Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 40

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AUSGABE NR. 40 | 2016 | 6 €

ESSEN, TRINKEN & LEBENSART

SCHWEIN | SCHWILIKO | CHRISTA LUTUM | THOMAS SYRING | JAPANISCHES TAGEBUCH


Think

BIG Tour 2016

Besonders wenn es klein sein muss.

NEU

Die neuen SelfCookingCenter® – jetzt auch in XS. Die echte Profiklasse im kleinen Format. Termine unter: rational-online.com


MISE EN PLACE

Liebe Freunde, Berlin ist die Hauptstadt der Sterne und die der kulinarischen Nischen. Neben den bekannten Luxusrestaurants reüssieren immer mehr coole Bars, kultige Cafés und exotische Läden, die vom Mut zum Experiment auf dem Teller jenseits des Mainstreams leben. Jüngstes Beispiel: die CODA Dessert Bar in Berlin-Neukölln (www.coda-berlin.de), in der Meisterpatissier René Frank, der zuletzt immerhin sechs Jahre lang im Osnabrücker Drei-Sterne-Restaurant La Vie mit seinen subtilen Aromenkombinationen Furore machte, die Dessertwelt neu definiert. Die Eröffnung des Panama in der Potsdamer Straße (www.oh-panama.com) liegt zwar schon ein paar Tage länger zurück, aber das, was hier gastronomisch abgeht, ist nicht minder meisterlich. Küchenchefin Sophia Rudolph, gebürtige Berlinerin, die ihre Ausbildung in Frankreich absolvierte und später bei Daniel Achilles im Restaurant Reinstoff und als Souschefin bei Marco Müller tätig war, serviert mit ihrem Team echtes Soulfood: geschmacksstark, beschwingt und von Gang zu Gang ungemein anregend. Komplettiert wird das Bild von der ­kleinen Brasserie Le Bon Mori, die – ebenfalls im August – in Berlin-Kreuzberg an den Start ging ­(www.­lebonmori.de). Moritz Borowski, Kochlehre im Alten Zollhaus, Stationen in den Hotels Hubertushöhe und Estrel sowie in der Schweiz, bietet französische Bistroküche von Feinsten und beweist: Erfolg hat, wer sich was traut.

Panama-Küchenchefin Sophia Rudolph.

Das alles sind gute Nachrichten. Weniger gut klingt eine Zahl, die ich dieser Tage las: 1.300. Soviele freie Lehrstellen gab es zum Beginn des Ausbildungsjahres am 1. August in Berlin. Vor allem dem Hotel- und Gaststättengewerbe sowie dem Lebensmittelhandwerk fehlen Bewerber: Restaurantfachleute, Bäcker, Fleischer und Köche. Ausgerechnet Köche. Ich frage mich, wer da was falsch gemacht hat. An den Perspektiven, die der Beruf bietet, kann es wohl kaum liegen.

Ihre Yvonne Weinlich weinlich@bildart-verlag.de

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INHALT MISE EN PLACE

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08

Schwein: Neue Genuss-Gleichung.

Gute Adressen: Wo Berliner Köche einkaufen.

TITEL Gute Adressen

Matthias Gleiß 8

Hendrik Otto

Wo Berliner Köche einkaufen

Acht Spitzenköche und ihre Spitzenlieferanten

LOKALTERMIN

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Schwein 49

und Gärtner Olaf Schnelle

Michael Kempf

Neue Genuss-Gleichung

20

Schwiliko 56

und Wollschwein-Züchter Michael Beuthe

Benjamin Rüdiger

Gastlichkeit auf Georgisch

24

Waldschenke Stendenitz

und der Forellenhof Rottstock

Daniel Achilles

KOPFSALAT

32

Mamma Angela

und Bauer Torsten Rahlf

Kolja Kleeberg und Ölmüller Dr. Frank Besinger

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62

Bunte Hütte

28

und Bio-Bäuerin Margarete Peschken

Alexander Koppe

44

und Gemüse-Bauer Carlo Polland

Eine Auswahl:

Micha Schäfer

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und Wildhändler Guido Richard

66

Der gute Geist der Trattoria A'Muntagnola

36

79

Blaues Wunder: Plädoyer für die Kulturheidelbeere.

Christa Lutum Bei uns ist gut Brot essen

70


90

Japanisches Tagebuch: Bei den Ama-Taucherinnen von Toba.

GESCHMACKSSACHEN Des Kürbis´ Kern

76

Grünes Gold aus Zauchwitz

Blaues Wunder

79

Plädoyer für die Kulturheidelbeere

Gusto Sicilia

82

Entdeckungen auf dem Karl-August-Platz

BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

66

Angela Matarrese: La Mamma.

70

Christa Lutum: Bei uns ist gut Brot essen.

85

Meisterköche 2016 Küchen-Fuchs

KULINARISCHE EXKURSION Tour nach Toba

90

Japanisches Tagebuch

RUBRIKEN Fuhrmanns Früchtekorb

120

Mangostane

Garcon-Quiz 122 Impressum

123

biologisch, nachhaltig & genussvoll Kokosnussprodukte, Meeresalgen und mehr info@kulau.de • www.kulau.de


WOLFRAM SIEBECK

WOLFRAM SIEBECK 19. September 1928 – 7. Juli 2016 Geborener Satiriker. Kulinarischer Aufklärer. Biograf unseres Geschmacks.

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WOLFRAM SIEBECK

KÜCHENRADIO Im Gegensatz zum Rauchen ist Musik in der Küche gestattet. Deshalb gehört zur kompletten Küchenausrüstung ein Radio. Ich nehme an, dass eine Hausfrau, die in der Lage ist, ihren halbautomatischen Backofen mit seinen verschiedenen Knöpfen und Einstellungsmöglichkeiten zu bedienen, auch mit einem Küchenradio fertig wird. Im Zweifelsfall bittet sie ihren Vater oder Schwiegervater um diese Gefälligkeit. Ältere Männer wissen meistens, wie man die Mittelwelle von der Ultrakurzwelle (FM) unterscheidet. Ein Radio in der Küche dient aber nicht nur zur musikalischen Unterhaltung der dort werkelnden Hausfrau. Es sendet auch Nachrichten. Auch diese können für das Gelingen des Sonntagsessens ausschlaggebend sein! Zum Beispiel wenn bekannt gegeben wird, dass im nahe gelegenen Atomkraftwerk ein größerer Störfall eingetreten ist, weshalb die Bevölkerung gebeten wird, das Küchenfenster zu schließen. Damit wird mit Sicherheit das Soufflé gerettet, welches bei Durchzug – also geöffnetem Küchenfenster – sofort zusammenfallen würde. Hingegen keinen Einfluss auf das in der Küche hergestellte Essen haben die Werbespots der Nahrungsmittelfirmen. Was immer dabei versprochen wird – das beste Aroma, die gesündere Puddingsorte, der kinderleicht zu kochende Reis, die vorteilhafte Babynahrung, das kinderverträgliche Hundefutter, Schonbezüge für Treppengeländer, Hochglanzpolitur für Fußmatten, Pizza ohne Zucker, Kaffee ohne Coffein, Blutwurst ohne Blut, Knackwurst ohne Wurst, Tafelbutter mit dem Faktor T, Buchstabennudeln für Analphabeten – kurzum, so wenig dem Wetterbericht zu trauen ist, so wenig sollte man den Werbesendungen glauben, die vor oder nach dem Wetterbericht vom Radio verbreitet werden. Nirgends wird so viel gelogen wie auf Pressekonferenzen und in der Lebensmittelwerbung. Die Kolumne entnahmen wir mit freundlicher Genehmigung von Barbara Siebeck dem Band „Siebecks Küchenknigge“. Erschienen 2010 im Verlag Edition Braus Berlin.

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Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

Gute Adressen WO BERLINER KÖCHE EINK AUFEN VON JÖRG TEUSCHER

Bei Joachim Wissler ist es das Schönmoorer Freilandhuhn aus dem

Der Grund für solcherart Foodscouting liegt auf der Hand. Die Kü-

Norden Schleswig-Holsteins, das den Vergleich mit seinen Cousi-

chenkünstler von Bau bis Wissler sind unerbittliche Produkt- wie

nen aus der Bresse nicht zu scheuen braucht; bei Sven Elverfeld

Qualitätsfanatiker, denen jedes anonyme Lebensmittel zutiefst

sind es die Saiblinge und deren nur mit etwas Karpatensalz kon-

suspekt ist, von wem auch immer es geliefert wird.

servierter Kaviar aus der Zucht von Michael und Wolfgang Sicher

Sie wollen – wie ihre Gäste – wissen, was wahr, echt und ur-

in Tainach im österreichischen Bundesland Kärnten; bei Harald

sprünglich ist. Keine Talmiprodukte, sondern möglichst Natur pur,

Wohlfahrt der delikate Marron-Krebs, der eigentlich australischen

authentisch und geschmacklich erstklassig.

Ursprungs ist, inzwischen aber auch auf der Schwäbischen Alb ge-

Und wie ist das in Berlin? Woher beziehen die hauptstädtischen

züchtet wird und bei Christian Bau der herausragend geschmacks-

Spitzenköche ihre Zutaten? Wir baten die kochenden Damen und

starke grüne Spargel von Roger Blanc aus der Provence – die Bei-

Herren um einige ihrer „besonderen“ Lieferantenadressen.

spiele ließen sich fortsetzten. Sie belegen, dass Deutschlands beste Köche ihre Viktualien

Das Ergebnis der Umfrage: Von 20 Küchenchefs, denen wir unsere Fragen stellten, antworteten 19, lediglich von Christian Lohse hörten

nicht nur von den bekannten Großhändlern beziehen, sondern zu-

wir nichts. Chef Tim Raue schrieb, dass er keine regionalen Liefe-

nehmend auch von kleinen, vertrauenswürdigen Produzenten im

ranten habe, die nennenswert seien, und auch Markus Semmler ließ

In- und Ausland, die sie meist selbst ausfindig gemacht haben und

mitteilen, dass er ohne kleine Lieferanten auskomme. Ansonsten:

natürlich auch persönlich kennen.

viele Namen, viele Adressen, von denen wir einige besuchten.

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

AXEL SZILLEWEIT Bio-Bauer, Teltow/Ruhlsdorf

Ohne seine Hartnäckigkeit und sein gärtnerisches Vermögen wären die kleinen, haarigen, grau-weißen Wurzeln wohl schon längst in der Versenkung verschwunden. Der Gartenbauingenieur bewahrte das Teltower Rübchen davor und sorgte mit dafür, dass es Slow Food 2008 in seine Arche des Geschmacks aufnahm. www.teltower-ruebchen.com

ALFREDO SIRONI Bäcker, Berlin-Kreuzberg

Er kam nach Kreuzberg, sah die Nische und eröffnete Berlins erste MarkthallenBäckerei – Alfredo Sironi, 35, Italiener vom Comer See, Historiker mit Diplom und Bäcker aus Passion. Sein Pane di Milano, das Ciabatta und die Focacce gelten inzwischen als das Maß aller Italo-Backwaren in Berlin. www.facebook.com/sironi.de

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FRITZ LLOYD BLOMEYER Käsehändler, Berlin-Charlottenburg

Blomeyer, geboren 1984 in Berlin, hätte wahrscheinlich auch als Rechtsanwalt eine ziemlich gute Figur gemacht. Doch er schmiss das Jurastudium, lernte Käser und machte sich 2009 mit dem erworbe­ nen Wissen und dem Willen selbstständig, dem faden Industriekäse beste Handwerks­ produkte entgegenzusetzen. Das gelang ihm schnell.

MARKO SEIBOLD Bio-Bauer, Syke

Marko Seibold aus Syke im niedersächsischen Landkreis Diepholz ist nicht nur unter den Berliner Spitzenköchen eine ge­­schätzte Größe. Seibold, 44, Demeter-­ Land­wirt, Fein­gemüsegärtner und Fachmann für alte Gemüsesorten, bietet ein beachtliches Sortiment außergewöhnlicher Pflanzen: Baumspinat, Eiskraut und Haferwurzel sind nur drei Beispiele.

JOACHIM LECHLER Binnenfischer, Caputh

„Wenn alle Fische, die in Berlin als Havelzander verkauft werden, welche wären, müsste die Havel mindestens so lang wie die Donau sein“, sagt Joachim Lechler. Der 67-Jährige muss es wissen, denn er ist Havelfischer mit familiärem Fischerei-Recht seit immerhin 1492. Neben dem Zander aus der Havel liefert er auch Aale, Barsche und Hechte.

ERWIN GEGENBAUER Essigbrauer, Wien

Erwin Gegenbauer, 55, Wiener mit allem Drum und Dran, spricht und schreibt nicht nur über die moderne Gleichschaltung des Geschmacks, er tut auch was dage­ gen. Seit 20 Jahren braut er in seiner Ma­ nufaktur im Bezirk Favoriten Essige, deren Stärke ihre Natürlichkeit ist. Und er plädiert für mehr Mut zum Sauren. www.gegenbauer.at


Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

GEORG RIXMANN Landwirt und Gärtner, Linum

Der 62-jährige Gemüsespezialist stammt aus einer jahrhundertealten niedersächsischen Bauerndynastie. Er kam 1996 nach Linum, gründete mit seiner Partnerin Sabine Schwalm Rixmanns Hof und fokussierte sich auf den Bohnen-, Gurken-, Erdbeer- und Speisekürbisanbau (in diesem Jahr immerhin 115 Sorten!) www.gemuese-und-obst.de

DIRK LUDWIG Fleischermeister, Schlüchtern

Er ist Inhaber eines der innovativsten Handwerksbetriebe der Fleischbranche – Metzgermeister Dirk Ludwig. Der 42-Jährige aus dem nordhessischen Schlüchtern macht mit Spezialitäten Furore, etwa seinem Aqua Aged Beef, dem Asche Aged Beef oder dem Grand Mu Steak, Ludwigs Antwort auf das spanische Txogitxu. www.der-ludwig.de

ALEXANDER LEHMANN Olivenbauer, Massarosa/Italien

Alexander Lehmann, 24, Absolvent der Slow-Food-Universität in Pollenzo/Pie­ mont, ist Geschäftsführer des Agroturis­ mo Il Casone 1729 und Produzent eines der bes­ten Olivenöle der Toskana. „Wie ein Parfum“, lobte beispielsweise DreiSterne-Koch Joachim Wissler das reintönige Extra Vergine. www.ilcasone1729.com

PETER KUNZE Kräutergärtner, Roth

Der 52-jährige Diplom-Biologe, geboren in Bagdad, lebt in der Nähe von Nürnberg und hasst jede Art von Öffentlichkeit. Er liebt die grüne Welt der vergessenen oder versteckten Kräuter und die alten, samenfesten Gemüsesorten. Er zieht Persische Kresse, Blattsenf und Co., kultiviert seltene Tomaten- und Paprikasorten – Peter Kunze, ein echter Geschmacksscout.

PAUL SCHULZE Bio-Bauer, Havelsee

Der 75-jährige Paul Schulze, Diplom-Agrar­ ingenieur, gehörte 1992 in Branden­burg zu den Demeter-Gründungsmitglie­ dern. Seit­­dem baut er auf über zehn Hektar die alte Spargelsorte Eros ohne Folien-Verfrühung an und hält sogenannte Heckrinder, eine Au­er­ochsen-Rückzüchtung. An­ fang des Jahres übertrug er den Hof an seine Tochter Kirstin.

HELMA HAMADER Bio-Bäuerin, St. Bernhard/Österreich

Die 50-Jährige bewirtschaftet im nieder­ österreichischen Waldviertel einen De­me­ terhof und kultiviert auf rund 70 Hektar 30 alte Getreidesorten, darunter Berg­ weizen, Einkorn, Emmer, ­Johannisroggen, Nacktgerste und Nackthafer. Neben dem puren Korn vermarktet sie auch Getreidereis und -flocken. www.meierhof.at

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

JOHANNES PINTERITS Gewürzbauer, Klingenbach/Österreich

Obwohl in Wien geboren, betont Pinterits: „Ich bin Burgenländer!“ Er stu­dierte Wirtschaft, war Devisenhändler und Chef­ redakteur der ORF-Volksgruppenre­dakti­ on in Eisenstadt. Seit 2005 macht Pinterits in Gewürzen. Er baut Pan­nonischen Saf­ ran und Neusiedler Ma­joran an, vermarktet Wild­fenchelpollen und presst nach einem uralten Verfahren feine Würzöle. www.neusiedler-majoran.at

KARIN SCHLEGEL Geflügelzüchterin, Klein Gottschow

Karin Schlegel, 55, stammt aus Osterode/Harz, unterrichtete in Hamburg und Berlin jahrelang geistig Behinderte, zog 1996 nach Klein Gottschow im nördlichsten Winkel Brandenburgs und übernahm den Prignitzer Landhof. Hier züchtet sie das beste Geflügel der Region – Gänse, Enten, Hühner, Puten, Tauben – selbstver­ ständlich in Freilandhaltung. www.prignitzer-landhof.de

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RUDOLF H. BÜHLER Bio-Bauer, Wolpertshausen

Rudolf H. Bühler, 64, gelernter ­L andwirt, dip­lomierter ­Agrarsoziologe und prakti­ zie­render Bio-Bauer ­gründete vor rund 30 Jahren mit einigen Gleichgesinnten die Bäuerliche Erzeu­ger­ge­meinschaft Schwä­ bisch Hall. Damit ret­te­te er eine der ältesten deutschen Haustierrassen, das Schwäbisch-Hällische Schwein, vor dem Aussterben – zur Freude aller Karnivoren. www.besh.de

JENS-PETER SCHAFFRAN Binnenfischer, Waren/Müritz

Der 51-jährige Diplom-Fischerei-Ingenieur führt seit 2004 die Geschäfte der Fische­ rei Müritz-Plau GmbH, im Branchen­­­jar­ gon „Die Müritzfischer“. Das Un­­ter­nehmen nutzt 27.000 Hektar Seen, Flüs­se und Ka­ näle für die Fischerei – Aal, Barsch, Forelle, Hecht, Maräne, Rotauge, Saibling, Wels, Zander – kann den Bedarf aber den­ noch nicht decken. www.mueritzfischer.de

MARTIN STIMMER Haselnuss-Bauer, Moosinning

Nördlich von München liegt Erding. Hier schlägt das Herz des Weißbieres, das weiß man. Die Wenigsten wissen allerdings, dass es im nahen Städtchen Moosinning die besten Haselnüsse des Landes gibt. Martin Stimmer bewirtschaftet seit Jahrzehnten mit seiner Familie die stattliche Plantage – rund 7.000 Sträucher, alte Sorten mit feinem Geschmack. www.haselnuss24.de

FRANK VAN DER HULST Bio-Bauer, Weggun

Frank van der Hulst lebt mit seiner Fami­­ lie seit sieben Jahren in der nordwest­lichen Uckermark. Weggun, 475 Einwohner. Ihr Demeterhof ist eine Bilderbuchwirtschaft: Schafe, Hühner, Ge­müsefelder, Streu­obst­ wiesen und vier Hektar Beeren­obst, die Spezialität des Bio-Bauern: Brom­beeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren, ein wahres Beerenparadies. www.weggun.de


Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

Im Nobelhart & Schmutzig: Küchenchef Micha Schäfer und Souschefin Katrin Engelen.

Das Speiselokal Nobelhart & Schmutzig reagierte auf unsere Um­

dem Guide Michelin zwar zwei Sterne wert war, dem eher konser-

frage mit einer zweiseitigen Lieferantenliste – 30 Adressen von

vativen Eigner der Villa, dem Union International Club, allerdings

Landwirten, Fischern, Gärtnern, Essigbrauern, Ölmüllern und Kräu-

nicht schmeckte. In Salzteig gebackener Kohlrabi, Löwenzahnka-

tersammlern. Absender: Micha Schäfer, Küchenchef des Restau-

pern und Öl vom Bärenklau, einem einheimischen Doldengewächs,

rants. Wir besuchten den 28-Jährigen in seinem Domizil in der

oder Müritzaal im Holunderblüten-Weinsud mit gefrorenem Meer-

Friedrichstraße.

rettich und Erbsencreme – nein danke.

Micha Schäfer, geboren in Interlaken im Mittelschweizer Kanton

Man trennte sich, Schmidt blieb in der Rhein-Main-Region und

Bern und aufgewachsen in Ostwestfalen, studierte Theologie, bevor

heuerte bei einem Unternehmen an, das gehobene Betriebsrestau-

er über einen Job als Spüler zum Kochen fand. Er absolvierte eine

rants betreibt, Schäfer zog es nach Berlin.

Lehre im Gießener Hotel Tandreas, der einzigen nennenswerten kuli-

Als Küchenchef in Billy Wagners Speiselokal Nobelhart & Schmut-

narischen Adressen in der hessischen Universitätsstadt. Was dort

zig steht er für eins der spannendsten kulinarischen Konzepte, die

auf die Teller kam, war ordentlich, aber wenig ambitioniert, kein

es derzeit in der Hauptstadt gibt.

Vergleich mit Schäfers folgender Station, der Villa Merton im Frankfurter Diplomatenviertel Bockenheim. Hier kochte er zwei Jahre lang an der Seite von Matthias Schmidt, der in dem noblen Haus eine kreative Naturküche entwickelte, die

Wagner, Schäfer und ihre Mannschaft servieren unbeirrt eine radikale Regionalküche, aromatisch dicht, geschmacksstark, modern, nachhaltig und fernab jeglicher Orthodoxien global aufgeblasener Edelgastronomie.

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

Und der Rest? Der kommt ebenfalls von kleinen Produzenten, mit denen wir direkt zusammenarbeiten. Wieviele Lieferanten haben Sie denn? Rund 40. Alle aus der Region? Die meisten haben ihre Höfe in der Nähe, also in Berlin und Brandenburg, einige sind in Mecklenburg-Vorpommern ansässig. Nüsse bekommen wir aus Bayern, Essige aus Rheinland-Pfalz, Öle aus Baden-Württemberg. Die Produzenten kennen Sie alle persönlich? Absolut, das ist die Voraussetzung für eine Zusammenarbeit. Einmal im Monat bin ich am Wochenende beispielsweise in Brandenburg unterwegs und besuche Bauern, Gärtner, Fischer. Wir reden, sie erfahren, was ich will; ich, was sie können. In einigen Fällen machen wir inzwischen auch eine gemeinsame Anbauplanung, die natürlich beiden Seiten eine größere Sicherheit gibt. Und ich merke dann auch, wieviel es noch zu entdecken gibt. Produkte, die Sie noch nicht kennen? Ja, auch, vor allem aber, dass zum Beispiel das gleiche Gemüse, wenn es auf unterschiedlichen Böden wächst, verschieden Micha Schäfer, was haben Sie eigentlich gegen Paul Bocuse? Komische Frage, was sollte ausgerechnet ich gegen einen Großmeister haben, der seit 1965 alljährlich mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wird, seit 1989 den Gault-Millau-Titel ‚Koch des Jahrhunderts‘ trägt und für eine bodenständige Küche steht, die ausschließlich auf frische saisonale und regionale Produkte setzt? Das T-Shirt im Fenster des Nobelhart & Schmutzig sagt aber etwas anderes... Vielleicht hätten Sie mal genauer hingucken sollen. Da gibt es nämlich noch einen Zettel, auf dem wir denen, die solche Vermutungen wie Sie anstellen, mitteilen, was Sache ist. Keith Richards trug bei einer Tour der Rolling Stones 1975 ein TShirt mit der Aufschrift ‚Who the fuck is Mick Jagger?‘ Damit wollte er seinem Bandkollegen Respekt zollen. Wir tun es ihm einfach nur gleich. Danke, verstanden. Also eine Verbeugung vor Paul Bocuse. Was dachten Sie denn? Ich dachte zurerst: ziemlich anmaßend – aber Sie haben mir ja jetzt erklärt, wie es sich verhält. Lassen Sie uns mal bei Kleidungsstücken bleiben, Sie werben auf Ihrer Kochjacke für die Markthalle Neun. Weshalb? Für mich ist auch das eine Verbeugung, diesmal vor einem wichtigen Partner. Die Macher der Markthalle Neun in Kreuzberg haben ein Netzwerk von kleinen regionalen Produzenten aufgebaut, von dem wir im Norbelhart & Schmutzig unwahrscheinlich profitieren. Und es gibt dort auch die entsprechende Logistik. Deshalb beziehen wir über die Markthalle Neun einen Teil dessen, was wir hier verarbeiten.

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schmeckt. Wir nennen das Mikroregionalität, da wollen wir noch viel stärker ´reinsteigen. Und daraus entstehen dann neue Gerichte? Ja, das ist dann noch ein ziemlich langer Prozess. Aber der beginnt immer mit einem unverfälschten Produkt. Natürlich müssen wir auch wissen ob es immer in der gleichen Qualität zur Verfügung steht und wie verfügbar es überhaupt ist.


Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

Stichwort Verfügbarkeit, bekommen Sie von Ihren kleinen Produzenten denn immer die Mengen, die Sie brauchen? Ein Beispiel. Unsere Geflügel- und Eierlieferantin Karin Schlegel aus der Prignitz hat uns kürzlich 20 Lachshühner angeboten. Lachshühner? Ja, das ist eine alte Rasse mit hervorragendem Fleisch, deren ursprüngliche Heimat Frankreich ist. Also 20 Hühner, das ist nicht viel. Gemessen an anderen Sachen, die wir manchmal bekommen, geht das eigentlich, aber Sie haben ja nach der Verfügbarkeit gefragt. Und da sage ich, dass wir in der Lage sein müssen, ein Gericht auch mal nur zwei, drei Tage auf der Karte zu haben. Welcher Monat ist eigentlich für Sie, was die Verfügbarkeit von Produkten betrifft, der schwierigste? Der April. Gemüsetechnisch auf jeden Fall. Deshalb sind wir auch das ganze Jahr damit beschäftigt, einzuwecken, zu fermentieren. Bis vor kurzem haben wir beispielsweise Erdbeeren getrocknet. Vielen Dank für das Gespräch und herzlichen Glückwunsch an das gesamte Team zur Auszeichnung ‚Restaurant des Jahres‘ durch die Redaktion des FEINSCHMECKER!

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

MICHA SCHÄFER, 28, KÜCHENCHEF SPEISELOKAL NOBELHART & SCHMUTZIG Junges Gemüse/Quark, nach Michel Bras, Laguiole. 1986, Nobelhart-&-Schmutzig-Küchenchef Micha Schäfer war

tigen wir statt dessen die Küchenchefs, die uns überraschende

noch nicht auf der Welt, da richtete der damalige Gault-Millau-

Geschmacks­erlebnisse aus veredelten Viktualien der heimischen

Chefredakteur einen Appell an die Gäste deutscher Spitzenres-

Flora und Fauna vermitteln.“

taurants: „Übergehen wir die Patrons“, notierte Manfred Kohnke,

Kohnkes Philippika vor 30 Jahren gegen die preistreibenden

„die uns landauf, landab die ewig gleichen, nur ständig teureren

Luxusprodukte lag allerdings der Irrtum zugrunde, dass es regio-

Gänselebern mit Sauternesgelee, Steinbutte an Champagnersau-

nale Waren jenseits von Kaviar und Co. spottbillig gäbe. Nein, wer

ce und schottischen Lämmer an Rosmarinjus vorsetzen. Ermu-

einmal gesehen hat, wie vieler Anstrengungen es bedarf, eine alte

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Diplom-Gartenbauingenieur Olaf Schnelle.

Gemüsesorte zu kultivieren und dabei auf Pestizide und anderen

ber das 10-Gänge-Menü in ihrem Restaurant nicht mehr mit 80,

Chemiekram zu verzichten, der weiß auch, dass Kardy & Co. nicht

sondern mit 95 Euro zu Buche schlägt. Gut so.

für ein paar Cent zu kriegen sind.

Olaf Schnelle, ihren Mann für Ackerveilchen, Magentamelde,

Im Nobelhart & Schmutzig ist das keine Frage. „Wir möchten,

Schildampfer und anderes Grünzeug, wird’s freuen. (Und auch mit

dass unsere Produzenten für ihre Arbeit ordentlich bezahlt werden

dem neuen Menüpreis liegt das Nobelhart & Schmutzig, verglichen

(...) Landwirtschaft muss sich lohnen!“, posteten Billy Wagner und

mit den Preisen in anderen Berliner Sternerestaurants, immer noch

Micha Schäfer Mitte August und erklärten, weshalb ab 16. Septem-

im letzten Drittel.)

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

Olaf Schnelle war mal eine ziemliche Berühmtheit – Unternehmer

Der schier unaufhaltsame Aufstieg der Essbaren Landschaften be-

des Jahres, Mitmacher der Nation, mit wichtigen Preisen überhäuft,

gann, der Koch und der Gärtner schrieben eine Erfolgsgeschichte,

von renommierten Zeitschriften empfohlen.

die ihresgleichen suchte. Sie waren zur rechten Zeit am richtigen

Schnelle, Jahrgang 1966, stammt aus Erfurt, studierte an der Ber-

Ort. Immer mehr Köche verzichteten auf exotische Attitüden und

liner Humboldt Universität Gartenbau, Abschluss Diplom-Ingeni-

entdeckten dermaßen viele regionale Tugenden, dass der Gault Mil-

eur, und zog 1996 aus der lauten Hauptstadt ins stille Vorpommern.

lau schon mal über die „jetzt überall üblichen Wildkräuter“ moserte.

Dorow, ein Dörfchen irgendwo im Nirgendwo, 20 Kilometer bis

Olaf Schnelle und Ralf Hiener ackerten und sammelten und er­

Grimmen, 40 bis Greifswald. Weil er mit seinem Projekt, ­biologische

hielten den CMA-Spezialitätenpreis, den Lebensmittel-In­no­va­

Kläranlagen zu bauen, nicht punkten konnte, gründete er zwei Jah-

tions­preis, einen Existenzgründerpreis, wurden im Rahmen der

re später die Essbaren Landschaften, ein Unternehmen, das sich

Aktion „Land der Ideen“ geehrt und vom FEINSCHMECKER als

wilden Kräutern und alten Gemüsesorten und deren Vermarktung

„Helden des guten Geschmacks“ gefeiert.

widmete.

Als allerdings Witterungsunbilden immer öfter Ernteausfälle

Im Jahr 2000 kam Ralf Hiener dazu, ein gebürtiger Badener, der

nach sich zogen, kamen die Essbaren Landschaften ins Trudeln.

zuvor als Küchenchef im Weißen Hirsch auf dem Darß bewiesen

Der nordrhein-westfälische Unternehmer Thomas Hoof, der mit dem

hatte, dass es ein kulinarisches Leben neben Bressetaube, Stein-

Verkauf des von ihm gegründeten Manufactum-Versandhandels

butt und Stopfleber gibt.

Millionen gemacht hatte, bot ihnen eine neue Chance, und tat-

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Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

Erntehelferin Sybille Langschwager-Spring.

sächlich schien es, dass Schnelle und Hiener unter dem Dach der

müsemalve, Süßdolde, Knollenfenchel, Pa­tisson. Er hat portable

Hoof-Gruppe an frühere Erfolge anknüpfen könnten. Im Mai 2013

­Ge­wächshäuser gebaut, eine Wasserversorgung installiert und vier

erschien immerhin ein 28-seitiger Katalog: Essbare Landschaf-

Mit­arbeiterinnen eingestellt, die ernten und sammeln und Pakete

ten – Die einfachen Genüsse. Das klang gut und hätte ein Scoop

packen: für Joachim Wissler in Bergisch Gladbach, Harald Wohl-

werden können, doch Hoofs Renditeerwartungen lagen wohl in an-

fahrt in Baiersbronn und Christian Jürgens in Rottach-Egern etwa.

deren Dimensionen. Im Juni 2014 trennte man sich wieder.

Neben seinem Grundstück entsteht eine Halle. „Meine Fermen-

Olaf Schnelle postete: „Die Essbare Landschaften GmbH & Co. KG

tationsmanufaktur“, sagt er. Die Spitzenköche in der Hauptstadt

befinden sich nun vollständig im Besitz der Thomas-Hoof-Beteili-

wie Micha Schäfer beliefert Olaf Schnelle übrigens höchstpersön-

gungsgesellschaft. Sie wendet sich anderen Aktivitäten zu“.

lich. „Dann höre ich, was so los ist in der Branche...“

Er kehrte zurück zu seinen Wurzeln, Hiener zog nach Dresden und übernahm dort das Restaurant Raskolnikoff. „Eine zweijährige Lebenskrise ging endlich zu Ende“, resümiert der 50-jährige Schnelle. Heute ist er wieder ein glücklicher Gärtner, der das tut, was er am besten kann und nicht mehr getrieben ist vom Drang, um jeden Preis Kohle zu machen. Auf einem halben Hektar Pachtland kultiviert er Kräuter und Gemüse: Bronzefenchel, Eisbegonie, Ge-

OLAF SCHNELLE GARTENBAU Dorow Nr. 9 18513 Grammendorf OT Dorow Tel. 038334 — 28 30 60 www.schnelles-gruenzeug.de

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

MICHAEL KEMPF, 39, KÜCHENCHEF RESTAURANT FACIL, THE MANDALA HOTEL BERLIN Nacken von Bauer Beuthes Wollschwein, Kopfsalat, Erbsen, Minze. „Seine Küche ist regional, wo es hilft, und saisonal, wo es Spaß

Küchenchef, inzwischen mit zwei Michelin-Sternen und 18 Gault-

macht, bedient sich ansonsten jedoch freimütig im Orient genauso

Millau-Punkten geehrt, ein Großer seiner Zunft und ein sympathi-

wie in Oberbayern, am Mittelmeer wie an der Müritz“, so brachte es

scher Typ, der sich nach mehr als zwanzig Berufsjahren immer

Harriet Köhler von der Süddeutschen Zeitung jüngst auf den Punkt.

noch darüber begeistern kann, „wie schön die Jus geworden ist“.

Für Michael Kempf gibt es keine Schublade.

Überhaupt: Michael Kempf strahlt eine Lust am Kochen und am

Im März 2003 kam der gebürtige Sigmaringer nach Berlin, Sous-

Genuss aus wie nur wenige seiner Generation. Und er schafft es,

chef bei René Conrad im Restaurant Facil, ein paar Monate später

diese Lebensfreude an Lebensmitteln bunt, fröhlich und appetit-

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Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

Wollschwein-Züchter Michael Beuthe.

anregend an die Tische zu bringen. Kein Wunder, dass es die hedo-

rübe, Grünkohl und Amalfi-Zitrone, der Bauch mit Pastinake, Quitte

nistische Karawane immer wieder in die fünfte Etage des Mandala

und Arabica, das Eisbein nebst Fenchel, die Schulter mit Berliner

Hotels am Potsdamer Platz zieht.

Löffelerbsen und Liebstöckel oder der Nacken, begleitet von Kopf-

Eins von Kempfs Lieblingsprodukten ist das Wollschwein. Das

salat, Erbsen und Minze.

kräftige und saftige Fleisch der aus der ungarischen Puszta stam-

Und die Facil-Speisekarte nennt in diesem Fall, wie in anderen

menden Uralt-Rasse steht schon seit ein paar Jahren regelmäßig

Fällen übrigens auch, natürlich den Lieferanten des Fleisches: Bau-

auf der Facil-Karte: der geräucherte Rücken zur Suppe von Steck-

er Beuthe. Michael Beuthe.

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

„Natürlich macht es mich stolz, wenn, wie jüngst geschehen, Freun-

Beuthe, Jahrgang 1940, kam in Dresden zur Welt, studierte in Berlin

de im Facil essen waren und dann anrufen und sagen: ‚Alle Ach-

Garten- und Landschaftsbau, arbeitete einige Jahre als Architekt

tung, ihr beliefert sogar ein Zwei-Sterne-Restaurant.‘ Für Branchen-

in Kanada, kehrte zurück nach West-Berlin und richtete sich in der

riesen wie Otto Gourmet ist das die Normalität, für einen kleinen

eingemauerten Stadt ein. Eigene Firma, eigenes Haus in Frohnau,

Schweinezüchter wie mich aber längst nicht, obwohl wir uns, was

Familie, Freunde, keine Not.

die Qualität unserer Ware betrifft, durchaus mit solchen Leuten messen können.“

In den Wendewirren kam der Unternehmer zum ersten Mal nach Schwante, ein paar Jahre später kaufte er hier 90.000 Quadratme-

Michael Beuthe ist Wollschwein-Züchter in Schwante, ein paar

ter märkisches Land. Er kultivierte und rekultivierte und im Laufe

Kilometer westlich von Oranienburg. Wir machen uns auf den Weg

der Zeit entstand ein beeindruckender Schaugarten: Duftrosen-

in Richtung Norden. Beuthe empfängt uns am Hoftor, ruft seinen

beete, Lavendelflächen, Lotosteiche, Rhododendronanlagen, ein

Hund zur Ordnung und fragt: „Erst die Schweine, dann Kaffee und

Gartenparadies gleich hinter der Berliner Stadtgrenze.

Kuchen oder andersrum?“

Und weil Beuthe immer noch ungenutztes Land hatte, kam der

Wir entscheiden uns für die Schweine, deswegen sind wir

Mann 2006 aufs Schwein. Nicht auf ein x-beliebiges Hausschwein,

schließlich gekommen. Hätten wir gewusst, dass daraus ein an-

sondern auf das robuste und wetterharte Wollschwein, dessen

derthalbstündiger Rundgang mit agrarwissenschaftlichem Vortrag

Haut von einem dichten, ringellockigen Haarkleid gegen Kälte und

werden würde, wir hätten uns wahrscheinlich zuerst gestärkt.

Sonnenbrand geschützt ist – das so genannte Mangalitza.

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Psychostress liegt dieser Rasse fern, die Tiere wachsen langsa-

für den 76-jährigen Wollschwein-Züchter ohnehin kein Thema. 80

mer, werden größer, ihr Fleisch ist dunkler und, ja, auch fetter. Die

der geselligen und sozialen Tiere leben derzeit auf seinem Hof in

feine Marmorierung in den Muskeln und eine ordentliche Schicht

Schwante und fühlen sich auch ohne Stall sauwohl.

Rückenspeck sorgen aber dann auch für den grandios kräftigen

In großzügigen Freigehegen durchpflügen sie die Erde nach

Geschmack des Fleisches – kein Vergleich zu dem blassen, wäss-

Wurzeln, Würmern und Pflanzenresten oder stampfen einfach nur

rigen, faden Fleisch der modernen Hochleistungsrassen, die im

im Matsch herum.

Mainstream des Magerwahns gezüchtet wurden. Beuthe kennt einen Vergleich: „Während ein 1950 geschlachtetes Schwein im Durchschnitt noch 15 Kilogramm Fett lieferte, wa-

Das sind wirklich richtig gute Schweinezeiten in Michael Beuthes Schweine­paradies – bis der Metzger kommt. Dann freuen sich Kempf & Co. und deren Gäste.

ren es 1990 nur noch gut 4,5 Kilogramm.“ Ein Opfer dieser Entwicklung war das Mangalitza. Noch heute gehört es – trotz des bescheidenen Revivals einiger alter Rassen – noch immer zur Gruppe der gefährdeten Haustiere, weil es sich auch der industriellen Mast beharrlich widersetzt. „Die intensive Haltung wirkt sich bei Wollschweinen negativ auf die Fruchtbarkeit aus“, erklärt Michael Beuthe. Doch das ist

SCHAUGARTEN SCHWANTE Gartenweg 56 16727 Oberkrämer OT Schwante Tel. 0177 — 274 29 34 www.schaugarten-schwante.de

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BENJAMIN RÜDIGER, 35, KÜCHENCHEF RESTAURANT LANSK Gebratener Stör, Erbsencreme, rote Zwiebeln, Speckschaum. Benjamin Rüdiger, der junge Inhaber und Küchenchef des im Au-

falls an regionalen Produkten ausgerichtete, aber vielschichtigere

gust 2014 eröffneten Restaurants Lansk in der Wilmersdorfer Mei­

Küche auf die Teller. Rüdigers Portfolio: kein spartanisches, von

er­ottostraße, gibt Gas.

un­gewürztem Brot zur Geschmacksneutralisierung begleitetes Ver-

Noch immer in der Berliner Spitzengastronomie eher die Aus-

kostungsritual, sondern eher was in der Kategorie wahrer Genuss.

nahme denn die Regel, serviert er bereits mittags Kalbstafelspitz

Matjes aus Glückstadt zum Beispiel gibt es als Tatar mit Pum-

mit Fenchelgemüse, Lachsforelle mit Bärlauchgraupen oder Wie-

pernickelcreme, Gurkengelee, Apfel-Gurken-Vinaigrette und Schmor­

ner Schnitzel mit Bratkartoffeln. Abends dann kommt eine eben-

gurkeneis; Büffelmozzarella aus Kremmen mit Senferdbeeren und

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Küchenchef Benjamin Rüdiger mit Susanne und Matthias Engels vom Forellenhof Rottstock, v.li.

Estragon; Störfilet aus Rottstock mit Erbsencreme, roten Zwiebeln

ren Fundament stehen als manche Shootingstars, die auf ihren Tel-

und Speckschaum.

lern lediglich billige Imitate der nordischen Trendküche hinterlassen.

„Das ist noch keine Kochkunst, aber es schmeckt“, sagt der

Und natürlich pflegt auch Rüdiger seine Lieferanten – die Jä-

Gault Millau. Besser als Kochkunst, die nicht schmeckt, sagen wir.

ger auf der ostfriesischen Insel Spiekeroog zum Beispiel, die ihm

Benjamin Rüdiger ist einer der jüngeren Küchenchefs, die mit

Wildfasane und Wildhasen schicken oder die Fischzüchter vom Fo­

Franz Raneburger, Horst Petermann, Johannes King und Harald

rellenhof Rottstock im Hohen Fläming, von denen er Forelle, Saib-

Wohlfahrt klassische Lehrmeister hatten und damit auf einem feste-

ling, Stör & Co. bezieht.

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787 Brandenburger Betriebe, so teilte es kürzlich das Landwirt-

helmshaven, 51 und Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik, und die

schaftsministerium in Potsdam mit, erzeugen oder verarbeiten Bio-

Frau aus Bamberg, 47 und diplomiert in Politikwissenschaften,

Produkte. Der Forellenhof Rottstock gehört nicht dazu, weil seinen

hatten beim Privatfernsehen Karriere gemacht, er als Techniker,

Betreibern die Bio-Zertifizierung zu teuer ist.

sie als Reporterin, Redakteurin und Produzentin.

Wer allerdings genau hinschaut und bei Susanne und Matthias

„Billig, billiger, am billigsten, das war am Ende nicht mehr un-

Engels vielleicht auch mal nachfragt, weiß schnell: Mehr Bio als

ser Fernsehen“, erzählt Susanne Engels. Sie planten den Ausstieg,

hier geht in einer Fischzucht nicht.

suchten eine neue Herausforderung – Beratung, Werbung, das

Rottstock im Landkreis Potsdam-Mittelmark, ein Dorf mit Kirche, Kneipe, Spritzenhaus und viel, viel Gegend. Im Frühjahr 2013 übernahmen Matthias Engels und Susanne

wäre nahe liegend gewesen – und entschieden sich schließlich für das Fernste. Fischwirtschaft, hallo, die Freunde fassten sich an den Kopf.

Finsterer – inzwischen haben die beiden geheiratet und sie heißt

Inzwischen ist die Welt dreieinhalb Jahre älter und die beiden

auch Engels – hier eine traditionelle Teichwirtschaft, 24 Teiche,

Ex-TV-Menschen sprechen über Fütterung, Hälterung, Teichpflege

insgesamt rund sechs Hektar, durchflossen vom Wasser der Ge-

und Abfischung als hätten sie ihr ganzes Leben nichts anderes ge-

sundbrunnenquelle.

macht als Fische zu züchten. „Crashkurs beim Vorgänger, einem

Seit 1910, dem Gründungsjahr der Anlage, wird sie damit zum ersten Mal von Seiteneinsteigern bewirtschaft. Der Mann aus Wil-

Früher Fernsehen, heute Fisch: Susanne und Matthias Engels.

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ausgebildeten Fischwirt, Bücher und learning by doing“, beschreibt Matthias Engels die Methode der Kenntnisaneignung.


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Gut anderthalb Jahre braucht es in Rottstock, bis Forellen, Lachsfo-

che andere sind Forelle, Saibling, Stör und Co. inzwischen gesetz-

rellen und Saiblinge schlachtreif sind. Andersorts geht das schnel-

te Größen in ihren Küchen.

ler. Auch die so genannte Besatzdichte ist dort größer, mehr Fische also pro Teich.

Spitzenreiter ist der Stör, dessen festes Fleisch einen charakteristischen Geschmack besitzt und auf der Zunge zergeht. Im Rott-

„Was wir hier machen, hat mit Intensivzucht nicht die Bohne zu

stocker Hofladen bietet Susanne Engels Stör als Räucherfisch an,

tun“, erklären die beiden Neu-Rottstocker unisono. Nachhaltige

bald auch Rottstocker Kaviar mit mildem, nicht zu salzigem Aroma

Teichwirtschaft anstelle intensiver Fischmästerei, „die letztlich“,

und eine feine Störcreme – Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem

so Susanne Engels“, auch nur eine Form der grausamen Massen-

Lansk-Küchenchef Benjamin Rüdiger, der das Rezept für den ge-

tierhaltung darstellt.“

schmacksstarken Brotaufstrich entwickelte.

Wenn Fische viel Platz und reichlich Zeit zum Wachsen haben, wenn Antibiotika und andere diverse Medikamente tabu sind, dann schmeckt man das schließlich auch – eine Erkenntnis, die inzwischen viele Berliner und Brandenburger Küchenchefs gemacht haben und deshalb den Engels-Offerten den Vorzug geben gegenüber anderen Angeboten. Für Daniel Deglow, Florian Glauert, Robert Kettner, Dennis Liermann, Hendrik Otto, Benjamin Rüdiger und etli-

FORELLENHOF ROTTSTOCK Dorfstraße 26a 14793 Gräben/Rottstock Tel. 033847 — 402 41 www.forellenhof-rottstock.de

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DANIEL ACHILLES, 40, INHABER UND KÜCHENCHEF RESTAURANT REINSTOFF Geschmortes Rippchen mit Gemüsebündel der Saison. Schlagzeilen? Überschaubar. Fernsehauftritte? Irgendwann war da

Gäste, die das noch nicht wussten, merkten es spätestens im Au-

mal was. Kochbücher? Fehlanzeige. Nein, Daniel Achilles gehört

gust dieses Jahres, als Achilles auf dem Hof und in den Räumen

weder zu den Großmeistern medialer Selbstdarstellung noch spielt

der ehemaligen AEG-Betriebsfeuerwehr High Class Street Food

er Genie in der Erwartung, als solches angesehen zu werden.

zelebrierte – zwei Wochen lang Asien, weitere zwei Wochen Süd-

Der 40-Jährige ist einer der stillsten Köche in der Stadt und zugleich einer der besten. Sein Restaurant Reinstoff – derzeit zwei Michelinsterne und 18 Gault-Millau-Punkte – ein Glücksfall für Berlin.

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amerika. Unbeirrt geht der Mann aus dem sächsischen Engelsdorf in der Nähe von Leipzig seinen Weg, auf dem er beste Produkte mit


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Bio-Bäuerin Margarete Peschken.

einem immer ausgeprägteren Gespür kombiniert. Auf die radikale

Fisch, Fleisch und Gemüse aber stammen zumeist aus dem Netz

Regionalität der nordischen Gegenwartsküche und ihrer Anhänger

kleiner heimischer Produzenten, das der Reinstoff-Küchenchef

auch in Deutschland will sich Achilles dabei nicht beschränken.

zwischen Bodensee, Oberlausitz und Mecklenburg geflochten hat.

Es gibt Ananas, Kombu, Lavendel, Shiitake, Bottarga und Kai-

In unserer Umfrage nannte Daniel Achilles beispielsweise den Ge-

sergranat. Einen Wildschwein-Burger serviert er mit Mais aus

flügelzüchter Frank Zelyk vom Berghäuserhof in Bernstadt, den

Deutschland und Peru; Hamachi, die japanische Gelbschwanzma-

Biologen und Kräuterkundigen Peter Kunze aus dem fränkischen

krele, mit Sojasaucen-Eis.

Roth sowie Margarete Peschken, Bio-Bäuerin aus Stierow.

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Wir fuhren von Berlin in Richtung Ostsee und sahen eine Menge

rübengutes. Nach dem Kriegsende kamen hier Flüchtlinge unter,

Landschaft. Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel, wir

später war es LPG-Büro und dörflicher Versammlungsraum.

strahlten mit und ahnten nicht, dass diese himmlische Bläue der

Hier leben Margarete Peschken und ihr Partner Jörg Schlinke,

Vorbote eines fürchterlichen Unglücks war. Das Navi gab seinen

Margaretes Mutter und Grischa, ein 27-jähriger Gartenbaulehrling,

Geist auf.

der nach Germanistik-und Linguistikstudium eine Selbstfindungs-

Nun gehören wir zwar nicht zu den Digital Natives, die nicht mehr

phase durchmacht.

wissen, wozu eine Landkarte gut ist und wie man sie liest, aber was

Peschken und Schlinke sind Künstler, Lebenskünstler sicher

hilft das schon, wenn man keine dabei hat. Irgendwann fanden wir

auch, aber das ist nicht gemeint. Nein, Margarete Peschken hat an

dann auch ohne elektronische Hilfe noch zum Ziel.

der Berliner Hochschule der Künste Malerei studiert, Jörg Schlinke

Willkommen in Stierow, dem entlegensten Nest Mecklenburgs.

an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee Bildhauerei. Beide

Das nächste Städtchen heißt Gnoien, rund zehn Kilometer Land-

waren mit anderen Partnern einst ins Mecklenburgische gezogen,

straße, die Küste ist noch 50 Kilometer weiter. Stierow also, Land-

hatten sich vor zehn Jahren kennengelernt und beschlossen, in

kreis Rostock.

Stierow gemeinsame Sache zu machen.

Am Ende des Dorfes liegt ein stattliches Anwesen, ein bisschen

2005 gründete Margarete Peschken ihren Landwirtschaftsbe-

vom Jugendstil angehaucht, aber keine architektonische Schön-

trieb „Gutes aus Gretes Garten“. Längst ist die 52-jährige Seiten­

heit: die 100 Jahre alten Zweckbauten eines ehemaligen Zucker-

einsteigerin im agrarischen Business angekommen – das Wort

Margarete Peschken und ihr Partner Jörg Schlinke.

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Gartenbaulehrling Grischa.


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wird sie nicht mögen – und hat sich einen guten Ruf bei Kunden

Weil das so ist, produziert sie für den Dreschflegel-Verein, einer

und Kollegen erarbeitet.

Gemeinschaft von Biohöfen in verschiedenen Regionen Deutsch-

Der Grund liegt auf der Hand: Sie gehört zur bundesweit wach-

lands, auch Saatgut von ihren alten, samenfesten Sorten und trägt

senden Gruppe von Bauern und Gärtnern, die abseits der Produkti-

damit dazu bei, die Biodiversität, die Vielfalt auf den Feldern, zu

on genormter Massenware alte Gemüsesorten kultiviert, die eine

erhalten. „Und die Vielfalt des Geschmacks“, ergänzt sie. Main-

besondere Qualität auf die Teller bringen: Geschmack.

stream, das ist nicht Magarete Peschkens Ding.

Da wachsen Bohnen, Erbsen, Paprika, Salate, Tomaten, rote, gel-

Berliner Spitzenköche danken ihr das ebenso wie die hobbyko-

be, grüne, braune, schwarze, sogar gestreifte. Da ist zum Beispiel

chenden Kunden auf dem donnerstäglichen Öko-Markt am Koll-

Black Cherry, die die Würze der schwarzen Sorten mit der Süße von

witzplatz, denen Genuss wichtiger ist als optische Makellosigkeit.

Kirschtomaten vereint. Oder Yellow Submarine, eine gelbe, feste Sorte mit wenig Säure. In einem anderen Gewächshaus stehen Paprikapflanzen: Balli­ to, Barka, Californian Wonder, Swat Dreams, Turuncu Spiral. Sorten, die auch in unseren Breiten ohne Chemie und künstliche Wärme gedeihen. „Und die schmecken alle nach was“, so Margarete Peschken im Brustton der Überzeugung.

GUTES AUS GRETES GARTEN Stierow Nr. 15 17168 Schwasdorf OT Stierow Tel. 039977 — 396 81 www.grete-peschken.de

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EDELTRAUD KOPPE, 65, BRUNCH-GASTGEBERIN RESTAURANT SKYKITCHEN, ANDEL´S HOTEL BERLIN Schlachteplatte vom Berliner Landhof Rahlf. Futtern wie bei Muttern im Sternerestaurant – Mettigel, Nudelsa-

ter Edeltraud brauchte auch kein langes Bitten. Seit Ende Januar

lat, Königsberger Klopse, Kalter Hund – ja geht denn sowas? Es

2016 lädt die 65-jährige frühere Diplom-Wirtschaftlerin mit Hang

geht. Und wie!

zur Hausmannskost nun jeden Sonntag von 11.00 bis 15.00 Uhr

Die Idee hatte Sternekoch Alexander Koppe, ohnehin ein ziemlich bodenständiger Typ, völlig frei von den branchenüblichen Allü-

zum Brunch ins Restaurant Skykitchen. Motto: Koppes Mutti macht Mittag.

ren. Die Leitung des Designhotels andel´s by Vienna House Berlin

Es gibt Deftiges von Bulette bis Zander, Käse aus dem Allgäu,

an der Landsberger Allee war Feuer und Flamme, und Koppes Mut-

Schlachteplatte aus Brandenburg, Räucherfisch aus Mecklenburg-

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Skykitchen-Küchenchef Alexander Koppe, li. und Bauer Torsten Rahlf.

Vorpommern, Quarkbällchen mit Vanillesauce und Berliner Luft

eloquent und kompetent, dass wir sie zur Berliner Gastgeberin des

mit Himbeeren. 39 Euro sind pro Person dafür fällig, ein Glas Pro-

Jahres ehrenhalber wählen. Chapeau, Edeltraud Koppe!

secco, Kaffee, Tee und Fassbrause sind inklusive, den grandiosen Blick über die Stadt gibt es gratis. Und Edeltraud Koppe, geboren im Ostseebad Boltenhagen in der Nähe von Wismar, serviert und zelebriert die Küchenklassiker ohne jegliches norddeutsches Phlegma, sondern dermaßen charmant,

Den Einkauf fürs sonntägliche Brunch-Buffet managt übrigens ihr Sohn höchstpersönlich und mit gleicher Akribie wie für seine abendliche Sterneküche im Skykitchen. Devise: Für die Gäste nur das Beste. Da steht zum Beispiel Koppes Schinken-, Wurst- und Schmalzfavorit Torsten Rahlf.

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In alten Filmen sieht man zuweilen dieses Bild: ein barocker Schreib-

gen, Winterdienst. 60 Mitarbeiter, ein respektabler Fuhrpark, eine

tisch, ein ebensolcher Stuhl, ein reich verzierter Bücherschrank, ein

Unternehmung, die die Familie ernährt. Weshalb dann noch der

Gemälde mit Sehnsuchtslandschaft. Mittendrin ein Mann – Joppe,

Einstieg ins Agrarische?

Breeches, Schaftstiefel. Seine Majestät, der Großbauer.

„Wir wollten uns anders ernähren“, erklärt der 54-Jährige, „mit

Im Büro von Torsten Rahlf stimmen fast alle dieser Klischees,

diesem Entschluss fing alles an.“ Wurst von eigenen Schweinen, Eier

der Schreibtisch, der Stuhl, der Bücherschrank, das Gemälde zeigt

von eigenen Hühnern, Gemüse vom eigenen Acker. Das war 2009.

das Rhonetal bei Sion, selbst der Mann passt irgendwie ins Bild.

Rahlf, ein Mann schneller Entscheidungen, fackelte nicht lange,

Kräftig, untersetzt, breiter Scheitel, selbstbewusster Blick. Ich bin

traf sich auf der Brandenburger Landwirtschaftsausstellung mit

Bauer, wer ist mehr?

einem Züchter, kaufte drei Schweine und freute sich auf die erste

In Wirklichkeit ist Torsten Rahlf Brunnen-Bauer. Den Beruf hat

Hausschlachtung. „Irgendwie kam dann eins zum anderen“, grinst er.

er gelernt und jahrelang auch ausgeübt. Nach dem Ende der DDR

Das Ergebnis ist eine Landwirtschaft, die sich sehen lassen

gründete er im heimatlichen Mehrow, einem 500-Einwohner-Ort

kann. „Rasse statt Masse“, sagt Rahlf und zeigt stolz seine Deut-

gleich hinter der nordöstlichen Berliner Stadtgrenze, einen kommu-

schen Sattelschweine, eine alte Rasse, gesund, robust und wetter-

nalen Dienstleistungsbetrieb, den heute seine Söhne Steven und

resistent, die irgendwann aus der Mode kam – der Fettanteil war zu

Toni führen und in dem auch seine Frau Karin und Schwiegertochter

hoch, die Kunden wollten mageres Fleisch, das Todesurteil für das

Tina tätig sind. Garten- und Landschaftsbau, Pflege von Grünanla-

Sattelschwein schien nur noch eine Frage der Zeit.

Fleischerin Anja Steffen.

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Landwirt Torsten Rahlf.

„Hätte es damals“, so Rahlf, „nicht engagierte Züchter in der Ge-

dass die Wurst die richtige Würze bekommt. Der tägliche Andrang

sellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen ge-

im Hofladen beweist, dass die 39-Jährige ein gutes Händchen fürs

geben, es wäre auch vollstreckt worden.“

Hausgemachte hat.

Braucht die Welt eigentlich das Deutsche Sattelschwein? Rahlf

Übrigens: Neben den Schweinen hält Torsten Rahlf auch 50 Jer­

überlegt: „Eigentlich nicht.“ Dann fügt er hin­zu: „Aber was wäre die

sey-Rinder, 400 Hühner, außerdem Gänse und Enten. Auf fast 40 Hek­

Welt, wenn es nur noch wenige Hochleistungsrassen gäbe wie das

tar Ackerland wächst Futter für die Tiere, und inzwischen hat der

Pietrain mit angezüchtetem Kotelettstrang, bei dem die Hälfte

Landwirt aus Leidenschaft auch seine Liebe zur Kartoffel entdeckt

aus Fleisch besteht, dessen Gewicht der Körper nicht mehr tragen

und baut zum Beispiel die extrem frühe Sorte Solist an, auch so ein

kann, weil der Knochenbau dafür nicht ausgelegt ist?“

Hofladen-Renner.

Seine rund 200 Schweine werden artgerecht gehalten, haben genügend Platz und stehen auf Stroh statt auf Spaltböden. Kastenstände, in denen Muttersauen als Gebärmaschinen vegetieren, lehnt Torsten Rahlf kategorisch ab. „Das Schwein soll Schwein sein und keine arme Sau.“ Trotzdem wird natürlich geschlachtet, immer montags. In der hofeigenen Wurstküche ist Anja Steffen, Brandenburgerin aus dem Oderbruch und gelernte Metzgerin mit dafür zuständig,

LANDHOF RAHLF Mehrower Dorfstraße 1 16356 Ahrensfelde OT Mehrow Tel. 033394 — 577 75 www.landhof-rahlf.de

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KOLJA KLEEBERG, 52, KÜCHENCHEF UND INHABER RESTAURANT VAU Saibling, Kopfsalat, Haselnussöl, Beurre noisette. Zuzutrauen wär´s ihm, aber das folgende Gedicht stammt nicht aus

Fontane also, 1892: „Oft hör´ ich: Unsre gute Stadt / Augenschein-

Kolja Kleebergs Feder, sondern ist von Theodor Fontane. Der Kü-

lich eine Verheißung hat. / Der Himmel, der uns so hegt und pflegt /

chenchef hat es uns als Antwort auf unsere Umfrage geschickt –

Hat uns alles wie vor die Tür gelegt... / Im Grunewald Schwarz-

neben einer Reihe guter Adressen seiner kleinen, regionalen

wild, Hirsch und Reh / Spargel en masse bei Halensee. / Dill und

Lieferanten – möglicherweise auch als Hinweis darauf, welches

Morcheln und Teltower Rüben / Oderkrebse hüben und drüben... /

kulinarische Potential die Region mal hatte und eigentlich auch

Königshorster Butter, in Sperenberg Salz / im Warthebruch Gerste,

wieder haben könnte.

Graupen und Malz...“

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Ölmüller Dr. Frank Besinger.

Morcheln aus Brandenburger Wäldern und Flusskrebse aus der

che bezeichnen ihn jetzt schon als Altmeister – erst den ultimati-

Oder, na ja, das war einmal. Aber sonst?

ven Kick geben.

Kleeberg, der seit ein paar Wochen einen eigenen YouTube-­Kanal

Wärmstens lobt er Carlo Polland (s. S. 46), der dem VAU-Gast-

betreibt und nicht nur in Lyrik, sondern auch in Landwirtschaft eini-

geber diverse Kräuterraritäten liefert, Margarete Peschken (s. S.

germaßen beschlagen ist, nennt ohne langes Nachdenken gleich

30/31), die im vorigen Jahr eigens für ihn eine alte Sonnenblumen-

ein halbes Dutzend kleiner Produzenten, die vielen Gerichten des

sorte angepflanzt hat, deren Blütenboden der Meister verarbeitete

Längstgedienten unter den 19 Sterneköchen der Hauptstadt – man-

und – last but not least – den Ölmüller Frank Besinger.

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Geschäft in der Kreuzberger Bergmannstraße.

Die Ess-Avantgarde jubelt: Hanfsamen, Hanföl und Brot, gebacken

Besinger 49, stammt aus Dresden, seine Eltern flüchteten mit ihm

aus dem Trester, der als Pressrückstand bleibt. Haselnussöl zum

aus der DDR nach Hamburg. Er studierte in London Maschinenbau,

Kopfsalat, Fenchelöl zum Käsegang. Kresseöl zum schwarzen

promovierte zum Dr.-Ing. und machte beim Beratungsgiganten

Schwein, vom Service effektvoll am Tisch angegossen. „Köstlich“,

McKinsey Karriere. Über die Gründe seines Ausstiegs hört man

so selbst der des Überschwangs eher unverdächtige Gault Millau.

von Besinger nur Andeutungen. „Mehr Lebensqualität“, sagt er.

Kleebergs köstliche Öle kommen aus der Ölmühle an der Havel

Und: „Es ist etwas viel Kraftvolleres, ein gutes Öl zu pressen als

in Kladow. Dr. Frank Besinger und seine Partnerin Sabine Stempf-

beispielsweise die Kompetenzfelder eines Unternehmens mit den

huber begannen dort vor vier Jahren, Ölsaaten zu pressen.

Interessenfeldern seiner Kunden abzugleichen.“

Die Branche lächelte damals milde über die Seiteneinsteiger, die

Gemeinsam mit Partnerin Sabine Stempfhuber, gebürtige Aschaf­

angetreten waren, einen ziemlich satten Markt aufzumischen. Heu-

fenburgerin und gelernte Restaurantfachfrau, baut er im Keller des

te nickt sie nur noch anerkennend.

Kladower Einfamilienhauses eine Ölmühle auf und richtet eine Ma-

Der winzige Markthallenstand in der Markthalle Neun in der

nufaktur ein.

Kreuzberger Eisenbahnstraße gehörte zum Gründer-Lehrgeld, in-

Der Suche nach geeigneten Lieferanten von regionalen Ölsaa-

zwischen betreiben Besinger und Stempfhuber zwei stylische Lä-

ten – „samenfeste Sorten, biologisch angebaut“ – folgen Dutzen-

den in bester Lage – einen in der Kreuzberger Bergmannstraße, den

de Tests und Verkostungen. Dass letztendlich Geschmack und

anderen im Potsdamer Holländerviertel.

Qualität entscheiden, beweist die Tatsache, dass neben Deutsch-

Dr. Frank Besinger und Partnerin Sabine Stempfhuber.

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lands Delikatessen-Guru Ralf Bos auch die Hamburger Mutterland-

sige Geschmack machen das Drachenkopföl in jeder Küche zu etwas

Feinkosthändler und der Waltroper Manufactum-Versand Öle aus

Besonderem“, so Besinger. Was der bescheidene Mann mit dem

Kladow schnell in ihr Sortiment aufnehmen.

breiten Scheitel nicht sagt: Er ist der einzige Ölmüller im Land, der

Ausgewählte Bio-Geschäfte und Berliner Food Assemblies ziehen nach, eine Reihe von Berliner Spitzenköchen beliefern Frank Besinger und Sabine Stempfhuber direkt.

das seltenste unter den einheimischen Pflanzenölen noch presst. Übrigens: Längst haben die beiden Genusshandwerker ihre Offerte komplettiert. Es gibt hausgemachte Pestos, handgeschöpfte

„Unser Hauptaugenmerk gilt nativen Pflanzenölen“, erklärt der

Schokoladen, glutenfreie Mehle, Grün-, Schwarz- und Kräutertees

Ölmüller, „kalt gepresst, ungefiltert, absolut in Rohkostqualität.“ In

sowie das wahrscheinlich umfangreichste Angebot an Gewürzen

den Regalen der Geschäfte in Berlin und Potsdam stehen neben

weit und breit...

den so genannten Basisölen aus Sonnenblumenkernen sowie ­Hanf-, Lein-, Mohn-, Raps-, Senf- und Leindottersaaten auch Kräuteröle mit hoher Aromadichte und geschmacksintensive Nussöle. Star des Angebots ist das Drachenkopföl, das aus den winzigen Samenkörnern des Iberischen Drachenkopfs Lallemantia iberica gewonnen wird. „Sein extrem hoher Anteil an der ernährungsphysiologisch so wertvollen Alpha-Linolensäure sowie der feine, grasig-nus-

ÖLMÜHLE AN DER HAVEL Bergmannstraße 104 10961 Berlin-Kreuzberg Tel. 030 — 50 56 71 15 www.oelgenuss.de

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MATTHIAS GLEISS, 44, KÜCHENCHEF UND GESCHÄFTSFÜHRER RESTAURANT VOLT Rehkeule, Tomate, Topinambur, Holunder. „Das ist ein heißer Kandidat für die nächste dritte Kochmütze in

Diese Gelassenheit ist Ausdruck seiner Souveränität. Es gibt selbst

der Stadt“, schrieben die Gault-Millau-Tester im vorigen Jahr. Und

im Leben eines Kochs noch eine paar klitzekleine Dinge, die min-

auch die Michelin-Inspektoren haben ihn, wie zu hören ist, auf ihrer

destens genauso wichtig sind wie die kulinarischen Meriten.

Rechnung der Anwärter für den ersten Stern. Während manche seiner Kollegen schon jetzt, Wochen bevor die beiden wichtigsten Guides erscheinen, die Welt verrückt machen, bleibt Matthias Gleiß gelassen.

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Das hat er wahrscheinlich bei seinem Mentor gelernt, dem Kärnt­ ner Sternekoch a.D. Kurt Jäger, der jetzt in Schweden lebt. Wäre Matthias Gleiß Musiker geworden, dann garantiert für die leisen Instrumente. Aber auch als Koch meidet er Pauke und Trom-


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Wildhändler Guido Richard.

pete. Gleiß ist ein Mann, des wohltuenden Understatements, kein

Erdhof Seewalde im mecklenburgischen Wustrow, junges Gemüse

Küchenkasper und kein Klamaukkoch.

liefert eine Gärtnerei in Waldesruh, Sprossen und Kresse kommen

Für ein Foto-Shooting packt er sich dann allerdings doch schon

von einem Züchter im benachtbarten Bezirk Neukölln und manche

mal einen Zanderkopf auf die Schulter – seht her, was die Region

kulinarische Inspiration steuert Kräuterhändler Reinhard Zülz bei,

uns Köchen alles bietet!

der auf dem Wochenmarkt am Maybachufer, gleich vor der Volt-

Und damit meint er nicht nur den Fisch aus der Havel. Die Molkereiprodukte für seine Küche bezieht Gleiß beispielsweise vom

Haustür also, seinen Stand hat. Und dann ist da noch Guido Richard, der Mann für alles Wilde.

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Hoffest am neuen Standort von Guido Richards Wildhandel.

Die Reiseführer des Berliner Trescher Verlags sind wirklich unbe-

Guido Richard baut linker Hand gleich hinterm Ortseingang von

zahlbar, wenn man sich ins Umland auf den Weg macht: exakte Kar-

Dannenwalde das Anwesen einer ehemaligen LPG zum neuen Stand­

ten, genau Angaben zu Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten,

ort seiner Wildmetzgerei um – natürlich mit Hofladen und Imbiss.

zusätzliche Ausflugstipps.

Noch im Herbst 2016 will er hier Eröffnung feiern.

Das Bändchen „Wanderungen durch Brandenburg“ beispielswei-

Anfang Juli gab´s schon mal ein Hoffest, auf dem sich seine Kun­

se. Nehmen wir mal die Tour Nummer 16, es geht von Zehdenick

den informieren konnten, was in Dannenwalde so abgehen wird.

nach Dannenwalde. Für PS-Ritter, denen der Weg der Weg und das

Und die kamen ziemlich zahlreich, vor allem aus der Hauptstadt,

Ziel das Ziel ist, kein Ding: Berlin, Autobahnausfahrt Mühlenbeck,

denn Guido Richard ist in Berlin ein bekannter Mann.

Schmachtenhagen, Liebenwalde, Zehdenick, in Gransee auf die B96, Dannenwalde. Gute Stunde, wenn´s nicht staut. Mit der Regionalbahn und per pedes dauert es zwar sechs mal so lange, aber es ist stressfrei, tut dem Körper gut und zu Sehen gibt’s

Über 100 Restaurants und Hotels beliefert er regelmäßig mit Wild­ bret, darunter auch etliche Sterneläden und solche, die es sicher bald werden. Die Küchenchefs ver­trauen ihm, weil er selbst Koch ist und um die Qualität der Produkte weiß.

auch noch die Menge: das Schifffahrtsmuseum Zehdenick, den Zie-

Guido Richard, 44, geboren in Zehdenick, begleitete schon als

geleipark Mildenberg, Schloss Tornow und viel, viel Natur. Gut, mit

Kind seine Eltern auf ihren Pirschgängen in den Brandenburger Wäl­

den Einkehrmöglichkeiten ist es brandenburgtypisch nicht weit her,

dern, beobachtete mit Vaters Fernglas Hirsche und Rehe und wäre

aber auch da wird sich zumindest in einem Fall bald was ändern.

vielleicht auch ein guter Förster geworden. Doch wie das Leben

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GARÇON


Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

Guido Richard und Sternekoch Eberhard Lange, Restaurant Hugos.

so spielt, der Junge wurde Koch. Der Lehre im benachbarten Gran-

Der Mann ist in seinem Element, spricht darüber, wieviel B-Vitamin

see folgten Stationen in Berlin – bei Uwe Popall im Maxwell und

Wildfleisch enthält und dass dessen Fettsäurezusammensetzung

bei Konstantin Kovac im Borchardt. Dann ging´s nach München ins

um ein Vielfaches günstiger ist als bei Haustieren und selbst bei

Tantris zu Hans Haas. Einem Zwischenstopp im Hotel Molskroen in

Gatterwild. „Es ist fettarm, kurzfaserig und – entsprechend geschnit­

Dänemark folgte die Rückkehr nach Berlin – fünf Jahre Küchenchef

ten und zubereitet – auch besonders zart.“

im Chalet Suisse bei Josef Diekmann.

Für den Cut bürgen Guido Richard und seine Wildmetzger, für die

2005 gründete er die Firma Richard´s Wild, die guten Kontakte

Zartheit und den Geschmack die Küchenprofis. Matthias Gleiß zum

zu seinen Kollegen erleichterten ihm den Start. „Mein Ziel war und

Beispiel: Rehkeule mit Tomate, Topinambur und Holunder oder, ein

ist es, den Trend des bewussten Genießens von hochwertigen Le-

bisschen abgefahrener, mit Selleriekohl, Apfel und Nougat.

bensmittel aufzugreifen“, sagt er. Und frisches Wild gehört für Guido Richard unbedingt dazu – nicht, weil er selbst ein passionierter Jäger und leidenschaftlicher Wildesser ist, sondern schlicht wegen der Fakten. „Der Name sagt es doch schon“, erklärt er, „Wild ist das vom Mensch am wenigsten geformte tierische Lebensmittel, mehr Bio geht nicht. Weiter Auslauf, natürliches Futter, freie Liebe, wenn Fleisch, dann dieses.“

Freund, Kunde und Waidgenosse: Markus Herbicht.

RICHARD`S WILD Bahnhofstraße 24 16798 Fürstenberg/Havel Tel. 033093 — 60 08 71 www.richards-wild.de

Jagdhornbläsergruppe „Schnelle Havel“.

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

HENDRIK OTTO, 42, KÜCHENCHEF LORENZ ADLON ESSZIMMER Käsebrot mit Wildkräutern, Salat und getrockneten Zwiebeln. Detailverliebte Kompositionen, akribisch inszenierte Teller, Kleinig-

neuen Maîtres im Esszimmer präsentierte (Oliver Kraft, vormals

keiten, die nur mit Hilfe einer Pinzette ihren Platz auf dem edlen

Gastgeber im Leipziger Falco, wechselte ins Adlon). Das ist ge-

Porzellan gefunden haben können, das ist die Küche von Hendrik

schmacksstark, harmonisch und proportionsstimmig und hoffent-

Otto im Lorenz Adlon Esszimmer, dem Flaggschiff der Berliner

lich ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, bis der Guide Michelin

Sternegastronomie.

dafür den dritten Stern herausrückt. Verdient hätte ihn Otto.

Und so kommen auch die Gerichte der neuen Menükarte des

Übrigens: Gäbe es eine Auszeichnung für kochende Sympathie-

freundlichen Meisters daher, die er anlässlich der Vorstellung des

träger, auch da wäre der Mann, der aus dem kulinarischen Nie-

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GARÇON


Wo Berliner Köche einkaufen TITEL

Gemüse-Bauer Carlo Polland.

mandsland Sachsen-Anhalt stammt und seit sechs Jahren in der

Harald Wohlfahrt, die ihm die Richtung wiesen sowie an seine heu-

Lorenz-Adlon-Küche Regie führt, erster Kandidat.

tigen Lieferanten, ohne die – so Otto – seine Küche nicht mal die

Kürzlich in der RBB-Gesprächssendung „Thadeusz“ zum Beispiel

Hälfte wert wäre.

machte er eine dermaßen gute Figur, dass man sich ihn öfter im

Das Produkt ist der Star, nicht der Koch. Hendrik Otto lebt die

Fernsehen wünschte. Kein blasiertes Getue, kein Geil-geil-geil-Ge-

Witzigmann-Weisheit. Mit Hochachtung spricht er beispielsweise

quatsche, sondern kulinarische Kompetenz und verbale Reverenz

über Susanne Engels (s. S.26), Guido Richard (s. S.42), Marko Sei-

an seine ehemaligen Lehrer Albert Keller, Michael Hoffmann und

bold und Carlo Polland. „Was sie machen, ist einfach super.“

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TITEL Wo Berliner Köche einkaufen

Trebenow im Landkreis Uckermark, rund 160 Einwohner. Hinterm

der Nachbarn. Kartoffel-Raritäten etwa – alte, ausgefallene und ge-

Ortseingang rechts, den Plattenweg bis es nicht mehr weiter geht.

schmacklich herausragende Sorten wie die französische Trüffelkar-

Zum Glück regnet es nicht. Hier also lebt Carlo Polland. Ein stattli-

toffel Vitelotte oder die Rote Emmalie, eine würzige Neuzüchtung,

ches Bauernhaus, eine riesige Scheune und viel, viel Land.

die sich besonders gut für die Herstellung von Gnocchi eignet.

Polland, Jahrgang 1956, stammt aus Rommerskirchen. „Rom-

Zweimal in der Woche fährt Carlo Polland nach Berlin, 140 Ki-

merskirchen-Gill“, sagt er, das ist ihm wichtig. Rommerskirchen-

lometer hin, Adlon, Schloss Bellevue, de Rome, Katz Orange, VAU

Gill also, 20 Kilometer bis Düsseldorf, 25 bis Mönchengladbach.

zum Beispiel, 140 Kilometer zurück. „Wir müssten eine Genossen-

Als junger Mann zog er jahrelang um die Welt. „82 Länder habe ich gesehen.“ 1997 kam er in die Uckermark und blieb. Aus dem rastlo-

schaft gründen, mit Büro und Fahrer“, sinniert er, „Uckermark-Raritäten oder so.“

sen Globetrotter wurde ein sesshafter Gemüsegärtner. „Kolja Kleeberg war der erste Berliner Spitzenkoch, der sich für meine Sachen interessierte“, erinnert sich Polland, „dann kamen alle anderen.“

CARLO POLLAND OBST UND GEMÜSE

Bronzefenchel, Cherrytomaten, Erdmandeln, Flügelerbsen, Knol­ lenziest, Lakritztagetes, Wasabirauke, Zitronenverbene – sein Angebot überzeugt. „Mein Ding ist es, Geschmack zu produzieren“, sagt er. Und was er selbst nicht kultiviert, findet er in den Gärten

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Trebenow Nr. 20 17337 Uckerland OT Trebenow Tel. 0151 — 41 49 18 04



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DT-Collection steht für eine Buchkollektion zusammengestellt von Dori Tscherwinka aus Titeln verschiedener Verlage, die in der Food-, Houseware, Lifestyle- und Einrichtungsszene sowie in der Industrie verkauft werden. Die Zusammenstellung der Kollektionen erfolgt nach strengen Maßstäben. Die Qualität der Bücher und die Qualität der Inhalte wird in den Vordergrund gestellt und ist eines der wichtigsten Segmente der Firmenphilosophie. Die DT-Collection erfreut sich im Fachhandel großer Beliebtheit und höchster Akzeptanz und hat sich zu einem der wichtigsten Partner des einschlägigen Handels entwickelt. DT– Collection Dori Tscherwinka GmbH & Co KG Eichenweg 5 D-87660 Markt Irsee

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Schwein LOKALTERMIN

Die Schweinsche Genuss-Gleichung ANGESAGT IN MITTE: DAS SCHWEIN VON JÖRG TEUSCHER

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LOKALTERMIN Schwein

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Gäste ihren Restau­ rantbesuch ganzheitlich bewerten. Also nicht nur das Essen und den Wein, sondern auch das Am­ bi­ ente und den Service. Wenn alles tipptopp ist, gibt’s die ­ lobenden Attribute. Klingt simpel, ist es aber nicht, sondern jeden Tag eine neu­e Herausforderung, dem Gast das Beste als Gegenleistung für sein Geld zu bieten. David Monnie 42, geboren in Berlin Gastgeber

Ich stehe mit meinem Team für eine entspannte, entschlackte und verantwortungsvolle Küche. Für eine lässige kulinarische Moderne. Wir kochen so, wie wir persön­lich auch gern essen würden. Christopher Kümper 29, geboren in Menden Küchenchef

Mein Ego ist nicht, die ­größten, die meisten oder gar die teuersten Weine auf der Karte zu haben. Die spannendsten, das ja. Und die, die zu Unrecht im Schatten stehen, der Elbling vom Mosel-Weingut Steffens-Keß zum Beispiel. Christian Gebranzig 41, geboren in Berlin Sommelier

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Schwein LOKALTERMIN

„Man sieht sich“, sagte Christian Gebranzig, bevor er sein Restau-

Sie heißt Schwein, ist nicht eben klein und setzt auf Wein – aller­

rant Svevo für immer schloss. Drei Jahre lang hatten er und Kü-

dings nicht nur, doch dazu später.

chenchef Claudio Andreatta in der Lausitzer Straße in Kreuzberg

Bleiben wir also erstmal beim Wein. „Unser Schwein ist, wenn

eine italienische Heimwehküche serviert. Auch die Weinkarte, Ge-

Sie eine Schublade wollen, eine Weinbar“, sagt David Monnie, ge-

branzigs Werk, war ein Liebhaberverzeichnis sui generis. 2003 war

bürtiger Berliner – Mutter Deutsche, Vater Ghanaer – nach dem

Schluss im Svevo.

Abi Selfmade-Gastronom und nach Stationen in der Karibik jah-

Man sah sich sieben Jahre später, zufällig, in der Lorenz ­Adlon

relang Chef der legendären Bar am Lützowplatz. Nun ist er der

Weinhandlung. Christian Gebranzig, inzwischen Weinhändler in Ham­

Gastgeber im Schwein, einem höchst erfreulichen Zugang an der

burg und – gemeinsam mit dem Berliner Unternehmer Harald Christ –

Weinbar-Front, einem Laden total im Trend.

Besitzer eines kleinen Weingutes im rheinhessischen Bechtheim,

Auch wenn das Bier in Menge und Umsatz die Riege der alkoho-

präsentierte den ersten Riesling der Neuwinzer. „Zum Wohl, man

lischen Konsumartikel noch immer anführt, so hat der Wein – trotz

sieht sich.“

des Aufblühens der Craftbeer-Kultur – das weitaus bessere Image.

Wieder sah man sich jahrelang nicht, dann kam Mitte Juli eine

Er ist mehr denn je Gesprächsgegenstand und Genussthema. Kein

Mail: „Seit gut zwei Jahren bin ich wieder in Berlin und seit Ende

Wunder, dass Weinbars Konjunktur haben und dass die Bespielung

Januar Sommelier on duty.“ Es folgte eine Einladung zur Premiere

dieses gastronomischen Genres nicht mehr nur eine Sache von Vä-

der Aktion Rind & Riesling an der neuen Wirkungsstätte.

tern der urbanen Weinkultur ist.

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LOKALTERMIN Schwein

Gastgeber David Monnie, Küchenchef Christopher Kümper, Som-

Rheinhessen. Zwei Rebsorten, die beide eher als Oma-Opa-Weine

melier Christian Gebranzig und der Rest der Schwein-Crew jeden-

gelten und denen Gebranzig zu neuen Renommee verhelfen will.

falls sind junge, sympathische und charismatische Typen, die mit

Motto: Sauvignon blanc kann jeder.

frischen Ideen ihren Gästen Freude machen. Rind & Riesling ist so eine Sache. Es gibt also ein feines Tatar: geschabtes Rindfleisch von der Hüfte mit einem wachsweich gekochten Eidotter, Gewürzgurken, Kapern, Ketchup, Senf, Tabasco, Worchestersauce, Kräutersalz und Pfeffer.

„Außerdem“, ergänzt er, „begeht die Scheurebe in diesem Jahr ihren hundertsten Geburtstag, und irgendwo muss das doch gefeiert werden!“ Wir feiern mit und ordern zur trockenen Scheurebe ein Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit wildem Spargel und Urkarotte.

Als Matchpartner für dieses geschmacksintensive Gericht emp-

Fein, wie die Karottensüße die Limettensäure auffängt und ein Löf-

fiehlt Sommelier Gebranzig uns einen Leitz-Riesling, der mit ­seinem

felchen Forellenkaviar dem Gericht zusätzlich Würze gibt. Ähnlich

Aromenspiel die prägenden Noten des Gerichts perfekt aufnimmt.

aromatisch ausbalanciert sind auch ein warmer Kalbssalat und die

„Überhaupt, das vinologische Schubladendenken – erlaubt ist, was

Landhuhnkeule mit Brokkoli.

schmeckt“, so Christian Gebranzig.

Verantwortlich für die schweinischen Geschmackserlebnisse

Dazu gehört auch, dass er einigen Kellerkindern unter den deut-

ist der Sauerländer Christopher Kümper, der die Kochlehre bei ei-

schen Rebsorten eine Chance gibt. So stehen auf seiner Karte

nem Partyservice seiner Heimatstadt Menden absolvierte und als

beispielsweise ein Elbling von der Mosel und eine Scheurebe aus

bester Azubi seines Jahrgangs abschloss – Türöffner in die Ster-

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Schwein LOKALTERMIN

Gin ist trendy, deshalb legen wir besonderes Augenmerk auf ei­ ne vielfältige Gin‑Offerte. Derzeit bieten wir 84 Sorten an, dazu über zehn Tonics. Die für mich perfekte Mischung? Colonel Fox's London Dry Gin mit Fever-Tee Premium Indian Tonic Water. Oliver Gwinner 44, geboren in Stuttgart Barchef

Leger, entspannt, u ­ nprätentiös – einige Kritiker haben für solcher­ art ­Service schon wieder ein Etikett: Neue Lässigkeit. Meinetwegen. Die Gäste sol­len jedenfalls bei uns eine gute Zeit haben. Jonathan Staneker 31, geboren in Reutlingen Service

Nicht, dass Sie jetzt denken, ich sei dem Palace Hotel untreu geworden. Nein, aber ich fi ­ nde das Schwein-Konzept dermaßen span­ nend, dass ich an meinen freien Ta­gen hier gerne mal den Gastsommelier gebe. Hagen Hoppenstedt 44, geboren in Celle Gastsommelier, sonst Maître im first floor

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LOKALTERMIN Schwein

Küchenchef Christopher Kümper und Souschef Roland Nüsser.

negastronomie. Dem Hamburger Landhaus Scherrer – Küchenchef

Kümpers Antwort klingt, na ja, ein bisschen sehr allgemein: „Ich

Heinz Otto Wehmann – folgte das Gourmetrestaurant Lerbach in

wollte zurück nach Deutschland, und Berlin ist schon was Beson-

Bergisch Gladbach, in dem Nils Henkel am Herd Regie führte.

deres.“ Okay, hoffentlich bleibt er. Doch ob so oder so, hören wer-

Dann drei Jahre New York City – Daniel Bouluds Restaurant Daniel, drei Sterne, eins der besten Restaurants der Welt und schließlich Singapur, Restaurant Andre, gleiche Liga.

den wir von dem jungen Küchenchef Christopher Kümper auf jeden Fall noch. Loben wir also das Schwein und seine Mannschaft noch einmal

Chef André Chiangs mediterrane Küche mit dosierten asiati-

ausdrücklich – für ein total stimmiges Konzept, ein nicht nur zeit-

schen Einflüssen kombiniert, beeinflussten Kümper wohl am meis-

geistiges Weinangebot, eine beschwingte Küche und – last but not

ten. Ein bisschen davon lässt er jedenfalls jetzt auch in Berlin gu-

least – für eine ziemlich abgefahrene Gin-Offerte.

cken, beispielsweise, wenn er Schwein mit Artischocke und Dashi zusammenbringt. Intensive Aromen, kreative Arrangements, mutiges Würzen, klares und einfaches Erscheinungsbild, Kümper bereichert ohne Zweifel die kulinarische Hauptstadt-Szene. Bleibt nur die Frage, weshalb einer wie er ins Schwein geht und nicht – sagen wir mal – zu Massimo Bottura oder Sergio Herman.

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SCHWEIN Elisabethkirchstraße 2 10115 Berlin-Mitte Tel. 030 — 24 35 62 82 www.schwein.online


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LOKALTERMIN Schwiliko

Gastlichkeit AUF GEORGISCH

NEU IN KREUZBERG: RESTAURANT UND KHACHAPURIA SCHWILIKO VON JÖRG TEUSCHER

Die georgische Küche kennt eine Unmenge von Gerichten und ist, gemessen an der Vielfalt der Auswahl, die abwechslungsreichste im ganzen Kaukasus. Der Ruhm, den sich die Georgier zuschreiben, fußt nicht auf nationaler Eitelkeit auf dem Gebiet kulinarischer Kreativität – erfinderische Köche gibt es überall – sondern hat vor allem mit dem Klima zu tun, das es neun Monate des Jahres erlaubt, frisches Obst, Gemüse, Kräuter und Gewürze auf den Tisch zu bringen. Georgien – Unterwegs zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer Trescher Verlag, Berlin 2012

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Schwiliko LOKALTERMIN

Georgier sind gastfreundliche Menschen, das liegt in Ihrer Natur. Und ihre Küche ist die abwechslungsreichste im ganzen Kaukasus, das liegt am vielen Gemüse und den Kräutern. Umso erstaunlicher ist es, dass die Zahl georgischer Restaurants in Berlin im tiefen einstelligen Bereich angesiedelt ist. Deshalb war der Jubel der Gemeinde groß, als Mitte November 2015 in Kreuzberg das Schwiliko an den Start ging, ein Familien­be­trieb mit bekannten Gesichtern. Da ist Rusudan Gorgiladze, 59, Psycho­login, Beraterin des ersten Präsidenten Georgiens, Eduard Schewardnadse, vier Jahre lang stellvertretende Ministerin für Bildung und Wissenschaft des kaukasischen Landes und Autorin des Buches „Savoring Georgia“, eines Geschmacksführers durch Georgien. Dann ihre Tochter Inga Akhvlediani, 33, die nach ihrem Tourismusmanagement-Studium in den USA ebenfalls in Berlin lebt und, als Dritter im Bunde, deren Mann Tosh Dirschka, gebürtiger Hildesheimer, bekannter DJ und Betreiber der Homes-Bar gleich nebenan.

Inga Akhvlediani.

Rusudan Gorgiladze.

Torsten „Tosh“ Dirschka.

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LOKALTERMIN Schwiliko

Die georgischen Hähnchen Tapaka sind Brathähnchen, die in einer breiten Bratpfanne zubereitet werden, der sogenannten Tapa, deren Deckel während des Bratens geschlossen und zusätzlich beschwert wird. (...) Dazu gehören gestoßener Knoblauch und Küchenkräuter: Koriander, Basilikum, Estragon, Zwiebeln oder Porree. W.W. Pochljobkin, Nationale Küchen Verlag Mir, Moskau 1978

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Schwiliko LOKALTERMIN

Die Optik führt natürlich nach Georgien – ein bisschen Lokalkolorit kann ja nicht schaden, zumal das Gros der Schwiliko-Gäste – das behaupten wir einfach mal – mit Sicherheit nicht weiß, wo Georgien liegt, wie dessen Hauptstadt heißt oder in welcher Währung dort bezahlt wird. In der Küche werkeln Rusudan und Inga mit einigen Helfern an kaukasischen Delikatessen wie einem mittlerweile kreuzbergweit gerühmten Brathähnchen, das im Tontopf zubereitet und mit drei verschiedenen Saucen serviert wird oder an der unvermeidlichen Khachapuri, der das Schwiliko auch seinen Beinamen „Khachapuria“ verdankt. „Wären genauso viele Georgier wie Italiener nach Amerika emigriert, dann wäre Khachapuri heute genauso populär wie Pizza Margherita“, sagt Inga Akhvlediani. Soll heißen: Khachapuri ist etwas ähnliches wie Pizza, die georgische Antwort auf das italienische Nationalgericht halt. Für uns war es einfach ein fantastisch schmeckendes Käsebrot.

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LOKALTERMIN Schwiliko

Die Aubergine gehört in Georgien zu den populärsten Gemüsen und ist dort bereits seit dem 12. Jahrhundert bekannt. Prinz Vakhushti Bagrationi (1696-1757) räumte ihr in seiner berühmten Beschreibung der Gemüsesorten Georgiens sogar den ersten Platz ein. Den typisch georgischen Geschmack bekommen die gebratenen Auberginenscheiben durch eine Walnusspaste – die Walnuss ist die Königin der georgischen Küche – zu der unbedingt Gewürze und Kräuter gehören. Das Gericht heißt übrigens Nigvziani Badrijani und zählt zu den klassischen georgischen Vorspeisen. Rusudan Gorgiladze Savoring Georgia, Tbilissi 2013

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Schwiliko LOKALTERMIN

Apropos Geschmack: In der georgischen Küche kommt er durch die Gewürzmischungen zustande und wird durch Kräuter und Walnüsse noch verstärkt. „Chmeli Suneli“ heißt das Zauberwort der besonderen Aromatik. Übrigens – noch ein Tipp für Georgien-Einsteiger: Nach zwei Glä­sern Saperavi Nikola gelingt es sogar, solche Zungenbrecher wie „Kvavilovani Kombosto Bajeshi“ ohne Stocken auszusprechen. Und weil Trinksprüche zu Georgien gehören wie Salz zum Brot, sagen wir: „Zum Wohl, auf das Schwiliko und auf das deutsch-georgische Freundschaftsjahr 2017!“ SCHWILIKO

© Werner Heiber

Schlesische Straße 29 10997 Berlin-Kreuzberg Tel. 030 — 61 62 35 88 www.schwiliko-berlin.de

Oktoberfest im Maximilians. 16. und 17. September 2016. Und zusätzlich am 30. September und 1. Oktober 2016. Friedrichstr. 185–190 · U-Bhf. Stadtmitte Tel.: 030 - 20 45 05 59 · www.maximiliansberlin.de


LOKALTERMIN Waldschenke Stendenitz

Bunte Hütte DIE WALDSCHENKE IN STENDENITZ VON UWE AHRENS

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Waldschenke Stendenitz LOKALTERMIN

„Delectat variatio, das steht schon im Horatio“, pflegte mein alter Lateinlehrer zu reimen. Historisch stimmt das zwar nicht, und auch mit der Übersetzung nahm es der Herr Oberstudienrat nicht Die Waldschenke ist ein traditionelles Ausflugsziel am Zermützelsee, gegründet immerhin schon 1913. Hier konnten Familien Kaffee kochen. Nun wird es Zeit für etwas frischen Wind. Juliane Kaatzsch

so ganz genau. Statt „Abwechslung erfreut“ formulierte er gerne blumiger: „Buntheit ergötzt“. Obwohl schon eine Ewigkeit her, kam mir der Spruch in den Sinn, als es mich in die Waldschenke von Stendenitz verschlug. Außen bunt, innen bunt, alles bunt. Die Schenke liegt in der Ruppiner Schweiz, direkt am Westufer des Zermützelsees, auf halber Strecke zwischen Neuruppin und Rheinsberg. Viel Gegend und Idylle pur. Theodor Fontane schrieb in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“: „An jeder Stelle gleichen Reiz / Erschließt dir die Ruppiner Schweiz.“

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LOKALTERMIN Waldschenke Stendenitz

Die Wirtin der Waldschenke heißt Juliane Kaatzsch, 29, geboren in Moskau, aufgewachsen in Neuruppin, Modedesign-Studium an der Burg Giebichenstein in Halle/Saale. Im Saal der Waldschenke hat Mein Ziel ist es, aus der Wald-

sie ihre erste eigene Kollektion ausgestellt. „Meine Masterarbeit.“

schenke ein Kunsthaus zu ma-

Bunte Mode, die sie entworfen und gemeinsam mit Frauenkoope-

chen. Kulinarik und Kunst. Aus­

rativen in Südamerika produziert hat. „Nachhaltigkeit war mir dabei

stellungen von jungen Malern und

das wichtigste Anliegen.“ Das honorierte sogar die Fashion Week

Fo­­tografen, Modenschauen junger

mit einem Preis. Und wie wird man nun Wirtin? Juliane Kaatzsch hat

Designer, Lesungen, Musik, Thea-

die Frage erwartet, wir sind nicht die Ersten, die sie stellen.

ter, Workshops. Juliane Kaatzsch

Ihre Eltern, die in der Region zwei Hotels betreiben, hatten vor 16 Jahren das Anwesen gekauft, wurden damit aber nicht so recht glücklich und planten, es wieder abzugeben. „Da habe ich gesagt, okay, ich kümmere mich mal darum.“ Das war vor zwei Jahren, und

Modedesignerin und Wirtin: Juliane Kaatzsch.

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Waldschenke Stendenitz LOKALTERMIN

Küchenchef Denny Schulz und Souschefin Sarah Mahlkow.

seitdem probiert Juliane Kaatzsch den Spagat zwischen Mode und Schenke. „Weil ich gute Mitarbeiter habe, klappt es immer besser“, sagt sie. Deshalb hat sie mit dem beliebten Ausflugsziel – nebenKulinarisch sind wir auf Kurs und servieren die unaufgeregte Re­ gionalküche eines Landgasthofs.

an gibt es übrigens Deutschlands einziges Waldmuseum – auch noch einiges vor, kulturell wie kulinarisch. Und bunt genug ist ihr die Waldschenke auch noch nicht.

Fisch, Wild, Bio-Fleisch, Gemüse und Kräuter aus dem eigenen Gar-

WALDSCHENKE STENDENITZ

ten und Kuchen von Heike. Juliane Kaatzsch

Fischtopf Waldschenke.

Stendenitz 13 16827 Molchow Tel. 03391 — 77 51 19 www.waldschenke-stendenitz.de

Wildgulasch mit Spitzkohl und Serviettenknödel.

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KOPFSALAT Angela Matarrese

La Mamma DER GUTE GEIST DER TRATTORIA Á MUNTAGNOLA VON JÖRG TEUSCHER

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Angela Matarrese KOPFSALAT

Ich habe versucht, dieses Gedicht ins Italienische zu übersetzen,

Kurt Tucholsky Mutterns Hände 1931

Hast uns Stulln jeschnitten un Kaffe jekocht un de Töppe rübajeschohm – un jewischt und jenäht un jemacht und jedreht... alles mit deine Hände.

aber es ist mir nicht gelungen. Schade, gerne hätte ich es Angela

Hast de Milch zujedeckt, uns Bobongs zujesteckt un Zeitungen ausjetragen – hast die Hemden jezählt und Kartoffeln jeschält... alles mit deine Hände.

chen zuzusehen. Ich erinnere mich, wie sie mit einem einfachen

Da stehn wa nu hier, und denn komm wir bei dir und streicheln deine Hände.

Matarrese vorgelesen. Seit ich sie kenne, gehört zu Tucholskys Versen für mich dieses Bild – Mamma Angelas Hände. Es war vor 22 Jahren in der Küche der Trattoria á Muntagnola, dem Reich von Angela Matarrese. Ich schrieb einen Bericht über hausgemachte Nudeln und sie hatte mir erlaubt, ihr beim PastamaRundholz und fast meditativer Konzentration den Teig ausrollte, immer dünner und immer dünner, ihn in lange Streifen schnitt und mit Hilfe eines Holzstäbchens und ungemeiner Fingerfertigkeit spiralige Fusilli formte. Zum Schluss ein Lächeln und eine wortlose Geste. So geht Pasta. Aus sieben Kilo Teig hat sie täglich Gnocchi oder Orecchiette gemacht. Oder Fusilli. Mit den Jahren sind da viele Tonnen zusammengekommen. Bestes Pastahandwerk, das Werk ihrer Hände.

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KOPFSALAT Angela Matarrese

Museum Europäischer Kulturen: Ausstellung „Italienerinnen in Berlin“.

Mamma Angela und Enkelin Francesca.

Treffpunkt Museum. Angela Matarrese hat mich eingeladen. Es ist

Über ihre Kindheit in Cirigliano, einem winzigen Dorf in den luka-

der erste Sonntag im Juli und für die 81-Jährige ein besonderer Tag.

nischen Bergen ohne fließendes Wasser und Kanalisation und nur

Im Museum Europäischer Kulturen in Berlin-Dahlem findet eine Aus-

mit dem Maulesel zu erreichen; über ihre Jugend in Scanzano, ei-

stellung statt – „Erfüllbare Träume? Italienerinnen in ­Berlin“ – und

nem Städtchen an der Küste; über ihre Arbeit als Bahnwärterin und

sie, Mamma Angela, soll aus ihrem Leben erzählen, darüber berich-

über das Ristorante, das sie gemeinsam mit ihrem Mann später

ten, wie es einer Migrantin aus der Basilikata in Berlin ergangen ist.

eröffnete. Über dessen plötzlichen Tod und die Entscheidung der

„Weshalb ausgerechnet ich?“, fragt sie, „weshalb nicht junge

Söhne, das bettelarme Süditalien zu verlassen.

Frauen, die in der Ausstellung zu Wort kommen, die hier studieren

Sie spricht über die heimatliche Küche, über deren geschmack-

wie Marta Tirabassi oder Karriere gemacht haben wie Caterina Liz-

liche Vielfalt auch ohne raffinierte Zutaten und ausgeklügelte Zu-

zano?“ „Vielleicht, weil Du so viel erlebt hast“, antworte ich auswei-

bereitungen und merkt gar nicht, wie still es im Saal geworden ist.

chend, ich kenne ihre Scheu vor jeder Art Selbstdarstellung.

Anfang der 1990er kam Angela Matarrese nach Berlin, um ihren

Schließlich sitzt sie dann doch auf dem Podium, versucht sich

Sohn Pino zu unterstützen. Der hatte in Schöneberg eine Trattoria

noch kleiner zu machen als sie ohnehin schon ist, schaut ängstlich

eröffnet und nach seiner Mutter benannt, die, daheim in der Basilika-

auf das Mikrofon, das man ihr reicht, sucht die Blicke ihrer Söhne

ta, immer nur „Muntagnola“ genannt wurde, „Frau aus den Bergen“.

Pino und Mimmo, versucht zu übersehen, dass da noch fünfzig andere Zuhörer sitzen und beginnt zu erzählen, leise, stockend.

Sie kam, sah und übernahm das Regiment in der Küche. Mamma Angela verbannte alles Falsche von der Karte, die Allerweltsnudeln

Mamma Angela mit ihren Söhnen Pino, re. und Mimmo.

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Angela Matarrese KOPFSALAT

Großer Trubel: Geburtstagsfeier in der Trattoria á Muntagnola.

aus der Tüte ebenso wie die industriell gefertigten Teigplatten, mit

die Kostproben ihrer Küche und sagt so ganz beiläufig einen Satz,

denen man vielleicht Fenster kitten, aber keine ordentliche Lasa-

der ihr noch einmal Beifall beschert: „Wo auch immer auf der Welt

gne zubereiten konnte und machte die bodenständige lukanische

man lebt, es ist wichtig, die Traditionen zu pflegen, Überliefertes

Küche in Berlin hoffähig.

nicht zu vergessen und den Enkeln Respekt vor den Lebensmitteln

Fortan gab es in der Trattoria ihres Sohnes „beste Heimwehküche

zu vermitteln.“

für kulinarisch heimatlose Stadtneurotiker“, wie es ein aufgedrehter

Am 2. Juli 2016 feierte die Trattoria á Muntagnola ihren 25. Ge-

Gault-Millau-Mensch mal formulierte: Pane cotto, die lukanische

burtstag. „Ein Klassiker, der sich über die Jahre keinen Zentimeter

Brotsuppe; gefüllte Zucchini; das klassische Filetto al sale, ein Rin-

bewegt hat“, so das Urteil eines berühmten Kollegen. Wir hoffen

derfilet in der Salzkruste; Schweinekoteletts mit gebratenen Oran-

mal, dass das ein Kompliment sein sollte.

gen; Forelle mit Trauben; Lachs mit Pesto und natürlich jede Menge hausgemachter Nudeln – Cavatelli, Fusilli, Orecchiette (s. S.67). Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, sie beendet ihren Bericht. „Finito“, sagt sie jetzt ziemlich resolut und lädt ein, auf der Wiese vor dem Museum die lukanische Küche zu verkosten. Dort steht sie dann, gemeinsam mit ihren Söhnen Pino und Mimmo, der übrigens in Mitte das „Al Contadino Sotto le Stelle“ betreibt, serviert

TRATTORIA Á MUNTAGNOLA Fuggerstraße 27 10777 Berlin-Schöneberg Tel. 030 — 211 66 42 www.muntagnola.de

Mamma Angela und Koch Riccardo Calabrese

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KOPFSALAT Christa Lutum

„BEI UNS IST GUT BROT ESSEN“ BÄCKERMEISTERIN CHRISTA LUTUM IN CHARLOTTENBURG VON JÖRG TEUSCHER

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Christa Lutum KOPFSALAT

Christa Lutum – Bäckermeisterin, so steht es über ihrem Geschäft. Hier bin ich, das bin ich. Content is king. Christa Lutum, 54, wuchs im Münsterland auf, lernte Bäckerin und kam 1982 nach Berlin. „Die einzige Stadt in Deutschland, die spannend war.“ Sie arbeitete bei Mehlwurm und anderen Vollkornbäckereien und machte 1986 ihren Meister. „Als eine von vier Frauen unter 75 Männern.“ 1993 gründete sie gemeinsam mit Tony Beumer die Beumer & Lutum GmbH. Der Bio-Bäckerei in der Cuvrystraße folgten weitere Verkaufsstellen in Kreuzberg und Prenzlauer Berg und die Übernahme der ehemaligen Karstadt-Bäckerei in Neukölln. Ein Hammer. Bald beschäftigte Beumer & Lutum 130 Mitarbeiter, die rund 50 Bio-Brotsorten backen und jede Menge Feingebäck fertigen. Es gibt Imbissangebote und Feinkostverkauf und Anfang Oktober 2013 eine Jubiläumsfeier, bei der kein Auge trocken bleibt. Umso überraschender eine Nachricht im Februar 2016: „Nach 22 Jahren gemeinsamer Arbeit haben wir, Antonius Beumer und Christa Lutum, uns getrennt. Christa Lutum wird sich in Zukunft neuen Projekten widmen.“ Kurz und schmerzlos? Sicher nicht.

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KOPFSALAT Christa Lutum

Nicht von der Stange: Christa Lutums Baguette nach französischem Vorbild, 100 Prozent Dinkel.

Sieben Uhr morgens wirkt die Giesebrechtstraße im gutbürgerlichen Charlottenburg wie ausgestorben, lediglich ein paar Frühjogger und Gassigänger sind unterwegs. Und in Christa Lutums Backstube ist Betrieb. Jayne Goss macht Kaffee, Steven Schmeling Frühstück, Stefan Bürger F­ ranzbrötchen. Die Meisterin macht Pause. Sprechen wir über ihren Neustart mit 54. „Mir geht es blendend“, sagt sie und man glaubt ihr das, so entspannt wie sie wirkt. Klein und fein wollte sie es haben. Klein und fein ist es geworden. Taubenblau und kastanienbraun. Wohlfühlatmosphäre. Eine Backstube mit Café, ein Treffpunkt im Kiez. Das Angebot ist überschaubar: keine fünfzig Brotsorten, keine Kuchenorgie, keine Tortenschlacht. Ein bisschen wie früher, als ein Brot auch ohne Werbebotschaft ein Brot war. Wir probieren das Baguette, 100 Prozent Dinkelmehl, 100 Prozent Bio, natürlich. Knusprig, nicht spröde, der Gaumen meldet

Bäcker Stefan Bürger.

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Christa Lutum KOPFSALAT

intensives Brotaroma, fast schon Brotessenz. „Auf das Kneten des Teiges kommt es an“, erklärt Christa Lutum, „auf die Ruhezeit, die

Helle Freude: Hürlimann, eine Schweizer Spezia­li­tät, ebenfalls aus 100 Prozent Dinkel.

man ihm gönnt, auf die Backtemperatur und darauf, dass die Brotstange direkt auf der Herdplatte gebacken wird.“ Mehl aus kontrolliert biologischem Anbau, hauseigene Rezepte, die auf jegliche künstliche Backhilfen verzichten, lange Teigführung, optimale Backzeit, das sind die wichtigsten Zutaten des BioHandwerksbetriebs. Slow baking. Allgäuer, Almkruste, Hürlimann, Paderborner und Südtiroler, ein durch seinen milden Sauerteig besonders bekömmliches Roggenmischbrot – 70 Prozent Roggen-, 30 Prozent Dinkelmehl – das ist das Brotprogramm. „Außerdem backen wir Sachen, die aus der Mode gekommen sind – Karlsbader, Knauzen, Knüppel und Seelen“, so die Meisterin. Noch sind sie zu zweit in der Backstube. „Im Februar 2017 kommt aber ein Bäckerlehrling.“

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KOPFSALAT Christa Lutum

Assistentin Anna Thiessen. Das Beste zum Frühstück: Karlsbader Hörnchen aus 100 Prozent Dinkel.

Christa Lutum ist Lehrlingswartin der Berliner Bäckerinnung und kümmert sich auch im Berufsbildungsausschuss des Deutschen Bäckerhandwerks um den Nachwuchs. „Während der Konditor zum Modeberuf geworden ist – jährlich haben wir hunderte Bewerbungen – entscheiden sich pro Jahr in Berlin nur noch 40, bestenfalls 50 junge Leute, Bäcker zu werden“, fasst Christa Lutum die Entwicklung der letzten Zeit zusammen und fügt hinzu: „Es reicht eben nicht mehr, nur ein ‚Wir-bilden-ausSchild‘ ins Schaufenster zu hängen.“ CHRISTA LUTUM BÄCKERMEISTERIN Giesebrechtstraße 22 10629 Berlin-Charlottenburg Tel. 030 — 23 39 67 23 backstube@christa-lutum.de

Mitarbeiterin Jayne Goss.

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Mitarbeiter Steven Schmeling.


Um aus einem Stück glühendem Chrom-Molybdän-Vanadium Stahl bei 1.200° C ein WÜSTHOF Messer zu schmieden und es dann zu perfekter Schärfe zu schleifen, gilt die gleiche Philosophie wie für die Zubereitung raffinierter Gerichte:

www.wuesthof.com


GESCHMACKSSACHEN Kürbiskernöl

Des Kürbis’ Kern GRÜNES GOLD AUS ZAUCHWITZ VON PETR A LEONHARDT

Landwirt und Kürbiskernölproduzent Thomas Syring.

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Kürbiskernöl GESCHMACKSSACHEN

Ende September rund um Zauchwitz:

Die Ölkürbisernte beginnt.

Dass Kartoffeln in Österreich Erdäpfel heißen, das hat sich längst in

Ein waschechter Preuße mit Austria-Hang, das ist zwar ganz nett,

Deutschland herumgesprochen. Häufige Alpenland-Urlauber wis­

berichtenswert aber wird es erst durch die Tatsache, dass sich

sen natürlich auch, was faschierte Laberln sind, wie man Powidl

Thomas Syring nach besagtem Praktikum entschied, den steiri-

richtig zubereitet und dass Beinfleisch trotz seines Namens nicht

schen Ölkürbis im heimischen Beelitzer Land anzubauen.

vom Bein stammt. Schwieriger wird’s schon beim Begriff Pluzer –

Das Experiment gelang, und Syring startete mit seinem Bio-

und was es bedeutet, wenn ein Pluzer ausgepaztlt wird. Da passen

Projekt 2004 in die Selbstständigkeit. Steirische Ölkürbisse – eine

die meisten Piefkes garantiert.

seit rund 150 Jahren bekannte Sorte mit dunkelgrünen, nackten,

Nicht so der Brandenburger Thomas Syring. Für den 36-Jähri-

also schalenlosen Kernen – wachsen inzwischen rund um Zauch-

gen, gebürtig aus Potsdam, sind diese Ösi-Vokabeln keine Hürden,

witz auf rund 45 Hektar, und Syrings daraus ohne jegliche chemi-

weil er erstens während seines Landwirtschaftsstudiums ein län-

sche Zusätze gepresstes Kernöl kann es locker mit den besten

geres Praktikum in Österreich absolvierte und weil sie zweitens zu

Produkten steirischer Provenienz aufnehmen.

seinem beruflichen Alltag dort gehörten.

2,3 Kilogramm Kerne, also die Samen von rund 20 Kürbissen,

Also, wir klären auf: „Pluzer“ heißen die gelb-grünen steirischen

braucht man übrigens für einen Liter naturbelassenes Öl, das mit

Ölkürbisse (auch andere große Kürbisse werden in Österreich übri-

nussigem Aroma, einem besonders hohen Anteil an den Vitaminen

gens so bezeichnet) und „auspaztln“ beschreibt die Tätigkeit des

A, B, D und E, wertvollen Fettsäuren, vielen Mineralstoffen und sei-

Herauslösens der Kerne aus dem Fruchtfleisch.

ner antioxidanten Kapazität punktet.

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ADVERTORIAL

100.000 Kürbisse:

Zum Abheben schön!

Im Herbst begeistert auf dem Spargel- und Erlebnishof Klaistow

zur Auswahl, Lagerung und vor allem zur Zubereitung von Hokka-

alljährlich die größte Kürbisausstellung Berlin-Brandenburgs - in

ido, Butternut & Co..

diesem Jahr unter dem Motto "Flieger.Flügel.Flugobjekte“. Täglich bis zum 6. November beflügelt der Anblick eines riesi-

Rund um die beliebte Herbstfrucht finden auf dem Hof der Fami-

gen Weißkopfseeadlers und eines herrlich bunten Schmetterlings.

lien Buschmann und Winkelmann zudem viele Veranstaltungen

Zu den weiteren Überfliegern zählen unter anderem eine Rakete, ein

statt, unter anderem die Offene GPC-Kürbiswiegemeisterschaft,

Doppeldecker und ein Ufo – alle übermannshoch und mit farbenfro-

bei der am 25. September stattliche Exemplare von etlichen hun-

hen Kürbissen geschmückt. Außerdem wird eine Sortenschau mit

dert Kilo auf die Waage kommen und anschließend bis zum Kür-

mehr als 600 Kürbissen aus aller Welt präsentiert.

bisschlachtefest am 30. Oktober präsentiert werden.

Das gemeinsame Kürbisschnitzen am Wochenende, feiertags

Ein weiterer Höhepunkt im September ist der Gastauftritt des

und täglich in den Herbstferien gehört ebenso zur Kürbiszeit in

Star-Kürbisschnitzers Ray Villafane aus Arizona/USA. Vom 22. bis

Klaistow wie die leckere Kürbisküche und das leuchtend orange

24. September lässt das Ausnahmetalent in Klaistow eine erstaun-

Kürbis-Eis. Weitere saisonale Spezialitäten wie Kürbis-Brot, -Stuten

lich detailgetreue und skurrile Kürbis-Szenerie entstehen.

und -Kuchen bietet die hofeigene Bäckerei an. Noch mehr Hausge-

Kürbisschnitzen ist auch beim beliebten Halloween-Fest unter

machtes wie Kürbis-Marmelade, -Chutney und sogar Kürbis-Nudeln

dem Motto Vampire am 29. Oktober angesagt. Schaurig-schön

füllt die Holzregale im Hofladen.

geht es nicht nur bei der Kinder-Kostümdisko, dem Laternenum-

Auf einem großen Kürbismarkt können die Besucher aus 30 Sor-

zug und Lagerfeuer mit anschließendem Feuerwerk zu, sondern

ten Zier- und Speisekürbissen aus eigenem Anbau wählen. Und die

den gesamten Oktober hindurch, während der erstmals in Klaistow

Kürbis-Showküche lädt zum Probieren ein. Hier gibt es auch Tipps

stattfindenden Halloween-Wochen.

● Täglich 8-18 Uhr geöffnet ● Direkt an der A10, 1 km ab Abfahrt Glindow/Klaistow ● Eintritt Hof frei ● Eintritt Ausstellungsbereich: Erw. 2 €, Kinder bis 12 Jahre frei, Dauerkarte 5 € ● Ausreichend kostenlose Parkplätze und Toiletten ● barrierefrei ● Bayerische Wochen im Scheunenrestaurant täglich im September und Oktober ● Oktoberfest mit neuer Band „Bertls Buben“ am 24. September, 19-24 Uhr (Eintritt 7 €)

SPARGEL- UND ERLEBNISHOF KLAISTOW ● Glindower Straße 28 ● 14547 Klaistow ● Tel. 033 206 – 610 70 ● www.spargelhof-klaistow.de


Kulturheidelbeere GESCHMACKSSACHEN

Blaues Wunder PLÄDOYER FÜR DIE KULTURHEIDELBEERE

EIN GESPR ÄCH MIT DEM L ANDWIRT ERNST-AUGUST WINKELMANN

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GESCHMACKSSACHEN Kulturheidelbeere Kalium, Magnesium und Eisen, weit mehr übrigens als die Waldheidelbeere. Ihr hoher Gehalt an Anthozyanen lässt sie doppelt so gut wie Erdbeeren und dreimal so gut wie Pflaumen schädliche Radikale im Körper entschärfen. Der Genuss der Früchte stärkt das Immunsystem, kann die Wände der Blutgefäße festigen und den Alterungsprozess von Körperzellen verzögern. Und das ist längst noch nicht alles. Eine wahre Wunderbeere. Sie sagen es, und das ist übrigens keine neue Erkenntnis. Bereits die Mönche des Mittelalters wussten: Je blauer Beeren sind, desto gesünder sind sie. Sie haben den Anbau in Klaistow erheblich gesteigert. Ja, weil wir gemerkt haben, dass sich die Kulturheidelbeere wachsender Beliebtheit erfreut, obwohl, wie ich schon sagte, da noch einige Luft nach oben ist. 2003 sind wir mit 1,5 Hektar gestartet, aktuell wachsen die Beeren auf 125 Hektar, und das soll noch längst nicht das Ende der Fahnenstange sein. Ernst-August Winkelmann, Jahrgang 1964, stammt aus Rahden in

Sondern?

Nordrhein-Westfalen und absolvierte eine Ausbildung zum Groß-

Wir planen, die jetzige Anbaufläche im Verlauf der nächsten drei

und Einzelhandelskaufmann. 1990 gehörte er, ebenso wie der

Jahre zu verdoppeln.

Gärtnermeister Jörg Buschmann, zu einer Städtepartnerschafts-

Weshalb diese Expansion?

Delegation, die dem brandenburgischen Glindow einen Besuch

Weil wir um das Potential der Frucht wissen, weil wir den Markt

abstattete. Die beiden Männer erfuhren dort von der Tradition des

beobachten und weil das Heidekrautgewächs – zu dieser Familie

Spargelanbaus im Beelitzer Revier, von dessen Blütezeit in den

gehört die Kulturheidelbeere – in den sauren, humosen und luft-

1930er Jahren und seinem Niedergang nach dem Krieg. Sie sahen

durchlässigen Böden hier in der Gegend optimale Bedingungen

eine Chance und hatten eine Idee. Ein Jahr später begann in Klais-

vorfindet.

tow die Karriere des bäuerlichen Familienbetriebes. Buschmann

Aber von allein wächst wahrscheinlich auch die Heidelbeere

und Winkelmann pflanzten auf 11 Hektar ihren ersten Spargel.

nicht.

Heute bewirtschaften sie insgesamt knapp 800 Hektar. Auf rund

Natürlich nicht. Pro Hektar rechnen wir mit einem finanziellen Auf-

einem Sechstel dieser Fläche wachsen Kulturheidelbeeren, deren

wand von rund 60.000 Euro bis sich nach etwa acht Jahren der

Saisonstart in Klaistow jedes Jahr kräftig gefeiert wird.

Vollertrag einstellt.

Party, Presse, Funk, Fernsehen, Politprominenz – ziemlich viel

Auf welche Sorten setzen Sie?

Tamtam um die Kulturheidelbeere.

Auf zwei frühe Sorten, Duke und Reka, die bereits im Juli zum Sai-

Ich finde, die Frucht hat jede nur erdenkliche Aufmerksamkeit ver-

sonstart gepflückt werden, auf die Sorte Bluecrop, die etwas spä-

dient.

ter trägt und auf die spät reifende Sorte Elizabeth, die von Mitte

Weshalb, Herr Winkelmann, leidet die Beere etwa an fehlendem

August bis Anfang Oktober Beeren liefert.

Renommee?

Und wie bewerten Sie das kulinarische Potential der Beere?

Ein bisschen schon, zumindest hierzulande. Ich war beispielsweise

Als noch nicht ausgeschöpft. Heidelbeereis, Heidelbeersauce, Hei­

vor einiger Zeit in den USA, dort gehört die Kulturheidelbeere zu

delbeerkuchen, -muffins, -marmeldade, das sind sicher gute Bei­

den Top Ten der so genannten Superfruits.

spiele der Veredlung, aber ich frage mich, ob die Kulturheidelbeere

Kein Wunder, dort wird sie ja auch schon seit über 100 Jahren

nicht auch zu Fleischgerichten passt. Oder zu Gemüse. Kreative

kultiviert.

Köche haben da sicher noch Einiges zu entdecken.

Das ist doch kein Argument. Auch in Deutschland gibt es seit An-

Vielen Dank für das Gespräch.

fang der 1920er Jahre Kulturheidelbeerplantagen. Was spricht denn nun besonders für die Frucht? Zwei Dinge. Zuerst ihr hervorragender Geschmack und zweitens das, was sie gesundheitlich zu bieten hat. Bleiben wir mal bei der Gesundheit. Gerne. Die Kulturheidelbeere ist kalorienarm, reich an den Vitaminen A, B1, B2 und C, sie enthält erhebliche Mengen an Calcium,

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ERLEBNISHOF KLAISTOW Glindower Straße 28 14547 Beelitz OT Klaistow Tel. 033206 — 610 70 www.buschmann-winkelmann.de


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Großer Bahnhof: Eröffnung der Brandenburger Heidelbeersaison 2016 in Klaistow.

Ihr zuverlässiger Partner für: Kochgruppen: Herde, Combi-Dämpfer, Bratplatten, Kochkessel, Friteusen u.v.m. Gewerbe-Geschirrspülmaschinen Tiefkühl- und Kühlanlagen Arbeits- und Spültische

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Geschmackstest: Ernst-August Winkelmann und Landrat Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig, li.

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GESCHMACKSSACHEN Sizilianische Spezialitäten

PESTO DI SICILIA Sizilianisches Pesto aus wildem Fenchel, der in den Bergen rund um das Städtchen Buccheri wächst.

CAPONATA DI SICILIA Süßsaure Würzcreme aus püriertem Bio-Gemüse: Aubergine, Paprika, Knoblauch. Dazu Olivenöl, Zitrone, Gewürze.

Gusto Sicilia ENTDECKT AUF DEM WOCHENMARKT AM K ARL-AUGUST-PLATZ VON JÖRG TEUSCHER

Das sizilianische Städtchen Buccheri in der Provinz Syrakus.

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Sizilianische Spezialitäten GESCHMACKSSACHEN

Pietro Nicotra an seinem Wochenmarktstand auf dem Karl-August-Platz.

Der junge Mann hinter dem kleinen Stand auf dem Wochenmarkt am

Der junge Mann heißt Pietro Nicotra, ist 26 und Sizilianer. Er absolvierte

Karl-August-Platz in Charlottenburg wirkt wie das ganze Gegenteil

an der Universität Catania ein BWL-Studium und kam gemeinsam mit

eines Händlers – eher still und zurückhaltend, ohne die Attitüden

seinem Freund Vincenco Costanza nach Berlin, beide wollen hier ihren

vieler seiner Kollegen.

Master machen. Um das zu finanzieren, gründeten sie eine Importfirma,

Wenn sich allerdings jemand für seine Offerten interessiert, blüht

mit deren Hilfe sie heimische Spezialitäten nach Berlin holen – erst-

er förmlich auf, erläutert gestenreich die geschmacklichen Beson-

klassige Olivenöle, naturell und mit Basilikum, Chili, Knoblauch oder

derheiten der Olivensorten Biancolilla, Cerasuola und Nocellara, er-

Limone aromatisiert, eingelegte Oliven, Konfitüren, Pestos. Die meis-

klärt geduldig die Verwendung von Fenchelpesto, erzählt von Pino

ten Delikatessen stammen aus einer Kooperative, die Pietros Eltern

Puglisi, einem sizilianischen Priester, der sich in Modica um junge

gemeinsam mit einer zweiten Familie gründeten, sind manufakturell

Mütter kümmerte, gemeinsam mit ihnen eine Schokoladenproduk-

hergestellt und leben von der Qualität ihrer Grundprodukte.

tion aufzog und wegen seines sozialen Engagements 1993 von der Mafia ermordet wurde.

CIOCCOLATA MODICANA Manufakturell hergestellte Schokolade aus dem CaritasHaus in der 55.000-Einwohner-Stadt Modica.

„Á mio gusto“, urteilt eine Kundin, „ganz nach meinem Geschmack.“ Lob, das Pietro Nicotra häufig hört.

OREGANO BIOLOGICO Typisch italienisches Würzkraut, von Bio-Bauern in der Son­ nenprovinz Syrakus angebaut und luftgetrocknet.

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Getränke Preuss Münchhagen GmbH Indira-Gandhi-Str. 25 13088 Berlin Tel.: +49 30 68 89 01- 0 Fax: +49 30 68 89 01- 26 info@getraenke-pm.de www.getraenke-pm.de

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Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI

MEISTER-KÖCHE

Stolze Truppe: Preisträger „Berliner Meisterköche 2016“.

Es war eine gute Idee, den Jubiläumsjahrgang Berliner Meisterkö-

Dazwischen lagen neben Höhen auch etliche Tiefen – Semmler

che im Restaurant Altes Zollhaus vorzustellen und damit einer Ak-

kann das sicher nicht mehr hören, aber es gehört nun mal zu seiner

tion Reverenz zu erweisen, die vor 20 Jahren mit der Auszeichnung

Geschichte. Er hat alles überstanden, nicht wegen des vergessli-

von sechs Berliner Spitzenköchen begann und inzwischen sogar

chen Feinschmeckervolkes, sondern aus eigener Kraft und Kreati-

international von sich reden macht.

vität. Der Michelin-Stern 2015 und der Berliner Meisterkoch 2016

Zollhaus-Inhaber Herbert Beltle, 1997 gemeinsam mit Manfred

belegen das. Chapeau, Markus Semmler!

Heissig, Johannes King, Franz Raneburger, Rolf Schmidt und Karl Wannemacher als Berliner Meisterkoch geehrt, erinnerte dann auch daran, dass damals die sprachliche Verknüpfung von Berlin und guter Küche noch als Paradoxon galt und der Gault Millau lästerte, die Berliner Edelgastronomie habe den Vorteil, ungemein übersichtlich zu sein. „Und heute“, so Beltle, „heute sind wir die Trendsetter.“

Aufsteiger 2016: Max Strohe.

Hut ab und Tusch auch für Max Strohe, den Aufsteiger 2016! Eine der sympathischsten Neugründungen der letzten Zeit, urteilten die meisten Kritiker über das Tulus Lotrek in der Kreuzberger Fichtestraße. Meisterköche 1997 und 2016: Herbert Beltle und Markus Semmler.

Nicht nur der Name ist aufmerksamkeitsheischend, auch sonst gibt’s hier kein Andante moderato, sondern kräftige Paukenschlä-

Berliner Meisterkoch 2016 – fünf Nominierte, sechs Sterne. And

ge – sowohl beim Ambiente als auch auf den Tellern. Nur Strohes

the winner is – Markus Semmler!

Koch-Vita kennt keine lauten Aha-Stationen.

Der Zwei-Meter-Mann bedankt sich artig und ist sogar ein biss-

Vor üppiger Urwald-Tapete an den Wänden des Tulus Lotrek ein

chen gerührt. 1998 holte er den Titel schon einmal, damals als Kü-

Hirschtatar mit gehobelter Leber und Liebstöckelpulver zum Bei-

chenchef im Schlosshotel Vier Jahreszeiten im Grunewald.

spiel – ein echter Kracher.

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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

Lisa Meyer, Robert Havemann und ihre Mannschaft sind Rosa Lisbert, und Rosa Lisbert ist das Berliner Szenerestaurant 2016! Toutes mes félicitations! Und merci – für eine Markthallengastronomie, die beweist, dass in einer solchen Location mehr als Streetfood möglich ist, für Flammkuchen der Extraklasse, für eine Elsassküche, die in Berlin ihresgleichen sucht und für eine großartige Gastgeberschaft.

Meisterkoch der Region 2016: Daniel Schmidthaler, re. im Gespräch mit Thomas Struck, Leiter des Kulinarischen Kinos der Berlinale.

Dann wird’s rot-weiß-rot und nicht nur die Ösi-Community jubelt. Meisterkoch der Region 2016: Daniel Schmidthaler aus Oberösterreich, der seit sechs Jahren in der Alten Schule Fürstenhagen am Herd steht! Berliner Gastgeber 2016: Viktoria Kniely aus der Steiermark, die seit 2014 im Restaurant Herz&Niere in Kreuzberg den Service managt! Felix Austria! Eine weise Entscheidung der Jury übrigens, den Titel Branden­

Die Inhaber des Berliner Szenerestaurants 2016: Lisa Meyer und Robert Havemann im Gespräch mit Viktoria Kniely, re.

burger Meisterkoch ad acta zu legen und sich der Region zuzu­wen­­den. Jetzt traf es eben Mecklenburg, im nächsten Jahr ist es vielleicht

Ein dreifach Hoch auf das Team Boris Radczun und Stephan Land-

Sachsen, na und? Lieber einen Spitzenmann wie Schmidthaler aus

wehr: Gastronomischer Innovator 2016! Der eine war Türsteher, der

MeckPom ehren, als in Ermangelung geeigneter Kandidaten einen

andere Bilderrahmenhändler, bevor sie eine atemberaubende gas-

zweitklassigen Brandenburger Suppenschmied küren. Und man

tronomische Karriere starteten, die ein bemerkenswertes Gespür

muss ja, was die Kulinarik im Nachbarland betrifft, die Hoffnung

für Berlin, für die Sehnsüchte der Bewohner und die Wünsche der

nicht gleich gänzlich aufgeben.

Besucher beweist: Grill Royal, Pauly Saal, Dóttir, Le Petit Royal, Café Einstein Unter den Linden und bald auch das erste eigene Hotel. Last but not least geht aus gegebenem Anlass ein Dank an die Jury: 13 Food-Journalisten, kompetent, unabhängig, die Créme de la créme ihrer Zunft, dazu Prof. Dieter Großklaus von der Chaîne des Rôtisseurs und Willy Weiland von der DEHOGA Berlin tagten insgesamt fast 20 Stunden bis 72 Kandidaten benannt, 25 Nominierungen ausgesprochen und schließlich die Meister gewählt waren. Vorsitzender Dr. Stefen Elfenbein: „Jurymitglied ist ein Ehrenamt!“

Berliner Gastgeberin 2016: Viktoria Kniely im Gespräch mit Prof. Dr. Dr. Dieter Großklaus, Jury-Ehrenpräsident.

„Ich habe nie, nie, nie damit gerechnet“, sagt Viktoria Kniely. Wir sagen herzlichen Glückwunsch! So jung und schon so gut! Und noch etwas: Die Knielysche Service-Herzlichkeit liegt sicher in den Genen, ihre Professionalität aber ist Ergebnis einer Ausbildung, von der Deutschland nur träumen kann. Ein Besuch in der steirischen Tourismusschule Bad Gleichenberg zum Beispiel könnte den Verantwortlichen hierzulande sicher auf die Sprünge helfen.

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Gastronomischer Innovator 2016: Boris Radczun (gemeinsam mit Stephan Landwehr), Mi. im Gespräch mit Daniel Schmidthaler.


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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

KÜCHEN-FUCHS weitere Standorte. Die jüngste Niederlassung ist in der Schweiz, in Rottenschwil im Kanton Aargau, die bisher nördlichste in Berlin. Auf der Haben-Seite unseres Teams in der Hauptstadt stehen bisher solche Restaurants wie das Nobelhart & Schmutzig, das Einsunternull, das Pasta Maria, das Two Buddhas am Nordbahnhof, das Greenhouse in Glienicke oder die Patisserie Jubel in Prenzlauer Berg, eine erfolgreiche Start-up-Unternehmung. Unser erstes Projekt hier war übrigens ein neues Küchenkonzept für die Weinbar Rutz und natürlich die Realisierung dieses Konzepts. Aktuell hat unsere Mannschaft die Unternehmenszentrale der 50Hertz-Transmission GmbH in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofes fertiggestellt. Neuerdings sieht man Sie häufig auch im Estrel Hotel. Niederlassungsleiter Gerold Christian Bauer.

Das ist richtig. Die Zusammenarbeit mit dem 1.125-Zimmer-Haus in Neukölln mit seinem Congress- und Festival-Center und dessen

Gerold Christian Bauer, 53, stammt aus dem Moselstädtchen Tra-

Küchendirektor Peter Griebel ist aber nicht neueren Datums, wir

ben-Trarbach, studierte in Mainz Innenarchitektur, kam 2006 zur

sind schon seit sieben, acht Jahren Partner. Die Dimension des

Unternehmensgruppe Edgar Fuchs und leitet seit 2011 die Ber-

derzeitigen Projektes allerdings übertrifft alles, was wir bisher ge-

liner Niederlassung des bundesweiten Marktführers im Bereich

meinsam realisiert haben.

Küchen- und Objektausstattung. Ein ziemlich spröder Begriff, Herr Bauer. Sie mögen das so sehen, aber unsere Kunden wissen schon genau, was sich dahinter verbirgt. Erklären Sie es doch bitte mal einem Laien. Wir sind Dienstleister für die Gastronomie und Hotellerie, aber wir statten nicht nur aus, sondern unsere Arbeit geht weit über die Einrichtung von Küchen oder Gasträumen hinaus. Wir erarbeiten beispielsweise komplette Restaurantkonzepte – wenn der Kunde es wünscht, einschließlich des Farb-, Licht- und neuerdings sogar des Foodkonzeptes bis hin zur Speisenkartengestaltung. Wir planen den Neu- und Umbau sowohl finanziell als auch zeitlich, und wir übernehmen mit Hilfe spezialisierter Baufirmen dann die Realisierung – natürlich immer in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Und, lassen sie mich das noch sagen, wir legen dabei sehr hohe Qualitätsmaßstäbe an – gleich übrigens, ob es sich um das Mitarbeiterrestaurant einer großen Versicherung handelt, in dem täglich

Partner im Estrel: Geschäftsführer Harald Fuchs, Niederlassungsleiter Gerold Christian Bauer und Küchendirektor Peter Griebel, v.re.

2.500 Menschen versorgt werden, um ein metropoles Restaurant mit besonderen Ansprüchen auch an das Interior Design bis hin

Worum geht es?

zum maßgefertigten Weinkühlschrank beispielsweise oder um ein

Kurz gesagt, um eine komplett neue Küchenstruktur. Das betrifft

kleines Café mit 16 Sitzplätzen.

nicht nur die Technik, sondern auch die Optimierung von Arbeits-

Seit fünf Jahren leiten Sie die Niederlassung der Fuchs-Gruppe in

abläufen, die Einsparung von Ressourcen, die Senkung von Be-

Berlin. Wie sieht denn Ihre Bilanz aus?

triebskosten, die Ergonomie, Hygiene und viele andere Faktoren.

Erstmal: Die Edgar Fuchs GmbH wurde vor 50 Jahren vom Namens-

Das ist also ein ziemlich großes Rad, das wir da gemeinsam dre-

geber des mittelständischen Unternehmens in Aschaffenburg ge­

hen, übrigens bei laufendem Betrieb.

gründet und wird heute bereits in zweiter Generation von seinen

Wann werden die neuen Küchen im Estrel startklar sein?

Söhnen Harald und Michael Fuchs geführt. Inzwischen haben wir ins­

Wir sind im Plan, also im September.

gesamt 130 Mitarbeiter, und es gibt neben der ­Firmenzentrale sechs

Vielen Dank für das Gespräch

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VIA Werkstätten

einsunternull

Michelberger Hotel

Jubel - feine pâtisserie

Berlin oder Los Angeles. 10 oder 1000 m². Wir statten jede Küche aus. Seit mehr als 50 Jahren planen, konzipieren und statten wir Gastronomie-Objekte aus. Und keines ist wie das andere. Von großer System-Gastronomie bis hin zum kleinen, feinen Sterne-Restaurant, von funktional-sachlich bis luxuriös-extravagant. Aber immer zugeschnitten auf die Bedürfnisse unserer Kunden. Wir kennen den Markt, wir kennen die Zukunfts-Trends und wir wissen, was ein erfolgversprechendes Projekt zu einem langfristig erfolgreichen Objekt macht.

Immer auf Augenhöhe. Und immer auf dem neuesten Stand. Edgar Fuchs GmbH, Niederlassung Berlin Gabriele-Tergit-Promenade 11-15, 10963 Berlin Tel.: +49 30 8562178-0, www.edgarfuchs.de


KULINARISCHE EXKURSION Toba

Tour nach Toba EIN JAPANISCHES TAGEBUCH VON JÖRG TEUSCHER

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Osaka

Tokio

Toba

Ach Berlin, du kleine große Stadt. Von hier aus in eine der fernen

pur, Tokyo. Unser Ziel ist Osaka, Japans drittgrößte Stadt. Zwan-

Metropolen dieser Welt zu fliegen – ohne zeitraubendes und nerv-

zig Journalisten aus zwölf Ländern sind zu einer Tour nach Toba

tötendes Umsteigen – das bleibt wohl noch lange ein frommer

eingeladen, rund 200 Kilometer von Osaka entfernt: Gregoire aus

Wunsch, trotz des neuen Milliardenkredits und der Blanko­garantie

Belgien, Zachi aus England, Stephané aus Frankreich, Natalie aus

der Länder Berlin und Brandenburg sowie des Bundes, die BER-

Israel, Deepti aus Indien, Amy aus Kanada, Andras aus Ungarn, Kol-

Finanzierung auch künftig sicherzustellen, egal was passiert.

legen aus Italien, Hongkong, Taiwan und Thailand.

1.570 Tage immerhin sind seit der Nichteröffnung des Airports am 3. Juni 2012 vergangen...

Die meisten aus der Gruppe haben schon Reportererfahrungen in Japan gemacht – in Tokyo, in den alten Kaiserstädten Kyoto und

Wer also nach Japan will, fliegt mit Air Berlin von Tegel beispiels-

Nara, auf Hokkaido, der Insel am Eismeer und Okinawa mit ihrem

weise nach Helsinki und steigt dort um. Das hat zumindest den

gelassenen Südseecharme – Toba jedoch ist für alle eine Premie-

Vorteil, dass man auf dem Airport der finnischen Hauptstadt ein or-

re, und wir freuen uns auf die Begegnung mit den berühmten Ama-

dentliches Mittagessen bekommt – Lachs mit Sternanis und Zimt,

Taucherinnen von Toba.

Kartoffeln, Brokkoli, Salat, Kaffee, Mineralwasser – und das zum

Doriana, Autorin eines Mailänder Online-Magazins, erzählt, dass

gleichen Preis, wie er im Tegel-Terminal für ein Paar Laggner-Weiß-

sie diese Frauen aus dem Fernsehen kennt. James Bond. Man lebt

würstl mit Laggner-Brezn aufgerufen wird. Dazu gibt’s eine Werbung

nur zweimal. Mister 007 heiratet Kissy Suzuki, eine japanische Ama-

gratis: „Berlin – not a city, but a life style“. Alles klar? Helsinki übrigens ist eine Art Drehkreuz für Asien-Flüge: Bangkok, Fukuoka, Guangzhou, Nagoya, Peking, Seoul, Shanghai, Singa-

Taucherin, dunkelhaarig, gertenschlank, die im Film mit schneeweißem Bikini auftritt. Und wie sieht nun die Wirklichkeit aus? Wir sind jedenfalls gespannt.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Mittwoch, 18. Mai 2016 ­

BANKETT IN TOBA-CITY

Wir freuen uns, dass Sie nach Toba City gekommen sind, und ich begrüße Sie herzlich an einem kulinarischen Ort mit jahrtausen­ dealter Seafood-Tradition, in der Hauptstadt der Ama-Fischerei. Sadakatsu Matsuura Präsident des Vereins der Küchenchefs Toba

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

11.00 Uhr Treff in der Ankunftshalle des Kansai International Air­

Toba City also, 20.000-Einwohner-Stadt in der Präfektur Mie, einer

ports Osaka, 11.15 Uhr Abfahrt des Busses nach Toba City, 14.45 Uhr

von 47 Verwaltungseinheiten Japans, etwa vergleichbar mit den

Check-in im dortigen Hotel Todaya, 16.00 Uhr Dinner-Party im Res-

deutschen Bundesländern. Toba liegt auf der Halbinsel Ise Shima

taurant Toba Marché – so hieß es im Zeitplan, den uns Delegations-

direkt am Pazifik, findet zwar nur in wenigen Reiseführern Erwäh-

leiter Justin Yip in die Hand gedrückt hatte.

nung, hat es aber dennoch zu einiger Bekanntheit gebracht. Da ist

Die erste Erkenntnis: Wer hier 14.45 Uhr sagt, meint 14.30 Uhr,

die Perleninsel Mikimoto, auf der Kokichi Mikimoto 1893 eine noch

und wenn es 16.00 Uhr heißt, ist 15.45 Uhr gerade richtig. Japan ist

heute angewandte Methode entwickelte, Perlen zu züchten. Da ist

das Land der Überpünktlichkeit. Lediglich in einem Bereich nehmen

die uralte Tradition der Ama-Taucherinnen – der eigentliche Grund

es die Japaner mit der Uhrzeit nicht so genau: Der Feierabend be-

unseres Toba-Trips – und da ist eine regionale Seafood-Küche, die

ginnt, wenn die Arbeit erledigt ist und der Chef nach Hause geht.

selbst im fischverrückten Japan ihresgleichen sucht.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

平成28年5月18日(水)

鳥 羽 の 魚 貝 バ ン ケ ッ ト

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Food-Journalisten aus zwölf Ländern in Toba: ein Medienereignis.

Gastfreundschaft gehört zu den wichtigsten japanischen Tugenden,

te – Obst, Gemüse und Reis – sowie Fisch und Fleisch angeboten

ebenso wie Bildungsdrang, Hilfsbereitschaft, Höflichkeit und Traditi-

werden, ebenfalls ausschließlich aus der Gegend.

onsbewusstsein. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Stadt

Bürgermeister Kusuichi Kida informiert uns darüber, dass über

Toba eine Gruppe Journalisten zum Auftakt ihres Besuches zu ei-

zehn Prozent der Einwohner der Stadt vom Fischfang und von der

ner Welcome Dinner Party einlädt.

Fischverarbeitung leben. Rund 2.500 Menschen sind das.

Selbst Kusuichi Kida, der Bürgermeister von Toba und sein Vize,

Hinzu kommt der Tourismus. Toba zählt jedes Jahr rund vier Mil-

Kenichi Kinoshita, haben sich diesen Abend frei gehalten, um uns

lionen Gäste, 60 Prozent davon kommen aus den nahe liegenden

zu begrüßen – dazu ein gutes Dutzend weiterer Repräsentanten

Großstädten. „Für Osaka zum Beispiel sind wir eine Art Naherho-

aus Wirtschaft und Tourismus der Region. Und sie haben es sogar

lungsgebiet“, so Bürgermeister Kusuichi Kida.

geschafft, die zwölf Fahnen der Länder aufzutreiben, aus denen

Unzufrieden ist das Stadtoberhaupt damit, dass jährlich nur

wir Reporter kommen. Das ist auch deshalb erwähnenswert, weil

40.000 ausländische Besucher den Weg nach Toba finden. „Bis

Toba nicht Tokyo ist, wo die Organisation eines solchen Aktes der

spätestens 2020 soll sich diese Zahl verdoppeln.“

Freundlichkeit natürlich keine Hürde darstellt.

Dabei setzt er nicht zuletzt auf das kulinarische Potential, das

Der Ort des Geschehens heißt Toba Marché, ein rund 750 Quadrat­

nicht nur Toba, sondern die gesamte Halbinsel Ise Shima bietet.

meter großer Flachbau in Hafennähe – normalerweise eine Markt-

Stichwort und Startschuss für Chef Sadakatsu Matsuura und seine

halle mit Restaurant, in der regionale landwirtschaftliche Produk-

Mannschaft.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Die Arbeit der Männer in Weiß beginnt mit einer Kulthandlung. An­ dächtig prüfen sie ihre Messer. Chef Sadakatsu Matsuura ent­nimmt einem Zedernholzkasten eine Scheide aus Zeitungspapier, darin ein Schneidwerkzeug mit geschätzten 80 Zentimetern Klingen­länge. Das so genannte Yanagiba, ein handgeschmiedetes, extrem scharfes Filetiermesser mit einem rutschfesten Griff aus Graumagnolie, der von einer Zwinge aus Büffelhorn gehalten wird, stammt aus Sakai, einer traditionellen Messerstadt in der Nähe von Osaka und kostet wahrscheinlich ein kleines Vermögen. Die übrigen Köche benutzen für ihre Arbeit beidseitig geschliffene Santokus. „Messer der drei Tugenden“ nennen sie ihre Werkzeuge, weil sich damit sowohl Fisch als auch Fleisch und Gemüse schneiden lassen. Der Klingen-Kult fernöstlicher Küchenmeister ist kein Spleen und bestimmte Schnitttechniken sind kein Selbstzweck, sondern eine Art mechanische Geschmacksverstärkung.

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Traditioneller Service: Mitglieder der Toba Ryokan Association.

Chef Sadakatsu Matsuura, übrigens auch Präsident des RegionalInstituts für kulinarische Studien, zerlegt mit seinem schwertähnlichen Werkzeug einen Thunfisch dermaßen geschickt, dass selbst die zahlreich angereisten Kollegen japanischer Fernseh- und Rundfunkstationen staunen. Kommentar von Shiori Shimizu von Fuji Television Network: „Das können auch die Leute auf dem TsukijiFischmarkt in Tokyo nicht besser“. Der Ise-Tuna wird roh als Sushi und Sashimi serviert, außerdem gibt es alles, was der Pazifik im Frühsommer in dieser Region sonst noch bietet: die Spanische Makrele, den delikaten Japanischen Hum­mer, der in Wirklichkeit eine Langustenart ist und hier Ise-Ebi heißt, die winzigen Lanzettfische, Felsenaustern, Kammmuscheln, Turbanschnecken. Der Star des Abends ist jedoch die Abalone, zu deutsch Seeohr, eine sündhaft teure Delikatesse. Und hier kommen die Ama-Taucherinnen ins Spiel, Frauen, die diese Schnecken vom Meeresboden der Toba Bay holen.

Internationales Medieninteresse...

Sehen zwar wie Muscheln aus, sind aber Schnecken: Abalonen.

...für zwei junge Ama-Taucherinnen und Chef Sadakatsu Matsuura.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Donnerstag, 19. Mai 2016 ­

IM TOBA SEA-FOLK MUSEUM

Bitte unterstützen Sie mit Ihren Möglichkeiten unseren Antrag, die über 3.000 alte ­Kultur der AmaFischerinnen und i­hres Brauchtums in die Liste des UNESCOWelt­kulturerbes aufzu­nehmen. Yoshikata Ishihara Direktor Toba Sea-Folk Museum

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Der freundliche ältere Herr, der uns am Eingang des Toba Sea-Folk

entworfenes Museum mit Design-Preisen förmlich überschüttet

Museums mit vollendeter japanischer Höflichkeit begrüßt, heißt

wurde – um dann jedoch schnell zu einem Thema zu kommen, dem

Yoshikata Ishihara, ist der Direktor dieses weit über die Region hin-

seine ganze Leidenschaft gehört: der Vergangenheit, Gegenwart

aus bekannten Museums, Historiker, Buchautor und ein auch inter-

und Zukunft der Ama-Fischerinnen.

national geschätzter Kenner der jahrtausendealten Geschichte der Ama-Fischerei.

Wie sehr ihm die Traditionen der Ama, ihr Brauchtum und dessen Bewahrung am Herzen liegen, merkt man auch an Yashikata

Natürlich verweist er in einer wohltuend kurzen Rede auf die über

Ishiharas Formulierungen. „Die wahren Königinnen der Küste“,

60.000 Fischerei-Exponate seines Hauses, auf die beeindruckende

nennt der sonst so sachliche Wissenschaftler die Taucherinnen

Sammlung hölzerner Fischerboote und vergisst auch nicht zu er-

und fügt hinzu: „Sie kennen die Unterwasserwelt genauso gut wie

wähnen, dass sein vom japanischen Stararchitekten Hiroshi Naito

die Straßen ihrer Dörfer.“

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

平成28年5月19日(木)

鳥 羽 の 海 の 博 物 館 に て

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit

Die Frauen können bis zu einer Minute unter Wasser bleiben und

ist lang. Die indonesische Batik gehört dazu, die chinesische Kal-

erreichen Tauchtiefen von fünf bis maximal 20 Meter. Mit Hilfe

ligrafie und die traditionelle Geigenbaukunst im norditalienischen

meißelartiger Werkzeuge lösen sie Seeigel, Schnecken und die

Cremona. Auch Kulinarisches fand in den letzten Jahren Aufnah-

kostbaren Abalonen vom Meeresboden, außerdem bringen sie Al-

me: die Mittelmeerküche beispielsweise, das Krabbenfischen zu

gen, Hummer und Oktopusse mit nach oben.

Pferde in Belgien, der Weinausbau in Amphoren in Georgien.

Warum Männer diese Arbeit nicht machen, wird unterschiedlich

Bereits 2007 stellten Japan und Südkorea den Antrag, die Ama-

erklärt. Sie haben weniger Körperfett, sagt man, da könnten sie die

Fischerei ihrer Länder in diese Liste aufzunehmen, doch bislang

Kälte schlechter vertragen. Oder sie sind beim Fischfang auf hoher

ohne Erfolg. Deshalb nutzt Museumsdirektor Yoshikata Ishihara

See. Vielleicht sind sie aber einfach auch nur das schwächere Ge-

jede Möglichkeit, dafür zu werben. „Ama bedeutet ‚Frau des Mee-

schlecht, heißt es bei den Ama-Taucherinnen.

res‘, und seit rund 3.000 Jahren sind es tatsächlich ausschließlich

Was sie fangen und sammeln dürfen, ist inzwischen streng re­

Frauen, die diese Art der Fischerei betreiben“, erläutert er und zeigt

g­lementiert. Eine Abalone beispielsweise muss mindestens 50 Mo­

Bilder – Taucherinnen, früher lediglich mit einem Lendenschurz be-

nate Wachstum hinter sich haben, dann ist sie 10,6 Zentimeter lang,

kleidet, seit Beginn des 20. Jahrhunderts in weißem Leinendress

das Mindestmaß. Die Ama-Taucherinnen kontrollieren es mit einfa-

und seit etwa 1960 im Neoprenanzug, allerdings ohne Schnorchel

chen Hilfsmitteln aus Holz. Abalonen, die das Maß nicht erreichen,

und ohne Sauerstoffgerät.

kommen zurück ins Meer.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Freitag, 20. Mai 2016 ­

BEI DEN AMA-TAUCHERINNEN VON TOBA

Natürlich gibt es in Toba noch ältere Taucherinnen als mich. Ich bin 69 Jahre alt und tauche seit meinem 24. Lebensjahr nach Muscheln, Schnecken und Algen. Und ich denke noch nicht ans Aufhören, weil es meinem Rücken guttut. Kanzuyo Murayama Ama-Taucherin Toba

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

In den Straßen von Toba sind die Ama allgegenwärtig. Überall Pla-

Hinweis darauf, dass hier aktive Ama wohnen. Allzu viele Häuser

kate und Poster, in den Schaufenstern vieler Geschäfte Essentials

mit Stern und Gitter gibt es in Toba jedoch nicht mehr. Während

der Ama-Tätigkeit, uralte Taucherbrillen, rostige, messerartige Werk­

An­fang der 1950er in der Stadt über 3.000 Frauen dem Ama-Hand-

zeuge und Netze, die die Taucherinnen um den Hals tragen.

werk nachgingen, sind es heute gerade mal noch knapp 600. Ähn-

Zwei Ama-Symbole zieren auch die meisten Souvenirs: Seiman,

lich drastisch ist der Rückgang in der benachbarten Stadt Shima.

ein fünfzackiger Stern, und Doman, ein Gitterraster. Beide sollen

Hinzu kommt, dass die aktiven Taucherinnen immer älter wer-

die Frauen vor Gefahren schützen, wenn sie in den felsigen Küsten-

den. Die jüngsten in Toba sind um die 30, die älteste über 80, das

gewässern nach Seafood tauchen.

Durchschnittsalter liegt bei 63 Jahren. Einige der Gründe dafür

Auch an einigen Häusern finden wir diese traditionellen Zeichen, einfach an die Tür gemalt oder in rund geschliffene Steine geritzt:

liegen auf der Hand, andere erfahren wir beim Besuch in einem so genannten Ama goya.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

平成28年5月20日(金)

海 女 さ ん 達 と 一 緒 に

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Die Ama-Grundausstattung.

Ama goya heißen die Hütten (Fotos unten), in denen sich die Tau-

gelt, um die Abalonen vor Raubbau zu schützen.“ Von März bis Mai

cherinnen nach der Arbeit erholen. Außen Parkplätze für ihre Mo-

tauchen die Frauen vormittags und nachmittags je eine Stunde

torroller und Kleiderständer, um die Neoprenanzüge zu trocknen,

lang, bis zum 14. September dann je anderthalb Stunden.

innen eine offene Feuerstelle, drumherum Bänke zum Ausruhen.

Ohnehin stammen vier Fünftel aller in Japan verzehrten Abalo-

Wir treffen vier Ama, die zwar mit uns reden, aber mit ihren dicken

nen inzwischen aus Zuchtbetrieben. Sie sind allerdings ziemlich

Pullovern und wärmenden Decken nicht fotografiert werden wollen.

klein und auch ihr Geschmack kommt nicht entfernt an den der

„Nur in Neoprenanzügen“, bitten sie. Ama haben ihren Stolz.

Awabi, der „wilden“ Seeohren aus dem Pazifik heran.

Sawako Nomura, die Älteste, ist 70 und taucht seit 45 Jahren;

„Und was den Nachwuchs betrifft“, so Mie Nakazero, „der fehlt

Sayuri Nakamura, 65, ist seit 43 Jahren dabei; die 62-jährige Yoshi-

nicht nur uns, er ist ein Problem in der gesamten Land- und Fisch-

no Uemura kam erst mit 40 zu den Ama-Taucherinnen ebenso wie

wirtschaft Japans.“ Sawako Nomura fügt hinzu: „Die Zeiten, in de-

Mie Nakazero, die 52-jährige Wortführerin der Gruppe.

nen die gut verdienenden Taucherinnen bei den Männern selbst ein

Sie spricht über den fehlenden Nachwuchs, über die zunehmende Verschmutzung der Meere und darüber, dass dadurch immer weniger Abalonen wachsen. „Früher“, sagt sie, „sind wir so lange getaucht, wie es möglich war“, heute hat die Fischereigenossenschaft die Arbeitszeit gere-

‚guter Fang‘ waren, sind leider vorbei.“ Noch arbeiten in 18 der 47 japanischen Präfekturen rund 1.800 Ama-Taucherinnen, pflegen ihre Traditionen und hoffen, dass mit einer Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes ihr uralter Frauenberuf vor dem Aussterben bewahrt werden kann.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Sawako Nomura, Sayuri Nakamura, Yoshino Uemura und Mie Nakazero machen sich auf den Weg zu ihrem nachmittäglichen Tauchgang. Sie zeigen uns ihre Ausrüstung: Taucherbrille, Schwimmflossen, Bleigürtel, ein Sammelnetz, das an einem Schwimmring befestigt ist, eine Reihe von verschieden langen Meißeln, mit deren Hilfe sie die Abalonen von den schroffen Felsen unter dem Meeresspiegel lösen ohne dabei deren Nachkommenschaft zu zerstören. Zehn bis fünfzehn Abalonen können erfahrene Taucherinnen in einer Stunde nach oben bringen, rund 60 mal müssen sie dafür abund wieder auftauchen. Anfängerinnen sind froh, wenn sie in den Tiefen des Ozeans eine einzige der Seeschnecken entdecken. „Erfahrung und Geschick entscheiden über den Erfolg“, sagt Mie Nakazero. Wir finden, dass Ausdauer, Kraft und Mut genauso zu diesem Job gehören, dessen häufig beschworene Romantik mit der Wirklichkeit allerdings wohl so viel zu tun hat wie eine HummerReady for diving...

...und ab in zehn Meter Tiefe – ohne Pressluft.

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mit einer Heckenschere. Das Meer als Ort täglicher Arbeit birgt

Kein Geheimnis: Auktionspreise für Ama-Seafood.


Toba KULINARISCHE EXKURSION

Verkauf der „Beute“...

...an die Fischereigenossenschaft.

Risiken, die Allianz der Taucherinnen mit dem Pazifik ist trügerisch, Ama ist ein harter und gefährlicher Beruf. Dennoch sind die Frauen gut gelaunt und erzählen selbstbewusst und mit dem Stolz von Menschen, die den Ozean nicht fürchten, über ihre Gemeinschaft, deren jahrtausendealte Traditionen, aber auch darüber, dass das Abalone-Tauchen noch immer eine lukrative Angelegenheit ist. Im Fischereihafen von Toba – hierher bringen die Ama ihr Sea­ food zum genossenschaftlich organisierten Verkauf – hängen Preislisten. Rund 8.700 Yen pro Kilogramm haben die größten Abalonen bei den letzten Auktionen erzielt. Das sind immerhin 70 Euro. In den Sternerestaurants von Kyoto oder Tokyo kosten die handtellergroßen Exemplare dann allerdings locker ein paar hundert Euro. Preiswerter ist es da allemal in den rustikalen Gasthäusern, die die Taucherinnen inzwischen selbst betreiben, den so genannten Ama huts. Eine Abalone frisch vom Grill, fachgerecht vor- und zubereitet, das ist schon ein Genuss.

Seafood frisch vom Grill...

Ama-Gasthaus: Touristenattraktion in Toba.

...ein kulinarisches Schlüsselerlebnis.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Samstag, 21. Mai 2016 ­

AUF DER INSEL TOSHIJIMA

Wie ich die Zukunft unserer Insel sehe? Die Kinder sind unsere Zukunft, aber sie gehen weg, wenn sie erwachsen sind. Irgendwann wird Toshijima eine Insel der alten Leute sein. Hamazaki Yasumichi Bürgermeister Toshijima Island

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Kurs Toshijima: Bootsführer Yasutaka Matsuo.

„Hello Captain!“ Yasutaka Matsuo lächelt ein bisschen verlegen. Er

Kamishima und schließlich Toshijima, das ist die größte und be-

spricht zwar kein Englisch, aber Captain, das ist international, das

völkerungsreichste dieser Inseln.“ Auf die Frage, was es denn au-

versteht er.

ßerdem Besonderes auf Toshijima gebe, antwortet der Tourismus-

Nein, übersetzt die Dolmetscherin, er sei kein Kapitän, sondern

Manager mit einem Lächeln. Nach fünf, sechs Sekunden Pause

lediglich Bootsmann. Petty officer. Japanisches Understatement,

sagt er: „The unpretentious charm.“ Dann wieder dieses Lächeln

das kennen wir schon.

und der Satz: „There time passes slowly.“

Sicher steuert Yasutaka Matsuo seine Barkasse aus dem Fähr-

Nach einer knappen Stunde Seefahrt legt Yasutaka Matsuos Bar-

hafen von Toba und dann in Richtung Nordosten. Mit an Bord ist

kasse in Toshi Port, einem der drei kleinen Inselhäfen an, und wir

Akifumi Seko, Chef der Toba Tourism Association. „In der Bucht

machen uns auf den Weg, den schlichten Charme von Toshijima zu

von Toba gibt es vier Inseln“, erklärt er. „Sakatejima, Sugashima,

entdecken und zu erfahren, was es heißt, wenn die Zeit schleicht.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

平成28年5月21日(土)

答 志 島 に 渡 っ て

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Fischerdorfidylle auf Toshijima.

Erster Eindruck: Toshi Port ist eine Bilderbuchidylle. Sanft glitzert

Die Chronik nennt an erster Stelle den gewaltigen Ise-Bucht-Taifun

der Pazifik unter der Morgensonne, grüne Hügel, kleine Häuser, Fi-

„Vera“, der 1959 die Präfektur Mie und die Stadt Nagoya heimsuchte.

scherboote schaukeln in den Wellen. Hier scheint die Welt in Ord-

Die heutigen ausgeklügelten Frühwarnsysteme gab es damals noch

nung, die Menschen im Einklang mit der Natur.

nicht, und so forderte die Katastrophe vor 57 Jahren über 10.000

Lediglich die selbst im kleinsten Dorf allgegenwärtigen Automa-

Opfer. 1.5 Millionen Japaner wurden obdachlos.

ten stören dieses Bild. Gewaltige bunte Kisten, gefüllt mit Zigaretten,

An vielen Häusern des Fischerdörfchens, aber auch an Schup-

Getränken, Snacks, selbst solche mit eingebauter Mikrowelle gibt es.

pen und Booten, entdecken wir ein mystisches Zeichen (s. Seite

Und da ist dieses riesige, leuchtend gelbe Schild: Tsunami War-

110). Die Insulaner nennen es Maruhachi und Akifumi Seko weiß

ning! „Wenn ein Erdbeben länger als eine Minute dauert, begeben Sie sich augenblicklich in höher gelegenes Gebiet!“, heißt es.

natürlich, was es damit auf sich hat. „Das eigenartige Zeichen zeigt die Zahl Acht – auf japanisch

Sicher, Fukushima liegt rund 500 Kilometer weiter nördlich, und

hachi – und es ist der populären Gottheit Hachiman gewidmet, die

auf der Halbinsel Ise Shima gibt es auch kein Atomkraftwerk, aber

sowohl in der Shinto-Religion als auch im japanischen Buddhis-

die Bilder der verheerenden Katastrophe sind schnell wieder ge-

mus verehrt wird.“

genwärtig. „Nicht nur diese Region, sondern die gesamte japani-

Und was bedeutet nun dieses Symbol? „Damit wird die Hoff-

sche Pazifikküste ist gefährdet“, erklärt Tourismus-Manager Akifumi

nung der Fischer auf gute Fänge und die Sicherheit ihrer Häuser

Seko, „Erdbeben, in deren Folge auftretende Tsunami, Taifune.“

ausgedrückt.“ Hierzulande würden wir Glückszahl sagen.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Japan ist das Land der Lautsprecher und natürlich entsprechender Durchsagen. Immer und überall ertönen Ankündigungen, Hinweise und Warnungen. In Toshi Port beginnt es um 6.00 Uhr morgens. Tüt-tüüt, tüt-tüüt, tüt-tüüt. Dann eine Stimme, weiblich und freundlich, aber irgendwie auch bestimmt. Minuten später herrscht Betriebsamkeit in den engen Gassen. Knatternde Motorroller, lautes Lachen, Stimmengewirr. Frauen und Männer treffen sich am Hafen, die meisten ­tragen Gummistiefel, manche Südwester, alle haben irgendwelche­Ge­ räte – Besen, Harken, Schaufeln, Spaten. Sie beginnen, den Strand zu säubern, stopfen Plastikmüll, der über Nacht angeschwemmt wurde, in Säcke – sechs, acht davon sind schnell gefüllt. Später erfahren wir, dass sie das, außer an Sonn- und Feiertagen, täglich tun. Wir rechnen: Acht solcher Säcke bei jeder Strandkosmetik­ aktion, das sind im Jahr rund 2.400, ein gigantischer Müllberg, allein an die­sem Strand.

Treffpunkt Hafen...

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...zur morgendlichen Strandkosmetik.


Toba KULINARISCHE EXKURSION

Ariko Hashimoto...

...und ihr Mann Yasoji.

Bis zu 13 Millionen Tonnen Plastik werden weltweit jedes Jahr in die Meere gespült oder geworfen. Nur ein Bruchteil davon gelangt wieder an Land. Der Rest sammelt sich auf dem Meeresboden und verrottet erst in Jahrhunderten. Das Meer als riesige Müllkippe. Irgendwie scheint das, was dann Punkt 12.00 Uhr aus den Lautsprechern des Dorfes schallt, nicht zu dieser deprimierenden Vorstellung zu passen: Ludwig van Beethoven, 9. Sinfonie, der Schluss­ chor, das Jubelthema. Freude, schöner Götterfunken. Die Bekanntschaft mit Ariko und Yasoji Hashimoto bestätigt unsere Vermutung. Der 82-Jährige und seine Frau, 77, sind auf Toshijima geboren und kennen das Meer. „Der Kampf gegen den Müll ist ein Kampf gegen Windmühlen“, sagt uns die alte Fischersfrau. Um 13.00 Uhr ist Fischauktion. Was die Kutter am Morgen in Küs­tennähe gefangen haben, wird versteigert. Große Vielfalt, kleine Mengen, dementsprechend hoch die Gebote. Fisch ist teuer in Japan, weit teurer als in Deutschland.

Fischauktion ist Männersache...

...mit einer Ausnahme: Chiharu Hashimoto.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Sonntag, 22. Mai 2016 ­

IM INSELHOTEL SUZUNAMI

Unsere idyllische Insel hat eine Chance, wenn wir mehr Angebote für einen sanften Tourismus machen. Die herrlichen Landschaften, die stillen Wanderwege und Strände, der weite Blick auf den Pazifik sind für gestresste Stadtmenschen wie gute Medizin. Chiharu Hashimoto Hotelbetreiberin Toshijima Island

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Eben noch mit T-Shirt und Basecap auf der Fischauktion, treffen

Kiyohiro und seine Frau Chiharu führen es in dritter Generation.

wir Chiharu Hashimoto ein paar Stunden später dezent geschminkt

Beide sind hier geboren und, was die Zukunft der Insel betrifft,

und straff eingeschnürt in einen leichten Baumwollkimono, den so-

weniger pessimistisch als ihr Bürgermeister. Kiyohiro Hashimoto,

genannten Yukata, die Arbeitskleidung im Hotel Suzunami.

ausgebildeter Hotelfachmann und vor Jahren einige Zeit in der

Die 47-Jährige und ihr Mann Kiyohiro, 49, betreiben das Haus

Schweiz tätig, verweist auf die Ruhe, die Naturschönheiten und

seit 1996, dreißig Zimmer und Suiten, ein Bankettsaal, Räume für

die Wandermöglichkeiten der Insel. „Natürlich ist Toshijima nicht

Tagungen und natürlich das unvermeidliche Gemeinschaftsbad,

Tokyo Disneyland, aber Vergnügen muss ja nicht notwendigerwei-

das aus natürlichen heißen Quellen, den Onsen, gespeist wird.

se laut und schrill sein“, ergänzt seine Frau. Die beiden Hoteliers

Kiyohiro Hashimotos Großvater hat das Suzunami 1958 als winzige Herberge eröffnet, seine Mutter baute sie dann zum Hotel um,

haben vier Kinder und sind sich sicher, dass auch die vierte Generation im Suzunami-Hotel ein Hashimoto sein wird.

Insel-Hoteliers: Chiharu und Kiyohiro Hashimoto.

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

平成28年5月22日(日)

答 志 島 の 寿 々 波 旅 館 に て

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Toba KULINARISCHE EXKURSION

Das Hotel Suzunami, ein so genanntes Ryokan.

Natürlich sind auch in Japan die internationalen Hotel-Companies

Kiyohiro Hashimoto, der Chef des Hauses hält seine erste Lektion.

mit ihren Luxusherbergen vertreten, in Tokyo ist mit dem Mandarin

Thema: Wie verhalte ich mich in einem Ryokan richtig. „Nachdem

Oriental sogar das weltweit erste Sechs-Sterne-Hotel am Start.

Sie das Haus betreten haben, ziehen Sie bitte Ihre Straßenschuhe

Geschäftsleute übernachten häufig in Business Hotels, karo einfach, aber preiswert und meist in Bahnhofsnähe. Noch eine Preisklasse tiefer sind die Mishuku, Familienpensionen. Man teilt sich das Badezimmer auf dem Gang, die Fernseher in den winzigen Schlafräumen sind Baujahr 1990. Einen regelrechten Boom erleben seit über 30 Jahren die sogenannten Kapselhotels – ein Bett für die Nacht. Fernseher, Schließ-

aus und benutzen die bereitgestellten Hausslipper. Beim Betreten des Zimmers lassen Sie diese am Eingang stehen. In den Badezimmern gibt es extra Badezimmerslipper.“ Schuhe aus, Schlappen an, auch Hashimoto und seine Mitarbeiter tragen im Haus zu Anzug, Hemd und Krawatte ihre Hausschlurfer – das ist für Ausländer gewöhnungsbedürftig, wirkt aber irgendwie familiär.

fach. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, in einem Tempel zu

Ohnehin sind es zum größten Teil Gruppen, die in einem Ryokan

übernachten und mit den Mönchen um 3.30 Uhr aufzustehen, zu

absteigen und die dann meist auch zu viert oder fünft in einem

meditieren und zu beten.

Zimmer untergebracht werden – das ist bei Firmenausflügen eben-

Die Klassiker schlechthin allerdings heißen Ryokan, wörtlich über­

so üblich wie bei Familienreisen. Wer gemeinsam auf Reisen geht,

setzt: Reisegasthäuser. Das Suzunami ist ein Ryokan, ein typisch ja­

übernachtet auch gemeinsam in einem Zimmer. „Es lebe die Jugend-

panisches Traditionshotel mit eigenen Gebräuchen.

herberge“, kommentiert unser ungarischer Kollege Andras trocken.

Suzunami-Empfangshalle: Betreten bitte nur in Hausschuhen!

Suzunami-Zimmer: Betreten bitte nur auf Socken!

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KULINARISCHE EXKURSION Toba

Dinner im Hotel Suzunami.

Bei der Arbeit: Reporterin Deepti Dadlani aus Indien.

Entscheidend dafür, welche Note die Gäste einem Ryokan geben, ist die Güte des Essens. Traditionell, reichhaltig und vielfältig sollte es sein, das erwartet der Japaner. Zum Abendessen trifft man sich – natürlich in Hausschuhen – im Speisesaal. Der ist, wie die Zimmer, mit den obligatorischen Ta­ tamis, Schilfmatten mit Reisstrohfüllung und einer Einfassung aus Brokatstoff ausgelegt, man nimmt im Schneidersitz oder auf Knien vor den niedrigen Tischchen Platz, und los geht’s. Das Suzunami-Hotel gilt, was die Qualität seiner Dinner-­Offerten betrifft, als eins der besten Häuser in der gesamten Präfektur. Dem ausgedehnten Essen folgt an den meisten Abenden das unvermeidliche Karaoke, bei dem selbst der Hotelchef zum Mikrofon greift und die Stimmbänder vibrieren lässt. Zum Glück hört kaum jemand zu, alle warten nur auf den eigenen Einsatz. Zumindest bei mir wird der beim nächsten Mal besser klappen, versprochen. Also Die Ryokan-Köchinnen.

Nach der Arbeit: Toba-Tourismusdirektor Akifumi Seko.

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dann – Sayonara, auf Wiedersehen Japan.


Echt. Gut.

Warum zahlt mir meine Molkerei Berchtesgadener Land einen fairen Milchpreis?

» Ich bin eine von 1.800 Bäuerinnen der Molkerei-Genossenschaft. Als Genossenschaft planen wir stets nachhaltig für Mensch und Natur. Und alles was erwirtschaftet wird, kommt uns Bauern und unserer Kulturlandschaft zugute. Ich bin Sandra Hörterer, Bergbäuerin aus Schleching.

www.bergbauernmilch.de


RUBRIKEN Fuhrmanns Früchtekorb Old Man seines Berufsstandes in Berlin, gehört zu den kenntnisreichsten ­Männern seiner Branche. Lieber klein, dafür fein — mit diesem Motto startete er 1977 auf einem Charlottenburger Hinterhof ins Obstund Gemüsegeschäft. 1980 Umzug auf den Fruchthof an der Beusselstraße, 1996 Eintritt seines Sohnes Marcus in die Firma, 2007 Übernahme einer neuen Kühlhalle. Inzwischen beschäftigen die Fuhrmänner 28 Mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und in hoher Qualität. Von A wie Artischocke bis Z wie Zi-

Dieter und Marcus Fuhrmann.

tronengras. Wenn in Berlin oder Brandenburg die wei-

ern, heißt es bei den Küchenchefs dort

Für unser Magazin Garcon stellen die

ßen 7,5-Tonnen-­Kühltransporter mit dem

meist kurz und knapp: Fuhrmann kommt.

beiden Großhändler Dieter und Marcus

Zeichen der Kirsche ­Hotels, Krankenhäu-

Dieter Fuhrmann, Chef des gleichna-

ser, ­Kantinen oder Res­taurants ansteu-

migen Fruchtgroßhandels ­und ­der Grand

Fuhrmann im Wechsel ihre Früchte vor. Heute: Mangostane

FUHRMANNS FRÜCHTEKORB DIE KÖNIGIN DER FRÜCHTE VON MARCUS FUHRMANN Kaum einer kennt sie – selbst Spitzenköche müssen Mister Google bemühen – und dennoch gilt sie als Königin der Früchte. Ich meine die Mangostane, mit der Mango übrigens weder verwandt noch verschwägert. Äußerlich ist die kugelrunde Frucht – Durchmesser vier bis sieben Zentimeter – aus der Familie der J­ ohanniskrautgewäch­se alles andere als eine Schönheit. Wenn man allerdings die ziemlich dicke, dunkel­violett gefärbte, lederartige Schale, die auch noch einen harzigen Saft enthält, der ­hartnäckige Flecken auf der Kleidung ver­ursacht, entfernt hat, dann wird´s superlecker. Das Fruchtfleisch schimmert weiß, ist weich und saftig und schmeckt einfach köst­lich. Angenehm süß-sauer, tropisch er­frischend, an Ananas, Aprikose und ­Orange erinnernd – ­so war je­denfalls mein Eindruck, als ich vor vielen Jahren zum ersten Mal eine Mangostane probiert hatte. Noch feinere Zungen wollen auch Birnen-, Trauben- und Grapefruitnoten

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GARÇON


Fuhrmanns Früchtekorb RUBRIKEN entdeckt haben. Wie auch immer, geschmacklich ist die Mangostane jedenfalls nicht vergleichbar mit dem Obst, das wir normalerweise auf dem Tisch haben. Mangostanen wachsen an immergrünen Bäumen, die nur in den Tropen gedeihen. Die wichtigsten Anbaugebiete liegen in ­Malaysia, Thailand, Indonesien und Brasilien. Insektizide und Pestizide sind übrigens zum Schutz der Früchte nicht nötig, der Baum hat genü­ gend eigene Widerstandskräfte, um Schädlinge abzuwehren. Man­ gostanen sind also von Haus aus Bio-Früchte, die auch er­nährungs­ physiologisch einiges zu bieten haben – neben Vitaminen und Spu­­renelementen vor allem so genannte Antioxidantien, denen eine ganze Reihe positiver Wirkungen zugeschrieben wird – von entzündungshemmend bis immunsystemstärkend. Den Beinamen „Königin der Früchte“ soll die Mangostane übrigens von der englischen Königin Viktoria (1837-1901) erhalten haben. Die Queen war angeblich dermaßen vernarrt in die feinen Früchte, dass sie jedem Kaufmann, der ihr von einer Seereise Mangostanen mitbrachte, eine königliche Belohnung versprach, einigen soll sie als Gegenleistung sogar den Ritterschlag in Aussicht gestellt haben. www.dieter-fuhrmann.de

THE KING OF MA MUANG

VORGESTELLT: R AFAEL NEITZSCH, E XOTEN-E XPORTEU R

Kochlehre, zog dann ins Restaurant Gala nach Aachen zu Gerhard Gartner, damals einer der kreativsten und originellsten deutschen Köche und einer der ersten im Land, die von einer imitierten französischen Nouvelle Cuisine zu einer originären neuen deutschen Küche umschwenkten. Es folgten Stationen im Münchner Tantris, in Los Angeles und 1991 zum ersten Mal in Bangkok. Danach Kuala Lumpur, London und wieder Bangkok, Küchendirektor im Hotel Mansion Kempinski. Im Gourmetrestaurant des Hauses, dem luxuriösen Kempinski Terrace, kreierte Rafael Neitzsch eine feine Eats-meets-West-Küche, die in Südostasien ihresgleichen suchte. Im Jahr 2000 schließlich machte er sich selbstständig, gründete seinen Thai Fresh Express und begann, exotisches Obst und ebensolches Gemüse nach Deutschland zu exportieren. Neben Ana­nas, Mango, Pitahaya und Papaya auch Mangostane, Longane, Rambutane und Tamarillo, neben frischem Ingwer auch Galgant,

Koch und Exoten-Spezialist: Rafael Neitzsch, Bangkok.

Guave, Korella, Nashi, Okra und Salak, neben essbaren Blüten auch Bananenblätter, Neitzschs ultimativer Geheimtipp für schonendes

Wo auch immer Rafael Neitzsch in Thailand auftaucht, erregt er Auf-

Garen etwa von Fisch.

sehen – einerseits wegen seiner Körpergröße, der Mann misst 1,90

Rund 200 verschiedene Produkte hat er im Angebot, viele davon

Meter und das ist in einem Land kleiner Leute schon was – zum zwei-

aus biologischem Anbau, aber nicht alle ganzjährig verfügbar. 30

ten, weil er perfekt Thai spricht und drittens w ­ egen seiner immensen

Mit­arbeiter in seiner Unternehmung mit Sitz am Airport Bangkok-

Kenntnisse der thailändischen Küche und ihrer Zutaten. Das ist auch

Suvaruabhumi sorgen dafür, dass die Ware frisch und schnell nach

der Grund, weshalb sie ihn den „Mangokönig“ nennen, The King of Ma

Europa kommt.

Muang. An­sonsten sagen die Einheimischen Mister Rafa, Rafa von Rafael. Neitzsch, das kann in Thailand keiner aussprechen.

„Du kannst dich nicht Thai Fresh Express nennen und dann das Gegenteil davon tun“, sagt er in breitestem Fränkisch. Rafael Neitzsch

Rafael Neitzsch, Jahrgang 1963, stammt aus Lauf, einer Stadt in

weiß, was Köche wünschen.

Mittelfranken in der Nähe von Nürnberg. Dort absolvierte er eine

www.thaifreshexpress.com

GARÇON

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SO TICKT BERLIN ...

GARCON-QUIZ

BERLIN WIE ES SCHREIBT UND ISST:

schweinrücken mit Klö­ßen... Und da­zu na­

Der Band erschien Mitte der 1960er im

türlich: ein echtes Pilsner Urquell vom Faß –

Münchner Verlag Georg von Hatzfeld.

un­ ter dessen Schirmherrschaft das Lokal

61 prominente Berliner, darunter Curth Flatow, Dieter Hildebrandt und Joachim Seyppel (die „Voll-schön“-Generation kann bei Interesse ja googeln), verrieten ihre Stammlokale und schrieben, was es dort

auch steht! Unter Pilsner Urquell findet man es auch im Telefonbuch verzeichnet...“ Wir wollen wissen, wie dieses legendäre Charlottenburger Restaurant hieß.

so an Besonderem gab. Günter Pfitzmann (1924-2003) zum Beispiel no­­tierte über sein Lieblingsrestau­ rant: „Martin Berliner (ebenfalls Schauspieler, ­1896-1966,­d. Red.) teilte mit mir die Leidenschaft zum deliziösen Jung-

A Alexander B

Hardtke

C

Zlata Praha

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Redaktion GARÇON Marzahner Promenade 26

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Einsendeschluss: 25. Oktober 2016.

tig beantwortet haben.

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VERLAG UND REDAKTION Bild Art Media Verlag GmbH Marzahner Promenade 26, 12679 Berlin Fon 0 30 - 28 86 79 70 Fax 0 30 - 28 86 79 69 info@bildart-verlag.de www.garcon24.de | facebook.de/garcon24 HERAUSGEBER Yvonne Weinlich (V.i.S.d.P.)

FAMILIENTRADITION SEIT 1846

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Meerrettich mit Raspeln, schmeckt wie hausgemacht.

REDAKTION Petra Leonhardt (Leitung) Hans-Jürgen Bergs, Heiko Gralki, Corinna Hängele, Marc Steyer, Wolf-Dietrich Strobel Katarzyna Kasprowicz, Patrick Fiedler, Odette Mettendorf (Praktikanten) AUTOREN UND KOLUMNISTEN Uwe Ahrens, Philipp Besinger, Fritz Lloyd Blomeyer, Stephan Falke, Peter ­Frühsammer, Dieter Fuhrmann, Marcus Fuhrmann, Shoko Kono, Renate Peiler, Ulrike Piecha, Jörg Teuscher, Marion Wiese GRAFIK UND LAYOUT Melanie Budinger mail@melanie-budinger.de www.melanie-budinger.de TITEL UND ILLUSTRATIONEN Karin Clauß www.karindrawings.de FOTOS Heiko Gralki, Jörg Teuscher, Archiv Garcon, Fields Corporate Responsability (1/S.10 u. Mitte), foodhunter (1/S.11 u. Mitte), Bettina Letz (1/S.12 o. links), besh.de (1/S.12 o. Mitte), Martin Stimmer (1/S.12 o. rechts), Anja Lehmann (1/S.12 u. rechts), reinstoff (2/S.28), Frank Besinger (1/S.38 o. links), Adlon Kempinski Berlin (1/S.44 gr. Foto), ­Schwein (3/S.54), Thomas Syring (3/S.77), Joe Ripa (1/S.82 unten), Toba Sea-Folk Museum (3/S.101), Kenji Yoshida (1/S.104), Craig Au Yeung (1/S.108), Rafael Neitsch (1/S.121 u. rechts)

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ANZEIGEN Yvonne Weinlich, Henriette Jüngel anzeigen@bildart-verlag.de BEZUGSHINWEISE Zu beziehen im Zeitschriftenhandel oder im Abonnement. Einzelheft-bestellung: Jedes Heft kostet 6,00 Euro, zuzüglich 1,45 Euro Versand-kosten pro Sendung. Bezahlung nach Erhalt der Rechnung oder im Lastschrifteinzugsverfahren. Alle Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung bedarf der Zustimmung des Verlages. Aufnahme in Online-Dienste, Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern nur nach schriftlicher Bestätigung des Verlages.

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