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Gegen Wahlen David Van Reybroucks. Verlag: Wallstein. 198 Seiten. ISBN: 978-3-8353-1871-7 Umstritten. „Wahlen sind ein primitives Instrument mit einer verrückten Logik. Sie führen dazu, dass Politiker Dinge versprechen, die sie nicht halten können. Abstimmen ist nicht demokratisch“, so einige der Grundaussagen im vorliegenden (erstmals 2016 erschienenen) Werk des Historikers David Van Reybroucks. Das ist starker Tobak, handelt es sich vielleicht um die Ausgüsse der gerade wieder florierenden antidemokratischen Bewegungen rund um den Globus? Im Gegenteil. Bei der Lektüre wird schnell klar, dass sich der Autor ernsthafte Sorgen um das Funktionieren der Demokratie zu Beginn des 21. Jahrhunderts macht. Und tatsächlich geben Phänomene von Donald Trump in den USA über Viktor Orban in Ungarn bis hin zu „Staatsverweigerern“ in unseren Breiten Anlass für Kopfzerbrechen. Massiv sinkende Wahlbeteiligungen passen ins unschöne Bild. Zur Erinnerung: Beim letzten Urnengang in Wien blieben rund 40 Prozent der Bürger zu Hause. Van Reybroucks blickt nun tief in die Vergangenheit zurück, um Lösungsmöglichkeiten angesichts steigender Politik- und Demokratieverdrossenheit zu finden. Anleihen findet er dabei in der Wiege der Demokratie des antiken Griechenlands: Dort wurden politische Ämter auf Zeit auch durch Losverfahren vergeben. Van Reybroucks will nun natürlich nicht das antike Modell 1:1 auf die Jetztzeit übertragen; er spricht sich für eine Kombination von Wahlen und Losverfahren für bestimmte Gremien aus. Ob das gut und durchsetzbar ist, sei dahingestellt. Die Diskussion wurde durch dieses kluge Buch aber eröffnet.

Repression und Rebellion Karim El-Gawhary. Verlag: K&S. 224 Seiten. ISBN: 978-3-218-01232-4 Pulverfass. Rund schon zehn Jahre ist es her, dass die Arabische Revolution ausgerufen und vielerorts gefeiert worden ist. Aber was hat sich bisher, zum Guten sowie zum Schlechten, verändert? Der bekannte Nahost-Experte und ORF-Korrespondent Karim El-Gawhary zieht zu diesem Thema in seinem jüngsten Buch eine doch sehr ernüchternde Bilanz: In Ägypten herrscht das Militär, in Syrien ein Massenmörder, Libyen versinkt im Chaos und die Golfstaaten werden weiterhin autokratisch regiert. El-Gawhary schildert, wie die Regime versuchen, jede Veränderung zu blockieren, wie die Regionalmächte um ihre Einflusssphären kämpfen, und wie Europa die Lektion, dass arabische Autokraten Terror und Flüchtlinge produzieren, noch immer nicht gelernt hat. Dabei wird gleichzeitig die soziale Frage im Nahen Osten immer drückender. Es ist ein Zusammenspiel zwischen Armut, Ungleichheit und politischer Machtlosigkeit der Bürger, das die Region auch weiterhin zum Unruheherd macht. Und: Die Corona-Krise wird die Situation noch verschärfen, weil sie die Armut anfächert. Es ist also ein überwiegend düsteres Szenario, dass der Experte zeichnet, doch ist nicht alle Hoffnung verloren. Denn die autokratischen Systeme bekommen Risse: So im Sudan, wo Demonstranten für einen neuen Staat kämpfen. Oder im Libanon und im Irak, wo vor allem junge Menschen gegen Misswirtschaft, Korruption und die konfessionell dominierte Politik auf die Straße gehen. Das ist nicht zuletzt spannend zu lesen, denn El-Gawhary berichtet als Augenzeuge vor Ort.

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