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Leu Art Family
Installationsansicht in der Ausstellung «Leu Art Family»
Museum Tinguely
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Leu Art Family. Caresser la peau du ciel
Die Familie Leu geniesst unter Tattoo-Fans weltweit grosse Bekanntheit. Felix und Loretta finanzierten sich Ende der 1960er- und in den 1970er-Jahren mit dem Tätowieren ausgedehnte Reisen mit ihren vier Kindern Ama, Aia, Filip und Ajja. All diese Jahre unterwegs waren genährt von künstlerischer Neugier und bildeten die Grundlage für einen einzigartigen familiären Kosmos. Die Ausstellung zeichnet anhand von Werken aller Familienmitglieder ein Bild dieses besonderen Universums.
«Eine Welt gestalten
Näher am Himmel, näher am eigenen Herzschlag …
Ich stelle mir einen Himmel vor, wie jenen des Mittelalters, an dem die Sterne, die Tierkreiszeichen und alle Prophezeiungen der Welt befestigt sind. Eine gespannte Haut mit der Welt als Körper, ein eigenes Universum, in dem jeder seine Sterne zeichnet und seine eigenen Linien in Richtung Unendlichkeit zieht. Die Kindheit ist ähnlich aufgebaut: Alles beginnt im Mutterleib, der ersten Hülle. Mit der Geburt betritt das Kind eine nächste Blase, bestimmt durch die Grenzen seiner Wahrnehmung, in der in der Folge sein ganz persönliches Universum Gestalt annimmt. Dieser Prozess setzt sich bis zum Alter von etwa acht, neun Jahren fort, in dem Sozialisierung, Schule, Normen, Kodifizierungen und Konventionen die Blase zum Platzen bringen. Der Erwachsene verbringt daraufhin sein ganzes Leben als Verlorener in einer Welt, die nicht die seine ist, und legt sich zu seinem Schutz Masken und Panzer zu. Das virtuelle Universum, in das sich heutzutage viele flüchten, ist ein illusorischer Versuch, diesen Verlust der Kindheit wettzumachen.
Tatsächlich aber ist es nicht die Kindheit, die man verliert, sondern vielmehr die Fähigkeit, sich eine Welt nach eigenen Massstäben zu gestalten – eine Welt, in der man erschaffen, wachsen, ruhen und Erfahrungen sammeln kann.
Ich sehe meinen Kindern zu, wie sie aufwachsen, und wünsche mir jeden Tag, diese Phase ihres Lebens verlängern und ihnen helfen zu können, sich auch dann noch an sie zu erinnern, wenn die Vorgaben und Erwartungen der westlichen Gesellschaft sie zwingen, ihre Rolle als Weltengestalter aufzugeben.
Als ich die Leus kennenlernte und in ihre künstlerischen Universen eintauchte, fand ich genau all diese verschwunden geglaubten Dinge wieder. Diese Familie hat sich konsequent ihre eigene Welt aufgebaut, in deren Zentrum die Haut steht: das Organ, über das wir mit der Aussenwelt interagieren, das uns einhüllt und das die Umrisse einer Identität definiert. Der «Leu-Kosmos» ermöglichte jedem Familienmitglied, seine Kreativität eigenständig zu entfalten, und bildete so die Grundlage für ein vielfältiges und üppiges Schaffen – stark wie eine Aura, die Licht und Farbe in den oftmals düsteren Alltag auf unserem Planeten bringt.
Willkommen in der Welt der Leu Art Family!» ◀
Bis 31.10.2021
Christian Jelk ist Kurator der Ausstellung im Museum Tinguely