halberstadt, Magdeburg und Frankfurt. - Höchst interessante Schilderungen der militärischen Ereignisse im nördlichen Deutschland sowie in Holland im Jahre 1688. - Einige Faltenrisse.
2590 Lüttwitz, Smilo von, dt. Offizier, im II. Weltkrieg General der Panzertruppe, in der Bundeswehr Generalleutnant und Kommandierender General des III. Korps, privat Präsident der Johanniter-Unfallhilfe, Träger des Eisernen Kreuzes II. und I. Klasse, des Ritterkreuzes des EK mit Eichenlaub und Schwertern und diverser weiterer Ehrenzeichen, darunter das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern (1895-1975). 5 eigh. Feldpostbriefe m. U. „Smilo“. Zus ca. 10 S., eng beschrieben (Kopierstift und Tinte). Mit den Umschlägen. Gr. 4to und gr. 8vo. (Ostfront und München) 6.V.1941 15.II.1944. 200 € An seine Frau Maria in Jena. Inhaltsreiche Kriegsbriefe, meist mit vielerlei privaten Nachrichten, Wünschen und Anweisungen, aber auch mit kurzen Berichten von der Front: „... Augenblicklich sind wieder Feindflieger da. Ich habe aber viel Flak hier. Sah vorgestern zu, wie unsere Messerschmitt 3 fdl. Bomber hintereinander brennend abschoß. Ich selber wurde von 3 fdl. Bombern überrascht als ich mich gerade mitten auf der 600 Meter langen Brücke befand. Sie schmissen aber daneben.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte Angenehm war es trotzdem nicht gerade ... Eben wird mir gemeldet, daß unsere Flak ... 2 fdl. Bomber abgeschossen hat, während ich hier schreibe ...“ [30.VIII.1941]. Ferner über seine Eindrücke auf einem Tiefflug in den Alpen und vieles andere an aktuellen Neuigkeiten im WeltkriegsAlltag. - Beiliegend 3 Porträtfotos (neuere Reproduktionen) des Offiziers, davon zwei vor 1945 aufgenommen, eine aus späterer Zeit mit Lüttwitz als Bundeswehr-General.
„eine freundschaftliche Annäherung Frankreichs u. Deutschlands“ 2591* Masaryk, Tomáš Garrigue, tschechischer Philosoph, Soziologe, Schriftsteller und Politiker, erster Staatspräsident der Tschechoslowakei (1850-1937). 2 eigh. Briefe m. U. „T. G. Masaryk“. In deutscher Sprache. Zus. 51/4 S. Mit 1 Umschlag. 4to. Prag 22.VII. und 19.VIII.1932, 450 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg. „... Ich kenne Ihre Werke, weiss darum, dass Sie die Entwicklung nicht nur Ihres Landes, sondern ganz Europas genau beobachten. Ich teile Ihre Endwünsche u. arbeite in diesem Geiste: Wenn Sie das, was Beneš in Genf, Lausanne (u. überall) tut ... prüfen, werden Sie finden, dass wir vor allem eine freundschaftl. Annäherg. Frankreichs u. Deutschlands erwünschen u. anstreben. Ein Staat allein kann Europa nicht führen; der Monarchismus ist auch in dieser Hinsicht überholt, wir brauchen eine demokratische, darum allgemein federative Aussenpolitik. Die Vorkriegsgeneration (DreibundEntente) taugt nicht mehr, wie der Krieg, ich glaube, es bewiesen hat. - Ich sage: allgem. Federation; nun weiss ich wol, dass das demokrat. Prinzip der Mehrheit in der Aussenpolitik den Grossmächten ein gewissen Vorrang einräumt u. darum suche ich nach Kräften auf diese Mächte in dem erwähnten demokrat. Sinne einzuwirken ... Sofern es Oesterreich angeht, haben wir als die ersten unserem Nachbar u. alten Staatsgenossen eine Anleihe gewährt u. dadurch unseren Plan dokumentiert. Ich kann Ihnen nur noch das sagen, dass ich auf alle Weise ein freundschaftl. Verhältnis zu Deutschland zu begründen erstrebe ...“ [22.VII. 1932]. - Der zweite Brief über eine geplante Aussprache mit SchulzeGaevernitz in Prag. - Mit wenigen Rot- und Bleistift-Anstreichungen des Empfängers sowie Büroklammer-Rostspuren. Abbildung
2592* Mecklenburg. - Friedrich Wilhelm, Herzog zu Mecklenburg-Schwerin (1675-1713). Eigh. Brief m. U. „Friedrich Wilhelm“. 6 S. 4to. Schwerin 17.X.1709. 450 € Umfangreicher, wichtiger politischer Brief an einen Fürsten als Antwort auf dessen Brief aus Wolkersdorf (Niederösterreich) vom 6. Oktober: „... ersehe daraus, das Ew. Gn. der beständigen Meinung sein, das dem herrn Graffen [Friedrich Karl] von Schönborn [ab 1705 Reichsvizekanzler] die Commissions Sachen allein in der hand gelaßen werden möchten. Ob ich mich wohl versichern kann, das aus keiner mefiance gegen den herrn Graffen von Schönborn, die Adjunction eines Reichs Fürsten verlange, so sind doch erheblige uhrsachen, so mich wegen der bekanten großen halsstarrigkeit meiner Ritterschaft darzu veranlaßen, will also hoffen, das nicht allein der Graf von Schönborn die Adjunction eines Reichsfürsten gern mit befodern wird, sondern auch Ew. Gn. wenn der Kayserl: hoff die Commission auf dieselbe mit erkennen solte, solche nicht refusiren werden, gestald Ew. Gn. mich da durch höchstens obligiren; Ew. Gn. aber meine Gedancken, dieser wegen völlig zu eröff-
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nen, so gehen dieselbigen dahin, das an Stadt Schweden Ew. Gn., und wann wider Verhoffen sich desfals einiges bedencken finden solte, sodan entweder Sachsen Gota oder Ihr: Königliche: May[es]t[ä]t: von Dennemark, des herrn hertzogs von Wolfenbütel Ln., als welchen ich nebst Schweden anfänglich bekantermaßen in Vorschlag beym Kayserl: Hoffe gebracht habe, Adjungiret werden möchte. Solte aber auch, wie verlauten will, Ihre Kayser: May[es]t[ä]t: auf keinen Reichs Fürsten des Nider Säckschen Creis Directorii und also auch nicht auf Wolfenbütell das Commissorium mit Dirigiren wollen, so sehe ich gerne, das solches entweder nebst Ew. Gn. auf Sachsen Gota oder wan bey Ew. Gn. person einige bedencklichkeit, auf Sacksen Gota und Dennemarck, zugleich, oder auch allein auf einen von diesen mit gerichtet werde, wie woll ich hoc casu Saksen Gota am liebsten hette. Im übrigen werde ich bey der Commission meinen Geheimen Rahts Director von Unferfert gebrauchen, und dem selben noch einen anderen ministrum Adjungiren, wovon man aller Sinceritet versichert sein könne ... PS. Was Ew. Gn. in dero lezten schreiben an Meine Gemahlin ... wegen einer discretion [wohl Geldzuwendung, Bestechung] an einen Gewißen Ort erwähnen, können Ew. Gn. in Meinem nahmen die Versicherung thun, das es auf die benante summa nicht ankommen soll, es mag die bewuste person allein oder conjunctive, die Commission bekommen, wan sie nuhr in der Sache gute Dienste thuet.“ - Kurz gesagt: Friedrich Wilhelm wollte nicht, daß Schönborn allein das Amt des Reichsvizekanzlers verwalten sollte, sondern daß ihm zur Kontrolle ein Reichsfürst (aus dem Hause Schweden, Sachsen-Gotha oder Dänemark) beigegeben werden sollte, um die Ansprüche Norddeutschlands zu sichern. - Leichter Tintendurchschlag. - Aus der Sammlung des Domprobstes Rötger mit dessen Eintragung. Abbildung Seite 98
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Français; ce qui me fait grand plaisir c‘est d‘avoir avec nous le général Jessen, qui parrait très affable; j‘ai u l‘honneur de diner hier avec Le général et le commandant de la frégate ...“. Berichtet weiter, in welchem Schiffsverband sie fahren und auf englische Schiffe warten, „prêt à leur donner la monoie de leur piece“. Am Rand bemerkt er: „je vous prie de me pardonner ce barbouillage. je suis obligé d‘écrire sur le cabestant. nous sommes encombré de monde“. - Die sechs Jahre spätere Katastrophe der „Méduse“ regte bekanntlich den französischen Maler Théo dore Géricault zu seinem weltberühmten Kolossalgemälde „Das Floß der Medusa“ an, das heute im Louvre hängt.
2594 Metternich, Clemens Wenzel Fürst von, österr. Staatsmann, Außenminister und Staatskanzler, prägte die europ. Politik seiner Zeit (1773-1859). Billet m. U. „v. Metternich“. 1/2 S. 4to. Mailand 27.II.1816. 100 € „Dem wegen Nachläßigkeit des Dienstes entlassenen Gouv ts Thürhüter Volpini bewillige ich aus besonderer Rücksicht seiner Dürftigkeit eine Unterstützung von 25 Franken welche demselben aus der Reise Cassa zu bezahlen ist ...“. - Angeheftet eine italienische Anweisung über die Zahlung an Volpini.
2595* - Brief m. U. „Metternich“. In französ. Sprache. 11/2 S. Goldschnitt. 4to. Wien 20.XII.1821. 90 € 2592
An Bord der „Méduse“ Richtung Java 2593 Medusa-Katastrophe. - Desarbre fils, MarineSoldat auf der 1816 vor Westafrika gestrandeten Fregatte „Méduse“, deren Reisende bei den dramatischen Rettungsversuchen auf einem Floß elend umkamen. Eigh. Brief m. U. „Desarbre fils“. 2 S. Doppelblatt mit Adresse und Poststempel. „Du Bord de la Méduse“ 17.XII.1810. 1.500 € „En Rade à St. Lazere“. In recht fehlerhafter Orthographie an Monsieur Sajol, Sekretär beim Herzog von Istrien, gerichteter Reisebericht von Bord eines Schiffes, das sechs Jahre später traurige Weltberühmtheit erlangen sollte durch den Tod von ca. 130 Passagieren: der französischen Fregatte „Méduse“, die mit 400 Personen an Bord, darunter der neue Gouverneur des Senegal, Julien-Désiré Schmaltz, nebst drei weiteren Fregatten nach Westafrika segelte, um in der von England zurückgegebenen Kolonie Senegal Soldaten, Verwaltungsbeamte und Forscher abzusetzen. Als die „Méduse“ auf Grund lief und nur 5 Rettungsboote zur Verfügung standen, ließ der Kapitän ein Floß bauen, das 149 Personen aufnahm und von den Booten an Land gezogen werden sollte. Doch kappte man nach kurzer Zeit die Seile, so daß sich auf dem Floß grauenvolle Szenen abspielten und schließlich Kannibalismus ausbrach. Der Schreiber des vorliegenden Briefes konnte von so etwas noch nichts ahnen. „... je suis définitivement embarqué sur la Frégate la méduse; je crois que nous sommes destiné pour l‘ille de java. l‘on conte quatre mois e demi de travessée. nous atandons que le vent soit favorable pour mètre a la vaile, il parroient que cette ille est abitée en partie par des Hollan dais; ce qui me donne a pansser que les troupes qui sont ne sont point
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An den Grafen von Fiquelmont in Neapel. Empfehlungsschreiben für den Grafen Ludwig von Szecheny und seinen ältesten Sohn, die vom Kaiser die Erlaubnis zu einer Auslandsreise erhalten haben. „... Le nom de Monsieur le Comte de Szecheny, ses qualités personnelles et les services distingués de feu son père lui donnent des titres à être accueilli avec bienveillance par les Missions de Sa Majesté ...“. - Leicht gebräunt; Faltenrisse, leider teils mit Tesafilm repariert.
2596 Roon, Albrecht Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, Heeresreformer und Kriegsminister, Mitarbeiter Bismarcks zur Zeit der Reichsgründung, Ritter des Ordens pour le mérite (1803-1879). Eigh. Brief m. U. „A. v. Roon“. 11/2 S. Gr. 8vo. Köln 29.I.1856. 200 € An den Reimer Verlag in Berlin, wegen der Drucklegung der 10. Auflage von Roons Buch „Anfangsgründe der Erd-, Völker- und Staatenkunde. Ein Leitfaden für Schüler von Gymnasien, Militär- und höheren Bürgerschu len“. Übersendet das Manuskript zur neuen Auflage, „nebst meinem Vorwort, Titel u. Verbesserungen“ und stellt anheim, „in wiefern Sie es für angemessen erachten, mir die betreffenden Bogen der 3. Abth. zur Correctur zuzusenden. Die sehr bunte Correctur vieler Seiten u. die Umarbeitung einzelner Kapitel scheint dies rathsam zu machen. Jeden falls bitte ich so dringend als ergebenst das M. S. aufzubewahren und mir mit der Correctur resp. Aushängebogen zugehen zu lassen, damit ich die Überzeugung gewinne, daß nichts Wesentliches versehen wird. Da einige Erweiterungen des Textes stattfinden mußten, stelle ich anheim, ob Sie nicht vielleicht - um den verlorenen Raum wieder zu gewinnen - die Vorreden zur zweiten bis neunten Aufl. weglassen u. blos die zur ersten u. zehnten abdrucken lassen wollen ...“. - Beiliegend 2 eigh. Billets des Feldmarschalls Helmuth Graf von Moltke (1801-1891): Bedankt sich für ein „schönes Gedicht“ (Berlin 1.II.1867) und erteilt eine Entlastung (Creisau 10.IX.1889).
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Am Tag nach der Kapitulation von Wien 2597* Napoléon I. Bonaparte, Kaiser der Franzosen (1769-1821). Brief m. U. „Napol“. 11/2 S. 4to. Schönbrunn (Wien) 14.V.1809. 800 € Am Tag nach der Kapitulation von Wien an den Kriegsminister Henri Clarke, Herzog von Feltre. Ausführliche Instruktionen zur Aufstockung von Demi-Brigaden auf 1200 und 1600 Mann. „... je vois par l‘état de la place de Paris au 6 mai qu‘il y a beaucoup de troupes disponibles aux dépots et que cependant les deux brigades provisoires de réserve ne sont pas formées, puisque la 3me n‘a que mille hommes et la 4me 600 hes. ordonnez donc que tous les régimens qui doivent fournir à une demi brigade provisoire et qui ont des hommes disponibles y envoyent une Compagnie de plus. En général il est nécessaire que vous prêtez une attention particulière à la formation de ces demi brigades. Je ne sais pourquoi le Duc de Valmy [d. i. Marschall Kellermann] met les Gardes nationales de Strasbourg sous les armes, puis qu‘il y a exprès là de demi brigades provisoires ...“. Befiehlt die 4. Demi-Brigade auf 1200 Mann aufzustocken, die 3. auf 1600 Mann. „... Faites former un corps ainsi, passez en la revue, & faites moi connaître comment ils manoeuvrent. Les autres demi brigades provisoires de Sedan, de Metz, de Strasbourg, de Saint Omer, les deux du Nord je veux être également complettées; mais pour celà it faut que vous donnez des ordres aux dépôts ...“. - Gemäß einer Bleistift-Notiz zeigt der Brief die Handschrift von Napoleons Privatsekretär Baron Claude-François de Méneval (1778-1850), der später in mehreren Memoirenbänden Wichtiges zur Chronik der napoleonischen Ära beitrug. - Frisch erhalten.
2598 - Odeleben, Otto Frhr von, sächs. Offizier, Kartograph und Militärschriftsteller, 1813 Adjutant Napoleons (1777-1833). Eigh. Brief m. U. „Otto Iz. v Odeleben, Oberstleutnant“. 11/2 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. Bautzen 26.IV.1815. 180 € An den Sekretär Richter, Herausgeber der „Sächsischen Rangliste“, in Dresden. „... ersuche ich ganz ergebenst mir, sobald die neue Ancienneté Liste erschienen ist, mir gefälligst ein Exemplar hieher zu schicken ... Der Herr Hauptm. Schmidt vom Generalstab wird den Betrag berichtigen; um es aber portofrei zu erhalten, bitte ich Sie, es an die EtapenDirekzion, im Gouvernements Hauße in Neustadt gefälligst abzugeben. - Bei den ersten Bogen welche bereits gedrukt sind, habe ich mich selbst als ‚Ignaz‘ und nicht, wie ich mich schreibe: Innozenz, oder ‚Innocentius‘ gefunden. Auch in den früheren Listen werden Sie mich so lesen. Da Ew. Hochedlgeb. Berichtigungen gern sehen, so kann ich nicht umhin, ohngeachtet man eher einen heil. Ignatius als einen dito Innocentius hat, Sie darauf aufmerksam zu machen ...“. - Nachdem Odeleben als Rittmeister der sächsischen Armee in der Schlacht bei Jena und Auerstedt kurz in französische Gefangenschaft geraten war und dann den Dienst quittiert hatte, trat er 1812 wieder in den Generalstab ein, nahm am Russlandfeldzug teil und leistete ab März 1813 Napoleon wertvolle Dienste bei der kartographischen Erfassung von Sachsen, so daß er, zum Oberstleutnant befördert, zum Adjutanten Napoleons avancierte und den franz. Nationalorden der Ehrenlegion erhielt. Im Oktober 1813 entlassen, verblieb er in der sächsischen Armee und wurde 1830 Generaladjutant des Königs. - Gebräunt; Randläsuren.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ 2600 Napoléon III., Kaiser der Franzosen (1808-1873). Urkunde m. U. „Napoléon“. Stahlstich auf Pergament mit handschriftlichen Eintragungen. Mit reich illustrierter Bordüre (Wappen, Adler, Orden, Lorbeerkränze, Allegorien von Krieg und Frieden mit Künsten, Technik und Gewerbe etc.). Quer-folio (42 x 51 cm). Paris, Palast der Tuilerien 3.V.1856. 750 € Verleihung der Würde eines Ritters der Ehrenlegion an Armand Pottier, „Enseigne de Vaisseau“, für seine Verdienste um den Staat. - Gegengezeichnet vom Großkanzler und vom Ordens-Sekretär. - Der MarineOffizier Armand François Édouard Pottier (1833-1869 ?) wurde 1867 noch zum Offizier der Ehrenlegion befördert, starb aber wohl schon 1869 auf der Rückreise von Cochinchina. Seine beiden Brüder brachten es zum General bzw. zum Vize-Admiral. - Faltspuren, ansonsten prächtige Pergament-Urkunde, gestochen von Campan, „Dessinateur, Graveur de la Grande Chancellerie de la Légion d‘Honneur“. Abbildung Seite 99
2601 Nassau. - Heinrich, Fürst zu Nassau-Dillenburg (1641-1701). Eigh. Brief m. U. „H F z N“. 2/3 S. Mit papiergedecktem Siegel, Lacksiegel und Adresse. Folio. Schloß Ludwigsbrunn in Dillenburg 3.VI.1698. 300 €
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2599* - Talleyrand, Charles Maurice de, Fürst von Benevent, Herzog von Dino, französ. Staatsmann (1754-1838). Eigh. Unterschrift „“ch mau talleyrand prince de benevent“ auf einer Rechnung des Inspekteurs der kaiserlichen Schloßtheater. 1 S. (Doppelblatt). Folio. Warschau 12.I. 1807. 300 € „Etat de la Somme due à l‘Inspecteur des théâtres des Palais impériaux.“ ... Pour location de Costumes pendant l‘an dix huit cent six à raison de douze francs par mois ci Total 144.- fr.“. Diese Rechnung des Inspekteurs von Napoleons privaten Schloßtheatern wurde am 2. Dezember 1806 in Paris von einem Regierungsbeamten (Innenminister Crétet?) beglaubigt, dann am 6. Dezember 1806 in Mainz vom „Premier Chambellan“ Remusat und am 12. Januar 1807 in Warschau vom „Grand Chambellan“ Talleyrand. Selbst ein so kleiner Rechnungsbetrag mußte von höchsten Würdenträgern abgezeichnet und Talleyrand nach Warschau hinterhergeschickt werden! Dieser hielt sich wohl anläßlich der beabsichtigten Gründung des Herzogtums Warschau in der polnischen Hauptstadt auf.
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Eigenhändig an „Unsern Cammerraht vnd lieben H Johan Henrich Reichman zu Diellenburg“. „Er Soll Unsern Cammerraht, H Johan Jost von Carbach als Ober Stallmeister vnd Cammer Herr, wie auch zu Unsern Obristen Post Meistern von Unsern Orden fürstellen, vnd in Plichten nehmen, vnd ihme deswegen ein Bestallungsbrieff außfertigen, vnd Sein gebührenden respect geben lassen, vnd ihme Sein stand bey den Cavalliren ahnweisen in der Kirche ...“. - Siegel-Ausriss; sonst gut erhalten. Abbildung
2602 Osnabrück. - Johannes von Haren. Lateinische Urkunde. Handschrift auf Pergament. 10,5 x 25 cm. Osnabrück „feria sexta ... post festum ... Gregorii“ (d. i. 14. 3.) 1399. 600 € Der offiziell bestallte Urkundenaussteller der Probstei Osnabrück (im Original stets: osnaburgensis) Johannes von Haren (das heutige Haaren) attestiert dem vor Gericht erschienenen Adolf von Soest, der auch der Priester Petrinelli genannt wird, dass er im Namen seiner Vorfahren und lebenden und verstorbenen Freunde auf vier Joch Ackerland auf dem Feld haller essch (dem heutigen Heller Esch, südwestlich des Heger Tors), das zwischen den Äckern von Johannes Crunyseren (Krüniser?) und Albert Stumm (Stummen) außerhalb des Tores heghe liegt, selbst verzichtet und dieses dem Rektor der Hospitalkapelle der seligen Elisabeth, Everhard Petrinelli, als Schenkung unwiderruflich zur Pflege und zu dauerhaftem Besitz überträgt. Als Zeugen sind anwesend: der Kanoniker der Kirche zu Osnabrück Hermann Petrinelli sowie die Vikare der Kirche Osnabrück, ferner Johannes Nyelant (Neuland), der Rektor der Kapelle St. Georg in Osnabrück, und Henricus Schuremann. „Nos Johannes de haren Officialis prepositure ecclesie Osnaburgensis notum facimus universis et presentibus publice protestamur Quod constitutus eorum nobis in judicio dominus Adolphus de Soest alius dictus petrinello presbiter pure ac simpliciter propter deum et anima-
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rum sue progenitorum et amicorum suorum ac omnium fidelium defunctorum remeditum et salutem dedit cessit donavit ac donatore simplici – irrevocalbiliter assignant oreque et manu libere resignavit Everardo petrinelle Rectori ‚Capelle hospitalis beate Elisabeth extre muros Osnaburgensis quatuor Jugera agrorum in campo dicto haller essch inter agros Johannis dicti Crunyseren et alberti Stummen extra portam in heghe sita prout in literis desuper confectis latius continetur ad usus et utilitatem Rectorum pro tempore dicta Capelle et per dictum Rectorem que fuerit protempore colendo et perpetue possidenda …“. – Ohne das angehängte Siegel; sonst ordentlich erhaltene Urkunde des 14. Jahrhunderts. Hs. Transkription beiliegend. Abbildung
2603 Oven, Ernst von, preuß. Offizier, Divisions- und Armeekorps-Führer im I. Weltkrieg, zuletzt General der Infanterie, Leiter der militär. Operationen gegen die Münchener Räterepublik, Ritter des Ordens Pour le Mérite, Träger des Eisernen Kreuzes II. und I. Klasse sowie weiterer Orden (1859-1945). 5 eigh. Feldpostbriefe m. U. „E.“. Zus. 5 S. (Blei- und Kopierstift). Kl. 4to. (Ost- und Westfront) 15.I.1917 - 7.IX.1918. 180 € An seine Frau in Hannover, mit Berichten von seinem militärischen Alltag sowie Nachrichtenaustausch bezügl. Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs. „... Vorvorgestern war ich nochmals in Wilna ... 8 Stunden Eisenbahnfahrt u. Übernachten ... Gestern auf unabweisbares Drängen zu ergebnisloser Wolfsjagd. Im Anschluß daran Besuch unseres Soldatenheims, wo ... Frau von Werder, Frau v. Waldow ... u. Frl. v. Windheim wirken. Heute Abend gehe ich auf 3 Tage in die vordere Stellung. Die Entfernungen sind so ungeheuer, daß man über Nacht draußen bleiben muß. Der Schnee ist gewachsen, Alles darin eingebettet [15.I.1917] ... Gestern Abend Rückkehr von der Front, erst 2 Uhr nachts zur Ruhe. Heute Pause, mogen wieder auf 2 Tage hinaus. In wenigen Tagen ist fast ohne Frühling der Sommer eingezogen. Drückende Hitze - über 20 0 R. ... Meine alte Division ist in Wilna und tritt demnächst in meinen Abschnitt ... Heute oder morgen geht wieder
eine Nahrungssendung aus Wilna an Dich ab. Schlesinger will versuchen, ob er Seife beifügen kann. Ich glaube nicht, daß es gelingt [31.V.1917] ... Heute geht ein Kistchen an Euch ab: Zucker u. auch ein wenig Butter ... Heute Vormittag war ich, eine Fahrgelegenheit benutzend, in Strassburg, um vom Bekleidungsamt Schuhe u. Hose zu beschaffen, bin sofort zurückgefahren u. will nun nach vorn ...“ [10.IV.1918].
2604 Paul VI., röm. Papst (vorher Kardinal Giovanni Battista Montini) (1897-1963-1978, selig gesprochen). Masch. Brief-Karte m. U. „G. B. Montini“ und Empfehlung. In ital. Sprache. 2 S. Quer-kl. 8vo. Rom, Vatikan, 29.VI.1949. 350 € Hier noch als Substitut im vatikanischen Staatssekretariat an Pasquale Tempesta, mit Dank für dessen gute Wünsche und Blumen zum St. Johannesfest. Betont Tempestas Gefälligkeit und Herzlichkeit in allen Dingen. - Mit gedrucktem Kopf „Mons. Giovanni Battista Montini. Sostituto della Segretaria di Stato di Sua Santità“.
Ulmer Mediziner im Jahr 1690 2605 Pfälzischer Erbfolgekrieg. - Montecuccoli, Leopold Fürst, kaiserlicher Feldmarschall-Leutnant, Sohn des großen Feldmarschalls Raimondo C., Kämmerer, Geheimer Rat und Ritter des Ordens vom Goldenen Vließ, kämpfte mit den Reichstruppen gegen Ludwig XIV. (16631690). Brief m. U. „Leopold Fürst Montecuccoli“, mit Adresse, Lacksiegel und umfangreicher eigh. Nachschrift. 1 S. Folio. Im Feldlager bei Villingen 27.IX.1690. 250 € An den ihm befreundeten Ulmer Stadtarzt Johann Caspar Beuthel (1622-1700), der ihm verschiedene Medikamente geschickt hatte, über deren Wirkung Montecucculi sich sehr erfreut zeigt und sich bedankt, auch vor die nacher Wienn übermachte gallpulfer ... welche alda so wohl vor den Fürst Porzia, alß auch meine Frl: schwester grf: Berckin, wie
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Wohl an einen preußischen Minister oder Gesandten nach dessen Aufenthalt in St. Petersburg. Verschiedene Danksagungen und Mitteilungen. Erwähnt Prinz Carl von Preußen, Zieten und die russischen Politiker Zernischew, Orlow, Nesselrode und Adlerberg sowie Madame Narischkin. - Der mit zahlreichen hohen preußischen und russischen Orden dekorierte General war 1833 nach St. Petersburg kommandiert und der Person des Zaren zugeteilt worden. Im Jahr 1848 war Rauch eines der führenden Mitglieder der Kamarilla um König Friedrich Wilhelm IV. - Etwas geknickt; kleine Faltenrisse.
2607 Recamier, Julie, geb. Bernard, Gattin des Pariser Bankiers Jacques R., Gegnerin Napoleons, lebte teilweise in Coppet bei Mme de Stael und war befreundet mit Chateaubriand, Namensgeberin der „Recamière“ (17771849). Eigh. Brief m. U. „Juliette R.“. 11/4 S. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 8vo. (L‘Abbaye-aux-bois) o. J. 250 € An eine Gräfin Monthin auf Schloß Nacourt bei Magny. Über die Gründe, weshalb sie deren Besuch in Paris verfehlt habe.
2608 Rothschild, Amschel Mayer Freiherr von, Frankfurter Bankier (1773-1755). Brief m. U. „Rothschild“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 4to. (Frankfurt a. M. 1839). 250 €
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Ich mit voriger Post von Ihr berichtet worden, wohl ankhommen seindt ...“. Er solle den Hersteller, den Apotheker Fingerle, von seinem Konto angemessen bezahlen, im übrigen aber versichert sein, daß er Beuthel und seine Ratschläge als entscheidend für seine Gesundheit ansehe. Im unteren Viertel und am Rand folgt eine längere, schwer leserliche eigenhändige Nachschrift des Fürsten, ebenfalls über Medikamente und und ihre Wirkung. - Nachdem Ludwigs XIV. Ansprüche auf die Pfalz (nach Elisabeth Charlottes Tod) abgewiesen worden waren, ließ er ab 1688 durch seine Truppen systematisch die Städte und Dörfer der Pfalz verwüsten und abbrennen, so daß der Kaiser eine größere Allianz von Reichsfürsten zu einem Krieg gegen Frankreich versammelte, in dem auch General Montecuccoli militärische Erfolge erzielte. - Selten, da Leopold Montecuccoli nur 27 Jahre alt wurde. - Kleine Randschäden. Abbildung
2606 Rauch, Friedrich Wilhelm von, preuß. Generalleutnant, Generaladjutant und enger Vertrauter Friedrich Wilhelms IV., preuß. Militärbeauftragter am russ. Hof Nikolaus‘ I. in St. Petersburg (1790-1850). Eigh. Brief m. U. „F v Rauch“. 3 S. Gr. 4to. St. Petersburg 4./16.I.1836. 180 € 102
An den preußischen Kammergerichtsrat Heinrich Leopold von Strampff in Frankfurt, der das Bankhaus Rothschild mit dem Verkauf von Papieren (und Münzen?) beauftragt hatte. Rothschild berichtet über die Kontaktaufnahme mit der Pariser Dependance und über die Unverkäuflichkeit in Deutschland. Sie hätten sich ohne Erfolg bemüht, die Papiere zu realisieren „und werden dafür hier wahrscheinlich keine Käufer finden, da die Stücke ... hier gar nicht üblich sind, vielleicht könnte in London eher der Verkauf bewerkstelligt werden ...“. Am Rand der ausführliche Entwurf der Antwort Strampffs, datiert 14.X.1839. - Strampff, der diverse juristische Schriften veröffentlichte, war 1838 von Berlin nach Frankfurt versetzt worden; 1849 wurde er nach Zwischenstufen in Münster und Naumburg alleiniger Präsident des Berliner Kammergerichts. - Gebräunt.
2609 Russland. - Alexander II. Nikolajewitsch, Kaiser von Russland (1818-1881, ermordet). Urkunde m. U. „Alexander“ und papiergedecktem Siegel. In russ. Sprache. 1 S. Doppelblatt. Folio. O. O. u. J. 450 € Verleihung des Stanislaus-Ordens I. Klasse an den preußischen Infanterie-General und deutschen Botschafter in St. Petersburg, Hans Lothar von Schweinitz; gegengezeichnet vom Hausminister und Ordenskanzler des Zaren, Wladimir Fjodorowitsch Graf Adlerberg (1791-1884). Auf dem 2. (leeren) Blatt die Notiz eines Hamburger Juristen über Inhalt und Provenienz der Urkunde: „... erhalten durch den Untersekundaner Guido v. Schweinitz. Marburg/L. 9.I.1901.“ - Stellenweise gebräunt; kleine Randläsuren. - Der Zar, der trotz autoritärer Herrschaftsvorstellung weitreichende Reformen durchführte (u. a. Abschaffung der Leibeigenschaft), wurde nach mehreren Attentatsversuchen 1881 in St. Petersburg bei einem Bombenanschlag durch zwei Studenten getötet. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2610 Sachsen-Gotha. - Ernst I., gen. „der Fromme“, Herzog zu Sachsen-Gotha-Altenburg, Begründer dieser Linie, als „der Bittersüße“ Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, Erbauer des Schlosses Friedenstein (16011675). Brief m. U. „Ernst H z Sachsen“. 3/4 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Gotha 7.XI. 1644. 300 € An Hans Melchior von Witzleben, der ihn aus dringenden Finanznöten befreien soll. „... Demnach Wier nicht allein wegen beschehener erhöhung der Erffurdtischen Contribution, sondern auch deß neben der heldrungischen forderung nach Meinungen uf eine Compagnie zu Pferd neue assignation gethan worden, deiner Gegenwart mit dier der notturfft nach aus solchen sachen zu deliberiren benötiget, Alß begehren Wier hiermit gnedig, du wollest uf den negst zu kommenden Montag ... bey früer tags Zeit alhier erscheinen, bey unserer Regierung dich deßwegen angeben laßen, und daselbst unserer proposition gewertig seyn ...“. - Ernst I. zählt aufgrund seiner zahlreichen Reformen zu den bedeutenden Herrschern seiner Zeit, im In- und Ausland als solcher anerkannt. Das von ihm errichtete Schloß Friedenstein gehört zu den größten Schloß-Neubauten während des 30jährigen Krieges. Der Adressat, Hans Melchior von Witzleben (1601-1644), residierte im thüringischen Elgersburg und starb noch im Jahr des vorliegenden Briefes. - Gebräunt; sonst ordentlich erhalten.
„unserer armen, alzuviel beschwerten unterthanen“ 2611 Sachsen-Herzöge. - Gemeinschaftsbrief von drei Söhnen des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585-1656): August II., Herzog von Sachsen-Weißenfels (1614-1680), Christian I., Herzog von Sachsen-Merse burg (1615-1691) und Moritz, Herzog von Sachsen-Zeitz (1619-1681). Mit den eigh. Unterschriften „Augustus HzS mpp“, „Christian HzS mpp“ und „Moritz HzS mpp“. 6 S. Mit Adresse und 3 papiergedeckten Siegeln. O. O. 13.I.1668. 450 € An ihren ältesten Bruder, den regierenden Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen (1613-1680). Sie wenden sich gegen den Plan eines „Ausschußtages“, der als aufwendiger Kongreß nur Kosten und Probleme erwarten lasse. „... Also geben E. Ld. Wir selbst zu hocherleuchteten Nachdencken, ob bey so gestalten Dingen, und wegen aufrichtung einer baar Compagnien, die kostbahre Zusammenkunfft des Außschußtages werckstellig zumachen, In dem Unß zumahl der Zustand Unserer armen, und mit übermachten Anlagen bereits alzuviel beschwerten unterthanen, durch tägliche lamentationes und Abgang Unserer Gefälle, handgreiflich bekant, und dahero auch von dem Ausschuß nichts, als Entschuldigungen und difficultäten zuvermuthen, zugeschweigen, daß von dem publico mit einer solchen bestärckung nichts geholffen, noch E. Ld. Cammer- und Hoffweesen zu der lengst erwünschten beßerung, auf solche maße, gerathen kan ...“. Sie bringen Alternativ-Vorschläge ein und ersuchen den Kurfürsten, die ganze Angelegenheit noch einmal gründlich zu überdenken und mit ihnen gemeinsam zu beraten. - Seltene schriftliche Versammlung dreier Herzöge, die mit dem mühevollen Wiederaufbau ihrer seit dem 30jährigen Krieg darniederliegenden Länder zu kämpfen haben. - Gebräunt, siegelfleckig und etwas wasserrandig.
2609
2612* Schacht, Hjalmar, Reichsbankpräsident und Politiker, unter Hitler Reichswirtschaftsminister (18771970). Brief m. U. „Hjalmar Schacht“. 2/3 S. 4to. Gühlen bei Lindow (Mark) 18.X.1932. 150 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg. „... Im Besitze Ihrer freundlichen Zeilen vom 11. ds. Mts. habe ich das Erforderliche getan. Bitte wundern Sie sich nicht, wenn es einige Zeit dauert, da Hitler sowohl als auch Strasser jetzt natürlich mit der Wahlarbeit voll in Anspruch genommen sind. Ich werde Ihnen Nachricht geben, sowie ich selbst unterrichtet bin ...“. - Beiliegend Schulze-Gaevernitz‘ Abschrift von der hier angekündigten Nachricht Schachts, in der es heißt: „... Hierdurch möchte ich Sie nur benachrichtigen, dass Herr Hitler gern bereit ist zu einer Rücksprache, sobald nach der Wahl wieder etwas mehr Ruhe eingetreten ist ... Bitte lassen Sie mich gelegentlich wissen, um welche Zeit Sie etwa die Möglichkeit hätten, in München zu sein ...“. - Darunter hat Schulze-Gaevernitz eigenhändig notiert: „Das Original bei den Personalakten in Schw. Mappe. Ich schrieb darauf an Schacht: ‚ A. H. wird sein Ziel erreichen, wenn er sich selbst treu bleibt.‘ Dieser Brief wurde A. H. vorgelegt (nach Schachts Mitteilung) vor den Wirren Streicher/Strasser.“ - Kleine Spuren von Stecknadel-Heftung.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ „derartige Berufsunfälle“ 2613* Scheidemann, Philipp, sozialdemokr. Politiker, erster Ministerpräsident der Weimarer Republik, rief 1918 von einem Balkon des Reichstags die Republik aus, später Oberbürgermeister von Kassel, emigrierte 1933 (1865-1939). Brief m. U. „Scheidemann“ (Kopierstift). 11/2 S. Gr. 4to. Kassel 23.VI.1922. 250 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg, der ihm Genesungswünsche gesandt hatte, nachdem am 4. Juni auf Scheidemann ein Attentat mit Blausäure verübt worden war. „... Sie dürfen überzeugt sein, daß sich alle meine Freunde und Bekannten über den Anschlag auf mich mehr aufgeregt haben, als ich selber. Da ich seit Jahren auf derartige Berufsunfälle gefaßt sein mußte, habe ich mich immer schon gewundert, daß nicht längst irgend ein verrückter Mensch mich attackiert hat ... Die von Ihnen gewünschte Aussprache über die Zustände an unseren Universitäten wird sich wohl nur gelegentlich in Berlin ermöglichen lassen, da ich abgesehen von meinen Reisen an die Spree kaum irgendwo anders hinkomme ... Für das Päckchen Manola-Zigarren danke ich Ihnen ganz besonders. - Ihr Schwiegervater Hirsch lebt zwar bei uns allen in so guter Erinnerung, daß wir auch oft genug von ihm sprechen ohne besondere Aufmunterung, aber daß nun, wenn ich meinen Angehörigen die noch aus seinem Besitze stammenden Zigarren vorrauche, besonders anregende Unterhaltungen gezeitigt werden, erscheint mir selbstverständlich ...“. - Auch nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident und als Kasseler Oberbürgermeister blieb Scheidemann bis 1933 ein politisch aktives Mitglied des Reichstages. - Mit Büroklammer-Rostspuren und Notiz des Empfängers.
2614 Reiser, Anton, lutherischer Theologe, nach Tätigkeit in Pressburg und Augsburg Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg, zentrale Figur im Hamburger Opernstreit über die Zulässigkeit von Schauspielen (1628-1668). Eigh. Brief m. U. „M. Antonius Reiser, Ecclesiastes ... Posoniensis“. In latein. Sprache. 1 S. Folio. (Pressburg) 16.IV.1664. 450 €
An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg, der sich bereit erklärt hatte, den politisch bedeutsamen Posten eines Leiters der wissenschaftlichen Sektion des „Instituts für geistige Zusammenarbeit“ in Paris zu übernehmen. Stresemann als Reichsaußenminister erkundigt sich nach der Zuverlässigkeit der entsprechenden Zeitungsmeldungen. „... Ich verstehe ... vollkommen, daß Ihnen als einem hervorragenden Vertreter der deutschen Wissenschaft, die in den vergangenen Jahren so zahlreiche Demütigungen und bewußte Kränkungen von Seiten der wissenschaftlichen Organisationen der Ententeländer erfahren hat, der Entschluß zur Annahme des Pariser Amts sehr schwer fällt. Angesichts der Tatsache, daß die Boykottmaßnahmen der in Frage kommenden internationalen Organisationen gegen die deutsche Wissenschaft trotz aller Bemühungen der Neutralen und der einsichtigen Köpfe in den Ententeländern noch immer nicht aufgehoben sind, stellt das Angebot des Völkerbundes ja nicht nur Sie selbst, sondern die gesamte deutsche Wissenschaft vor eine überaus schwierige Frage ... Daß ich persönlich den Entschluß des Völkerbundes insbesondere auch deswegen begrüße, weil darin die Absicht zum Ausdruck kommt, der deutschen Wissenschaft endlich die selbstverständliche internationale Gleichberechtigung wiederzugeben, brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern ... Für den Fall, daß Sie sich zu einer Annahme des Amtes entschließen sollten, werde ich Ihnen für Ihre Reisen nach Paris und Genf gern einen Ministerialpaß zur Verfügung stellen ...“. - Mit Briefkopf „Auswärtiges Amt“ - Etwas geknittert; kleine Stecknadel - und Büroklammer-Rostspuren.
2616* Thadden-Elisabeth von, Erzieherin, Gründerin der heute nach ihr benannten Schule in Wieblingen bei Heidelberg, 1944 vom „Volksgerichtshof“ in Berlin zum Tode verurteilt und hingerichtet (1890-1944). Typoskript m. U. „E. v. Thadden“. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Folio. Schloss Wieblingen 29.IX.1930. 180 €
Wohl an einen Kollegen. Beklagt sich ausführlich über die Zustände in Ungarn, wo Unrecht und Gewalt herrschten, Konflikte mit den Katholiken, Anfeindungen gegen ihn etc. Reiser war 1659 als Pastor nach Pressburg gekommen, mußte aber, wohl auf Betreiben der Jesuiten, 1672 unter kaiserlicher Ungnade die Stadt verlassen und wurde mit Hinrichtung bedroht, was Freunde in Wien verhindern konnten. Später als Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg angestellt, trat Reiser als Wortführer im Kampf der Theologen gegen das 1678 eröffnete Opernhaus am Gänsemarkt in Erscheinung, das erste bürgerliche Opern-Unternehmen in Deutschland. Reisers dagegen gerichtetes, umfängliches polemisches Buch „Theatromania, Oder die Wercke der Finsterniß“ (1681) erregte wesentlich mehr Aufsehen als seine zahlreichen anderen theologischen Veröffentlichungen. - Am linken Rand ungleichmäßig gerissen, mit kleinem Buchstabenverlust. - Von größter Seltenheit.
Rundschreiben an die Eltern und Schülerinnen (hier an „Frau Geheimrat von Schubert & Frl. Tochter in Heidelberg“), mit dem Jahresbericht über das 3. Schuljahr (1.IV.1929 - 1.IV. 1930). Berichtet vom Wiederanstieg der zurückgegangenen Schülerinnenzahl von 23 auf jetzt 37 und die Kosten für die dadurch notwendigen Erweiterungen und Verbesserungen der Einrichtungen („mussten wir für die vermehrte Schülerinnenzahl einen weiteren Dusch- und Waschraum schaffen ... die Frauenschulklasse im Kavalierhaus ist zu fusskalt“, etc.). „... Trotzdem hoffen wir am 1. April 1931 unsere Bankschulden beseitigt zu haben, die am 1. April 1930 noch M 12.500.- betrugen“. - Elisabeth von Thadden war Vertreterin einer christlich geprägten Reformpädagogik, der „Bekennenden Kirche“ nahestehend. Mit dem Vorwurf, die Mädchen würden in stillschweigender Opposition zum nationalsozialistischen Erziehungsleitbild erzogen, wurde Elisabeth von Thadden 1941 vom badischen Staatsministerium die Schulgenehmigung entzogen. 1943 wurden der Gestapo regimekritische Äußerungen der Lehrerin in ihrem privaten Umkreis gemeldet, und nach ihrer Verhaftung wurde am 1. Juli 1944 vom „Volksgerichtshof“ unter Roland Freisler das Todesurteil verkündet. Am 8. Sept. 1944 starb Elisabeth von Thadden unter dem Fallbeil. - Beiliegend ihre Visitenkarte und 4 Zeitungsausschnitte.
2615* Stresemann, Gustav, dt. Politiker und Staatsmann, Reichskanzler und Außenminister, Träger des Friedensnobelpreises (1878-1929), Brief m. U. „Stresemann“. 12/3 S. Folio. Berlin, 30.IX.1925. 300 €
2617* Tirpitz, Alfred von, Großadmiral, Begründer der deutschen Reichskriegsflotte (1849-1930). Brief m. U. „Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ergebenster v. Tirpitz“. 3 S. auf 3 Bl. Gr. 4to. St. Blasien, Baden, 13.IX.1922. 200 €
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________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte Umfangreicher, interessanter Brief an den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor in Freiburg, der ihm seine Schrift „England und Deutschland“ übersandt hatte. Tirpitz geht ausführlich darauf ein und gibt aus seiner Sicht eine Darstellung des U-Boot-Krieges im Weltkrieg und der Reaktionen der beteiligten Mächte. „... Bei Ihren Beweisen über die Verblendung der Militärs 1917 ... sind Ihnen einige Irrtümer untergelaufen ... Ueber die Zweckmässigkeit und die Wirkung unseres U-bootkrieges sprechen und denken unsere Feinde - und diese sollten es doch wissen - anders als Sie. Selbstverständlich haben sie ihre wirkliche Ansicht während des Krieges nicht geäussert. Eine autentische [sic], nicht durch innere politische Interessen beeinflusste Darstellung unseres Ubootkrieges und seiner Bedingungen wird bei uns wohl auch noch einmal kommen und die wünschenswerte Klarheit auch für die Deutschen bringen. Der richtige Zeitpunkt für die Eröffnung des Ubootskrieges war freilich nicht der 1. Februar 1917, sondern lag früher. Trotzdem wirkte der aus Unentschlossenheit so gefährlich verspätete Ubootskrieg noch so stark, dass England im Juli 1917 mürbe geworden war. Damals stand der Ubootskrieg in höchster Wirkung - Juni 1917 eine Million Tonnen! - Erzberger wählte sich gerade diesen Zeitpunkt um zu erklären, der Ubootskrieg hätte versagt ... Die Reichstagsmajorität folgte Erzberger, und der Niedergang Deutschlands war mit der Juliresolution eingeleitet. Wenn man zu einem Verständigungsfrieden gelangen wollte, musste man gerade umgekehrt verfahren ... Die Methode Lloyd Georges war richtig, die des Reichstages falsch. Es spricht Bände, wenn Lord Cecil einem Schweizerischen Oberst im englischen Hauptquartier 1917 von der Unbesiegbarkeit der deutschen Armee gesprochen, jedoch scharfblickend hinzugefügt hat: ‚Aber wir verlassen uns auf den deutschen Reichstag‘ ...“. Tirpitz geht dann auf Wilsons Versprechungen ein, deren Nichteinhaltung die jetzige Misere verursacht hätte. „... Meines Erachtens hätte die Verfassung einer Republik anders aussehen müssen. Trotzdem will ich wünschen, dass die in der Broschüre geäusserten Hoffnungen in Erfüllung gehen ...“. - Schulze-Gaevernitz hat den Brief am Rand mit kritischen Bemerkungen versehen („?? apokryph: Namen nennen!“) und am Schluß das Fazit gezogen: „Klug, aber ohne Beweiskraft!!“. - Spuren von Heftung mit einer Stecknadel.
2618 Wilhelm I., Deutscher Kaiser, König von Preußen (1798-1888). Schriftstück m. U. „Wilhelm“ (hier noch als König von Preußen). 1/2 S. Gr. 4to. Berlin 2.I.1864. 150 € Reskript an den Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Heinrich Friedrich August Graf von Itzenplitz (1799-1883). „... bewillige Ich für jedes der drei jüngsten Kinder des verstorbenen Chaussee-Aufsehers Reinig zu Wittenberg, im Regierungsbezirk Merseburg, ... vom 1. Dezember v. Js. ab bis zu ihrem zurückgelegten 14ten Lebensjahre ein Erziehungsgeld von einem Thaler monatlich, welches aus dem Pensionsfonds für Chaussee-Aufseher und Wärter zu zahlen ist ...“. - Eigenhändig gegengezeichnet vom Handelsminister Itzenplitz.
2620
rufen. Indem Ich Eure Liebden unter Bezugnahme auf die Verordnung vom 12. Okrober 1854 hiervon in Kenntniß setze, lade ich Eure Liebden ein, an gedachtem Tage daselbst zu erscheinen und Ihren Sitz in dem Herrenhause einzunehmen ...“.
2620 - Brief m. U. „Wilhelm“. 2/3 S. Gr. 4to. Berlin 13.III.1887.
300 €
An den preußischen Ordenskanzler. „Ich habe dem Königlich Italienischen Minister des Aeußern, Grafen Nicolis de Robilant, den Schwarzen Adler-Orden verliehen und beauftrage Sie hierdurch, die Insignien durch die General-Ordens-Kommission dem Auswärtigen Amte zur weiteren Veranlassung zugehen zu lassen ...“. . - Gegengezeichnet vom Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck. Abbildung
2619* - Brief m. U. „Wilhelm“. 2/3 S. Gr. 4to. Berlin 4.XI. 1882. 150 €
2621* Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von Preußen (1859-1941). Verfügung m. U. „Wilhelm R.“ 1 S. 4to. Syrakus (Sizilien) 13.IV.1904. 120 €
An den Fürsten zu Sayn-Wittgenstein-Sayn. „... Durch meine Verordnung vom 2. d. Mts. habe ich beide Häuser des Landtages der Monarchie zum 14. d. Mts. in Meine Haupt- und Residenzstadt Berlin einbe-
An den Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. „... ermächtige Ich Sie, den Steinbruchspächter August Rojahn in Sievershausen von dem Vertrage, durch welchen er im Distrikt 1 der Oberförsterei
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Neuhaus im Regierungsbezirk Hildesheim eine Fläche zum Steinbruchbetriebe auf die 6 Jahre ... für ein jährliches Pachtgeld von 300 M angepachtet hat, vom 1 Oktober 1904 ab zu entbinden ...“. - Gegengezeichnet vom preußischen Landwirtschaftsminister Victor von Podbielski (1844-1916). - Mit ungewöhnlicher Absender-Adresse des Schreibens.
2622 Wilhelm, Prinz von Preußen, jüngster Sohn Friedrich Wilhelms II., Kavallerie-General, Generalgouverneur der Rheinprovinzen und Gouverneur der Bundesfestung Mainz (1783-1851). Eigh. Brief m. U. „Wilhelm“. 1 S. Mit gesiegeltem Umschlag. 8vo. Köln 18.IV.1831. 150 € An den Grafen Schaffgotsch. Dankt ihm für einen übersandten Steindruck (wohl ein Porträt). „... Sie haben mir eine gar große Freude damit gemacht, er ist so ähnlich, und ist es mir nun eine doppelte Freude, da ich so weit von Ihnen entfernt bin, [und] dieses Jahr auf die Freude verzichten muß Sie und die liebe Gräfin (der ich mich empfehle) in Warmbrunn zu besuchen. Wir werden ein Landhaus am Rhein beziehen dicht neben General v Natzmer ...“. - In diesem Jahr eröffnete Wilhelm die erste Eisenbahnstrecke auf deutschem Boden, von Hinsbeck durch das Deilbachtal nach Nierenhof.
2623 Wittgenstein, Wilhelm Fürst zu Sayn, preuß. Polizei- und Hausminister, Anhänger Metternichs, berüchtigter Demagogen-Verfolger (1770-1851). 3 eigh. Briefe m. U. „W F z Wittgenstein“. Zus. 4 S. Gr. 4to. Berlin 9.VI. - 20.XI.1832. 150 € An einen Herrn, der ihm politische Aufsätze sendet, die den Fürsten interessieren. „... Es ist mir sehr angenehm, daß Ihr einsichtsvoller Aufsatz abgedruckt ist: an Anfechtungen wird es nicht fehlen und dieses müßen Sie sich nicht zu Gemüth nehmen, sondern im Gegentheil als eine Ehrenvolle Auszeichnung betrachten. Ich bitte mich von allen diesen Anfechtungen in Kenntnis zu setzen; überhaupt werde ich Ihre Mittheilungen immer mit Vergnügen erhalten [9.VI.] ... danke ich vorläufig verbindlichst für den mir gütigst überschickten neuen interessanten Aufsatz, ich behalte mir vor mich über denselben noch näher zu äußern. Auch bin ich Ihnen für die mir gütigst überschickte Abschrift des ersten Aufsatzes recht sehr verbunden [25.VII.] ... Ew. Hochwohlgebohren dürfte es wahrscheinlich intereßiren die Anlagen zu lesen: diese Angelegenheit hat mir auch einige sehr unfreundliche mündliche Bemerkungen zugezogen und ich kann nicht in AbRede stellen, daß mich solche eigentlich recht betrübt ...“ [20.XI.1832]. - Der letzte Brief mit stärkeren Schäden am rechten Rand.
„Verspottung des Heiligen“ 2624 Würzburg. - Onymus, Adam Joseph, Geistlicher, Theologieprofessor und Schriftsteller in Würzburg, dort auch Rektor der Universität (1754-1836). Eigh. Brief m. U. „Onymus“. 31/2 S. Gr. 4to. Würzburg 14.VII.1829. 150 € An einen Reichsfreiherrn, Official und Domkapitular. Ausführlich über die Gegner der Religion, die die Revolution verursacht hätten, und anderes. „... Mit Euer Hochwürden und Gnaden bin ich einverstanden,
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daß die Theologische Zeitschrift des Herrn Benkert viel Nutzen stiften mag, auch geht sie bis nach Rom sogar, und wird dort mit Beyfall gelesen. Ihre Bemerkung ist ganz richtig, das Verderbniß in Frankreich gieng von der Verspottung des Heiligen aus, dadurch wurde der Weg zur Revolution gebahnt; ich habe dießes bey Veranlaßung erst kürzlich unserer Stadtpolizey mit Nachdruck gesagt. Die gelehrten Zeitungen wollen das durchaus nicht gelten lassen, Rousseau, Voltaire, d‘Alembert und die Encyclopädisten sollen durch ihren lauten Spott und Verachtung der Religion überall kein Unheil angestellt haben, und doch gehen unsere Freygeister noch immer mit ihren Schriften darauf aus, die öffentliche Meinung gegen die Religion und ihre Anstalten, und damit auch gegen den Staat zu stimmen ... Ich erinnere mich noch gar wohl, wie die allzugroße Liberalität des Trierischen Hofs und des Ministers von Dumonique uns desto früher die Franzosen feindlich über den Hals gezogen hat; ich weis aber auch, daß der Churfürst ein exemplarisch frommer Oberhirte gewesen ist. Auch von hieraus erging der Befehl an die Seelsorger bey dem Ueberfall ihre Gemeinden nicht zu verlassen. Das hat meinem Schulfreund, dem Pfarrer Merkel zu Karsbach das Leben gekostet, ein Sansculotten Officier hat ihn ohne alle Ursache und Veranlaßung rücklings erstochen. Euer Hochwürden und Gnaden dürfen vom Glücke sagen, daß Sie mitten in dem schrecklichen Sturm der Zeiten so unversehrt erhalten worden sind ... Auch auf meine Wenigkeit hat die Lage von Passau einen großen Eindruck gemacht. Die Lage ist einzig in ihrer Art einer so schönen Stadt zwischen hohen Bergen beym Zusammentreffen zweier großen Ströme gelegen; ich erinnere mich noch mit Vergnügen der herrlichen Lage eines KaffeeHauses am Strande, und überhaupt der schönen Ufergegend ...“. Bittet Grüße an den Bischof von Passau auszurichten. - Etwas gebräunt.
2625 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von, lutherischpietistischer Theologe, Gründer und Bischof der Herrnhuter Brüdergemeine, Dichter zahlreicher Kirchenlieder (1700-1760). Albumblatt m. U. „Zinzendorff“. Quer-gr. 8vo. Herrnhut 27.XI.1735. 300 € „Ich der Arme und so Schmälige / Durchs Erbarmen aber Selige / Wohne so in einer Stadt / Wo man nur zu nehmen hat / Denn der Gaben sind unzählige. - Schriebs zu herzlichem Andenken ein unwürdiger Helffer der Gemeine ...“. Wohl nur die Unterschrift „Zinzendorff“ eigenhändig. - Beiliegend ein großes und ein kleines Kupferstich-Porträt Zinzendorfs (26 x 20 bzw. 16 x 12 cm).
2626 Zweiter Weltkrieg. - Bericht einer Französin von Kämpfen und Rückzug der deutschen Truppen aus Châlons. 51/4 S. Gr. 8vo. Mit Umschlag. Châlons (Marne) 25.IX.1944. 150 € Außerordentlich interessanter, sehr umfangreicher Brief einer Denise Beaugeois aus Châlons an ihren für die Résistance tätigen Vater Raymond in Plomion (Aisne). Die junge Denise schildert in allen Einzelheiten die Kämpfe und Zustände in der Stadt, Bombardement, Brände, Widerstand, deutsche Maßnahmen, die vielfältigen Aktivitäten der „F.F.I.“, schließlich Abzug der Deutschen und Eintreffen der amerikanischen Truppen, Ehrung der Gefallenen, Jubelfeiern, die sich noch verstärken bei der Nachricht von der Befreiung von Paris etc. - Der Umschlag trägt beim Absender die große Aufschrift „France libérée“. - Detailliertes, wertvolles Geschichtsbild aus dem aktuellen Erleben einer unmittelbar Betroffenen. Sehr gut leserlich geschrieben.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
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Römisch-deutsche Kaiser und Erzherzöge in chronologischer Folge 2627* Maximilian I., röm.-dt. Kaiser, „der letzte Ritter“, Vater Philipps des Schönen, Großvater Karls V. (14591519). Urkunde mit der sog. „kleinen Unterschrift“, dem Handzeichen „p[er] reg[em] p[er] s[e]“. Deutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Gr. folio (43 x 41 cm). Füssen (Allgäu) 8.II.1516. 1.200 € Auf Bitten des Erbjägermeisters Christoph von Toppl, dessen Familie seit langem im Fürstentum Österreich mit diesem Amt belehnt war, der aber jetzt ihr letzter männlicher Sproß ist, belehnt der Kaiser nach Toppls Ableben dessen Vetter Christoph von Zintzendorff und seine Nachfahren mit dem Amt des Erbjägermeisters. Mit ausführlicher Darstellung der Pflichten und Privilegien des Amtsinhabers. - Stellenweise leicht braunfleckig, unbedeutende Montagespuren; ohne das angehängte Siegel; Einriss bei der ehem. Siegel-Befestigung alt repariert. Insgesamt ordentlich erhalten. - Selten. Abbildung
2628 - Vogt, Gabriel, Hofkanzleisekretär und einflußreicher Geheimschreiber Maximilians I. Eigh. Billet m. U. „Vogt“. 1 S. Quer-8vo. O. O. 27.IV.1508. 250 € Über einen kaiserlichen Befehl, betreffend den Grafen von Clavenna [Chiavenna] und Serphin di Valtellina. Abbildung Seite 108
2629* Karl V., röm.-dt. Kaiser, als Karl I. König von Spanien (1500-1558). Urkunde m. U. „Carolus“. Lateinische Handschrift auf Pergament. 1 S. Quer-gr. folio. Worms 20V.1545. 600 € Bestätigung einer Schenkung zugunsten eines Waisenhauses in Mailand. - In diesem Jahr war der Reichstag nach Worms einberufen worden. Ohne das angehängte Siegel; Kopfleiste nicht ausgezeichnet; leicht fleckig; die Rückseite der gefalteten Urkunde wie üblich angestaubt.
2630 - Notarielle Kopie eines Wappenbriefes von 1521, einschl. der großen Unterschrift „Carl“. Deutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit kalligraphischer Kopfzeile und mit Wappenmalerei in Rot, Gelb und Grau. Quer-gr. folio. (Brüssel 20.IX.1521) Oldenburg 24.I.1698. 250 € Sorgfältige notarielle Abschrift einer Urkunde Kaiser Karls V., in der dem Edßard Valck, seinen Erben und Brüdern aufgrund ihrer treuen und vielfältigen Dienste für das Haus Burgund das Führen eines Wappens gestattet wird, das hier farbig abgebildet ist und dessen Inhalt in der Urkunde beschrieben wird. Der Kopist von 1698, der kaiserliche Notar Ludwig Megander, kommentiert im unteren Viertel der großen Urkunde die diplomatische Genauigkeit und einige Abweichungen vom Original. - Leichte Verfärbungen durch das Rot des Wappens; sonst dekorative Pergament-Urkunde.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ An den Stadtrichter von Wiener Neustadt. Ausführliche Erneuerung eines Verbots von bestimmten Formen von Pflanzen- und Holzfrevel, durch den die Roßtannen geschädigt würden und „Unnserm Kaiser lichen Lust“ erheblicher Schaden zugefügt werde. Mit ausführlicher Darstellung des Sachverhalts und der angedrohten Strafen bei solch „gewalthättiger Abharbhung der Staudten unnd Vertreibung der Ännten“. - Kleine Heft-Löcher; bei der Adresse der Name des Stadt getilgt.
2634* Ferdinand III., röm.-dt. Kaiser (1608-1657). Brief m. U. „Ferdinandt“ sowie Adresse und papiergedecktem Siegel. 2/3 S. Folio. Wien 23.X.1651. 250 €
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2631* Ferdinand I., röm.-dt. Kaiser, Bruder und Nachfolger Karls V. (1503-1564). Brief m. U. „Ferdinand“ und Adresse. 1/2 S. Gr. 4to. Wien 9.V.1558. 600 € An den Erzbischof von Magdeburg, Markgraf Sigismund von Brandenburg. Akkreditiv für den kaiserlichen Gesandten Hans von Pannwitz. Der Kaiser bittet den Erzbischof, er möge „ernenntem unnserm Truchsässen in seiner werbung und hanndlung gleich uns selbst ditsmals volkhombnen glauben geben Und sich darauf dermassen willfarig vnd gebürlich erzaigen und beweisen, Wie wir unns dessen zu Deiner Lieb unzweiflig versehen. Das wirdet dem heilligen Raich zu mere Rue wollfart und frieden gelangen ...“. - Der Erzbischof bereitete die Einführung der Reformation im Erzstift Magdeburg vor. Am 7. Mai, zwei Tage vorher, hatte der Rat der Stadt eine Verordnung erlassen, die den schon fast durchweg evangelischen Einwohnern verbot, den Gottesdienste in den Kirchen des noch katholisch gesinnten Domkapitels („Abgötterei“) zu besuchen. - Siegelreste und leichte Faltenrisse.
Widersetzlichkeit gegen den Kaiser 2632* Maximilian II., röm.-dt. Kaiser (1527-1576). Brief m. U. „Maximilian“ und Adresse. Wien 19.II.1565. 300 € An Bürgermeister und Rat der Stadt Sprottau (Niederschlesien), die im Streit lag mit Katharina von Schönaich, geb. Stössel, der Witwe des Hauptmanns Georg von Schönaich (1479-1550). Obwohl er die Stadtverwaltung bereits mit Schreiben vom 11. Februar zur Mäßigung ermahnt hatte, sei ihm berichtet worden, „wie das Ir unangesehen unsers an Euch außganngnen bevelhs Eurer Pfanndtfrauwen weilannd Georgen von Schönaichs gelassner Wittib khainen gebürlichen gehorsam laisten, sonnder Euch in allweeg widersezlich verhalten, sollet, welliches unns nit wenig befrembdlich fürkhombt. Unnd ist derowegen unser enntlicher bevelh, das Ir Euch alles schuldigen gehorsambs gegen bemelter Eurer Pfanndtfrawen der Schönaichin wittib, pis zu außtrag der sachen, verhaltet, unnd unns zu annderm Einsehen unnd ernnstlicher straff nit ursach gebet ...“. - Siegelspur; sonst gut erhalten. - Beiliegend ein beschädigter und wasserfleckiger Brief seines Sohnes, Kaiser Rudolf II. (1556-1612), an den Prinzen Wilhelm von Oranien (Schloß Ebersdorf 1578).
2633 Ferdinand II., röm.-dt. Kaiser (1578-1637). Brief m. U. „Ferdinandt“ sowie Adresse und papiergedecktem Siegel. 21/4 S. Folio. Wien 31.III.1629. 250 € 108
An seinen Gesandten in Madrid, Feldmarschall Franz von Carretto, wegen einer Vergünstigung für den Generalwachtmeister Herzog von Bournonville („Burnouill“), „umb seiner Unß erwisnen langwürig, undt dapffern Kriegs diensten willen“. Abbildung
2635 Leopold V., Erzherzog von Österreich, Bruder Kaiser Ferdinands II., Bischof von Passau, aktiver Politiker in den Kämpfen der Gegenreformation (1586-1632). Brief m. U. „Leopoldt“ und Empfehlung. 1 S. Folio. Passau 27.VIII.1614. 150 € An Erzherzog Maximilian III., Bruder Kaiser Rudolfs II., in Innsbruck. Setzt sich für einen Supplikanten ein, wie es die „billichheit“ gebiete. Leicht gebräunt; kleine Randläsuren.
Gegen Schutzzölle und Handelsbeschränkungen 2636 Leopold I., röm.-dt. Kaiser (1640-1705). Edikt m. U. „Leopold“ und papiergedecktem Siegel. 1 S. Quer-gr.folio. Wien 4.III.1666. 250 € Große Proklamation an die in Regensburg versammelten Vertreter der Reichsstände mit der Aufforderung, sich an Artikel 9 des Westfälischen Friedensvertrages zu halten. Viele Landesherren hätten in den letzten Jahren selbstherrlich Zölle eingeführt oder erhöht und Handelsbeschränkungen aller Art geschaffen, die den Bestimmungen des Friedenstraktats widersprächen, den vereinbarten freien Handel und Warenverkehr zunehmend behinderten und der Wirtschaft des Reiches schadeten. Das sei auf dem gegenwärtigen Reichstag zur Sprache gekommen, und der kaiserliche „Principal Commissar“, Erzbischof Guidobaldus von Salzburg, habe sich mit dem Problem befaßt. Die Fürsten werden aufgefordert, sich strikt an die Vorgaben zu halten, Handel und Schiffahrt nicht durch neue Zölle, Gebühren, Auflagen und Beschränkungen zu behindern. Andernfalls müßten sie mit den im Vertrag vorgesehenen „arbitrari straffen“ rechnen. - Faltenrisse unterlegt; sonst gut erhaltenes, wichtiges Edikt zur Wiederbelebung der großenteils noch darniederliegenden Wirtschaft im Reich.
2637* - Brief m. U. „Leopoldus“. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. In latein. Sprache. 11/4 S. Folio. Wien 4.I.1670. 150 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte An Kardinal Sforza Pallavicino, der dem Kaiser seine Dienste angeboten hatte. Dankt ihm für die guten Wünsche zum Jahreswechsel, die er freudig erwidere, voll guter Hoffnung für die Kirche und den Staat. - Leicht stockfleckig.
2638 - Brief m. U. „Leopold“ sowie Adresse und papiergedecktem Siegel. 2 S. Folio. Prag 6.XII.1679. 180 € Reskript an Johann Hugo, Freiherrn von Orsbeck, Kurfürst-Erzbischof von Trier sowie an den Präsidenten des Kammergerichts. Man habe ihm berichtet, daß von dem König von Frankreich die Bildung eines besonderen Appellationsgerichtes im Elsaß angeordnet worden sei, dessen Tätigkeit und Einnahmen gänzlich unabhängig vom kaiserlichen Kammergericht sein sollen. Man habe nun beim Kaiser angefragt, wie man sich bei dieser doppelten Gerichtsbarkeit juristisch und fiskalisch verhalten solle. Leopold antwortet: „... Wie nun diese von obbemelter Cron Frankreich dem Frieden schnur stracks zuwider, vorhabende contraventiones von weith- und gefährlichem Aussehen sindt, dahero Wir nicht ermangelt haben, solches in reiffe deliberation bringen und darauf sobaldt der Sachen Wichtigkeit nach, gebührende Verordnung ergehen zu lassen. Alß wollen Ew: Ld: und Ihr, oberwehnten vorhabenden unbillichen contraventionen, ungeachtet gleich wir zuvor in allem verfahren, Unser und des heyl: Röm: Reichs jurisdiction exerciren und daran sich nichts hindren lassen ...“. - Gegengezeichnet vom Reichsvize kanzler Leopold Wilhelm, Graf zu Königsegg-Rothenfels (1630-1694). - Einrisse alt restauriert; der Siegelbereich fleckig. - Beiliegend ein gestoch. Porträt Leopolds I.
2639 - Brief m. U. „Leopold“ sowie Adresse und papiergedecktem Siegel. 11/2 S. Folio. Augsburg 29.XII.1689. 200 € An Roman Daniel, Abt des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg. Dieser wird zur Teilnahme an den „Solennitäten“ eingeladen, die anläßlich der Kaiserwahl am 18. Januar 1690 und der Krönung von Leopolds (dritter) Gemahlin Eleonore Magdalene am 16. Januar in Augsburg stattfinden sollen. Auch bei den kirchlichen Feierlichkeiten möge er persönlich anwesend sein. - Gegengezeichnet vom Reichsvizekanzler Leopold Wilhelm Grafen zu Königsegg-Rothenfels. - Etwas gebräunt, sonst ordentlich erhalten.
Über angeblich jüdischen Münzbetrug 2640 - Brief m. U. „Leopold“ sowie Adresse und papiergedecktem Siegel. 21/4 S. Folio. Wien 14.IX.1700. 300 € An Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1676-1732), wegen ausgedehnten Münzbetrugs, angeblich begangen von einem Juden namens Moses Benjamin Wolff. Der kaiserliche Reichshofrat Heinrich von Obernitz habe nach Mitteilungen der ihm unterstehenden Münz-Kommission dem Kaiser berichtet, daß „ein gewisser Jud, Moses Beniamin Wolff mit nahmen, geraumer Zeiten nacheinander schädliche Kipperey und zwar in solchem maaß getrieben, daß durch seinen Vorschub und auff verschidene Heckenmüntzen sowohl an Kauf silber aller guten und alten Sorten, auch sogar an Unserer eigenen Kay:n Müntz gethane liferungen, viel geringhaltige Gelder in grossen Summen dem gemeinen weesen zu unheilsamen schaden ausgemüntzt, zuförderst aber mit denselben Unsere Erb Königreiche und Lande
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angefüllt, handel und wandel, beschwernis und confusion, besonders aber eine fast noch immer fürwehrende harte Theuerung verursachet, der Delinquent auch seines Verbrechens notoriert und noch darzu durch viele Zeugschafften ... völlig überführet worden. - Wan Wir nun anbey glaubwürdig vernehmen, daß D:r. Ld:n Hof- und RentCammer erwehnter Jud ein Capital von Vier und Zwanzig Tausend gulden gegen außgestelte Wechsel Scheine, und auff negst kommende Leipziger Michaelis Marckt versicherte widerbezahlung vorgeliehen habe, Und Wir nach erforderung Unsers höchsten Kay:n Ambts, auch zu Unserer eignen- und Unserer Erbkönigreiche und Lande in demnisation solche gelter gestalten sachen nach mit arrest beschlagen zu lassen, vor nöhtig erachten ... Alß gesinnen Wir an D:r Ld:n hiemit gnädigst, Sie wollen von oberwehnten dero Hof- und Renth-Cammer vorgeliehenen- und nunmehr verarrestirten gelter weder dem Juden selbst, noch andern, die sich seinetwegen melden, oder an die er die Wechsel Scheine vielleicht ferner indossirt haben, oder noch indossiren mögte, bis zu Unserer weiteren Verordnung und allenfalls erlangten satisfaction nichts wieder bezahlen, und die ganze Summ bey mehrgedachter D:r Ld:n Hof- und Renth Cammer gleichsamb in deposito beybehalten ...“. - 2 Bl. mit Randschäden an einer Seite und etwas Buchstabenverlust.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Fuhren mit Kriegsmaterial bereits überladen seien und auch der Erzbischof von Salzburg bereits Wagen habe requirieren müssen, benötige der Oberstleutnant Leuthman vom Guido Starhembergischen Regiment, der mit einer Anzahl Rekruten durchzieht und ebenfalls Pulver transportieren soll, die hierfür notwendige Unterstützung durch Wagen und Material. Die Amtsleute mögen also für ausreichend Fahrzeuge und Vorspann sorgen.
2643* - Brief m. U. Joseph mpp“. 13/4 S. Folio. Wien 7.X. 1707. 300 € Kondolenzbrief an Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha, dessen Bruder Johann Wilhelm als kaiserlicher General bei der Belagerung von Toulon am 15. August gefallen war. „... Unß wahr auch dieße nachricht vorhien auß dem Lager selbst, zu unßerem höchsten Leidweesen, zugekommen und thun Wir den frühezeitigen Verlust desto mehr bedauren, als Wir undt das Vatterlandt ob seiner bey dießen und allen actionen bezeigten Lobwürdigen ohngemeinen Tapferkeit undt füglich zugenommener experientz, auch für das gemeine Weesen bezeigter Devotion, noch Viele große dienste zu hoffen gehabt. Nachdem aber dieser Todtfall von göttlicher Verhängnus herrühret; So ist sich damit und zum theyl auch mit dem zu trösten, daß gedachter Printz zu seiner undt deß gesambten Herzogl.n Haußes immerwehrendter Ehr und nachruhm sein leben für das Vatter-Landt so ritterlich auffgeopffert hatt ...“. - Gegengezeichnet von Friedrich Graf von Schönborn. - Leicht stockfleckig; ein Ausriss ausgebessert.
2644 Karl VI., röm.-dt. Kaiser, als Karl III. König von Spanien (1685-1740). Urkunde m. U. „Carolus mpp.“ sowie Siegelrest. In latein. Sprache. 1 S. Imp.-folio (60 x 45 cm). Wien 16.II.1722. 200 €
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Schlesische Biersteuer 2641 - Urkunde m. U. „Leopold“. Deutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit kalligraphischen Kopfzeilen. Quer-imp. folio (76 x 34 cm). Breslau 8.V.1704. 250 € Erneuerung der Verpachtung der „Ober-Biergefäll Einnahmb“ an Johann Franz Preißel in den Fürstentümern Liegnitz und Wohlau nebst fünf weiteren Herrschaften für einen Betrag von 2000 Gulden Rheinisch bei jährlicher Verzinsung von 5 Prozent. - Als Zeichen der Erledigung durchgestrichen; ohne die Plica mit dem angehängten Siegel; Faltspuren mit etwas Abrieb der Schrift; dennoch eindrucksvolle PergamentUrkunde größten Ausmaßes.
2642 Joseph I., röm.-dt. Kaiser (1678-1711). Brief m. U. „Josephus mpp“ sowie Adresse und papiergedecktem Siegel. 11/2 S. Folio. Wien 30.V.1705. 180 € An die Amtsleute und Landschafts-Verordneten des Herzogtums ob der Enns. Für die Versorgung der Armee in Italien habe der Leutnant von Steinberg den Befehl erhalten, den Pulver-Vorrat des Zeughauses in Linz nach Italien zu transportieren. Da die durchkommenden
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Sehr umfangreiche Stellungnahme und Entscheidung in einem ebenso umfangreichen Streit unter ungarischen Adligen. - Einige Einrisse; mehrfach gefaltet.
2645* - Eigh. Randbemerkung m. U. „Carolus“ auf der Rückseite eines an ihn gerichteten ministeriellen Konferenzberichtes, gez. Josephus Koller. In latein. Sprache. 2 S., halbspaltig beschrieben. Folio. Wien 15.IX.1736. 300 € Die eigenhändige Stellungnahme des Kaisers füllt mehr als die Hälfte der zweiten Seite. Er äußert sich zu „Intus denotatae Ministerialis Conferentiae“ über Rechte und Beschränkungen der Evangelischen und Reformierten - „Acatholici“ - in Ungarn. Es handelt sich u. a. um eine Vereidigung des „Supremus Comes Szabdcensis“ und um den Wiederaufbau von Schulen in Miscolc. - Stellenweise etwas gebräunt; kleine Faltenrisse. Abbildung
2646* Karl VII., röm.-dt. Kaiser, vorher Kurfürst von Bayern und König von Böhmen (1697-1745). Brief m. U. „Karl mppria“. 11/4 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Folio. Frankfurt a. M. 3.III.1744. 450 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte Aus dem Frankfurter Exil an die kaiserlichen Räte und die Reichsstände des Odenwald-Kreises. Übersendet Unterlagen zu einer Forderung der Witwe Anna Katharina Starckloff gegenüber dem verstorbenen Johann Albrecht von Berlichingen „in puncto restantes Salarii et Cautionis“. Er sehe die Forderung als vollkommen begründet an und befehle hiermit, die Supplikantin aus der Berlichingenschen Erbmasse zufriedenzustellen, notfalls „authoritate Nostra Caesarea“. - Infolge des für ihn ungünstig verlaufenden österr. Erbfolgekrieges mußte Karl (ursprünglich Karl Albrecht, Kurfürst von Bayern) einen großen Teil seiner nur dreijährigen Regierungszeit als Kaiser ohne Land und bayerische Hausmacht im Frankfurter Exil verbringen.
„Lehr- und Erlernung der Teutschen Sprache“ 2647 Maria Theresia, Kaiserin von Österreich (17171780). Brief m. U. „Maria Theresia“. 1/3 S. Mit Trauerrand. 4to. O. O. 3.XII.1768. 250 € An den Grafen Choteck, dem sie eine Bittschrift nebst Beilagen weiterreicht, „auf daß von Seiten der Kanzley nach Vernehmung der Behörde das nöthige verfüget, auch auf die Lehr- unnd Erlernung der Teutschen Sprache der sorgsame Bedacht genommen werde.“ - Von bleibender Aktualität.
2648 Franz I., röm.-dt. Kaiser, Gemahl Maria Theresias, vorher Herzog von Lothringen und Großherzog von Toskana, Begründer des Hauses Habsburg-Lothringen (17081765). Brief m. U. „Frantz“. 1/2 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Folio. Wien 27.XI.1754. 200 € An den kaiserlichen Kommissar Graf Ludwig zu Hohenlohe-Langenburg wegen einer Erbstreitigkeit im Hause Löwenstein-Wertheim. Etwas gebräunt.
„ein förmliches Complot“ 2649* - Proklamation m. U. „Frantz“ und papiergedecktem Siegel. Deutsche Handschrift auf Papier. 1 S. Mit kalligraphischen Kopfzeilen. Quer-imperial folio (46 x 60 cm). Wien 20.VIII.1759. 600 € Proklamation, betreffend Widersetzlichkeiten der Untertanen derer von Stetten in Mausdorf, Eberbach und Hamhausen. „... daß Uns allergehorsamst angezeiget worden, was maßen ihr euch denen Herrschaftlichen Befehlen ungebührlicher Weiße widersetzet, und bey dem von obrigkeitlichen Amts wegen vorgewesenen Executions-Zwang ein förmliches Complot gemachet, auch euch samt und sonders zusammen rottirt, um denjenigen, der euch oder nur zusammengetriebenes Viehe angreiffen würde, mit Thätlichkeiten abzutreiben, sofort die Herrschaftliche Straf-gebotte im geringsten nicht respectirt hättet.Wann Wir nun dergleichen Unwesen und ohngebührliches Unternehmen, auf keine Weise zu laßen oder gestatten können; als gebieten Wir euch Eingangs ernannten drey Gemeinden ... insgesamt und sonders hierdurch ernst gemeßen: daß ihr euch überhaupt aller Widerspenstigkeit, Thätlichkeiten und Zusammen Rottirens gegen eure Obrigkeit gänzlich enthalten und Unsern kayserlichen gerechtesten Ausspruch ruhig abwarten sollet, damit Wir zu Vorkehrung ernsten Einsehens Uns nicht bewogen finden müssen ...“. - Das ungewöhnliche Ausmaß der papierenen Drohgebärde des Kaisers sollte vielleicht ihre Wirkung verstärken.
2650 Joseph II., röm.-dt. Kaiser (1741-1790). Brief m. U. „Joseph mpp.“ 1/2 S. 4 Bl. mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Folio. Wien 4.V.1764. 250 € An den Landgrafen Konstantin von Hessen-Rheinfels-Rotenburg (1716-1778), der ihm zu der „mittels göttlichen Beystand und einhelliger Stimmen des Churfürstll: Collegii auf Uns glücklich ausgefallenen Wahl eines Römischen König und zukünfftigen Kaysers“ gratuliert hatte. - Die Krönungsfeierlichkeiten beschrieb Goethe in „Dichtung und Wahrheit“.
2651* - Brief m. U. „Joseph“. 11/4 S. 2 Doppelbl. mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Wien 5.XII.1776. 250 € An die Stadt Rothenburg ob der Tauber. Übersendet Unterlagen einer Klageschrift von „Georg Nicolaus Röder und Consorten“, die von den Stadtvätern innerhalb von zwei Monaten geprüft und kommentiert werden sollen, bevor der Kaiser einen Beschluß in der Streitsache verkündet. Wie aus einer Notiz hervorgeht, wurde die Angelegenheit erst zwei Tage vor Ablauf der Frist, am 3. Februar 1777, im Senat beraten. - Bei dem genannten Röder könnte es sich möglicherweise um den gräflich Erbachschen Kabinettssekretär Georg Nicolaus Roeder (17031776) handeln, den Vater des preußischen Generalmajors Heinrich Christoph Dietrich von Röder. - Frisch erhalten.
2652* Leopold II., röm.-dt. Kaiser, regierte nur anderthalb Jahre (1747-1792). Brief m. U. „Leopoldus“ und Empfehlung. In latein. Sprache. 3/4 S. 2 Doppelbl. mit Adresse und Siegel. Folio. Wien 24.I.1791. 200 € An Ferdinand, König beider Sizilien. Akkreditiv für seinen Gesandten Francisco de Ruspoli, Ritter vom Goldenen Vließ. Ferdinand möge ihn freundlich aufnehmen, unterstützen und ihm volles Vertrauen schenken, da er im Namen des Kaisers spreche. Der Kaiser unterzeichnet eigenhändig als „Majestatis Vestrae Bonus Consanguineus et frater Leopoldus mpp.“ - Etwas gebräunt; sonst ordentlich erhalten. - Wegen der kurzen Regierungszeit sind Briefe Leopolds als Kaiser naturgemäß nicht häufig.
2653* Franz II., der letzte römisch-deutsche Kaiser, Schwiegervater Napoleons I. (1768-1835). Anordnung m. U. „Franz mppria“. 1/2 S. 4to. Wien 23.I.1797. 200 € Befehl an den Grafen Franz Josef von Saurau (1760-1835), einen der wichtigsten Berater des Kaisers. „... Der Sohn der Humbrechtischen Eheleute vom Regiment Pellegrini ist sogleich in die bei den Piaristen vorhandene Stiftung abzugeben, und im Falle ein Stiftungsplatz in Erledigung stehe, in solchen zu setzen, Wenn aber das Gegentheil seyn sollte; so werde Ich für diesen Knaben in so lange das betreffende Kostgeld bezahlen lassen, bis ein derlei Stiftungsplatz dort in Erledigung kömmt ...“. - Franz Josef Graf von Saurau hatte nach und nach zahlreiche hohe Regierungsämter inne (Regierungspräsident von Niederösterreich, Gouverneur der Lombardei, Botschafter in Madrid, Leiter der österr. Hofkanzlei); in Wien war er Regierungspräsident, Statthalter und schließlich oberster Kanzler in der Stadtregierung.
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Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________
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2654* - Urkunde m. U. „Franciscus mppria“. Lateinische Handschrift auf Pergament. 151/4 S. Mit ganzseitiger Wappenmalerei in Gold, Silber und mehreren Farben; zudem die ersten beiden Seiten mit den Titeln des Kaisers in Gold und Schwarz. Folio. Grüne Kartonage d. Z. Mit angehängtem prächtigen Wachssiegel (Durchmesser 14 cm) in gedrechselter Holzkapsel an grün-weiß-roten Seidenschnüren. Wien 27.VII.1798. 900 € Adels- und Wappenbestätigung für die Brüder Joseph, Ignaz und Maximilian Kulterer sowie Bestätigung ihres Besitzes Murány. Mit der vollständigen Insertion des vorangegangenen Adelsbriefes Kaiser Josephs II. aus dem Jahre 1782 für deren Vater Joseph Kulterer. - Ohne den üblichen Samt-Einband; sonst frisch erhaltener, schöner Adelsbrief. Abbildung
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Bildende Kunst 2655 Aleotti, Giovanni Battista, ital. Architekt, Bühnenbildner und Ingenieur, Erbauer des Teatro Farnese in Parma (1586-1636). Eigh. Schriftstück m. U. „Gio: Batta Aleotti“. 1/2 S. Quer-gr. 8vo. O. O. 25.VIII.1595. 750 € Anweisung zur Bezahlung eines Schneiders, betreffend Kleidung für Aleotti und seine Tochter. - Aleotti, der den Päpsten seiner Zeit als Wasser- und Festungsbau-Ingenieur sowie als Architekt von Sakralund Profanbauten diente, exzellierte auch in Arbeiten für das Theater. - Rechter Rand und untere Hälfte mit Feuchtigkeitsspuren. - Sehr selten; kein Nachweis auf einer deutschen Auktion seit 1950. Abbildung
nerungen der Bauhäusler zusammen, 1971 erschien sein bekanntestes Buch „Bauhaus und Bauhäusler“. - Josef Albers kam 1920 an das Bauhaus in Weimar, wo er am Vorkurs von Johannes Itten teilnahm. Als dieser 1923 das Bauhaus verließ, leitete Albers den Vorkurs, bevor er zum Werkmeister in der Glasmalereiwerkstatt aufstieg. 1925 wurde Albers von Walter Gropius als Jungmeister an das Bauhaus nach Dessau berufen, 1930 wurde er stellvertretender Direktor. Als 1933 das Bauhaus durch die Nationalsozialisten geschlossen wurde und alle Lehrkräfte entlassen wurden, verließ Albers mit seiner Frau Anni Albers, die am Bauhaus gelernt hatte und kommissarisch nach Gunta Stölzl als Werkmeisterin an der Leitung der Weberei beteiligt war, Deutschland und emigrierte in die USA. - Gelocht.
2656* Bauhaus. - Albers, Josef, Maler, Lehrer am Bauhaus, 1930 stellvertretender Direktor (1888-1976). Eigh. Brief m. U. „Josef Albers“. 2/3 S. Mit eigh. Umschlag. Quer-kl. 4to. New Haven (Conn.) 28.IV.1965. 150 €
2657* - Bayer, Herbert, Fotograf und Designer, Lehrer am Bauhaus (1900-1985). Eigh. Brief m. U. „yours Bayer“ auf der Rückseite einer kartonierten, farbig getönten Foto-Collage. 1/2 S. 4to. (Montecito, Kalifornien, ca. 1984/ 1985). 250 €
An Eckhard Neumann in Frankfurt am Main, wegen seiner Beteiligung an dessen Veröffentlichung „Bauhaus und Bauhäusler“: „... Beiliegend zwei kleine ‚statements‘ die Sie gebrauchen können. Wenn nicht beide, dann wäre mir II am wichtigsten vielleicht ohne die 2 letzten Sätze, als Sonderpost etwas mehr ...“. - Neumann, der in den 50er Jahren in Dessau und Ulm studierte hatte, trug seit Mitte der 60er Jahre durch Ausstellungen und Publikationen zur Wiederentdeckung des Bauhauses bei. 1964 stellte er für den Katalog „Bauhaus - Idee - Form - Zweck - Zeit“ Erin-
Weihnachtsgrüße an den Bauhaus-Biographen Eckhard Neumann in Frankfurt am Main. „... many thanks for your book and your kind inscription. I look forward to read the book over the holy days. Have just return ed from Chicago again, but hope to soon send you the fotos ...“. - Rückseitig eine zweifarbig gedruckte Collage mit dem Text: „merry christmas and happy new year herbert and joella bayer“. - 1986 gab Neumann den Ausstellungskatalog „Kunst und Design in Amerika 1938-1985“ heraus, der mit Fotos von Herbert Bayer illustriert war.
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2658 - Feininger, Lyonel, dt.-amerikan. Maler und Graphiker, Meister am Bauhaus (1871-1956). - Julia Feininger, Lyonels Ehefrau (1880-1970). Konvolut von 5 eigh. Karten und 2 masch. Briefen m. U., davon 1 Karte auch mit eigh. Gruß von Lyonel Feininger, sowie mit 2 Umschlägen. Mit 2 Orig.-Holzschnitten von L. Feininger als Briefköpfe. Zus. ca. 8 S. 4to und 8vo. New York 1937- ca. 1958. 700 € An das Kunsthistoriker-Ehepaar Wilhelm und Margarete Köhler in Belmont (Mass., USA). Julia Feininger berichtet ausführlich über ihre Familie, wobei auch von „Leo“ (Lyonel) die Rede ist. Die beiden Orig.Holzschnitte Lyonel Feiningers (1 montiert) zeigen eine Kirche mit Stern (1928; Prasse W 261) bzw. eine Kirche mit Haus und Baum (1936; Prasse W 290, Zustand 4; selten!). - Dabei: 12 eigh. Briefe und 1 eigh. Karte von Margarete Köhler an Julia Feininger. 1957-1963 (die Karte von 1950). - Über die Bedeutung Wilhelm Köhlers für die deutsche und amerikanische kunsthistorische Forschung vgl. Nr 3075 unserer 65. Auktion. Abbildung
2659* - Finsterlin, Hermann, Architekturvisionär, Designer, Maler, Dichter, Essayist und Komponist, 1919 Mitbegründer der „Gläsernen Kette“, noch 1933 ans Bauhaus berufen (1887-1973). 2 eigh. Briefe m. U. „Finsterlin“. Zus. 3 S. Gr. 8vo. Seefeld (Tirol) 26.V. - 4.VII.1964. 450 € An den Münchener Journalisten Wolfgang von Weber, mit der Bitte um Entschuldigung für die harsche Kritik an Webers Rezension der
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Ausstellung „60 Jahre Finsterlin. Querschnitt durch sein Schaffen“, die am 8. Mai 1964 in München eröffnet worden war, mit zahlreichen, hier beiliegenden Geschenken zur Wiedergutmachtung: „... Ihre fdl. Besprechung war abgesehen von den, neulich erwähnten Fehlurteilen, an denen ich ja selbst die Schuld trug, in der Grundstimmung doch so positiv und wohlwollend, dass ich Ihnen, auch als dem einzigen interessierten Experten der wirklich sehr seltsamen Münchner Kunstpresse, nicht nur mit Worten danken möchte. Da ich es bei aller bewiesenen Sympathie doch etwas schwierig finde, Ihnen mit einer Arbeit Freude zu machen, (was natürlich immer noch nachgeholt werden kann) - darf ich Sie wohl bitten, das beiliegende, neutrale, bescheidene Geschenk freundlich zu empfangen, und meine, vielleicht verständliche Reaction auf die kl. Missverständnisse zu verzeihen ...“. - Im zweiten Brief vom 4. Juli schickt Finsterlin abermals Freundesgaben: „... das im [Ausstellungs-] Katalog (den Sie wohl besitzen?) vergessene Vorwort, - auch die eigentlich recht gute Ansprache von Hasinger, - noch eine der besten Rezensionen von früher, und - als vielleicht ganz interessanten Gegenpol zu München ein Echo meines alten Freundes, Astrologen und Malers Steiner aus Californien ...“. - Alle genannten Abschriften, das Vorwort sowie der Katalog einer Berliner Finsterlin-Ausstellung (das im ersten Brief erwähnte „neutrale, bescheidene Geschenk“) liegen hier bei. - Finsterlin war ein Wanderer zwischen den ästhetischen Welten und künstlerischen Stilen, der in seinen, meist nie realisierten, architektonischen Entwürfen sich als seiner Zeit weit voraus erwies. Nach der Begründung einer freien Künstlergruppe in Schwabing wandte er sich um 1918, wohl unter dem Einfluss der Anthroposophie, mythologischen und märchenhaften Themen zu, aus intensiver Nietzsche-Lektüre entstand ein „Zarathustra“-Aquarell. 1919 forderte ihn Walter Gropius auf, in einer Ausstellung die Entwürfe seiner „Traumhäuser“ vorzustellen, im selben Jahr wurde er Mitglied der Gläsernen Kette. 1921 entwarf er das „Stilspiel“ für Architekten und einen „Baukasten für Zukunfts-Stil“, bevor er 1926 nach Stuttgart zog, wo die Kinder die dortige Waldorfschule besuchten. 1930 Vorträge am Bauhaus in Dessau, dann Dekorationen für das Stuttgarter Künstlerfest „Spuk“ und die Erste International Kunstausstellung, Wand- und Deckengemälde in Bad Mergentheim, Schömberg und auf Mallorca. Intensive Kontakte zu Erich Mendelsohn, Bruno und Max Taut, Walter Gropius und den Amigos de Gaudí. Finsterlins Plan, das Olympia-Gelände in München 1972 zu gestalten, wurde nicht verwirklicht. - Vgl. Reinhard Döhl, Hermann Finsterlin. Eine Annäherung, Stuttgart 1988.
2660* - Klee, Paul, Maler und Graphiker, Hauptmeister der abstrakten Kunst, Bauhaus-Lehrer (1879-1940). Eigh. Brief m. U. „Ihr Klee“. 1 S. Gr. 4to. Bern 21.VII.1934. 2.800 € An den Basler Sammler Richard Doetsch-Benziger (1877-1958): „... Ich danke Ihnen sehr für Ihre freundlichen Zeilen und bestätige Ihnen den Empfang der inliegenden fünfhundert Schweizerfranken. Wie Schade dass Sie noch nicht Gelegenheit fanden, mich zu besuchen. Jetzt würde Ihr Besuch für Sie noch interessanter ausfallen, da ich nun eine kleine Wohnung mit meinen Sachen aus Deutschland einrichten konnte, mit einer grossen Reihe von Bildern und sehr vielen Aquarellen. Mit herzlichem Gruss und in Erwartung der baldigen Ankündigung Ihres Kommens ... beste Empfehlungen auch von meiner Frau“. - Aus der Zeit kurz nach Klees Rückkehr in die Schweiz. Nach der Entlassung in Düsseldorf durch die Nationalsozialisten waren Paul und Lilly Klee an Heiligabend 1933 in Bern eingetroffen und zunächst in Klees Elternhaus untergekommen. Am 1. Juni konnte das Paar dann die erwähnte Dreizimmerwohnung am Kistlerweg 6 beziehen. - Wohlerhalten. Abbildung
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst 2661 Bause, Johann Friedrich, Kupferstecher, Lehrer an der Leipziger Akademie, einer der besten dt. Porträtstecher des 18. Jhdts (1738-1814). Eigh. Billet m. U. „Bause“. 1 /2 S. Quer-8vo. (Leipzig, 30.I.1777). 250 € Wohl an einen Buchhändler. „Sollten Sie mein werthester Freund von den 5 Praenum. Scheinen womit ich Sie beschwert habe, keinen Gebrauch haben machen können, so will ich mir selbige gütigst zurük erbitten, ingl. bitte ich mir aus: Les Jeux de la petite Thalie, par M. de Moissy à Berlin chez Himburg, solches mir notiren und den Preiß bestimmen zu laßen. Bause“. - Die sehr erfolgreiche französische Sammlung von Spieltexten für Kindertheater von Alexandre de Boissy war in Deutschland erstmals 1770 bei Himburg in Berlin erschienen. - Mit rückseitigem Empfangsvermerk.
2662 Behmer, Marcus, Graphiker, Illustrator und Buchgestalter (1879-1958). Konvolut von 2 eigh. Briefen und 3 eigh. Postkarten m. U. „MB“. Zus. ca. 6 S., eng beschrieben. Gr. 8vo und quer-8vo. Berlin-Charlottenburg 28.VI. 10.XII.1951. 600 €
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An den ihm befreundeten Rudolf Springer, Inhaber einer renommierten Galerie im Berliner „Maison de France“ am Kurfürstendamm. Ausführlich und mit teils bitterer Ironie über eine Behmer-Ausstellung und sein nicht ganz konfliktfreies wirtschaftliches Verhältnis zu Springer. „... Selbstverständlich würde ich, möchte ich - allein auch schon aus Freundschaft für Heinz T. - an der Eröffnungs-Feier seiner Ausstellung teilnehmen. Noch aber kann ich nicht voraussehen, ob mein leidender Leibes-, Geistes- und Seelen-Zustand ... mir eine so unsäglich anstrengende, so teuflisch-unheimlich-nokturne Expedition erlauben wird. (Fein gekleidet könnte ich keinesfalls erscheinen - in der so feinen Maison de France) ...“ [28.VI.1951]. Im September beklagt er sich über Probleme der Finanzierung einer geplanten Behmer-Ausstellung und über nicht gehaltene Zusagen Springers: „... Als Du dann am Sonntag bei Marceau ... auf meine Frage ... nicht zu sprechen kamst, war ich - wie Du verstehen wirst - ein bißchen (oder ziemlich) traurig. Später sagte ich mir dann aber, Du habest, als Du mich in der Tribüne sahst, mit meiner Freundin, daraus vielleicht den Schluß gezogen, daß meine schwere Geld-Not wohl ‚irgendwie‘ behoben sei, und unsere Korrespondenz über den eventuellen Ankauf eines Blattes also - mindestens für den Augenblick - gegenstandslos. (Denn, daß meine Freundin mich von ihren durch Hungern ersparten Groschen zu Marceau 2662
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ De Chirico und die Fälscher 2663* Chirico, Giorgio de, italienischer Maler, entwickelte die „Pittura metafisica“ (1888-1978). Eigh. Brief mit U. „Giorgio de Chirico“. In deutscher Sprache. 12/3 S. 4to. Rom 28.III.1956. 1.200 € In deutscher Sprache an einen Herrn : „... Ich sende Ihnen zurück die Photo von dem einzigen Bild welches echt ist. Die drei ‚metaphysischen‘ sind alle drei falsche Bilder, die wahrscheinlich aus Paris kommen. - Ich muss die photos von den falschen Bildern behalten und bitte Sie mir Namen und Adresse schreiben von dem, oder diejenigen die Ihnen die Falsche Bilder angeboten haben. - Jetzt ich bleibe hier, bis Juni. Ich habe manche metaphysische Bilder, wenn Sie kaufen wollen; nur ich muss Ihnen sagen dass die Autentik die Ich hinter dass Bild schreibe ist dass Ich das Bild gemalt habe und mein Namen ist von meiner Hand geschrieben. Wenn jemand mir fragt in welchem Jahr ich dass Bild gemalt habe dann antworte ich dass ein Bild ist ein Kunstwerk und nicht ein Briefmark ...“. - Chirico gilt als einer der meistgefälschten Künstler des 20. Jahrhunderts. Er war dafür berühmt, dass er Bilder von sich in Museen regelmässig als Fälschungen disqualifizierte. Ab 1911 hatte er seine „pittura metafisica“ entwickelt und später mit den Versatzstücken von einst „neometaphysische“ Bilder gemalt. So kopierte er auch Erfolgsstücke der frühen Jahre, etwa „Piazza d‘Italia“, bis zu 400 Mal. Sie seien „sehr gefragt, gut bezahlt, warum sollte ich sie nicht neu malen?“, soll er gesagt haben. - Rückseitig kleine Montagespur. Abbildung
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2664 Chodowiecki, Daniel, Berliner Zeichner und Radierer, Meister der Darstellung des bürgerlichen Rokoko (1726-1801). 3 eigh. Briefe m. U. „Daniel Chodowiecki“ bzw. „D Chodowiecki“. Zus. 5 S. 8vo. Berlin 1794-1795. 1.500 €
mitnahm, - das konntest Du freilich unmöglich wissen [26.IX.1951] ... Als bescheidenes Zeichen meiner großen Dankbarkeit dafür, daß Du gewagt hast, Dich durch meine Ausstellung zu kompromittieren (und zu ruinieren), schenke ich Dir hiermit ausdrücklich und unwiderruflich das kleine Selbstportrait, das Du schätzest und gerne haben wolltest. - Mme und Mr. Jean Coupy (Paris Bar), zu denen mich gestern Abend der Hunger trieb, gaben mir, Gott sei Dank, auf Pump zu essen (inkl. 8 Zigaretten u. ein Tel.-Gespräch). - Zur eventuellen Fortsetzung unserer unterbrochenen Korea-Waffenstillstands-Preise-FortsetzungsHalsabschneiderei-Verhandlungen werde ich mir erlauben, an- oder unangemeldet zu Dir zu kommen, sobald es mir gelungen sein wird, das Geld für die Hin- (und auch die Rück-!!) Fahrt aufzutreiben. - Wie gut, daß meine Sachen bei Dir und nicht bei mir sind: vor 40 Jahren verbrannte ich - an einem Sonntag Mittag, völlig nüchtern im Grunewald wohnend, über der Flamme des Gasherdes sämtliche Originalzeichnungen zu Balzac‘s ‚Mädchen mit den Goldaugen‘ (Insel-Verlag 1905). Nur je zwei gegenüberliegende Ecken jedes Blattes ließ ich unverkohlt (jeweils mit meiner Signatur), u. schickte diese Reste mit der PapierAsche an Anton Kippenberg (nach Leipzig), der erst geschrieben hatte, er wolle diese Originale kaufen, dann aber, als ich sie ihm persönlich nach Leipzig brachte, den Ankauf ablehnte. - Über die Asche hat er sich riesig gefreut ... u. mir entsprechend geschrieben. - Wertlose Dinge (75.- DMW) gehören verbrannt! ...“ [23.X.1951]. - Aufschlußreiche Einblicke in die immer schwierige, im Alter jedoch besonders prekäre Lebenssituation und wirtschaftliche Lage des Künstlers in Berlin.
Hübsche Briefe des greisen Künstlers an seine kleine Enkelin Jeanette. „... Ich danke Dir für Deinen kleinen Brief und wünsche von Herzen daß die Electricitaet dem Heinrich wohl bekommen möge, und gratulire Amalien zu ihren rothen Backen und Euch allen zu der alten Kinderfrau, aber dafür daß sie die Amalie beßer wartet müst Ihr auch alle recht gut gegen sie seyn. Für Heinrich seine Bilder danke ich ihm, und daß er in die Schule geht, ist gut, da wird er ein gelehrter Mann werden. Manon und Lucie bin ich recht gut und mach an Deine Mama viel Komplimente, nun ist dieser Brief beantwortet. Am Freytag war ich in Potsdam da hab ich die kleine Minette gesehen die hatte hübsche rothe Backen, und der kleine Paul ist recht dick und fett und recht gut ...“. Ein anderer Potsdamer lasse sie grüßen und bestellen, „Du solst ihn kommen besuchen, und ihm Kuchen mit bringen ...“. - Am 3. Juni 1794 beklagt sich der Künstler, daß ein Paket ihres Vaters keinen Brief von ihr enthalten habe und daß sie so lange nichts habe von sich hören lassen. „... Heute fangt es an wieder schön Wetter zu werden und die Zeit rückt heran daß Du wirst nach Berlin kommen dann werden wir wieder zusamen Studiren vielleicht auch spatziren gehen. Lebe unterdessen wohl und sey recht fleißig damit Du Ehre einlegen kannst ...“. - Auch im Brief vom 20. Februar 1795 ist von einem Besuch Jeanettes in Berlin die Rede: „... daß Du Dich freuest bald nach Berlin zu kommen, das freuet mich auch. Daß Du die Windpocken gehabt hast hab ich schon gehört und es ist mir lieb daß Du sie glücklich überstanden hast, aber das thut mir sehr leid daß der arme kleine Karl eine große Beule am Halse hatt ... Wenn Du wirst her kommen, so werd ich Dir den Meßingenen Vogel Bauer schencken. Die Vogel haben mir recht gut
Abbildung Seite 115
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____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst geschmeckt, ich wollte es wären Enten oder Gänse, Kalekutsche Hüner oder sonst so waß gewesen, wovon man größere Stücken beißen kann denn ich habe jetzt einen großen Apetit ...“. - Dieser dritte Brief etwas stock- und wasserfleckig; sonst ordentlich erhalten. Abbildung
2665* Dix, Otto, Maler und Graphiker (1891-1969). Eigh. Brief m. U. „Otto Dix“. 1 S. Gr. 4to. O. O. (ca 10.IV.1936). 300 € An die Galerie Schaller in Stuttgart. „... Anbei 2 Photos von Bildern mit dem Hohentwiel. Beide Bilder sind in Privatbesitz, es ist mir also leider nicht möglich dieselben zu schicken. Frl. Dr. Weidler in Berlin wird Ihnen noch ein Photo eines neuen Bildes mit Hohentwiel schicken auch dieses kann ich Ihnen nicht senden da es noch naß ist ...“. - Mit Eingangsstempel „11. Apr. 1936“ sowie Bleistifteintragung „abschreiben! zu Original“. - Gelocht. - Dix-Briefe aus der Vorkriegszeit sind selten. Abbildung Seite 118
2666* - Eigh. Brief m. U. „Otto Dix“. 3/4 S. Gr. 4to. O. O. 10.VI.1951. 220 € An die Galerie Schaller in Stuttgart. „... Ich bin gern bereit im Oktober bei Ihnen auszustellen. Falls ich nicht so viele Pastelle habe könnte man noch farbige Lithos dazunehmen. Ich muß jetzt einige Zeit verreisen...“. - Dix war mit Ilse Schaller, der 1899 geborenen Tochter des Stuttgarter Kunsthändlers Hans Otto Schaller und Ehefrau Walter Ostermayers bekannt. - Eingangsstempel „13. Juni 1951“; gelocht.
2667* - Eigh. Brief m. U. „Otto Dix“. 1/2 S. Gr. 4to. O. O. 17.V.1958. 220 € An die Galerie Schaller in Stuttgart. „... Es wäre gut wenn Sie vorher noch mal anrufen würden ... daß ich auch gewiß zu Hause bin. Ich bin gern bereit Grafik bei Ihnen auszustellen ...“. - Mit Eingangsstempel „21. Mai 1958“; gelocht.
2668* - 2 eigh. Briefe m. U. „Otto Dix“. Zus. 11/2 S. Gr. 4to. Collonges (Rhône) 5.VIII.1958 bzw. O. O. 27.IV.1959. 400 € Der erste Brief an die Galerie Schaller in Stuttgart. „... Wenn Herr Dr. Zluhan kommen will muß er zwischen dem 26. und 30 August kommen. Am I Spt. verreise ich nach Dresden ...“. - Der zweite Brief ist direkt an Dr. Zluhan gerichtet. „... Besten Dank für das Geld. Anbei übersende ich Ihnen die Lithographie Christus 56 Sie kostet Brutto 100 DM ...“. - Beide Briefe gelocht und mit Eingangsstempeln.
2669 Felixmüller, Conrad, Maler und Graphiker (18971977). 1 eigh. Brief und 1 eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „Conrad Felixmüller“. Zus. 2 S. Mit 3 eigh. Briefumschlägen. Wyk auf Föhr 15.VII.1972 und Berlin 10.III.1973. 350 € An Prof. Dr. W. Henn. Auf der Karte erwähnt er seine Ausstellung in Kaiserslautern, und im Brief von 1973 schreibt der Künstler: „... Ihr
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Brief mit dem intzeressanten Katalog der Slg. Nell Walden hat uns sehr erfreut ... 1915 war ich das erstemal bei Walden‘s [sic] - ich hatte das Glück, dass er sofort mitgebrachte Zeichnungen u. Holzschnitte kaufte - für 300.-, das war ein schönes Geld damals!! Und er brachte im STURM nicht nur einen Holzschnitt im Abdruck vom Originalstock, sondern arrangierte im ‚Sturm‘ eine mit Feininger bestrittene Collek tivausstellung. 1916 - Katalog habe ich noch! Den ersten Tag nahmen Waldens mich mit zum gemeinsamen Mittagessen in ‚Kempinskis Weinstuben‘ dazu die Maler-Ehepaare Isaak Grünewald u. ? Namen vergessen, die als Schweden! von Paris über die Schweiz nach Berlin kamen ...“. - Mehrere Beilagen: Eine Ausstellungs-Einladung des Vereins Berliner Künstler mit Orig.-Holzschnitt von Felixmüller (Selbstbildnis lesend mit Voltaire-Büste, während es im Hintergrund gewittert und brennt, 1973). - Eine weitere Einladung zu einer Felixmüller-Ausstellung. - Eine eigh. Postkarte von Londa Felixmüller (1973). - Ein eigh. Brief des konstruktivistischen Malers und Bildhauers Hermann Glöckner (2 S., Dresden 1.III.1982. Mit Umschlag). - 2 eigh. Briefe des expressionistischen Malers Carl Rabus (zus. 4 S., 1948 und 1978). - 1 masch. Brief des Architekten Egon Eiermann (1962).
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ den, die meine ich daß wird mir so sehr verbunden Ihnen sehr tief abzudancken ...“. - 2 kleine Faltenrisse alt restauriert. - Aus der Sammlung Künzel. - Beiliegend die Kopie einer gestochenen Darstellung des Obelisken auf dem Lilienstein aus der Zeit um 1830 sowie ein neuerer Artikel zu einer Ausstellung über „die Symbiose von Briefen und Zeichnungen“. Abbildung
2671* Gulbransson, Olaf, norweg. Zeichner und Maler, genialer Karikaturist, lebte in und bei München als Hauptmitarbeiter des „Simplicissimus“ (1873-1958). Eigh. Brief mit Bleistiftzeichnung u. U. „Olaf Gulbransson“. 3/4 S. (Bleistift). Gr. 4to. (Tegernsee) o. J. 250 € Wohl an den Verleger Spemann, der von Gulbransson porträtiert werden möchte. „Ich bin jeden Tag - oder sagen wir - meistens zu Hause. Wäre es nicht am besten - Sie nehmen ein schönen Tag unter dem Arm, und kommen hinaus ... ‚Der Preis‘ - für Ihren Kopf wäre in gesetstem Fall: 1000 M.“ - Die Zeichnung zeigt den Künstler von oben, jemandem (wohl einer Dame) die Hand küssend. Abbildung
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2670 Graff, Anton, der bedeutendste dt. Bildnismaler des 18. Jhdts (1736-1813). Eigh. Bleistiftzeichnung, signiert „A Graff del“. 16,2 x 9,9 cm. Doppelblatt, auch das 2. Blatt mit 2 Bleistift-Skizzen. O. O. 27.VIII.1766. 900 € Zeichnung des Obelisken auf dem Lilienstein bei Pirna, der errichtet wurde zur Erinnerung an die Besteigung des Berges durch den sächsischen Kurfürsten und polnischen König August den Starken im Jahre 1708. Der Monarch ließ damals Stufen in den Fels hauen, um den Aufstieg zu erleichtern. Die Beschriftung des Denkmals ist in der Zeichnung angedeutet, und in derselben Schrift steht links unten auf dem Blatt: „AGraff del d 27 August 1766“. Eine andere Hand hat oben rechts mit Tinte vermerkt: „Das Monument steht in Dresden 1766 abgezeichnet v Graff.“ - Seite 3 des Doppelblattes enthält eine Bleistiftskizze zum Sockel des Obelisken auf dem Felsen sowie eine Baumstudie. - Dabei: Johann Baptist Lampi (d. Ä.), ab 1798 Ritter von Lampi, italienischer Maler, bedeutender Porträtist, vor allem in Wien, Warschau und St. Petersburg tätig (1751-1830). Eigh. Brief m. U. „Professore Lampi“. In deutscher Sprache. 12/3 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. 4to. Wien 28.X.1789. - An Anton Graff, „berühmten Mahler in Dresden“. „... Jezt habe ich mein ganße Ehre an Sie zu schreiben und zu bezeugen daß ich mit großer Hochachtung an Sie bin, und Ihnen es ganz würcklicher maßen zu sagen, daß ich ganz glücklich nach Wien gekommen bin, und befünde mich in der guten Gesundheit. Sie werden mir ganz verzeien daß ich nehme die Freyheit Sie zu incommodiren ...“. Bittet Graff, ihm einen Gegenstand, der sich auf der Post in Dresden befindet, nach Wien nachzusenden. „... Die Gefälligkeit die Sie an mir erzeugen wer2670
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____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst lassen werde, wie auch mit nechsten daß portrait Euer Hochwürden gnaden abzufolgen gedencke ...“. - Über Vaclavik, den bedeutenden Generalvikar der tschechischen Ordensprovinz und gelehrten Schriftsteller vgl. Wurzbach, Bd. 49, S. 187. - Einige Einrisse. Abbildung
2673 Hegenbarth, Josef, Maler und Graphiker (18841962). Masch. Brief m. U. „Josef Hegenbarth“. 1 S. Quergr. 8vo. Dresden-Loschwitz 19.II.1948. 90 € An die Redaktion des „Prisma“ in Stockdorf bei München, der er Illustrationen zu dem barocken Schelmenroman „Schelmuffsky“ von Christian Reuter gesandt hatte. „Anbei ein Durchschlag der Textstellen zu Schelmuffsky. Die jeweilige Seitenzahl finden Sie auf den Zeichnungen rückwärts notiert. Da der Desch-Verlag Interesse an meinen Illustrationen zeigt und mich als Illustrator heranziehen möchte, bitte ich Sie, einblickshalber die Illustrationsproben des Schelmuffsky demselben mit vorzulegen ...“. - Gelocht; Rotstift-Vermerk des Empfängers.
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2672 Handke, Johann Christoph, mährischer Maler, vor allem in seinen Fresken bedeutend (1694-1774). Eigh. Brief m. U. „Johann Christoph Handke, Mahler“. 2 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. Folio. Olmütz 11.VII.1733. 450 € An Sebastian Paar, Profeß im Augustinerstift Sternberg. Bedankt sich für Bezahlung, moniert aber: „... Jedoch wundert es mich sehr, daß der Hr. Praelath 5 Silbertaler abgezogen, in deme ich daß Sechste Stück verbessert habe, und solches drein habe gehen lassen ... Kan ich künftig mit meiner Arbeith dihnen, werde Jederzeith auffwarten ... P.S. Von Mein Hauß Creitz volget vill Schönes in dem Stiffte“. - Die zweite Seite ist mit Berechnungen gefüllt. - 1734 malte Handke die „Hl. Stiegen“ im Stift des Hl. Berges bei Olmütz aus. - Gebräunt, sonst einschließlich des Siegels ordentlich erhalten. - „H. nimmt unter den mährischen Künstlern des 18. Jahrh. den 1. Platz ein“ (Thieme-Becker in dem 6spaltigen Artikel über Handke). - Dabei: F. A. Polcko, mährischer Maler. Eigh. Brief m. U. „F. A. Polcko“. 2 S. Doppelblatt mit Adresse. Folio. O. O. u. J. (ca. 1750). - An Paul Ferdinand Watzlawick (Vaclavik, 1700-1784), Abt des Prämonstratenser-Klosters Hradisch, Prälat im Markgraftum Mähren und ab 1765 k. k. Wirklicher Geheimer Rat, der ihm Skizzen als Vorlagen für Malereien gesandt hatte. Des Abtes Schreiben „sambt denen Rißen sinnd mir richtig zu Handen kommen, worinnen ich Euer Hochwürden gnaden gäntzlicher Meinung willigst nachzuvolgen wüßen werde, und zwar dise 4 Haubt Tugenten ... (mit ihren Insignis wie die von Ihro Hochwürden gnaden mir beygelegte Riß solches andeüten, doch Mutatis Mutantis vorzustellen nicht ermangln werde) nach meiner Fehigkeit in die Farb zu bringen umb meine gedankh Euer Hochwürden gnaden und Meinung beßer an Tag zu geben Ehistens aufzuwarten nicht unter2672
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ „Weib mit Traube sich gegen einen Satyr vertheidigend“. Die heftigen Bewegungen mit flüchtigen Strichen nur angedeutet, lassen letztere doch einen meisterhaften Zeichner erkennen. - Unten rechts mit Bleistift datiert „München 1890“, was insofern fraglich ist, als der Künstler sich erst 1909 in München niederließ. Abbildung
2676 Klimt, Gustav, österr. Maler, Hauptmeister des Wiener Jugendstils (1862-1918). Brief m. U. „Gustav Klimt“. 1 S. Mit Briefkopf „Internationale Kunstschau Wien 1909 III. Lothringerstr.18“ und passend bedrucktem Umschlag. Schmal-folio. Wien 25.V.1909. 2.000 € An Frau L. Blauensteiner in Wien, die für die Ausstellung werben soll. „... Der gefertigte Präsident des Ausstellungskomités der ‚Internationalen Kunstschau, Wien 1909‘ gestattet sich gleichzeitig in der Anlage einige Anzeigen unserer Theeabende zu übersenden mit dem höfl. Ersuchen dieselben unter Beischluss Ihrer Visitenkarte an Ihre Bekannten senden zu wollen. - Wir geben uns der angenehmen Hoffnung hin, dass gnädige Frau uns gerne Ihre wertvolle Unterstützung gewähren ...“. Abbildung
2677* Kokoschka, Oskar, Maler, Graphiker und Dramatiker, Hauptmeister des Expressionismus (1886-1980). Visitenkarte mit eigh. Signatur „Ihr Oskar Kokoschka“, Ort und Datum. Villeneuve 1956. 300 € 2675
2674 Hofmann, Ludwig von, Maler und Graphiker, Mitglied der Berliner Secession und des Künstlerbundes, Professor in Weimar und Dresden (1861-1945). Eigh. Brief m. U. „Ludwig v. Hofmann“. 1 S. Gr. 4to. Pillnitz 18.I.1933. 180 € An Eugen Schmitz, Feuilletonist der „Dresdner Nachrichten“, dem er einen Aufsatz über Richard Wagner gesandt hatte. Jetzt (Januar 1933!) kamen ihm Bedenken: „... Nachdem ich bei der Niederschrift einer spontanen Wallung gefolgt war, sind mir unterdessen Bedenken gekommen. Ich habe sehr wenig Übung im Verfassen von Dingen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind und bezweifle jetzt, ob es angemessen ist, die Aufmerksamkeit in diesem großen Zusammenhang für eine Privatangelegenheit von rein subjektivem Wert in Anspruch zu nehmen! Ich bitte Sie dringend, mir ganz offen Ihre Meinung zu sagen ...“. Er sei keineswegs gekränkt, wenn man von der Publikation absehen würde.
2675 Kley, Heinrich, Zeichner und Maler, vor allem berühmt durch seine satirischen und grotesken Tier- und Monster-Szenen, auch bedeutender Industrie-Darsteller (1863-1945). Feder- und Blei-Skizze mit eigh. Beschriftung. Blattgr. 19 x 13,5 cm. (München 1890?). 220 € 120
Beiliegend ein von Kokoschka auf dem Titelblatt signiertes Exemplar des Kataloges „Kunst des Mosaiks. Eine Ausstellung der BP anläßlich der Übergabe des Mosaiks ‚Ecce Homines‘ von Oskar Kokoschka an die Haupt kirche St. Nikolai“ (25 S. Hamburg 1974). - Kokoschka war bei der feierlichen Einweihung des Altar-Mosaiks am 12.IV.1974 in Hamburg persönlich zugegen. - 2 weitere Beilagen.
2678* - Eigh. Signatur „Oskar Kokoschka“ und Datum. - In einem Ausstellungskatalog zu Kokoschkas 90. Geburtstag. O. O. 18.III.1976. 150 € In: Hürlimann, Hans (Vorwort): Oskar Kokoschka zum 90. Geburtstag. (Verkaufskatalog). Kunstsalon Wolfsberg Zürich 6. Februar-7. März 1976. 4°. Reich illustriert. 12 nn. Bl. Illustr. OKart. - Auf Blatt 1 verso am Ende des Grußwortes eigenhändig signiert und datiert. - Beiliegend eine Liste der ausgestellten Werke mit beigesetzten Preisen.
„Wir fürchten uns sehr vor Berlin“ 2679 Kolbe, Georg, Berliner Bildhauer (1877-1947). Eigh. Brief m. U. „Georg Kolbe“. 2 S. Gr. 4to. Celerina bei St. Moritz (Schweiz) 30.XII.1913. 180 € Brief aus dem Winterurlaub an den ihm befreundeten Architekten Walther Epstein (1874-1918) in Berlin. „... Schnee ist noch nicht allzuviel, aber blitzsauber sieht das Engadin aus. Vorgestern war es mild, es schneite und heute ist es starr kalt. Meine Kratzerei im Verein mit der üblichen spitzen Hôtelfeder beweisen Ihnen meine zerfrorenen Hände.
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ Fasching v. G[erhart] H[auptmann] gibt es keine Einzelabzüge mehr - Zu Meerwunder wurden nur Zeichnungen gemacht die in einer ‚Hauptmann Sammlung‘ in Schreiberhau, gestiftet durch Verehrer der beiden Brüder, so viel ich weiß sich befinden - die beiden Bücher sind im Peter Suhrkamp Vg s. Zt. erschienen, ‚Fasching‘ auch in einer kleinformatigen ganz billigen Ausgabe - Vielleicht gibt man Ihnen Auskunft wenn Sie gelegentlich an diesen Verlag sich wenden, vielleicht ist das aber auch lange vergriffen oder verbrannt ... Beigelegt 3 Exlibris“. - Der eigenhändige Umschlag mit Stempel und Klebestreifen der „Military Censorship, Civil Mails“.
2681 - Otte, Kurt, Hamburger Apotheker und Kunstsammler, Inhaber eines bedeutenden „Kubin-Archivs“. 5 masch. Briefe m. U. „Kurt Otte“. Zus. 4 S. Gr. 4to und quer-gr. 8vo. Hamburg 10.VII.1946 - 19.IV.1947. 180 € An den Hamburger Regierungspräsidenten und Mäzen Dr. R. Johannes Meyer, der sich intensiv für Hamburger Kunst und Künstler einsetzte. Mit der Bitte, ihm bei der Beschaffung einer Wohnung im zerbombten Hamburg zu helfen, und mit Überlegungen zur Auswertung des Nachlasses von Rolf von Hoerschelmann. Teils mit Briefkopf oder Stempel „Kubinarchiv Hamburg“. - Gelocht. - Beiliegend eine Orig.-Photographie (18 x 13 cm), die Otte vor der Schrankwand mit dem Kubin-Archiv in seiner Wohnung zeigt; ferner 2 Zeitungsartikel über das Kubin-Archiv und seine Geschichte. Abbildung
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Waren eben mit Herrmanns am Bellvoir. Sonst sahen wir niemand und wollen auch nichts mehr sehen. Celerina ist wundervoll - das Hôtel auch recht angenehm. Dagegen will uns Moritz diesmal garnicht gefallen. Curtchen findet es märchenhaft - aber nur für Einkäufe wandern wir hinauf. Es sind so maßlos viele Menschen dort versammelt - auch die Engländer kommen mir recht albern vor. Wir waren in Zuoz, Swarzenski [Georg Swarzenski, Frankfurter Kunsthistoriker, Museumsdirektor, 1876-1957] ist dort. Sie erkennen dieses entzückende Dörfchen. Wir laufen dort Ski ... Im übrigen muss ich erfahren, dass ich auch schon zu knöchern bin um noch anständig Ski-laufen zu lernen. Über den üblichen Dilettantismus komme ich nicht hinaus ... Montag geht es dann wieder heim, via Cöln. Ich komme dann, nachzusehen was Sie machen ... Wir fürchten uns sehr vor Berlin. Aber vielleicht hören wir vorher noch ein günstiges Wort aus Zehlendorf? ...“. - Auf Briefpapier des Hotels „Celerina & Cresta Palace“. - Zwei kleine Einrisse.
2682 Max, Gabriel von, prominenter Münchener Maler, Professor für Historienmalerei an der Münchener Akademie (1840-1915). Eigh. Schriftstück m. U. „G. Max“. 1 S. Doppelblatt. 8vo. München 22.X. (vor 1900). 200 € „Hiermit gebe ich Herrn Kunsthändler Neumann in Wien die Erlaubniß mein Bild ‚Adagio‘ photographisch zu vervielfältigen unter der Bedingung, das [!] er es recht gut macht ohne daß viel retuschirt wird u. daß ich 10 gute Abdrücke bekomme. Mit Gruß G. Max“. - Auf der Rückseite des zweiten Blattes Bleistiftskizzen mit Darstellung eines Pferdes und einer Kutsche.
2683 Menzel, Adolph von, Maler, Graphiker und Illustrator, einer der bedeutendsten Maler des 19. Jahrhunderts (1815-1905). Eigh. Brief m. U. „von Menzel“. 1 S. Doppelblatt. Mit eigh. Umschlag. Gr. 8vo. Berlin 13.III. 1900. 180 € An den Berliner Oberbürgermeister Martin Kirschner (1842-1912), dem er zusagt, „der gütigen Einladung zu folgen“. Abbildung Seite 124
2680 Kubin, Alfred, Zeichner, Graphiker und Schriftsteller, Meister des Unheimlichen und Phantastischen (1877-1959). Eigh. Brief m. U. „Kubin“. 2 S. Mit eigh. Umschlag. Quer-8vo. (Wernstein, Oberösterr.) 27.II.1946. 200 € An Franz Bayer jun. in Wien, der sich nach Kubins Illustrationen zu Werken Gerhart Hauptmanns erkundigt hatte. „... von den Lithos zu
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Über Autographensammler 2684 Meyerheim, Paul, berühmter Tiermaler (18421915). Eigh. Albumblatt m. U. „Paul Meyerheim“. Mit einer gedruckten Photographie seines Hauses. Gr. 8vo. (Berlin) 9.II.1899. 90 €
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst Vierzeiliger Seufzer über Autographensammler: „Könnt‘ ich doch den Kerl erkunden, / Der das verdammte Schreiben erfunden; / Ich schickte - um ihn abzustrafen, / Ihm alle Sammler von Autographen.“ - Geschrieben auf grauem Papier unter einer Photographie seines mit Tierfresken geschmückten Hauses in der Hildebrandtstraße in Berlin W. - Am linken Rand leicht beschnitten. Abbildung
2685 Mucha, Alfons, tschechischer Maler, Graphiker und Plakatkünstler (1860-1939). Eigh. Brief m. U. „Alfons Mucha“. 1 S. Mit Umschlag. 4to. Prag 30.XI.1933. 250 € An den ihm befreundeten Frant. Tichy, Museumsdirektor in Königgrätz. „... Von meinen Reisen auf der Welt zurückgekehrt, fange ich wieder mit der Arbeit an. Ich habe als erstes damit begonnen, daß ich die Rückgabe meiner Arbeiten, die in Chrudim seit meiner Ausstellung aufbewahrt waren, erbeten habe. Nun habe ich alle wieder zu Hause; deshalb fiel mir die versprochene Einladung an den Herrn Bürgermeister Pilnacek wieder ein, und ich bitte Sie freundlichst, dem Herrn Bürgermeister mitzuteilen, dass ich mich sehr freuen würde, wenn er mir, wann immer er sich dazu entschließen würde, mir die Ehre seines Besuches zu erweisen ... Ich glaube mich zu erinnern, daß noch jemand von den Herren die Absicht hat, mich in meinem Atelier zu besuchen. Er würde natürlich herzlich willkommen sein!“ (freie Übersetzung aus dem Tschechischen).
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2686 Mühlenhaupt, Curt, Berliner Maler, Bildhauer und Schriftsteller, einer der bekanntesten der Gruppe „Berliner Malerpoeten“ (1921-2006). Eigh. Selbstporträt und Gruß m. U. „M“. 2 S. (Bleistift). 15 x 10,5 cm. (Berlin) 1981. 200 € Typisches Selbstbildnis mit Hut, mit einem Gruß versehen; verso der Text: „dieser Gruß ist gebührenfrei!“ Abbildung
Neschs Leben in Norwegen 2687 Nesch, Rolf, Maler und Graphiker, emigrierte 1933 nach Norwegen (1893-1975). Eigh. Brief m. U. „Rolf Nesch“. 2 S. Gr. 4to. (Norwegen Ende 1935). 180 € Aus dem Exil an eine Lilly in Hamburg-Blankenese, über sein neues Heim und sein Schaffen in Norwegen. „... Wir mußten umziehen, unsere Wirtin baut das Haus um. Dabei sind wir auf die Butterseite gefallen u. wohnen nun in einem schönen Garten, in einer schönen 1stöckigen Villa ganz allein für uns u. haben 120 m. Badestrand unser 2686
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ chem alle Theile größer und deutlicher sind, sehr zu Statten kommen, da in dieser Kleinheit manches verloren geht. Wollen Sie den Kupferstich behalten, so geben Sie mir dafür was Sie wollen, da ich nicht mehr weiß, was ich dafür gegeben habe, selbiger übrigens auch für mich gerade kein besonderes Interesse hat. Der Preis von 5 Dukaten für die Zeichnung ist bei dieser sorgfältigen Ausführung gewiß nicht zuviel, und ich wollte Sie ... ersuchen, selbige nebst sonstigen Bemerkungen an den Verfertiger derselben, Herrn Maler F. Berthold, Dresden Neustadt, im blauen Stern, gelangen zu lassen, da ich in ein paar Tagen verreiße ...“.
2690* Schadow, Johann Gottfried, Bildhauer und Graphiker, Hauptmeister der Berliner Klassik (1764-1850). Eigh. Brief m. U. „Dein alter Onkel J G Schadow“. 1 S. 8vo. Berlin 9.II.1846. 450 € 2683
Eigen. Es liegt tiefer Schnee und ruhig ist es hier so, daß man in Tagen kaum jemand sieht, höchstens, wenn Menschen auf dem Fjord Schlittschuh laufen, oder mit dem Motorrad umherrattern ... Ich habe jetzt das 7te große Bild fertig u. beginne mit dem 8ten, wenn es 12 sind, kann ich bei Blo. wieder ausstellen. - Im Sommer (September) hatte ich die I. bei Blomquist. Farbige Zeichnungen u. Graphik. Sämmtliche Oslokünstler waren da u. interessierten sich scheinbar außerordentlich ... Verkauft habe ich auch etwas. Einige der Künstler malen mit Pulverfarbe u. hatten großen Erfolg in einer Ausstellung, einer verkaufte gleich 3 große Bilder an versch. Sammler. Der kollegiale Zusammenhalt ist sehr schön u. für mich sehr anregend. Ende Februar, oder anfangs März will ich nach den Lofoten zum Dorschfang u. da arbeiten. Ich beabsichtige dann Graphik zu machen ...“.
An seinen Neffen. „... Seh doch mal durch, beigesandten grünen Brief. Darin ist eine Stelle betreffend G[eheimen] R[at Friedrich Leberecht] Trüstedt [Mediziner; 1791-1855]. Wegen meinem Br. [Logenbruder] Hasenclever schrieb ich an Excellence v. Humboldt; am 24. Januar à la Cour, ging Er auf mich zu u. sagte: Sie haben noch keine Antwort, weil ich Ihnen gern ein Resultat mitgetheilt hätte. Die Sache hab ich gleich bei Herrn Minister Eichhorn empfelend angebracht u. ist sie keinesweges vergessen! - Vielleicht intriguirst Du hierüber. Den Brief von Emil [d. i. sein Neffe Emil Wolff in Rom] lasse ich dabei, habe an ihn gestern geschrieben ...“. - Schadow gehörte gehörte der Berliner Loge „Friedrich Wilhelm zur gekrönten Gerechtigkeit“ an.
Abbildung
2688 Orlik, Emil, Maler, Graphiker und Kunstgewerbler, Professor an der Kunstgewerbeschule Berlin (18701932). Eigh. Orig.-Federzeichnung. Mit Bleistift bezeichnet und signiert: „Tintenfisch. E. Orlik“. Ca 12 x 15 cm. Unter Glas gerahmt. O. O. u. J. 180 € Die Karikatur zeigt einen bebrillten Kritiker mit Kraken-Armen als Haare, auf einem Tintenfaß sitzend, in der einen Hand eine Schreibfeder, in der anderen ein Blatt mit der Aufschrift „Kritik“. - Am unteren Rand links und rechts mit Bleistift der Name „E. Orlik“, wobei wohl nur der linke Eintrag die authentische Signatur ist.
2689* Richter, Ludwig, Maler, Zeichner und Radierer, führender Illustrator der deutschen Spätromantik (18031884). Eigh. Brief m. U. „L Richter“. 1 S. 4to. Dresden 6.VIII.1837. 450 € An einen Verleger oder Kunstsammler („Herr Doktor“), dem er eine Zeichnung und einen Kupferstich übersendet. „... Anbei erhalten Sie die Zeichnung nach Tizian, die wie mir scheint, sehr fleißig und genau gemacht ist. Dem Stahlstecher wird jedenfalls der Kupferstich, in wel2687
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2691 Schiele, Egon, österr. Maler und Zeichner, bedeutender Vertreter des frühen Wiener Expressionismus (1890-1918). Eigh. Brief m. U. „Egon Schiele“. 1/2 S. Doppelblatt. 8vo. Wien 24.XI.1912. 3.000 € An den Veranstalter einer Ausstellung (den Galeristen Guido Arnot?). „... bitte mir noch schnell mitzuteilen wann die Ausstellung die geplant ist, spätestens geschlossen wird, weil ich mich draußen verpflichtete diese Bilder die ich an Sie senden will auszustellen ...“. - Gelocht. - Nebehay 417.
2692 - Eigh. Postkarte m. U. „Egon Schiele“. Mühling bei Wieselburg (Niederösterreich) 7.V.1916. 1.500 € Kurze Nachricht vom Militärdienst an seinen Galeristen Guido Arnot in Wien. „Lieber Herr Arnot, auf umliegender Seite befindet sich meine Adresse, wohin Post zu schicken wäre. Beste Grüße Egon Schiele.“ Rückseitig dann, ebenfalls eigenhändig, die Adresse: „Abs. E. F. Schiele Egon. Mühling b. Wieselburg a/d Erlauf Bez. Scheibbs. K. u. k. Offiziersstation für kriegsgefangene Offiziere. N. Ö.“ - Gelocht, mit Berührung des Namenszugs bei der Adresse. Abbildung
2693 - Eigh. Billet m. U. „Egon Schiele“. 1/2 S. Kl. 4to. (Wien) 10.XI. (1917). 3.000 € An seinen Galeristen Guido Arnot. „... Bitte dem Überbringer dieses mein Figurenbild und 50 Zeichnung von Peschka kurzerhand ausfol-
gen zu wollen. Beste Grüsse Egon Schiele“. - Darunter mit Kopierstift der Übergabe-Vermerk vom Galeristen und vom Boten. - Der österreichische Maler Anton Peschka (1885-1940), Freund und Schwager Schieles, ist auch von Schiele porträtiert worden. - Gelocht. Abbildung Seite 126
2694 Schnorr von Carolsfeld, Julius, Maler und Galeriedirektor in Dresden, einer der bedeutendsten Nazarener (1794-1872). E. Brief m. U. „Julius Schnorr“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 4to. München 17.VII.1829. 350 € An den Kupferstecher Eugen Schäffer in Berchtesgaden, dem Schnorr eine Stecher-Arbeit nach einem seiner Werke als Auftrag in Aussicht gestellt hatte. Zieht seine Zusage mit sehr höflicher, ausführlicher Begründung zurück: „... Wenn ich aber die Verpflichtungen überdenke, die ich nothwendigerweise übernehmen müßte, um Sie in die Lage zu setzen, die dazu gehört, mit Lust und Liebe ein solches Unternehmen durchzuführen, so muß ich mir offen gestehen, daß ich gerade jetzt ganz außerstande bin, dieser mich zu unterziehen. Meine Lage ist gegenwärtig noch sehr schwankend: es kann sein, daß mir in einiger Zeit Mittel zufließen, die es mir möglich machen, auf einen so schönen Vorschlag einzugehen: es kann aber auch sein, daß gewisse ältere Verpflichtungen gegen Verwandte von mir, für die nach Kräften zu sorgen ich mich verbindlich gemacht habe, alle diejenigen Mittel in Anspruch nehmen, die die Erhaltung des eigenen Hauses mir übrig lassen ...“. - Die „Mittel“, von denen der Künstler spricht, sind vermutlich das im Vorjahr vereinbarte Honorar für die Fresken im Königsbau der Münchener Residenz, deren Herstellung auf 12 Jahre befristet war, aber erst 1831 begonnen wurde und sich mit Unterbrechungen über viele Jahre hinzog. Abbildung Seite 127
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____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst „wie glücklich könnt‘ ich als Mahler seyn“ 2695 Schnorr von Carolsfeld, Veit Hans, Maler und Graphiker in Leipzig, der „Stammvater“ der berühmten Künstlerfamilie (1764-1841). Eigh. Brief m. U. „Veit Hans Friedrich Schnorr“. 3 S., sehr eng beschrieben. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. 4to. Leipzig 23.XI.1787. 450 € Sehr umfangreicher Jugendbrief an seinen Freund und „theuersten Bruder“, den Theologiestudenten Johann Wilhelm Volmer in Königsberg. Für die Zeit typischer, unendlich wortreich in Gefühlen der Freund schaft, Liebe, Trennung, Sehnsucht und andererseits in humoristischen Schilderungen schwelgender Brief des 23jährigen, bisher noch verhinderten Malers. Veit Hans Schnorr von Carolsfeld, das fünfzehnte Kind seiner Eltern, hatte auf deren Verlangen in Leipzig Jura studieren müssen und 5 Tage vor diesem Brief die Notariatsprüfung bestanden. Aber hier erst nach zweieinhalb Seiten der Behandlung zahlreicher Tagesbegebenheiten und finanzieller Angelegenheiten gesteht er: „... Examinirt bin ich nunmehr, u. mit meiner Zensur zufrieden; Ich habe aber auch die lezte Zeit recht gearbeitet, aber ... tausendmahl hab‘ ichs schon bedauert, daß ich nicht Maler bin, schon längst könnte ich bey der angenehmsten Unterhaltung mein Brod haben ... O wie glücklich könnt‘ ich als Mahler seyn ... Doch ich will nicht über mein Schicksal murren. Ich will andere mit mir in Vergleichung stellen. - Ich logire noch mit L. vorm Thor im Ap. Garten u. ich komme sehr selten in die Stadt ...“. - Schon im folgenden Jahr, als Veits Vater starb, wandte der erzwungene Jurist sich doch dem Malerberuf zu und siedelte zunächst zu seinem Freund Volmer nach Königsberg über, kehrte aber nach einem kurzen Intermezzo in Magdeburg 1790 für immer nach Leipzig zurück. Als Schüler Adam Friedrich Oesers bildete er sich aus, befreundete sich mit dem Buchhändler Göschen, schuf Buchillustrationen sowie den Vorhang des Leipziger Theaters und wurde 1814 als Nachfolger J. Fr. A. Tischbeins Direktor der Akademie. Den 1801 zusammen mit Seume angetretenen „Spaziergang nach Syrakus“ brach Schnorr schon in Wien ab, als Freunde ihm, dem Familienvater, die Gefahren seines Vorhabens klarmachten. - Kleiner Siegel-Ausriss mit geringem Buchstabenverlust. - Ein so früher Brief Schnorrs, der seine Situation in Leipzig vor Beginn der Künstlerlaufbahn beschreibt, ist sehr selten.
2696 Schwimmer, Eva, aus Ostpreußen stammende Malerin, Illustratorin und Designerin, zeitweilig mit dem Maler Max Schwimmer verheiratet, lebte ab ca. 1936 in Berlin (1901-1986). 4 masch. Briefe m. U. „Ev Schwimmer“ bzw. „E. S.“. Mit 4 Orig.-Feder- bzw. Filzstift-Zeichnungen, davon 1 aquarelliert. Zus. 6 S. verschied. Formate. Berlin (West) 1966-1969. 300 €
teure von der ‚ZEIT‘ nicht so lange gerne und bevorzugt beschäftigt. Und Willi [sic] Haas ist für mich ein großer Dichter. Ich werde ihn vermissen, wenn er nicht mehr schreibt. Klug, wissend und kultiviert ...“. Erwähnt ihre Illustrationen im Kalender von Daimler-Benz, im „Prisma“ und in der „Epoca“ und fährt fort: „... Die Galerie Nierendorf in Berlin verkauft ab und zu Kleinplastik, Schmuck und Zeichnungen. Auch bei Lempertz in Köln waren 68 einige Plastiken auf der Auktion. So bot ich der ‚Welt‘ nicht nur mein Können, sondern auch meinen Namen an. Ich will meine jungen Kollegen nicht an die Wand spielen. Aber Vielfalt ist gut und Kunst u. Illustration ist kaputt in Deutschland. Gunter Böhmer, Fronius und ich. Das klingt anmaßend. Wenn wir sterben, kann man mit Lieschen Dingsbumms arbeiten und die letzten Dinge töten. Das Alte soll verschwinden. So denkt auch hier die APO. Ich denke herzlich und dankbar an Sie und Herrn Springer. Schade, daß ich ihn nicht kenne ...“. - Drei der Blätter enthalten ganzseitige Feder- bzw. Filzstiftzeichnungen von Frauenakten (eine signiert und datiert), mit geübter Hand flott aufs Papier geworfen. Das vierte Blatt zeigt eine in weite Gewänder gehüllte, wohl orientalische Frau. - Beiliegend 2 weitere Orig.-Filzstift-Zeichnungen, davon eine signiert und datiert. - Mit 1 Ausnahme alle Teile gelocht. Abbildung Seite 128
2697 Thoma, Hans, badischer Maler und Graphiker, für zwei Jahrzehnte Professor an der Großherzogl. Kunstschule in Karlsruhe (1839-1924). Konvolut von 24 eigh. Briefen und 2 eigh. Postkarten m. U. „Hans Thoma“ oder „H. Thoma“. Zus. ca. 70 S. Mit 10 eigh. Umschlägen. Gr. 8vo und gr. 4to sowie die Postkarten. Karlsruhe, Konstanz und Marxzell 1900-1922. 2.500 € An den Maler Wilhelm Steinhausen (1846-1924) in Frankfurt a. M., mit dem Thoma seit seiner Frankfurter Zeit eng befreundet war. Umfangund inhaltsreiche, wichtige Briefe, in denen nicht nur Thomas Schaffen, sondern auch die Verhältnisse in der Karlsruher Kunstschule und in der Karlsruher Gesellschaft zur Sprache kommen. Einige Zitate mögen dies belegen. Im April 1900 zieht Thoma eine erste Bilanz seiner neuen Tätigkeit in Karlsruhe: „... Würdest Du wohl so gut sein mir Deine Originallithographien zuzusenden, ich möchte sie dem Großherzoge vorlegen zum Zwecke des Einkaufes für das Kupferstichkabinet, welches Privateigenthum des Großherzogs ist ... gieb auch zugleich die Preise der einzelnen Blätter an da dies um die Sache abzukürzen nothwendig ist ... Das ‚Diplom‘ habe ich immer noch nicht erhalten - ist es dennoch auch vom Vorstande unterschrieben? ich möchte es gar gerne jetzt haben u. wenn Du damit einverstanden bist will ich es hier ausstellen ... ich stecke ganz zwischen Exzellenzen, Geheimräthen, mit denen ich vor Königl. Hoheiten, einfachen Hoheiten u. Durchlauchten bei Hofbällen
Wohl an den Journalisten Hans Eberhard Friedrich, Feuilleton-Redakteur der „Welt“, der die Künstlerin öfter mit Aufträgen für Zeitungen versorgte. Im August 1967 schreibt sie: „... ich freue mich sehr, sehr auf Ihren Besuch. Aber wir wollen in Berlin nicht über den Besuch bei einer ‚ALTEN DAME‘ sprechen. Ich erfreue mich bei den Frauen absolut keiner Beliebtheit! Ich bitte Sie so sehr noch einmal Herrn de Haas [gemeint ist wohl Willy Haas] zu erinnern, daß er mir eine Kurzgeschichte schickt. Ich bin auch gerne bereit unter einem anderen Namen zu arbeiten, weil ich vielleicht nicht so beliebt bin, wegen der Professur im Osten. Taufen Sie mich ruhig um, sehr lieber Freund. Gebt mir nur an und ab etwas Arbeit! ...“. - Am 12. Juli 1969 konstatiert sie: „... Ich glaube, gute Graphik bleibt immer jung. Sonst hätten mich die jungen Redak2694
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ öffentlich in Erörterungen über das Wesen der Kunst auszulassen - ja ich hätte es für einen Spaß genommen wenn jemand gesagt hätte ich würde später einmal öffentlich über Kunst etwas sagen oder gar ich würde staatlich autorisirt werden etwas zu sagen. Aber alles hat seine Zeit, man muß es nur erleben - und wenn ich 90 werden sollte, so wird wohl alles was ich zu sagen habe als letzte Weisheit sein: Kinder plagt doch einander nicht so auf der Welt mit allerlei dummen Meinungen, freut Euch daß Ihr überhaupt lebt - habe jeder ein wenig Respekt vor allem was Menschenantlitz trägt - seid dankbar, denn die Vorsehung hätte Euch ebensogut wie sie Euch Menschen werden ließ, Kröten oder Spinnen werden lassen können. - Kinder, werdet keine Kritiker sondern bleibt Kinder! - Weiter als daß Ihr auf einander angewiesen, einander wenn auch nicht liebt, doch einander gelten laßt, bringt Ihr es doch nicht! ...“ [15.VI.1901]. Betrachtungen dieser Art ziehen sich durch die Briefe und zeigen den Maler als den philosophischen Kopf, den die vielerlei Symbolik und die weltanschaulichen Andeutungen in seinen Bildern verraten. Neben solchen Reflexionen enthalten die Briefe eine Fülle von Informationen über das Schaffen beider Künstler, Aufträge des Großherzogs, Ausstellungen, Museen, Preise einzelner Bilder, berufliche und familiäre Nachrichten, Thomas politisches Wirken in der I. badischen Ständekammer und vieles andere. - Wertvolle Briefreihe, die ein genaues Bild vom Alltag, Schaffen und Denken des Künstlers in den letzten zwanzig Jahren seines Lebens bietet. - Beiliegend 8 Blatt (einseitig beschrieben) maschinenschriftlicher Kopien von Briefen Hans Thomas an Marie Steinhausen-Paquet, die Tochter Wilhelm Steinhausens, aus dem Zeitraum 1900-1917. Abbildung
„die schwierige alte Frage: „was ist deutsch?“
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2698 - Eigh. Brief m. U. „Hans Thoma“. 31/2 S. Gr. 8vo. Frauenalb bei Karlsruhe 20.VIII.1905. 250 €
... zu erscheinen habe. Ich nehme das alles in ruhiger Art hin als müßte es so sein und ich habe auch da schon recht liebe Menschen kennen gelernt, die noch mehr sind als ihre großen Titel ... Trotz allen geschäftlichen u. gesellschaftlichen Abhaltungen konnte ich diesen Winter recht viel und freudig arbeiten - es kam so etwas wie Muth über mich der gehäuften Arbeit sieghaften Fleiß entgegenzusetzen. Schließlich ist es doch auch ein hübsches Gefühl unter dem Schutz u. Schirm seines Landesherrn alte ... Pläne zur Ausreifung bringen zu können ... Mit den Malern stehe ich recht gut. Da ich keine kritischen Veranlagungen habe und jeden gerne nehme wie er sich giebt, werde ich kaum in Conflikte kommen. - Man muß aber auch mich gelten lassen. - Nebenbei ist manch erbauliches Streben hier bemerkbar. Bei meinen Schülern sehe ich mich immer mehr genötigt fünfe gerade sein zu lassen - obgleich ich ihnen manche angenehme Aufträge verschaffen könnte, wenn sie ein wenig fügsamer sich zeigen könnten - aber das geht oft nicht, wir waren ja auch jung und unfügsam. - Schließlich kann ich ja meine Schulthätigkeit jederzeit an den Nagel hängen, da ich sie ganz freiwillig übernommen habe ...“ [Karlsruhe 8.IV.1900]. Nachdem Steinhausen ihm den Text einer kunstästhetischen Rede gesandt hat, antwortet Thoma im Juni 1901: „... Aus Deiner schönen Rede ... sehe ich daß auch Du in das Alter eingerückt bist von dem Göthe sagt, daß ihm Betrachtung und Mittheilung geziemt. - Wie doch alles seine Zeit hat und wie ähnlich doch der ganze Gang ist den das Menschenleben in dem Abrollen der Jahre nimmt! Wo hätten wir beide vor Jahren daran gedacht uns
An einen Kunstkritiker, der eine Einführung zu drei Gemälden Thomas in einer Dresdener Ausstellung geschrieben hatte. Der Künstler bedankt sich nicht nur, sondern geht zu philosophischen und psychologischen Selbstbetrachtungen über, in denen er die Wurzeln und Motive seines Schaffens erörtert. Die Worte des Adressaten seien ihm „ein Zeichen in welchem Sinne mein Schaffen doch vom deutschen Volke angesehen und gewürdigt wird. - Wenn ich Ehrgeiz habe so ist es doch nur der daß ich ein ächter Sohn dieses Volkes bin mit all seinen Tugenden und Fehlern - und daß mein künstlerisches Schaffen ohne jedes Programm so ganz aus der Seele meines Volkes heraus gewachsen ist - ob ich nun in meinen verschiedenen langen Schaffensperioden, wollte oder nicht wollte, aus all dem Suchen, aus den Widersprüchen der Zeit ... schälte es sich heraus daß ich etwas geschaffen habe von dem die Deutschen sagen können das ist unser Eigenstes - das drückt unser Empfinden aus. - Vielleicht sogar tragen meine Bilder ein wenig zur Antwort darauf bei, auf die schwierige alte Frage: Was ist deutsch? - Daß es so vielfach deutsche Lehrer sind die meine Arbeiten mit solch sympathischem Empfinden erkennen, ist mir ein besonderer Trost ... Es giebt in unserer Zeit freilich eine recht hochmüthige Kunst - die Kunst um ihrer selbst willen heißt sie sich gerne - aber hochmüthig und groß war, so lang die Welt steht, immer noch recht zweierlei . - Ich habe nie daran gedacht sogenannte Volkskunst zu machen - ja es ist noch gar nicht so lange her, daß Kritiker meine Bilder ‚Caviar für das Volk‘ nannten - sie waren es auch, aber für das Publikum, welches halt doch etwas ganz anderes ist als das Volk. - Ich mußte recht schwer durch das Publikum hindurchwaten bis ich zum Volke kommen konnte. Nun ist eine Stimme wie die Ihrige mir so lieb und werth und etwas ganz anderes als so ein Kommandowort vom hohen Kunstroß herunter ...“. - Kleine Faltenrisse.
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Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ Heinrich Tischbein d. J. wurde ebenfalls überliefert. - Der erwähnte „Nahl“ ist der Maler Johann August Nahl d. J. (1752-1825), der in diesem Jahr als Lehrer an die Kasseler Akademie kam; 1815 wurde er deren Direktor. - Leimspuren durch alte Hinterlegung im Falz, leicht fleckig. - Aus der Sammlung Künzel. Abbildung
2700 Weiß, Emil Rudolf, aus Baden stammender Maler und Graphiker, bedeutender Buch- und Schriftkünstler, 1907-1933 Professor an den Vereinigten Staatsschulen für bild. Künste in Berlin (1875-1942). 3 eigh. Briefe m. U. „E. R. Weiß“. Zus. 5 S. Gr. 4to und gr. 8vo. Baden-Baden bzw. Badenweiler 1899-1922. 200 €
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2699* Tischbein, Johann Heinrich (d. J.), Maler und Kupferstecher (1742-1808). Eigh. Brief m. U. „H. Tischbein“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelrest. 4to. Kassel 13.X.1792. 400 € An den Kunsthändler Johann Friedrich Frauenholz (1758-1822) in Nürnberg: „... Dero Geehrtes Schreiben vom 22. September habe richtig erhalten, wie auch das Packet Kupfferstiche samt inliegenden, baaren 27. rh 19. gg d. 5. October zu vollkommener Zufriedenheit richtig empfangen worüber gegenwartiges Ihnen zur Saldo Quittung für 44 rh 10 ggr: dienen wird. Die Kupfferstiche und deren Preiß haben meinen Beyfall, werde auch nicht ermanglen mich bestens zu bestreben mehreren Absatz zu bewürcken. Brief und 6. Catalogen habe ich an das Cramerische Haus richtig abgeliefert. Herr Nahl ist anjetzo hier ...“. Johann Heinrich Tischbein der Jüngere war der Sohn von Johann Konrad Tischbein (1712-1778) und der ältere Bruder von Johann Heinrich Wilhelm (dem sogenannten Goethe-Tischbein). Ausgebildet wurde er von seinem Onkel Johann Heinrich Tischbein, der als „der Ältere“ oder auch „der Kasseler Tischbein“ geführt wird. Nachdem sich Johann Heinrich der Jüngere einige Zeit in Holland aufgehalten hatte, ließ er sich in Kassel nieder. Sein Onkel hatte dort für den Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel eine Gemäldegalerie eingerichtet, zu deren Inspektor der Neffe 1775 ernannt wurde. Seine Malerei umfasste neben Porträts, wie zum Beispiel dem des Sturm-und-Drang-Dichters Gottfried August Bürger von 1771, vor allem Tier- und Landschaftsdarstellungen. Einen besonderen Namen machte er sich indes durch seine Kupferstiche und Radierungen; 1790 veröffentlichte er eine „Kurtzge faßte Abhandlung über die Aetzkunst“, der 84 Blätter von ihm beigegeben waren. Eine Zeichnung des sogenannten Goethe-Elefanten von Johann
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Die ersten beiden Briefe an den Maler Wilhelm Steinhausen, der dritte Brief an Steinhausens Schwiegersohn, den Schriftsteller Alfons Paquet. In den Briefen an Steinhausen dankt er für die „unvergesslichen Stunden“, die er, umgeben von „unzähligen Blumen“ in dessen Haus verbracht habe. Sendet ihm „ein paar Drucke, die Gnade finden mögen vor Ihren Augen“ [Baden-Baden 4.IX.1899 und 6.I.1900]. - Aus Badenweiler schreibt er am 30.XII.1922 an Alfons Paquet: „... Ab und zu lese ich etwas von Ihnen und fühle jedesmal Wärme und Sympathie erneut. So vorgestern wieder, als mir ein Zufall das Morgenblatt der Frankfurter Zeitung vom 29. Dez. auf der Reise hierher in die Hand spielte, und ich darin ‚Der Rhein‘, XXII, fand: Speyer (dessen Dom ich vergangenen Sommer mit Albert Haueisen zusammen erlebte, zum ersten Mal!), - Germersheim, Mannheim, Ludwigshafen. Frage: Haben Sie von dem bisher Erschienenen noch Exemplare der betreffenden Nummern der Frank furter? Wollen Sie sie mir schicken (und das künftig noch Erscheinende), wenn ich Ihnen zum Dank etwas Graphisches schicke, wenn ich wieder in Berlin bin? Es käme bei mir nicht in unrechte Hände, - es giebt gewiß nicht leicht einen, der den Rhein tiefer liebt, als ich es tue, der im alten Breisach aufwuchs bis zum 14. Jahr, - der ich weinte, als ich ihn nach Jahren wieder sah ...“. Empfiehlt ihm den Besuch der Ruine Sponeck am Kaiserstuhl, „mitten in dem überwältigend herrlichsten Landschaftsrundbild des südlichen Deutschland (Elsaß inbegriffen!) ...“. - Die Besetzung des Rheinlandes durch die alliierten Siegermächte ab 1918 hatte dem Nationalgefühl der deutschen Bevölkerung im ganzen Reich neuen Aufschwung verliehen. - Beiliegend ein handschriftliches Visitenkärtchen „E. R. Weiß, Karlsruhe“.
2701 Wendelstadt, Karl Eduard, Bildhauer, schuf Büsten von Beethoven und Liszt (1815-1841). - Brief eines Frankfurter Freundes an Guido Görres in München, mit Empfehlung Wendelstadts. 11/2 S. Doppelblatt mit Adresse. 8vo. Frankfurt a. M. 9.V.1837. 150 € „Der Ueberbringer dieser Zeilen, Hr. Eduard Wendelstadt, ist der Sohn des hiesigen Inspectors des Städelschen Institutes [Carl Friedrich Wendelstadt], den Du kennst und deßen schöne Bilder Dir wohl auch noch erinnerlich seyn werden. Er ist seines Handwerkes ein Bildhauer, hat viel Talent und wünscht, sich bey Euch und unter Euren Kunstsachen etwas umzusehen. Er bringt eine bestellte Arbeit mit, die er bei Euch vollenden will und lieb wäre es ihm, wenn er neue Arbeit fände, die ihm Veranlassung würde, einen längeren Aufenthalt in München zu machen. Könntest Du durch Eure vielen Bekanntschaften in der Beziehung etwas für ihn thun, so sey es Dir hiermit ans Herz gelegt auf
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jeden Fall empfehle ich ihn Euch zu freundlicher Aufnahme und Dir insbesondere, um ihn mit den Künstlern näher bekannt zu machen ... Schlosser hat mir aufgetragen, ihm einen Bronze Abguß des Bildes vom Vater, wie Ihr uns ohnlängst geschickt habt, bei Woltreck zu bestellen ...“. - Wendelstadt wurde in München Schüler von Schwanthaler. Der Bildhauer Franz Woltreck (1800-1847) hielt sich 1836 bis 1837 in München auf, wo er zwei Büsten für die Walhalla schuf. - Etwas gebräunt; kleine Faltenrisse.
2702 Worpswede. 5 Autographen mit Bezug aud die Künstlerkolonie. Zus. 11 S. Verschiedene Formate. 18941928. 750 € 4 eigh. Briefe und 1 eigh. Postkarte, wohl jeweils an Hans Müller-Brauel gerichtet. - Vorhanden: Hans am Ende (1864-1918). Eigh. Brief m. U. „Hans am Ende“. 32/3 S. Gr. 4to. Worpswede 15.X.1894. - Sehr umfangreicher, wichtiger Brief mit ausführlicher Selbstbiographie, Darstellung seines künstlerischen Werdegangs bis zur Gründung von Worpswede, seiner Vorbilder, seiner bevorzugten Sujets, seiner neueren Arbeiten und seiner Pflege der Radierkunst. - Karl Krummacher (1867-1955). Eigh. Brief m. U. „Karl Krummacher“. 11/2 S. Gr. 4to. Worpswede 16.X. 1927. - Über Probleme bei der Ausstellung seiner Werke in einer geplanten „Kunstschau“. - Fritz Mackensen (1866-1953). Eigh. Brief m. U.
„Fritz Mackensen“. 21/2 S. Gr. 8vo. Weimar 15.II.1911. - Über ein bäuerliches Trachtenkostüm für seine Frau, die an einem Kostümfest teilnehmen und die Sachen ausleihen möchte. Mit Briefkopf „Prof. Fritz Mackensen. Direktor der Grossh. S. Hochschule für Bildende Kunst, Weimar.“ - Heinrich Vogeler (1872-1942). Eigh. Postkarte m. U. „Heinr. Vogeler“. 1 S. (Grasberg 17.VIII.1896). - „... Leider müssen Sie wohl auf die Carrikaturen verzichten, da es den anderen Herrn nicht angenehm ist. Es thut mir leid; aber ich habe auch so viel um die Ohren, dass ich kaum dazu kommen könnte ...“. - Selten so früh. - Martha Vogeler (1879-1961). Eigh. Brief m. U. „Martha Vogeler“. 2 S. Gr. 4to. Worpswede 26.IV.1928. - Über den gerade aktuellen ersten Ozeanflug mit einem Motorflugzeug in Ost-West-Richtung durch Hermann Köhl und Begleiter mit der Junkers W 33 „Bremen“. „... Das war ein Lied, was unsern Fliegern Freude machen wird; soviel Glauben und Vertrauen! Ich zweifelte auch nicht, aber zum ‚Singen‘ gebracht hat es mich nicht. ich habe ungeduldig Stunden und Minuten gezählt, und als beim Steinesuchen plötzlich 2 Flugzeuge über mir brummten schwebten meine Gedanken schon wieder mit den dreien überm Ocean nach Land ausspähend ... Der Frühling tönt und singt! Ich kann recht begreifen das[s] er nicht still sein kann ...“. Geht dann in der zweiten Hälfte des Briefes mit scherzhaften Ton ins Plattdeutsche über. - Mit Briefkopf „Vogeler-Kunstgewerbe Worpswede - Haus im Schluh“. Gelegentlich kleine Faltenrisse; sonst ordentlich erhaltene, interessante Sammlung. Abbildung
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Musik, Theater, Tanz und Film 2703 Autogramm-Album eines Opern- und TheaterEnthusiasten. Ca. 60 Bl. Mit ca. 137 Signaturen von weiblichen und männlichen Musikern, Sängern und Schauspielern. Leinenband d. Z. (Rücken geklebt). 1939-1942. 600 € Große Sammlung von Signaturen der berühmtesten in Deutschland und Österreich aufgetretenen Musiker, Sänger und Schauspieler aus dem Zeitraum 1939-1942, vom Inhaber des Albums meist sorgfältig mit Datum und Rolle des Künstlers versehen. Eine Auflistung am Ende des Bandes verzeichnet an Dirigenten und Instrumentalisten: Emil Nikolaus von Reznicek, Clemens Krauss, Siegfried Borries, Georg Kulenkampff, Michael Raucheisen, Robert Heger, Claudio Arrau, Wilhelm Furtwängler, Carl Schuricht, Clemens Schmalstich, Willem Mengelberg, Wilhelm Kempff, Herbert
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von Karajan, Ernest Ansermet, Walter Gieseking, Karl Böhm, Alfred Cortot (mit Musikzitat), Edwin Fischer und andere. Sängerinnen und Sängern: Rudolf Bockelmann, Viorica Ursuleac, Gotthilf Pistor, Helge Roswaenge, Heinrich Schlusnus, Margarete Klose, Tiana Lemnitz, Max Lorenz, Marcel Wittrisch, Delia Reinhardt, Frida Leider, Marta Fuchs, Josef von Manowarda, Maria Cebotari, Lula Mysz-Gmeiner, Peter Anders, Willi Domgraf-Faßbender und andere. Schauspielerinnen und Schauspielern: Walter Franck, Hermine Körner, Lola Müthel, Ewald Balser, Ferdinand Marian, Angela Salloker, Karl Schönböck, Lil Dagover, Eugen Klöpfer, Ernst Legal, Bernhard Minetti, Gerty Molzen, Will Dohm, Will Quadflieg, Ernst Wilhelm Borchert, Franz Schafheitlin, Maria Landrock, Ida Wüst, Hannsgeorg Laubenthal, Willy Birgel, Horst Caspar und andere. - Meist nur 1-2 Namen auf einer Seite; einige wenige Nachträge nach 1945.
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film 2704* Berg, Alban, Komponist (1885-1935). Eigh. Postkarte mit U. (Paraphe). 1 S. (Bleistift).Wien 2. I.1923. 600 € An seinen Kompositionsschüler Herbert Strutz (1902-1973): „Lieber Strutz Ich kann Samstag nachm[i]tt[a]g 4h nicht. Bitte können Sie schon um 2h zu mir kommen? Oder vormittag 11h od. 12h. Eventuell Sonntag früh 9 Uhr? Es bedarf keiner Zusage. Herzlichst A[lban] B[erg] | (N.B.Seidelhofer kommt Samstag 3h. Es bleibt dabei).“ - Herbert Strutz musste sein Klavier- und Kompositionsstudium an der Wiener Musikakademie aus gesundheiltichen Gründen bald darauf abbrechen und wurde Journalist und Schriftsteller. Der Pianist, Organist und Musikpädagoge Bruno Seidlhofer (1905-1982) war Schüler von Franz Schmidt und daneben mit der Wiener Schule - besonders mit Alban Berg - eng verbunden; zu seinem Schülerkreis gehörten Martha Argerich, Rudolf Buchbinder und Friedrich Gulda. - Etwas verwischt.
2705 Black, Roy (eigentl. Gerd Höllerich), dt. Schlagersänger, Film- und Fernseh-Darsteller von zeitweilig größter Popularität (1943-1991). Eigh. Brief m. U. „Roy Black“. 1 S. (Filzstift). Auf Büttenpapier. Gr. 4to. O. u. J. (vermutlich Anfang 1990). 150 € An den Berliner Musk- und Ballettkritiker Klaus Geitel. „... Mit großem Bedauern habe ich von Ihren Bemühungen erfahren, mit mir Kontakt aufzunehmen. Daß es bis jetzt nicht geklappt hat, liegt daran, daß ich in München keinen Wohnsitz mehr habe. Als Kontaktadresse würde ich Sie deshalb bitten, die Adresse meiner Eltern - G. Höllerich ... anzuschreiben ...“. - Von dem Sänger (dessen Branche sonst nicht zu unserem Programm gehört) kommen eigenhändige Briefe im Handel nicht häufig vor.
2706 Brahms, Johannes, Komponist (1833-1897). PorträtPhotographie (nicht signiert/not signed). 15,3 x 10,8 cm. Berlin 1890. 300 € Die schöne, charaktervolle Aufnahme zeigt den Meister im Brustbild, vom Betrachter aus den Blick leicht nach rechts gewendet. Das Photo ist auf einen Untersatzkarton des Berliner Hofphotographen C. Basch gewalzt und mit der eingeprägten Jahreszahl „1890“ versehen. Zugleich ist auf dem Karton auch noch klein der Name „Oscar Kramer, Wien“ eingeprägt. Abbildung
2707 Bülow, Hans von, Dirigent und Klaviervirtuose, Schwiegersohn Liszts, glänzender Hoftheaterkapellmeister in Hannover und Meiningen, großer Wagner- und BrahmsInterpret (1830-1894). Eigh. Brief m. U. „H v Bülow“. 2 S. Kl. 4to. (Chicago), Grand Pacific Hotel, 31.I.1876. 180 € Auf der großen Amerika-Tournee von 1875/76 an einen Herrn, der ihm wohl ein Projekt vorgeschlagen hatte. „... meine sehr geringe Muße, die Unmasse Störungen, denen ich hier exponirt bin und eine ziemlich starke Nervenangegriffenheit erlauben mir nicht, Ihren schmeichelhaften Wunsch mit der nöthigen Überlegung und Gewissenhaftigkeit zu erfüllen. Dagegen würde es mir sehr angenehm sein, mündlich mit Ihnen über die Angelegenheit zu plaudern - wobei es doch leichter zu einer Verständigung kommt - und schlage Ihnen demzufolge Morgen
Dienstag ... vor. Sollten die vorgeschlagenen Stunden Ihnen nicht conveniren, so würde ich in den Frühstunden Donnerstag - vor der Reise nach Milwaukee - gern zu Ihrer Verfügung stehen ...“. - In Chicago gab Bülow vier Konzerte, bevor er nach Milwaukee und Cincinnati weiterreiste.
2708 Busoni, Ferruccio, ital. Komponist, Pianist und Musikpädagoge, lebte lange in Berlin (1866-1924). PorträtPhotographie mit eigh. Widmung u. U. „Ferruccio Busoni“ auf dem Untersatzkarton. 24,5 x 17,5 cm. O. O. Jan. 1899. 300 € „Dem hochverehrten, liebenswürdigen Meister und Helfer Herrn Hof capellmeister Rebiczek zur Erinnerung an den Concertcyclus. Januar 1899. Ferruccio Busoni“. - Die großformatige Aufnahme des Londoner Ateliers H. S. Mendelssohn zeigt den Meister im Brustbild und Profil, vom Betrachter aus nach rechts gewendet. - Der aus Prag stammende Violinist und Kapellmeister Josef Rebicek (1844-1904), Hofkapellmeister in Wiesbaden und Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, war ein zuverlässiger und begehrter Assistent der „Großen“ bei ihren Konzert-Auftritten. - 1 kleine Eck-Absplitterung und 2 kleine Löcher im oberen Rand. Die Rückseite mit einem fragmentar. Artikel über Busoni beklebt. Abbildung
2709 Dessau, Paul, Komponist und Dirigent, wichtiger Filmkomponist und enger Mitarbeiter Bertolt Brechts (1894-1979). Brief m. U. „Paul Dessau“. 1 S. Gr. 4to. Zeuthen (Mark Brandenburg), „im Februar“ (wohl 1960). 180 € An den Musik- und Ballettkritiker Klaus Geitel in Berlin (West), der zu einer Dessau-Premiere der Ost-Berliner Staatsoper kommen möchte. „... Habe mit Pressestelle Staatsoper gesprochen. Geht in Ordnung. Sicher liegt 1 Karte am 10.II. an der Abendkasse. kommen Sie nicht zuuuuh spät, es wird da sicher sowas wie ein Andrang sein. Zur Generalprobe kann leider Niemand zugelassen werden (Anweisung der Intendanz) ... Vielleicht sieht man sich mal bei der Gelegenheit ... Ruth [seine Ehefrau, die Regisseurin Ruth Berghaus] hat ville zu tun ...“. Zum Schluß handschriftlich: „bitte Daumen zu drücken!“ - Die erste Aufführung der Neubearbeitung von Brecht-Dessaus Oper „Die Verurteilung des Lukul lus“ am 10.II.1960 fand in den „Elektro-Apparate-Werken J. W. Stalin“ in Berlin-Treptow statt. - Beiliegend 1 eigh. Gruß-Karte von Paul sowie 2 Gruß-Karten und 1 Gruß-Briefchen von Ruth Dessau.
2710 Dorsch, Käthe, Film- und Theaterschauspielerin, bedeutende Charakterdarstellerin (1890-1957). 3 Briefe m. U. „Käthe Dorsch“. Zus. 5 S. Verschied. Formate. O. O. bzw. Kammer am Attersee 28.IX.1944 - 5.II.1945. 180 € Kriegsbriefe an den Musik- und Ballettkritiker Klaus Geitel: 1 eigh. Brief, 1 eigh. Briefkarte und 1 masch. Brief. Im September 1944 schreibt sie „... Inzwischen waren ... die Außenaufnahmen hier am See für meinen neuen Film - und nun soll es bald nach Berlin gehen! Ganz glücklich bin ich nicht darüber - aber es muß halt sein. Die Theater sind alle geschlossen - und die Trauer darüber natürlich groß ... Sie machen sicher
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ 2712 Ehre, Ida, Hamburger Schauspielerin, Regisseurin und Theaterleiterin, hoch verdiente Neugründerin und langjährige Leiterin der einst von Erich Ziegel gegründeten Hamburger Kammerspiele (1900-1989). 2 eigenhändige und 4 masch. Briefe m. U. „Ida Ehre“. Zus. 9 S. Gr. 4to und quer-8vo. Hamburg 18.XII.1945 - 16.XII.1946. 450 €
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Schweres durch - aber es muß halt geschafft werden ...“ [28.IX.1944]. Bedankt sich für seinen Brief „mit den sehr schönen Versen - ich danke Ihnen herzlich und bewundere immer wieder bei Ihrer Jugend diese schöne Reife und Klarheit. Aber Ihr Erleben ist ja auch ein Anderes als es sonst die Jugend zu haben pflegt und doch wünschte ich Ihnen – nur vorübergehend - ein wenig Postkutschenzeit zaubern zu können – ich glaube - sie wär für nachdenkliche Leute, zu denen Sie sicher gehören – ideal! Jetzt ist überall Wirbel – oben und unten! Im Augenblick kreisen die Bomber um uns herum – in Salzburg - Amstetten – Linz Abwürfe [15.XII.1944] ... Bevor die Post noch schwieriger wird, schnell noch einen Gruss ... Ich glaube jetzt muss man die Ohren sehr steif halten, Sie dort und wir hier. Ich liege mit einer Riesenerkältung im Bett, habe sie mir geholt als ich jetzt in Berlin war. Wir sind gerade noch raus gekommen. Es war schon sehr aufregend dort. – Inzwischen ist es nun viel trauriger geworden und Sie können sich denken wie viel Sorgen man um alle Menschen hat ...“ [5.II.1945].
2711* Egk, Werner, Komponist (1901-1983). 7 masch. Briefe und 1 masch. Postkarte m. U. „Werner Egk“. Zus. ca. 7 S. Die Briefe gr. 4to. Inning 6.IX.1975 - 9.X.1976. 600 € An den Schriftsteller und Regisseur Prof. Günther Bauer in Salzburg. Ausführlich über das gemeinsame Projekt eines Singspiels für Kinder, „Der große Flohmarkt“, mit Text von Bauer und Musik von Egk. Nach einer Unterredung mit einem der Chefs vom Schott-Musikverlag gibt Egk dessen Urteil wieder: „1) Stücke ohne Kinder als Darsteller haben an den Städtischen Bühnen ungleich höhere Chancen als Stücke mit Kinderdarstellern, weil man mit Kindern keine Gastspielveranstaltungen durchführen kann. Aufführungszahlen sind an einigen Stadttheatern durch den ‚Zug auf die Dörfer‘ in der unglaublichen Höhe bis zu 60 pro Spielzeit erreicht worden. Das geht nicht mit Kindern und wird natürlich auch erschwert durch die Begrenzung der Aufführungszeit auf eine bestimmte Jahreszeit (z. B. Advent). - 2) Mississippi, meint er, sollte entfallen. - 3) Dialektfärbung sollte man so weit wie möglich einschränken. Das betrifft (Punkt 1 und 3) nicht die Fernsehfassung, sondern nur die Bühnenaufführungen, an denen der Verlag in erster Linie interessiert ist ...“. - Im August 1976 erklärt Egk in einem gewundenen Brief, daß ihn „Taubheit“ gegenüber dem Stoff befallen habe. Er sei „geblendet“ von den Vermarktungsmöglichkeiten gewesen und „habe dabei übersehen, dass ich leider nicht mit der Art von ‚Talent‘ gesegnet bin, dem zum Beispiel die Schlagerproduktion ihre hohen Verkaufsziffern verdankt. So gesehen war unsere Planung im Ansatz falsch, wenigstens was mich betrifft und so kam es zwangsläufig zu meinem Entschluss aufzugeben ...“. - Beiliegend die Durchschrift eines Briefes von Egk an den Schott Verlag mit Erklärung für seinen Rückzug, nebst Anschreiben von Elisabeth Egk.
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An den Hamburger Landgerichtsrat Dr. R. J. Meyer, der sich vielfältig im Hamburger Kulturleben engagierte und sich auch für die 1945 von Ida Ehre neu eröffneten Hamburger Kammerspiele einsetzte. So bot er angesichts des katastrophalen Mangels an Lebensmitteln nach Kriegsende an, dass jeweils vier Schauspieler der Kammerspiele im Restaurant eines ihm befreundeten Gastwirts täglich kostenlos eine Mahlzeit erhalten könnten. Ida Ehre bedankt sich im ersten der hier vorliegenden Briefe. „... Ich weiss, dass es nicht einfach ist, und trotzdem habe ich und alle die mit mir arbeiten, den festen Willen und die ehrliche Absicht die Wahrhaftigkeit, die den Menschen in den letzten Jahren genommen wurde, wiederzufinden ... Dass Sie so freundlich sind und mich beauftragen, Ihnen 4 Künstler zu nennen, die das liebenswürdige Angebot des Besitzers des Restaurant ‚Halali‘ annehmen sollen, freut mich sehr ... Dieses Entgegenkommen ist in der heutigen Zeit besonders begrüssenswert, da es für die meisten unserer Kollegen mit unendlichen Schwierigkeiten verknüpft ist, bei der Unregelmässigekti unserer Essenszeit, auch nur einmal am Tage eine warme Mahlzeit zu bekommen [18.XII.1945] ... Ich würde Herrn Schomberg, Anklam, v. SchmidtPauli und Koniarski als Gäste für das Restaurant ‚Halali‘ vorschlagen [21.I.1946] ... Ihre Glückwünsche zu unserer ‚Frau Warren‘ [von G. B. Shaw] haben mir ausserordentliche Freude gemacht und ich hoffe von Herzen, dass wir Ihnen noch oft Gelegenheit geben werden, sich so lobend über unsere Aufführungen aussprechen zu können. Ihrem Wunsche, Stammgast in unseren Premieren zu sein, ist schon Rechnung getragen. Sie ... werden selbstverständlich zu jeder Premiere Ihre beiden Plätze zugeschickt bekommen [21.I.1946] ... am 10. Dezember ist es erst ein Jahr daß die Tradition der Kammerspiele wieder zu neuem Leben erweckt wurde ... Ist es nicht interessant, daß zwei Zeitungen wie ‚Die Zeit‘ u. ‚Die Welt‘ - uns prinzipiell totschweigen und unsere Premieren nicht besprechen - wohingegen Vorstellungen die oft unter dem Durchschnitt sind in anderen Theatern - mit Kritiken bedacht werden ... wodurch wir diese Interesselosigkeit verdient haben - wer kann das wissen! ...“ [14.X.1946]. - Beiliegend 2 masch. Briefe von Mirjam Ziegel-Horwitz (1882-1967), ebenfalls an R. J. Meyer, aus den Jahren 1927 (mit Briefkopf: „Hamburger Kammerspiele. Künstlerische Leitung: Mirjam Ziegel-Horwitz“) und 1958. Ebenfalls über TheaterAngelegenheiten, u. a. Bauvorhaben mit Regierungsbaumeister Tüngel. Erwähnt Gustaf Gründgens und Johannes Schröder. - Mit einer Ausnahme alle Stücke gelocht; die beiden Briefe von Mirjam Ziegel-Horwitz auch fleckig und mit weiteren Erhaltungsmängeln.
2713 Ehrl, Felix, Opernsänger (Bassist), vielbeschäftigter Sänger und Regisseur an hochrangigen deutschen Bühnen sowie an Angelo Neumanns Wagner-Theater (18551929). Tagebuch aus den Jahren 1875-1888. 94 Bl., davon 185 S. beschrieben. 22 x 15 cm. Hellbrauner Schweinslederband (Rücken leicht berieben) mit Gold- und Blindprägung sowie Metall-Schließe. (Prag 1888). 600 € Inhaltsreiche, meist im Telegrammstil verfaßte Aufzeichnungen aus der bewegten Bühnenlaufbahn des aus München stammenden Sängers, der seine Schilderungen auch mit seiner Münchener Studienzeit
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film beginnt. Es folgen Engagements in Bremen, an der Berliner Kroll-Oper, an den Stadttheatern Chemnitz und Elberfeld, 1881 am Leipziger Stadttheater, bis er 1883 in den Verband des Deutschen Theaters in Prag eintritt, dem er bis 1898 angehörte. Zwischendurch immer wieder Gastspiele in München, Berlin und anderen Städten. - Ehrls spätere Karriere bei Angelo Neumann, als Oberregisseur am Berliner Theater des Westens, am Hamburger Stadttheater und am Hoftheater in Kassel ist hier naturgemäß noch nicht enthalten, aber die interessanten Aufzeichnungen der ersten dreizehn Bühnenjahre (jeweils mit Verzeichnis der gesungenen Partien) aus den verschiedenen Städten, die Erlebnisse mit Kollegen und Direktoren sowie Beschreibung der Theaterverhältnisse vermitteln aufschlußreiche Einblicke in die Bühnenpraxis der Stadt- und Hoftheater in der Epoche Kaiser Wilhelms I. - Beiliegend 5 lose Bl. mit weiteren Aufzeichnungen.
2714* Elssler, Fanny, eine der berühmtesten Tänzerinnen der Ballettgeschichte (1810-1884). Eigh. Brief m. U. „Fanny“. 21/4 S. Gr. 8vo. Bad Vöslau 21.VII.1871. 350 € Ungefähr am Jahrestag des Todes ihrer Tochter Therese, verh. von Webenau, an eine Helene in Linz. „Du bist lieb u. gut Helene! u. mein Herz dankt Dir, für die Erinnerung an meine arme zu früh dahingeschiedene Tochter! Ich umarme Dich innig dafür. - Wir sind seit dem 14 Juny in Vöslau, mit meinem Schwiegersohn u. Enkelin, wo wir uns alle recht erholt haben. - Seit dem 12. d. ist mein Schwiegersohn, mit seinem Bruder Arthur - der aus Constantinopel auf Urlaub hier war, nach Meran gereist, um dort für den Winter die Villa, die für seine Frau gebaut wurde, zu vermiethen, sich selbst nieder zu lassen, u. in einigen Wochen die kleine Fanni abzuholen. - In der Zwischenzeit bleibt die Kleine bey uns, u. hat sie sich recht erholt, besonders seit alles Lehrnen [!] aufgehört ...“. Ferner über ihren Bruder, eine strenge Cousine, den Sohn der Helene und anderes. - Fanny Elsslers Tochter Therese (geb. 1833, vermählt mit dem Truchsess und Rittmeister Victor Weber Edler von Webenau, 1821-1903), war am 18. Juli 1870 in Meran verstorben. Die „kleine Fanni“ ist ihre Tochter Fanny von Webenau, später verheiratete v. Le Bret-Nucourt, die Enkelin unserer Tänzerin. - Beiliegend mehrere neuere Zeitschriftenartikel über Fanny Elssler.
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Abbildung
2715* Furtwängler, Wilhelm, legendärer Dirigent und Komponist, Staatsoperndirektor in Berlin und Wien sowie Leiter der Berliner Philharmoniker (1886-1954). Porträtfoto-Postkarte mit eigh. Signatur „Wilhelm Furtwängler“ auf der Bildseite. O. O. (ca. 1920). 300 € Die frühe, künstlerische Aufnahme von Trude Fleischmann (Orig.-Bromsilber-Abzug) zeigt den Meister im Brustbild, mit verschränkten Armen. - Die Beschichtung silberig oxydiert; rückseitig Montagespuren.
2716 Gigli, Beniamino, ital. Tenor und Filmschauspieler, von ähnlicher Berühmtheit wie Caruso (1890-1957). Porträtfoto-Postkarte mit eigh. Signatur „Beniamino Gigli“ und Datum auf der Bildseite. O. O. 1937. 200 € Kopfbild aus dem Atelier G. Grazioli in Florenz. - Die BromsilberBeschichtung leicht silberig oxydiert. - Dabei: Hans Knappertsbusch,
Dirigent, u. a. Generalintendant der Bayerischen Staatsoper (18881965). Porträtfoto-Postkarte mit eigh. Signatur und Datum auf der Bild seite. Wien 1925. - Die Aufnahme von Trude Fleischmann zeigt den Dirigenten im Brustbild, den Kopf im Halbprofil nach rechts gewendet. - Die Signatur auf dunklem Grund nicht leicht zu erkennen.
2717* Glasunow, Alexander, russ. Komponist (18651936). Eigh. Brief m. U. „Alexander Glasunow“. In deutscher Sprache. 1 S. Doppelblatt mit Briefkopf „Direktor SPb. Konservatorije“. Gr. 8vo. St. Petersburg 11.X.1910. 350 € An einen Kollegen, dem er einen Musiker empfiehlt. „Verehrter Meister, Gestatten Sie mir die Freiheit Ihnen den Laureaten des St. Petersburger Konservatoriums Herrn Boris Laptschinski zu empfehlen. Der talentvolle Pianist hat im Frühling dieses Jahres die Klavierklasse des Herrn Professor Dubassow mit Auszeichnung absolviert, hegt aber den Wunsch, sich unter Ihrer hochkünstlerischen Leitung weiter zu vervollkommnen. Wollen Sie sich seiner freundlich annehmen? ...“. - Leicht knittrig; die letzte (leere) Seite etwas angestaubt.
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ An den Buchhändler Kirchhof. „... ein Bekannter von mir ist im Besitz des Krünitz‘schen Conversationslexikons, es fehlen ihm aber die Bände 126, 129, 134, 135, 148, 140, 142, 144, 145 und 146. Was ist unter solchen Verhältnißen das Buch wohl werth, eventuell zu welchem Preise würden Sie dasselbe wohl übernehmen? ...“. - Die von 1773 bis 1858 in 242 Bänden erschienene „Oeconomische Encyklopädie“ von Johann Georg Krünitz dürfte, auch beim Fehlen von 10 Bänden, bereits 1859 einen erheblichen Handelswert repräsentiert haben.
2720 Hanslick, Eduard, österr. Musikschriftsteller, höchst einflußreicher und umstrittener Musikkritiker, Universitätsprofessor in Wien, Vorbild für Wagners „Beckmesser“ in den „Meistersingern“ (1825-1904). Eigh. Briefkarte m. U. „Dr Eduard Hanslick“. 1 S. Quer-16mo. Wien 22.VII. 1886. 180 €
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2718* Gounod, Charles, französ. Opernkomponist (18181893). Eigh. Brief m. U. „Ch. Gounod“. 21/2 S. 8vo. Nieuport-Bains, Villa Elise (Belgien). 12.VII.1886. 180 € À „Ma chère enfant“. Le compositeur séjourne alors à Nieuport dans la villa de Mme Elisa Mols-Brialmont, fille du général Brialmont, où il faisait de fréquents séjours. Il évoque un travail en cours: il a déjà indiqué pour les 2 premiers actes les suppressions qui lui semblent utiles dans l‘intérêt de la pièce et aussi de la musique „mais le travail des coupures est surtout un travail d‘ensemble destiné non seulement à alléger telle ou telle période mais encore à équilibrer entre eux les divers actes ...“. Il n‘aura guère de temps à consacrer à la musique mais il lui demande quand même d‘envoyer le poème qu‘il lui remettra „avec toutes mes notes et indications. Je compte sur toi pour faire une saison fructueuse en vue de ta carrière“. - Hübscher Brief in säuberlicher Altersschrift. Abbildung Seite 135
2719 Härtel, Raymund, Leipziger Musikverleger, seit 1832 Leiter des Verlages Breitkopf & Härtel (1810-1888). Eigh. Brief m. U. „“R Härtel“. 2/3 S. Mit Briefkopf in Blindprägung. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 4to. (Leipzig) 6.IV. 1859. 150 € 136
An den Musikschriftsteller Joseph Schrattenholz (1847-1909), der ihn zur Mitarbeit an seiner geplanten Zeitschrift „Die Musik-Welt“ eingeladen hatte. „... In Beantwortung Ihres geehrten Schreibens - das ich, von einer längeren Reise heimkehrend, soeben erst vorfand - muß ich Ihnen leider mittheilen, daß meine gehäuften Beschäftigungen es mir ganz unmöglich machen, mich an Ihrer neuen Musikzeitung zu betheiligen. Ich habe mich längst auf mein Referat in der N. Fr. Presse zurückgezogen und bin Mitarbeiter keiner einzigen Musikzeitung ...“. - Schrattenholz‘ „Musik-Welt“, die ab 1887 erschien, brachte es nur auf zwei Jahrgänge. - Beiliegend 1 eigh. Brief und 1 eigh. Briefkarte m. U. „F. L.“ des Berliner Theaterkritikers Friedrich Luft an den Musik- und Ballettkritiker Klaus Geitel: „... dies nur um Ihnen zu sagen, wie genussvoll ich Ihren Fahnenartikel im ‚Transatlantik‘ soeben inhaltiert habe. Schrecklich: Sie werden immer besser & auf hämische Weise lustiger! Da ziehe ich nun wirklich mal meinen alten Hut in amüsiertem Respekt ...“ [1985].
2721 Hiller, Ferdinand, Komponist, europaweit tätig als Dirigent, schließlich städt. Musikdirektor und Konservatoriumsdirektor in Köln (1811-1885). Eigh. Brief m. U. „Ferd Hiller“. In franz. Sprache. 22/3 S. Mit blindgepr. Briefkopf „Conservatorium der Musik Coeln“. Gr. 8vo. (Köln) 21.IX.1870. 200 € An einen Mr. Broadwood, vermutlich Henry Fowler Broadwood (18111893), Mitglied der bedeutenden englischen Klavierbauer-Dynastie. Von einer England-Reise mit seiner Tochter nach Köln zurückgekehrt, bedankt sich Hiller für Broadwoods Sendung und fährt fort: „... Nous avons passé quelques fort bonnes journées chez les Goldschmidt - la célè bre Jenny [geb. Lind] était de l‘humeur le plus bon possible. Elle m‘a même chanté un morceau de ma cantate admirablement. - Notre passage sur mer s‘est aussi parfaitement exécuté - nous n‘avons pas même été malades! Maintenant que me voilà dans ma chambre colonaise, toute cette expédition anglaise m‘apparait comme un rêve. Mais un rêve excessivement agréable! ... Veuillez dire mille choses à Madame Broadwood que je remercie du fond de mon coeur de l‘aimable accueil qu‘elle a fait à ma fille et à moi - et faites mes meilleurs compliments à vos chers enfants ainsi qu‘à Mr. votre frère et Mad. votre belle-soeur ... Ma fille veut ajouter quelques mots et je mets fin à mes expectorations. Je vous serre bien cordialement la main, cher Mr. Broadwood ...“. - Auf der vierten Seite, wie angekündigt, ein anderthalb Seiten (sie schreibt überkreuz) umfassendes Dankschreiben von Hillers Tochter Tony an Mr. Broadwood, worin sie ebenfalls dessen große Gastfreundschaft und die vergnügte
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film Zeit in seinem Hause hervorhebt. - Mit „ma cantate“ meint Hiller seine Kantate „Nala und Damajanti“, zu deren Aufführung auf dem Birmingham Musikfestival er nach England gereist war. - Die 4. Seite mit Spuren ehemaliger Montage.
2722 Hindemith, Paul, Komponist und Dirigent (18951963). Eigh. musikalisches Albumblatt m. U. „Paul Hindemith“. Auf einer Karte. Ca. 9 x 14 cm. Aufwendig unter Glas gerahmt. O. O. u. J. (wohl um 1930). 300 € Zwei 4/4-Takte auf einem handgezogenen System. - Eindrucksvoll gerahmt.
2723* Hummel, Johann Nepomuk, Komponist und glänzender Pianist, Schüler Mozarts und Salieris, Nachfolger Haydns beim Fürsten Esterhazy, in Wien Freund und Konkurrent Beethovens, in Stuttgart und schließlich Weimar Hofkapellmeister (1778-1837). Eigh. Brief m. U. „Joh. Nep. Hummel, Kapellmeister“. 2 S. 4to. Stuttgart 17.I.1817. 800 € In Schönschrift an eine Exzellenz am Hof Wilhelms I. von Württemberg, während Hummels zweijähriger Tätigkeit in Stuttgart. „... Nachdem gegenwärtig in Wien die Herausgabe meiner sämtlichen KirchenKompositionen, bestehend aus 6 Messen, 6 Gradualien, 6 Offertorien und ein Te Deum Laudamus, sowohl mit unterlegtem lateinischen als deutschem Texte, auf Prenumeration veranstaltet wird; so hege ich keinen größern Wunsch als den: Von Sr. Majestät, meines Allergnädigstgen König und Herren die Erlaubniß zu erhalten, Allerhöchstdenenselben gleich die Erste erscheinende Messe dieser Samlung Allerunterthänigst widmen, und zu Füßen legen zu dürfen ...“. Bittet den Adressaten, sich für ihn beim König zu verwenden. - Stark gebräunt; Faltenriss im leeren Respektblatt. 2728
2724 Humperdinck, Engelbert, Komponist (1854-1921). Eigh. Musikmanuskript mit Widmung und Namenszug „E. Humperdinck“ am Kopf. 2 S. Gr. 4to. Siegburg 6.I. 1874. 3.000 € „Rheinlied für eine mittlere Stimme. Herrn Maler Franz Halm freund schaftlich zugeeignet von E. Humperdinck.“ Frühe, vollständige Komposition des 20jährigen Siegburgers, der seit zwei Jahren am Kölner Konservatorium bei Ferdinand Hiller studierte. „Es rauschen die Wogen im Strome dahin, zu Thale wir zogen mit lustigem Sinn ...“. Noten und Text für Klavier und Gesang auf 23 Systemen; am Schluss noch einmal datiert und monogrammiert: „Siegburg 6.I.74 E.H.“ - In der mittleren Querfalte durchgetrennt; mehrere Einrisse; etwas gebräunt. - So früh von größter Seltenheit. Abbildung
2725* - Eigh. Brief m. U. „E Humperdinck“. 1 S. Doppelblatt mit rotem Namensstempel am Kopf. 8vo. BerlinGrunewald 20.IV.1905. 200 € An einen Hofkapellmeister: „... Anbei beehre ich mich, Ihnen ein nach der Berliner Aufführung corr- und redigirtes Exemplar der Partitur
meiner H[eirat] w[ider] W[illen] zugehen zu lassen. Herr Max Brockhaus hatte mich ersucht, es Ihnen direkt zuzusenden, damit Sie die betr[effenden] Änderungen in Ihr Exemplar eintragen lassen könnten, und läßt Sie bitten, nach erfolgter Verbesserung das Correktur-Exemplar zur weiteren Verwendung ihm nach Leipzig zurückzuschicken ...“. - Am 14. April 1905 hatte an der Berliner Hofoper unter Leitung von Richard Strauss die Uraufführung des Werkes stattgefunden; zu den vor und während der Proben vorgenommenen Änderungen an der Partitur vgl. den Briefwechsel zwischen Humperdinck und R. Strauss (1996).
2726 Iffland, August Wilhelm, Schauspieler, Dramatiker, Schauspiel-Theoretiker, Almanach-Herausgeber und Generaldirektor der Kgl. Schauspiele in Berlin (17591814). Brief m. U. „Iffland“. 3 S. 4to. Berlin 29.I.1805. 300 € An den Leiter des Stuttgarter Hoftheaters [wohl der namentlich nicht genannte Geheime Rat und Kammerpräsident Baron von Mandelsloh], der sich über Kotzebues Lustspiel „Die Stricknadeln“ erkundigt hatte. „... Das Schauspiel die Stricknadeln vom Herrn v. Kotzebue hat nicht
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ 2727 - Eigh. Brief m. U. „Iffland“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und geteiltem Siegel. (Frankfurt am Main) 8.IX. 1811. 400 € An den Lizenziaten Woestenradt in Mannheim, den er mit „Mein redlicher Freund“ anredet. „... S E d H v Venningen habe ich gebeten, über die Details meines Hinkommens Ihnen schreiben zu dürfen und thue es hiemit. Die Zeit des Hinkommens, ist zwischen dem 21 und 23 d M. Drei Rollen kann ich geben und nenne dazu den Baron Wittburg in der Versöhnung der Frau von Weißenthurn. NB, wenn das Stück nicht zu arg gestrichen ist. Den Graf von Savern in Fridolin [von Holbein], oder den Lorenz Stark in der deutschen Familie [von F. L. Schmidt], dann, den Nathan [von Lessing], oder den deutschen Hausvater [von Gemmingen], oder den Eßighändler [von Mercier] ... Ich ersuche um 200 fl. für jede Rolle, wie hier. Die Intendanz kann nicht dabei verlieren, wenn sie zwei Abon: susp: giebt ... Sollte wohl Kapellmeister Weber dort Konzert geben können? Er ist ein Mannheimer, so würde ich ihm, den von ihm herrlich komponirten Eisenhamer [nach Schillers Ballade „Der Gang nach dem Eisenhammer“] lesen. Was kann eine Konzerteinnahme sein, was sind die Kosten? ...“. - Der Berliner Hofkapellmeister Bernhard Anselm Weber (1764-1821) war in Mannheim geboren. Der oben erwähnte Friedrich Anton von Venningen (1765-1832) war der Intendant des Mannheimer Nationaltheaters. - Auffallend ist, dass Iffland keines seiner vielen eigenen Stücke anbietet. - Auf das zweite Blatt montiert das - nicht sehr gelungene - Porträt Ifflands, das um 1830 von E. Rauch nach Raabe gestochen und bei Schumann in Zwickau verlegt wurde.
2728* Janácek, Leos, tschechischer Komponist (18541928). Eigh. Brief m. U. „Dr. ph. Leos Janacek“. In tschech. Sprache. 3 S. Gr. 8vo. (Brno/Brünn 12. oder 13.VIII.1925). 900 € 2731
allein hier, sondern überall eine sehr angenehme Sensation gemacht. Da ich vom H. Verfasser den Auftrag habe, dessen Mscpt. Geschäfte in seiner Abwesenheit zu führen, so sende ich das Mscpt. mit der heutigen Post an Sie ab, damit man dort sogleich prüfen könne, ob Sie es annehmen wollen oder nicht. Glaubt das Stuttgarder Hoftheater nicht Gebrauch davon machen zu können, so bitte ich Sie, das Mscpt. ... Namens meiner an Herrn Lizentiat Woestenradt nach Manheim zu versenden. Wollen Sie aber Gebrauch davon machen, so belieben Sie mir das Honorar, welches die Direction des Stuttgarder Hoftheaters zu allen Zeiten d H. v. Kotzebue für ein Mscpt gegeben hat, durch Anweisung ... an das hiesige Haus Schickler baldigst zu übersenden, damit ich mich mit H. v. Kotzebue berechnen könne. - Die Oper Sternenkönigin hat leichte und auch schöne Musik ... Haben Sie die Güte, mich dem Geheimen Hausminister Grafen von Winzingerode angelegentlich zu empfehlen ...“. - Mit Kotzebue war in Stuttgart eine förmliche, nach der Aktzahl abgestufte Taxe verabredet: er bekam z. B. für ein Stück von fünf Aufzügen acht Dukaten. - Kotzebues Schauspiel „Die Stricknadeln“ erlebte vom 27. November 1804 bis 23. März 1854 in Berlin 27 Aufführungen. - Ferdinand Kauers „Die Sternenkönigin“, ein „romant. Feenmärchen mit Gesang“, wurde in Berlin von 1804 bis 1808 15mal gespielt. - Dass der gesellschaftlich hoch stehende Iffland von Kotzebue „Aufträge“ entgegennahm, lag daran, daß der gefeierte Autor, von den Künstlern und vom Hof hoch geschätzt, zu dieser Zeit in Berlin lebte und mit dem Hoftheaterdirektor in gutem Einvernehmen stand.
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An Jan Mikota (1903-1978) in Prag wegen der Organisation von Janáceks Reise nach England im Jahre 1926. Mikota war Sekretär bei der Zeitschrift „Hudebni matice“ und bei der „Internationalen Gesellschaft für Neue Musik“; als solcher war er mit der Vorbereitung des IGNM-Festivals in Prag und Wien (1925) beschäftigt und nahm am Frankfurter Musikfest 1927 teil, wo auch ein Janacek-Werk aufgeführt wurde. Er diente Janacek als Sekretär bei der Reise nach England (vgl. Jan Mikota: Janácek in England. In: Der Anbruch 8/1926, S. 330). - Freie Übersetzung: „... Ich weiß nicht, wo und in welchen Hotels die anderen Teilnehmer der Tournee sich die Zimmer bestellt haben, und ich weiß nicht, ob ich anderswo und weit entfernt übernachtet hätte. Ich bitte deshalb, melden Sie mich an und bestellen Sie zwei Plätze etwa Reihe 5-9 für die Konzerte, und Zweibettzimmer in dem Hotel, wo die anderen untergebracht werden. - Warum ‚ausgenommen Österreich‘ beim Visum im Reisepass? Ich übersende die Pässe zum Zweck der Besorgung des österreichischen Visums ... Ps. Könnte ich vielleicht in Budweis zusteigen? ... Ich würde in derselben Klasse wie alle anderen reisen. Wissen Sie schon, wer mitfährt?“ Sodann wegen des Konzertbeginns und wegen eines Herrn Mohl in Budweis. - Gelocht und gering stockfleckig; S. 3 mit Eingangsstempel. Auf der letzten (leeren) Seite der Stempel von Jan Mikota. Abbildung Seite 137
2729 Jaques-Dalcroze, Émile, Schweizer Komponist und Musikpädagoge, Gründer von Schulen für Rhythmische Gymnastik in Hellerau und Genf (1865-1950). Eigh. Briefkarte m. U. „Jaques-Dalcroze“. 12/3 S. Quer-8vo. (Genf) 25.VI.1906 150 €
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film An ein „Fräulein“, vielleicht eine Tänzerin. „... Mein Verleger Sandoz (Neuchâtel) schreibt mir er hätte von Ihnen gar keinen Brief erhalten. - Ich habe ihm Ihren Brief vom 19/6/ geschickt damit er Ihnen direkt antwortet. - Es thut mir leid dass Sie so viel Schwierigkeiten wegen meines Werkes haben. Ich hoffe dass sich alles arrangiren wird ...“. - Bei Sandoz erschien 1906 aus der Reihe „Methode Jaques-Dalcroze“ der Teilband „Studium des Notenplanes“. Die rhythmische Gymnastik nach Jaques-Dalcroze wurde weltweit erfolgreich und ist noch heute anerkannt. - Mit gedrucktem Briefkopf „Conservatoire de Musique de Genève. Le Directeur“.
2730 Joachim, Joseph, Violinist, Komponist und Dirigent, Direktor der Musikhochschule in Berlin, einer der bedeutendsten Violinisten des 19. Jahrhunderts (18311907). Eigh. Brief m. U. „Joseph Joachim“. 1 S. Gr. 8vo. London 1.VII.(1865). 180 € An einen Konzertmeister. „... Glauben Sie mir, daß es gewiß nicht Mangel an Vertrauen in Ihre Concerte ist, wenn ich leider wieder gezwungen bin, Ihren freundlichen Brief ohne eine Zusage zu beantworten; aber ich bin eben zur Zeit Ihrer Concerte dies Jahr weitab! Wir reisen in diesem Monat noch in‘s Seebad, im Norden von England, und vor dem Spätherbst werde ich kaum nach Deutschland zurückkehren, da ich der Ruhe nach der anstrengenden Londoner Saison bedarf ...“. - Kleine Randläsuren.
2731 - Porträt-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Joseph Joachim“ auf der Bildseite. Auf Karton gewalzt. Goldschnitt. 15,5 x 10,6 cm (Kabinett-Format). Berlin, Mai 1898. 300 € „Herrn Hofkapellmeister Rébiceck zu freundlichem Andenken Joseph Joachim“. Die Aufnahme des Berliner Ateliers Loescher & Petsch zeigt den Meister im Brustbild mit verschränkten Armen, vom Betrachter aus nach halbrechts gewendet. - Der aus Prag stammende Violinist und Kapellmeister Josef Rebicek (1844-1904), Hofkapellmeister in Wiesbaden und Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, war ein zuverlässiger und begehrter Assistent der „Großen“ bei ihren KonzertAuftritten. Abbildung
2732 Kleiber, Erich, Dirigent, als Nachfolger von Leo Blech Generalmusikdirekor der Berliner Staatsoper, leitete u. a. die Uraufführung von Bergs „Wozzeck“, emigrierte 1935 nach Buenos Aires (1890-1956). Eigh. Brief m. U. „Erich Kleiber“. 1 S. 4to. Ostseebad Kellenhusen 15.VII. 1917. 200 € Aus dem Urlaub als junger Darmstädter Kapellmeister an den (nicht genannten) Generalmusikdirektor Felix von Weingartner, der ihm einen Vorschlag bezügl. eines Konzertprogramms unterbreitet hatte. „... Ich habe gleich an Herrn Diedrich nach Darmstadt geschrieben, daß wir Ihrem Vorschlag gemäß statt der ‚Aufforderung zum Tanz‘ Ihren ‚Dame Kobold‘-Walzer auf das Programm des Walzer-Konzerts setzen werden und nun wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Freundlichkeit hätten, uns das Material hierzu für diesen Abend vom Verlag aus leihweise zu verschaffen ...“. - Weingartner hatte den Walzer 1916 komponiert. - Mit ausgerissener Lochung. - So früh sehr selten.
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2733 Knef, Hildegard, dt. Schauspielerin von internationalem Ruf, Chansonsängerin und Autorin (1925-2002). Konvolut von 8 eigh. Briefen, 4 masch. Briefen m. U. „Hilde“ und 1 eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „H. K.“. Zus. 121/2 S. Mit 2 Umschlägen. Meist gr. 4to. 1962-1984. 750 € An den Schauspieler und Regisseur Michael Münzer, den sie zuweilen „geliebtes Grenzkind“ nennt. Locker und mit manchmal aufgesetzt wirkender Munterkeit hingeworfene Briefe mit Nachrichten von ihren vielen Reisen, Wohn- und Dreh-Orten, Film-Neuigkeiten verschiedener Art, Stimmungen und Antworten auf Briefe Münzers, der einige Jahre in Japan tätig war. Keiner der handschriftlichen Briefe ist datiert, so daß die folgenden Zitate nicht unbedingt in chronologischer Folge stehen. Nach einem Crashkurs in Französisch bei Münzer schreibt sie: „... Unsere Arbeit hat sich gelohnt! Die Produktion war zutiefst gerührt über die erschöpfenden Französischkenntnisse der Künstlerin und die Muster waren erfreulich. Hab nochmals tausend Dank! ... Du weißt sicher ... daß wir in der Dreigroschenoper und in Platten und TV playbacks ersticken - Ansonsten gehts Danke ... Dank für Deinen Brief (den aus Irland), ich fand ihn nach unserer Rückkehr aus London vor - 4 Monate haben gereicht - das Inselleben kann ohne mich stattfinden - u. von Swinging London keine Spur ... Der Cameron [ihr Mann, der Schauspieler, Regisseur und Übersetzer David C., auch Antonio Palastanga, gen. Toni] beginnt seine Fair Lady zu inszenieren und ich tippe in Eile und zwischen Fernsehaufnahmen, die zu Zweidrittel fertiggestellt sind.
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ 2734 - 8 meist große Porträt- und Rollenfotos, davon 4 mit eigh. Widmung auf der Bildseite und 2 im Groß folio-Format, sowie 1 gemaltes Selbstbildnis (Aquarell mit Deckweiß) mit eigh. Widmung. 18x12,8 bis 86x 58 cm; das Selbstbildnis 61x45 cm. 1962 - ca. 1970. 800 € Qualitätvolle Aufnahmen verschiedener Ateliers, z. T. gemeinsam mit anderen Schauspielern, z. B. Berta Drews. Alle Widmungen Hildes an Michael Münzer. Die Großfolio-Bilder auf feste Pappe gezogen (eines mit Fehlstelle). - Teilweise mit kleinen Reisszwecken-Löchern an den Ecken. Abbildung Seite 139
2735 - Camble, Alwyne, Couturier, Bühnen- und Kostümbildner sowie Film-Autor der 50er und 60er Jahre. Brief m. U. „Alwyne“ und 2 Typoskripte mit Film-Entwurf und 3 ganzseit. Orig.-Zeichnungen. München und Paris 1962. 300 € Der Brief an Michael Münzer in München, betreffend die Übersetzung des Filmskripts sowie die Finanzierung und Organisation des Filmprojekts in München. - Beiliegend 2 Exemplare des französ. Filmskripts („Synopsis“), der Schauspielerin Hildgard Knef gewidmet: Nacht von Artemare. filmlegend from Alwyne Camble. Titelblatt und 11 S. auf 11 Bl. sowie 3 Bl. Zeichnungen (Landschaft und Kostümfigurinen für Hildegard Knef, München 2.IV.1962). Abbildung
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Hamilton‘s erstes Drittel war british neblig und unterkühlt, François Reichenbach, als Zweiter, traf mich wie ein Wirbelwind und hinterließ blätterloses Geäst. Nun erwarte ich Vandenberg, den Holländer. Laß uns hoffen, daß aus dem Goulasch ein genießbares Essen wird ...“. Am 27.VI. 1973 schreibt sie: „... ich versuche mich von meinen miserablen Operationen zu erholen, es geht nur langsam voran und verlangt unendlich viel Geduld, mit der ich nicht gerade gesegnet bin.“ Am 12.I.1974 kommt sie noch einmal darauf zu sprechen: „... Vier Mal wurde Deine zierliche Freundin operiert und noch immer bibbern die Professoren gebildet vor sich hin und hoffen, daß sie die katastrophalen Folgen der Kaiserschnittgeburt beseitigen konnten. Der Idiot, um nicht zu sagen, der Kriminelle (Arzt) in München anno dazumal hat nach Aussagen der Schweizer und Österreichischen Chirurgen genäht wie ein heroinverseuchter Klempner ... Bist Du arg beleidigt, wenn ich sage, daß ich einen narbenbedrohlichen Lachkrampf hatte, als ich von Deiner Inszenierung von Minna‘n [wohl Lessings „Minna von Barnhelm“] auf Japanisch hörte ... Obwohl ich alle Hüte ziehe, so entbehrt es von Österreichs MGM Landschaft aus gesehen, nicht einer Komik, die ich zu begreifen erbitte ...“. - Beiliegend der Durchschlag eines umfangreichen Briefes [1981] von Münzer an Hildegard Knef und ein eigh. Brief von „Tonio“ [David Cameron] an Münzer. Meist gelocht.
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2736 Laube, Heinrich, freisinniger Schriftsteller, dem Jungen Deutschland verbunden, sowie Dramatiker und hervorragender, legendärer Theaterleiter in Wien und Leipzig (1806-1884). Engagementsvertrag mit zweima liger Unterschrift „Laube“. Gedrucktes Formular mit handschriftl Eintragungen und mehreren Streichungen. 4 S. Gr. folio. Wien 1878-1879. 180 € Engagementsvertrag zwischen dem Direktionsrat der Gesellschaft des (von Laube gegründeten) Wiener Stadttheaters einerseits und dem Souffleur Paul Hirschberger andererseits. Der aus 12 teils umfangreichen Paragraphen bestehende Vertrag, gültig für ein Jahr ab dem 1. September 1878, wurde 1879 um ein Jahr verlängert, weshalb alle Beteiligten hierzu nochmals unterzeichneten. Interessantes Dokument zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Theaterbetriebs.
Jenny Lind in Lübeck 2737* Lind, Jenny, ab 1852 verh. Goldschmidt, weltbekannte Sopranistin, die „schwedische Nachtigall“, eine der berühmtesten Sängerinnen der neueren Musikgeschichte (1820-1887). Eigh. Brief m. U. „Jenny Lind“ und eigh. Umschlag mit Siegel. In deutscher Sprache. 4 S. Gr. 8vo. Hannover 11.II.1850. 400 € An den Arzt Johann August Hermann Heylandt (1799-1865) in Lübeck: „... Ein paar Worte muß ich Ihnen senden damit Sie nicht so etwa denken ich habe Sie oder Lübeck vergessen! Meine [Begleiterin] Josephine [Ahmannssohn] schreibt mir wie unendlich gut Sie gegen Ihr (oder: Sie?) sind, und daß Sie immer ein solchen Trost mitbringen wenn Sie kommen. Ich muß mein Herz daher etwas Luft geben, und Ihnen aus
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film die Tiefe meiner innersten Seele danken ... Was haben Sie mir für eine Wohlthat gespendet, geehrter Herr Doctor! von den Pillen, Brausepulver und Fachinger Wasser fühle ich mich so wohl wie ich mich seit Jahren nicht gefühlt - und mein Kopf ist - unberufen - ganz anders geworden. Ich mache diese kleine Reise um auch etwas zu probiren, und bis jetzt hab‘ ich von allen Reisen und Anstrengungen durchaus keine die geringste Unan[n]ehmlichkeit gehabt und was ist dies für mich unschätzbar. Ich finde so viel Güte und Liebe überall daß ich ganz weich gestimmt bin. Der liebenswürdige Kronprinz, wie glücklich bin ich daß ich Ihm habe durch mein Gesang Freude bereiten können! Ich sehne mich zurück nach Lübeck, aber kann mich unmöglich so bald losreißen. Zürnen Sie mir nun nicht über meinen dummen Brief ...“. - Beiliegend Notizen und sowie ein umfangreicher Zeitungsausschnitt über Jenny Lind, ihre Erkrankung und Behandlung in Lübeck, ihre verschiedenen dortigen Beziehungen und ihre weitere Laufbahn. Abbildung
2738 Liszt, Franz, Klaviervirtuose und Komponist (18111886). Eigh. Brief mit Namenszug „Mr. Liszt“ am Beginn. In der dritten Person und in franz. Sprache. 1 S. Doppelblatt. Kl. 8vo. O. O. 22.IV.(1845). 600 € Über die Vorbereitung des Bonner Beethovenfestes mit der Enthüllung des Beethoven-Denkmals, für das sich Liszt seit 1839 eingesetzt und erhebliche eigene Mittel beigesteuert hatte. Da für die Konzerte kein geeigneter Saal vorhanden war, mußte im Schnellverfahren eine hölzerne Festhalle errichtet werden: „Mr. Liszt a l‘honneur de saluer Mr. Le Comte de Lostanges et le prie de vouloir bien insérer dans la quotidienne de demain L‘annonce ci-jointe. - Le Produit du Concert étant destiné à La Souscription pour le monument de Beethoven. Mr. Liszt est obligé de s‘imposer une si grande réserve qu‘il a le regret de ne pouvoir lui offrir qu‘une Halle.“
2739 Marais, Jean, einer der berühmtesten franz. Schauspieler des 20. Jhdts, zeitweilig Lebensgefährte von Jean Cocteau (1913-1998). Typoskript m. U. „Jean Marais“. 1/2 S. Gr. 4to. Paris 18.III.1941. 500 € Interessantes Dokument: Unter dem Druck der deutschen Besatzung gibt Jean Marais auf einem Briefbogen des „Théâtre Hébertot“ folgende Erklärung ab: „Je déclare que je ne suis pas juif et qu‘à ma connaissance expresse aucun de mes parents ni de mes grands-parents ne sont ou n‘étaient juifs. - Je reconnais savoir qu‘une fausse déclaration entraîne une pénalité sévère. Jean Marais“. - Zweifach gelocht; Fingerspuren. - 6 Beilagen: 1 eigh. Brief des Schauspielers Charles Regnier an Michael Münzer (1961), 1 Autogrammkarte von Lilian Harvey mit Widmung an Michael Münzer, 2 identische signierte Rollenfotos von Edwige Feuillère als „Kameliendame“ und 1 großes Porträtfoto von Michèle Mercier mit Widmung an Michael Münzer.
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„Herrn Josef Rebiceck dem liebenswürdigen und verehrten Kapellmeister mit dem Dank, aber dem herzlichsten für den 6ten, 13ten und 19ten October 1898 - Henri Marteau“. Die Aufnahme des Ateliers H. Rentz & F. Schrader in St. Petersburg zeigt den Künstler en face, stehend, Violine und Bogen in Händen. - Der aus Prag stammende Violinist und Kapellmeister Josef Rebicek (1844-1904), Hofkapellmeister in Wiesbaden und Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, war ein zuverlässiger und begehrter Assistent der „Großen“ bei ihren Konzert-Auftritten. - Die Ecken etwas bestoßen; 4 kleine Löcher von ehemaliger ReisszweckenBefestigung. Abbildung Seite 142
Abbildung Seite 143
2740 Marteau, Henri, französ.-dt. Violinvirtose, Komponist und Dirigent, Max Reger schrieb für ihn sein bekanntes Violinkonzert (1874-1934). Porträt-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Henri Marteau“ auf der Bildseite. Auf Karton mit Aufdruck „Marteau“ gewalzt. 25,5 x 19,5 cm (Bildgröße 14,7 x 10,4 cm). (Berlin) 19.X.1898. 200 €
2741 München. - Eck, John William Pelton, gen. Pelton Eck, aus Riga stammender Dirigent, langjähriger bayerischer Musikdirektor an der Kgl. Oper bzw. Staatsoper in München (1875-1936). Teil seines Nachlasses, bestehend aus 4 eigh. Partitur-Manuskripten, teils mit den Orchesterstimmen, und zahlr. Dokumenten zu seiner Biographie und Familie. 1874-1936. 800 € 141
Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________
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Vielfältiges Material zur Biographie des Rimski-Korsakow-Schülers, der in Deutschland zuerst in Mannheim und Karlsruhe tätig war, bis ihn Felix Mottl an die Münchener Kgl. Oper holte, wo er bis zu seiner Pensionierung 1930 als Bühnenmusikdirektor ein beliebtes Mitglied war. - Hier vorhanden sind an Dokumenten: „Ouverture dramatique“. Großes Konvolut handschr. Orchesterstimmen. - Eigh. Manuskript „Dédié à Mr. Alexandre Glazounow. Op. 2. Deuxième ‚Ouverture dramatique‘ pour grand orchestre par Pelton Eck. Partition d‘orchestre. 1901“. 2 Bl. 82 S. Am Schluß nochmals signiert: „Pelton Eck. St. Petersburg 25.XII.1901“. Gr. folio. Halbleinen d. Z. mit hs. Deckelschild. - Auf dem Innendeckel
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sind ein Porträtfoto Ecks und ein Zeitungsausschnitt über ihn montiert. - Dazu ein umfangreiches Konvolut handschriftl. Orchesterstimmen. - „Notturno für Streichquartett (2 Violine, 1 Bratsche u. Cello von Pelton Eck. op. 1. Partitur“ sowie die handschriftl. Einzelstimmen. - „Der alte Barde. Ballade von Dr. Römer. Musik von Pelton Eck.“ Wohl eigh. Musikmanuskript mit Text. - Taufzeugnis für Pelton Ecks Vater, den Kaufmann Leonhard Theodor Eck, in Riga (2.VIII.1874). - „Proclamationsschein“ für die Brautleute Leonhard Eck und Agnes Natalie LawrencePelton (Riga 14.VII.1874). - „Familienliste“ zum „Bürger-Oklad“ der Stadt Riga, eingetragen Leonhard und Agnes Eck sowie ihre Kinder Adrienne und John William Pelton (Riga 14.III.1875). - 2 russische Zeugnisse des St. Petersburger Konservatoriums, signiert von Alexander Glasunow (1900; teils mit dt. Übersetzung). - 2 weitere russische Schriftstücke. - 2 russische Konzertprogramme. - Geburtsurkunde für die Tochter Adrienne Charlotte Auguste des Ehepaars Leonhard und Agnes Eck (Stuttgart 6.IX.1876). - Telegramm von Pelton Eck aus Riga nach Karlsruhe („Ballett colossaler Erfolg“, 22.X.1905). - Leumundszeugnis für den Solorepetitor und Dirigenten Pelton Eck am Karlsruher Hoftheater (Karlsruhe 16.IX.1907). - „Besitz-Zeugnis“ für die Prinz-Regent Luitpold-Medaille in Silber, verliehen dem K. Solorepetitor und Ballettdirigenten Pelton Eck in München, unterzeichnet vom Grafen von Podewils (München 10.IV.1911). - Führungszeugnis für Pelton Eck als Dirigent am Münchener Hoftheater, unterzeichnet vom Generalintendanten Clemens von Franckenstein (München 5.VIII.1914). - Schreiben der Merrell-Soule-Company in New York, mit der Zusage, an den in Not geratenen Pelton Eck Kleidung und Büchsenmilch nach München zu senden (New York 17.XI.1921). - Heiratsschein für Pelton Eck und die Chorsängerin Eleonore Mayer (München 16.X.1926). - Münchener Fremdenpaß von 1932 für Pelton Eck („staatlos, früher Rußland; rechter Zeigefinger verkrüppelt“). - Totenschein für Pelton Eck (München 25.V.1936; 2 Exemplare). - Schriftstücke zur Biographie von Pelton Ecks Ehefrau Eleonore, geb. Mayer: Schulzeugnis (München 14.VII.1907). - Zeugnis des Edelmesse Orchesters in München für die Harfenistin Eleonore Mayer (München 20.X.1924). - Verleihung der Dienstbezeichnung „Bayer. Staatschorsängerin“ an Eleonore Eck, unterzeichnet vom Generalintendanten Clemens von Franckenstein (München 12.I.1928). - Glückwunsch für Eleonore Eck zum 25jährigen Dienstjubiläum an den Bayerischen Staatstheatern, unterzeichnet vom Generalintendanten, hohen Nazi-Funktionär und späteren SS-Standartenführer Oskar Walleck (München 1.X.1937). - Ähnliches Schreiben vom Bayerischen Innenministerium (1.X.1937). - Verabschiedung für Eleonore Eck in den
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ 2743* Offenbach, Jacques, dt.-franz. Komponist (18191880). Eigh. Musikmanuskript. 1 S. (10 Zeilen auf hs. gezogenen Systemen). Folio. O. O. u. J. 1.200 € Schwungvolle Noten- und Text-Skizzen, die Notenlinien mit einzelnen Wörtern wie „Melodie“, „gentille“, „j‘aime à te voir“ oder „fin“ unterlegt. Am oberen Rand in Bleistift von fremder zeitgenössischer Hand bezeichnet: „Esquisses de la main d‘Offenbach“. - Aus dem Besitz des französischen Schriftstellers Albert Dubeux (1894-1979), von dem eine eigenhändige Quittung (Paris, 19. August 1939) über den Verkauf eines Offenbach-Musikmanuskriptes beiliegt: „Je soussigné Albert Dubeux reconnais avoir reçu de M. Ugo Ravenna, 214 rue de Faub. St. Honoré, Paris, la somme des mille sept cents francs (1.700 francs), montant du prix d‘un manuscrit de Jacques Offenbach: ‚Grande Valse Espagnole‘ ...“. - Gefaltet, einige Randläsuren und Tintenwischer. Abbildung
2744 Paër, Ferdinando, ital. Komponist, Kapellmeister in Wien, Dresden und Paris, mit vielen Opern erfolgreich (1771-1839). Eigh. Brief m. U. „F. Paër“. In franz. Sprache. 2 S. Gr. 4to. Paris 11.VIII.1833. 200 €
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Ruhestand, unterzeichnet vom Staatsintendanten Rudolf Hartmann (München 1.VII.1958). - Ferner beiliegend 48 Photographien (überwiegend Kabinett-Format), die Pelton Eck und seine Frau in allen Lebensaltern zeigen, ferner Verwandte und Kollegen in Riga, Karlsruhe und München, außerdem 2 Postkarten-Porträtfotos der Prinzessin Rupprecht von Bayern und 1 des preußischen Kronprinzen. - Einige Schriftstücke mit Faltenrissen. - Siehe auch unter Rimski-Korsakow. Abbildung Seite 142
2742 Musik und Theater. 11 Autographen. 1902-1951. 300 € Meist signierte Porträtfotos, teils selten und attraktiv. Vorhanden: Gaspar Cassadó (Cellist; Ausschnitt aus einem Programmheft), Ernst von Dohnanyi (Dirigent und Komponist; großes Foto, 27 x 22 cm), Yvette Guilbert (franz. Diseuse, mont. Vis.-Karte unter einem mont. Foto), Herbert von Karajan (Foto beim Dirigieren, auf der Bildseite signiert, Postkarten-Querformat), Felix Lederer (Dirigent und Komponist, Widmung auf dem herausgetrennten Titelblatt von „Mozarts Briefe“), Victor Léon (Wiener Dramaturg und Librettist von „Wiener Blut“, „Die lustige Witwe“ etc. Albumblatt „Ich gebe prinzipiell kein Autograph“, Wien, Silvester 1902), Siegfried Ochs (Gründer und Leiter des Berliner Philharm. Chors; Porträtfoto-Postkarte 1918 im Zirkus Busch), Max Pallenberg (genialer Charakterkomiker, Ehemann von Fritzi Massary, starb bei Flugzeugabsturz; Signatur Wien 1933 auf einem großen Foto, das 4 verschiedene Rollenstudien zeigt; 23 x 16,5 cm), Nuscha Richter, Heinz Rühmann (gedruckte Foto-Postkarte mit Widmung in Bleistift auf der Rückseite; hier garantieren wir nicht die Echtheit!), Carl Heinz Schroth (Porträtfoto-Postkarte mit Widmung auf der Bildseite). Abbildung
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An einen Baron, der ihn als königl. Kapellmeister um die Förderung einer Tiroler Sängerin, Frl. Melk, in Paris gebeten hatte. „... Mlle Melk, chanteuse tyrolienne, m‘a remis hier Votre lettre de recomandation ... Vous n‘ignorez pas ... combien je suis toujours prêt à favoriser les artistes qui viennent de L‘Allemagne, en échange de tout ce que l‘on a fait pour moi dans cet excellent pays; mais dans ce moment (avec la meilleure volonté possible) je ne sais pas comment je pouvois être utile à la famille Melk, la Cour ne faisant aucune sorte de musique depuis le dernier mois de Mars. Si S. M. La Reine voulait lui accorder seulement une demi heure, cela certainement suffiroit ... J‘ai dit a Mlle Melk, qu‘il falloit attendre le retour de la Reine et allors je tacherai de Lui faire parler par quelqu‘un de ses secretaires ... Je ne suis pas allé à la Cour depuis le premier de Mai. D‘ordinaire je n‘y vais que lorsque mon service l‘exige, et dans ce moment-ci la musique est muette ...“.
2745* Puccini, Giacomo, ital. Komponist (1858-1924). Eigh. Brief mit U. „Puccini“. 1 S. Faltbrief mit Umschlagklappe, eigh. Adresse und Frankatur sowie gedrucktem Absender. Kl. 4to. Viareggio 28.VIII.1923. 600 € An Giuseppe Albinati, einen Mitarbeiter des Musikverlags Ricordi in Mailand, dem er zum Tod seines Sohnes kondoliert: „... Ho appreso la tristissima notizia della scomparsa del suo figliolo - Le invio tutte le mie più sincere condoglianze - con tanti saluti ...“. Abbildung
2746* Ravel, Maurice, franz. Komponist (1875-1937). Eigh. Brief m. U. „Maurice Ravel“. 1 S. Gr. 8vo. (Paris ca. 1925). 900 € An den Schriftsteller und Freund André Ferdinand Hérold (1865-1940) in Paris: „Cher ami, excusez-moi. Si vous avez téléphoné on a du vous dire que je serais chez vous. Pouvez-vous venir demain Jeudi au théâtre des Ch.-Elysées? 1re Loge 20. Ce sera une occasion de nous revoir. Le cordial souvenir de votre Maurice Ravel.“ Geschrieben auf Briefpapier der „Assistance aux Invalides Nerveux de la Guerre“, einem Hilfswerk für Invaliden des 1. Weltkriegs.
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film 2747 Reger, Max, Komponist und Dirigent, Generalmusikdirektor in Meiningen (1873-1916). Porträt-Photographie mit eigh. Widmung auf der Rückseite und zusätzlicher Signatur auf der Bildseite. Ca 15 x 10 cm. Im Goldrahmen unter Passepartout und Glas. München 21.I.1903. 300 € „[...] Grüßen zur [freund]lichen Erinnerung an Max Reger. München 21. Jan. 1903.“ (Text teilweise vom Passepartout verdeckt). Die Aufnahme zeigt den dreißigjährigen Künstler im Brustbild, mit Kneifer auf der Nase. - Kleine, von ehemaliger Montage stammende Einstichlöcher am oberen Rand. Abbildung Seite 148
2748 Richter, Hans, österr.-ungar. Dirigent, mit Wagner befreundet, auch dessen Trauzeuge, leitete die erste „Ring“Aufführung in Bayreuth, Hofkapellmeister in Wien, Ehrenbürger von Bayreuth (1843-1916). Porträt-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Hans Richter“ auf der Rückseite. Auf Karton gewalzt. Goldschnitt. 25 x 20 cm. Berlin 5.IV.1900. 300 € „Dem Collegen und Freunde, J. Rebicek, zur Erinnerung an künstlerisch und gemüthlich schöne gemeinsam verlebte Tage. Hans Richter“. Die großformatige Aufnahme des Londoner Ateliers H. H. Cameron zeigt den Meister im Halbprofil, vom Betrachter aus nach rechts gewendet. - Der aus Prag stammende Violinist und Kapellmeister Josef Rebicek (1844-1904), Hofkapellmeister in Wiesbaden und Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, war ein zuverlässiger und begehrter Assistent der „Großen“ bei ihren Konzert-Auftritten. - Oben 2 Eckchen abgebrochen; im Rand 4 kleine Löcher von ehemaliger ReißzweckenBefestigung. - Selten.
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Abbildung Seite 146
2749 Rimsky-Korssakow, Nikolai, russ. Komponist (1844-1908). Eigh. Brief m. U. „Nicolas Rimsky-Korssakow“. In deutscher Sprache. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Gr. 8vo. St. Petersburg 13.V.1901. 2.000 € An den Dirigenten Hans Richter, Hofkapellmeister in Wien, großer Wagner-Dirigent und Ehrenbürger von Bayreuth (1843-1916). Empfehlungsschreiben für Rimsky-Korssakows Schüler, den Rigaer Dirigenten und Komponisten Pelton Eck, „welcher soeben das St. Petersburger Conservatorium in der Composition absolvirt hat. Herr Eck wuenscht sich ganz dem Capellmeisterfach, dem er fanatisch ergeben ist, zu widmen. Ich selbst kann nur bestaetigen, daß er meiner Meinung nach unverkennbares Talent dazu besitzt. Bitte seien Sie so guetig und stehen Sie Herrn Eck mit Ihren bewaehrten Ratschlaegen und Fingerzeigen bei ...“. - Auch der Umschlag mit Rimsky-Korssakows vollem Namenszug. - Selten. Abbildung Seite 147
2750 Roters, Ernst, Komponist und Dirigent, Kapellmeister beim Reichssender Berlin, bedeutender Filmkomponist, nach Ende des 2. Weltkriegs bis 1958 wichtigster Hauskomponist der DEFA (1892-1961). 3 Briefe m. U. „Roters“. Zus. 22/3 S. Auf festem, gelbem Papier. Gr. 4to. Hamburg 11. - 23.VI.1927. 180 € 2745
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ immer mehr oder weniger gute oder schlechte Dinge aushecken. Was sie gestern zusammengebraut haben, war aber was gutes. Ich erfuhr am Schluß der Oper von dem aus dem Schooß der Collegen geborenen Entschlusse, Ihnen ein Andenken zu stiften und erhielt zugleich den Auftrag, etwas ‚sinniges‘ ausfindig zu machen ... Wie alle Sitzungen endet auch diese mit dem allgemeinen Beschlusse, Scheidemantel soll auf feine, diplomatische Art heraus bringen, mit welcher Partitur unserm Kutzschbach die größte Freude bereitet werden könnte ...“. Nun frage er („ich gehöre, wie Sie wissen, zu den ganz Schlauen“) unter größter Diskretion bei Kutzschbach selbst an, um die Kollegen dann mit seiner „Spürnase“ zu verblüffen. Erwähnt ironisch die „Rübezahl“-Partitur von Alfred Stelzner.
2752 Schnorr von Carolsfeld, Ludwig, Tenor, Sohn des Malers Julius Schnorr, großer, früh verstorbener WagnerSänger, der erste „Tristan“ (1836-1865) 2 eigh. Briefe m. U. „Schnorr von Carolsfeld“. Zus. 2 S. 8vo. (Dresden) 8.II. und 31.III.1863. 450 €
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An den Regierungsdirektor Dr. R. Johannes Meyer in Hamburg, der an der Organisation der Internationalen Kunstausstellung 1927 in Hamburg beteiligt war und hierfür auch einen musikalischen Teil plante. Roters teilt ihm 4 seiner Kompositionen mit, die für diesen Zweck geeignet seien. „... op. 26b wird Mitte nächsten Monats im Rahmen des Donaueschinger Kammermusikfestes in Baden-Baden von Herrn Licco Amar (vom Amar-Quartett), Mauritz Frank (Violoncell) und Wilhelm Essberger (Saxophon, Berlin) und im Laufe der kommenden Saison von dem Quatuor Roth in Paris gespielt werden. Als Interpretin für op. 19 würde ich Frau Lula Mysz-Gmeiner vorschlagen, die die Gesänge auch seiner Zeit bei der Uraufführung mit dem philharmonischen Orchester in Berlin gesungen hat ...“ [11.VI.1927]. In den zwei folgenden Briefen übermittelt er die Honorarforderungen der beiden genannten QuartettEnsembles für ein Auftreten in Hamburg.
2751 Scheidemantel, Karl, berühmter Bariton, langjähriges Mitglied der Dresdener Oper, Stargast in London, Mailand und Bayreuth (1859-1923). Eigh. Brief m. U. „Scheidemantel“. 4 S. Kl. 4to. Dresden 28.VIII.1906. 150 € Witziger Brief an den Dresdener Hofkapellmeister Hermann Kutzschbach, dem Scheidemantel ausführlich auseinandersetzt, wie er und einige Kollegen Kutzschbach mit einem Geschenk (Partitur mit Widmung) „überraschen“ wollen. „... Gestern Abend hatten wir hier die Meistersinger, bei welcher Gelegenheit sich immer ein Häuflein der Collegen zusammenfindet, die während des III. Aktes erster Hälfte
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An einen Kammermusikus und einen Kapellmeister in Dresden, denen er wegen Erkrankungen absagen muß. „... Gott sei es geklagt: mich hat wieder der Schnupfen! Daß ich im Aschermittwochconcert nicht mitwirken kann, thut mir gränzenlos leid; aber selbst für den Fall, daß ich ... bis dahin wieder ganz wohl auf bin, muß ich mich entschließen, das Concert aufzugeben, um Alles dran zu setzen, daß ‚Feramors‘ noch herauskommt, zu welcher Oper eine ganze Woche Proben noch nöthig sind ...“. - Die Oper „Feramors“ (Lalla Rookh) von Anton Rubinstein zu einem Libretto von Julius Rodenberg wurde am 24. Februar 1863 in Dresden uraufgeführt. - Im zweiten Brief bittet er um Befreiung von einer Konzertprobe: „... Ich habe die ganze Nacht Zahnschmerzen gehabt zum Erbarmen und bin deshalb heute so abgespannt, daß ich gerade genug zu thun habe, mich für heute Abend aufrecht zu halten ...“. - Dabei: Derselbe: Eigh. Visitenkarte m. U. „Ihr Schnorr“. 2 S. auf Glanzpapier. 5,2 x 9,5 cm. (Dresden) o. J. - An einen Musikalienhändler, den er „nochmals um sämtliche Weber‘sche Lieder, welche Sie haben“ bittet. „Dann möchte ich von der Sammlung 5014-5029, so viel als möglich! Ich habe merkwürdigerweise jetzt viel zu thun, kann deßhalb meine Vormittagsvisiten nicht regelmäßig fortsetzen.“ Bittet auch um definitive Auskunft über seine Mitwirkung im Weberkonzert. - Das Glanzpapier etwas oxydiert. Abbildung Seite 154
2753 - 2 eigh. Briefe m. U. „Schnorr v.Carolsfeld“. Zus. 3 S. 8vo. Dresden 28.XII.1864 und 7.I.1865. 750 € An einen Kapellmeister und einen Regisseur des Dresdener Hoftheaters. „... Verzeihen Sie mein Wegbleiben von der heutigen Probe - ich fühle mich aber unwohl, habe etwas Halsschmerzen und fürchte mich vor dem schrecklichen Chorsaal, der mir im Winter jedesmal eine kleine Erkältung kostet ... Das manuscript schicke ich mit u. habe mein Urtheil darin zusammengefaßt, daß es ganz unbrauchbar ist zum Zweck einer Oper. Die komische Episode mit dem Bauernburschen u. der Notenschrift ‚Bagage‘ ist nur für eine Posse zu gebrauchen, da würde sie ihre Wirkung nicht verfehlen ... Das Ehepaar -Faustina zu einer gewöhnlichen, gemeinen, ungebildeten Primadonna gemacht - keine Figur von Interesse u. dabei eine an‘s Urgewöhnliche streifende Diktion - Reime - daß Gott erbarm! Ich habe nicht errathen, von wem der Text ist u. bin doch gespannt ...“. - Der beliebte Dresdener Hofschauspieler und Buffo Gustav Raeder schrieb ein Libretto über die Dresdener Primadonna
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ eins, dazu dann ab u. zu Gesellschafts- u. Privat-Konzerte, u. Sonntagsvormittag bei Flemming, der ein sehr guter Celloist, Quartett ...“. - Malvina Schnorr von Carolsfeld sang 1865 zusammen mit ihrem Mann die Titelpartien bei der Münchener Uraufführung von Wagners „Tristan und Isolde“.
2755 Schumann, Clara, geb. Wieck, Robert Schumanns Gemahlin, glänzende Pianistin, auch Komponistin (18191896). Eigh. Brief m. U. „Clara Schumann“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse. (Leipzig) 24.XI.1843. 450 € An Fräulein Louise Avé-Lallemant in Leipzig, eine Klavierschülerin von ihr und ihrem Vater Friedrich Wieck. „... Soeben von meiner Reise zurückgekehrt, haben wir uns auch schon zu einer größeren entschlossen. Daß es dazu mancher Vorbereitungen bedarf, und meine Zeit sehr kostbar ist, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen, daher Sie es auch natürlich finden werden, daß ich mit den Unterrichtsstunden aufhöre, welches ich Sie bitte auch Ihrer Cousine mitzutheilen. Wollen Sie mich besuchen, wenn ich studiere, so sind Sie mir willkommen! ...“. - Schumann Briefdatenbank Nr 8077. - Am 20. November hatte Clara in Dresden konzertiert, u. a. in einem Quintett von Robert Schumann.
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Faustina Hasse, das, vertont von Louis Schubert, erst 1879 in Altenburg aufgeführt wurde. - Im zweiten Brief spricht Schnorr von einer allzu langsamen Besserung seines Zustands: „... Ich denke aber doch, man kann es wagen und etwa Johann, oder Freischütz, Heiling, Stradella - ansetzen. - Die empfindliche Gesundheit des Sängers, der für Erkältungen besonders anfällig war, wurde in diesem Sommer 1865 auch die Ursache seines frühen Todes.
2754 - Schnorr von Carolsfeld, Malvina (geb. Garrigues), Opernsängerin, Ehefrau und Partnerin des Sängers Ludwig Schnorr v. C., die erste „Isolde“ (1832-1904). Eigh. Brief m. U. „Malvina Schnorr v. Carolsfeld“. 6 S. Mit Umschlag. Gr. 8vo. Karlsruhe 6.I.1874. 300 € An die ihr befreundete Pianistin Marie Soest, Schülerin Hans von Bülows, in Braunschweig. Berichtet über ihre Eindrücke in Karlsruhe, beklagt augenblickliche Krankheit und erwähnt u. a. den Intendanten Gustav zu Putlitz und den Kapellmeister Wilhelm Kalliwoda. „... Kalliwoda, den ich sehr gern mag u. der ein vortrefflicher Klavierspieler u. Accompagneur, ist so mit Theater u. Kirchenangelegenheiten beschäftigt, daß seiner gar nicht habhaft zu werden ist ... Lachner habe ich noch nicht aufsuchen können - doch ist er für die Zukunft noch meine Hoffnung. Mit Putlitz bin ich meiner Krankheit wegen auch noch nicht so recht in Schuß gekommen ... Sie fragen nach den hiesigen Musikzuständen. Die Oper ist augenblicklich schlecht u. muß regenerirt werden. Conzerte giebt es sehr gute u. sehr viele. Kapellconzerte unter Kalliwoda - im nächsten sollen Joachims mitwirken, vortreffliche Quartettsoireen, Kirchenconzerte, Conzerte des Philharmonischen u. des Cecilienver-
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2756 Sembrich, Marcella, Sopranistin, eine der weltweit berühmtesten Opernsängerinnen ihrer Zeit, Primadonna in Dresden, Berlin und New York, gastierte in ganz Europa und den USA, 1898-1909 an der Met engagiert (18581935). Porträt-Photographie mit eigh. Widmung und Musikzitat auf der Bildseite. Auf Kartin gewalzt. Goldschnitt. 22 x 13,3 cm. Berlin 17.III.1898. 200 € „Ah ... not-te di vogliam passar! [4 Takte aus Mozarts „Don Giovanni“] Dem geehrten liebenswürdigen Herrn Kapellmeister J. Rebiceck zur freundlichen Erinnerung an Marcella Sembrich“. - Die Aufnahme des Dresdener Hofphotographen Erwin Raupp zeigt die Künstlerin stehend, in ganzer Figur und im Profil, auf eine Stuhllehne gestützt, in der Hand ein Lorgnon. - Der aus Prag stammende Violinist und Kapellmeister Josef Rebièek (1844-1904), Hofkapellmeister in Wiesbaden und Dirigent des Berliner Philharmonischen Orchesters, war ein zuverlässiger und begehrter Assistent der „Großen“ bei ihren Konzert-Auftritten. - Leicht verblasst; ein winziges Reisszweckenloch in einer oberen Ecke. Abbildung
„Mit der Emma uff der Banke“ 2757 Sieg, Fredy (eigentl. Alfred Gyss), Berliner Komiker, Kabarettist, Komponist und komischer Vortragskünstler (1878-1962). Typoskript eines seiner beliebtesten Chansons mit eigh. Unterschrift „Fredy Sieg“ sowie zugehörigem eigenhänd. Notenblatt. Zus. 3 S. auf 3 Bl. Gr. 4to und 4to. Berlin N. O. (wohl ca. 1925). 450 € „Mit der Emma auf der Banke. Original-Humoreske. Text und Musik v. Fredy Sieg“. „... Und dann sass ich mit der Emma auf der Banke, / Über uns da sang so schmelzend ein Pirol, / Unter uns da lag so still die Krumme Lanke, / Neben uns ass einer Wurst mit Sauerkohl ...“. Voll-
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film ständiger Text des 1923 entstandenen Couplets, das neben „Zicken schulzes Hochzeit“ noch heute zu den beliebtesten Alt-Berliner Vortragsstücken zählt. Das Typoskript (handschriftlich am Kopf als „Manuskript“ bezeichnet und mit Siegs Stempel und Unterschrift versehen, ist als Vertrag angelegt, den der jeweilige Künstler mit Sieg abschließen mußte, wenn er Text und Musik zum einmaligen Vortrag erhalten wollte. - Beiliegend das zugehörige eigenhändige Musikmanuskript „Krumme Lanke“. - Die beiden Textblätter auf dünnem Papier, gelocht und mit kleinen Randschäden. - Seltenes, weil signiertes Original-Material zu dem ungemein populären Couplet, das seit seiner Premiere auf „Carows Lachbühne“ überall von einer Vielzahl von Interpreten zum Besten gegeben wurde.
2758 Slezak, Leo, österr. Tenor, gefeierter Opernsänger, Filmschauspieler und humorvoller Schriftsteller (18731946). 2 eigh. Briefe m. U. „Slezak“. Zus. 41/2 S. Mit 1 eigh. Umschlag. 4to und gr. 4to. Wiesbaden (18.V.1912) und Wien 31.III.1921. 200 € Der erste Brief nach einem Gastspiel in Wiesbaden und vor einem Auftreten in München an Dr. Georg Hirth, mit Dank für einen Kranz und der Bitte, Hirth möge „ein paar nette Zeilen an die Münchener Neuesten [Nachrichten] - deren Chef Sie ja sind - schreiben über den heutigen Abend, es macht halt sehr viel Stimmung und hilft mir sehr bei meinem Gastspiel. Ein paar liebe Worte über meinen großen Erfolg schaffen viele Freunde - die ich jetzt - als halber Münchener sehr gut brauchen kann ...“ [1912]. - Der zweite Brief an den Musikschriftsteller Ernst Decsey, der sich für Slezaks angekündigte „Sämmtliche Werke“ interessiert. Der Sänger gibt ausführlich Auskunft: „... Dieselben erscheinen aber erst im Herbst bei E. Rowohlt in Berlin - und ich besitze außer Aufzeichnungen auf Fetzeln - kein Manuskript - sonst hätte ich Ihnen gerne eines geschickt. - Es sind ja keine Memoiren - es sind lediglich in schlichter Form erzählte Erlebnisse - die absolut nicht als Memoiren gelten sollen. - Nachdem ich noch nie etwas schrieb - und voraussichtlich nichts mehr schreiben werde - so nannte ich dieses Büchel ‚Meine sämmtlichen Werke!‘ - Der Halbidiot selber [?] - hat, um das bischen Humor was da drinnen liegt, auch noch zu erschlagen - sie als ‚Gesammelte Werke‘ herausgegeben. Ich habe ihm am Telefon bereits meine Ansicht gesagt ...“ [1921]. - Slezaks humorvolle „Sämtliche Werke“ waren bekanntlich ein so großer Erfolg, daß er sich auf vielfachen Wunsch entschloß, weitere Bände folgen zu lassen und sie im Hinblick auf das Versprechen des ersten Bandes „Der Wortbruch“ und „Der Rückfall“ zu nennen. Dabei: Eduard von Grützner, aus Schlesien stammender bedeutender Münchener Genremaler und Kunstsammler (1846-1925). Eigh. Brief m. U. „E Grützner“. 1 S. Gr. 8vo. Wien, Hotel „Kaiserin Elisabeth“, 18. VII.1906.- An Leo Slezak. „... Sie doch noch im Troubadour als Manrico zu hören war mir eine große Freude und ein Hochgenuß ...“. Seine Zeit in Wien sei jedoch so knapp bemessen, daß er sich diesmal das Vergnügen, Slezak zu treffen, versagen müsse. Empfiehlt ein Treffen in München oder in Tirol.
2759 Söderbaum, Christina, schwed.-dt. Filmschauspielerin, Ehefrau von Veit Harlan, besonders in den 1930er und 1940er Jahren viel beschäftigt (1912-2001). 4 Autographen m. U. „Kinding“. 1974-1989. 100 € I. Eigh. Brief m. U. „Kinding“. 2 S. Gr. 4to. Krailling 30.I.1977. - Umfangreicher Bericht über „alles was ‚los‘ war in München“. Erwähnt Filme,
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Ministerpräsident Goppel, Ingmar Bergmann etc. - II. Porträtfoto mit Widmung und rückseit. Beschriftung (1974). - III. Signiertes, farbiges Portraitfoto (1977). - IV. Farbstift-Porträtzeichnung von 1942 (Reproduktion) mit eigh. Widmung u. U. „Kinding“ von 1989 (35 x 27,5 cm). V. Ihr Memoirenband „Nichts bleibt immer so“, mit gewidmetem Portrait foto, auf den Vorsatz montiert, und nochmaliger Widmung auf dem Vortitel (beides 1985). - Teils etwas unfrisch. - Der Ertrinkungstod in drei Filmen trug der Schauspielerin den Spottnamen „Reichswasserleiche“ ein, der sie lebenslang verfolgte, obwohl sie in einer Vielzahl von Filmen mit Happy-End mitwirkte.
2760 Spohr, Louis, hervorragender Violinist, erfolgreicher Komponist und langjähriger Hofkapellmeister in Kassel (1784-1859). Eigh. Schriftstück m. U. „Louis Spohr“. 1 /2 S. Gr. 4to. Kassel 10.VIII.1835. 300 € „Der Unterzeichnete giebt hiermit seine Zustimmung, daß von der Partitur seines Oratoriums ‚Die letzten Dinge‘ welche im Besitz des Herrn Musikdirektors Schnabel in Breslau ist, zum Behuf anderer dortigen Aufführungen, Abschriften gemacht werden. Louis Spohr“.
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ 2762* Stockhausen, Karlheinz, Komponist (1928-2007). Eigh. Billet m. U. „Karlheinz St.“ 1 S. Auf der Rückseite eines farbigen Heiligenbildnisses. 12 x 7,5 cm. O. O. 8.I.2001. 90 € An den Komponisten Michael Vetter (1943-2013). „... als ich Dir antworten wollte, fand ich den alten Zettel von 1968 mit der Spielanweisung. Mehr wollte ich nicht damit sagen. Dreh nicht zuviel auf! ...“.
2763* Strauss, Richard, Komponist und Dirigent (18641949). Gedruckte Visitenkarte mit eigh. Beschriftung. 1 S. Ca. 6 x 10 cm. (München Juni 1896). 200 € „Herrn F. Mensow dankt [Richard Strauss] herzlich für die freundlichen Glückwünsche!“ - Kleine Büroklammer-Rostspuren. - Möglicherweise handelt es sich um den Schauspieler Mendelsohn [sic], der um die Jahrhundertwende unter dem Pseudonym Felix Mensow auftrat.
2764 - Eigh. Postkarte m. U. „R. Strauss“. 1 S. (Charlottenburg bei Berlin 13.XI.1901). 600 €
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Als Berliner Hofkapellmeister an den Dirigenten Ernst von Schuch, Generalmusikdirektor der Dresdener Hofoper, der in diesem Jahr mit „Feuersnot“ die erste von fünf Strauss-Uraufführungen leitete. Strauss bedankt sich für dessen Brief und „Alles, was Sie für mich thun! Sie sind ein reizender, ausgezeichneter Mensch! Leider kann ich (u. dann nur wenns sehr gut geht!) erst zur Samstag-Probe kommen. Ich bin mit dem Mozartfest (Neueinstudierung von Don Juan, muß allein die ganze Regie führen) u. den Proben zu einem Concert am 18ten diese Woche so rasend mit Arbeit überbürdet, daß ich gar nicht weiß, wo mir der Kopf steht. Ich denke sehnsuchtsvoll an die schönen Dresdner Proben u. kann nicht hin. Bitte, sagen Sie dem Grafen Seebach, daß er mir gestatten möge, seinen liebenswürdigen Brief mündlich zu beantworten ... Die Textbuchangelegenheit ist in Ordnung ...“. - Die erfolgreiche Uraufführung von „Feuersnot“ fand 8 Tage später, am 21. November 1901, in Dresden statt. Abbildung Seite 152
2761* Spontini, Gasparo, ital. Komponist, Hofkomponist unter Napoleon in Paris, Generalmusikdirektor in Berlin (1774-1851). Eigh. Brief m. U. „Spontini“. In franz. Sprache. 1 S. 8vo. O. O. u. J. 450 € An einen Grafen, den er gemeinsam mit dem Maler Granet treffen möchte, um eine wichtige Verbindung aller drei herzustellen. „... Je n‘ai pas été plus heureux encor dernierement que les fois précedentes, de vous rencontrer chez vous, ni Mr. [François Marius] Granet [Maler; 1777-1849]: Mon but était de vous exprimer ma vive réconnoissance, Monsieur le Comte, ainsi qu‘à Mr. Granet, et quoique je n‘aie rien à ajouter, cépendant je désirerais beaucoup vous faire à tous deux une comunication importante; à cet effet j‘ose vous prier de vouloir bien me fixer une heure dans la journée d‘aujourdhui ou dans la soirée, où je puisse vous rencontrer chez vous, ainsi que Mr. Granet ...“. - Leicht gebräunt. - Beiliegend eine Postkarte mit gedrucktem Bildnis Spontinis.
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2765 - Porträt-Photographie mit eigh. Signatur „Richard Strauss“ unter dem Bild. Auf Karton gewalzt. KabinettFormat (ca 17 x 11 cm). Im Goldrahmen unter Passepartout und Glas. (Berlin ca 1902). 600 € Die Aufnahme (Halbfigur) des Berliner Ateliers Albert Meyer zeigt den 38jährigen Berliner Hofkapellmeister in einem gedrechselten Stuhl mit geschnitzten Armlehnen sitzend, die Arme auf die Lehnen gestützt. Auf dem Foto ist die Jahreszahl 1902 eingepresst. Schönes Bildnis des noch jungen, aufstrebenden Stars. - 2 Außenkanten des Rahmens an den Ecken mit Farbresten. Abbildung
2766* - Porträtfoto-Postkarte mit eigh. Signatur „Dr Richard Strauss“ auf der Bildseite. (Berlin 15.XII.1908). 450 € Als Berliner Hofkapellmeister an eine in Berlin ansässige Comtesse J. von Schwerin. Als Autogramm verschickt; die Adresse von anderer
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film Hand. Die Aufnahme des Ateliers Emil Bieber zeigt den Meister in Halbfigur, auf einem Stuhl sitzend, einen Arm auf die Rückenlehne gestützt. - Der Poststempel etwas auf die Vorderseite durchgepresst; sonst gutes, relativ frühes Bildnis. Abbildung
2767* - 4 eigh. Zettel mit Notizen (Bleistift). Zus. 4 S. Kl. 8vo. O. O. u. J. 250 € I. Aufzeichnungen zu „Beethoven C-dur- Messe“ mit den Seitenzahlen zu Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei. Möglicherweise Lesezettel zu einem Buch. - II. „Streicherstimmen“ mit Aufzeichnung der Stimmen für die Streichergruppen und der Besetzung. - III. Seitenzahlen zu „Kl[avierauszug]“ und „St[immen]“. - IV. „Bruckner Verlag Leipzig.“ - Nach einer Aufzeichnung auf der Rückseite von II und IV aus dem Besitz des Dirigenten Robert Heger.
2768* Strauß, Johann (Sohn), österr. Komponist und Dirigent, Schöpfer der „Fledermaus“ (1825-1899). Eigenhändig beschriftete Visitenkarte mit gedrucktem Namen „Johann Strauß“ auf der Vorderseite. 2 S. 7 x 10,5 cm. Wien 8.II.1896. 400 € An einen Hofmusikdirektor: „... In Bezug auf das Temp[o] der Romanze haben Sie vollkommen Recht. Im übrigen gilt die Partitur maßgebend. Mit der Versicherung meiner vollkommenen Werthschätzung Ihr ergebenster [gedruckt: Johann Strauß]“. - Möglicherweise handelt es sich um die Celloromanze op. 255.
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Abbildung Seite 153
2769 Tichatschek, Joseph, Tenor, berühmter Dresdener Wagner-Sänger, der erste „Rienzi“ und der erste „Tannhäuser“, Ehrenmitglied der Dresdener Hofoper (18071886). Eigh. Brief m. U. „Tscheckely“ und 2 Notenzeilen. 1 S . Mit Adresse. Quer-kl. 4to. Leipzig 11.VIII.1843. 350 € In Sektlaune an seine Kollegin Henriette Wüst (1816-1892), Sopranistin an der Dresdener Oper, bei Übersendung einer Gesangspartie, „Abends 11 Uhr beim Fraß u. Völlerey“. Der den 12 Musiktakten unterlegte Text lautet: „Um 6 Uhr Sonnabend früh ist diese Parthie abgesandt u. wird die Jette finden etc. (Baß à la Reisig[e]r:) Schweinefleisch u. Sauerkraut Ziegenkäs u. Haferschleim etc.“ Darunter in musikfreier Prosa: Guten oder Juten Morgen liebes Jettchen! Ich grüße Sie und den Hans. Auch einen derben Schmatz aberst nur für Sie. Tscheckely“. - Beiliegend eine eigh. Visitenkarte, Dresden 24.V.1977: „Mit br. Gruß sende Ihnen die zugesagte Photographie zur bleibenden Erinnerung. Hochachtuingsvoll Tischatschek.“ - Fener beiliegend ein eigh. Billet der bedeutenden Gesangspädagogin Mathilde Marchesi (1821-1913) an ihre „lieben Schülerinnen“. Abbildung Seite 152
2770 Tietjen, Heinz, Dirigent und Regisseur, preuß. Staatsrat und Generalmusikdirektor der Preußischen Staatstheater, 1934-1944 auch künstler. Leiter der Bayreuther Festspiele, später Intendant der Deutschen Oper Berlin und der Hamburger Staatsoper, einer der einfluß-
reichsten und vielseitigsten Opernleiter des 20. Jhdts (1881-1967). 3 Brief m. U. „Tietjen“ bzw. „Heinz Tietjen“. Zus. 21/2 S. Verschied. Formate. Berlin 1942-1947. 250 € An den Dirigenten Richard Kraus (1902-1978) in Halle (Saale). „... Streng vertraulich: Sollten auf Ihren Bayreuther Erstlingserfolg hin [Kraus hatte 1942 in Bayreuth den „Fliegenden Holländer“ dirigiert] Ihnen von grösseren Bühnen Angebote gemacht werden, so schliessen Sie nicht ab, ohne mich zu verständigen, weil ich für die fernere Zukunft mit Ihnen etwas vorhabe, was dann erst besprochen werden müsste [25.IX. 1942] ... Der formelle Briefwechsel zwischen Ihrem Dezernenten und mir hat stattgefunden, dortseits mit der Erklärung, dass man Sie freigeben wird, sobald man vollgültigen Ersatz gefunden hat. Ich fühle mich verpflichtet Ihnen mitzuteilen, dass die Voraussetzungen, unter denen wir uns in Bayreuth einig waren und die in der konzertanten Sparte mit General-Intendant Ulbrich besprochen und für Sie sichergestellt waren, durch höhere Gewalt zunächst in der Konzertfrage gefallen sind. Das Kasseler Staatstheater und die Stadthalle stehen nicht mehr zur Verfügung, und ob Konzerte in absehbarer Zeit in Kassel stattfinden können, ist im Augenblick nicht zu übersehen ...“ [29.X.1943]. Tietjen unterzeichnet auf beiden Briefen nicht mit „Heil Hitler“, sondern „mit besten Grüßen“. - Mit der dezenten Umschreibung, daß Theater und Stadthalle in Kassel infolge „höherer Gewalt“ nicht mehr zu Verfügung stünden, meint Tietjen die Tatsache, daß sie 7 Tage zuvor durch einen
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Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________
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__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film Bombenangriff zerstört worden waren. - Der zweite Brief mit Briefkopf „Der Generalintendant der Preussischen Staatstheater“. - Am 28. Juni 1947 schreibt Tietjen an Kraus: „... Noch ehe ich Ihren Brief ... erhalten hatte, hatte ich Sie längst Herrn Gründgens bedingungslos empfohlen. Nach Erhalt Ihres Briefes hätte ich allerdings es nicht so stürmisch getan, denn ich hätte Ihnen eher gewünscht, in Lübeck der absolute Alleinherrscher auf musikalischem Gebiete zu sein. Mit Gründgens selbst werden Sie in Düsseldorf glänzend zusammen arbeiten können ...“. Empfiehlt den Dirigenten Heinrich Hollreiser und fügt hinzu: „... Meine ‚väterliche Förderung‘ bleibt für alle Zeiten bestehen; merken Sie sich das, und wenn es mal brennt, melden Sie sich vertrauensvoll. Im übrigen behalte ich Ihren weiteren Werdegang sehr im Auge - man kann ja nicht wissen! ...“. - Dabei: Gustaf Gründgens, Schauspieler, Regisseur, Staatsschauspieler, Staatsrat und Intendant der Preußischen Staatstheater in Berlin (1899-1963). Eigh. Signatur „Gründgens“ auf einem Besetzungszettel des Schauspielhauses am Gendarmenmarkt, auf dem Gründgens als Darsteller der Titelrolle in Shakespeares „König Richard II.“ genannt ist (20.V.1939). - Zus. 4 Teile.
2771 Tosti, Francesco Paolo, ital. Sänger, Pianist und Komponist, mit Caruso befreundet (1846-1916). Eigh. musikal. Albumblatt m. U. „F. Paolo Tosti“. 1 S. Schmalquer-8vo. O. O. u. J. 150 € „Goodbye, Summer Goodbye, Goodbye!“ 5 Takte. - Gering fleckig.
„Geld kann ich leider immer gebrauchen!“ 2772 Wagner, Richard, Komponist und Dirigent (18131883). Eigh. Brief m. U. „Richard Wagner“. 2 S. Gr. 8vo. Zürich 16.III.1858. 4.000 € An Carl Haslinger in Wien. „... Ich sage Ihnen meinen herzlichen Dank für die fortgesetzte rücksichtsvolle Freundlichkeit, die Sie mir zuwenden. Ihr letzter Brief ist mir vor einigen Tagen von Paris, was ich nun schon länger verlassen, hierher nachgesandt worden, und da ich unter andren daraus ersehe, dass für mich wieder etwas Geld bei Ihnen deponirt ist, so bin ich unbescheiden genug, Sie zu bitten , mir diese Wenigkeit ebenfalls hierher zu schicken. Geld kann ich leider immer gebrauchen! ... „. Auch weiteres eintreffende Geld möge nach Zürich gesandt werden: „... ich bleibe für jetzt wieder ruhig in Zürich. - Da unser Freund Liszt jetzt bei Ihnen schon eingetroffen sein wird, so grüssen Sie ihn doch sehnsüchtigst von mir, und sagen Sie ihm, wie sehr ich Sie beneide, ihn bei sich zu haben. Mir geht es traurig genug, um nicht viel davon mitzutheilen! Desto mehr solle es mich aufrichten, wenn ich von ihm und seinem Wirken viel Erfreuliches höre ... Auf Ihn kann ich mich allein auch nur berufen, wenn ich wünsche, Ihnen einigermaassen meinen Dank für Ihre grossen Gefälligkeiten abzutragen. In Seinem Namen ging ich Sie darum an, und Er möge nun persönlich Sie dafür entschädigen, was leider ganz außer meiner Macht steht, Ihnen zu erwidern! ...“. - WBV 2124. Abbildung Seite 155
2773 - Eigh. Signatur „Richard Wagner“ unter einem gedruckten Rundschreiben an die Patrone des Bayreuther Festspiel-Projekts. 31/4 S. Folio. Bayreuth 30.VIII.1873. 2.000 € „An die Patrone der Bühnenfestspiele zu Bayreuth“. Nachdem das barocke Bayreuther Hof-Opernhaus sich als ungeeignet für Wagners Reform-
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pläne erwiesen hatte, war im Frühjahr 1872 der Bau eines neuen Opernhauses in Bayreuth beschlossen worden, dessen Finanzierung u. a. durch ein Patronatssystem bewerkstelligt werden sollte. Der Grundstein wurde gelegt, und Wagner hoffte mit einem Aufruf an das deutsche Publikum 1000 wohlhabende Kunstfreunde zu finden, die sich mit einem „Opfer“ von je 300 Talern zu Patronen seiner Unternehmung erklärten. Das funktionierte jedoch nicht in ausreichendem Maße: Interesselosigkeit und die in der Musik-Journalistik verbreitete Ablehnung der „Zukunftsmusik“ bewirkten, daß das Vorhaben ins Stocken geriet, so daß Wagner sich im Spätsommer 1873 veranlaßt sah, sich in dem vorliegenden ausführlichen Rundschreiben erneut an die Öffentlichkeit zu wenden, um die Geschichte, den Fortgang und die Aussichten des Unternehmens eingehend darzulegen. Er zählt die bisher erzielten Fortschritte auf: die Engagements des Mannheimer Bühnentechnikers Karl Brandt und des Malers Joseph Hoffmann, die Errichtung des Rohbaus und die Überwindung mancher Hindernisse. Ausführlich erörtert er Möglichkeiten, die Terminplanung trotz des augenblicklichen Stockens der Finanzierung noch einzuhalten. Unter anderem schlägt er eine Patronatsversammlung am 31. Oktober in Bayreuth vor. Letztlich aber appelliert er noch einmal an den Idealismus seiner Anhänger und an das Nationalbewußtsein des Publikums, seine die Größe deutscher Kunst repräsentierende Musik nicht durch nationale Interesselosigkeit einer ganz unberechtigten Kritik des Auslandes auszusetzen. Er gebe seinen Freunden und Gönnern schliesslich noch zu bedenken, „welche eigenthümliche Beklemmungen mir daraus erwachsen, daß ich der vulgaren Oeffentlichkeit die Schwierigkeiten meiner Unternehmung zu verbergen suchen muss, da durch ihr offenes Bekenntniss ich nur Diejenigen erfreuen würde, unter deren Verleumdung und Beschimpfung ein Werk gedeihen soll, welches im Auslande wiederum deswegen gehässig behandelt wird, weil man es von einer übermüthig herausfordernden Tendenz der deutschen Nation getragen ansieht ...“. - Leichte Bräunung an den Faltstellen; sonst ordentlich erhalten. - Wichtiger „Meilenstein“ in der Entstehungsgeschichte der Bayreuther Festspiele. Abbildung Seite 154
2774* Waldoff, Claire, aus Gelsenkirchen stammende Soubrette, Schauspielerin und Chansonsängerin im Berliner Dialekt (1884-1957). Eigh. Brief m. U. „Claire Waldoff“. 1 S. (Mit grüner Tinte). Mit eigh. Umschlag. Quer gr. 8vo. Bayerisch Gmain (Obb.) 12.II.1948. 150 € 153
Musik, Theater, Tanz und Film ___________________________________________________________________________________________________ 2775 Webern, Anton von, österr. Komponist und Dirigent, Schüler Arnold Schönbergs, 1945 von einem amerik. Soldaten erschossen (1883-1945). Eigh. Brief m. U. „Anton Webern“. 1/2 S. Gr. 8vo. Mödling 2.II.1920. 900 € An den Wiener Schriftsteller August Eigner (1884-1951), der ihm mehrmals erfolglos Opernlibretti zur Vertonung übersandt hatte. „... Ich bitte zu entschuldigen, daß ich Ihren Einakter erst heute zurücksende. Ich danke Ihnen sehr. Aber leider muß ich sagen, daß ich mich auch zur Komposition dieser Sache nicht entschließen kann. Ich bitte, das nicht übel aufzunehmen ...“.
2776* Wolf, Hugo, Komponist (1860-1903). Eigh. Brief m. U. „Hugo Wolf“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Mannheim 12.II.1894. 2.200 €
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An den Dramatiker, Schriftsteller, Publizisten und ehem. Filmprüfer Wolfgang Goetz in Berlin. „... Daß unser großartiger Essayist zwischen Kerrfeiern u. Ernst Hardt-Weihestunde daran gedacht hat, mir mit seinem graziösen Mozartbüchlein eine Freude zu machen, ist ganz wunderbar, und dafür sei unser poeta laureatus von Herzen bedankt ...“. Von den beiden Mozart-Büchern, die Goetz herausgegeben hat, wird es sich wohl um das 1932 erschienene Insel-Bändchen „Franz Hofdemel. Mozart Novelle“ gehandelt haben.
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An den Rechtsanwalt und Begründer der Stuttgarter Hugo-WolfGesellschaft, Hugo Faißt (1862-1914), den eine enge Freundschaft mit Hugo Wolf verband: „... Soeben schreibt mir unser geliebter [Emil] Kauffmann [Komponist, als Universitätsmusikdirektor in Tübingen Förderer von Hugo Wolfs Musik, 1836-1909], daß Sonntag am 18. d. M. eine Matinée in Tübingen stattfinden soll. Ich bin entzückt darüber und Frl. Zerny [d. i. Frieda Zimmer, Sängerin, 1864-1917] nicht minder. Sie halten doch mit? [Karl] Diezel [Sänger, 1850-ca. 1935] singt auch. Ist das nicht prächtig? Glauben Sie nicht, daß wir, anschließend an Tübingen, noch ein zweites Conzert in Stuttgart riskieren sollen, oder einen Versuch in Heilbronn wagen könnten? ...“. - Die erwähnten Konzerte in Stuttgart und Heilbronn wurden nicht verwirklicht. - Am Oberrand eine eigh. Widmung von Hugo Faißt: „Dem trefflichen Wolfinterpreten in dankbarer Verehrung ... Stuttgart am 13. März 1900 (am 40. Geburtstage von Hugo Wolf).“ - Faißt war Gesangsschüler von Universitätsmusikdirektor Karl Emil Kauffmann in Tübingen. Im Januar 1894 kam es zur ersten Begegnung zwischen Faißt und Wolf. Einem Liederabend in Stuttgart mit Wolf am Klavier folgte im Februar 1894 Wolfs erster Besuch in Heilbronn. Mehrfach bedankt sich Wolf in seinen Briefen an Faißt für die freundliche Aufnahme in Heilbronn und ermuntert seinen Freund, weitere Liederabende in Heilbronn zu organisieren. In Stuttgart, wo der Boden für Wolfs Werke fruchtbarer zu sein scheint, gründete Faißt im Jahr 1898 schließlich den Hugo-Wolf-Verein. - Druck unter Nr. 4 bei J. Draheim und S. Hoy (Hrsg.), Hugo Wolf. Briefe an Hugo Faißt. Tutzing 1996. - Oberrand mit ganz schmalem Ausschnitt; Faltenrisse.
__________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater, Tanz und Film
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Register A Adorno, Theodor W. 2475 Aichinger, Ilse 2301 Albers, Josef 2656 Albert-Lasard, Lou 2438 Albrecht, J. A. Michael von 2476 Aleotti, Giovanni Battista 2655 Alexander II., Zar v. Russland 2609 Altenberg, Peter 2302 Andreas-Salomé, Lou 2303 Autogramm-Album 2703 B Bacheracht, Therese von 2304 Bachmann, Ingeborg 2305-2310 Bahro, Rudolf 2548 Banville, Theodore de 2311 Barth, Karl 2478 Bassompierre, François de 2549 Bause, Johann Friedrich 2661 Bayer, Herbert 2657 Beaugeois, Denise 2626 Beaverbrook, Aitken, Lord 2550 Becher, Johannes R. 2312 Beckett, Samuel 2313-2314 Beecher Stowe, Harriet 2315 Behmer, Marcus 2662 Benes, Edvard 2551-2552 Benn, Gottfried 2316 Bense, Max 2479 Berg, Alban 2704 Bergk, Johann Adam 2317 Berlinische Gesellschaft für Deutsche Sprache 2318 Bernoulli, Johann 2480 Bertaux, Pierre 2481 Bertram, Ernst 2360 Binding, Rudolf G. 2319 Black, Roy 2705 Bland, Hermine 2588 Bloch, Ernst 2482 Bode, Johann Elert 2483 Bodenstedt, Friedrich von 2320 Böll, Heinrich 2321-2323 Bosch, Robert 2484 Brahms, Johannes 2706 Breitbach, Joseph 2325 Brod, Max 2324 Brüggemann, Ludwig Wilh. 2485 Bülow, Hans von 2707 Bunsen, Christian K. J. von 2486 Busch, Wilhelm 2326-2328 Busoni, Ferruccio 2708 C Camble, Alwyne 2735 Canetti, Elias 2329 Cecilie, Kronprinzessin 2555 Chamisso, Adelbert von 2330 Chesterfield, Earl of 2331
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Chirico, Giorgio de 2663 Chodowiecki, Daniel 2664 Cobden, Richard 2556 Cocteau, Jean 2332-2335 Coudenhove Kalergi, R. von 2557 D Dessau, Paul 2709 Dichter und Schriftsteller 2339 Dix, Otto 2665-2668 Doderer, Heimito von 2340 Dorsch, Käthe 2710 Dreiser, Theodore 2341 E Ebert, Friedrich 2561 Ebner-Eschenbach, Marie v. 2342 Eck, Pelton 2741 Egk, Werner 2711 Ehre, Ida 2712 Ehrenberg, Chr. Gottfried 2487 Ehrl, Felix 2713 Eich, Günter 2343 Eliot, Thomas Stearns 2344 Elssler, Fanny 2714 Encke, Johann Franz 2488 Ernst I., Herzog zu SachsenGotha 2610 Eugen, Prinz von Savoyen 2562 F Falkenstein, Constantin Carl 2345 Feininger, Julia 2658 Felixmüller, Conrad 2669 Ferdinand I., röm.-dt. Kaiser 2631 Ferdinand II., röm.-dt. Kaiser 2558, 2633 Ferdinand III., röm.-dt. Kaiser 2634 Field, Eugene 2346-2348 Finsterlin, Hermann 2659 Fischer, Johann Georg 2349 Foerster, Wilhelm 2489 Fontane, Theodor 2350-2351 Fouqué, Friedrich de la Motte 2352-2353 Franz I., röm.-dt. Kaiser 2648-2649 Franz II., röm.-dt. Kaiser 2653-2654 Franz Xaver, Prinz v. Sachsen 2584 Freiligrath, Ferdinand 2354 Fried, Erich 2355-2356 Friedrich I., König in Preußen 2563-2564 Friedrich II., der Große 2565-2570 Friedrich III., Dt. Kaiser 2571 Friedrich Wilhelm, Herzog von Mecklenburg-Schwerin 2592 Friedrich Wilhelm I., König von Preußen 2572 Friedrich Wilhelm II., König von
Preußen 2573-2574 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 2575-2576 Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen 2577-2578 Frisch, Max 2357 Furtwängler, Wilhelm 2715 G Galle, Johann Gottfried 2490 Geibel, Emanuel von 2358 Geiger, Abraham 2491 Genlis, Félicité Comtesse de 2359 Gerstenhöfer, Moritz 2492 Gervinus, Georg Gottfried 2493 Gigli, Beniamino 2716 Glassbrenner, Adolf 2361 Glasunow, Alexander 2717 Goethe, J. W. von 2362-2363 Gounod, Charles 2718 Graff, Anton 2670 Gray, John Edward 2494 Griepenkerl, Robert 2370 Gulbransson, Olaf 2671 Gütersloh, Albert Paris 2371 Gutzkow, Karl 2372 H Haeckel, Ernst 2496 Hahn, Otto 2497 Halbe, Max 2373 Hamburger Kunsthalle 2498 Hammer-Purgstall, Joseph v. 2374 Handke, Johann Christoph 2672 Hanslick, Eduard 2720 Härtel, Raymund 2719 Hartlaub, Geno 2375 Hauptmann, Gerhart 2376 Hausmann, Raoul 2336-2338 Hegauischer Vertrag 2553 Hegenbarth, Josef 2673 Heidegger, Martin 2499-2500 Heinrich, Fürst zu Nassau 2601 Hell, Theodor 2377 Herloßsohn, Carl 2378 Hesse, Hermann 2379-2383 Heyse, Paul 2384 Hiller, Ferdinand 2721 Hindemith, Paul 2722 Hindenburg, Paul von 2581 Hoffbauer, Johann Christoph 2501 Hofmann, Ludwig von 2674 Hofmannsthal, Hugo v. 2385-2387 Holtei, Carl von 2388-2391 Holz, Arno 2392-2393 Hormayr, Joseph Frhr von 2394 Huch, Ricarda 2395 Huchel, Peter 2396 Hufeland, Christoph W. 2502
Hugenberg, Alfred 2582 Hugo, Victor 2397 Humboldt, Alexander v. 2503-2506 Hummel, Johann Nepomuk 2723 Humperdinck, Engelbert 2724-2725 Huxley, Aldous 2398 IJ Iffland, August Wilh. 2726-2727 Jacobi, Friedrich Heinrich 2399 Janácek, Leos 2728 Jandl, Ernst 2400 Jaques-Dalcroze, Émile 2729 Joachim, Joseph 2730-2731 Joseph I., röm.-dt. Kaiser 2642-2643 Joseph II., röm.-dt. Kaiser 26502651 Jünger, Ernst 2401 K Karl V., röm.-dt. Kaiser 2629-2630 Karl VI., röm.-dt. Kaiser 2644-2645 Karl VII., röm.-dt. Kaiser 2646 Karl Wilhelm Ferdinand, Herzog von Braunschweig 2554 Kartell lyrischer Autoren 2402 Kasack, Hermann 2403 Kaschnitz, Marie Luise 2404 Kayser, Philipp Christoph 2364 Kerner, Justinus 2405 Keyserling, Hermann Graf 2406 Kieser, Dietrich Georg von 2507 Kirchhoff, Gustav Robert 2508 Klee, Paul 2660 Kleiber, Erich 2732 Kley, Heinrich 2675 Klimt, Gustav 2676 Knef, Hildegard 2733-2734 Kokoschka, Oskar 2677-2678 Kolbe, Georg 2679 Krishnamurti, Jiddu 2509 Krug, Wilhelm Traugott 2510 Kubin, Alfred 2680 L Lahmann, Heinrich 2495 Laube, Heinrich 2736 Lavater, Johann Caspar 2407-2408 Lavoisier, Antoine L. de 2511 Lawrence, David Herbert 2409 Le Fort, Gertrud von 2410 Lee, Robert 2512 Lenau, Nicolaus 2411-2412 Leopold I., Fürst von AnhaltDessau 2547 Leopold I., röm.-dt. Kaiser 26362641 Leopold II., röm.-dt. Kaiser 2652 Leopold V., Erzherzog 2635
____________________________________________________________________________________________________________________________________________ Register
Leopold Wilhelm, Erzherzog 2559 Lessing, Theodor 2413 Liebig, Justus von 2513 Liegnitz 2586 Lind, Jenny 2737 Lingg, Hermann 2414 Lissauer, Ernst 2415 Liszt, Franz 2738 Littrow, Carl Ludwig von 2515 Littrow, Joseph Johann von 2514 Lorentz, Hendrik A. 2516-2517 Löwenstein-WertheimRochefort, Maximilian Fürst zu 2587 Luden, Heinrich 2518 Ludwig XIV., König von Frankreich 2589 Lüttwitz, Smilo von 2590 M Maass, Joachim 2416 Mädler, Johann Heinrich v. 2519 Magnus, Gustav 2520 Mann, Thomas 2417-2419 Marais, Jean 2739 Maria Paulowna, Großherzogin von Sachsen-Weimar 2365 Maria Theresia, Kaiserin von Österreich 2647 Marteau, Henri 2740 Masaryk, Tomas Garrigue 2591 Mavrokordatos, Alexandros 2579 Max, Gabriel von 2682 Maximilian I., röm.-dt. Kaiser 2627 Maximilian II., röm.-dt. Kaiser 2632 Medusa-Katastrophe 2593 Meinecke, Friedrich 2521 Meister, Ernst 2420 Menzel, Adolph von 2683 Metternich, Fürst von 2594-2595 Meyer, Conrad Ferdinand 2421 Meyerheim, Paul 2684 Michaelis, Johann David 2522 Miller, Henry 2422-2423 Mittermaier, C. J. A. 2523-2524 Montecuccoli, Leopold Fürst 2605 Montherlant, Henri de 2424 Möser, Justus 2525 Moses, Leopold 2526 Mucha, Alfons 2685 Mühlenhaupt, Curt 2686 Musik und Theater 2742 Musil, Robert 2425-2426
N Napoleon I. Bonaparte 2597 Napoléon III., Kaiser 2600 Nesch, Rolf 2687 Nevermann, Paul 2580 Nordau, Max 2427 O Odeleben, Otto Innozenz v. 2598 Offenbach, Jacques 2743 Onymus, Adam Joseph 2624 Orlik, Emil 2688 Osnabrück 2602 Österr. Schriftsteller 2428 Otte, Kurt (Kubin-Archiv) 2681 Oven, Ernst von 2603 P Paër, Ferdinando 2744 Paul VI., Papst 2604 Paulus, Heinrich Gottlob 2527 Petermann, August 2477 Pfeffel, Gottlieb Konrad 2429 Poggendorff, Johann Chr. 2528 Pound, Ezra 2430 Proust, Marcel 2431 Puccini, Giacomo 2745 R Radius, Justus 2529 Rauch, Friedrich Wilhelm v. 2606 Ravel, Maurice 2746 Recamier, Julie 2607 Reger, Max 2747 Rehberg, August Wilhelm 2530 Rehfues, Philipp Joseph von 2432 Reimann, Hans 2433 Reiser, Anton 2614 Reuter, Fritz 2434 Reventlow, Franziska zu 2435 Richter, Hans 2748 Richter, Ludwig 2689 Rilke, Rainer Maria 2436-2437 Rimski-Korsakow, Nicolai 2749 Ringelnatz, Joachim 2439 Robert-tornow, Walter 2440 Rokitansky, Carl Frhr von 2531 Roon, Albrecht Graf von 2596 Roothaan, Joannes 2583 Rose, Heinrich 2532 Roters, Ernst 2750 Roth, Dieter 2441 Roth, Eugen 2442 Rothschild, Amschel Mayer
Freiherr von 2608 Rückert, Friedrich 2443 Runge, Friedlieb Ferdinand 2533 Rutowski, Friedrich A. Graf von 2585 S Sachs, Nelly 2444 Sachsen-Herzöge 2611 Saphir, Moritz Gottlieb 2445 Sauerbruch, Ferdinand 2534 Schacht, Hjalmar 2612 Schadow, Johann Gottfried 2690 Schaukal, Richard von 2446 Scheidemann, Philipp 2613 Scheidemantel, Karl 2751 Schiele, Egon 2691-2693 Schlagintweit, Hermann von 2535 Schlegel, August W. von 2447 Schlegel, Dorothea 2448 Schmitt, Carl 2536-2537 Schnitzler, Arthur 2449 Schnorr v. Carolsfeld, Julius 2694 Schnorr v. Carolsfeld, Ludwig 2752-2753 Schnorr v. Carolsfeld, Malvida 2754 Schnorr v. Carolsfeld, Veit Hans 2695 Schoppe, Amalie 2450 Schreiber, Aloys 2451 Schröder, Rudolf Alexander 2452 Schumacher, Heinrich Chr. 2538 Schumann, Clara 2755 Schütze, Johann Stephan 2366 Schwimmer, Eva 2696 Sembrich, Marcella 2756 Sieg, Fredy 2757 Slezak, Leo 2758 Söderbaum, Kristina 2759 Sombart, Werner 2539 Sommerfeld, Arnold 2540 Spohr, Louis 2760 Spontini, Gasparo 2761 Sporschil, Johann Chrys. 2453 Stammbuch 2456-2459 Stammbuchblätter des Barock mit Wappendarstellungen 2455 Stammbuchblätter deutscher Gelehrter des Barock 2454 Stammbücher 2460 Stockhausen, Karlheinz 2762 Strauß, Johann (Sohn) 2768
Strauss, Richard 2763-2767 Stresemann, Gustav 2615 Strindberg, August 2461 T Tagore, Rabindranath 2462 Talleyrand, Charles M. de 2599 Thadden, Elisabeth von 2616 Thoma, Hans 2697-2698 Thoma, Ludwig 2463 Thümmel, Moritz A. von, 2464 Tichatschek, Joseph 2769 Tietjen, Heinz 2770 Tilly, Johann Graf von 2560 Tirpitz, Alfred von 2617 Tischbein, Johann Heinrich 2699 Torberg, Friedrich 2465-2466 Tosti, Francesco Paolo 2771 UVW Unruh, Fritz von 2467 Unwin, Raymond 2541 Vogt, Gabriel 2628 Waggerl, Karl Heinrich 2468 Wagner, Richard 2772-2773 Waldoff, Claire 2774 Weber, Wilhelm 2542-2543 Webern, Anton von 2775 Wedekind, Frank 2469 Weinheber, Josef 2470 Weiß, Emil Rudolf 2700 Wells, Herbert George 2471 Wendelstadt, Karl Eduard 2701 Wetterauische Gesellschaft 2544 Wieland, Christoph Martin 2472 Wilder, Thornton 2473 Wilhelm, Prinz von Preußen 2622 Wilhelm I., Dt. Kaiser 2618-2620 Wilhelm II., Dt. Kaiser 2621 Wittgenstein, Wilh. Fürst zu 2623 Wolf, Hugo 2776 Wolff, Pius Alexander 2367-2368 Worpswede 2702 Z Zeise, Heino 2545 Zelter, Carl Friedrich 2369 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von 2625 Zürn, Unica 2474 Zuse, Konrad 2546
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Besitzer 1: 2301. 2: 2302. 3: 2303. 4: 2304. 5: 2305, 2306, 2307, 2308. 6: 2309. 7: 2310. 8: 2311. 9: 2312. 10: 2313. 11: 2314. 12: 2315, 2316, 2317. 13: 2318. 14: 2319. 15: 2320. 16: 2321, 2322, 2323. 17: 2324. 18: 2325. 19: 2326, 2327, 2328. 20: 2329. 21: 2330. 22: 2331. 23: 2332, 2333, 2334, 2335. 24: 2336, 2337, 2338. 25: 2339. 26: 2340. 27: 2341. 28: 2342, 2343. 29: 2344. 30: 2345. 31: 2346, 2347, 2348. 32: 2349. 33: 2350. 34: 2351. 35: 2352. 36: 2353. 37: 2354. 38: 2355, 2356. 39: 2357. 40: 2358. 41: 2359. 42: 2360. 43: 2361. 44: 2362. 45: 2363. 46: 2364. 47: 2365. 48: 2366, 2367, 2368. 49: 2369. 50: 2370. 51: 2371. 52: 2372. 53: 2373. 54: 2374. 55: 2375. 56: 2376. 57: 2377, 2378. 58: 2379. 59: 2380. 60: 2381. 61: 2382, 2383. 62: 2384. 63: 2385, 2386. 64: 2387, 2388. 65: 2389. 66: 2390, 2391. 67: 2392, 2393. 68: 2394. 69: 2395, 2396. 70: 2397, 2398. 71: 2399. 72: 2400. 73: 2401. 74: 2402. 75: 2403. 76: 2404. 77: 2405. 78: 2406, 2407, 2408. 79: 2409. 80: 2410. 81: 2411. 82: 2412. 83: 2413. 84: 2414. 85: 2415. 86: 2416. 87: 2417, 2418, 2419, 2420. 88: 2421. 89: 2422. 90: 2423. 91: 2424. 92: 2425. 93: 2426, 2427. 94: 2428. 95: 2429, 2430. 96: 2431. 97: 2432. 98: 2433. 99: 2434. 100: 2435. 101: 2436. 102: 2437. 103: 2438. 104: 2439. 105: 2440. 106: 2441. 107: 2442. 108: 2443. 109: 2444. 110: 2445. 111: 2446, 2447. 112: 2448. 113: 2449. 114: 2450, 2451. 115: 2452. 116: 2453. 117: 2454. 118: 2455. 119: 2456, 2457. 120: 2458. 121: 2459. 122: 2460. 123: 2461. 124: 2462. 125: 2463. 126: 2464. 127: 2465, 2466. 128: 2467. 129: 2468. 130: 2469. 131: 2470. 132: 2471. 133: 2472. 134: 2473. 135: 2474. 136: 2475. 137: 2476. 138: 2477, 2478. 139: 2479. 140: 2480. 141: 2481, 2482. 142: 2483. 143: 2484. 144: 2485, 2486, 2487, 2488, 2489, 2490. 145: 2491. 146: 2492. 147: 2493. 148: 2494. 149: 2495. 150: 2496. 151: 2497. 152: 2498. 153: 2499. 154: 2500. 155: 2501. 156: 2502. 157: 2503. 158: 2504. 159: 2505. 160: 2506. 161: 2507, 2508, 2509, 2510, 2511. 162: 2512. 163: 2513. 164: 2514, 2515. 165: 2516, 2517. 166: 2518. 167: 2519. 168: 2520. 169: 2521. 170: 2522, 2523. 171: 2524. 172: 2525. 173: 2526. 174: 2527. 175: 2528. 176: 2529. 177: 2530. 178: 2531. 179: 2532, 2533. 180: 2534. 181: 2535. 182: 2536. 183: 2537. 184: 2538. 185: 2539. 186: 2540. 187: 2541. 188: 2542, 2543. 189: 2544. 190: 2545. 191: 2546. 192: 2547. 193: 2548. 194: 2549, 2550. 195: 2551, 2552. 196: 2553. 197: 2554. 198: 2555, 2556. 199: 2557. 200: 2558. 201: 2559. 202: 2560. 203: 2561. 204: 2562. 205: 2563. 206: 2564. 207: 2565. 208: 2566. 209: 2567. 210: 2568. 211: 2569. 212: 2570, 2571, 2572. 213: 2573. 214: 2574. 215: 2575. 216: 2576, 2577. 217: 2578. 218: 2579. 219: 2580. 220: 2581. 221: 2582. 222: 2583. 223: 2584. 224: 2585. 225: 2586. 226: 2587. 227: 2588. 228: 2589. 229: 2590. 230: 2591. 231: 2592. 232: 2593. 233: 2594. 234: 2595. 235: 2596. 236: 2597. 237: 2598. 238: 2599. 239: 2600. 240: 2601. 241: 2602. 242: 2603. 243: 2604. 244: 2605. 245: 2606. 246: 2607. 247: 2608. 248: 2609. 249: 2610. 250: 2611. 251: 2612, 2613. 252: 2614. 253: 2615. 254: 2616. 255: 2617. 256: 2618. 257: 2619. 258: 2620. 259: 2621. 260: 2622. 261: 2623, 2624. 262: 2625. 263: 2626. 264: 2627. 265: 2628. 266: 2629. 267: 2630. 268: 2631, 2632. 269: 2633. 270: 2634. 271: 2635, 2636. 272: 2637. 273: 2638, 2639, 2640, 2641, 2642. 274: 2643. 275: 2644. 276: 2645, 2646. 277: 2647, 2648. 278: 2649. 279: 2650. 280: 2651, 2652, 2653, 2654. 281: 2655. 282: 2656, 2657. 283: 2658. 284: 2659, 2660. 285: 2661. 286: 2662. 287: 2663. 288: 2664. 289: 2665, 2666, 2667, 2668. 290: 2669. 291: 2670. 292: 2671. 293: 2672. 294: 2673, 2674, 2675, 2676. 295: 2677, 2678. 296: 2679, 2680. 297: 2681. 298: 2682. 299: 2683. 300: 2684. 301: 2685. 302: 2686. 303: 2687. 304: 2688. 305: 2689, 2690. 306: 2691, 2692, 2693. 307: 2694, 2695. 308: 2696. 309: 2697. 310: 2698. 311: 2699. 312: 2700. 313: 2701. 314: 2702. 315: 2703. 316: 2704. 317: 2705, 2706. 318: 2707. 319: 2708, 2709, 2710. 320: 2711. 321: 2712. 322: 2713. 323: 2714. 324: 2715. 325: 2716. 326: 2717, 2718. 327: 2719. 328: 2720. 329: 2721. 330: 2722. 331: 2723. 332: 2724. 333: 2725. 334: 2726. 335: 2727. 336: 2728. 337: 2729. 338: 2730. 339: 2731, 2732. 340: 2733, 2734, 2735. 341: 2736. 342: 2737. 343: 2738. 344: 2739. 345: 2740. 346: 2741. 347: 2742. 348: 2743. 349: 2744. 350: 2745, 2746. 351: 2747. 352: 2748. 353: 2749. 354: 2750. 355: 2751, 2752, 2753, 2754. 356: 2755. 357: 2756. 358: 2757. 359: 2758. 360: 2759. 361: 2760. 362: 2761. 363: 2762. 364: 2763. 365: 2764. 366: 2765. 367: 2766, 2767, 2768. 368: 2769, 2770. 369: 2771, 2772. 370: 2773. 371: 2774. 372: 2775. 373: 2776.
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V ersteigeru ngs - Bedingu ngen 1. Die Bassenge Buchauktionen GbR, nachfolgend Versteigerer genannt, versteigert als Kommissionärin im eigenen Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber (Kommittenten), die unbenannt bleiben. Die Versteigerung ist freiwillig und öffentlich im Sinne des § 383 III BGB. 2. Der Versteigerer behält sich das Recht vor, Nummern des Kataloges zu vereinen, zu trennen, außerhalb der Reihenfolge anzubieten oder zurückzuziehen. 3. Sämtliche zur Versteigerung kommenden Gegenstände können vor der Versteigerung besichtigt und geprüft werden. Die Sachen sind gebraucht. Erhaltungszustände der einzelnen angebotenen Arbeiten bleiben im Katalog in der Regel unerwähnt. Die Katalogbeschreibungen sind keine Garantien im Rechtssinne und keine vertraglich vereinbarten Beschaffenheitsangaben. Gleiches gilt für individuell angeforderte Zustandsberichte. Sie bringen nur die subjektive Einschätzung des Versteigerers zum Ausdruck und dienen lediglich der unverbindlichen Orientierung. Alle Gegenstände werden in dem Erhaltungszustand veräußert, in dem sie sich bei Erteilung des Zuschlages befinden. Soweit nicht in der Katalogbeschreibung explizit erwähnt, sind Rahmungen nicht bindender Bestandteil des Angebots. Der Käufer kann den Versteigerer nicht wegen Sachmängeln in Anspruch nehmen, wenn dieser seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Der Versteigerer verpflichtet sich jedoch, wegen rechtzeitig vorgetragener, begründeter Mängelrügen innerhalb der Verjährungsfrist von 12 Monaten ab dem Zeitpunkt des Zuschlags seine Ansprüche gegenüber dem Einlieferer (Auftraggeber) geltend zu machen. Im Falle erfolgreicher Inanspruchnahme des Einlieferers erstattet der Versteigerer dem Erwerber den Kaufpreis samt Aufgeld. Die Haftung des Versteigerers auf Schadensersatz für Vermögensschäden – gleich aus welchem Grund – ist ausgeschlossen, es sei denn, dem Versteigerer fiele Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die Haftung bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit bleibt unberührt. 4. Der Zuschlag erfolgt nach dreimaligem Aufruf an den Höchst bietenden. Der Versteigerer kann den Zuschlag verweigern oder unter Vorbehalt erteilen. Wenn mehrere Personen dasselbe Gebot abgeben und nach dreimaligem Aufruf kein höheres Gebot erfolgt, entscheidet das Los. Der Versteigerer kann den Zuschlag zurücknehmen und die Sachen erneut ausbieten, wenn irrtümlich ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot übersehen worden ist oder wenn der Höchstbietende sein Gebot nicht gelten lassen will oder sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen. 5. Im Falle eines schriftlichen Gebotes beauftragt der Interessent den Versteigerer für ihn während der Versteigerung Gebote abzugeben. In schriftlichen Aufträgen ist bei Differenzen zwischen Nummer und Kennwort das Kennwort maßgebend. 6. Telefonische Gebote und Online-Direkt-Gebote über das Internet bedürfen der vorherigen Anmeldung beim Versteigerer und dessen Zustimmung. Für die Bearbeitung übernimmt der
Versteigerer jedoch keine Gewähr. Telefonische und OnlineGebote werden nur akzeptiert, wenn der Bieter bereit ist, den ihm zuvor mitgeteilten Mindestpreis des jeweiligen Loses zu bieten. Auch bei Nichtzustandekommen einer Verbindung gilt, dass für den Auktionator dieses Gebot in Höhe des Mindestpreises verbindlich ist. Für das Zustandekommen einer entsprechenden Telefon- oder Onlineverbindung übernimmt der Versteigerer keine Gewähr. Das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen findet auf solche Gebote keine Anwendung (§ 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB). 7. Mit der Erteilung des Zuschlages geht die Gefahr für nicht zu vertretende Verluste und Beschädigung auf den Ersteigerer über. Das Eigentum an den ersteigerten Sachen geht erst mit vollstän digem Zahlungseingang an den Erwerber über. 8. Auf den Zuschlagspreis ist ein Aufgeld von 28% zu entrichten, in dem die Umsatzsteuer ohne separaten Ausweis enthalten ist (Differenzbesteuerung) oder ein Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19% (Regelbesteuerung), bei Büchern beträgt die Umsatzsteuer 7% (Regelbesteuerung).Die im Katalog mit einem * gekennzeichneten Objekte unterliegen in jedem Fall der Regelbesteuerung (Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19%). Bei den im Katalog mit einem ^ gekennzeichneten Objekten ist Einfuhrumsatzsteuer angefallen. In diesen Fällen wird zusätzlich zu einem Aufgeld von 25% (Differenzbesteuerung) die verauslagte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von z.Zt. 7% auf den Zuschlag erhoben. Für bundesdeutsche Kunsthändler und Antiquare, die zum Vors teuerabzug berechtigt sind, kann die Gesamtrechnung auf Wunsch, wie bisher nach der Regelbesteuerung ausgestellt werden. Von der Umsatzsteuer befreit sind Ausfuhrlieferungen in Dritt länder (außerhalb der EU) und – bei Angabe ihrer USt.-Identi fikations-Nr. bei Auftragserteilung als Nachweis der Berechtigung zum Bezug steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen – auch an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten, unter der Voraussetzung, dass sie für gewerblichen Gebrauch einkaufen. Eine Korrektur nach Rechnungsstellung ist nicht möglich. Alle anderen Käufe aus EU-Ländern unterliegen der Umsatzsteuer. Ausländischen Käufern außerhalb der Europäischen Union wird die Umsatzsteuer erstattet, wenn binnen 4 Wochen nach der Auktion der deutsche zollamtliche Ausfuhrnachweis und der zollamt liche Einfuhrnachweis des entsprechenden Importlandes erbracht werden. Bei Versand durch uns gilt der Ausfuhrnachweis als gegeben. Bei Online-Live-Geboten über externe Internetplattformen erhöht sich das Aufgeld um die dort anfallende Transaktionsgebühr. Während oder unmittelbar nach der Auktion ausgestellte Rech nungen bedürfen einer besonderen Nachprüfung und eventueller Berichtigung; Irrtum vorbehalten. 9. Die Auslieferung der ersteigerten Stücke erfolgt in unseren Ge schäftsräumen gegen Bezahlung. Kreditkarten (Mastercard, VISA, American Express), Schecks sowie andere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen. Bankspesen/
Transaktionsgebühren bzw. Kursverluste können zu Lasten des Käufers gehen. Die Auf bewahrung erfolgt auf Rechnung und Gefahr des Käufers. Der Versand wird gegen Vorabrechnung des Rechnungsbetrages ausgeführt. Die Versandspesen sowie die Kosten für Versicherung gegen Verlust und Beschädigung gehen zu Lasten des Käufers. Übersteigen die tatsächlichen Versandkosten die vorab berechnete Pauschale, so wird die Differenz dem Käufer nachträglich in Rechnung gestellt. 10. Bei der Ausfuhr von Kulturgütern aus dem Gemeinschaftsgebiet der EG ist gem. der EG-Verordnung Nr. 116/2009 abhängig von Kategorie und Wert des Objekts ggf. eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich. Aus Gründen des Artenschutzes können Objekte aus bestimmten, geschützten Materialien (u.a. Elfenbein, Schildpatt, Perlmutt und einige Korallenarten) besonderen Im- und Exportbeschränkungen unterliegen. Zum Zwecke des Exports (insbesondere außerhalb der Europäischen Union) kann hierfür eine spezielle Ausfuhrgenehmigung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97 erforderlich sein. Entsprechende Ausfuhrgenehmigungen können nur unter strengen Bedingungen erteilt und ggf. auch gar nicht erlangt werden, auch kann der Import dieser Gegenstände in manche Staaten eingeschränkt oder untersagt sein. Der Käufer ist selbst dafür verantwortlich, sich über etwaige Im- und Exportbeschränkungen zu informieren. Export und Import entsprechender Objekte erfolgen allein auf Rechnung und Gefahr des Käufers. 11. Der Zuschlag verpflichtet zur Abnahme. Der Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig. Der Versteigerer ist berechtigt, falls nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Versteigerung Zahlung geleistet ist, den durch den Zuschlag zustande gekommenen Kaufvertrag ohne weitere Fristsetzung zu annullieren, Verzugszinsen in banküblicher Höhe – mindestens jedoch 1 % auf den Bruttopreis je angebrochenen Monat – zu berechnen und von dem Ersteigerer
Eindeutig identifizierbare Werke mit einem Schätzpreis von mind. 2500 Euro werden vor der Auktion mit dem Art Loss Register abgeglichen.
wegen Nichterfüllung Schadenersatz zu verlangen. Der Schadenersatz kann in diesem Falle auch so berechnet werden, dass die Sache in einer neuen Auktion nochmals versteigert wird und der säumige Käufer für einen Mindererlös gegenüber der vorangegangenen Versteigerung einschließlich der Gebühren des Auktionshauses aufzukommen hat. Zu einem Gebot wird er nicht zugelassen, auf einen etwaigen Mehrerlös hat er keinen Anspruch. 12. Erfüllungsort und Gerichtsstand im vollkaufmännischen Verkehr ist Berlin. Es gilt ausschließlich deutsches Recht. Das UNAbkommen über Verträge des internationalen Warenkaufs (CISG) findet keine Anwendung. 13. Die im Katalog aufgeführten Preise sind Schätzpreise, keine Limite. 14. Der Nachverkauf ist Teil der Versteigerung, bei der der Interessent entweder telefonisch oder schriftlich (im Sinne der Ziffern 5 und 6) den Auftrag zur Gebotsabgabe mit einem bestimmten Betrag erteilt. 15. Die Abgabe eines Gebotes in jeglicher Form bedeutet die Anerkennung dieser Versteigerungsbedingungen. Der Versteigerer nimmt Gebote nur aufgrund der vorstehenden Versteigerungs bedingungen entgegen und erteilt dementsprechend Zuschläge. Kommissionäre haften für die Käufe ihrer Auftraggeber. 16. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sein, so bleibt die Gültigkeit der übrigen davon unberührt. Dr. Markus Brandis Geschäftsführer
Stand: Oktober 2018
Conditions of Sale 1. The Bassenge Buchauktionen GbR, subsequently called “the auctioneer” carries on business as commission-agent in its own name on behalf of its voluntary consignors. This auction sale is a public one in the sense of § 383 III BGB. 2. The auctioneer reserves the right to combine, to split, to change or to withdraw lots before the actual final sale. 3. All objects put up for auction can be viewed and examined prior to the sale at the times made known in the catalogue. The items are used and sold as is. As long as not explicitly mentioned in the catalogue description, framing is not an inherent part of the offer. As a rule, the condition of the individual work is not given in the catalogue. Catalogue descriptions are made with as much care as possible, but the descriptions do not fall under the statutory paragraph for guaranteed legal characteristics. The same applies for individually requested condition reports. These also offer no legal guarantee and only represent the subjective assessment of the auctioneer while serving as a non-binding orientation. The liability for damage to life, body or health shall remain unaffected. In case of a justified claim, however, he will accept the responsibility to make a claim for restitution on behalf of the buyer against the consignor within a period of 12 months, running from the fall of the hammer. In the event of a successful claim the auctioneer will refund the hammerprice plus premium. 4. The highest bidder acknowledged by the auctioneer shall be deemed the buyer. In case of identical bids the buyer will be deter mined by drawing lots. In the event of a dispute the auctioneer has the absolute discretion to reoffer and resell the lot in dispute. He may also knock down lots conditionally. 5. In the case of a written bid the bidder commissions the auctioneer to place bids on his behalf during the auction. In cases where there is a discrepancy between number and title in a written bid the title shall prevail. 6. Telephone and direct online bidding via the internet must be approved in advance by the auctioneer. The auctioneer cannot be held liable for faulty connections or transmission failure. In such a case the bidder agrees to bid the reserve price of the corresponding lot. For such bidding the regulations of long distance contracts do not apply (Fernabsatzverträge) [cf § 312d IV,5 BGB]. 7. On the fall of the auctioneer’s hammer title to the offered lot will pass to the acknowledged bidder. The successful buyer is obliged to accept and pay for the lot. Ownership only passes to the buyer when full payment has been received. The buyer, however, immediately assumes all risks when the goods are knocked down to him.
8. A premium of 28% of the hammer price will be levied in which the VAT is included (marginal tax scheme) or a premium of 23% of the hammer price plus the VAT of 19% of the invoice sum will be levied [books: 7%] (regular tax scheme). Buyers from countries of the European Union are subject to German VAT. Items marked with an * are subject to the regular tax scheme (premium of 23% of the hammer price plus the current VAT of 19%). Items marked with an ^ are subject to import duty. In these cases in addition to a premium of 25% (marginal tax scheme), the charged import tax of currently 7% will be added to the hammer price. Exempted from these rules are only dealers from EU-countries, who are entitled, under their notification of their VAT ID-Number, to buy on the basis of VAT-free delivery within the European Union. Notification of VAT ID-Numbers must be given to the auctioneer before the sale. For buyers from non EU-countries a premium of 23% will be levied. VAT will be exempted or refunded on production of evidence of exportation within 4 weeks of the auction, or, if appropriate, importation to another country. This is taken as given when the dispatch is effected by us. Live bidding through external online platforms entails a transaction fee stipulated by the platform and will be added to the premium. Due to the work overload of the accounting department during auctions, invoices generated during or directly after an auction require careful revision and possible correction; errors excepted. 9. Auction lots will, without exception, only be handed over after payment has been made. Credit cards (VISA, Mastercard, American Express), checks and any other form of non-cash payment are accepted only on account of performance. Exchange rate risk and bank charges may be applicable. Storage and dispatch are at the expense and risk of the buyer. If the shipping costs exceed the lump sum on the invoice the outstanding amount will be billed separately. 10. According to regulation (EC) No. 116/2009, an export license is necessary when exporting cultural goods out of European Community territory, depending on the type or value of the object in question. For the purposes of wildlife conservation, it is necessary to obtain an export license according to regulation (EC) No. 338/97 when exporting objects made from certain protected materials (incl. ivory, tortoiseshell, mother-of-pearl and certain corals) out of the territory of the European Community. Export licenses for objects made of protected materials are only granted under strict conditions or may not be granted at all. The import of such objects may be restricted or prohibited by certain countries. It is the buyer’s responsibility to inform himself, whether an object is subject to such restrictions. Export and import of such objects are at the expense and risk of the buyer.
11. The buyer is liable for acceptance of the goods and for payment. The purchase price shall be due for payment upon the lot being knocked down to the buyer. In case of a delayed payment (two weeks after the sale) the purchaser will be held responsible for all resultant damages, in particular interest and exchange losses. In case of payment default the auctioneer will charge interest on the outstanding amount at a rate of 1% to the gross price per month or part of month. In such an event the auctioneer reserves the right to annul the purchase contract without further notice, and to claim damages from the buyer for non-fulfilment, accordingly he can reauction the goods at the buyer’s expense. In this case the buyer is liable for any loss incurred, the buyer shall have no claim if a higher price has been achieved. He will not be permitted to bid. 12. The place of fulfillment and jurisdiction is Berlin. German law applies exclusively; the UN-Treaty (CISG) is explicitly excluded. 13. The prices quoted after each lot are estimates, not reserves.
14. The after-sales is part of the auction in which the bidder places either by teleÂphone or in written form (as stated in number 5 and 6) the order to bid a set amount. 15. By making a bid, either verbally in the auction, by telephone, written by letter, by fax, or through the internet the bidder confirms that he has taken notice of these terms of sale by auction and accepts them. Agents who act on behalf of a third party are jointly and separately liable for the fulfillment of contract on behalf of their principals. 16. Should one or the other of the above terms of sale become wholly or partly ineffective, the validity of the remainder is not affected. In the event of a dispute the German version of the above conditions of sale is valid. Dr. Markus Brandis As of October 2018
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Oblatenalbum. Ca. 750 konturgestanzte und geprägte Chromolithographien. Um 1910. Schätzung 3.500 Euro
Papierantiquitäten des 18. und 19. Jahrhunderts 16. Oktober 2018 GA L E R I E BA S S E N G E · E R DE N E R S T R A S S E 5A · 14193 BE R L I N Telefon: (030) 893 80 29-0 · Fax: (030) 891 80 25 · E-Mail: art@bassenge.com · Kataloge online: www.bassenge.com
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Claudius Ptolemaeus. Geographicae Enarationis. Lyon, Hugo a Porta, 1541. Schätzung 22.000 Euro
Wertvolle Bücher 16. Oktober 2018 GA L E R I E BA S S E N G E · E R DE N E R S T R A S S E 5A · 14193 BE R L I N Telefon: (030) 893 80 29-0 · Fax: (030) 891 80 25 · E-Mail: art@bassenge.com · Kataloge online: www.bassenge.com
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Johann Anton Ramboux. Doppelportrait der Brüder Eberhard. Lithographie auf Velin. 1822.
Druckgraphik des 15. – 19. Jahrhunderts 28. November 2018
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Heinrich Ahrens. Selbstportrait liegend im Bergpark Wilhelmshöhe. Öl auf Leinwand, 36,4 x 45 cm.
Gemälde Alter und Neuerer Meister 29. November 2018
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F RÜ H JA H R S AU K TIO N 16.–18. April 2019 Einlieferungen jetzt erbeten
K ATA LOGBE A R BEIT U NG DR. RAINER THEOBALD