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Healthcare

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Buch-Tipps

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Ein sicherer Hafen

Innovationen zu fördern und zugleich Kosten dauerhaft zu reduzieren bleiben die Treiber für Gesundheits-Investments. Für Anleger hat sich in diesem turbulenten Börsenjahr der defensive Charakter der Branche ausgezahlt.

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WOLFGANG REGNER

ALLIANCE BERNSTEIN (AB) International Health Care

Vinay Thapar hat drei Themen identifiziert, die den Gesundheitsbereich dominieren. Erstens die Diagnostik. Frühe Testuntersuchungen zur Prävention von Erkrankungen werden effektiver und prognostizieren den Krankheitsverlauf auch immer früher. Zweitens minimalinvasive Therapien und die Robotik. Operationsroboter helfen, OPs effektiver und präziser durchzuführen, senken die Komplikationsrate und lassen die Patienten schneller genesen. Das

Vinay Thapar, Fondsmanager bei AllianceBernstein V inay Thapar, Portfolio Manager des AB International Health Care Portfolio, AllianceBernstein, weist auf aktuelle Trends hin. So spielt IT im Gesundheitssektor eine immer größere Rolle. „Das Software-Unternehmen Veeva bietet sektorspezifische CRM (Kundenmanagement)-Lösungen für die Branche. Da viele Pharma-Referenten bzw. -Vertreter nun vom Home Office aus arbeiten, können sie virtuell mit den Ärzten kommunizieren. Die Impfstoff-Rally wird bald auslaufen und die Interessen der Investoren werden sich auf die übrigen, gewinnträchtigeren Segmente des Healthcare-Sektors zurückbesinnen“,

ermöglicht Kliniken, mehr Patienten zu behandeln und die höhere Effizienz hilft, die Kosten für das Gesundheitswesen zu senken. Und schließlich der Trend Technologie im Gesundheitsbereich. Hier gibt es Aufholpotenzial, etwa durch die Telemedizin.

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 2015 2016 2017 2018 2019 2020

LU0251853072 Volumen 1.268 Mio.€ Rendite 1 Jahr 6,9 % Ausgabeaufschlag 5,00 % Rendite 3 J. p.a. 12,2 % Total Expense Ratio 2,01 % Rendite 5 J. p.a. 8,7 % erklärt Thapar. Rudi Van den Eynde, Fondsmanager des Candriam Equities L Biotechnology, sieht große Fortschritte in vielen Therapiefeldern. Ein relativ neuer Ansatz in der Krebs-Immuntherapie sind die sogenannten bispezifischen Antikörper. Diese verfügen über zwei Arme. Mit dem einen binden sie sich an den Tumor (einen tumorspezifischen Rezeptor), mit dem anderen an Immunzellen, z.B. T-Zellen. Durch diesen Drei-Zell-Komplex (der Antikörper verfügt neben den beiden Armen auch über einen Fuß, an den Immunzellen andocken) wird die Immunantwort im Vergleich zu gewöhnlichen Antikörpern verstärkt. Nach dem Erfolg der mRNA-Impfstoffe gegen das Coronavirus wird auch die Technologie der RNAInterferenz (mRNA, die Zellen daran hindert, z.B. tumorspezifische Proteine herzustellen) weitere positive Ergebnisse bringen.

Zielgerichtete Therapien

Jürgen Harter, Investmentspezialist bei Medical Strategy und als solcher verantwortlich für den Medical BioHealth Fund, erklärt, warum der Biotech-Sektor weiterhin attraktiv bleiben wird: „Es gibt bahnbrechende therapeutische Entwicklungen auf breiter Front. Dies liegt daran, dass wir heutzutage die Krankheitsursachen auf molekularer Ebene viel besser verstehen und auf dieser Basis zielgerichtete Therapien entwickeln können. Wir sprechen von Präzisionsmedizin. Innovationsträger im Biopharma-Sektor sind kleine und mittelgroße Unternehmen. Deshalb liegt unser Anlageschwerpunkt in diesem Segment. Wir investieren in Innovationsführer mit bahnbrechenden Therapien bzw. Technologien und hohem Wachstumspotenzial.“ Ein weiteres Healthcare-Thema ist in der Medizintechnik

zu finden. Faktoren wie die steigende Lebenserwartung und die große Innovationskraft lassen diesen Sektor schneller wachsen und die Gewinne überdurchschnittlich ansteigen. „Die Miniaturisierung ermöglicht minimalinvasive Anwendungen beim Herzklappenersatz oder bei Herzschrittmachern“, sagt Marcel Fritsch, Fondsmanager des BB Adamant Medtech & Services.

Corona-Zulieferer

Anstatt hoch bewerteten Covid-ImpfstoffEntwicklern nachzujagen, setzt Anne Marden, Portfolio-Managerin des JPM Global Healthcare Fund, stärker auf die Zulieferer, die für die Produktion der Impfstoffe in riesigen Mengen unverzichtbar sind. Beispiele sind Thermo Fisher Scientific (USA), Lonza (Schweiz) und WuXi (China). Auch ‚Digital Health‘ (z.B. Teladoc) bietet enorme Chancen, z.B. digitale Kontrollsysteme wie ‚iRhythm‘ (Herzrhythmus-Kontrolle), die sich für die Ferndiagnose, also die Telemedizin, gut eignen“, so Marden. Dieser Trend ist strukturell und damit relativ unabhängig gegenüber Konjunkturschwankungen. Gleiches gilt für Therapien für seltene Erkrankungen, z.B. Trikafta gegen zystische Fibrose (Vertex Pharma). Das Umsatzwachstum dieser „Orphan Drugs“ ist mit über 12 Prozent doppelt so hoch wie im übrigen Markt. Bis 2024 sollen diese Medikamente gut 20 Prozent aller weltweiten Verschreibungen rezeptpflichtiger Therapien ausmachen, das wären Umsätze von insgesamt 240 Milliarden Dollar. Es gibt rund 7000 seltene Krankheiten, nur für zehn Prozent wird derzeit eine Therapie angeboten. Auch neue Gesundheitstechnologien (Digital Health) haben einen Wachstumsschub durch Corona erfahren. Dazu BB-Manager Fritsch, der auch für den BB Adamant Digital Health zuständig ist: „Wir schätzen, dass im US-Gesundheitssystem 300 Milliarden Dollar pro Jahr ‚verschwendet‘ werden, durch Überbehandlung, intransparente Preisgestaltung und Verwaltungsaufwand. Hinzu kommt, dass die Gesundheitskosten durch Trends wie die Überalterung und Veränderung des Lebensstils (z.B. ungesunde Ernährung) rapide ansteigen. Technologien wie Sensoren, Cloud-Computing und Robotik halten nun Einzug im Gesundheitswesen, ermöglichen neue disruptive Geschäftsmodelle und Produkte und sorgen für klinischen Mehrwert und Kosteneinsparungen. Das Risiko ist überschaubar, weil diese Technologien auch in anderen Industrien genutzt werden.“

Digital Health

„Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hat sich durch die Coronakrise deutlich beschleunigt. Mehrere unserer Investments wie Teladoc Health haben in einem Jahr so viel erreicht wie sonst in drei. Die Digitalisierung befeuert auch zwei unserer FokusInvestmentgebiete, Diabetes und Operationsrobotik. Der Einsatz von Sensoren- und Robotertechnologien sorgt für bessere klinische Ergebnisse bei tieferen Kosten“, sagt Fritsch. Beispiele für den Durchbruch von Digital Health findet man in der Telemedizin, in der robotergestützten Chirurgie und bei chronischen Krankheiten.

DIE BESTEN AKTIENFONDS GESUNDHEIT ISIN FONDSNAME VOLUMEN PERF. 1 J. 3 JAHRE 5 JAHRE TER LU0415391431 Bellevue BB Adamant Medtech & Services 1.256 Mio.€ 4,1 % 52,6 % 86,3 % 2,24 % LU0119891520 MEDICAL BioHealth 631 Mio.€ 21,5 % 74,7 % 82,1 % 2,20 % LU0251853072 AB International Health Care Portfolio 1.268 Mio.€ 6,9 % 41,4 % 51,7 % 2,01 % IE00B84TGD38 Wellington Global Health Care Equity Fund 3.319 Mio.€ 14,0 % 48,6 % 47,2 % 1,32 % IE0009355771 Janus Henderson Global Life Sciences Fund 3.093 Mio.€ 13,1 % 53,0 % 40,0 % 2,42 %

INTERVIEW

Anne Marden, Portfoliomanagerin des JPM Global Healthcare Fund

Was macht den Gesundheitssektor als Investment so interessant?

Die Höhe der Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt liegt langfristig bei rund drei bis vier Prozent pro Jahr. Der wichtigste Wachstumstreiber ist die medizinische Innovation. Mit 42 neuen Top-Medikamenten, die 2020 bislang in den USA zugelassen wurden, ist der Wert von 48 aus dem Vorjahr fast erreicht und ein klares Indiz für die Innovationskraft des Sektors.

Wie sind Sie durch die Corona-Krise gekommen?

Wir haben selektiv in neue Chancen investiert. Wir fanden Opportunitäten mit attraktiven Bewertungen, z.B. im Bereich der Medizintechnik (Aufholpotenzial bei verschobenen OPs) oder bei Unternehmen mit innovativen Ansätzen für einige der ‚seltenen Krankheiten‘, die gar nicht so selten sind. Immerhin leiden global 300 Millionen Menschen an solchen Erkrankungen, die zu 80 Prozent genetisch bedingt sind. Bezüglich der Preissetzung von Medikamenten glauben wir, dass die Wahrscheinlichkeit für eine strukturelle Veränderung der Preise für innovative Therapien gering ist. Preisdruck ist in Gebieten mit starker Konkurrenz, z.B. bei Bluthochdruck oder Cholesterinsenkern, zu erwarten.

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