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Picasso – El Greco Kunstmuseum Basel

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Kunstmuseum Basel | Neubau

Picasso – El Greco

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11.06.2022 – 25.09.2022

Das Kunstmuseum Basel beleuchtet in einer grossen Sonderausstellung die Auseinandersetzung Pablo Picassos (1881–1973) mit dem auf Kreta geborenen Altmeister Doménikos Theotokópoulos, besser bekannt als El Greco (1541–1614). Rund 30 Paarungen von Meisterwerken beider Künstler zeichnen diesen Dialog nach, der zu den faszinierendsten der Kunstgeschichte zählt.

Pablo Picasso hat den Lauf der europäischen Kunstgeschichte mehrfach entscheidend geprägt. International gibt es kaum einen bekannteren und besser erforschten Künstler. Trotzdem ist in seinem Werk noch immer Neues zu entdecken. So ist bekannt, dass Picassos Begeisterung für El Greco deutliche Spuren in seinen Werken hinterlassen hat. Dabei wird jedoch meist auf seine frühen Schaffensphasen bis zur Blauen Periode verwiesen. Picasso – El Greco schlägt dagegen eine Lesart vor, nach der seine Beschäftigung mit El Greco nicht nur deutlich intensiver als bisher angenommen ausfiel, sondern auch deutlich länger anhielt: Ausgeprägte Bezüge sind ebenso bei seinen kubistischen Gemälden wie bei solchen aus allen späteren Schaffensperioden erkennbar.

El Greco, der 1541 auf Kreta geboren wurde und nach zehnjährigem Aufenthalt in Venedig und Rom in den späten 1570er-Jahren nach Spanien kam, brachte es zu Lebzeiten mit seiner einzigartigen Malweise zu beachtlichem Ruhm. Bald nach seinem Tod geriet er jedoch in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert und erneut um die

Pablo Picasso, Mme Canals (Benedetta Bianco), 1905 Die Dame mit dem Pelz, Alonso Sánchez Coello zugeschrieben, um 1580/88

Wende zum 20. Jahrhundert kam es zu einer El-Greco-Renaissance, die Künstler:innen in ganz Europa erfasste.

Picassos Interesse am griechischen Altmeister erwachte bereits am Ende des 19. Jahrhunderts, als sich seine Familie 1896 in Barcelona niederliess. Dort bewegte sich der angehende, erst 15-jährige Maler im Umkreis aufgeschlossener Künstler:innen, die bei der Rehabilitierung des in Vergessenheit geratenen El Greco eine führende Rolle spielten. 1898 verlor Spanien den Spanisch-Amerikanischen Krieg und damit seine letzten bedeutenden Kolonien. Als Reaktion auf den geopolitischen Niedergang der ehemaligen Kolonialmacht orientierten sich viele Kunst- und Kulturschaffende am sogenannten «Siglo de Oro», dem «Goldenen Zeitalter» Spaniens vom späten 16. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. In der von Nationalismus und Identitätssuche geprägten Zeit um 1900 spielten die Maler der spanischen Schule – mit El Greco, Diego Velázquez und Francisco de Goya als Exponenten – eine zentrale Rolle.

El Greco war als einer der grossen Individualkünstler der europäischen Malereigeschichte zutiefst unkonventionell, nicht zuletzt, weil er infolge seiner Biografie drei verschiedene Traditionen (die griechisch-byzantinische, die venezianische und die spanische) in seinem Werk verarbeitete und daraus seine singuläre Bildsprache entwickelte. Zur bis heute anhaltenden Faszination trägt auch der Mangel an aussagekräftigen Dokumenten zu seinem Leben und Werk bei. Mit seiner legendenumwobenen Persönlichkeit war er eine ideale Projektionsfläche für gegen den Akademismus rebellierende Künstler. ◀

Faszination Porträt

Wann immer Pablo Picasso sich in Madrid aufhielt, besuchte er das Museo del Prado. Vor allem während seiner Studienzeit an der Real Academia de Bellas Artes de San Fernando (ab 1897) fertigte er zahlreiche Skizzen im Stile El Grecos und anderer Altmeister an. Eine dieser Arbeiten, um 1899 entstanden, trägt sogar die Notiz «Yo El Greco» (Ich, El Greco). Von besonderem Interesse waren für Picasso El Grecos Porträts, eine Faszination, die sein Leben lang anhalten sollte. «Was ich wirklich mag an seinem Werk, sind die Porträts, all die Herren mit spitzen Bärten», sagte er zu seinem Galeristen und Händler Daniel-Henry Kahnweiler Mitte der 1950er-Jahre. «Seine religiösen Gemälde – die Dreifaltigkeit, die Heilige Jungfrau – all das ist italienisch, dekorativ. Aber die Porträts!»

Das Begräbnis Casagemas und seine Folgen

1899 lernte der 18-jährige Picasso den nur ein Jahr älteren Carles Casagemas in Barcelona kennen – einen eleganten und exzentrischen Mann aus gutem Hause, der dem Anarchismus und dem Katalanismus nahestand. In Paris teilten sich Casagemas und Picasso ein Atelier, in dem sie mit ihren Geliebten und Modellen einen ausschweifenden Lebensstil pflegten. Der geistige Zustand des drogenabhängigen Casagemas verschlechterte sich zusehends, was ihr Verhältnis zunehmend belastete. Als Picasso sich im Februar 1901 alleine in Spanien aufhielt, erschoss sich Casagemas aus Liebeskummer im Pariser Restaurant L’Hippodrome. Der Selbstmord erschütterte Picasso zutiefst. Die künstlerische Aufarbeitung des Ereignisses folgte sechs Monate später und markierte den Beginn der Blauen Periode. Das Gemälde Evokation (Das Begräbnis Casagemas) stellt den Höhepunkt dieser Auseinandersetzung dar und ist deutlich von El Greco inspiriert: Die augenfällige Trennung von himmlischer und irdischer Sphäre sowie die expressiven Gesten der Trauernden finden sich auch in dessen Anbetung des Namens Jesu.

El Greco (Theotokopoulos, Domenikos), Die Anbetung des Namen Jesu, um 1577/79

Pablo Picasso, Femme assise dans un fauteuil, 1910

El Greco, Büssende Magdalena, um 1589/85

Auf dem Weg zum Kubismus

Picasso vertrat entschieden die Auff assung, dass der Kubismus spanischen Ursprungs sei. Seine Rede vom Einfl uss des Altmeisters El Greco war dabei keine blosse Floskel. Obwohl der Kubismus radikal mit der Tradition brach, erfolgte die Erneuerung der Malerei zugleich im voll en Bewusstsein um die Errungenschaft en der europäischen Kunstgeschichte. In seinem ersten grossen, programmatischen kubistischen Gemälde, Les Demoisell es d’Avignon (1907), zeigt sich dies deutlich an den Gesichtern der Prostituierten. Und doch spielte off enbar auch hier El Greco eine nicht zu unterschätzende Roll e, wie besonders motivische Übereinstimmungen mit dessen Vision des heiligen Johannes (Die Öff nung des Fünft en Siegels), um 1608–1614, nahelegen. Die Gegenüberstell ung von El Grecos Marienkrönung mit Picassos Basler Studien zu den Demoisell es macht weitere überraschende Qu erbezüge anschaulich: Dazu gehören die exaltierten Gesten und die in die Länge gezogenen Körperproportionen der Figuren sowie die Tendenz zur Reduktion der Bildräumlichkeit und zur Zerlegung der Formen in einzelne (Farb-)Flächen.

Katalog: Picasso – El Greco

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen von Gabriel Dette, Carmen Giménez, Josef Helfenstein, Javier Portús und Richard Shiff im Hatje Cantz Verlag. Die Publikation macht die Auseinandersetzung Pablo Picassos mit dem Altmeister El Greco anschaulich nachvollziehbar

192 Seiten, 150 Abbildungen, 290 x 227 mm, Hardcover ISBN 978-3-7757-5212-1

Der späte Picasso: Ringen mit den alten Meistern

Obwohl etablierte Altmeister der Kunstgeschichte einen wesentlichen Bezugspunkt der späteren Werkphasen Picassos bildeten, ist der explizite Einfluss El Grecos hier weniger offensichtlich. Picassos Galerist Daniel-Henry Kahnweiler äusserte 1962, dass Picasso sich Diego Velázquez näher fühle und seine Bewunderung für El Grecos Kompositionen abgenommen habe. Bei aller Verschiedenartigkeit der altmeisterlichen Einflüsse zeigt sich aber die konstante Gegenwart El Grecos innerhalb von Picassos eigenem künstlerischem Pantheon im Gemälde Der Musketier (1967), wo er auf der Rückseite die Namen «Domenico Theotocopulos van Rijn da Silva» notierte – ein ausdrücklicher Verweis auf die von ihm verehrten Meister El Greco (Doménikos Theotokópoulos), Rembrandt van Rijn und Diego Rodríguez de Silva y Velázquez.

Pablo Picasso, Der Musketier (Domenico Theotocopoulos van Rijn da Silva), 1967

El Greco, Bildnis eines Mannes aus dem Adelsgeschlecht der Leiva, um 1580/85

Begleitprogramm

Hidden Matter.

Eine Kooperation des Theaters Basel und des Kunstmuseums Basel Hidden Matter ist inspiriert von der Ausstellung Picasso – El Greco und wird von Tänzer:innen des Theaters Basel aufgeführt. Die Produktion ist ein Zusammenspiel von Tanz und bildender Kunst der amerikanisch-französischen Choreografin Rachelle Scott und der britischasiatischen Künstlerin Permi Jhooti.

Fr 9.9., Sa 10.9., Di 13.9., Mi 14.9., Fr 16.9., Sa 17.9., 20.30 h

Führungen auf Deutsch

Jeden Sa, 14–15 h und jeden Fr, 18.30–19.30 h Kosten: Eintritt + CHF 5

Visites guidées en français

Dim 26.6., 24.07., 28.8., 25.9.22, 14–15h Frais : Entrée + CHF 5

Visitas guiadas en español

Dom 12.6., 10.7., 14.8., 11.09., 14–15 h Coste: Entrada + CHF 5

Guided tours in English

Sun 3.7., 7.8., 4.9., 2–3 pm Costs: Entry + CHF 5

Rendez-vous am Mittag

Ausstellungsrundgang Di 21.6., 30.8. mit Olga Osadtschy Di 28.6., 16.8., 13.9. mit Gabriel Dette Jeweils 12.30–13 h Kosten: Eintritt

Kuratorenführung / Curator's tour

Mit / with Josef Helfenstein Mi 6.7., 18.30–19.30 h (Deutsch) Kosten: Eintritt + CHF 5 Wed 17.8., 6.30–7.30 pm (English) Costs: Entry + CHF 5

Mittwochmatinée

Eine Einführung in die Methode des vergleichenden Sehens im Kontext der Ausstellung. Mi 17.8., 10.15–12 h | Kosten: CHF 10

Kinder-Workshop

(für Kinder von 7 bis 10 Jahren) Copy Cat – Ein Workshop über Inspiration, Kopieren und die eigenen Ideen. Du kannst malen, zeichnen oder performen – alles ist möglich. Sa 27.8., 14–16.30 h Kosten: CHF 15, mit Familienpass CHF 10 Anmeldung: tours@kunstmuseumbasel.ch

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