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Corona-Hilfspakete

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Buch-Tipps

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Zuckerbrot und Peitsche

Der Staat schüttet immense Summen im Kampf gegen die Pandemie aus, dafür soll aber Missbrauch stärker kontrolliert werden. Big Brother is watching you? Wer steuerehrlich ist, hat keinen Grund zur Furcht.

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HARALD KOLERUS

Die gute Nachricht lautet: Die Regierung wird ihre umfassenden Coronahilfen wie steuerliche Erleichterungen und Förderungen weiter fortsetzen. Neue Maßnahmen, wie das Umsatzentgelt von 80 und 50 Prozent für die Gastronomie sind hinzugekommen. Weniger erfreulich: Die Materie wird komplexer und unübersichtlicher. Noch dazu will die Politik strengere Maßstäbe und Kontrollen anlegen. Wer hat da noch den Durchblick? Hier eine Orientierungshilfe.

Strengeres Regime

Mit einem neuen Gesetz will die Koalition sicherstellen, dass Hilfen nur an jene Unternehmen gehen, die sich keiner steuerlichen Vergehen schuldig gemacht haben. Covid19-Hilfen werden somit an, wie es heißt, „steuerliches Wohlverhalten“ geknüpft. Das entsprechende Gesetz tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist bis Ende 2025 begrenzt. Was bedeutet das konkret? Unternehmen müssen sich für einen Zeitraum von fünf Jahren vor der Antragstellung bis zur Förderungsgewährung steuerlich wohlverhalten haben. Dieses Wohlverhalten wird genau definiert. So kann ein Unternehmen Förderungen erhalten, wenn in einem der letzten drei Jahre kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch vorliegt, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens 100.000 Euro im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat. Aufgepasst: Die Förderung muss mit einem Zinssatz von viereinhalb Prozent pro Jahr zurückgezahlt werden, wenn sich innerhalb von fünf Jahren nach Förderungsbewilligung herausstellt, dass sich das Unternehmen doch nicht „wohlverhalten“ hat. Das kann also teuer werden! Ganz von Förderungen ausgeschlossen sind wiederum Unternehmen mit Sitz, Niederlassung oder Betriebsstätte in einer Steueroase, die dort überwiegend Passiveinkünfte erzielen. Schärfer geschossen wird auch im Bereich der Kurzarbeit: Eingesetzt werden zusätzliche 350 Kontrolleure, auch vor Ort, insbesondere um Arbeitszeitaufzeichnungen unter die Lupe zu nehmen. Wobei sich die Frage stellt, wie sinnvoll solche Kontrollen in der aktuell existenzbedrohenden Krise sind? Dazu heißt es seitens der WKO auf Anfrage des GELD-Magazins: „Kontrollen

Firmenpleiten vermeiden

Wie lässt sich das „Schreckgespenst Insolvenz“ vertreiben? Die Fachgruppe für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie in der Wiener Wirtschaftskammer (UBIT) hat dazu einen Leitfaden veröffentlicht. Hier ein Auszug:

Liquide Mittel gehen zu Ende

In einem ersten Schritt ist es wichtig, mittels Liquiditätsplan festzustellen, wie lange die flüssigen Mittel noch reichen. Ist die Faktenlage klar, kann das bereits zu einer gewissen Beruhigung beitragen. Eine sachliche und belegbare Argumentation gegenüber den Banken und Förderstellen stärkt die Verhandlungsposition und kann in weiterer Folge zu einer spürbaren Verbesserung der Liquidität beitragen. Eine professionelle Bestandsaufnahme, die Vereinbarung von Stundungen mit den Gläubigern und andere Maßnahmen können dazu beitragen, die Lage zu entspannen.

Führung fällt aus

Ein Schreckensszenario für viele KMU ist der Ausfall des Unternehmenslenkers selbst – sei es wegen einer Covid-19-Erkrankung oder aus anderen Gründen. Empfohlen wird deshalb generell, rechtzeitig intern eine Person aufzubauen, die im Notfall einspringen kann. Diese kompetente Vertrauensperson sollte mit allen Abläufen vertraut sein und auch die nötigen Berechtigungen erhalten.

Mitarbeiter in Quarantäne

Erkrankt beispielsweise nur ein einziger Mitarbeiter an Covid-19, kann es passieren, dass ganze Abteilungen quarantänebedingt ausfallen. Überbetriebliche Kooperationen, Netzwerke, Plattformen oder Arbeitsgemeinschaften könnten als Lösung dienen.

gab es von Anfang an. Ein sorgsamer Umgang mit Hilfsgeldern ist auch notwendig, gerade bei einem so wichtigen Kriseninstrument wie der Corona-Kurzarbeit. Schon bisher konnten durch die Kurzarbeit viele Arbeitsplätze und damit Einkommen gesichert werden, und das ist auch nach wie vor so.“

Wichtige Atempause

Die strengeren Maßstäbe der Regierung werden also von der Wirtschaftsvertretung nicht verdammt, generell zeigt sich die WKO auch mit den gesetzten Hilfs-Maßnahmen recht zufrieden: „Umsatzersatz und Fixkostenzuschuss II unterstützen möglichst viele betroffene Betriebe quer durch alle Branchen, um die Lock Down-Folgen zumindest teilweise zu kompensieren. Die Verlängerung der Steuer- und Abgabenstundungen, die Verlängerung der USt-Senkung für die Gastronomie, Hotellerie und Kultur bis Ende 2021 entlasten die Betriebe unmittelbar und verschaffen eine wichtige Atempause.“ Die Prolongierung des Haftungspakets zur Besicherung von Überbrückungskrediten der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank bis Ende Juni 2021 wird ebenfalls positiv gesehen. Auch auf die Frage, wie schnell Unternehmen Unterstützung finden, zieht die WKO eine recht erfreuliche Bilanz: „Beim Umsatzersatz hat die Beantragung gleich am Tag der Bekanntgabe gestartet – nach etwa einer Woche wurden mehr als 30.000 Anträge mit einem Gesamtvolumen von über 900 Millionen Euro eingereicht. Davon wurden über 800 Millionen in den nachfolgenden Tagen ausgezahlt.“

Fazit: Bessere Feinabstimmung

Trotz der alles in allem erfolgreichen Hilfspakete haben etliche KMU Existenzängste. Die langjährige Unternehmensberaterin und Expertin der Fachgruppe UBIT Wien, Claudia Strohmaier, meint: „Es wäre überlegenswert, dass die Politik unterschiedliche Förderschienen einführt, die auf die Unternehmensgröße abgestimmt sind. Damit könnten den Kleineren Vorlaufzeiten gewährt werden, sie können nämlich nicht so schnell reagieren wie große Unternehmen. Überhaupt wäre es wünschenswert, wenn sich die Politik mehr Know-how aneignen würde, wie KMU überhaupt ticken, um Fördermaßnahmen gezielter zu setzen.“

Monatliche Unternehmensinsolvenzen seit dem Shut Down: Die Pleitewelle kommt erst

386

181 (Insolvenzen im Vergleich zu den Durchschnittszahlen im Jahr 2019) 386 386 386 386

294 305

252

195 386

161

Quelle: KSV April Mai

Insolvenzverfahren 2019 Juni Juli August September Insolvenzverfahren 2020

Dass die staatlichen Hilfsmaßnahmen greifen, sieht man an der geringeren Zahl von Unternehmenspleiten im Vergleich zu 2019. Das birgt aber auch die Gefahr, dass „Zombie-Firmen“ künstlich am Leben erhalten werden. Durch die anhaltende Verschleppung wird es 2021 höchstwahrscheinlich zu massiven Insolvenzen kommen.

Wichtige Maßnahmen

Umsatzsteuer. Die Ermäßigung der Umsatzsteuer von fünf Prozent in der Gastronomie, Hotellerie und Kultur wird bis 31. Dezember kommenden Jahres verlängert. Zudem sollen bis Ende 2021 alle Speisen und Getränke in der Gastronomie diesem begünstigten Steuersatz unterliegen. Insgesamt würden laut Bundesregierung Kultur und Tourismus um rund 1,5 Milliarden Euro entlastet. Kurzarbeit. Unternehmen, die bereits im Oktober 2020 ein Kurzarbeitsbegehren mit einer Arbeitszeit von 30 Prozent oder mehr beantragt haben, können nachträglich ein Änderungsbegehren mit einem höheren Arbeitszeitausfall bis zum Ende des bewilligten Kurzarbeitszeitraumes stellen. Achtung: Wird die Kurzarbeit für mehr als fünf Arbeitnehmer beantragt, muss ein Steuerberater/ Bilanzbuchhalter/Wirtschaftsprüfer die Angaben bestätigen. Des Weiteren gibt es in Zusammenhang mit der Corona-Kurzarbeit bereits verschärfte Kontrollen: Seitens der Finanzverwaltung werden zusätzlich 350 Kontrolleure eingesetzt, die auch Vorortkontrollen, insbesondere die Arbeitszeitaufzeichnungen betreffend, durchführen. Gastronomie. Für den Zeitraum der angeordneten Schließung werden den österreichischen Gastronomie-Unternehmen 80 Prozent (seit Dezember 50 %) ihres Umsatzes ersetzt. Der Umsatzersatz wird anhand der Steuerdaten, die der Finanzverwaltung vorliegen, automatisch berechnet. Die Beantragung erfolgt über FinanzOnline.

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