GASTRONOMIE, HOTELLERIE & LEBENSART
Das Magazin für entdecker und genieSSer
HEFT 3 / 2009 | 4 €
INES | MARGAUX | MING DYNASTIE MARKTGESCHREI | MESSERMACHER | MEISTERKÖCHE GRIECHEN IN BERLIN | KÖCHE IN KREUZBERG ALBRECHTS SONNTAGSBRATEN | FUHRMANNS FRÜCHTEKORB
MISE EN PLACE
Liebe Leserinnen und Leser, die Vorstellung eines Berliner Feinschmecker-Festivals hätte vor sagen wir mal 35 Jahren in der damals noch überschaubaren Gilde der Gastrokritiker wahrscheinlich schallendes Gelächter ausgelöst. Ich rede von einer Zeit, in der Köche Camembert in heißem Fett ruinierten, der Gast dazu mit sechs Jahre altem Beaujolais traktiert wurde und in der Seezungenröllchen, dekoriert mit Oliven, als kulinarisches Nonplusultra galten. Gert von Paczensky, seinerzeit Chefredakteur von Radio Bremen und Restauranttester der Zeitschrift Essen & Trinken schrieb mit dem Blick auf Berlin: „Allzu oft schwindet der Appetit mit dem Essen.“ Die nicht minder spitze Feder seines Kollegen Klaus Besser notierte: „Der Berliner, selbst der wohlhabende, liebt das Deftige, Riesenportionen und dazu die Molle.“ Und Wolfram Siebeck schließlich, der dritte im Bunde der damals tonangebenden Restaurantkritiker, bezeichnete Berlins Köche spöttisch als „Gurkentruppe“. Das begann sich Anfang der 1980er Jahre zu ändern. Siegfried Rockendorf verließ die Küche des Schweizerhofs, machte sich 1977 selbständig, eröffnete vier Jahre später in Waidmannslust das Gourmetlokal Rockedorf’s Restaurant und erkochte den ersten Michelin-Stern. Peter Frühsammer, Franz Raneburger und Karl Wannemacher folgten 1984. Die gastronomische Wüste Berlin hatte ihre ersten Oasen. Drei dieser vier aus der alten Köche-Garde standen Anfang Juli 2009, 25 Jahre nach ihren ersten Sterneehren also, nun gemeinsam am Herd. Hagen Müller und Stephan Falke, die Betreiber des Bistros Guten Morgen Franz, hatten sich des Jubiläums erinnert und Frühsammer, Raneburger und Wannemacher eingeladen, zur Eröffnung ihres Restaurants zu kochen. Peter Frühsammer servierte Schweinebauch, Calamaretti und Vanille-Rhabarber, Franz Raneburger Schwammerlgoulasch mit Semmelknödel und Karl Wannemacher brachte Entenleberpraline, Honigbrot und Aprikosen-Chili-Coulis auf die Teller. „Ohne diese drei stünde Berlin kulinarisch heute nicht dort, wo es steht.“, formulierte der Gastronom und Küchenplaner Stephan Falke in seiner Eröffnungsrede. 300 Partygäste, darunter viele, die die einstige Tournedo-Rossini-Zeit noch aus eigenem Erleben kennen, applaudierten laut und lange (Bericht Seite 28). Ich hätte mir gewünscht, dass die drei Altmeister des Berliner Küchenwunders auch zur Premiere des Festivals Taste of Berlin (30.Juli bis 2.August) gemeinsam auf der Bühne gestanden hätten. Doch man hat sie nicht gefragt. Schade. Dennoch hoffe ich, dass das viertägige kulinarische Fest im Sommergarten des Messegeländes am Funkturm einen Achtungserfolg verbuchen kann, um dann im nächsten Jahr voll durchzustarten: mit allen Berliner Sterneköchen, den besten ausländischen Küchenchefs, den wichtigsten Produzenten, den bekanntesten Händlern, den potentesten Sponsoren und einem Schirmherrn, der eigentlich nur Klaus Wowereit heißen kann. Was seit einigen Jahren in London möglich ist (Berichte Seiten 6 bis 15), müsste doch auch in Berlin zu machen sein. Viel Freude mit dem neuen Garcon, und bleiben Sie uns gewogen. Ihre Yvonne Weinlich
weinlich@bildart-verlag.de GARÇON
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INHALT
MISE EN PLACE
TITEL Taste of London Festival- und andere Notizen
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6 TASTE OF LONDON
19 KREUZBERG KOCHTE
GESCHMACKSSACHEN SPEZIAL
LOKALTERMIN Chinesisch Rot Ming Dynastie goes West
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Kreuzberg kochte Gedanken nach einem Festival
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Ines & Sebastian Chronik einer Restaurantgründung
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Auf ein Wort Herbert Beltle im Interview
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Henkersmahlzeit? - Mitnichten! Besuch im Restaurant Margaux
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Gipfeltreffen Die alte Garde kocht gemeinsam
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GESCHMACKSSACHEN Im Zander Liobas Sonntagsbraten
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Fuhrmanns Früchtekorb Melonen
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Kinder und Rinder Berliner züchten Galloways
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36 GRIECHEN IN BERLIN
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GARÇON
Spree-Athen Griechen in Berlin
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Griechisch für Fortgeschrittene Das Restaurant Z in Kreuzberg
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Grieche ohne Gyros Der Kretaner in Zehlendorf
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Fast Food auf Griechisch Die Berkis-Brüder und ihr Bistro
42
Lykos - ein Mann, ein Wort Der Grieche vom Beusselmarkt
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Pikilia Kostbarkeiten aus Schöneberg
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Der Weinkönig Audienz bei Christos Tziolis
50
Gutes von Kreta Ein Berliner im Ölgeschäft
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Kreta Eine kulinarische Exkursion
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68 WINDMÜHLENMESSER
HOTELLERIE Neue Besen in Motzen Ein Besuch im Residenzhotel
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KOPFSALAT Ulrike Piecha Bistro-Chefin in Kreuzberg
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Kandidatenkür Berliner Meisterköche nominiert
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Die Windmühlen-Lady Giselheid Herder und ihre Messer
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74 KOLLWITZMARKT
LEBENSART Der Kollwitzmarkt „Von 6 bis 20 Uhr Randale“
74
BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten
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RUBRIKEN Coledampf´s Küchenkolumne Ölwechsel
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Gastroquiz
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Impressum
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Sorry Berlin, aber immer, wenn ich aus London zurückkomme, wird mir der Unterschied zwischen Groß- und Weltstadt klar. In Berlin gilt: nur keinen Streit vermeiden. London ist freundlicher, höflicher und toleranter. Permanent entschuldigen sich die Leute für irgendetwas. So sorry, Sir. Selbst, wenn man jemanden versehentlich anrempelt, in die Hacken tritt oder gedankenlos auf die Füße latscht, folgt dessen verbale Vergebung. Während der Berliner von der Weisheit beseelt ist, dass, wer zu spät kommt, vom Leben bestraft wird, hält es der Londoner mit der Ruhe. Gelassen und ohne Murren steht er Schlange, an der Bushaltestelle, am Geldautomaten, am Taxistand ebenso wie vor der öffentlichen Toilette. Selbst hier riskiert er lieber einen feuchten Fleck in der Hose als sich vorzudrängeln. London ist sauberer - keine Graffities an Häuserwänden, kein Hundekot auf Bürgersteigen, und die Zeitungen auf Bus- und U-Bahn-Sitzen sind nicht weggeworfen, sondern werden abgelegt – for the next. Der letzte entsorgt dann Daily Express, Evening Standard oder das Revolverblatt The Sun.
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Taste of London TITEL
„Reisen ist tödlich für Vorurteile“, schreibt Mark Twain. Das Vorurteil lautet: Soviel die Briten vom Gärtnern verstehen, so wenig haben sie Ahnung vom Kochen. Die Journalistin Patricia Clough legt noch eins drauf: „In der Sammlung moderner Vorurteile stellt die englische Küche neben deutschen Polizisten und italienischer Bürokratie einen Bestandteil der Hölle Europas dar.“ Die kulinarische Wirklichkeit in London jedoch sieht anders aus, vielleicht vom traditionellen englischen Frühstück in meinem (und sicher auch manchem anderen) Hotel mal abgesehen. Es gibt „egg, bacon, sausage, hash brown, tomato“ und die Frage: „With beans?“ „Yes, with beans“, dazu Toast und Orangenkonfitüre, die in England „Seville Orange Marmalade“ heißt, weil sie aus den bitteren südspanischen Sevilla-Orangen hergestellt wird. Wer danach seinem Magen noch eine Schüssel Porridge zumutet, den groben Brei aus Hafermehl, Wasser und Salz, kann getrost auf ein Mittagessen verzichten. Aber, so sagen mir Londoner Gastronomen, diese Art zu frühstücken sei eher ein touristischer Gag als kulinarischer Alltag. Längst ist die Stadt an der Themse zu einer Feinschmeckermetropole geworden. 41 Sterne-Restaurants gibt es, das ist definitiv. Wie viele nicht besternte, das können selbst Branchenkenner nur
schätzen. Die Rede ist von 30 - 40 000, keine Küche der Welt, die in London nicht vertreten wäre. Allein während eines Sonntagabend-Spazierganges von meinem Hotel in der Nähe der Baker Street über Marylebone Road, James Street, Oxford Street, Gloucester Place - einmal im Karree, rund 2,5 Kilometer zähle ich über 80 Bars, Pubs und Restaurants, und alle sind mehr oder weniger überfüllt. Leuten, die Lust haben, herauszufinden, wie London kulinarisch tickt, empfehle ich erstens den Besuch der Basis, einiger der über 60 Londoner Märkte also - etwa des Portobello Food Markets, des Borough Markets mit seinen Bioangeboten oder des Brixton Markets mit seinem Multikulti-Mix. Zweitens ist das jährliche Food-Festival Taste of London im Regent’s Park eine gute Gelegenheit, die aufregende und vielfältige Gastro-Szene der Stadt an einem Ort und für vergleichsweise wenig Geld zu erleben und zu probieren, was die Küchenchefs dort so drauf haben. Und wem das nicht reicht, der sollte sich für 9,90 ₤ das Büchlein „Eat London“ besorgen und auf den Weg machen. Dieser Führer ist keine Jubelorgie aus bezahlten Restauranttipps, sondern eine Insiderliste der 150 angesagtesten Londoner Lokalitäten. Zusammengestellt wurde sie von 84 Kennern der Sze-
ne, darunter die Gastrokritiker Fay Maschler (Evening Standard), Giles Coren (The Times), Tracy MacLead (The Independent) und Zoe Williams (The Sunday Telegraph). Das sind hochbezahlte und über jeden Bestechlichkeitsverdacht erhabene Autoren, vor deren Federn die meisten Köche zittern, ob sie nun Tom Aikens, Philipp Howard, Gordon Ramsay oder Michel Roux heißen.
TASTE OF LONDON FESTIVAL- UND ANDERE NOTIZEN AUS EINER WELTSTADT VON JÖRG TEUSCHER
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TITELTaste of London
GARTEN PARTY I Emerson Obojes war der einzige Berliner Gastronom, dem Europas größtes Foodfestival Taste of London Ende Juni 2009 einen Trip an die Themse wert war. Seine Eindrücke faßte der Inhaber des Kreuzberger Restaurants Riehmer´s in einem Wort zusammen: „Grandios.“
Alain Ducasse - ein Blick...
...ein Schnitt...
Dieses Urteil wiegt umso schwerer, wenn man weiß, dass Obojes kein grüner Junge im Gastro-Geschäft ist und auch keiner, der angesichts eines bunten Tellers schlagartig in Verzückung gerät. Er erklärt: „Erstens war die Organisation perfekt, man hat sie nämlich nicht bemerkt. Zweitens die Teilnehmer. Wer in London gastronomisch Maßstäbe setzt, war vertreten. Drittens die Gäste. Ich habe noch nirgendwo so viele junge Leute erlebt, die sich für Kochkunst interessieren. Taste of London, das war kein Volksfest Marke `Kommen, Saufen, Pennen`, Taste of London, das war Kultur und zwar vom Feinsten.“
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...und Taste of London 2009 ist eröffnet.
Taste of London TITEL
Atul Kochhar, Küchenchef des mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurants Benares im Londoner West End, gehört zu den Stars der Szene in der britischen Metropole. „Moderne europäische Küche mit indischem Kick“, so beschreibt Kochhar seinen kulinarischen Stil.
Antony Worall Thompson gilt als bunter Vogel der englischen Spitzengastronomie. Kochshows in Radio und Fernsehen, kulinarische Tipps in Zeitungen und Zeitschriften – der Mann ist eine Art britischer Johann Lafer – geschäftlich allerdings weit weniger erfolgreich als der Steirer aus dem rheinland-pfälzischen Guldental.
Michael Roux jr. betreibt in London das Zwei-Sterne-Restaurant Le Gavroche. Er ist Autor mehrerer auch ins Deutsche übersetzter Kochbücher, einer der anerkannten Stars der britischen Gastroszene und ein gefragter Interviewpartner wenn es um die Entwicklung der Kochkunst geht.
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TITELTaste of London
GARTEN PARTY II Big Ben schlägt Punkt zwölf seine berühmte Vier-Töne-Sequenz, es folgt der tiefe Stundenton. Als der letzte verklungen ist, greift Alain Ducasse zum Mikrofon und eröffnet das Festival Taste of London 2009. Der Drei-Sterne-Koch, der weltweit 30 Restaurants, fünf Hotels, drei Kochschulen und einen eigenen Verlag managt und in London mit dem Alain Ducasse at the Dorchester vertreten ist, spricht von der Taste-of-LondonGeburtsstunde als einer Sternstunde. Die Großen seiner Zunft auf der Bühne – von Tom Aikens über Brian Hughson bis Vivek Singh klatschen Beifall, und die Gäste strömen aufs Festivalgelände im Regent´s Park im Nordosten Londons. Es ist ein Donnerstagmittag, der Eintritt kostet 25 £, und dennoch ist die Schlange vor den Parktoren länger als ein U-Bahn-Zug. 40 Küchenchefs bitten zur Verkostung und damit zum kulinarischen Kennenlernen ihrer Restaurants, viele davon mit Michelin-Sternen geehrt. Londons beste Thailänder, darunter die bekannten Restaurants Blue Elephant, Busaba Eathai und Nahm laden zu Taste of Thai, ausgewählte Produzenten präsentieren hochwertige Delikatessen, das Taste Theatre und die Taste Kitchen sind schnell überfüllt. Küchenchefs signieren ihre Kochbücher und beantworten geduldig die Fragen der Besucher. Nein, das ist kein Fressfest von Leuten, die sich teure Restaurantbesuche nicht leisten können und deshalb die billige Open-Air-Variante wählen – Taste of London entpuppt sich als echtes Gourmetfestival. Das L`Atelier de Joël Robuchon verkauft GänseleberBurger – Preis 5 £ - und hat Mühe, mit der Zubereitung nachzukommen. Großer Garten, große Party.
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Taste of London TITEL
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TITELTaste of London
GARTEN PARTY III Grün-weiß-lila, die Festivalfarben. Grüner Rasen, weiße Zelte, lila Teppiche. Partystimmung. Kenner vergleichen die Atmosphäre in Her Majesty‘s Royal Park beispielsweise mit der bei der Regatta Oxford-Cambridge. Frauen üben das Pfannenwenden, Männer das Messerschleifen, die Angebote rund ums Essen, Trinken und Kochen sind kaum zu zählen. Crowns, Kronen, heißt die offizielle Taste-of-London-Währung. Eine Krone entspricht 50 Pence. Die meisten Gerichte gibt es für 10 Kronen, 5 Pfund also. Die teuerste Offerte kommt von Michel Roux – ein aufwendig angerichtetes Dessert mit Blattgold für 60 Crowns, 30 Pfund. Neben der Sauberkeit – permanent sind Sauberfrauen und -männer damit beschäftigt, Papier aufzusammeln und Müllcontainer zu leeren – hat auch die Sicherheit höchste Priorität. Beispiel: ein Bombenalarm. Eine Lautsprecherdurchsage, Gäste und Gastgeber verlassen das Festivalgelände ohne Hektik. Polizei und Feuerwehr rücken an. Partypause. Die Londoner tragen es mit Fassung, nach zwei Stunden gibt es Entwarnung. Das Genießertreffen geht weiter, die Gesprächsthemen wechseln wieder zum Kulinarischen. Ein Picknick im Park mit Freude am Genuss – das ist das Konzept der erfolgreichen Taste-Festivals, die inzwischen auch in Bath, Birmingham, Edinburgh und Leeds stattfinden. Und nun auch in Berlin.
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Taste of London TITEL
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TITELTaste of London
GARTEN PARTY IV Das italienische Restaurant L’Anima (www. lanima.co.uk) - zu deutsch „Die Seele“ wurde 2009 in London als „Best Newcomer“ ausgezeichnet. In einer Metropole, in der täglich neue Restaurants eröffnen, will das schon was heißen. Wir trafen Francesco Mazzei, Inhaber und Küchenchef des angesagten City-Restaurants, beim Trüffelhobeln an seinem Taste-of-London-Stand und vereinbarten mit dem gebürtigen Kalabresen ein Interview - „aber bitte erst, wenn das Festival zu Ende ist“. GARÇON: Ihr Restaurant L´Anima ging vor einem Jahr in London an den Start. Ich nehme an, Ihre kulinarische Präsentation beim Festvial Taste of London war somit auch eine Premiere, oder? FRANCESCO MAZZEI: Das ist richtig, wir waren zum ersten Mal dabei, aber ich kenne dieses Foodfestival schon seit Jahren. 1996 kam ich nach London und arbeitete als Commis de Cuisine und als Sous Chef im Hotel The Dorchester. Damals hörte ich bereits von der Idee eines kulinarischen Festivals, das sich wesentlich von den hunderten Straßen- und Stadtfesten unterscheiden sollte, die es in der englischen Hauptstadt gibt. Nach weiteren Stationen in Rom, Edinburgh und Mailand, kehrte ich nach London zurück und eröffnete im Juni 2008 mein erstes eigenes Restaurant, das L´Anima. Da fand Taste of London bereits zum sechsten Mal statt und war längst eine kulinarische Institution. Vielleicht können Sie sich vorstellen, dass es in der englischen Hauptstadt mit ihren tausenden gastronomischen Angeboten nicht ganz leicht ist, einen solchen Status zu erreichen. Deshalb waren wir auch stolz, dass wir in diesem Jahr teilnehmen durften.
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Hobeln, bis der Arzt kommt: Francesco Mazzei
Taste of London TITEL
GARÇON: Bewerben sich die Restaurants für eine Teilnahme oder werden sie angesprochen? FRANCESCO MAZZEI: Die Organisatoren des Festivals sprechen bereits Monate vorher die Restaurants an, die sie für eine Teilnahme ins Auge fassen. Dabei geht es, wie ich gehört habe, nicht darum, eine bestimmte Anzahl von Restaurants zusammen zu bekommen, sondern darum, dass sich einmal im Jahr im Regent´s Park die besten kulinarischen Adressen Londons präsentieren. Auch deshalb war es für uns eine Ehre, teilnehmen zu dürfen.
L‘Anima-Charme: Jenny MacLean of Coll, Assistentin des Inhabers
GARÇON: Aber die Teilnahme ist doch nicht kostenlos? FRANCESCO MAZZEI: Nein, die teilnehmenden Restaurants müssen für die Bereitstellung von Zelten, für Werbung und Infrastruktur schon einen nicht ganz unerheblichen Betrag aufbringen. Allerdings war der Teilnahmebeitrag gut angelegtes Geld, denn ein besseres Marketinginstrument als eine Präsentation bei Taste of London kann man sich kaum denken, zumal, wenn ein Restaurant in dieser Metropole neu am Markt ist. L‘Anima-Brigade: Vier Gänge vom Feinsten
GARÇON: Was hat Ihnen das Festival denn nun gebracht? FRANCESCO MAZZEI: An den vier Junitagen kamen insgesamt 48000 Besucher in den Regent´s Park. Ich weiß nicht genau, wie viele davon am Stand unseres Restaurants waren, lassen Sie es ein Zehntel davon gewesen sein, 4 800 also. Denen konnten wir erstens unsere Interpretation der süditalienischen Küche nahe bringen. Zweitens kamen wir mit ihnen ins Gespräch und konnten uns so bekannter machen. Inzwischen waren etliche von Ihnen schon als Gäste im L´Anima. Was wollen Sie mehr?
L‘Anima-Klassiker: Fettuccine mit Waldpilzen und Sommertrüffel
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LOKALTERMINMing Dynastie
CHINESISCH ROT MING DYNASTIE GOES WEST VON HEIKO GRALKI
„Rot bringt Glück“, lächelt sie. Ihre Lippen glänzen in sattem Rot, sie trägt ein feuerrotes Kostüm und auch in ihrem Restaurant dominiert das Rot alle anderen Farben. Chen Yuhna betreibt seit sechs Jahren die Ming Dynastie in der Brückenstraße. Das Restaurant ist ohne Zweifel ein Glücksfall – für die Mitarbeiter der chinesischen Botschaft gegenüber, für ihre deutschen Gäste und natürlich auch für sie. Der Laden läuft und läuft, selbst an dieser zugigen Ecke. „Business mit Herz“, so nennt Chen Yuhna ihr Erfolgsrezept. Was sie darunter versteht, merkt man schnell – wenn die Serviceleute beispielsweise Quallensalat, Fischmagensuppe oder den superscharfen, doppelt gebratenen Schweinebauch servieren. Die Ming Dynastie ist erstens ein Ort nimmermüden Lächelns und zweitens keins jener Asia-Lokale, in denen eine dem deutschen Gaumen angepasste Kompromissküche auf die Teller kommt. Die 50jährige Gastronomin zitiert ein chinesisches Sprichwort: „Das Essen ist der Himmel des Menschen“. Und weil sie daran glaubt, hat sie ihre Köche angewiesen, gegen das deutsche Zerrbild ihrer heimatlichen Küchen anzukochen, gleich, ob es sich nun um die Sichuan-, Hunan- oder Shandong-Küche handelt. Das hat sich ausgezahlt. Am letzten Julimontag eröffnete Chen Yuhna eine Dependance der Ming Dynastie im EuropaCenter. Weshalb sie zur Feier des Tages nicht rot, sondern dunkles Lila trug, die Antwort auf diese Frage blieb uns Chen Yuhna allerdings schuldig.
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Gründerin und Chefin der Ming Dynastie: Chen Yuhna
Ming DynastieLOKALTERMIN
MING DYNASTIE Tauentzienstraße 9-12 10789 Berlin-Charlottenburg Tel. 030 - 25 75 98 86 www.ming-dynastie.de GARÇON
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KREUZBERG KOCHTE
GEDANKEN ÜBER EINE KULINARISCHE ERFOLGSGESCHICHTE VON REBECCA CSIZMAZIA
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LOKALTERMINKreuzberg kochte
Weshalb bietet das Bergmannstraßenfest kulturell so viel und kulinarisch so wenig? – das fragten sich im Juni 2003 sechs Kreuzberger Gastronomen. Chinapfanne, Flammkuchen, Rostbratwurst, gut und schön, aber wie wäre es beispielsweise mal mit Flusskrebssuppe, Kalbsinvoltini oder Trüffelpraline? Gefragt, gedacht, getan. Herbert Beltle (Altes Zollhaus), Pasquale Ciccarelli (Bar Centrale), Dieter Kaldewey (Riehmer’s), Thomas Kurt (e.t.a. hoffmann), Sven Reschke (Svevo) und Stefan Wiegand (freßko) schrieben eine Speisekarte, karrten Küchengeräte zum Chamissoplatz und kochten drei Tage lang munter drauflos. Die Festgäste staunten, die Hauptstadtpresse jubelte, „Kreuzberg kocht“ war geboren. Inzwischen sind die Zeiten fröhlicher Gastronomie-Improvisation im RotKreuz-Zelt längst vorbei. Die siebente Auflage von „Kreuzberg kocht“ in der letzten Juniwoche 2009 präsentierte sich einmal mehr als kulinarische Open-Air-Gala mit Gästen aus der ganzen Stadt. Worin liegt das Geheimnis dieses Erfolgs, den Köche etwa in Spandau und Prenzlauer Berg so gern kopiert hätten, allerdings kläglich scheiterten? Was macht „Kreuzberg kocht“ zum Kult? Garcon-Autorin Rebecca Csizmazia testete die 2009er Offerten von Herbert Beltle (Altes Zollhaus), Pasquale Ciccarelli (Bar Centrale), Matthias Gleiß (h.h. müller), Stefan Hartmann (Hartmanns), Thomas Kurt (e.t.a. hoffmann), Willi Login (Riehmer’s), Andreas Staack (Noiquattro) und Sebastian Theiss (Hof zwei im Mövenpick Hotel), sprach mit Stamm- und Zufallsgästen und erfuhr viel über Engagement, Leidenschaft und Zusammenhalt.
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Garçon-Autorin Rebecca Csizmazia
Rebecca Csizmazia, 29, geboren in Offenburg, aufgewachsen mit der bodenständigen badischen Küche ihrer Mutter und den ungarischen Sonntagsgerichten ihres Vaters. Studium der
Neueren Deutschen Literauturwissenschaften, Kunstgeschichte und Publizistik in Bremen und Berlin. Seit 2005 als freie Journalistin und PR-Beraterin tätig – Schwerpunkt Gastronomie.
Es ist 10 Uhr morgens, und acht Männer in weißen Kochjacken liegen sich in den Armen. Die Augenringe groß wie Wagenräder, der Gang schwer. Ein Königreich für einen Kaffee. Köche sind eben keine Frühaufsteher. Bei „Kreuzberg kocht“ müssen sie es aber sein. Das Ergebnis: notorische Übermüdung, gepaart mit Vorfreude. Einmal im Jahr steht der Chamissoplatz drei Tage lang im Zeichen gehobener Kochkultur, und ganz Berlin ist dabei. Beltle, Hartmann, Kurt und Co. erfreuen sich erheblicher lokaler Prominenz.
Eigenregie der Köche. Es gibt keinen fremden Betreiber, keine laute Werbung und keine Sponsoren, die auf diese oder jene Rechte pochen. Made in Kreuzberg, das ist jene fröhliche Mischung aus 50 Prozent Perfektion und 50 Prozent Improvisation und die tiefe Überzeugung, dass dieses Fest deshalb so gut ist, weil es genau so ist wie es ist. „Kreuzberg kocht“ ist nicht mehr wegzudenken aus dem kulinarischen Veranstaltungskalender des Bezirkes.
Einer spricht den Satz des Tages: „Kreuzberg kocht´ ist ein ehrliches Festival.“ Er meint damit wohl klein und fein, kein überdimensionales Spektakel. Das ist sicher ein Geheimnis seines Erfolges. Dazu kommt die
Das Festzelt
Die Gäste kommen in Scharen, weil sie wissen, dass die Köche hier alles geben. Das wiederum spornt die Männer in Weiß besonders an. Die Herausforderung, hunderte Besucher an drei Tagen kulinarisch und kommunikativ zufrieden zu stellen, sie mit neuen Ideen und außergewöhnlichen
Der Küchennachwuchs
Kreuzberg kochteLOKALTERMIN
Kreationen zu überraschen, reizt die Köche zusätzlich. Da tut es nichts zur Sache, dass sie im Festzelt ohne die heimischen Herde auskommen und mit manchen anderen Schwierigkeiten kämpfen müssen. Um sich von der besten Seite zeigen zu können, ist natürlich wochenlange Planung nötig. Das Mise en place beginnt schon lange vorher und verlangt sowohl den Köchen als auch ihren Brigaden einiges ab. Wenn von kulinarischen Highlights die Rede ist, dann heißt das eben auch, dass nicht das gekocht wird, was im Restaurant sowieso gekocht wird, sondern dass es nur eine Devise gibt: Das Bestmögliche ist für „Kreuzberg kocht“ gerade gut genug. Stefan Hartmann (Hartmanns), der amtierende Berliner Meisterkoch, war in diesem Jahr der kreative Gaumenschmeichler. Sebastian Theiss (Hof zwei im Mövenpick-Hotel) präsentierte seine moderne Aromen-Küche mit asiatischem Touch. Matthias Gleiß (früher h.h.müller) bewies mit einem kreolischen Hähnchenspieß mit Xocopili seinen Hang zum Experiment und wird wohl 2010 schmerzlich vermisst werden, denn er war in diesem Jahr zum letzten Mal dabei. Neu-Italienisches mit Schmackes war der Part von Andreas Staack (Noiquattro). Die Traditionalisten testeten die Cucina Lingua von Pasquale Ciccarelli (Bar Centrale), der, welch` Glück, nach zwei Jahren Pause wieder mit im Boot war. Bei Kreuzbergkocht-Gründungsvater Thomas Kurt (e.t.a. hoffmann) kamen badisch-französische Klassiker auf die Teller und Neuling Willi Login (Riehmer´s) servierte österreichische Spezialitäten. Varatio delectat. Und wenn nichts mehr geht, geht immer noch eins: die katalanische Crème von Herbert Beltle (Altes Zollhaus).
Die Kreuzberg-kocht-Gründer: Thomas Kurt, Cornelia Reinauer, ehem. Bezirksbürgermeisterin, Herbert Berltle, v.li.
Liebe...
...aber von Liebe allein...
...wirklich leben,...
...geht zwar durch den Magen,...
...kann kein Mensch...
...es sei denn,...
Kreuzbergs Köche haben etwas geschafft, wovon Werbefirmen träumen: sie haben in sieben Jahren „Kreuzberg kocht“ zu einem Markenzeichen des Bezirks gemacht, das weit über dessen Grenzen hinaus wirkt. ...er kommt zu...
...Kreuzberg kocht.
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LOKALTERMINIneS
INES+SEBASTIAN= CHRONIK EINER RESTAURANTGRÜNDUNG VON JÖRG TEUSCHER
Bankenpleiten, Bürgschaften, Marktregulierungen, Produktionsdrosselungen, Rettungspakete, Staatskredite - das Vokabular der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise. Manager haben sich verzockt, die Politik muss Garantien über hunderte Milliarden Euro geben, Otto Normalverbraucher versteht die Welt nicht mehr. „Wer in dieser Situation einen sicheren Job aufgibt, um sich selbständig zu machen, zumal in der Gastronomie, der ist entweder ein reicher Erbe oder total verrückt.“ Solche Sätze haben Ines Thomas, 26, und Sebastian Kraatz, 31, in den vergangenen Wochen häufig gehört. Die beiden sind Köche und ein Paar, im Beruf wie im Leben. Bisher arbeiteten sie gemeinsam in einem gemütlichen Gasthaus, der Eselin von A. Als dessen Betreiber beschlossen, den Laden zu schließen, sagten sich Ines Thomas und Sebastian Kraatz: „Jetzt oder nie!“ Ihre Eltern in Leipzig und Berlin versuchten, den beiden das Vorhaben eines eigenen Restaurants auszureden, Freunde taten das gleiche, Kollegen boten Anstellungen. Die Würfel allerdings waren gefallen. Ines Thomas, die den Kochberuf im Dorint Hotel Neuenahr-Ahrweiler gelernt hat, später im Berliner InterContinental am Herd stand und dann als Sous Chefin in der Eselin von A. anheuerte, gibt gelassen einen Uralt-Spruch zum besten: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Ob ihr dabei so wohl ist, wie sie vorgibt, vermag wohl nur ihr Partner zu sagen. Sebastian Kraatz, Kochlehre im Adlon, Wanderjahre in Italien, erste Küchenchefstelle in der Eselin von A. sagt: „Natürlich sind wir uns des Risikos bewusst, aber der Businessplan steht, wir haben unsere Ersparnisse eingebracht, Getränkefirmen haben uns einen Kredit
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Ines Thomas und Sebastian Kraatz: „Wir starten im September 2009.“
gewährt, und wir haben einen Vermieter gefunden, der ein Herz für junge Gastronomen hat.“ Andreas Möllermann, dem der Laden in der Charlottenburger Grolmannstraße gehört, ist selbst Gastronom. Er betreibt Diner-Bars am Potsdamer Platz, im DomAquarée und an der spanischen Costa Blanca. Den beiden Newcomern machte er ein faires Mietangebot und unterstützt sie auch sonst tatkräftig. Alter Meister plus junge Stürmer, das sollte Erfolg bringen.
Noch allerdings regiert in der Grolmannstraße 56 das Chaos. Eine UraltKüche soll raus, neue Öfen und Geräte müssen rein. Fußböden, Türen, Wände werden saniert, vieles wollen Ines Thomas und Sebastian Kraatz selbst machen. 90 000 Euro werden sie investieren, mehr geht nicht. Schon fast fertig: die Ines-Speisekarte. Der erste Blick: die beiden wollen zeigen, was sie draufhaben. Ines Thomas kommentiert: „Frisch und kreativ sollen die Gerichte sein, wir wollen das bestmög-
IneSLOKALTERMIN
Gutes Trio: Die Newcomer und ihr Vermieter Andreas Möllermann
liche Ergebnis auf die Teller kriegen.“ Sicher, das sagt jeder Koch über seine Küche, aber häufig war’s das denn auch. „Wir wollen eine verlässliche Adresse werden“, ergänzt Sebastian Kraatz, „so wie einst die Eselin von A., nur noch viel besser.“ Bevor das Wasser kocht, müssen die jungen Gründer aber erstmal noch entrümpeln, bauen und einrichten, einen Restaurantleiter finden und tausend andere Dinge erledigen. Vor den Erfolg haben die Götter eben den Schweiß gesetzt.
Garcon wird das Projekt „IneS“ weiter begleiten - Teil II der Chronik einer Restaurantgründung dann in unserer nächsten Ausgabe.
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LOKALTERMINRôtisserie Weingrün
AUF EIN WORT
HERBERT BELTLE ÜBER SEINE RÔTISSERIE-GRÜNDUNG
Aller guten Dinge sind drei, sagte sich Herbert Beltle, Inhaber der Restaurants Altes Zollhaus und Aigner am Gendarmenmarkt, schon vor einigen Jahren. Die meisten Standorte und Objekte überzeugten den erfahrenen Gastronomen jedoch nie so vollkommen, dass er seine Unterschrift unter einen Vertrag
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gesetzt hätte. Das änderte sich als er das Angebot an der Gertraudenbrücke in Mitte bekam. „Liebe auf den ersten Blick“, sagt er heute. Nicht nur wegen der schönen Räume in einem neogotischen Haus, sondern vor allem auch wegen des namensgebenden Denkmals der Heiligen Gertraude
vor der Tür. Beltle will es beleuchten lassen und so ins rechte Licht rücken. Garcon sprach mit dem Gastronomen, der, wie er sagt, „auf der Zielgeraden seiner Gastronomenkarriere sei“ über neue Restaurants im Allgemeinen und die Gründung der Rôtisserie Weingrün im Besonderen.
GARÇON FRAGEBOGEN HERBERT BELTLE Garçon: Was ist das Wichtigste bei der Eröffnung eines Restaurants? Herbert Beltle: Ein gewisses finanzielles Polster, weil die Luft sonst schnell dünn wird. Vor allem am Anfang kann man kaum kostendeckend arbeiten.
Garçon: Was ist mit der Küche? Herbert Beltle: Die sollte natürlich stimmen. Der Gast muss wissen, was ihn erwartet. Aber sie kommt erst an dritter Stelle.
Garçon: Welche Bedeutung hat die Lage eines Restaurants? Herbert Beltle: Sie ist nicht das Wichtigste. Das Alte Zollhaus etwa liegt abseits in einer Sackgasse und trotzdem finden es die Gäste. Parkplätze und Außenflächen spielen eine gewisse Rolle, aber die Lage ist für den Erfolg nicht entscheidend. Garçon: Was ist denn entscheidend? Herbert Beltle: Zuerst das Ambiente. Möglichkeiten, dass Veranstaltungen stattfinden können, wenigstens für 20, 30 Gäste.
Wein in allen Farben
Ihr Lieblingsgewürz? Pfeffer aus der Mühle Herbert Beltle u. Norbert Pobbig, Weinautor
Garçon: Was ist noch wichtiger? Herbert Beltle: Der Service. Garçon: Wie findet man gute Servicemitarbeiter? Herbert Beltle: Auf keinen Fall über Annoncen, suche Kellner. Der Beruf ist verbrannt. Ich hätte die Idee, es mit Arbeitslosen zu versuchen. Die Voraussetzungen: natürliche Freundlichkeit, verbindliche Umgangsformen, Fremdsprachenkenntnisse. Eine Probezeit - drei Monate für 400 Euro, drei Monate Gehilfenvergütung, und danach wird über eine Anstellung im Service entschieden. Garçon: Wie war der Start in der Rôtisserie?
Feiern im Weingrün
Brotzeit
Ihr Lieblingsgetränk?
Garçon: Wieviel haben Sie in Ihre Rôtisserie investiert? Herbert Beltle: Rund 280 000 Euro.
Ihr Lieblingsgericht?
Herbert Beltle: Alles im Optimum. Wir sind ohne Werbung gestartet, aber die Gäste finden uns trotzdem. Mitte November wollen wir die Schließtage abschaffen und sieben Tage öffnen.
Ihr Küchenmotto? Regional auf Teufel komm raus
Welches Gericht mögen Sie gar nicht? Schweineleber
Welches Getränk mögen Sie gar nicht? Spirituosen
In welchem Restaurant - außer Ihrem eigenen essen Sie am liebsten? Bar Centrale
Was halten Sie von Kochbüchern? Jeder sollte wenigstens eins haben
GARÇON
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LOKALTERMINMargaux
HENKERSMAHLZEIT? MITNICHTEN! EIN BESUCH IM RESTAURANT MARGAUX VON JÖRG TEUSCHER
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MargauxLOKALTERMIN
Gegen 23 Uhr klingelte das Telefon, KlausPeter war dran. Er hatte gerade den ZDFKrimi „Eiskalter Mord“ gesehen und fragte, ob es wirklich so zuginge in der Sternegastronomie. Ich ließ mir den Inhalt erzählen. Der Film handelte von einem mit Natriumglutamat tricksenden Spitzenkoch, von einem bestechlichen Restauranttester und von einem Mord an einem Sternekoch im Gefrierraum seines Gourmetrestaurants. Was den ersten Fall betrifft, da war vor Jahren mal was in Düsseldorf. Über den zweiten haben Peter Gnaiger und Wolfgang Hoffmann ausführlich in ihrem Buch „In die Suppe gespuckt“ geschrieben. Der dritte ist meines Wissens eine Erfindung der Krimi-Autoren. „Außerdem spielt der Film in Hamburg“, sagte ich Klaus-Peter noch, „in Berlin sind die Köche ehrlich, die Tester redlich und in den Hauptstadt-Küchen kommen nur Hummer und Co. zu Tode.
Die einzige Gefahr, die Berliner Spitzenköchen droht, stammt aus einer geheimen Suppenschmiede, die ihren Standort häufig wechselt und von der nur wenige Eingeweihte wissen, wo sie sich gerade befindet - ich spreche von der Gerüchteküche. Was deren Resultate gelegentlich bewirken, erfuhr ich dieser Tage von Michael Hoffmann, Inhaber und Küchenchef des besternten Restaurants Margaux und, wie ich finde, einer Besten und Redlichsten seiner Zunft. Während eines Restaurantbesuchs dieser Tage erzählte Hoffmann, dass ihn etliche meiner Kollegen angerufen hätten, wann denn nun der letzte Margaux-Tag sei. Eine Redaktion hatte auch schon die passende Überschrift parat: Henkersmahlzeit im Margaux. „Mitnichten“, kommentierte Hoffmann und fragte: „Wer setzt nur solche geschäftsschädigenden Gerüchte in die Welt?“ Ich weiß es nicht. Locker zur Tagesordnung überzugehen, das ist nicht Hoffmanns Ding. Der Mann ist sensibel und macht sich so seine Gedanken. „Weshalb, fragt er plötzlich, scheinbar das Thema wechselnd, „weshalb berichten beispielsweise Berliner Zeitungen über Wolfram Siebecks Zeit-MagazinKochwettbewerb und dessen Jury, ohne zu erwähnen, dass ich Mitglied dieser Jury war?“ Cornelia Poletto, ja; Klaus Wowereit, natürlich; Michael Hoffmann, nur vergessen? Auch darauf kenne ich keine Antwort. Hoffmann jedenfalls hat Briefe geschrieben, an die wichtigsten Guides und die einflussreichsten Redakteure - Inhalt: Das Margaux bleibt in Berlin und er, Hoffmann, im Margaux. Der Mann ist kein Medienstar, aber er will eben auch nicht totgeschwiegen und schon gar nicht totgeschrieben werden.
Als Appetitmacher sind solche Gespräche weniger geeignet, da serviert der Sternekoch lieber Kostproben alter Tomatensorten. Ein süß-säuerliches Entree in ein Menü, das sich zu bisher selten erlebten Höhen vegetarischer Kochkunst aufschwingen wird. Die Zeiten, in denen der Servicehinweis auf einen Vegetarier unter den Gästen automatisch den Köchekommentar „Ach du Sch...“ nach sich zog, sind zumindest in deutschen Sternerestaurants vorbei. Nicht vorbei ist allerdings in vielen Fällen der Umgang mit den 10 Prozent Vegetariern, die es in der deutschen Bevölkerung derzeit gibt. Edel-Rohkost ist eben noch längst kein vegetarisches Gericht. Hoffmanns Menü liefert dagegen ein Lehrstück im Umgang mit einer Produktfamilie, die noch zu oft stiefmütterlich behandelt wird. Bravourös beispielsweise drei verschiedene Zubereitungsarten vom Sellerie. Was schlicht als Sommergemüse auf der Karte steht, ist ein kulinarisches Ereignis. Trotz der Gemüsevielfalt auf dem Teller ist das Gericht nicht mit vielerlei rivalisierenden Aromen überfrachtet und zeigt einerseits jenes seltene Harmonie-Gefühl beim Zusammenstellen der Gemüse, andererseits die intensive Produktkenntnis des Küchenchefs. Das Ergebnis ist eine wunderbare Kombination aus Wohlgeschmack und Bekömmlichkeit.
MARGAUX Unter den Linden 78 10117 Berlin-Mitte Tel. 030 - 22 65 26 11 www.margaux-berlin.de
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LOKALTERMINGuten Morgen Franz
GIPFELTREFFEN
BERLINS ALTE KÜCHENGARDE GEMEINSAM AM START IMPRESSIONEN VON DER ERÖFFNUNG DES BISTROS GUTEN MORGEN FRANZ
Alte Schule: Karl Wannemacher, Peter Frühsammer und Franz Raneburger, v. li.
Drei Männer, denen Berlin viel zu verdanken hat. Karl Wannemacher, Peter Frühsammer und Franz Raneburger, die zu den ersten Sterneköchen der Stadt gehörten, standen bei der Eröffnung des kleinen Restaurants Guten Morgen Franz gemeinsam am Herd. Die Unternehmer Hagen Müller und Stephan Falke schufen das Lokal an der Weidendammer Brücke als Prototyp eines modernen Bistros.
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Betreiber: Stephan Falke
Investor: Hagen Müller
Es hat sich längst auch hierzulande herumgesprochen, dass die vietnamesische Küche gesund, geschmacksintensiv und vielfältig ist. Die wenigsten allerdings wissen, wie viel Mühe es macht, die authentischen Gerichte der Cuisine Vietnamienne zu kochen. „Wer sie richtig zubereiten will, muss eine künstlerische Ader besitzen und in die Kochkunst verliebt sein“, heißt es in Vietnam.
Genau deshalb entschied sich die Musikerin Le Thi Thanh, die, bevor sie nach Deutschland kam, achtzehn Jahre lang am Hanoier Konservatorium studiert und gelehrt hatte, in Berlin-Schöneberg ein eigenes vietnamesisches Restaurant zu eröffnen. Sein Name: Sao Mai, zu deutsch Morgenstern. Le Thi Thanh kocht hier wie sie es von ihrer Mutter gelernt hat. Ihr kulinarisches Credo lautet: authentisch, gesund und preiswert. „Wie bei einem Musikstück ist bei der Zubereitung unserer Speisen die Harmonie das Entscheidende. Nur so entsteht ein besonderes Geschmackserlebnis“, erklärt die charmante Küchenchefin. Sie spricht über den Einkauf nur wirklich guter Produkte, über die Kunst des Würzens und die genauen Garzeiten. „Der entscheidende Faktor jedoch ist die Leidenschaft, die man beim Kochen braucht. Ohne sie wird ein vietnamesisches Gericht nie wirklich authentisch gelingen“, fügt sie hinzu.
Wer zum ersten Mal beispielsweise Le Thi Thanhs Pho-Suppe probiert, wird deren außergewöhnlichen Geschmack lange nicht vergessen. Diese nordvietnamesische Reisbandnudelsuppe wird mit Zimt, Ingwer, Anis und Kardamom abgeschmeckt und mit dünn geschnittenem Rindfleisch verfeinert. Weitere Spezialitäten sind der Gelbe Katzenfisch mit verschiedenen Gemüsen, die delikaten Sommerrollen mit vietnamesischen Kräutern sowie Hühnerfleisch, Großgarnelen und Tofu. Daneben sind die Gemüse- und Meeresfrüchte-Feuertöpfe für 2-6 Personen bei den Sao-Mai-Gästen sehr beliebt. Küchenchefin Le Thi Thanh freut sich auf Ihren Besuch. Genießen Sie ihre authentische, gesunde uns preiswerte Vietnam-Küche und lassen Sie sich vom gastfreundGARÇON 29 liche Service-Team des Sao Mai verwöhnen.
GESCHMACKSSACHENGroßer Braten
IM ZANDER
GESCHENK FÜR EINEN KÜCHENCHEF VON MARC STEYER
Dann und wann bekommen Köche mal ein Lob ihrer Gäste, Geschenke sind selten. Wohl auch deshalb war Sven Albrecht, Küchenchef im Restaurant Zander in Prenzlauer Berg, so gerührt, als ihm eine 7-jährige ein Bild überreichte und sich artig bedankte. Lioba Schencking war mit ihren Eltern in Berlin. In der Kollwitzstraße entdeckten sie die Zander-Offerte: „Der große Sonntagsbraten, drei Gänge, 20 Euro, kleine Kinder zahlen die Hälfte.“ Es gab Jüterboger Büffel-Mozzarella mit Vogelmierepesto, geschmorte Schulter vom Wasserbüffel, Panna cotta, und Lioba durfte sogar am Herd helfen. In Düsseldorf, woher die Familie kam, wäre die Bitte des Kindes wohl mit der Bemerkung abgetan worden, dass Küchen keine Kinderspielplätze sind, meinte der Vater. In Düsseldorf würde es auch keinen Sonntagsbraten für 20 Euro geben, ergänzte die Mutter. Für Sven Albrecht war damit klar: In Berlin ist eben alles ein bisschen anders.
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Großer BratenGESCHMACKSSACHEN
Zander-Küchenchef Sven Albrecht und Gastköchin Lioba Schencking
Liobas Bild hängt nun im Büro des Küchenchefs, als Erinnerung und auch als Glücksbringer. „Kleine Restaurants abseits der großen Straßen können davon eigentlich nicht genug haben“, sagt Albrecht. Der Zander-Küchenchef weiß, wovon er spricht. Ein ordentliches Werbebudget und ein cleverer Marketingmanager wären ihm auch lieber: “Dann wäre die Sache mit dem Sonntagsbraten wahrscheinlich längst in aller Munde…“ Die Idee ist nicht neu, aber schlecht ist sie deshalb auch nicht. Carmen Krüger in Eichwalde fing vor ein paar Jahren damit an, den Sonntag wieder zum Bratentag zu machen. Thomas Kellermann, damals im Vitrum, folgte. Nun ist also auch Sven Albrecht auf dem kulinarischen Nostalgietrip. „Als Antwort auf die vielen Billig-BrunchOfferten, die den Discounter reich und den Koch faul machen.“ Im März gab es im Zander Havelländer Apfelschwein, im April Linumer Wiesenkalb, im Mai Fläminger Maibock, im Juni
Heidschnucke, dann Jüterboger Wasserbüffel. Am 16. August steht Fläminger Rehbock auf der Speisekarte, am 30. August Saalower Kräuterschwein. Und immer geht es um ein gut gereiftes und mehrere Kilogramm schweres Stück Fleisch, nach der alten Metzgerregel ausgesucht: je weiter vorne am Tier, desto zarter. Wenn der Küchenchef dann noch sein Handwerk versteht, folgt die Of(f)enbarung. Siehe Zander.
RESTAURANT ZANDER Kollwitzstraße 50 10405 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030 - 44 05 76 79 www.zander-restaurant.de
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GESCHMACKSSACHENMelonen
Wenn ein weißer 7,5-Tonnen-Kühltransporter mit dem Zeichen der Kirsche in Berlin oder Brandenburg ein Hotel, Krankenhaus, den Knast oder ein Restaurant ansteuert, heißt es dort schlicht: Fuhrmann kommt. Dieter Fuhrmann, Chef des gleichnamigen Fruchtgroßhandels und der Grand Old Man seines Berufsstandes in Berlin, gehört zu den frischeverrücktesten, qualtitätsbesessensten und kenntnisreichsten Männern seiner Branche. Lieber klein, dafür fein – mit diesem Motto startete er 1977 auf einem Charlottenburger Hinterhof ins Obst- und Gemüsegeschäft. 1980 Umzug auf den Fruchthof an der Beusselstraße, 1996 Eintritt seines Sohnes Marcus als Juniorchef in die Firma, 2007 Übernahme einer neuen Kühl-
Firmenchef Dieter Fuhrmann (li.) und Juniorchef Marcus Fuhrmann
halle. Inzwischen beschäftigen die Fuhrmänner 28 Mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverläs-
sig und in hoher Qualität. Für Garcon stellen Dieter und Marcus Fuhrmann im Wechsel ihre Früchte vor.
Heute: Die Melone
FUHRMANNS FRÜCHTEKORB GESUNDE ERFRISCHUNG VON MARCUS FUHRMANN
Als ich vor 13 Jahren in die Firma meines Vaters eintrat, hatte ich bereits fünf Jahre Taek-Won-Do-Training hinter mir. Glück für mich, denn der Fruchtgroßhandel ist nicht nur ein anspruchsvoller, sondern auch ein anstrengender Job, der einen körperlichen und geistigen Ausgleich braucht. Was mein
Vater beim Golf- und Tennisspielen findet, hole ich mir heute im Shaolin-Tempel in der Bundesallee bei Kung Fu und Qi Gong. Die Übungen tragen dazu bei, Konzentration und Ausdauer zu stärken, Stress und Ärger ab- und neue Energie aufzubauen. Wenn dazu - und nun mache ich ein biss-
Marcus Fuhrmann: Training im Shaolin Tempel
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chen Werbung in eigener Sache - noch eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Obst und Gemüse kommt, braucht selbst der stressigste Beruf weder literweise Kaffee noch schachtelweise Zigaretten. Das sollte mal gesagt sein - und nun zu den Melonen. Sie gelten als Stars des Sommers - gleich, ob es sich um Wasser- oder Zuckermelonen handelt, das übrigens ist die grundsätzliche Unterscheidung. Botanisch gesehen gehören beide Sorten zur Familie der Kürbisgewächse; Melonen sind also mit Gurken und Zucchini verwandt. Sie bestehen zu 90 Prozent aus Wasser, sind äußerst kalorienarm (Wassermelonen liefern 40, Zuckermelonen 50 Kilokalorien/100g), trumpfen aber dennoch mit Vitamin C, Provitamin A, Kalium (320mg/100g), Kalzium und Phosphor auf. Während es die Wassermelonen auf gut dreißig Sorten bringen, gibt es unter den Zuckermelonen mehr als 500. Ob Galia, Cantaloup oder Honigmelone - alle diese Sorten gehören zu den Zuckermelonen.
MelonenGESCHMACKSSACHEN
Klassiker: Wassermelone
Spezialität: Charentais
Meine Favoriten: Wassermelonen der Sorte „Crimson Sweat“, die man an der unregelmäßig gestreiften Schale erkennt und Zuckermelonen der Sorte „Charentais“ (im Handel werden sie häufig auch als „Cavaillon-Melonen“ angeboten), gelblich mit grünen Streifen, berauschend im Geruch und, bei ausreichender Reife, auch im Geschmack. Mit dem Reifetest von Melonen, speziell Wassermelonen, ist das übrigens so eine Sache. Ich empfehle die Geschichte von Ephraim Kishon „Das Geheimnis der Melone“, die mit einem Selbstmordver-
Melonen: Stars des Sommers
such endet. Deswegen mein Tipp: Klopfen und drücken Sie nicht an allen möglichen Exemplaren im Supermarkt herum, sondern überlassen Sie dem Händler ihres Vertrauens die Auswahl. Statt diverser Klopf- und Riechtheorien hier noch ein paar Geschmackstipps für melonenverliebte Verbraucher oder solche, die es werden wollen: 1. Salz auf Wassermelonen wirkt geschmacksverstärkend. 2. Minze und Melone sind ein starkes Paar. 3. Melonen gehören nicht in den Kühlschrank und sollten erst eine Stunde vor dem Verzehr kaltgestellt werden.
4. Melonenkerne sind kein lästiges Übel, sondern geröstet eine Delikatesse. Mein Melonen-Lieblingsrezept übrigens stammt von Matthias Gleiß, bis vor kurzem Küchenchef im Restaurant h.h. müller. Mit kulinarischen Grüßen
www.dieter-fuhrmann.de
Wassermelonensalat
Zutaten für vier Personen:
Zubereitung:
½ Wassermelone
Die Wassermelone in 1 cm große Stücke schneiden und leicht mit
200 g schwarze Oliven
Olivenöl marinieren. Oliven und Trauben halbieren und entker-
1 rote Zwiebel
nen. Kresse oder Salat waschen, mit Balsamicodressing (Oliven-
50 g Kürbiskerne
öl und Balsamico) marinieren und auf einem Teller anrichten.
50 g Haselnüsse
Die leicht gesalzenen Melonenwürfel darauf legen, darüber die
30 entkernte blaue Weintrauben
in feine Scheiben geschnittenen roten Zwiebeln, Trauben und
Olivenöl, Balsamico, Salz
Oliven. Dann die gehackten Nüsse und die Kürbiskerne über den
Daikon-Kresse, Spinatsalat oder Rucola
Salat streuen. Alles nochmals mit etwas Dressing beträufeln.
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KINDER UND RINDER WIE ZWEI MANAGER AUF DAS GALLOWAY KAMEN VON MARC STEYER
Andreas Kaulich, Carsten Leuchtenberger und ihre Galloways in Mecklenburg-Vorpommern
Wie das Leben so spielt. Holen zwei Männer in der Kita ihre Kinder ab, kommen ins Gespräch, über Gott, die Welt und die Ernährung. Andreas Kaulich und Carsten Leuchtenberger, beide 36, beide Berliner, sind aufgeklärte junge Leute, intelligent, wissensdurstig, ITManager der eine, Unternehmensberater der andere. Sie reden - mit dem Blick auf Anton und Lisa, ihre Kinder - über Analogkäse, Formfleisch und all die anderen Erfindungen der Lebensmittelindustrie, die aus minderwertigen Grund- und künstlichen Aromastoffen grausige Dinge herstellt, deren einziger Wert in einer hohen Rendite für ihre Produzenten liegt. Irgendwann haben Kaulich und Leuchtenberger eine Idee. Wie wäre es, fragen sich die beiden, wenn wir wenigstens unser Fleisch selbst erzeugen würden?
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Zwei, drei Rinder, eine kleine Weide, das müsste doch möglich sein. Freunde erklären sie schlicht für verrückt, und es scheint, dass da durchaus was dran ist. Kaulich entlockt zwar jedem Apple-Rechner auch noch sein letztes Geheimnis, und Leuchtenberger jongliert meisterlich mit Abschreibungsmodellen und Businessplänen - aber Rinderzucht? „Rückhalt hatten wir lediglich in unserem unmittelbaren sozialen Umfeld“, sagt Kaulich. Damit meint er, dass die Familien der beiden die Idee für gar nicht so fix hielten. Es folgen Internet-Recherche und Literatur-Studium. Nach dem Besuch bei Marianne Wille, Züchterin in der Prignitz und Gesprächen mit Georg Menke, dem Vorsitzenden des Bundesverbandes Deutscher Galloway-Züchter, fällt die Entscheidung: Galloway, diese Rasse soll es sein.
GallowayGESCHMACKSSACHEN
Weitere Konsultationen und Seminare, und die Erkenntnis reift - ob zwei oder zwanzig Tiere, das ist am Ende dann auch egal. Andreas Kaulich und Carsten Leuchtenberger suchen einen geeigneten Platz, schreiben einen Businessplan und gründen 2007 die Gallowayzucht Gorkow GmbH. Heute stehen 30 Tiere auf 25 Hektar Weideland im Uecker-Randow-Kreis. „Landmeer - Sandmeer - nichts mehr“, so wurde die Gegend zwischen Pasewalk und polnischer Grenze früher beschrieben,
grinst Kaulich. Wenn mit dieser DDRDefinition die Einsamkeit Vorpommerns gemeint war, hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Urlaubsregion am Stettiner Haff ist gut 30, Stettin 25 Kilometer entfernt. „Ein idealer Platz für die Rinderzucht“, so Frank Lemke, der im benachbarten Rothenklempenow zu Hause ist und sich als Meister der Tierproduktion, eine Berufsbezeichnung aus DDR-Zeiten, um Weiden, Wasser und die Gesundheit der Tiere kümmert.
„Galloways stammen ursprünglich aus Südwest-Schottland und gelten als die älteste Fleischrasse auf den Britischen Inseln. Die hornlosen Robust-Rinder sind durch ihre vergleichsweise dicke Haut besonders widerstandsfähig und deshalb für eine ganzjährige Freilandhaltung geeignet. Die Herden grasen im Familienverband, die Tiere sind pflegeleicht und liefern Fleisch von allererster Güte.“ Kaulich und Leuchtenberger haben ihre Lektion gelernt und sind inzwischen, auch was die Fleischvermarktung betrifft, auf dem richtigen Weg. „Wir liefern, was die Kunden wünschen“, erklären die beiden Rinderzüchter. Ob vier Beinscheiben, sechs Porterhouse-Steaks, neun Rouladen, Entrecôte am Knochen oder eine ganze Keule - ein Anruf bei „Gutes vom Lande“ genügt, Kaulich und Leuchtenberger reagieren schnell und flexibel. Neben solchen Einzelbestellungen des saftigen, zarten und gut marmorierten Gallowayfleisches bieten sie auch ein sogenanntes Haushaltspaket: 12 Kilogramm - 6 Kilogramm Bratenfleisch, 3 Kilogramm Kochfleisch, 2 Kilogramm Fleisch für Mett und 1 Kilogramm Fleisch zum Kurzbraten für insgesamt 144 Euro. „Zur artgerechten Tierhaltung kommen eine stressfreie Schlachtung, die dreiwöchige Fleischreifung, eine professionelle Zerlegung nach Kundenwunsch und unser individueller Lieferservice“, fassen Andreas Kaulich und Carsten Leuchtenberger das Vermarktungskonzept ihres Betriebes zusammen. Sie sprechen von der „Faszination Gallo“, und auch ihre Kunden auf den Wochenmärkten am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg und an der Charlottenburger Preussenallee bestätigen das – mit dem Blick auf die hervorragende Fleischqualität der Tiere.
GUTES VOM LANDE Gallowayzucht Gorkow Landkreis Uecker-Randow Tel. 030 - 56 59 92 09 www.gutes-vom-lande.com
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SPREE-ATHEN GRIECHEN IN BERLIN EIN KULINARISCHER RÜCKBLICK
„Man ging zum Griechen, und das hatte einen Grund. Der Grieche hat schön fettig gekocht, und die Portionen waren groß,“ so Ulrich Wickert, Journalist und frankophiler Feinschmecker, im zweiten Teil der sehenswerten ARD-Dokumentation „Mahlzeit Deutschland“ über die kulinarischen Neigungen der (West)Deutschen in den 1960er Jahren. Wickert studierte damals in Bonn, der Republikshauptstadt. Hätte er sich statt an der dortigen FriedrichWilhelms-Universität an der Freien Universität Berlin eingeschrieben, wäre das mit dem „Mal-ebenzum-Griechen-gehen“ nicht ganz so leicht gewesen. Erst 1964 wurde hier das erste griechische Lokal eröffnet, die Taverna Apostolis in der Charlottenburger Schlüterstraße. Deren kiezübergreifende Bedeutung bestand einerseits in der Einzigartigkeit am Berliner Gastromarkt, andererseits in der Person des Kochs, Sängers und Schauspielers Kostas Papanastassiou, der später das Terzo Mondo übernahm
und den dann die Kultserie „Lindenstraße“ populär machte. Das heute älteste griechische Restaurant Berlins, das die Sirtaki- und SouflakiWelle mit ins Rollen brachte, feiert seit ein paar Wochen 40. Geburtstag - das Akropolis in der Wieland-/Ecke Niebuhrstraße, ebenfalls in Charlottenburg. Als es 1969 an den Start ging, nahm es die damalige Studentengeneration mit Jubel in Beschlag, die Diskussionen bei Tzatziki und Retsina füllten halbe Nächte, und billig war’s außerdem. „OFF-Kneipen und Haltestellen“, ein zu dieser Zeit vor allem unter FU-Studenten stark gefragter Führer zu den preiswertesten Futterkrippen der Stadt, vermerkte akropolisbegeistert: „Griechisch bis zum waschechten Koch, griechische Musik, griechische Einrichtung, griechische Stimmung. Typisch für das Griechische ist auch der Antivampirismus - Knoblauch - nach dem Motto: lieber griechisch als Fernet Branca.“ Mitte der 1970er entdeckten die Deutschen Griechenland als Reiseziel. Dementsprechend stieg auch hierzulande das Interesse an der hellenischen Urlaubsküche.
Akropolis-Werbung aus dem Gründungsjahr 1969
Akropolis-Inhaber: Angelos Antonakopoulos
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GriechenlandSPEZIALGESCHMACKSSACHEN
Promi-Wirtin: Fofi Akrithaki
Ehemalige Gastarbeiter, Künstler, aber auch Griechen, die nach 1967 vor der Diktatur in ihrer Heimat geflohen waren, eröffneten Restaurants, lockten Landsleute mit gastronomischen Kenntnissen nach Berlin und stellten Deutsche mit Hang zur Hellas-Kulinarik ein. Dimokritos, Epikur, Plaka, Olympia, Sokrates, Thessaloniki, To Steki, Zorbas waren einige der Lokale aus dieser Zeit. Es gab riesige Portionen Moussaka, ein Auberginen-Hackfleisch-Auflauf, Lammkeule, traditionell mit Feta überbacken, voluminöse Grillpatten, sauren Demestica, geharzten Retsina, der Halbe für 12 Mark, und wer dann noch nach Luft schnappte, bekam Ouzo auf Kosten des Hauses. Die Ägäis ließ
Ex-Kellner: Volker Rüger am früheren Fofi‘s in der Fasanenstraße
grüßen – am heißesten in Charlottenburg. Hier befand sich auch das Wohnzimmer der Grunewald-Connection, Fofi’s Estiatorio. Die Frage, weshalb ausgerechnet ein griechisches Restaurant zum Treffpunkt des eleganten Teils der Berliner Prominenz wurde, beantwortete Deutschlands GastroGuru Wolfram Siebeck einst so: „Ein Grund ist sicherlich die Wirtin, deren wohlwollender Händedruck vielen Stammgästen wichtiger ist als die Qualität der Küche.“ 1978 hatte Fofi Akrithaki das Fasanenstraßenlokal eröffnet, eine hübsche Boulevardterrasse eingerichtet, und bald parkten abends Nobelschlitten die stille KudammSeitenstraße zu. Volker Rüger, ein junger Kellner aus Wuppertal, später Inhaber des
Taverna Akropolis: Der älteste Grieche in Berlin
Bovril, arbeitete einige Jahre in Fofis gut dressierter Servicebrigade (wie später übrigens auch Josef Laggner, Berlins heutiger Gastrokaiser) und erinnert sich: „Die Preise waren für damalige Verhältnisse gepfeffert, die Vorspeisenplatte gab’s für 18, der Mixed Grill kostete 34 DM. Es gab Rinderfilet in Senfsauce, Seezunge in Hummersauce, die damals unvermeidliche Kalbsleber und Scampis bis zum Abwinken.“ Wolfram Siebecks Fazit fiel dennoch, na ja, zwiespältig aus: „Im Fofi’s muss man bei der Auswahl schon ein bißchen Glück haben, um die Anhänglichkeit der Stammgäste zu verstehen. Nur der Weinfreund drückt hier vergeblich die Daumen, das Angebot ist ärmlich.“ Ende November 1995 schloss Fofi Akrithaki ihren Laden in der Fasanenstraße und zog ins Nikolaiviertel. Die Grande Dame der Westberliner Gastronomie und ihr kaum weniger bekannter Geschäftspartner Aris Papageorgiou setzten auf die Anziehungskraft der neuen Mitte Berlins, aber sie hatten wohl die Rechnung ohne die Gäste gemacht. Mit dem neuen Fofi’s wurde es nichts, Fofi Akrithaki ging zurück nach Athen. Kostas Cassambalis, ihr einstiger Geschäftsführer, eröffnete in der Grolmannstraße das sympathische Cassambalis. Neben dem Kreuzberger Z, dem Mylos in Charlottenburg, dem Kretaner in Zehlendorf, dem Ousies in Schöneberg und einigen anderen Stätten „verfeinerter griechischer Küche“ gehört es heute zur Spitzengruppe griechischer Gastlichkeit.
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GESCHMACKSSACHENSPEZIALGriechenland
GRIECHISCH FÜR FORTGESCHRITTENE DAS RESTAURANT Z IN KREUZBERG VON MARC GAWRON
Das Z in Berlin-Kreuzberg
Marc Gawron
Garcon-Autor Marc Gawron, geboren 1971, Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann in seiner Heimatstadt Bremen, Studium der Politikwissenschaften in Berlin, Tätigkeit als freier Journalist und Unit Director in einer PR-Agentur, Hobbykoch seit seiner Kindheit und Mitglied der Kochgruppe „Boys don´t cook“, besuchte das Z, Kreuzbergs besten Griechen und hatte zuerst damit zu tun, hinter den Sinn des Restaurantnamens zu kommen. Z ist der Titel eines griechisch-französischen Politthrillers, der als Klassiker des politisch engagierten Kinos gilt. Der 1970 mit einem Oscar als bester ausländischer Film geehrte Streifen (Regie: Constantin Costa-Gavras, Musik: Mikis Theodorakis) handelt von der Ermordung eines Politikers, vom Versuch, den Mord als Unfall darzustellen, vom Prozess gegen die Mörder und davon, wie
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Inhaber Georgios Chrissidis mit seiner Familie
das Verfahren durch einen Militärputsch eingestellt wird. Als literarische Vorlage des Films diente der gleichnamige Tatsachenroman des griechischen Schriftstel-
lers Vassilis Vassilikos, Hintergrund ist das Griechenland kurz vor der Militärdiktatur 1967. Der Buchstabe Z übrigens bedeutet im Griechischen „Er lebt!“
GriechenlandSPEZIALGESCHMACKSSACHEN
Inseln lassen sich nur über den See- oder Luftweg erreichen. Glücklicherweise ist das bei kulinarischen Inseln anders. Wir sind in der Kreuzberger Friesenstraße. Hier befindet sich mit dem Restaurant Z ein Ort, der wie eine Zollstation des guten Geschmacks wirkt – wird die Gegend ab hier doch eher von Schildermachern als von Speisekarten dominiert. Von außen unscheinbar, sind die zahlreichen Empfehlungsplaketten bekannter Restaurantführer allerdings ein sicheres Indiz dafür, dass hier kein Restaurant-Novize seine ersten Gehversuche unternimmt. Im Gegenteil. Das Z blickt auf eine mehr als 20-jährige Geschichte zurück. Innen dominiert warmes Rot die Szenerie. Rot, nicht blau, wobei dies durchaus als dezenter Hinweis auf den Namen des Hauses zu verstehen ist. Um keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen: im Z wird keinesfalls der Versuch unternommen, die griechische Herkunft zu leugnen. Inhaber Georgios Chrissidis, 47, diplomierter Pädagoge und seit 1985 in Berlin, demonstriert sie nur auf eine unaufdringliche, zurückhaltende Art, wie man sie manchem seiner Landsleute wünschen würde. Der Blick in die Speisekarte entfällt vorerst, weil Georgios Chrissidis höchstpersönlich die Vorspeise empfiehlt. In unserem Fall einen im Blätterteig gebackenen Schafskäse, der dezent mit Lavendel aromatisiert wurde. Ein saisonaler Salat, der dazu serviert wird, verleiht dem Gericht auch optisch die sommerliche Frische. Aber, was wäre ein Besuch beim Griechen ohne die Möglichkeit, auch die fleischlichen Gelüste zu befriedigen? Da kommt es dem Gewissen entgegen, dass im „Z“ nur Fleisch aus artgerechter Tierhaltung angeboten wird. Die Lammkeule in einer Honigsoße ist butterweich und versteckt sich unter einem Dach aus gebackenem Schafskäse.
Neben solchen mediterranen Klassikern gibt es in der Karte auch ein Kapitel, das mit „Neuhellenische Küche“ überschrieben ist: Ravioli, gefüllt mit Feigensenf und Ziegenkäse etwa oder Maishähnchen mit Lavendel gebraten, dazu Tomaten-Lauch-Risotto. Das hat schon was von jener bodenständigen Raffinesse, auf die neuerdings vor allem junge Küchenchefs in Griechenland setzen. Würde dieser sympathische Familienbetrieb nicht schon genügend Vorurteile über die griechische Küche ad absurdum führen, setzt die Karte noch eins drauf und offeriert „Mika Piata – kleine Gerichte“. Ein Angebot, das besonders bei weiblichen Gästen Gefallen findet und beim „Kiez-Griechen“ nebenan wohl jenseits der Vorstellungskraft liegen dürfte. Eine überschaubare, aber angemessene Auswahl an griechischen Qualitätsweinen und soliden Desserts sollen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.
RESTAURANT Z Friesenstraße 12 10965 Berlin-Kreuzberg Tel. 030 - 692 27 16 www.restaurant-z.de
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GESCHMACKSSACHENSPEZIALGriechenland
GRIECHE OHNE GYROS DER KRETANER IN ZEHLENDORF VON JÖRG TEUSCHER
Der Kretaner in Berlin-Zehlendorf
Die Inhaber Dimitris Psallidakis und Elena Spanopoulou
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Elena Spanopoulou und Dimitris Psallidakis sind Bilderbuchgriechen – nicht nur, was ihr Äußeres, sondern auch, was ihren Stolz auf die Heimat und deren kulturelle und damit auch kulinarische Traditionen betrifft. Dimitris, 43, stammt aus Ágios Nikólaos, dem „griechischen St. Tropez“, auf der Insel Kreta. Nach einer gastronomischen Ausbildung in einem großen Hotel – sein Vater war dort Küchenchef – kam er 1989 nach Deutschland. Elena, 38, wurde als Tochter griechischer Eltern in Stuttgart geboren und studierte im heimatlichen Thessaloniki Modedesign. Beide lernten sich in Berlin kennen und eröffneten Anfang Oktober 2003 in einem Haus der denkmalgeschützten Zehlendorfer
Bruno-Taut-Siedlung gleich gegenüber dem U-Bahnhof Onkel Toms Hütte eine winzige Pension und ihr Restaurant „Der Kretaner“. Freunde prophezeiten dem Paar ein schnelles Ende und hatten gute Gründe: erstens ist das konservative Zehlendorf nicht unbedingt ein Ort für neue kulinarische Ideen (der Vorgänger, das Gasthaus Eierkuchen, war 30 Jahre lang der Platzhirsch) und zweitens kommt in Berlin nach Italiener, Chinese und Spanier erstmal lange, lange nix …
und dann erst der Grieche (gastronomisch gesehen natürlich). Dimitris und Elena probierten es mit authentischen Gerichten ihrer Heimat – die Reaktionen waren zwiespältig. Immer wieder wurden sie nach Gyros gefragt, immer wieder verneinten sie: „Wir sind doch kein Imbiss.“ Irgendwie überzeugten sie schließlich selbst die gyrosversessensten Berliner und siehe, es ging auch ohne das fast-foodige Säbelfleisch im Pitafladen. Fein, leicht und frei von allzu vielen Kompromissen an den deutschen Gaumen kommen die Fleisch- und Fischgerichte auf den Teller. Fettige Moussaka, verbrannte Kalamarakia und vertrocknete Biftekia sind im Kretaner kein Thema. Traditionelle Gerichte aus guten Produkten, so heißt die Philosophie. Mezes gia apolafsi, eine Auswahl kalter und warmer Vorspeisen; Psaro piatella, eine Fischplatte
oder Arni giaourti, Lammkeule aus dem Backofen mit Schafsmilchjoghurt überbacken, sind gekonnt zubereitet und gelten nicht umsonst als Kretaner-Highlights. Eine gute Weinkarte, ein separater Veranstaltungsraum, ein Spiel- und ein eigener Gästeparkplatz ergänzen das Angebot. Erklärungsbedarf besteht lediglich beim Restaurantnamen: weshalb eigentlich „Der Kretaner“, wenn doch die Inselbewohner Kreter heißen?
DER KRETANER Riemeisterstraße 129 14169 Berlin-Zehlendorf Tel. 030 - 84 71 91 17 www.derkretaner.de GARÇON
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GESCHMACKSSACHENSPEZIALGriechenland
FAST FOOD AUF GRIECHISCH DIE BERKIS-BRÜDER UND IHR BISTRO-KONZEPT VON HEIKO GRALKI
Er stellt sich vor und lächelt: „Epaminondas Berkis“. Der junge Mann weiß, dass sein ungewöhnlicher Vorname für die meisten ein Zungenbrecher ist. „Bei meinen Brüdern ist es einfacher“, fügt Nondas, wie ihn seine Freude der Einfachheit halber nennen, hinzu. „Einer heißt Stavros, der andere Georgios.“ Wären nicht diese Vornamen – Nondas, Stavos und Georgios hätten bei einem heiteren Nationalitäten-Raten gute Chancen unerkannt zu bleiben. Aber so ist schnell alles klar - sie sind Griechen. Ihre Eltern kamen einst als Gastarbeiter aus einem Dorf in der Nähe der kretischen Provinzstadt Rethymno nach Berlin, hier wurden ihre Söhne geboren, hier
einigen Tischen und Stühlen vor der Tür. Ein Bistro, das Nondas, zuständig für Einkauf und Organisation, Stavros, Küchenchef und Georgios, verantwortlich für Finanzen, Greak Art-Fast Food nannten. Vor einem Jahr zogen sie in das frühere Schokoladengeschäft, investierten das Nötige und begannen, ihr, wie sie sagen, „krisensicheres Konzept“ zu verwirklichen. Das hört sich so an: Bio-Fleisch aus dem mecklenburgischen Bollewick an der Müritz, Gemüse von regionalen Produzenten, spezielle Ingredienzien direkt aus Kreta, eine kleine Speisekarte, frische Zubereitung vor den Augen der Gäste, faire Preise, freundlicher Service.
absolvierten sie Schule und Ausbildung und beschlossen, in Berlin auch ihr berufliches Glück zu suchen. Das fanden die drei schließlich in Schöneberg, direkt am Winterfeldplatz. Es trägt ihren Nachnamen, Berkis also, und besteht aus zwei Zimmern, einer kleinen Küche, einem Lagerraum und
Eigentlich sind das gastronomische Binsenweisheiten, aber häufig bleiben sie eben nur Lippenbekenntnisse oder Werbebotschaften. Nicht so bei den BerkisBrüdern, und deshalb funktioniert ihr Bistro-Konzept wohl auch so gut, dass sie von Schöneberg aus damit Berlin erobern wollen.
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Stavros, Epaminondas und Georgios Berkis, v.li.
14 Vorspeisen stehen auf der Karte: von Dolmadakia, das sind Weinblätter mit Reisfüllung und Tzatziki über Fava Kritis, Erbspüree mit Olivenöl und Zwiebeln bis Skordalia, das ist ein Kartoffel-KnoblauchPüree, natürlich auch mit kretischem Olivenöl - alles zu Preisen zwischen 1,50 Euro und 3,50 Euro. Für 4,50 Euro gibt es Pikilia, die gemischten kalten Vorspeisen, die im Berbis bereits einen gewissen Kultstatus gaben. Dazu gegrillte Sardinen, und das Glück vieler Besucher des samstäglichen Marktes auf dem Winterfeldplatz gleich nebenan ist perfekt. Deren Kommentare honorieren die Anstrengungen von Epaninondas, Stavros und Georgios Berkis: „Mediterranes, weit über dem Durchschnitt“, „Bio, aber bezahlbar“, “Ein Imbiss ohne Kunstkäse und andere Lebensmittelimitate“. Gute Chancen also für eine Expansion des Berkis-Konzepts.
BERKIS Winterfeldstraße 45 10781 Berlin-Schöneberg Tel. 030 - 77 90 04 02 www.berkis.de
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LYKOS - EIN MANN, EIN WORT DER GRIECHE VOM BEUSSELMARKT VON HEIKO GRALKI
Anastassios Lykos
Feiern, bis der Arzt kommt...
Über den 11. Juli 2009 reden die Kellner und Köche des griechischen Restaurants Romiosini in Prenzlauer Berg immer noch. Eine Fete vom Feinsten, Ouzo ohne Ende, Sirtaki bis zur Erschöpfung. „Andere feiern schon das einjährige Bestehen ihres Unternehmens mit Champagner bis zum Abwinken“, sagt Anastassios Lykos, der die Party ausrichtete, „da ist ein 20-jähriges Firmenjubiläum doch allemal ein Grund, richtig auf die Pauke zu hauen.“ Wo er Recht hat, hat er Recht. Wer in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten Kurs hält und das in einer Branche, in der mit offenem Visier um Marktanteile gekämpft wird, der darf schon mal darauf anstoßen. Anastassios Lykos kam 1965 aus einem griechischen Dorf auf der Insel Euböa, der zweitgrößten Griechenlands, nach Berlin, lernte deutsch und schrieb sich an der Technischen Universität ein, Fachrichtung Maschinenbau. Um sein Studium zu finanzieren, half er gelegentlich seinem Onkel in dessen Lebensmittelgeschäft in der Charlottenburger Kantstraße. Aus dieser Zeit stammt wohl auch sein Interesse für mediterrane Spezialitäten wie
...die Imex-Lykos GmbH wird 20.
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Familienbetrieb: Anastassios Lykos und seine Frau Dr. Sabine Lykos
Oliven, Olivenöle und Schafskäse. Lykos schloss sein Studium mit dem Diplom ab und hätte wohl auch als Ingenieur eine gute Figur gemacht, aber das Leben hatte anderes mit ihm vor. Am 2. Mai 1989 gründete der damals 43-jährige die Imex-Lykos GmbH. Das erste Geld und die ersten Sporen verdiente er sich mit griechischen Erdbeeren – argwöhnisch beäugt von den Big Bossen auf dem Beusselmarkt. Schon damals war der Wettbewerb hart im Obst- und Gemüsegeschäft und die Luft dünn für Anfänger. Doch Lykos hatte ein gutes Händchen für die richtigen Produkte und Verständnis für die Wünsche seiner Kunden. Und so folgten auf Obst und Gemüse, Käse und andere Milchprodukte, Öle und Essige, Feinkostsalate, Tiefkühlprodukte und Getränke. Inzwischen macht Lykos rund 2000 verschiedene Angebote. „Schmecken Sie das Mittelmeer!“ - so wirbt die Firma mit sonnigen Logofarben. Das ist kein billiges Versprechen, sondern der deutliche Hinweis darauf, wie stark die Imex-Lykos GmbH mit der Heimat ihres Gründers verbunden ist. Direktimport heißt das Erfolgsrezept, ob es dabei um extra natives Olivenöl aus Kreta, um die seltenen geschmacksintensiven Kymi-Feigen, um Konserven mit mediterranen Fertiggerichten oder um griechischen Spargel geht – übrigens eine Spezialität des Hauses Lykos. Waren es am Anfang vor allem griechische Köche
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und Caterer, die heimatliche Produkte zu schätzen wussten, kaufen inzwischen längst auch deutsche, türkische und andere Gastronomen, Feinkostanbieter und Markthändler bei Lykos. 60 Mitarbeiter kümmern sich derzeit um die Qualität der Waren und die Zufriedenheit der Kunden – darunter seine Frau Sabine, promovierte Lebensmittelchemikerin, Sohn Kostas, der in Berlin Agrarwissenschaften studiert hat, Tochter Assimina und weitere Mitglieder der Lykos-Family. Das Unternehmen setzt auf ein klassisches Abholmarktkonzept – die Kunden kommen, sehen und kaufen – und probieren manchmal auch. Die Bedingungen dafür sind nach Sanierung und Umbau der Großmarkthallen an der Beusselstraße weitaus komfortabler als früher. Also ging Anastassios Lykos gemeinsam mit zwei weiteren Firmen das Risiko ein, Öffnungszeiten von 2 bis 20 Uhr anzubieten – Service ist eben auch in seiner Branche die halbe Miete, vor allem angesichts des Preiskampfes mit den Discountern. Neben dem Lykos-Abholmarkt werden auch über 100 Kunden direkt beliefert – auch hier ist die Tendenz steigend. Seine Ursache hat das darin, dass Lykos sein Sortiment hochwertiger Waren ständig erweitert hat. Längst kommen die nicht mehr nur aus Griechenland, sondern auch aus Argentinien, China, Frankreich,
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Peru, aus Südafrika und Thailand. Ob Fleisch oder Fisch, Mehl oder Meersalz, Krusten- oder Schalentiere, Ketchup oder Mayonnaise, Eier oder Reis – die Imex-Lykos GmbH ist auf dem Weg zum Vollsortimenter, wie es in der Branche heißt. Auch das ist nach 20 Jahren erfolgreicher Firmenentwicklung ein guter Grund, anzustoßen.
IMEX-LYKOS GMBH Beusselstraße 44 n-q 10553 Berlin Tel. 030 - 39 89 59 18 www.imex-lykos.de
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PIKILIA
KLEINE KOSTBARKEITEN AUS DEM SCHÖNEBERGER KIEZ VON JÖRG TEUSCHER
Frappé olé: Maria Kanellopoulou
Thomas Platt hat, wenn es ums Kulinarische geht, meistens Recht. In diesem Fall ganz besonders. Das heißt, mir fällt nicht mal das winzigste „ja, aber“ ein. Platt schrieb im tip (Nr. 12/2009) über gastronomische Vorlieben, Abneigungen und gute Adressen. Wer den feinschmeckenden und kenntnisreichen Mann aus dem Badischen kennt, weiß auch, dass Lobhudelei nicht seine Sache ist. Um so schwerer wiegt wohl solche Einschätzung: „Die vertrauenswürdigste Vertreterin ihres Landes bleibt für mich das Spezialitätengeschäft Pikilia in der Goltzstraße, nicht allein wegen des besten Olivenöls (Elia aus Kalamanta), das ich bislang in der Stadt gefunden habe: griechische Vorspeisenplatte nebst Frappé auf einem Stühlchen auf dem Trottoir - und der Tag ist gemacht.“ Sicher hat Platts Superlativ, was das kleine griechische Delikatessengeschäft in Schöneberg angeht, auch damit zu tun, dass er gleich um die Ecke wohnt. Und sicher auch mit dem attischen Charme der Betreiberin Maria Kanellopoulou.
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Die 34jährige, deren Eltern 1968 als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, wuchs in Nordrhein-Westfalen auf, studierte in Berlin Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Marketing und machte sich 2006 mit ihrem kleinen Laden in der Goltzstraße selbständig. Der Standort im Schöneberger Kiez war gut gewählt - nebenan verkauft die Ap-
felgalerie regionale Produkte, gegenüber bietet das Diodata Wiener Kaffeehausspezialitäten an, es gibt eine Kochschule, ein Schokoladengeschäft eine Weinhandlung und der Winterfeldtplatz mit seinem bekannten Samstagsmarkt ist auch nicht weit. Wir sitzen unter hohen Robinien, Maria Kanellopoulou serviert Frappé, das aus griechischem Nescafé, Eiswasser und
Pikilia: Kleine Kostbarkeiten mit bestem Service
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Goltzstraße 5: Gute Adresse für griechische Spezialitäten
Zucker bereitete Sommergetränk, und zeigt Bilder von ihrem Vater Alekos Kanellopoulos, der im Heimatort der Familie auf dem Peloponnes, der südgriechischen Halbinsel, die Kalamanta-Olive erntet. Das daraus vor Ort kalt gepresste sortenreine Öl hat nur 0,3 Prozent Säure, riecht sanft nach frischem Gras, schmeichelt dem Gaumen mit mildem Bitterton und hinterlässt im Abgang ganz kurz seine pfeffrige Schärfe. Ich habe probiert und Thomas Platts Jubel verstanden. Ebenfalls aus der Heimat ihrer Eltern stammen drei Senfsorten, fein mit Kräutern aromatisiert. Honigfreaks finden Orangenblüten-, Tannen- und Traubenhonig ebenso wie den berühmten kretischen Thymianhonig, dessen würziger Geschmack ihn nicht nur zum Süßen, sondern auch zum Kochen prädestiniert. Gewürze, Kräuter, Tapenaden, griechisches Bier und griechisches Mineralwasser sind ebenso im Angebot wie der unschlagbare Total-Joghurt. Dass griechischer Käse immer nur Feta ist, wiederlegt die Kühltheke ebenfalls.
Maria Kanellopoulou zählt ihre Käsesorten auf, bringt Kostproben und serviert einen zweiten Frappé. Kunden kommen, kaufen griechische Naturkosmetik, Olivenölkännchen und Diktomos, den legendären Kräutertee. Eine Dame bestellt, wir trauen unseren Ohren kaum, einem Präsentkorb. Das klassische 1970erJahre-Geschenk kommt im Pikilia offenbar wieder zu Ehren. Ein junger Mann hat sein Geschenk, inklusive Glückwunschkarte schon mitgebracht. Er bittet nur um eine Übersetzung: „Können Sie mir ‚Alles Gute zur Hochzeit‘ aufschreiben?“ Maria kann. Und dabei lächelt sie so, dass nicht nur Thomas Platt schwach wird.
PIKILIA Goltzstraße 5 10781 Berlin-Schöneberg Tel. 030 - 43 20 04 26 www.pikilia.eu
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DER WEINKÖNIG AUDIENZ BEI CHRISTOS TZIOLIS VON MARC STEYER
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Die großen Weinregionen der Welt - ein älterer Führer durch die Welt des Weins – 250 Seiten. Griechenland findet auf einer Seite statt, zwischen Balaton und Ägäis. Etwas jüngeren Datums, aus dem Jahr 2001, Knauers Großer Weinatlas – 320 Seiten. Auch hier steht Griechenland unter „ferner liefen“. Zitat: „Für eine Region, in der seit Tausenden von Jahren Wein gemacht wird, bietet in den meisten östlichen Mittelmeerstaaten die derzeitige Situation ein trauriges Bild. Schwere, oxidierte Weine gefallen vielleicht den einheimischen Konsumenten, doch die Weinbereitungsstandards bedürfen drastischer Verbesserungen, bevor die Erzeuger hier daran denken können, sich unter den Weinkellern der restlichen Welt einen Platz zu erobern.“ Christos Tzolis kennt solche Einschätzungen zur Genüge. Der heute 54-jährige kam 1978 nach Berlin, studierte an der Technischen Universität Berlin Chemie und kann sich noch gut an einen lockeren Spruch aus dieser Zeit erinnern: „Wenn du zum Griechen gehst, vergiss die Aspirin nicht.“ Der allgegenwärtige, mit dem Harz der AleppoKiefer versetzte Retsína schmeckte wie eine Mischung aus Hustensaft und Möbelpolitur und bereitete weniger hartgesottenen Trinkern tatsächlich mindestens einen schweren Tag. „Masse statt Klasse war die Devise der großen Kellereien“, erinnert sich Tziolis. Der Ärger darüber, das Wissen um die Tradition des Weinbaus in Griechenland und die Liebe zum Wein ließen ihn handeln.
1997 gründete Christos Tziolis ein Spezialgeschäft für Weine aus Griechenland, das er Cava nannte, Weinkellerei. Zu seinen ersten Kunden zählten engagierte Gastronomen, die es leid waren, ihre Gäste mit der Wahl zu quälen: lieblicher Imíglikos, süßlicher Kokinelli-Rosé oder eben harziger Retsína. Tziolis gelang, woran keiner so recht glauben wollte. Er holte Weine aus Hellas nach Berlin, die den internationalen Vergleich nicht scheuen mussten – weder was ihre Qualität und schon gar nicht, was ihren Preis betraf. Damit brachte er auch viele Deutsche auf den Geschmack. Sicher, Rebsorten wie Aghiorghitiko, Assirtiko, Mandilaria, Mavrotragano oder Xinomavro gehen auch Kennern nur schwer über die Zunge, aber das Eis war gebrochen. Tziolis hatte mit vielen Vorurteilen aufgeräumt. Jahr für Jahr bringt er nun neue Rebensäfte sowohl der besten als auch vieler kleiner griechischer Winzer nach Deutschland. Dafür ist er zwei, drei Monate im Jahr zwischen Thrakien und Kreta unterwegs, und dafür gebührt ihm auch die Krone eines griechischen Weinkönigs.
CAVA WEINHANDLUNG Schustehrusstraße 20 10585 Berlin-Charlottenburg Tel. 030 - 342 03 68 www.symposio.com
THRAKIEN
MAKEDONIEN
EPIRUS
IONISCHE INSELN
THESSALIEN
ZENTRALGRIECHENLAND
PELOPONNES ÄGÄISCHE INSELN SANTORINI DIE GRIECHISCHEN WEINREGIONEN
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RHODOS GARÇON
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GUTES VON KRETA ERSTE ADRESSE FÜR QUALITÄT VON MARC STEYER
Kreta: Dietmar Burmeister-Horvaths zweite Heimat
Er möge mir verzeihen, aber wie ein Rockmusiker sieht er nun wirklich nicht aus. Rundes Gesicht, breiter Scheitel, die wachen Augen hinter starken Brillengläsern und das spöttische Lächeln – Dietmar Burmeister-Horvath erinnert mich eher an Studienrat Dr. Lenz, den Geografielehrer meiner Schulzeit oder vielleicht noch an einen Tatort-Kommissar früherer Jahre, dessen Namen ich vergessen habe. So ist das eben, wenn man allzu schnell von Äußerlichkeiten auf den ganzen Menschen schließt.
Burmeister-Horvath, heute 58, war tatsächlich mal ein begnadeter Schlagzeuger, trommelte in Undergroundbands und Undergroundclubs, betrieb von 1977 bis 1981 am Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer das Morgenrot, eine der ersten Berliner Musikkneipen - „sonntags großes Frühstück für fünf Mark“. Irgendwann aber war Schluss mit dem Rock ´n´ Roll und Burmeister-Horvath wieder auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Er träumte von Portugal, seine Frau Raphaela überzeugte ihn
Eliá: Lieferung frei Haus
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von Griechenland. Die Krankenschwester und Heilpraktikerin hatte Anfang der 1990er schon mal dort gelebt, auf Kreta, griechisch gelernt und die Faszination der einmaligen Insellandschaft ebenso kennen gelernt wie die schon in der Antike gerühmte Gastfreundschaft der Kreter. 1996 schließlich kauften die beiden ein Häuschen im Inselwesten, klein und kreditfinanziert. „Damals gab es solche Wunder noch“, sagt BurmeisterHorvath.
s‘Hegeles: Kunden in Kreuzberg
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Als die ersten Berliner Küchenchefs das würzige, leicht nussig schmeckende, säurearme Olivenöl entdeckten, war der Erfolg komplett. John Hegele, Kolja Kleeberg, Andreas Klitsch, Thomas Kurt, Marco Müller, Wolfgang Müller und andere Spitzenköche kaufen inzwischen ihr Olivenöl bei Burmeister-Horvath, Feinkosthandlungen führen es, Kochschulen empfehlen es ihren Kunden ebenso wie Bergtee, Kräutermischungen und Thymianhonig von der Lasithi-Hochebene. Hinzu kommen Olivenseifen und andere Kosmetikartikel auf Olivenölbasis, Gutes von Kreta eben. Dietmar Burmeister-Horvath
ELIÁ – GUTES VON KRETA GIBT ES BEI: Culiartis Uhlandstraße 142 10719 Berlin-Wilmersdorf www.culiartis.de Hammers Weinkostbar Körtestraße 20 10967 Berlin-Kreuzberg www.hammers-wein.de Er lernte Iannis Mihelakis, seinen Sohn Nikos und deren Familie kennen, offenbar ein Schlüsselerlebnis. Mihelakis hatte im Jahr 2000 die Kolympari S.A. gegründet, ein Unternehmen zur Herstellung und für den Vertrieb von kretischem extra nativem Olivenöl. „Wie wäre es“, fragte Burmeister-Horvath, „wenn ich dieses flüssige Gold nach Berlin bringen würde?“ Der Idee folgten Testverkäufe, der Erfolg machte mutig. 2004 rief Dietmar Burmeister-Horvath „Eliá – Gutes von Kreta“ ins Leben, ging
auf die Wochenmärkte am Charlottenburger Karl-August- und am Wilmersdorfer Hohenzollernplatz und beantwortete die Fragen der Verbraucher: „Was bedeutet kalt gepresst? - Die Ölherstellung bei Temperaturen unter 27 Grad Celsius.“, „Wie heiß darf das Öl werden? - Diese Güteklasse, extra nativ, kann man bis 180 Grad erhitzen.“, „Wie lange kann man das Öl lagern? - Kühl und dunkel mindestens 18 Monate.“ Und Burmeister-Horvath warb nie mit Superlativen á la „das beste Öl der Welt“, sondern ließ probieren.
´s Hegeles Nostitzstraße 22 10961 Berlin-Kreuzberg www.hegeles.de Hier findet am 29.8.2009 auch ein kretischer Abend mit Olivenölverkostung statt. und natürlich im Internet unter www.gutesvonkreta.de
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Chaniá
Réthimno
KRETA
EINE KULINARISCHE EXKURSION VON JÖRG TEUSCHER 54
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Kreta heißt ein Land, das von allen Seiten vom dunklen, weinfarbenen Meer umgeben ist. Es ist fruchtbar und reich, dicht bevölkert, an die neunzig Städte gibt es, und man spricht dort Sprachen aus aller Herren Länder. Homer, Odyssee
Iráklio
Ágios Nikólaos
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Der Bauernmarkt von Réthimno. Der Donnerstagsmarkt nahe der Marina ist zwar in keinem der vielen Reiseführer erwähnt, dennoch gehört er zu den ursprünglichsten Einkaufsplätzen der 25 0 0 0-Einw o h n e rStadt, die seit jeher als d a s geist i g e Zentrum der Insel gilt und sich zunehmend auch touristisch mausert. Auf dem Bauernmarkt allerdings sind die Einheimischen unter sich, einheimische Erzeuger und einheimische Verbraucher. Dementsprechend sind Angebote und Preise, die Kreter sind kritisch, was Lebensmittel betrifft. Neben Obst, Gemüse und Gartenkräutern, die durchaus auch auf einem deutschen Wochenmarkt zu finden sind, werden eine Unmenge von Wildkräutern angeboten, deren kulinarische Nutzung hierzulande fast völlig unbekannt ist: die dornige Wegwarte etwa, die mit Essig und Öl gegessen wird; der wilde Portulak, der mit Gurke und Tomate gemischt wird, Gundermann, Schmerwurz, Wegerich und ein Dutzend weiterer Kräuter, die ausschließlich auf der Insel wachsen. Anthòtiros, Misìnthra und Malàka sind kretische Frischkäse, hergestellt aus Ziegenmilch. Eine Mischung dieser drei Sorten mit drei Eiern ergibt die Füllung für Blätterteigtaschen, die in Olivenöl gebraten werden, Kalitsoúnia heißen und zum Besten gehören, was die kretische Küche kennt. Übertroffen vielleicht nur von Schnecken mit Kartoffeln und Fenchel oder doch von Tintenfisch mit Spinat?
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Festlandware will, muss lange suchen. Regional gilt auf Kreta als kulinarisch optimal. Besonders beeindruckend: das Angebot an Innereien, meist vom Lamm: Herz, Leber, Magen, Milz. Dazu gibt es Därme, die mit den Igittereien gefüllt werden. Splinantero beispielsweise ist eine Art Milzwurst, eine auf Kreta weit verbreitete Spezialität.
Die Markthalle von Chaniá. Der kreuzförmige Bau an der Platia S. Venizelou in der Altstadt von Chaniá gehört zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der 54 000-Einwohner-Stadt im Nordwesten Kretas - wegen seiner Architektur, vor allem aber wegen des vielfältigen Angebots an Fisch, Fleisch, Käse und Kräutern. Seit 96 Jahren bieten hier Händler ihre Waren an, vor allem Lebensmittel – mit großem Pomp war die Halle 1913 anlässlich der Feierlichkeiten zum Anschluss Kretas an Griechenland eröffnet worden. Meeräschen, Meerbrassen, Sardinen, Schwert- und Thunfische sowie ein halbes Dutzend in Deutschland unbekannter kleiner Mittelmeerfische werden offeriert. Frisch, frischer, am frischesten – die Kunden sind Kenner. Stockfisch, einst ein Gericht armer Leute, ist heute genauso teuer wie Hummer. Auch die Fleisch- und Käsehändler holen ihre Produkte ausschließlich von kretischen Produzenten. Wer argentinisches Beef, französischen Brie oder eine andere
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Restaurants und Tavernen. Während die wenigen griechischen Spitzenrestaurants etwa in Athen vorwiegend eine französisch grundierte mediterrane Küche anbieten (lediglich das 48 The Restaurant, das michelinsterngeehrte Varoulko oder das Kollias in Piräus, d e m Hafen Athens, v e r trauen modernen griechischen G e r i c h t e n), geht es auf Kreta vorwiegend kulinarisch-rustikal zu. Das klingt nach G-M-T, Gyros-Souvlaki-Tzatziki und ist es auch – aber eben nur in den Touristenabfütterungstavernen, die allerdings das Gros des gastronomischen Angebots zwischen Chaniá und Ágios Nikólaos ausmachen. Man muß also schon suchen, um die bodenständige, ursprüngliche kretische Küche zu finden. Fragen Sie beispielsweise am alten Hafen von Réthimno nach der Taverna Knossos. Hier kocht Mamma Anna so bodenständig und vielfältig, dass die Gäste schon mal applaudieren. Oder fahren Sie nach Ágios Nikólaos in die Taverne Pelagos. Das blau-weiße Haus am Wasser ist ein Geheimtipp für Seeigelsalat, Bakaliaros alevrolemono, eine Stockfischspezialität und für eine Fischsuppe, die der Bouillabaisse marseillaise in nichts nachsteht. Der dritte Tipp hat ebenfalls mit Fisch zu tun und führt in eine Art Hafenkantine nach Kissamos im äußersten Westen Kretas. Fangfrische Meeräsche, schnörkellos gebraten – der Koch heißt Adonis Katsikandaraki, und das Gericht ist ein Gedicht.
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HOTELLERIEResidenzhotel Motzen
NEUE BESEN IN MOTZEN EIN BESUCH IM RESIDENZHOTEL VON YVONNE WEINLICH
Küchenchef: Sandro Ay
Zwei junge Männer geben Gas. Ort des Geschehens: das Hotel Residenz am Motzener See. Bisher war das Haus eine verlässliche kulinarische Adresse. „Mittags wie abends kann man sich auf ein gleich bleibend gutes Niveau verlassen, wie es
Senfeier
eben in einem Hotel sein sollte, das sowohl Geschäftsleute als auch Ausflügler und Touristen zufrieden stellen will“, konstatierten die Kritiker. Für Sandro Ay und René Jahnke klang das nicht sonderlich herausfordernd. Eine Her-
SousChef: René Jahnke
ausforderung jedoch suchten die beiden, die sich vor einigen Wochen hier als Küchenund SousChef verdingten. Sandro Ay, die Nummer 1 am Herd, kam nach Stationen in München (bei Alfons Schuhbeck), Bad Saarow und auf Gran Canaria nach Motzen.
Spanferkelrücken
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Residenzhotel MotzenHOTELLERIE
Interpretation vom Caipirinha
Sein Stellvertreter René Jahnke lernte vor Jahren hier den Kochberuf, es folgten Wanderjahre zum Hamburger Süllberg, zu Käfer nach München und nach St. Moritz. Im Residenz-Hotel wollen sie nun zeigen, was sie gelernt haben, vor allem aber wollen sie in der Brandenburger Spitzengruppe mitmischen. Und zwar ziemlich weit vorne. Die drei wichtigsten Dinge, um das zu erreichen, bringen die beiden mit: Spaß am Beruf, Fantasie und handwerkliches Können. „Wir wollen das Bewährte nicht über Bord werfen“, sagt Ay, “aber die Bandbreite der Küche vergrößern, Regionales
Köchin: Stefanie Jurk
aufs Beste verfeinern und durchaus auch einige asiatische und mediterrane Akzente setzen.“ Der kross gebratene Zander aus Brandenburg mit Krebssauce, Schmorgurken und Dillkartoffeln ist von erster Qualität, der gebratene Heilbutt mit Süßholzschaum, Sabrasadarisotto und gegrillter Mango zeigt eine Alternative, die ebenfalls weit über dem Durchschnitt steht. Der Spanferkelrücken mit confierten Tomaten, Kartoffel-Lauchravioli und Sherryjus schließlich holt seine Kraft aus einem ausgezeichneten Grundprodukt und guter Würzung.
Roy Augustin, selbst mal zehn Jahre Küchenchef hier und seit 2007 Hoteldirektor, beobachtet die ersten Schritte seiner neuen Küchencrew mit Wohlwollen und weiß aus Erfahrung – hier ist noch mehr drin. Also unterstützt er Ay und Jahnke, wo er kann – natürlich nicht ganz uneigennützig. Augustin weiß, dass sein Haus alles bieten kann, was aus einem Urlaub einen TraumUrlaub macht. Wenn dazu noch eine Küche kommt, die einen Höhenflug versucht, ohne abzuheben – umso besser.
HOTEL RESIDENZ Töpchiner Straße 4 15749 Mittenwalde/OT Motzen Tel. 03 37 69 - 8 50 www.hotel-residenz-motzen.de Direktor Roy Augustin u. Thomas Wachs, v.re.
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KOPFSALATUlrike Piecha
ULRIKE PIECHA
VOM ZAUBERLEHRLING ZUR BISTROCHEFIN VON JÖRG TEUSCHER
Irgendwo bekam ich das Stadtteilmagazin Der Wedding in die Hand, über 100 Seiten. Erster Eindruck: Keines jener billig-bunten Werbeblättchen, die es in Berlin haufenweise gibt - kaum gesehen, schon vergessen. Der Wedding will Maßstäbe setzen. Die U-Bahn-Fahrt vom Gesundbrunnen zum Alexanderplatz reicht für das Impressum. Kurze Lebensläufe der Autoren und Fotografen, die erwartete Ansammlung junger Intellektueller der Generation Projekt. Eine Vita ist anders. „Ulrike Piecha“, lese ich, „geboren 1979, Kochlehre im Sternerestaurant, Bachelor in Gastronomic Sciences an der Slow Food Academy Pollenzo/Italien. Konzipiert und projektiert international feine Restaurants und Delikatessenläden.“ Ich treffe die 30jährige in der Kreuzberger Marheinekehalle: Jeans, T-Shirt, Schürze, dunkelhaarig, braungebrannt, ein südländischer Typ. Sie steht in einer offenen Küche, links ein Wok mit frischem Gemüse, rechts ein Grill mit einem halben Dutzend Rumpsteaks, vor ihr ein Teller, den sie vorsichtig mit Suppe füllt. Nebenbei unterhält sie ihre Gäste, die auf Barhockern rund um das Küchenkarree sitzen – Bau- und Geschäftsleute, Studenten und Oma Gerda, Stammgast an Ulrike Piechas Bio-Buffet. „Hast Du die Suppe wieder so scharf gewürzt?“ „Nein, nur kräftig, damit Du stark bleibst.“
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Bistro-Chefin: Ulrike Piecha
Ulrike PiechaKOPFSALAT
„Cos’é questo?“, fragt ein junger Mann mit dem Blick auf einen Vegi-Burger mit gegrilltem Gemüse und frischen Kräutern. „Specialitá della casa“, antwortet die Köchin und erklärt in fehlerlosem Italienisch ihr Bio-Buffet-Burger-Konzept. Sie wäre auch in der Lage, das gleiche in Englisch oder Portugiesisch zu tun. Geboren in Erfurt, Umzug der Familie nach Saßnitz auf der Insel Rügen als Ulrike Piecha drei ist. Schlüsselkind. Ihre Eltern, Mutter Ärztin, Vater Inge-
nieur für Verkehrskybernetik, engagieren sich am Runden Tisch ihrer Heimatstadt, Diskussion für die Demokratie, manchmal 16, 18 Stunden am Tag. Nie wieder Diktatur. Ulrike, damals 10, versorgt sich und ihre fünfjährige Schwester Elisabeth. Der frühe Küchenstart beeinflußt die Berufswahl entscheidend. Abitur und der Wunsch, Köchin zu werden. „Zu Hause spielten sich Dramen ab“, sagt sie und fügt hinzu: „Mein dicker Kopf siegte.“
Ulrike Piecha geht nach Düsseldorf und beginnt im Restaurant Victorian eine Kochlehre. Das Haus Nr.3 an der Kö gilt schon damals als die kulinarische Institution in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Chef am Herd: Günter Scherrer, ein Mann der klassischen Grande cuisine. Auf Scherrer, der im Dezember 2001 das Victorian verlässt, folgt Bobby Bräuer. „Bessere Lehrmeister kannst Du dir nicht wünschen“, resümiert Ulrike Piecha ihre Ausbildung.
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KOPFSALATUlrike Piecha
Slow-Food-Gründer Carlo Petrini zu Gast in der Marheinekemarkthalle
Im Sommer 2002 absolviert sie die zweitbeste Abschlussprüfung aller Düsseldorfer Kochlehrlinge. Günter Scherrer, der inzwischen im sonnigen Galizien sein Privatiers-Dasein genießt, schreibt ihr: „Liebe Frau Piecha, verehrter Zauberlehrling, ich freue mich, dass Sie in Düsseldorf Ihre Ausbildung mit so großem Erfolg beendet haben. Es würde mich ebenso freuen, wenn Sie weiterhin am Ball blieben.“ Ulrike Piecha nimmt ihren Lehrer beim Wort, fliegt ins brasilianische Salvador da Bahia und organisiert für den Schweizer Gastronomen Andreas Maag die Küche seines Restaurants Caranguejo. Nach gut einem Jahr, Konzept, Kalkulation und Einkauf funktionieren, hört sie von einer italienischen Geschmackshochschule, die im Oktober 2004 in Pollenzo, einem Dorf gut fünfzig Kilometer südlich von Turin, den Lehrbetrieb aufnehmen soll. Sie bewirbt sich, kratzt die Studiengebühr von 19 000 Euro jährlich zusammen und schreibt sich an der Università del Gusto ein.
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Dreieinhalb Jahre lang beschäftigt sich Ulrike Piecha hier mit der gastronomischen Wissenschaft. Universitätsgründer und Slowfood-Papst Carlo Petrini definiert sie als „die Wissenschaft, welche die Kultur der Nahrung erforscht“. Die junge Köchin lernt also Dinge, von denen auf ihrer Düsseldorfer Berufsschule keine Rede war: Geschichte des Kochens, Grundlagen der Nahrungshygiene, Physiologie des Geschmacks, Semantik des Weintestens... Unterrichtssprachen englisch und italienisch. Ein anerkannter Abschluss als Bachelor of Gastronomic Sciences und Petrinis Botschaft im Gepäck, in der Welt für die Verbreitung der Genussfähigkeit und der kulinarischen Kultur zu sorgen. Gut, sauber und fair, das sind für Carlo Petrini, der vor zwanzig Jahren mit Slow Food die Gegenbewegung zur kulinarischen Beschleunigung und Industrialisierung nach amerikanischem Muster gründete, die wichtigsten Kriterien zur Beurteilung von Lebensmitteln.
Diese Attribute hat sich auch Ulrike Piecha für ihr Bio-Buffet in der Marheinekehalle auf die Fahne geschrieben. „Alles bio, alles frisch, alles schnell“, heißt ihr Motto. Sie hätte auch schreiben können: Spaß, gepaart mit Fantasie und handwerklichem Können. Marktfrische Produkte von Biohöfen der Region kommen in Töpfe, Pfannen oder auf den Grill, Convenience ist tabu. Ihre BioCheesburger beispielsweise verhalten sich geschmacklich zu den Produkten der Fast-Food-Konkurrenz wie ein sorgfältig affinierter Camembert von Maître Anthony zu einem anonymen Industriekäse aus der Kühltheke eines Billigheimers. Ihre Frühstücksjoghurte sind nicht mit künstlichen Aromen aufgeplustert, und ihre Suppen lügen nicht. Kein Wunder, dass Ulrike Piecha von Berlinale-Chef und Slow-Food-Deutschland-Mitgründer Dieter Kosslick gebeten wurde, beim „Kulinarischen Kino“ mitzuspielen – als „Scharnier zwischen Filmemachern und Köchen“. Sie tat’s, und nichts quietschte.
Und wenn wir irgendwann in den nächsten Jahren von Ulrike Piecha als Betreiberin des ersten Berliner Slow-Food-Restaurants und noch ein paar Jahre später als erste Sterneköchin hören, wäre das auch kein Wunder. Sie hat das Zeug dazu.
BIO-BUFFET in der Marheinekemarkthalle 10961 Berlin-Kreuzberg Tel. 0157 - 75 39 34 17
Ulrike Piecha und ihre Schwester Elisabeth, gelernte Konditorin
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KANDIDATENKÜR BERLINER MEISTERKÖCHE 2009 NOMINIERT VON YVONNE WEINLICH
Adlon-Collection
Meisterkoch-Kandidat Björn Alexander Panek
Die Jury hat entschieden. Unter der Leitung ihres Vorsitzenden Prof. Dr. Dr. Dieter Großklaus nominierten die zwölf maßgeblichen Berliner Gastronomiejournalisten die Kandidaten für die Titel „Berliner Meisterkoch“, „Aufsteiger des Jahres“ und für die Ehrung in drei weiteren Kategorien. Beifall für die Entscheidung, die Inflation bekannter Namen zu beenden und nur noch jeweils fünf Kandidaten in den einzelnen Kategorien zu berufen. Überraschungen blieben aus - wenn man mal davon absieht, dass auch die Küchenchefs Stephan Garkisch (Bieberbau), Andrea Girau (Ana e Bruno), Dirk Güttes (Eiffel) und Carsten Obermayr (Duke) durchaus eine Nominierung verdient hätten, aber s. o. Wer hat nun die größten Chancen, Berliner Meisterkoch 2009 zu werden? Christian Lohse, der bisher titellose Zwei-SterneKoch? Thomas Neeser, der ewige Nominierte? Oder Björn Alexander Panek, der Shooting-Star der Branche und gemeinsam mit Michael Kempf der jüngste im Quintett? Oder wieder mal Tim Raue? Es wird sicher eng, die Jury ist nicht zu beneiden. Ich gestehe, dass ich Björn Panek besonders die Daumen drücke. Seine
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MeisterköcheKOPFSALAT
Aufsteiger-Kandidat Andreas Staack und Noiquattro-Geschäftsführer Genc Slishani
Kreuzberg-Connection
„Cucina di Essenze e Ingredienti“, eine Küche der Essenzen und Düfte, ist schon erste Klasse, genauso wie Paneks gelassen-fröhliches Wesen, das die Gabriele-Gäste so schätzen. Auch in der Aufsteiger-Kategorie wird es wohl eine Millimeterentscheidung geben. Freuen würde ich mich für Andreas Staack, der über seine Nominierung sicher nicht schlecht gestaunt haben mag. Immerhin ist Staack, gebürtiger Hamburger, bereits 47, das riecht eher nach „langsam können mal die Jüngeren ran“. Aber so ist das eben. Jahrelang kochte Staack - von den allgewaltigen Testern skeptisch beäugt - erst am Strausberger Platz in Mitte, dann am Südstern in Kreuzberg. Mal 12, mal 13 Gault-Millau-Punkte, er nahm es gelassen, die Gäste mochten seine Küche. 2009 schließlich die Entdeckung des Staackschen Ehrgeizes – 14 Punkte. Doch das Konzept – zwei Restaurants in einem – ging nicht auf. Staack und Noiquattro-Geschäftsführer Genc Slishani wagten einen Neustart, kreierten ein DreiGänge-Neustartmenü, um dass auch zu zeigen und siehe, es hat funktioniert. Am 22. September 2009 wird die Jury im RahmeneinerPressekonferenzbekanntgeben, wem in diesem Jahr die Kronen gebühren.
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KOPFSALATGiselheid Herder
DIE WINDMÜHLEN-LADY MESSER SIND KEINE MÄNNERSACHE VON JÖRG TEUSCHER
Lady, das liest sie garantiert nicht gern. Keine Spur von vornehmer Dame. Das Auffälligste an Giselheid Herder ist ihre Unauffälligkeit, das Aufregendste ihre Unaufgeregtheit. Die 48-jährige Unternehmerin ist Geschäftsführerin der Robert Herder GmbH & Co. KG in Solingen. Hinter dem spröden Firmennamen verbirgt sich eine Messermanufaktur, die unter dem Zeichen
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der Windmühle Messer herstellt, die so nirgendwo mehr produziert werden. „Anachronistisch“, nennen Modernisten die aufwendige Handarbeit beispielsweise für ein einfaches Schälmesser. Die großen grauen Augen in Giselheid Herders markantem Gesicht blitzen einen Moment auf. Dann sagt sie betont spöttisch: „Wir sind eben die Traditionalisten.“
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KOPFSALATGiselheid Herder
Eigentlich wollte sie Hotelmanagerin werden, aber die Hotelfachschule in Lausanne lehnte ab. Es folgte eine Banklehre in Düsseldorf. „Es schadet nicht, wenn man mit Geld umgehen kann“, kommentiert sie heute die damalige Entscheidung. Devisenhändlerin, Aufstieg in die „Auslandsreserve der Bank“, den Traum von der großen weiten Welt immer noch vor Augen. Die Heirat eines langjährigen Schulfreundes. Mitte der 70er Jahre beschloss ihr Vater, die Nachfolge im Unternehmen zu regeln. Giselheid Herders Ehemann, Industriekaufmann von Beruf, sollte die Firma führen. Dessen plötzlicher Tod machte das Vorhaben zunichte. Sie sieht sich in der Pflicht, und ihr Vater sieht es genauso, die drei älteren Schwestern haben in ihren Berufen längst Karriere gemacht. Fünf Jahre lang lernt Giselheid Herder an der Seite ihres Vaters, ein Traditionsunternehmen zu führen. „Es war nicht leicht, aber lehrreich.“, mehr sagt sie zu dieser Zeit nicht. Wir sitzen im Ausstellungsraum des Herderschen Verwaltungsgebäudes. Ein grausiger Zweckbau, der im vorigen Jahr - „vor der Krise“ - sagt Giselheid Herder,
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saniert wurde. Man sieht es dem Haus nicht an, dafür kann man jetzt die Fenster öffnen. Sie bleibt noch zwei, drei Gedanken bei dem teuren Baupfusch der 60er Jahre, dann kommt sie wieder zu Ihrem Thema, den Messern. Giselheid Herder zeigt eine große Klinge mit sanft geschwungenem Griff: „Ich mache gerade ein neues Kochmesser.“ Gerade, das meint, dass sie bei Herder schon vier Jahre an diesem Prototyp arbeiten. „Es soll ein Botschaftsträger werden“, erklärt Giselheid Herder. Die Botschaft lautet: In der Manufaktur, die das Zeichen der Windmühle trägt, wird zwar auch Edelstahl verarbeitet, das wichtigste Klingenmaterial allerdings ist der anlaufende und sogar rostende Karbonstahl, weil er schnitthaltiger ist. Alle Messer werden mit dem Solinger Dünnschliff versehen, einer zwar aufwendigen, aber traditionellen Methode, den Messern eine besondere Schärfe zu verleihen. Immer wieder Tradition, traditionelle Produktionstechniken, traditionelle Formen, traditionelles Handwerk. Giselheid Herder schaut auf das Messer in ihrer Hand: „In einer Welt, in der so viel Schund produziert wird, muss es Menschen geben, die gute Dinge bewahren.“
Sie spricht vom Flachschmieden, auch so ein Verfahren, das es irgendwann nicht mehr geben wird. „Die meisten Messer werden im Gesenk geschmiedet“, erläutert sie, „das ist zwar wirtschaftlich, aber gewaltsam. Das Schmieden mit dem Flachhammer ist komplizierter, handwerklicher, verdichtet das Material weniger...“ Sie gibt Anschauungsunterricht mit den Händen. Ohne beide Verfahren jemals gesehen zu haben, ahnen wir nur, was Giselheid Herder meint. Sie lächelt: „Flachschmieden ist eben etwas Besonderes.“ Und das Besondere, das liegt ihr am Herzen. Rund 70 Arbeitsgänge sind nötig, damit aus dem Rohstahl ein fertiges Messer wird – ein einfaches Schäl- oder Gemüsemesser, die urdeutsche Buckelsklinge, das von einer arabischen Säbelform abstammende Mini-Yatagan oder das Hartkäsemesser Parmoulin. „Wir machen handwerkliche Gebrauchsmesser“, fasst Giselheid Herder zusammen. Wer ihr zuhört ahnt, was es heißt, wenn die Rede vom „inneren Kompass“ eines Unternehmers ist. Wenn ein Unternehmer und sein Unternehmen ihren Kern aus den Augen verlieren, die Identität, dann verlieren beide ihren Sinn. Bei Giselheid Herder besteht diese Gefahr nicht.
SZENEN DER MESSERWERDUNG
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KOPFSALATGiselheid Herder
Scharfe Gespräche in Düsseldorf: Giselheid Herder und Küchenchef Jürgen Fehrenbach
„FU N KTION IST SCHÄ R FE .“
Kochmesser-Trio: Petty, Santoku, Nakiri, v.li.
Buckelsklingen: altdeutsche Frühstücksmesser
Parmoulin: Parmesan- u. Hartkäsemesser
Serie 1922: gesenkgeschmiedetes, dünngeschliffenes und blaugepließtetes Kochmesser aus Kohlenstoffstahl mit Kirschholzgriff
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Manufactum Hardenbergstraße 4-5 10623 Berlin-Charlottenburg www.manufactum.de coledampf´s CulturCentrum Wörther Straße 39 10435 Berlin-Prenzlauer Berg www.coledampfs.de KaDeWe Tauentzienstraße 21-24 10789 Berlin-Schöneberg www.kadewe.de Mehlstübchen Leberstraße 28 10829 Berlin-Schöneberg www.mehlstübchen.de Holzapfel Bergmannstraße 25 10961 Berlin-Kreuzberg www.holzapfel-berlin.de Goldhahn & Sampson Dunckerstraße 9 10437 Berlin-Prenzlauer Berg www.goldhahnundsampson.de Holdorf Frankfurter Allee 78 10247 Berlin-Friedrichshain www.messerschleiferei-holdorf.de Giovanni´s Käsekellerei Monbijouplatz 2 10178 Berlin-Mitte www.giovanniscantina.de Dr. Ziegler Naturkaufhaus Schloßstraße 101 12163 Berlin-Steglitz www.naturkaufhaus-berlin.de Lütje-Haushaltswaren Kollwitzmarkt 10435 Berlin-Prenzlauer Berg Stand in der Knaackstraße
GUTE ADRESSEN
WO ES IN BERLIN WINDMÜHLENMESSER GIBT (EINE AUSWAHL)
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Kollwitzmarkt LEBENSART
DER KOLLWITZMARKT „VON 6 BIS 20 UHR RANDALE“ VON MARC STEYER
Kollwitzplatz 1964: eine unbekannte Losverkäuferin
Zwei Fotos, zwei Menschen vom Kollwitzplatz. Das Bild der Frau mit dem Kopftuch, deren Namen wir nicht kennen, hat Horst Sturm aufgenommen, 1964, da war der Platz in Prenzlauer Berg eingerahmt von bröckelnden Häusern, löchrigen Straßen und toten Läden. Das Bild des Mannes mit blauer Windjacke und Basecape entstand 45 Jahre später. Der Kollwitzplatz ist heute ein lebendiges Quartier, sogar ein Touristenmagnet. Philipp Strubes Anteil an dieser Entwicklung ist verdienstmedaillenwürdig. Vor knapp zehn Jahren hatte er die viel belächelte Idee, hier einen Wochenmarkt abzuhalten. Er strich das ironische Attribut, fand Partner und machte sich frisch ans Werk. Im Jahr 2000 hatte der Kollemarkt Premiere. Ziemlich schnell mauserte er sich vom Ort bequemer Nahversorgung zur stimmungsvollen Berliner Attraktion mit Bild und Text in Reisführern der halben Welt. Was haben nun die Frau mit dem Kopftuch und der Mann mit dem Basecape gemeinsam? Das gütige Lächeln und eine Geschichte, die ihre Fotos nicht erzählen. Die Losverkäuferin wurde einst von linientreuen Anwohnern genötigt, ihr Tischchen an einer anderen Ecke aufzustellen. Der Kolle sei kein Rummelplatz. Philipp Strubes Probleme sind ähnlicher Art. „Von 6 bis 20 Uhr Randale“, sagt die Bürgerinitiative „Besser leben im Kiez“ und fordert die Verlegung des Marktes in eine konfliktfreie Zone. Der Betreiber und die Händler wehren sich. Ein Markt bewegt die Stadt und spaltet den Kiez. Oder gibt es nur Moderationsbedarf?
Kollwitzplatz 2009: Philipp Strube, Marktbetreiber
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LEBENSARTKollwitzmarkt
Marina Lehmann, Anwohnerin am Kollwitzplatz:
Zugegeben, ich bin ein glühender Anhänger nicht nur des Kollwitz-, sondern auch aller anderen Wochenmärkte. In Zeiten uniformer Supermärkte, deren stumme Handelstätigkeit sich auf das Auffüllen von Regalen beschränkt, haben diese Orte neben der Tatsache, Lebensmittelquellen zu sein, neue Funktionen bekommen. Märkte bilden durch Anschauung, Nähe befördert Kommunikation, Vielfalt schafft Freude. Die Kraft des Ortes wird beträchtlich sein, sagt Aristoteles – Physik Buch IV. Ich habe eine Betroffenenversammlung besucht, um herauszufinden, was die „Gegner des Samstagsmarktes“, wie sie sich selbst nennen, denn so betroffen macht. Eine Frau erzählt von stundenlanger Parkplatzsuche am Freitagabend, fünf, sechs andere pflichten ihr bei. Ein junger Mann, muskulöse Statur, die Designerbrille lässig ins Blondhaar geschoben, will, wenn er samstags Einkäufe nach Hause trägt, den direkten Weg zur Haustür und nicht um einen Marktstand herumlaufen müssen.
Von unerträglichem Lärm ist die Rede, von Dreck und von vielen Konflikten. Schließlich spricht Marina Lehmann zu den lieben betroffenen Nachbarn: „Wir fordern, den Markt in eine konfliktfreie Zone zu verlagern.“ Sie hätte auch sagen können, schafft das Leben auf dem Kollwitzplatz ab. Leben ist laut. Nein, den Markt „wegzuklagen“ oder seinen Betreiber mit unerfüllbaren Forderungen zu belegen, das ist keine Lösung. Ebensowenig, wie eine große Dokumentation der Händlerverstöße anzulegen, private Polizei zu spielen und die Fronten weiter verhärten zu lassen. Toleranz heißt wohl das Lösungswort des Konfliktes. Das bedeutet Entgegenkommen. Um sich entgegenzukommen, muss man allerdings aufeinander zugehen und womöglich auch miteinander reden. Davon jedoch sind beide Seiten derzeit meilenweit entfernt, und daran hat auch ein Runder Tisch am 22. Juni nicht viel geändert. Immerhin fiel an diesem Tag ein wichtiger
Philipp Strube, Marktbetreiber am Kollwitzplatz:
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„Von 6 bis 20 Uhr Randale“
Satz: „Der Wochenmarkt am Kollwitzplatz muss ein Markenzeichen von Prenzlauer Berg bleiben.“ Gesagt hat ihn Jens-Holger Kirchner, der im Bezirk für öffentliche Ordnung zuständige Stadtrat. Es geht also um einen lebendigen öffentlichen Raum, dessen Balance von Nützlichkeit, Schönheit, Wirtschaftlichkeit und Symbolik wieder hergestellt werden muss - entweder durch politische Entscheidungen oder durch das Prinzip Runder Tisch. Im Oktober will man sich erneut treffen, zu einem weiteren Vermittlungsversuch – am besten ohne die Rechtsanwälte mit den grimmigen Gesichtern. Übrigens: kürzlich war ich in London und erzählte einem Freund vom Streit um den Samstagmarkt am Kollwitzplatz. Bejamin verstand mich nicht, falsch, er verstand das Problem nicht. Er wohnt seit sechs Jahren im Stadtteil Soho, in der Berwick Street. Das ist der Standort des Berwick Street Markets. Marktzeit: Montag bis Samstag von 9 bis 17 Uhr. „I´ll see you on market“.
„Der Markt ist eine Berliner Attraktion.“
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LEBENSARTKollwitzmarkt
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Pro...
...und Contra...
...Kollwitzmarkt.
Nachdenklichkeit...
...und Skepsis...
...am Runden Tisch.
„Schon meine Großeltern haben am Wasserturm gelebt. Meine Mutter hat als Kind in der Knaackstraße gespielt, meine Eltern wurden in der Immanuelkirche getraut, meine Schwester und ich getauft, und einen Großteil unserer Kindheit haben wir hier verbracht. Könnte ich meiner Großmutter erzählen, was in ihrem geliebten Kiez für nachbarschaftliche Dinge passieren, sie würde verständnislos den Kopf schütteln.“ Andrea Balonier, Anwohnerin
„Ich wohne seit 1980 am Kollwitzplatz und sehe den samstäglichen Markt als eine Bereicherung des Lebens im Kietz. Der Markt fördert das Zusammenleben und die Kommunikation zwischen den Anwohnern. Durch den Markt hat man die Möglichkeit, ständig neue Menschen kennenzulernen.“ Klaus Fiedler, Anwohner
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BOUQUET GARNINachrichten und Neuigkeiten
„...in guten wie in schlechten Zeiten...“
Im Grevener Landgasthaus Zum Vosskotten hatte Zurbrüggen einst das Kochhandwerk im Allgemeinen und die Zubereitung von Münsterlandspezialitäten im Besonderen gelernt. „Pfefferpotthast, Aal mit Backpflaumen und Pumpernickelpudding, Mensch, waren das Zeiten.“ Josef Temme, Zurbrüggens Lehrmeister und inzwischen Seniorchef im Vosskotten erinnert sich gern. „Darauf einen Wacholderschnaps, noch einen auf Holger, aus dem in Berlin was geworden ist und natürlich einen dritten auf Ulrike, die schöne Braut.“ Nach solcherart Aperitif ging die Party richtig los einem Menü der S-Klasse, zubereitet von Kollegen, folgten Polonaisen, Pauken und Trompeten, und die Hauptstadtgäste staunten: Mensch, können die Münsterländer feiern! ms.
HOCHZEITSGLOCKEN „Was kommt denn an Promis?“, fragte ein Fotograf der BILD-Zeitung und knipste vorsorglich erstmal jeden, der einer sein könnte. Dann gab er auf und kommentierte die Menschenansammlung vor der Grevener Pfarrkirche St. Martinus bildlich locker mit „Pillepalle“. Irgendwer hatte dem jungen Mann gesteckt, dass Rainer Calmund und Tim Mälzer kommen würden, auf ein paar weitere Fernsehgesichter Marke DSDS, GNTM oder DPPD in deren Schlepptau hatte er gehofft. Statt derer waren aber nur 300 total normale Nobodys in die münsterländische Kleinstadt Greven gereist, um mit Holger Zurbrüggen und Ulrike von Oy zu feiern. Für den Grevener Anzeiger war es dennoch die Hochzeit des Jahres - immerhin waren der Berliner Küchenchef und Balthazar-Inhaber und seine Partnerin für den wichtigsten Moment ihres Lebens in die Heimat zurückgekommen.
Holger Zurbrüggen und Ulrike von Oy stammen aus dem Städtchen an der Ems und wurden in der gleichen Kirche getauft, in der sie sich nun, 43 bzw. 33 Jahre später, das Ja-Wort gaben. Back to the roots - auch für den Rest.
Hochzeitskutsche
Hochzeitsköche
Hochzeitsmarsch
*BOUQUET GARNI * URSPRÜNGLICH SÜDFRANZÖSISCHE KÖCHELBEILAGE; KRÄUTERSTRÄUSSCHEN, ETWA AUS LORBEER, PETERSILIE, ROSMARIN UND THYMIAN ZUM WÜRZEN VON BRÜHEN, SUPPEN UND SAUCEN
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Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI
WASSERBUCH Was die Chefs de Cuisine können, schaffen wir schon lange, dachte sich der Maître d’Hôtel des Palace Berlin. Und weil Jerk Martin Riese ein Mann schneller Entschlüsse ist, holte er sich die versierte Kochbuchautorin (160 Titel!) Rose Marie Donhauser ins Boot, um sich dann mit ihr ins kalte Wasser zu stürzen. Herausgekommen ist nach Arno Steguweits MineralwasserGuide das zweite Buch eines HauptstadtGastronomen über die Welt der Wässer.
Jerk Martin Riese u. Rose Marie Donhauser
Übersichtlich, verständlich geschrieben und gut illustriert, lässt das Werk keine Wasserfrage offen. So erfährt der Leser beispielsweise, dass es sogar in unmittelbarer Berlin-Nähe eine Quelle gibt, deren äußerst reines, mineralstoffarmes Wasser besonders in der gehobenen Gastronomie beliebt ist. Gibt’s das auch im Supermarkt? - oder wenigstens im Wasserfachhandel? Mancher umweltbewusste Kunde würde dann sicher auf seinen vertrauten, aber weit hergeholten Sprudel verzichten.
Wasser marsch: Preussenquelle aus Rheinsberg
Einziger, allerdings subjektiver Wermutstropfen: mein Lieblingswasser wird im Buch von Donhauser/Riese nur mal en passant erwähnt. Wie es heißt und woher es kommt, verrate ich aber nicht. Eckart Witzigmann macht es ja auch nicht - zugegeben, der Werbeeffekt beim Jahrhundertkoch wäre wohl auch tausendmal größer.
Nun interessiert nur noch, in welche Richtung die Autoren-Ambitionen der übrigen Berliner Maîtres gehen - das Thema Wasser jedenfalls scheint ausgeschöpft. ms. Die Welt des Wassers Neuer Umschau Buchverlag 2009 ISBN 978-3-86528-666-6
BEIßBUCH „Berlin beißt sich durch“ heißt ein neuer Hauptstadt-Führer. Das Büchlein verspricht „kulinarische Kuriositäten“ - mehr im Sinne der alten Wortbedeutung „wissenswert“ als im neueren Gebrauch „absonderlich“. „Ob erfahrener Berliner oder Neuling in der Stadt, dieses Buch wird ihr Leitfaden sein für die ganz besonderen gastronomischen Augenblicke und Abenteuer“, sagt der Klappentext. Werbung muss sein, und für Berlin-Neulinge gilt das vollmundige Versprechen sicher uneingeschränkt.
Berlin-Mitte: Gastronomie kompakt Aber für (gastronomisch und kulinarisch) erfahrene Berliner? Sicher, vor allem in Charlottenburg, Kreuzberg, Mitte, Prenzlauer Berg, Schöneberg und Wilmersdorf haben die Autoren Peter Eichhorn und Thomas Götz immerhin 170 gute Adressen recherchiert, darunter auch einige Geheimtipps (z.B. die Kantine in den Nordischen Botschaften, das Bejte Ethiopia, Sweden Shoppa, das Silber & Antik Café oder das Friehofscafé Finovo), aber allzu viel Neues bieten sie dennoch nicht. Und was ist mit Reinickendorf, Spandau, Tempelhof, Weissensee und Zehlendorf? J.w.d. und deshalb Gastro- und Handelsniemandsland? Das ist als Anregung fürs Weitermachen gedacht, ebenso wie diese Tipps: Bünger (Spitzen-Metzger), Café Anneliese (Torten-Mekka), De Maufel (Luxemburg-
Imbiss), Ebbes (Schwaben-Spezialitäten), Feines aus Österreich (Alpenland-Feinkost), Mani di Fata (Pasta-Paradies), Mitte Meer (Spanien-Offerte), Soluna (Traum-Bäcker). Auch ein bisschen mehr Wein könnte sein, und was die Restauranttipps betrifft, da würde ich einfach mal Berliner Küchenchefs fragen, wo sie - außer in ihrem eigenen Restaurant - am liebsten essen gehen. Die Antworten sind spannend, versprochen. jt. Berlin beißt sich durch Grebennikow Verlag 2009 ISBN 978-3-941784-01-7
HÖHENLUFT „Es gibt nichts gutes, außer man tut es.“ Helmut Russ, Veranstalter des jährlichen Weihnachtsmarktes auf dem Gendarmenmarkt, kennt natürlich den Erich-KästnerSpruch. Und noch viel wichtiger: er handelt auch danach. So spendeten Russ und seine Partner 100 000 Euro vom Erlös des 2008er Weihnachts-Spektakels für wohltätige Zwecke. Ein Teil des Geldes kam nun Weddinger Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen zugute. Die 31 Kids der Anna-LindhGrundschule fuhren eine Woche lang
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BOUQUET GARNINachrichten und Neuigkeiten
Kinder und Köche: Höhenluft macht hungrig
ins Tiroler Zillertal und erlebten dort ein spannendes Programm aus Klettern und Kochen. Russ, selbst Vater von drei Kindern: „Gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung für diese sechs- bis zwölfjährigen Berliner Schüler liegen mir besonders am Herzen.“ In der Zillertal Tourismus GmbH, dem Theater am Potsdamer Platz, den Berliner Spitzenköchen Kolja Kleeberg und Franz Raneburger sowie ihrem österreichischen Kollegen Alexander Fankhauser fand Russ engagierte Mitstreiter. Raneburger, selbst gebürtiger Tiroler, kraxelte mit den Kleinen und Ganz-Kleinen auf die 2042 Meter hoch gelegene „Berliner Hütte“, die höchste HauptstadtExklave überhaupt. Kleeberg, Flachländler aus Köln, griff in Normalhöhe lieber zur Gitarre und praktizierte eine andere Art von Teambildung - das gemeinsame Singen. Dem folgte das gemeinsame Kochen. Schwammerlgoulasch, Semmelknödel und Blaubeerschmarrn kamen am Ende auf die Teller. Die Kinder-Köche,
„...die Tiroler sind lustig“
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von denen viele Dosenfutter und Tiefkühlpizza für gutes Essen halten, waren vom Ergebnis der gemeinsamen Speisenzubereitung dermaßen begeistert, dass sogar ein paar Freudentränen flossen. Kleeberg und Raneburger hatten, nachdem die rührungsfeuchten Augen ausgewischt waren, noch einen sachlichen Kommentar: „Es ist uns ein Bedürfnis zu zeigen, wie unkompliziert und trotzdem lecker eine gesunde Mahlzeit sein kann.“ mw.
STABWECHSEL
Anton Stefanov und Tobias Janzen, re.
Alles ist gerichtet, Bolte übergibt, Janzen übernimmt. So schmerzlos kann ein Wechsel am Küchenruder vonstatten gehen. Ab 1. August ist nun Tobias Janzen, 26, die Nummer 1 am Herd im Restaurant Berlin-Sankt Moritz. Patrick Bolte, fünf Jahre lang Küchenchef im Schöneberger Spitzenrestaurant, wird in Bielefeld-Quelle mit seiner Partnerin den
schwiegerelterlichen Betrieb, das Hotel Bücher, übernehmen. Berlin-SanktMoritz-Inhaber (wann wird man sich an den sonderbaren Namen gewöhnen?) Anton Stefanov versichert, dass sich an der Küchenstilistik nichts ändern wird, weshalb auch. Zufriedene Gäste, 15 Gault-Millau-Punkte, gute Noten auch in anderen Guides - das Restaurant gilt als sichere Bank für klassische Kulinarik. Vielleicht ist Stefanov aber auch gut beraten, wenn er dem neuen Mann ein paar Freiheiten lässt. Janzen wird schon nicht über die Stränge schlagen, immerhin hat er bei Behrendt, Bräuer und Nagler nicht nur gelernt, wie man Gas gibt, sondern auch, wann es Zeit ist, zu bremsen. hg. Berlin-Sankt Moritz Regensburger Straße 7 10777 Berlin-Wilmersdorf Tel. 030-23 62 44 70 www.restaurant-sankt-moritz.de
GRÜNDERPREIS Günter Faltin ist Wirtschaftsprofessor, Hochschullehrer an der Freien Universität und erfolgreicher Autor. In seinem Buch „Kopf schlägt Kapital“ tritt er für neue Wege in der deutschen Gründungslandschaft ein. Einen davon ging er selbst. 1985 gründete Faltin in Potsdam ein Unternehmen, das radikal mit den Traditionen des Teehandels brach. Seine Projektwerkstatt GmbH ist mittlerweile das größte Teeversandhaus Deutschlands und der weltgrößte Darjeeling-Importeur. Die Jury des Deutschen Gründerpreises zeichnete Faltin dafür am 1. Juli mit ihrem Sonderpreis aus. ms.
Günter Faltin: Professor und Teehändler
Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI
HOOTERSLAND
Hooters: Brust raus, Knie hoch
Hooters sind im leisesten Fall Hupen, im lautesten Sirenen, in jedem Fall also ist Lärm angesagt, viel Lärm. So war’s auch in Berlin als am 16. Juli das erste Hauptstadt-Hooters-Restaurant eröffnete. Hans-Peter Wodarz, Berliner Erlebnisgastronom und Hooters-Statthalter, hatte zu diesem Anlass hunderte Prominente und solche, die es sein wollen, eingeladen. Die erlebten dann, wie ein typisch amerikanisches Konzept funktioniert. Mädels in Modelmaßen, knappen Höschen und engen Hemdchen servierten Fastfood und Getränke. Dazu posierten, tanzen und performten sie - Motto: „Das Auge isst zuerst“. Ziel erreicht: Chicken Wings und Co. geraten schwupps in den Hintergrund. Also: ein Blick auf die Titten versöhnt mit den Fritten, denn so richtig lecker sind die Fastfood-Kreationen wirklich nicht. Scheint auch nicht nötig, denn das Konzept setzt ja eher aufs Happening denn auf gesunde Ernährung. Amerika lässt grüßen. Hooters hofft auf Gäste, die den Spagat zwischen Fastfood, Sportkanal und Hochglanz-Bunny zu schätzen wissen. Das schönste am neuen Schnellimbiss: er liegt wunderbar im Grünen und bietet mit seinem riesigen Biergarten am Tiergarten viel Platz. Bleibt die Frage, ob sich der Naherholungspark und das neue Burger-Wunderland vertragen. Wenn nicht: Wodarz wird’s schon richten. rc.
GLANZLICHT Die für den gedeckten Tisch zuständigen Branchen lieben offenbar die verbalen Allgemeinplätze. Da ist von variabler Kompetenz die Rede, wenn es um Geschirr geht, von lebendiger Faszination beim Thema Besteck oder von individueller Flexibilität, wenn über Gläser geredet wird. Zum Glück beschreiben Petra und Peter Kraft nicht jeden Suppenteller derart überkandidelt, sie lieben es durchschaubarer. Kein Wunder – heißt ihre Firma doch „Alles klar!“ Motto: Wir verleihen ihrer Feier Glanz. Das ist durchaus doppeldeutig gemeint. „Alles klar!“ verleiht Besteck, Geschirr, Gläser und alles andere, was für einen perfekt gedeckten Tisch sonst noch nötig ist.
Wenn es Kunden wünschen, stattet „Alles klar!“ auch komplette Veranstaltungen aus – mit Blumenschmuck, Stehtischen, Sitzmöbeln und vielen weiteren Accessoires, die dazu beitragen können, eine Veranstaltung zum gelungenen Event zu machen.
Alles klar!: Petra Kraft u. Andreas Schantl
Vor 17 Jahren gründete Petra Kraft das Unternehmen als Franchisenehmerin der Münchner Alles klar! Verwaltungs AG. Die Firma entwickelte sich Schritt für Schritt zum flexiblen und verlässlichen Partner von Gastronomie, Hotellerie und vielen anderen professionellen Veranstaltungsplanern. Gute Gründe also, gemeinsam mit ihnen zu feiern, aktuelle Ausstattungstrends vorzustellen und neue Kontakte zu knüpfen. ms. www.allesklar-verleih.com
Hooters Berlin Straße des 17. Juni 131 10623 Berlin-Tiergarten www.berlin-hooters.de
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RUBRIKENColedampf‘s Küchenkolumne
COLEDAMPF´S KÜCHENKOLUMNE ÖLWECHSEL VON ANDREAS LANGHOLZ
Da hat mir doch irgendwann Erwin Gegenbauer, der auf dem Dach seiner Wiener Essigmanufaktur Balsamessige in Holzfässern ausbaut, erklärt, was uns ahnungslosen Verbrauchern so alles unter der Bezeichnung „Balsamico“ verkauft wird. Na ja, aber von irgendwas muss doch die Aroma-Industrie leben und irgendwo müssen doch auch Zuckercouleur und Karamellsirup reingekippt werden. Und dann durfte ich noch seinen sieben Jahre gereiften Apfel-Balsam-Essig probieren und dachte: Hallo! (Das letzte Wort ist ein Zitat meiner Tochter Johanna und möchte auf der ersten Silbe betont gelesen werden.)
Wien: Essigmanufaktur Erwin Gegenbauer
Da war ich doch zur Olivenernte in der Toskana (Garcon, Dezember 2008), habe gesehen, mit welcher Mühe und Sorgfalt die Früchte gelesen und verarbeitet werden, habe mich mit dem Hinweis, das sei nichts für Flachländler vor der Mitarbeit gedrückt, durfte aber trotzdem probieren: „Hallo!“
Toskana: Olivenernte in Il Casone
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Andreas Langholz, 48, geboren im SchleswigHolstein-Städtchen Eutin, aufgewachsen in Timmendorfer Strand, studierte in Berlin Kommunikationswissenschaften. 1995 eröffnete er Coledampf´s CulturCentrum in Wilmersdorf, fünf Jahre später am Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg. Die „Kochtopfläden“ mauserten sich rasch zu den bestsortierten Haushaltswarengeschäften der Hauptstadt. Und nachdem ich den Oliven-ErnteZuschauer-Kalorien-Verlust durch eine exzellente Bistecca Fiorentina mit frischem Brot und am Vortag gepresstem Olivenöl, noch unfiltriert, wieder ausgeglichen hatte, erklärte mir Andrea Lehmann, die Besitzerin des Olivenhains, dass die 40 Euro, die sie für einen Liter ihres Öls verlangt, die Kosten bei weitem nicht decken. „Und wie geht das dann, dass mir der Supermarkt Olivenöl extra vergine für 7,95 Euro verkauft?“ „Na ja, da taucht gelegentlich ein Tankschiff im Golf von Genua auf, und wenn man gute Produktentwickler hat, muss das Ausgangsprodukt auch nicht unbedingt was mit Oliven zu tun haben...“ Schade, dass James Dean schon tot ist, ich hätte da einen Filmtitel: Denn Sie wissen nicht, was sie kaufen. Würde meine Tochter jetzt sagen: „Hallo!, leben wir nicht in einer Wissensgesellschaft?“, könnte ich locker antworten: „Ja, mein liebes Kind, aber Wikipedia weiß eben auch nicht alles, frag mich!“ (Väter neigen Töchtern gegenüber gern zu Übertreibungen).
Und dann würde ich loslegen: Margit Matzl war in Berlin. Sie kommt aus der Steiermark und arbeitet für die Ölmühle Fandler in Pöllau. Dort wird seit 1926 Öl produziert und zwar im Stempelpressverfahren. Jaja, mein Kind, würde ich sagen, bei diesem Verfahren werden die Ölfrüchte nicht vermahlen, um auch noch den letzten Tropfen herauszuholen, sondern im Ganzen gepresst. Und Fandler verkauft nur naturreine Öle aus erster Kaltpressung. Aber das alles hat mir Margit Matzl erst später erklärt, anfangs durfte ich probieren: Traubenkern-, Haselnuss- und Macadamianussöl, Kürbiskern-, Hanf- und Distelöl.
Steiermark: Heimat der Fandler-Öle
Coledampf‘s KüchenkolumneRUBRIKEN
Da war’s eh schon um mich geschehen. Doch meine Tochter fragt nicht. Dafür schätzt sie mit Walnussöl verfeinerte Milchshakes, Käse mit Mohnöl und Kürbiskernöl zum Kartoffelsalat (der hat seitdem zum ersten Mal eine reelle Chance neben dem Schnitzel). Und das freut mich. Ein alter Genesis-Song fällt mir ein, in dem es heißt: wise men say you are what you eat – eat well! Und sollten wir doch eines Tages mal auf das Thema kommen, habe ich ein noch viel besseres Ding auf Lager, um ihr die Geschichten von zusammengepanschten Lebensmitteln bildlich zu machen, ein Zitat aus Ulrich Roskis Meisterwerk „Der kleine Mann im Ohr“: Darüber gerät der Dicke außer sich vor Zorn, und als Detlef auch noch schreit: „Hau endlich ab du Arsch mit Ohr´n!“, tröst´ ich ihn damit, dass es bisweilen gelingt aus einem Hintern ein Gesicht zu machen, wenn man ihn gut schminkt.
www.fandler.at
www.gegenbauer.at
COLEDAMPF‘S CULTURCENTRUM Uhlandstraße 54/55 10719 Berlin-Wilmersdorf Tel. 030 - 883 91 91 Wörther Straße 39 10435 Berlin-Prenzlauer Berg Tel. 030 - 43 73 52 25 www.coledampfs.de
www.ilcasone1729.com GARÇON
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Emil Belter’s Restaurant in der Neuen Königsstraße, die zu DDR-Zeiten HansBeimler-Straße hieß und 1995 in HansBraun-Straße umbenannt wurde. Ein Foto aus Berlin, über 100 Jahre alt. Damals tranken die Berliner - statistisch gesehen – pro Kopf und Jahr 215 Liter Bier, knapp doppelt soviel wie heute. Zu den Spezialitäten der Berliner SchultheißBrauerei beispielsweise gehörte „Versand“, eine Biersorte, die auch Wirt Belter ausschenkte – wie auf seinen Fensterscheiben zu lesen ist. Worum handelte es sich bei „Versand“?
A um ein Dunkelbier? B um ein Weizenbier? C um ein Rauchbier?
Ihre Antwort bitte an Bildárt Media Verlag GmbH Redaktion GARÇON Alt-Biesdorf 7 12683 Berlin Fax: 030 - 51 73 84 92 E-Mail: info@bildart-verlag.de Die Gewinne, drei Kochbücher deutscher Spitzenköche, werden unter den Teilnehmern verlost, die unsere Frage richtig beantwortet haben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 24. August 2009. Die Gewinne werden von der Redaktion per Post zugesandt.
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Übrigens: Vom 7. bis zum 9. August findet auf der Karl-MarxAllee das 13. Internationale Berliner Bierfestival statt. 260 Brauereien aus 86 Ländern werden zwischen Strausberger Platz und Frankfurter Tor 1800 Biersorten mit dem Ziel präsentieren, den Bierkonsum auch in Deutschland wieder anzukurbeln. Der sank in den vergangenen Jahren auf einen für die Brauereien mickrigen Pro-Kopf-Verbrauch von 117,7 Liter.
INHALT HERAUSGEBER Bild Art Media Verlag GmbH Alt-Biesdorf 7, 12683 Berlin Fon 0 30 / 28 86 79 70 Fax 0 30 / 28 86 79 69 www.bildart-verlag.de www.berliner-garcon.de info@bildart-verlag.de REDAKTION Yvonne Weinlich (V.i.S.d.P.), Jörg Teuscher, Uwe Balluschk, Hans-Jürgen Bergs, Heiko Gralki, Marc Steyer redaktion@bildart-verlag.de AUTOREN DIESER AUSGABE Rebecca Csizmazia, Marc Gawron, Marcus Fuhrmann, Andreas Langholz, Marion Wiese ART DIRECTOR Grazyna Stepniak GRAFIK Karin Baetz FOTOS Heiko Gralki, Bärbel Schmidt, Horst Sturm, Jörg Teuscher, Peter Wiese, Dietmar Burmeister privat, Ulrike Piecha privat, Imex-Lykos GmbH, Archiv Saomai, Wings of Germany AG, Archiv Garcon ANZEIGENMARKETING Heike Link, Heiko Gralki anzeigen@bildart-verlag.de VERTRIEB bpv Berliner Presse Vertrieb GmbH&Co. KG, PVB Presse Vertrieb GmbH & Co. KG Berlin, Five Star Media Verlag & Werbung Ltd. BEZUGSHINWEISE Zu beziehen in Zeitschriftenhandlungen oder im Abonnement über den Verlag. Einzelheftbestellung: Jedes Heft kostet 4,00 € zuzüglich 1,80 € anteilige Versandkosten pro Sendung. Bezahlung nach Erhalt der Rechnung oder im Lastschrifteinzugsverfahren. Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheber- rechtlich geschützt. Jede Verwertung bedarf der Zustimmung des Verlages. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Unterlagen und Fotos wird keine Haftung übernommen. Über die Verwendung der Materialien entscheidet die Redaktion. Eine Rückantwort ist nicht vorgesehen, wenn nicht individuelle Abspra- chen dem entgegen stehen. Aufnahme in Online-Dienste, Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern nur nach schriftlicher Bestätigung des Verlages.
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