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Bu-Versicherung
Einkommen versichern
Die private Absicherung des Erwerbseinkommens fristet in Österreich noch ein Schattendasein, denn viele meinen, der Staat wird es schon richten. Jedoch lässt diese Hilfsbereitschaft immer mehr nach.
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CHRISTIAN SEC
Manfred Bartalszky, Vorstandsdirektor der Wiener Städtische Versicherung D ie Marktdurchdringung der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) beträgt in Österreich rund vier Prozent. Im Vergleich dazu liegt die Durchdringung in Deutschland und den USA bei je gut 30 Prozent. Einige große Komplettanbieter am Markt, wie die Helvetia, bieten aufgrund des mangelnden Interesses in Österreich gar keine BU mehr an. Experten vom WIFOInstitut fordern daher eine verstärkte Bewusstseinsbildung für das Risiko des Verlustes der Erwerbsfähigkeit. Die Wiener Städtische plant daher, im kommenden Jahr dem Thema eine stärkere öffentliche Präsenz zu widmen.
Einkommenslücke
Nach Eintritt einer Berufsunfähigkeit muss das Humankapital als Einkommensquelle abgeschrieben werden, und die betroffene Person ist auf staatliche Transfers angewiesen. Dabei hängt die Höhe der gesetzlichen Berufsunfähigkeitspension vom Zeitpunkt innerhalb der Erwerbskarriere ab, zu dem der Verlust der Erwerbsfähigkeit eintritt, von der Höhe der bisherigen Gutschriften am Pensionskonto, vom aktuellen Erwerbseinkommen zu diesem Zeitpunkt und von der Zahl der verbleibenden Jahre bis zum Regelpensionsalter. Aber gerade mit dem SozialrechtÄnderungsgesetz 2014 wurden die staatlichen Leistungen im Falle von Berufsunfähigkeit deutlich geschmälert, wie Marga Derstroff, Head of Life von Zurich, erklärt. Die Einkommenslücke ist beträchtlich. Die durchschnittliche Berufsunfähigkeitspension beträgt gerade einmal 1.224 Euro pro Monat. Bei Frauen liegt diese gar nur bei 1.000 Euro. Neben den Einkommenseinbußen aus der staatlichen Versicherung kommt hinzu, dass in den letzten Jahren BUPensionen von den Sozialversicherungsträgern nur sehr restriktiv zuerkannt wurden, wie Manfred Bartalszky, Vorstandsdirektor der Wiener Städtische Versicherung, erklärt. Von den rund 50.000 jährlichen Anträgen auf Zuerkennung einer dauerhaften Berufsunfähigkeitspension bei den Sozialversicherungen werden durchschnittlich nur etwa 15.000 bewilligt. Dies lässt sich vor allem damit erklären, dass für alle Personen bis zum 50. Lebensjahr der Antrag auf Berufsunfähigkeit vorrangig als Antrag auf Leistungen der Rehabilitation gilt. Anspruch besteht nur, wenn Rehabilitationsmaßnahmen nicht mehr zweckmäßig und zumutbar sind. Damit könnte es zu einer Situation kommen, wie in Deutschland, wo die Nachfrage nach einer privaten BU durch die Einführung des HartzIVSozialsystems angekurbelt wurde. Wer in Deutschland nach dem Geburtsjahr 1961 geboren ist, erhält dort keine gesetzliche Berufsunfähigkeitspension mehr.
Wer braucht die BU?
Wie eine Studie des WIFO zeigt, entsteht der größte Einkommensverlust bei Eintritt der Berufsunfähigkeit. 25Jährige verlieren je nach Berufszugehörigkeit zwischen einem Drittel und etwas mehr als die Hälfte ihres Nettolebenseinkommens. Mit steigendem Lebensalter nimmt diese Einkommenslücke langsam ab. Der Einkommensverlust nach Erleiden der Berufsunfähigkeit entsteht aber nicht nur während der Erwerbszeit, sondern setzt sich darüberhinausgehend im Ruhestand fort, wie die Autoren der WIFOStudie schreiben, weil die Berufsunfähigkeitspension mit Erreichen des Regelpensionsalters ohne eine Änderung in eine AltersPension umgewandelt wird. Besonders
Staatliche BU-Pension
Versicherte Personen gelten in der staatlichen Berufsunfähigkeitspension als berufsunfähig, wenn deren Arbeitskraft durch ihren körperlichen oder geistigen Zustand auf weniger als die 50% derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten bei ähnlicher Ausbildung und grundsätzlich ähnlichen Kenntnissen und Fähigkeiten abgesunken ist und wenn in den letzten 15 Jahren mindestens 90 Pflichtversicherungsmonate (7,5 Jahre) eine Berufstätigkeit oder eine Erwerbstätigkeit als Angestellte/Angestellter oder Arbeiter ausgeübt wurde. Jedoch gilt das Prinzip Umschulung vor Pension.
Das Risiko des Verlustes des Erwerbseinkommens wird oft unterschätzt.
interessant ist eine private Berufsunfähigkeitsversicherung daher für junge, gut ausgebildete Personen, denen potenziell eine große Karriere bevorsteht, also z.B. Akademiker oder technische Fachkräfte. Denn die staatliche Absicherung über die verpflichtende Sozialversicherung berücksichtigt für die Pensionsberechnung nur das aktuelle Einkommen. Bartalszky empfiehlt die BU jedenfalls allen Personen, die über der ASVGHöchstbeitragsgrundlage verdienen. Zusätzlich dazu sollen vor allem Berufseinsteiger über eine private Berufsunfähigkeitsversicherung nachdenken, so Bartalszky.
Was leistet die BU?
Private Versicherer können das Risiko einer Berufsunfähigkeit bzw. die gegenüber der staatlichen Abdeckung verbleibende Lücke recht günstig abdecken, weil die Eintrittswahrscheinlichkeit sehr gering ist, so die WIFOStudie. Die Prämienhöhe ist abhängig von der monatlichen Rente, dem Alter, dem Gesundheitszustand, dem Beruf und der Versicherungsdauer. Beim Alter ist es wie bei vielen anderen Versicherungen auch: Je jünger der Versicherungsnehmer beim Abschluss ist, desto günstiger ist die monatliche Prämie. Zuschläge bei der Prämie müssen auch Menschen mit handwerklichen Berufen akzeptieren. Je geringer die körperliche Belastung, desto günstiger die Prämie. Und schlussendlich gilt: Je länger die Laufzeit, desto teurer die Prämie. Die Prämienunterschiede sind teilweise beträchtlich. Bei der Wiener Städtischen liegt die monatliche Prämie einer BU bei einer monatlichen Rente von 1.500 Euro für einen 30jährigen Angestellten bis zur Pension bei 96 Euro. Bei der Allianz wird für die gleichen Parameter eine monatliche Prämie von 75 Euro und bei der UNIQA eine Prämie von 71 Euro berechnet. Am günstigsten war das Angebot unter den vier befragten Versicherungen bei der Zurich Versicherung mit einer monatlichen Prämie von 59 Euro. Jedoch ist ein Vergleich nur auf die Prämie bezogen nicht immer zielführend. Wie bei vielen Versicherungsprodukten sind die Leistungen auch in der BU sehr unterschiedlich. So gibt es zum Beispiel Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern, unter welchen Bedingungen die Rente in der privaten BU weiter fortgezahlt wird. Bei der Dialog Versicherung wird sie auch dann bezahlt, wenn der Versicherungsnehmer mit einem neuen Job weniger als 80 Prozent als bisher verdient. Ein wichtiger Teil bei der BUVersicherung ist die Nachversicherungsgarantie. Bei der UNIQA kann man innerhalb der ersten zehn Jahre der Vertragslaufzeit und vor dem 45. Geburtstag die ursprünglich festgelegte Pension bis zu einem vereinbarten Betrag erhöhen. Ähnliche Regelungen, aber unterschiedlich ausgestaltet, findet man auch bei anderen Anbietern. Achten sollte man jedenfalls auf eine Indexierung, um das Inflationsrisiko auszugleichen. Wie bei der staatlichen BURente fordern die privaten Anbieter, dass der zuletzt ausgeübte Beruf aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigung zumindest zu 50 Prozent nicht mehr ausgeübt werden kann. Geleistet wird bei der privaten BU dann, wenn die Berufsunfähigkeit voraussichtlich – in der Regel länger als sechs Monate – andauert, während der Staat nach Feststellung der Berufsunfähigkeit zuerst die Möglichkeit einer Rehabilitation prüft, ist bei einer privaten BU nach Feststellung der Berufsunfähigkeit die Zahlung der monatlichen Rente gesichert.
STAATLICHE PENSIONEN DER GEMINDERTEN ARBEITSFÄHIGKEIT 2021
ALTERSGRUPPEN alle Altersgruppen bis 49 Jahre 50 bis 59 Jahre 60 bis 64 Jahre 65 Jahre und älter MÄNNER 90.534 12.304 32.843 44.650 737 FRAUEN 42.789 10.935 31.411 443 0 GESAMT 133.323 23.239 64.254 45.093 737