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Reiseversicherungen

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Kurzmeldungen

Kurzmeldungen

Abenteuer Reise

Reisende gehören heute zu den Helden der neuen Normalität. Ständig sich ändernde Bestimmungen machen Urlaube zum Hochrisikounternehmen. Doch die richtigen Versicherung schützen zumindetens vor gröberen finanziellen Einbußen.

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CHRISTIAN SEC

Nur mit etwas Glück findet ein gebuchter Flug auch tatsächlich statt. En vogue sind deshalb Versicherungen, die vor unberechenbaren Urlaubswirren schützen.

Nicht immer handeln Reiseveranstalter rechtlich akkurat in diesen Zeiten. Im August sollte es für eine Familie in die Türkei gehen. Dafür hatte man schon ein Jahr davor eine All-Inclusive-Pauschalreise gebucht. Als es plötzlich mit den Reisewarnungen losging, kontaktierte die Familie das Online-Reiseportal, um die Reise zu stornieren. Das Reiseportal blieb uneinsichtig und verweigerte die Rückerstattung der Anzahlung von 650 Euro und begründete dies mit Bearbeitungsgebühren. Sogar das Angebot der Familie, das Geld in einen Gutschein umzuwandeln, wies die Plattform zurück. Erst nach einem längeren Rechtsstreit bekommt die Familie nun ihr Geld zurück.

Pauschal vs. Individualreise

Auch wenn die Reiseportale mit allem was sie haben gegen die Verluste im Reisevertrieb kämpfen, empfehlen die Reiseversicherer in diesen turbulenten Zeiten, bei der Buchung einer Auslandsreise den Service eines Reisebüros in Anspruch zu nehmen und auf die Buchung einer Pauschalreise zu achten. Im Wesentlichen liegt eine Pauschalreise dann vor, wenn von einem Unternehmen eine Kombination zweier verschiedener Arten von Reiseleistungen – etwa Flug plus Übernachtung – gebucht wird. Mit einer Pauschalreise ist ein kostenfreies Rücktrittsrecht des Reisenden verbunden, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist. Dem Reisenden sind demzufolge alle für die Reise bezahlten Beträge zurückzuerstatten. Grundsätzlich können laut OGH jedenfalls bei Vorliegen einer Reisewarnung (Stufe 5 und 6) unmittelbar bevorstehende Pauschalreisen kostenfrei storniert werden. Anders ist die Situation bei Reiseleistungen, die individuell gebucht wurden (z.B. Flug und Hotel extra), denn dabei genießt man keinen derartigen Rechtsanspruch. Bleibt die Herberge geöffnet, während die Fluggesellschaft wegen einer Reisewarnung bereits den Flug abgesagt hat, so muss der Reisende mit dem Hotel Kontakt aufnehmen und eine einvernehmliche Lösung finden. Denn Teil des Vertrages ist nicht die Reise an sich, sondern nur die Beherbergung – und solange das Hotel geöffnet ist, kann es seinen Teil des Vertrages ja erfüllen. Wie das Beispiel der Individualreise zeigt, liegt der Vorteil ei-

ner Pauschalreise auch darin, dass der Konsument einer Pauschalreise nur einen Vertragspartner hat, und zwar den Reiseveranstalter, während der Individualreisende – egal ob man über Reiseportal oder direkt bei Hotel und Fluglinie gebucht hat – eigene Verträge mit der Airline und dem Hotel abschließt und somit mit mehreren Vertragspartnern zu tun hat.

Pandemie und

Reisewarnung

Die Ausrufung der Pandemie durch die WHO und die Reise-

warnungen der Regierungen aufgrund von Corona wirken sich jedenfalls sowohl auf die Versicherungsdeckung als auch auf die Risiken einer Reise aus. Das Risiko einer Stornierung durch Krankheitsfall, Quarantäne oder Flugausfall vor Reiseantritt erhöht sich genauso, wie das Risiko in der Urlaubsdestination zu erkranken oder aufgrund neuer Reisebeschränkungen im Urlaubsland festzusitzen, sowie aufgrund von Reisewarnungen das Land schnellstmöglich verlassen zu müssen. Sind aber die gestiegenen Risiken auch von den Versicherern abgedeckt? Viele Reiseversicherer haben einen Pandemieausschluss in ihren Bedingungen verankert. Dieser wurde jedoch zumindest im Fall von COVID-19 bei einigen Versicherungen aufgehoben. So gewähren die Reiseversicherer in vielen Fällen Stornoschutz bei einer COVID-19-Erkrankung. Die großen Reiseversicherungsanbieter gehen noch einen Schritt weiter und bieten infolge der Pandemie erweiterte Stornodeckungen an. Die Europäische Reiseversicherung bietet Stornoschutz auch, wenn ein naher Angehöriger im gemeinsamen Haushalt an COVID-19 erkrankt und der Versicherte sich deshalb in Quarantäne begeben muss. Die Allianz Travel geht noch einen Schritt weiter und zeigt sich dabei mit allen gnädig, die wegen Krankheitsverdachts unter Quarantäne gestellt werden und deshalb eine geplante Reise stornieren müssen. Bei der Hanse Merkur kann man sich mit einem Zusatzpaket speziell auf die Gefahren von Corona versichern, die auch vor einer Quarantäne-Situation, sowohl bei Reiserücktritt als auch während der Reise, schützt. Auch die meisten anderen Versicherer, die Reiseversicherungen als Nebengeschäft betreiben, versichern den Storno bei COVID-19-Erkrankung, jedoch nicht Quarantänemaßnahmen, die behördlich verfügt werden. Bei Reisen in Länder, die mit einer Reisewarnung bedacht sind (Sicherheitsstufe 5 und 6) wird grundsätzlich kein Versicherungsschutz gewährt. Anders sieht es aus, wenn die Reisewarnung erst dann erlassen wird, wenn sich der Versicherte bereits an seiner Destination befindet. Dann bleibt der Versicherungsschutz im Krankheitsfall aufrecht, solange der Versicherte bemüht ist, das Land auf „schnellstem Wege“ zu verlassen (Allianz Travel). Die Europäische Reiseversicherung setzt dabei eine Frist von 14 Tagen. Eventuelle zusätzliche Rückreisekosten aufgrund einer Reisewarnung werden nicht bei allen Reiseversicherungen gedeckt. Ein positives Beispiel ist hier der Premium-Tarif der Hanse Merkur, die bei Reiseabbruch infolge einer Reisewarnung Deckung gewährt.

Versicherungsschutz bei Kreditkarten

Der Besitz einer Kreditkarte oder die Mitgliedschaft eines Automobilclubs, wie z.B. dem ÖAMTC, bieten auch inkludierte

REISEVERSICHERUNGEN IM VERGLEICH

Prämie (1 Person, 10 Tage Europa, Reisekosten 2.000,– €) Reisestorno Reisehaftpflicht Reisekrankenversicherung Quarantäne (Corona) Erkrankung Corona ambulant stationär ambulant und stationär Reiseunfall Invalidität Such- und Bergungskosten Reisegepäck Beschädigung, Verlust Verspätungsschutz Reiseabbruch

ALLIANZ TRAVEL Reiseschutz Classic 99,– € inkludiert 400.000,– € inkludiert ja ja ja ja 500.000,– € inkludiert 40.000,– € 40.000,– € inkludiert 2.500,– € 1.500,– € 100% EUROP. REISEVERSICHERUNG Komplett Schutz Standard 117,– € inkludiert 750.000,– € inkludiert ja ja 100% 1.000.000,– € HANSE MERKUR Reiseschutz-Sorglos 95,– € inkludiert 750.000,– € inkludiert nein (Corona-Schutz plus 36,– €) ja ja 300.000,– €

nein nein 80.000,– € inkludiert 3.500,– € 1.000,– € 100% inkludiert 20.000,– € 20.000,– € inkludiert 2.000,– € Ja, ab 2 Stunden Verspätung 100% WR. STÄDTISCHE Plus-Risk 87,– € bis max. 5.000,– € 100.000,– € inkludiert nein ja ja ja 100% nein nein 90% bis 10.000,– € inkludiert 2.000,– € 200,– € 100%

Voraussetzungen für einen Versicherungsschutz bei Kreditkarten

American Express Gold Card

Vollständige Bezahlung des Reisepreises. Versicherung gilt zusätzlich für Gatten/Lebensgefährten und Kinder bis 23 Jahre.

Dinersclub (Classic)

Die Bezahlung der Reisekosten zum überwiegenden Teil gilt für Reisestorno, unfall, abbruch, gepäck, verspätung. Voraussetzung bei der Reisekrankenversicherung ist die Verwendung der Kreditkarte innerhalb der letzten zwei Monate vor Schadenseintritt. Die Versicherung gilt zusätzlich für Gatten/Lebensgefährten und Kinder bis 25 Jahre.

Visa und Mastercard Gold

(Card Complete) Verwendung der Karte innerhalb von zwei Monaten vor Schadenseintritt; für Verkehrsmittelunfallschutz nur bei Zahlung der Reise mit der Karte. Die Versicherung gilt zusätzlich für Gatten/Lebensgefährten und Kinder bis 18 Jahre.

Visa MasterCard GoldPlus

(Pay Life) Verwendung der Karte für Zahlungen innerhalb von drei Monaten vor Schadenseintritt. Bei Bezahlung der Reise mit der Karte zusätzlich Bergungsund Rückholkosten. Die Versicherung gilt zusätzlich für Gatten/Lebensgefährten und Kinder bis 18 Jahre. Reiseversicherungen. Dabei gilt: Je höherwertiger die Kreditkarte, desto höher sind in der Regel auch die Versicherungssummen und somit die Leistungen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Reiseversicherung im Zusammenhang mit einer Kreditkarte und anderen Reiseversicherungen liegt in den Anspruchsvoraussetzungen, also unter welchen Voraussetzungen die Kreditkartenversicherung gilt. Es ist üblich, dass der Versicherungsschutz nicht als Ganzes erst nach Verwendung der Kreditkarte beginnt, sondern einige Risiken schon durch den Besitz der Kreditkarte versichert, andere nur dann, wenn die Kreditkarte in den letzten Monaten verwendet wurde und die übrigen sogar nur dann, wenn die Reise mit der Kreditkarte auch tatsächlich bezahlt wurde. Ein Beispiel dazu: Bei der Card Complete ist die Verkehrsmittelunfallversicherung nur dann Leistungsbestandteil, wenn die Bezahlung der Reise mit der Kreditkarte erfolgt ist. Für sonstige Reiseversicherungsleistungen gilt die angeführte Voraussetzung der Verwendung der Karte binnen zwei Monaten vor dem Schadenseintritt. Bei Paylife ist für einen reduzierten Versicherungsschutz der Besitz der Kreditkarte ausreichend. Die Reisestornoversicherung ist nur dann inkludiert, wenn die Karte innerhalb von drei Monaten ab Schadenseintritt für Zahlungen verwendet wurde. Die Unterschiedlichkeit der Versicherungsbedingungen ergibt sich daraus, dass die Kreditkartenunternehmen (MasterCard, Visa, Diners Club und American Express) in der Regel Lizenzen an Banken und Kreditkartenherausgeber vergeben. Die Kopplung von Kreditkarte und Versicherung erfolgt nicht durch die Kreditkartenunternehmen, sondern durch deren Lizenznehmer. Diese schließen extra mit einem Versicherer einen Gruppenversicherungsvertrag ab, der dann im Hintergrund den Versicherungsschutz gewährt. So hat die Erste Bank die Donauversicherung, die Raiffeisen die Uniqa als Partner. Paylife kooperiert wiederum mit der Wiener Städtischen. Daraus ergeben sich bei den jeweiligen Kreditkarten auch Unterschiede der Deckung. „Online-Versicherungen bei Reiseportalen sind oft verlockend niedrig, entsprechend niedrig ist dann aber auch der Versicherungsschutz.“ Silvia Doppler, Finanzexpertin beim VKI

Online-Reisebuchungen

Zwei Drittel aller Urlaubsreisen werden heute ohne Reisebüro gebucht. Polizzen werden oftmals im Vorbeigehen gleich mitabgeschlossen. Auf den ersten Blick scheinen die Versicherungsprämien fast unverschämt niedrig, z.B. 2,99 Euro für eine Umbuchungsversicherung (www.fluege.de) oder 4,99 Euro monatlich für Schutz bei Reiseabbruch, Rücktritt oder Notfällen vor Ort (www.ab-in-den-urlaub.at). Jedoch sind dabei meist auch Selbstbehalte vorgesehen. Bei der auf dem Portal Ab-in-den-Urlaub angebotenen Polizze zum Beispiel sind es im Stornofall 20 Prozent des erstattungsfähigen Schadens – mindestens aber 25 Euro pro Person, bei der Auslandskrankenversicherung und der Reisegepäckversicherung sind es 100 Euro je Versicherungsfall. Daher warnt der VKI vor überstürzten Käufen von Online-Versicherungen auf Reiseportalen: „Die Prämie erscheint unwiderstehlich niedrig – aber der gebotene Versicherungsschutz ist auch entsprechend niedrig“, erklärt Silvia Doppler, VKI-Finanzexpertin. „Wer Reisebuchung und Versicherungsabschluss trennt, findet normalerweise bessere Angebote“. Wer eine Überdeckung vermeiden will, kommt nicht umhin, die bestehenden Verträge auf die Versicherungsdeckung hin zu überprüfen, und nur sinnvolle Ergänzungen, wie etwa einen Stornoschutz oder eine Auslandsreisekrankenversicherung separat abzuschließen. Wer heute eine Auslandsreise antritt, der sollte bei der Auswahl sehr genau darauf achten, was die einzelnen Versicherer wirklich leisten, und sich im Zweifelsfall bei den Versicherungen erkundigen. Ein reiner Vergleich der Prämien ist dabei nicht zielführend, weil die inkludierten Leistungen in den Tarifen der Reiseversicherer zu unterschiedlich sind.

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