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Januar 2020
Januar 2020 · B 1309 | € 8,00 Schweiz CHF 12,30 | Österreich € 8,90 | Be/ne/lux € 9,00
Sammler Journal
KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN
Über 2.000 Termine AUSSTELLUNGEN AUKTIONEN HAMMERPREISE
Helter Skelter GEMI
Die Kunst des Thomas Virnich
Rembrandt in Köln Ausdrucksplastik, Teil II: Nachkriegszeit bis heute
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INHALT • JANUAR 2020
FOTOKUNST Leipzig, Bremen, Bernd & Hella Becher
HELTER SKELTER Der Kosmos von Thomas Virnich von Dr. Bettina Krogemann
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Titelbild: Thomas Virnich, Ausstellungsansicht Helter Skelter im Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal, 2016, farbig gefasste Bronze Foto: © Michael Richter, Courtesy Thomas Virnich
SAMMLER-SERVICE
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MAGAZIN
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MESSETERMINE
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KUNSTMARKT
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AUKTIONSNOTIZEN
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AUKTIONSTERMINE
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INSERENTENVERZEICHNIS
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AUSSTELLUNGSTERMINE
46
AUSSTELLUNGEN
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LITERATURTIPP
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AUKTIONSPREISE
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VORSCHAU | IMPRESSUM
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AUSDRUCKSPLASTIK, TEIL II Zwischen Tradition & Nonkonformismus von Sabine Spindler
REMBRANDT Ausstellung in Köln von Anja Iwa
AFRIKANISCHE KERAMIK aus der Slg. Herzog Franz von Bayern von Dr. Wolfgang Hornik
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SAMMLER-SERVICE
Vorteile des Biedermeier Handarbeitstisch um 1830
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Auf einem Flohmarkt fand ich diesen kleinen Tisch (H 88 cm, B 66 cm, T 43 cm) aus Nussbaum. Die Klappe ist abgeschrägt, innen gibt es zwei kleine, vorne eine größere Schublade. Aus welcher Zeit stammt das Möbelstück? War es ein Nähtisch? Und wie schätzen Sie diesen Tisch preislich Uwe Blass, o. O. ein?
!
Das Möbelstück in Ihrem Besitz war wohl ursprünglich als Arbeitstisch für Handarbeiten gedacht. Die abgeschrägte Klappe eignet sich zum Schreiben oder Zeichnen, das Fach darunter war wohl gedacht, um Handarbeiten oder Textilien zu verwahren, die kleinen Schubladen für kleinteiliges Nähzeug, die Schublade darunter für ähnliches. Der Korpus aus Weichholz ist mit Riegelesche oder Esche-Wurzel furniert, getragen wird er von zwei Säulen aus Birnenholz oder Satinholz, die in geschweiften Füßen enden. Die fein aus Messing gedrehten Kapitelle und Tori verweisen auf die Zeit um 1830, vermutlich Dänemark oder Norddeutschland.
Die Preise für Biedermeiermöbel haben wohl ihre Talsohle erreicht. Junge Sammler entdecken wieder die Vorteile von formaldehydfreien Vollholzmöbeln, die zudem den ökologischen Fußabdruck vermindern. Aktuell würde ich das attraktive Kleinmöbel mit 500 bis 800 Euro bewerten, Preissteigerungen nicht ausgeschlossen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Jagdschloss Göhrde
Mit Fleiß und Freude farbenprächtig Blumenstillleben von E. Werner
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Ich habe dieses Ölbild vor kurzer Zeit auf einem Flohmarkt gekauft. Mich würde interessieren, wer dieser Maler E. Werner ist und wann dieses Bild gemalt wurde. Auch würde mich der Wert von diesem schönen Blumenstraußgemälde inklusive Rahmen interessieren. Maße des Evelyn Lenze, Sundern Bildes: H 36,6 cm, B 24,5 cm.
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Das eingesandte Gemälde in Öl auf Malkarton zeigt in kräftigen Farben ein Blumenstillleben. In einer runden Vase sehen wir Mohnblüten, Gerbera, Rosen und allerlei andere farbenprächtige Blüten. Das Gemälde, welches wohl in der Mitte des 20. Jahrhunderts gefertigt wurde, ist in der unteren rechten Ecke mit dem Namen „E. Werner“ signiert. Trotz der Häufigkeit des Nachnamens Werner ist dieser Künstler unter Zuhilfenahme der üblichen Nach-
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schlagewerken und Datenbanken nicht zu identifizieren. Kein fraglicher künstlerisch aktiver Namensträger lässt sich mit der Handschrift der Signatur oder des Motives in Deckung bringen. Es ist auch anzumerken, dass eine künstlerische Ausbildung zum guten Ton im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehörte und viele Amateurmaler mit Fleiß und Freude zahllose Gemälde fertigten, die uns immer noch erhalten sind und auf dem Auktionsmarkt gehandelt werden. Weitere Gemälde dieses Künstlers mit ähnlichem Motiv und Signatur wurden ebenfalls unidentifiziert in Auktionen angeboten. Ein solches Gemälde sollte mit 80 bis 160 Euro in einer Auktion angesetzt werden. Georg Ottomeyer, Experte Berlin
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KUNSTMARKT
Hommage an Vladimir Veličkovič Als er am 29. August 2019 starb, hatte Vladimir Veličkovič gerade ein neues Preisniveau auf dem Auktionsmarkt erreicht und war dabei, eine Ausstellung in Frankreich vorzubereiten. Er galt als bedeutendster serbischer Maler unserer Zeit, gleichzeitig war Vladimir Veličkovič aber auch ein bedeutender Vertreter der französischen Malerei. Beide Länder sind Grundlage seiner Geschichte. So kam Vlada am 11. August 1935 in Belgrad zur Welt und lernte Französisch im Gymnasium. 1965 erhielt er den Preis der Biennale Paris, sodass er sich für sechs Monate in Frankreich niederlassen konnte. Daraus sollten 60 Jahre werden. Nicola Radic von der französischen Botschaft in Serbien erklärt: „Er war eine Brücke zwischen unseren beiden Ländern […] unmöglich, von seinen Gemälden und Zeichnungen nicht zutiefst berührt zu werden oder sein außergewöhnliches Talent mit dem eines Kollegen zu verwechseln.“ Der Künstler lehrte 18 Jahre an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris (1983 bis 2000) und wurde als erster Serbe Mitglied des Institut de France. Als Vertreter Jugoslawiens bei der Biennale Venedig 1972, Chevalier de la Légion d’Honneur
Vladimir Veličkovič, Sans titre, 1981 (Artcurial, Paris, März 2019, Zuschlagspreis 1.200 Euro)
(Ritter der Ehrenlegion), Commandeur des Arts et des Lettres (Kommandeur im Orden der Künste und der Literatur), Mitglied der Académie française des Beaux-Arts (2005 zum Nachfolger von Bernard Buffet gewählt) sowie Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste wurde Vladimir Veličkovič schon zu Lebzeiten gewürdigt und gefeiert. Seine Arbeit war Gegenstand zahlreicher Ausstellungen rund um den Erdball und seine Gemälde zieren die Sammlungen von etwa hundert Museen, darunter die Königlichen Museen der Schönen Künste in Brüssel, das Centre Pompidou in Paris oder das MoMA in New York. Dennoch sind die großen monografischen Ausstellungen erst in den letzten Jahren seiner großen Karriere nach Frankreich gekommen. Le grand style et le tragique
Vladimir Veličkovič, La naissance, 1968 (Artcurial, Paris, März 2019, Zuschlagspreis 36.000 Euro)
„Le grand style et le tragique“ (wörtl.: Der große Stil und die Tragik) lautet der Titel der Vladimir Veličkovič-Retrospektive im Fonds Hélène und Edouard Leclerc (FHEL) in Landerneau im Finistère. Der Künstler hatte diese Ausstellung, die im Dezember 2019 eröffnet wird, seit zwei Jahren vorbereitet. Zwangsläufig wurde sie nun mit „unendlicher Traurigkeit“ zu einer Hommage an den „großen Mann“ umgewandelt, so der Fonds Leclerc. Diese bedeutende Ausstellung – mit etwa 100 Werken – hat lange auf sich warten lassen. Der Künstler war 84 Jahre alt. Die einzige große Ausstellung zu seinen Lebzeiten in Frankreich fand 2011 statt. Damals war er 76 („Les Abattoirs“, Toulouse). „Le grand style et le tragique“ bietet eine einzigartige Gelegenheit, seine verstörenden und tragischen Gemälde zu entdecken, die blutige Gemetzel, trostlose Landschaften, unheimliche Krähen, Galgen, Stacheldraht und ausgemergelte Hunde zur Schau stellen. Eine Malerei, die die
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Gräuel, die Menschen einander antun, abbildet. Die schlimmsten Erinnerungen bleiben besonders lange im Gedächtnis. Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, war Vlada zehn Jahre alt und hatte als Kind Dinge gesehen, die sein Leben prägten. Sein Werk spiegelt nicht nur die Erinnerung an diesen Krieg, sondern die Bürde aller Konflikte wider. Veličkovič hat sich an dem beteiligt, was Freud als „Kulturarbeit“ bezeichnete. Die Geschichte hat den Künstler nach seiner ersten Ausstellung in der Galerie du Dragon in Paris 1967 der Narrativen Figuration eingeordnet. Zwar ist das Werk von Veličkovič von den Recherchen von Eadweard Muybridge (1830-1904) zur fotografischen Zerlegung der Bewegung geprägt und die anderen Vertreter dieser Bewegung haben sich von den Bildern des Alltags, von Comics, Kino, Werbung und Fotografie inspirieren lassen. Aber er war ein echtes UFO in dieser Bewegung, ein Maler der Agonie, geprägt von der christlichen Ikonografie, deren Werk von Kreuzigungen, Passionen, Abstiegen vom Kreuz und Grabfiguren – alles Motive, wo der Körper geschunden wird – durchzogen ist. Der Markt erwacht Vladimir Veličkovič erlebte noch mit, wie sein Auktionswert stieg. So erfolgte sein persönlicher Rekord im März dieses Jahres, also fünf Monate vor seinem Tod. Das Pariser Auktionshaus Artcurial versteigerte damals im Rahmen seines Verkaufs „Art du XXe siècle, 1950 à nos jours“ (Kunst aus dem 20. Jahrhundert, 1950 bis heute) ein Gemälde mit dem Titel „La Naissance“ (Die Geburt, 1968). Das Werk hat nichts mit dem freudigen Wunder einer Geburt zu tun, hier ist sie ein alptraumhaftes Drama mit blutigen Weichteilen, einem gevierteilten Körper und einem furchteinflößenden Neugeborenen, das bereits Zähne im Mund hat. Mit einem Schätzwert zwischen 6.000 und 8.000 Euro hob das Werk buch-
stäblich ab und erzielte 46.800 Euro (mehr als 53.000 Dollar). Der Künstler hatte also erstmals die Marke von 50.000 Dollar bei Auktionen geknackt. Seine Gemälde sind nicht sehr begehrt, sein Werk begeistert nur einen sehr beschränkten Kreis von Sammlern, vor allem aus Frankreich. So wurden 81 Prozent des Umsatzes des Künstlers (in den letzten 20 Jahren) in Frankreich erzielt, wo sich der Großteil seiner Werke befindet. Einige Werke sind in Europa – vor allem in Belgien, in Deutschland und in Italien – im Umlauf. Eine Handvoll (nur sechs in 20 Jahren) haben es bis nach Amerika geschafft. Trotz der weltweiten Bekanntheit von Veličkovič waren einige seiner Werke in diesem Jahr in Frankreich, Deutschland oder Serbien noch um rund 5.000 Dollar zu bekommen. Etwa der gleiche Preis wie bei manchen großen bissigen Zeichnungen mit einer anderen Effizienz als bei der Malerei. Einige Werke auf Papier sind noch um 1.000 Dollar erhältlich, ein besonders niedriger Preis für so einen virtuosen Zeichner, der sich das Zeichnen mithilfe von Fotos oder Bildern aus Werken der Familienbibliothek überwiegend selbst beigebracht hat. Diese Leidenschaft für das Zeichnen war seiner Malerei zuträglich. Ein wesentlicher Teil seiner Arbeit, den er folgendermaßen kommentierte: „Über das Zeichnen kann man alles ausdrücken: Freude, Traurigkeit, Drama, Vergangenheit, Zukunft, Leben, Tod. Unter Beweis stellen, dass Zeichnen vor allem ein Selbstportrait ist, dass es viel zeigen und sehr wenig verbergen kann“ (1983). QUELLE | artprice.com
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AUKTIONSNOTIZEN
Tipps für Kurzentschlossene 28. Dezember
Schmucke Flaschen Eppli, Leinfelden-Echterdingen Wer für die Silvesterparty abseits von Sekt und Champagner noch den passenden Umtrunk sucht, ist kurz vor Jahresende bei Eppli genau richtig. Das Stuttgarter Haus versteigert in seiner Halle in Echterdingen im Rahmen seiner regelmäßigen Kunst- und Antiquitätenauktion dieses Mal eine Whisky-Sammlung aus einem Privathaushalt. Neben Klassikern wie Talisker und Lagavulin sind vor allem sammelwürdige Spezialabfüllungen darunter, wie zum Beispiel die verschiedenen Abfüllungen von Macallan. Das Highlight stellt der acht Jahre gereifte Ladyburn dar. Nicht nur, weil William Grant & Sons ihre Whiskys streng limitiert hatten, ist Ladyburn einer der seltensten Whiskys auf dem Markt. Auch weil die Destillerie nur knapp zehn Jahre bis 1975 existierte. Alle Lose gehen ohne Limit in die Auktion. Die richtige Dekoration für die neue Whisky-Bar oder die Vitrine gibt es in Form feiner, kleiner Objekte in Silber und polychromen Transluzidemaillen im Stil Karl Fabergés gearbeitet. Sehr hübsch ist auch die Singvogeldose von Carl Griesbaum, die ab 900 Euro den Besitzer wechseln könnte. Von großem Interesse für den internationalen Markt könnte die Sammlung von rund 100 chinesischen Snuff Bottles aus Glas, Porzellan, Email und Stein sein. Sie stammen aus dem 19. und 20. Jahrhundert und kommen in mehreren Konvoluten zu moderaten Limitpreisen von 600 bis 1.800 Euro zum Aufruf. Kurz vor der orthodoxen Weihnacht bietet Eppli auch russi-
sche und griechische Ikonen an, darunter verschiedene Heiligen- und Festtagsikonen. Sakrale Themen finden sich auch in der Sparte der Altmeistergemälde. Ein niederländischer Meister malte in hoher Könnerschaft und geradezu liebevoll das auf der Weltkugel schlummernde Christuskind von Blumen umrankt (Aufruf 3.800 Euro). Max Gaisser entwickelte im späten 19. Jahrhundert seine Maria mit Kind in altmeisterlicher Weise (1.400 Euro). Einen Ausflug nach Italien ermöglicht Ferdinand Knab mit einer 1884 gemalten Landschaft, in der eine steinerne Bogenbrücke zu einem geheimnisvollen Palast über den Fluss führt (700 Euro). TELEFON | 0711/997008400 WEBSEITE | www.eppli.com
Sieben Snuff Bottles, China, 19./20. Jahrhundert, Glas, Überfangglas, Rosenquarz, Rotlack, H 6 bis 9,5 cm (Aufruf 1.800 Euro). Eppli, Leinfelden-Echterdingen, 28.12.2019
9. bis 11. Januar
Winterlich Allgäuer Auktionshaus Kühling, Kempten Passend zur Jahreszeit hat Kühling in seinem großen Gemäldeangebot die Darstellung eines Gletschers der Ortlergruppe. Gemalt von Hans Josef Weber-Tyrol ist die 122 Zentimeter breite Leinwand ab 4.800 Euro zu haben. Es bleibt winterlich. Vom polnischen Maler Leonard Winterowski stammt das beliebte Motiv einer Schlittenfahrt durch den Winterwald (Limit 1.500 Euro), vom tschechischen Maler Alois Kalvoda die sehr stimmungsvolle „Landschaft mit Altschnee“ (1.000 Euro). Jannary Suchodolski, ein polnischer Künstler des 19. Jahrhunderts, zeigt ein Interieur mit zechenden Kosaken (1.200 Euro). Umfangreich ist das Angebot von Gemälden der Münchener Schule. Eduard von Grützner ist mit einer Falstaff-Darstellung vertreten. Das
Alois Kalvoda, Landschaft mit Altschnee, Öl auf Leinwand, 56 x 45,5 cm (Limit 1.000 Euro). Allgäuer Auktionshaus Kühling, Kempten, 09.-11.01.2020
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AUKTIONSNOTIZEN
fein ausgeführte Fächerblatt in Öl auf Holz kann ab 2.600 Euro ersteigert werden. Richard von Poschinger malte einen Hirten mit seiner Herde in einer weitläufigen Landschaft (3.800 Euro). Eine großformatige Arbeit von Leopold Schmutzler zeigt eine seiner begehrten Frauendarstellungen mit dem Titel „Junge Schöne mit antikem Krug“ (2.400 Euro). Qualitätvolle Zeichnungen wie das Bildnis einer jungen Frau und das „Scheuneninterieur mit Kind“ stammen von Franz von Lenbach (1.000 Euro) und von Fritz von Uhde (800 Euro). Die humoristische Darstellung „Lesender Mann und Affe“ aus der Feder von Heinrich Kley kann bereits ab 400 Euro erstanden werden. Gleich zwei namhafte badische Künstler sind ebenso mit im Auktionsangebot: Wilhelm Trübner mit einem Rückenbildnis eines stehenden Mannes (1.000 Euro) und Friedrich Kallmorgen mit einer „Kartoffelernte“ (1.800 Euro).
nem Entwurf von Nikolaus Kannhauser in sogenanntem Amphora-Juwelenporzellan besonders hervor (Limit 280 Euro). Auch in der Porzellansparte finden sich zeittypische Abbildungen der Frau, hier im Stil des Art déco, wie etwa die mit 41 Zentimeter außergewöhnlich große Statuette der Carmen von Rosenthal oder die Tänzerin von Galluba & Hofmann, die auf dem Titel des Kataloges des Museums der Deutschen Porzellanindustrie „Die zwanziger Jahre. Zeit des Art Deco“ zu sehen ist. Die moderne Sichtweise auf die Frau illustriert die weibliche Bronzeplastik von „Dame und König“ von Paul Wunderlich (500 Euro). Daneben enthält das rund 3.000 Positionen umfassende Auktionsangebot wieder in jeder Sparte wie etwa bei Möbeln, Design, Spielzeug, Porzellan, Grafik, Militaria, Skulpturen, Varia, Schmuck und Münzen spannende Objekte für Kunstkenner und Entdecker bereit.
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16. bis 18. Januar
25. Januar
Frauenbilder
Ausdrucksstark
Franke, Nürnberg
Richter & Kafitz, Bamberg
Franz Metzner, Kerzenleuchter. Franke, Nürnberg, 16.-18.01.2020
Zum Start ins neue Jahr präsentiert das Nürnberger Auktionshaus Franke für die Winterauktion vom 16. bis 18. Januar 2020 eine Anzahl von Objekten, die das Bild der Frau im Wandel der Zeit von Art Nouveau bis heute zeigt. Eine typische Darstellung des weiblichen Körpers, aber sogleich eine sehr seltene Ausformung, ist der figürliche Kerzenleuchter von Franz Metzner, einem österreichischen Bildhauer, der in Berlin wirkte und dessen ausdrucksstarke Kunst in der Tradition des Symbolismus und der Wiener Secession steht. Bei den Keramiken sticht die „Allegorie von Frankreich", eine äußerst seltene Amphora-Vase nach ei-
Richter & Kafitz rufen rund 360 Objekte aus unterschiedlichen privaten Provenienzen in ihrer Kunst- und Antiquitätenauktion auf. Vor allem die Sparte der Gemälde ist mit 110 Positionen reich beliefert worden und enthält gleich mehrere Spitzenlose und viele Trouvaillen. Bei 28.000 Euro startet ein Großformat von Oskar Mulley, das alle Qualitäten des Malers vor Augen führt. Es zeigt einen Berghof mit Nebengebäude vor schneebedecktem Bergmassiv. Die Farbe spiegelt in ihren Graten der Spachtelspuren die felsige Natur. Ebenfalls von Mulley ist das Schneestück in Hochgebirgslandschaft, das in seiner Manier an Alfons Walde erinnern mag. Mulley zeigt einen Landschaftsausschnitt, der aufgrund der ausdrucksstarken Darstellung der Schneefläche und einer wirkungsvoll an den rechten Bildrand gesetzten Baumgruppe in seiner scheinbaren Zufälligkeit perfekt den Gebirgswinter inszeniert. Um 1919 entstanden, wird es in massivem, tiefem Holzrahmen angeboten, der die Ausschnitthaftigkeit des Gemäldes durch die betonte Abgegrenztheit von der umgebenden Wirklichkeit unterstreicht (Limit 11.000 Euro). Ein Werk aus Mulleys Frühphase ist die frühe nächtliche Ansicht der Festung Kufstein unter Sternenhimmel, im Vordergrund das schneebedeckte Ufer des Inn, auf der gegenüberliegenden Flussseite die von Lichterschein erleuchteten Häuser Kufsteins (2.800 Euro). Für 1.500 Euro gelangt eine Landschaft aus seiner Spätphase zum Aufruf, die eine Naturidylle in Voralpenlandschaft wiedergibt. Im leicht geröteten Licht einer Sommerdämmerung gruppiert der Künstler Bäume und Sträucher am Ufer eines voralpinen Sees. Ein weiterer Hingucker dürfte ein Kniestück Friedrichs des Großen aus den 1760er-Jahren sein, das Einflüsse des Hofmalers Antoine Pesne und von Johann Heinrich Christian Franke aufweist. Es zeigt den reifen König mit Marschallstab vor einer Landschaft, neben
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AUKTIONSNOTIZEN
sich der abgelegte Hermelinmantel und ein mittelalterlicher Helm. Im Hintergrund Schlachtengeschen. Das große Gemälde stammt aus Privatbesitz und trägt die Spuren seines Schicksals: Das Bild wurde von den Vorfahren des heutigen Besitzers 1945 im Krieg aus deren brennendem Haus in Berlin gerettet, indem es aus seinem Rahmen geschnitten und gerollt wurde (5.000 Euro). Von Paul Freiherr von Tiesenhausen, gebürtig aus Estland, bis 1861 russischer Offizier, später akademischer Maler in München, stammt eine großformatige Schiffsszene mit der Darstellung der Beladung eines großen Seglers mittels Zubringerbooten, die Lebensmittel an Bord verladen (2.800 Euro). Ebenfalls von einem in der Münchner Akademie ausgebildeten Maler stammt eine Schlachtenszene des für seine Seeschlachtengemälde bekannten und gefragten Kriegsmalers Zeno Diemer. Das ungewöhnliche, ergreifende Bild im gelängten Hochformat zeigt eine im Abendrot liegende Winterlandschaft mit baumbestandener Allee und Wassergraben. Erst um einen Moment verzögert nimmt man die Kriegsgefallenen, wohl der Schlacht von Orleans am 3./4. Dezember 1870, im Schnee liegend wahr und liest die Spuren von Kanonenwagen als weitere Verweise auf das grausame Kriegsgeschehen (1.200 Euro). Otto Pippel ist mit einer Szene im CuvilliésTheater in München vertreten, Paul Mathias Padua mit einem bezaubernden Motiv eines Zitronen-Mädchens. Daneben gibt es Werke von Julius Seyler, Hugo Schnars-Alquist, Anton Zwengauer, Karl Stuhlmüller, Ernst Liebermann, Adolf Chwala, Edward Theodore Compton, Adolf Stademann, Thomas Walch-Imst, Eugen Bracht, Sascha (Aleksander) Schneider, Willy Moralt, Emil Orlik, Wilhelm Kohlhoff. Von einem Breslauer Silbermeister stammt eine Maria Immaculata aus dem 18. Jahrhundert (1.000 Euro). Sie steht auf einer Weltkugel mit Mondsichel und Schlange, ihr Haupt umflattert ein Tuch, darüber der Sternenkranz. Die
Figur ist auf einen samtbezogenen Sockel mit silbernem Marien-Monogramm montiert. Die Punzierung verweist auf einen Breslauer Meister. Aus zwei hochkarätigen süddeutschen Sammlungen kommt ein großer Creussener Krug von 1664 in guter Erhaltung (1.200 Euro). Für 750 Euro wird ein Annaberger Hochzeitskrug aufgerufen mit schauseitig aufgelegtem Halbbildnis eines Brautpaares. Zwei Annaberger Walzenkrüge mit den aufgelegten Konterfeis eines Kurfürsten nebst Gattin sollen zusammen mindestens 1.000 Euro erbringen. Ein großer Altenburger Walzenkrug stammt aus der Sammlung des Fabrikanten Fritz Holtzapfel, seit 1898 Inhaber der Blau-Fabrik in Grub bei Coburg. Unter einer kleinen Kollektion französischer Jugendstilvasen finden sich Gallé-Vasen unterschiedlicher Entstehungsphasen und unterschiedlicher Dekore, die zwischen 180 Euro und 300 Euro aufgerufen werden. Zwei kantige Vasen der Kristallérie Daum/Nancy sind mit eisglasartiger Wandung und geätztem Überfangreliefdekor verziert, einmal in gelben Tönen mit Brombeerdekor, einmal in violetten Farbtönen mit Clematis-Dekor (je 280 Euro). Ein weiteres Kleinod, das älteste Objekt der Auktion, stammt aus Limoges. Das Limousiner Kruzifixus ist vermutlich das Mittelstück eines Vortragekreuzes, die Balken aus Kupfer, farbig in Grubenschmelztechnik emailliert, das Corpus in Bronze gegossen. Das romanische Kreuz aus der Zeit um 1200, vergleichbar mit ähnlich gearbeiteten Exemplaren der Epoche in Museumskollektionen, etwa in Frankfurt, gelangt für 2.400 Euro zum Aufruf. TELEFON | 0951/5099343 WEBSEITE | www.richter-kafitz.de
29. Januar
Triumph Sotheby’s, New York
Paul Mathias Padua, Zitronen-Mädchen. Richter & Kafitz, Bamberg, 25.01.2020
Sie wird als eine einzigartige und eine der kunsthistorisch bedeutendsten Zeichnungen eingeschätzt, die jemals auf einer Auktion gezeigt wurde: Die Vorzeichnung zu „Triumphe des Cäsars“ von Andrea Mantegna. Andrea Mantegna (um 1431-1506) gehört zu den innovativen und einflussreichen Künstler der italienischen Renaissance. Mantegnas einzig bekannte Vorzeichnung für eine der Leinwände der „Triumphe des Cäsars“, dem berühmten und gefeierten Werk Mantegnas bestehend aus einer Serie von neun monumentalen Gemälden, die den Siegeszug von Julius Cäsar und seiner Armee durch das alte Rom darstellen, entstand in den späten 1480er-Jahren. Die Gemälde sind Teil der British Royal Collection im Hampton Court Palace, wo sie seit ihrem Erwerb 1629 durch Charles I. zur Ausstattung gehören. Charles I. kaufte die Leinwände zusammen mit weiteren Werken direkt von den Gonzagas, den Herzögen von Mantua, Mantegnas wichtigste Auftraggeber. Sotheby's bringt Mantegnas Vorzeichnung nun in der Altmeister-Auktion in New York zur Versteigerung. Der Schätzpreis liegt bei zwölf Millionen Dollar. Obwohl 1885 als eigenhändiges Werk von Andrea Mantegna verkauft, verschwand die Zeichnung spä-
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AUKTIONSNOTIZEN
Andrea Mantegna, Vorzeichnung zu „Triumphe des Cäsars“, 1480er-Jahre (Schätzpreis 12 Mio. US-Dollar). Sotheby’s, New York, 29.01.2020
ter in privaten Sammlungen und war bis kurz vor der großen Ausstellung „Mantegna und Bellini“ in der National Gallery in London und der Gemäldegalerie Berlin völlig unbekannt. Ungefähr 20 Mantegna-Zeichnungen sind geläufig und – mit Ausnahme von zwei (dazu gehört das von Sotheby‘s angebotene Blatt) – in den Sammlungen großer Museen. Die Versteigerung ist außergewöhnlich, sind in den letzten 50 Jahren doch nur zwei Zeichnungen Mantegnas auf Auktionen aufgetaucht. Das Blatt wird in Hongkong, Los Angeles, San Francisco und London zu sehen sein, bevor es ab dem 24. Januar zur Ausstellung nach New York zurückkehrt, wo am 29. Januar die Auktion stattfindet. TELEFON | +1(0)/212/6067000 WEBSEITE | www.sothebys.com
29. Januar
Maskensammler Lempertz, Brüssel „African and Oceanic Art“ heißt die Auktion, die während der BRAFA bei Lempertz in Brüssel stattfindet. An der Spitze der Offerte steht eine 22 Zentimeter große Maske der Chokwe aus Angola zum Schätzpreis von 20.000 bis 30.000 Euro. Ihr folgen mit je 15.000 bis 20.000 Euro eine große Jarai-Grabfigur aus dem zentralen Hochland Vietnams und eine Plankenmaske der Bwa aus Burkina Faso. Abgerundet wird das Angebot von einer fast zwei Meter großen Rambaramp-Figur aus Malekula, Vanuatu, die ebenso wie eine Bamana-Maske aus Mali auf 12.000 bis 15.000 Euro taxiert ist. Fast drei
Meter groß ist eine Abelam-Figur aus Papua New Guinea, die ebenso wie ein Pfosten von der indonesischen BabarInsel und ein ebenfalls von den indonesischen MolukkenInseln stammender Pfahl der Leti auf 10.000 bis 15.000 Euro geschätzt ist. Eine Gruppe von elf Dan-Masken von der Elfenbeinküste stammt aus einer großen Sammlung, die der Schweizer Künstler Charles Hug (1899-1979) zwischen 1929 und 1932 in Paris erworben hat. Diese Masken wurden stets als Klassiker der afrikanischen Kunst schlechthin angesehen und wurden von jenen der frühesten europäischen Künstler der Moderne gesammelt, die in den Bann der afrikanischen Kunst gerieten. Die Sammlung von Hug wurde 1997 im Museum Rietberg in Zürich ausgestellt, die meisten dieser Exponate schon 1933 in der viel früheren Ausstellung in St. Gallen (Schätzung von 600 bis 6.000 Euro). Eine Gruppe von sechs kleinen Songye-Kraftfiguren (die Schätzungen reichen von 1.000 bis 5.000 Euro) wurde von Leo Stappers (19181977), einem niederländischen Priester des Ordens der Patres van Scheut, gesammelt. Nach einem Studium der Bantu-Sprachen an der School of Oriental and African Studies in London war er von 1948 bis 1951 Direktor einer Grundschule in Ngongo, Provinz Kasaï, und von 1951 bis 1957 Lehrer am Jan Berchmans College in Kamponde. Leo Stappers' Doktorarbeit, „Morphologie van het Songye“, veröffentlicht 1964, war die erste Songye-Grammatik. Eine ansehnliche Gruppe von Objekten aus Indonesien wird von einer feinen kleinen Leti-Figur angeführt, die sich früher in den Sammlungen von J. Groenhuizen und Leo van Oosterom befand (6.0008.000 Euro). Eine Gruppe hawaiianischer Artefakte umfasst drei Kahili oder königliche Standards aus Ringen von Schildpatt, Knochen und Elfenbein, die einst mit Federn geschmückt waren. Andere hawaiianische Artefakte sind mehrere Steinstößel, Mörser und Schalen und ein Album mit mehreren schönen kleinen und vielfältigen Beispielen von Kapa oder Rindentuch. TELEFON | +32/(0)2/5140586 WEBSEITE | www.lempertz.com
Jarai-Grabfigur, zentrales Hochland Vietnams, 79 cm (Schätzung 15.000-20.000 Euro). Lempertz, Brüssel, 29.01.2020
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AUKTIONSNOTIZEN
31. Januar
Aus der Wildnis Scheublein Art & Auktionen, München In der ersten Fundgrube-Auktion im neuen Jahr sind besondere Highlights beim Glas, bei der naiven Malerei und in der Druckgrafik zu finden. Bei letzterer sticht vor allem eine Lithografie der britischen Bildhauerin und Grafikerin Elisabeth Frink (1930-1993) hervor. Frink, die in der Nähe einer Luftwaffenbasis aufwuchs, erlebte ihren künstlerischen Durchbruch bereits in den frühen 1950er-Jahren, sowohl mit menschlichen Figuren wie auch mit Tierdarstellungen, die zum Teil auch ihre persönlichen Kriegserlebnisse reflektieren. Vögel nehmen dabei einen ganz besonderen Raum ein: Bereits ihre skizzenhafte und gerade darum so lebensvolle Bronze „Bird“ von 1952 wurde von der Tate Gallery angekauft, als Frink gerade einmal 22 war. Die fast archaische Kraft dieser Figur führt Frink selbst auf Albträume mit abstürzenden Flugzeugen zurück, die sie als Kind bei nächtlichen Luftangriffen tatsächlich beobachten konnte. Dies brachte sie in Konnex mit einer Gruppe von Künstlern, die etwa fünfzehn Jahre älter waren als sie selbst: Die Bildhauergruppe „Geometry of Fear“, die sich in ihrem Werk ihren kriegsbedingten Ängsten stellte und die Kluft zwischen dem geometrischen Idealismus der 1930er-Jahre und dem Existentialismus der Nachkriegszeit überbrückte. Zeit ihres Lebens ist dieses Gefühl von Angst und Gefahr gerade in Elisabeth Frinks Vogeldarstellungen spürbar, deren Form häufig an Granatsplitter erinnert. Selbst in Druckgrafik, die sich mit Vögeln beschäftigt, schwingt neben Frinks Faszination für das Leben der Wildnis auch das beklemmende Spannungsverhältnis zwischen Raubtier und Beute mit. Ihr majestätischer, lithografierter „Uhu“, der zum Schätzpreis von 500 Euro angeboten wird, reflektiert neben der ungezähmten Schönheit des Wildvogels auf packende Weise auch die unterschwellige Bedrohung durch einen Jäger auf Beutezug. Eine Ikone des modernen finnischen Designs kommt beim Glas unter den Hammer: Eine jener dickwandigen, ovoiden Vasen, die die Glas- und Metallkünstlerin Gunnel Nyman (1909-1948) für die finnische Glashütte Nuutajärvi Notsjö entwarf. Die teils innen farbigen, teils in Klarglas belassenen Vasen waren unterschiedlich bauchig, wurden zwischen 1949 und 1958 hergestellt und gelten bis heute als Synonym für die biomorphe Glaskunst der 1950er-Jahre. Die Glasherstellung in Nuutajärvi, unweit von Tampere im Südwesten Finnlands gelegen, geht bis ins späte 18. Jahrhundert zurück und wurde bis 2014 fortgeführt; heute erinnert ein Designmuseum an den Glanz der Vergangenheit. Die Zeit, zu der Gunnel Nyman für Nuutajärvi Notsjö Glasdesigns entwickelte, gehört zweifelsohne zu den Phasen, in denen am Nuutajoki-Fluss Glasgeschichte geschrieben wurde. Die angebotene Vase aus dickwandigem, leicht grünstichigem Glas ist mit einem schräg verlaufenden Kranz aus eingestochenen Luftblasen verziert, wurde 1955 hergestellt und ist auf 200 Euro taxiert. Ein besonderes Augenmerk bei der Grafik liegt auf einer Sammlung von 40 Aquarellen des naiven Malers Max Raffler (19021988), dessen Lebensgeschichte und Heimatverbundenheit bis heute berühren. Raffler lebte als Sohn eines Landwirts in Greifenberg am Ammersee, übernahm mit seinen beiden Schwestern den elterlichen Hof, nutzte aber auch von klein
auf seine wenigen freien Stunden, um auf allem zu malen, was er finden konnte: Packpapier, Papiersäcke, alte Formulare, was immer ihm an geeigneten Papierabfällen unter die Finger kam, wurde von ihm bemalt – und von den Schwestern später im Ofen entsorgt. Erst mit weit über 60 wurde Rafflers künstlerisches Talent von zwei Nachbarn entdeckt: dem örtlichen Arzt sowie dem Maler und Kreisheimatpfleger Toni Roth. Sie schickten Rafflers Arbeiten 1966 zu einem internationalen Wettbewerb für Sonntagsmaler, an dem über 3.500 Laienmaler aus ganz Europa teilnahmen. Raffler bekam den zweiten Preis und war mit seinen heimatverbundenen Bildern schlagartig weit über Bayern hinaus bekannt. Seine Werke wurden für Ausstellungen, Kalender und Bildbände angefragt, Hunderte von Sammlern pilgerten nach Greifenberg, um direkt bei Raffler Bilder in Auftrag zu geben. Was folgte, war eine kreative Explosion: Der 65-jährige Raffler, der Zeit seines Lebens weder Zeit noch Anerkennung für seine Malerei gefunden hatte, konnte nun seinem künstlerischen Drang nach Herzenslust nachgeben. Die Auswahl an Aquarellen, die bei Scheublein zu 13 Positionen mit Schätzpreisen zwischen 200 und 600 Euro zusammengefasst wurde, spiegelt die Motivpalette von Raffler eindrücklich wieder: Sie umfasst Bilder mit bäuerlichen Tätigkeiten und landwirtschaftlichen Geräten, weltlichen und religiösen Traditionen seiner oberbayerischen Heimat oder mit biblischen Szenen. TELEFON | 089/23886890 WEBSEITE | www.scheublein.com
Elisabeth Frink, Uhu, Lithografie (Schätzpreis 500 Euro). Scheublein, München, 31.01.2020
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AUKTIONSNOTIZEN
Nachberichte
Südtiroler Meister Neumeister, München Rudolf Neumeister, dessen Kunstsammlung mit knapp 800 Objekten Ende Oktober versteigert wurde, hätte wahrscheinlich seine helle Freude gehabt: Im Minutentakt schlug Katrin Stoll, seine Tochter und heute Chefin des Auktionshauses, Kunstwerke zu. Die besten Resultate erzielte man mit Skulpturen. Spitzenergebnis mit 279.400 Euro war die Beweinungsgruppe des Südtiroler Hans Klocker aus dem späten 15. Jahrhundert. Die Kleinplastik „Flora“ von Balthasar Permodser überzeugte mehrere Bieter aus dem In- und Ausland aufgrund der figuralen Phantasie und der souveränen Ausführung – mehr als 190.000 Euro war sie schließlich dem Sieger wert. Bei den Gemälden landeten drei Werke des 19. Jahrhunderts auf den ersten Plätzen. Johann Sperls „Jenbach bei Bad Feilnbach mit Blick auf die Wendelsteingruppe“ (83.820 Euro), Emil Jakob Schindlers „Gemüsegarten in Goisern“ (69.850 Euro) sowie Heinrich Bürkels „Rückkehr von der Bärenjagd“ (58.420 Euro). Starke Ergebnisse gab es auch beim Kunsthandwerk. Für einen Nürnberger Häufebecher wurden mehr als 50.000 Euro erzielt, ein vergoldeter Augsburger Monatsbecher mit dem Motiv des „September“ kostete gut 38.000 Euro – mehr als das mutmaßlich aus Mexiko stammende 35 Kilo schwere 64-teilige vergoldete Silberservice (Erlös 36.000 Euro). Phänomenal war die Preisentwicklung bei einer kleinen alpenländischen Tabatière aus Horn. Für einen ovalen Handschmeichler wurde ein Ergebnis von 3.810 Euro erzielt – bei einer Taxe von 120 Euro. TELEFON | 089/2317100 WEBSEITE | www.neumeister.com
Expressiv Schloss Ahlden Eines der Toplose unter den Gemälden im September 2019 war die auf 65.000 Euro geschätzte großformatige FloridaLandschaft mit Everglades-Motiv des deutsch-amerikanischen Malers Hermann Ottomar Herzog. Mit Hochspannung wurde der Aufruf erwartet und nach langem Bietgefecht zwischen amerikanischen Kunsthändlern und Sammlern wurde mit 268.750 Euro der international zweithöchste Erlös für ein Herzog-Gemälde erzielt. Das Bild ging an eine Kollektion nach Florida. Der temperamentvollen Persönlichkeit der Dargestellten als Femme Fatale gerecht wurde Lovis Corinth mit seinem 1914 entstandenem, expressiven Porträt der bedeutenden Schauspielerin Gertrud Eysoldt als sinnlichem „Weiblichen Halbakt im Sessel“. Ein deutscher Sammler sicherte sich das Bildnis für 168.750 Euro. Neben Corinth gehörte auch Leo Putz zur Riege jener Künstler, welche die deutsche Kunst Anfang des 20. Jahrhunderts in moderner Weise erneuerten. Auch wegen des Motivs verführerisch war sein Gemälde „Adelheid“, das sein nach einer Aktstudie eingeschlafenes Modell im sommerlichen Garten zeigte (Erlös 37.500 Euro). An einen norddeutschen Sammler ging das museale, einzig bekannte Ensemble von vier lebensgroßen, weiß glasierten FayenceFiguren der „Vier Erdteile“ nach Modellen des Bildhauers Joseph Wackerle, die um 1922/27 in der Nymphenburger Manufaktur ausgeführt wurden (Zuschlag 37.500 Euro). Unter den Bronzeplastiken der klassischen Moderne ragte eine ausgewählte Kollektion von Gerhard Marcks und Renée Sintenis heraus, die fast komplett verkauft wurde. Zu einer Werkgruppe expressiver Knaben- und Hirtenfiguren von Sintenis gehörte die Statuette „Junge mit Lamm" von 1949, für die beachtliche 20.000 Euro erlöst wurden. Beim alten Kunsthandwerk gibt es weiterhin einige Sammelgebiete, die dem allgemeinen Trend trotzen und international gefragt bleiben. Hierzu zählen Nürnberger Beckenschlägerschüsseln des 15./16. Jahrhunderts, die in den letzten Jahren in mehreren Publikationen eingehend erforscht wurden. Eine sehr seltene Karte des ehemaligen Königreichs Siam (heute Thailand) und angrenzender Gebiete, die 1686 in Paris erschien, war beim international agierenden Grafikhandel aus Europa und Übersee begehrt (17.500 Euro). TELEFON | 05164/80100 WEBSEITE | www.schloss-ahlden.de
Beweinungsgruppe des Südtiroler Hans Klocker, spätes 15. Jahrhundert (Ergebnis 279.400 Euro). Neumeister, München, Oktober 2019
Renée Sintenis, Junge mit Lamm, 1949, Bronze, Nr. 73, Noack Berlin, H 29,5 cm (Erlös 20.000 Euro). Schloss Ahlden, September 2019
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Afrika nische Keramik Afrikanische Keramik
Anders gesehen
Aus der Sammlung Herzog Franz von Bayern Von Dr. Wolfgang Hornik
Die Neue Sammlung – The Design Museum freut sich über die essentielle Vergrößerung ihres Sammlungsbestandes im Bereich der Keramik. Durch die großzügige Schenkung von über 660 Objekten afrikanischer Keramik aus der Sammlung Herzog Franz von Bayern verfügt das Museum nun auch auf diesem außereuropäischen Spezialgebiet über hochkarätige Objekte in beachtlichem Umfang. Um dies angemessen zu würdigen, werden einem breiten Publikum 262 herausragende Arbeiten in der Pinakothek der Moderne in München präsentiert.
KERAMIK IM DESIGN MUSEUM? Keramikarbeiten, besonders historische, erwartet man am ehesten in einem ethnografischen Museum anzutreffen. Das Material ist extrem robust und überdauert Jahrhunderte und mehr. Selbst Bruchstücke sind für Archäologen wertvolle Informationsträger, sozusagend materialisierte Geschichte. Die Arbeiten sind Zeugen früher Zivilisationen und geben Auskunft über die handwerklichen Fähigkeiten ihrer Hersteller. Darüber hinaus kann man aus den für das praktische Leben, rituelle oder religiöse Zwecke geschaffenen Objekten Rückschlüsse auf die Organisation der Zivilisationen und ihr Zusammenleben schließen. Bei einem Designmuseum denkt man zuallererst an aerodynamisch gestaltete Transportmittel wie Fahrräder, Motorräder und Autos, an elektronische Geräte wie Radios und Computer oder Möbel wie Stühle, Tische und Schränke, aber nicht unbedingt an Keramik. Warum also beschäftigt sich ein Design Museum mit Keramik, die häufig mehr zum Kunsthandwerk als zum Industriedesign gezählt wird? Die Erklärung hierfür findet sich in den Gründungsjahren des ältesten Designmuseums der Welt. Die Neue Sammlung wurde bereits 1925, also in den Anfangsjahren der Moderne, als Staatliches Museum für angewandte Kunst in München gegründet, wo sie bis zu ihrem Umzug im Jahr 2002 in die Pinakothek der Moderne in einem Seitenflügel des Bayerischen Nationalmuseums residierte. Ihr Auftrag lautete „das Neue“ von höchster Qualität aufzuspüren, zu sammeln und zu bewahren. Dies bedeutete, den Fokus auf die jeweils zeitgenössische Formgestaltung zu Krug, Igbo-Kultur, Nigeria, ca. 1950; Flaschengefäß mit Henkeln, Kongo-Sundi-Kultur, Ukongo-Region, Demokratische Republik Kongo, Ende 19. bis Mitte 20. Jh Fotos: Die Neue Sammlung – The Design Museum (H. Rohrer)
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richten, was auch aktuelle Trends beim Keramikdesign beinhaltete. Bereits der Gründungsdirektor der Neuen Sammlung, Günther Freiherr von Pechmann, hat schon ab dem Gründungsjahr 1925 angefangen, Keramikobjekte für die Sammlungsbestände zu erwerben. So kamen früh Bauhauskeramiken und auf der Pariser Weltausstellung Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industries Modernes erworbene Keramiken aus Italien, England und Skandinavien nach München, wo sie in einer ersten Keramikausstellung der Neuen Sammlung 1926 präsentiert wurden. Bis heute ist der Sammlungsbestand auf über 15.000 Keramiken angewachsen, 500 Objekte aus China und Japan unterstreichen die Internationalität und Breite der Kollektion.
DER SAMMLER Seit nunmehr 40 Jahren sammelt Herzog Franz von Bayern afrikanische Keramik, auf die er eher zufällig aufmerksam wurde. Auf der Suche nach zeitgenössischer Kunst gefielen ihm beim Besuch der Münchner Galerien von Fred Jahn und Margret Biedermann die ausgestellten Djenne-Stücke und Zulu-Gefäße. Er war so fasziniert, dass er nicht nur ein Objekt, sondern gleich eine ganze Gruppe erwarb. Da es damals in Deutschland im Gegensatz zu afrikanischen Holz- und Metallobjekten noch keinen nennenswerten Markt für diese keramischen Nischenprodukte gab, konnte er sie anfangs noch preisgünstig erwerben. Entscheidendes Kaufkriterium war die Ästhetik der Werke, er kaufte nur, was ihm gefiel. Dabei konnte er direkt an den Objekten spüren, dass sie ganz ohne technische Hilfsmittel wie einer Töpferscheibe nur von den geschickten Händen der Töpferinnen, die meisten Werke stammen von Frauen, geformt wurden. Darüber hinaus bieten die nicht glasierten Keramiken eine besondere Hap-
tik, da man die Scherben direkt berührt und so die leicht unregelmäßigen Oberflächen und die Spuren des Feuers beim Brennen erspüren kann. Die Zusammenstellung der Sammlung erfolgte anfangs zufällig ohne Systematik, da man noch insgesamt wenig über die Keramik des großen Kontinents wusste. Im Laufe der Zeit entwickelte Herzog Franz von Bayern ein System, bei dem er nach Regionen sammelte. Mit jeder neuen Region entdeckte er auch neue Formen. Die unterschiedlichen Formensprachen eint ein „afrikanisches Grundgefühl“, die Objekte vermitteln den gesellschaftlichen Kontext in dem sie die Keramikerinnen formten. Für den weiteren, methodischen Aufbau der Sammlung war das in Deutschland aufkommende Interesse an der Thematik hilfreich. Mit der Nachfrage wuchs auch das Angebot am Markt. Dadurch entwickelte sich nach und nach ein reger Austausch mit anderen Sammlern, Händlern und besonders Wissenschaftlern, wodurch neben den Objekten selbst immer mehr Informationen zu diesen von Herzog Franz von Bayern gesammelt wurden. Mit Barbara Thompson konnte Herzog Franz von Bayern eine renommierte Wissenschaftlerin gewinnen, die die umfangreiche Sammlung betreut. Durch all diese Kontakte erfuhr der Sammler mehr über die Hintergründe seiner Objekte, in welchem Kontext sie entstanden und welche eigentliche Bedeutung sie hatten. Er konnte nun besonders auch aus der Kenntnis ihrer Arbeitsweise die kreative Leistung der Töpferinnen würdigen. Durch die zunehmende Quan-
Jabulile Nala (geb. 1969), Gefäß, Zulu-Kultur, Südafrika, 2013 Voania von Muba (? – ca. 1928), Anthropomorphe Gefäßkeramik, Woyo-Kultur, Muba, Demokratische Republik Kongo, Ende 19. Jh. bis ca. 1928 Magdalene Odundo (geb. 1950), Asymmetrical Series, Kenia/Großbritannien, 2017 Fotos: Die Neue Sammlung – The Design Museum (H. Rohrer)
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tität der Sammlung, die Vergleiche und Rückschlüsse ermöglichte, kristallisierte sich die Qualität einzelner besonderer Keramiken heraus. Es entwickelten sich beim Sammler auch Vorlieben wie etwa für die Zulu-Keramik, die überwiegend in Südafrika zu finden ist. Herzog Franz von Bayern sammelte aber nicht nur für seine eigenen Vitrinen, vielmehr war ihm von Anfang an daran gelegen, einem breiten Publikum die Schönheit der Objekte zugänglich zu machen. 1984 übernahm er bei einer der ersten bedeutenden Ausstellungen afrikanischer Keramik im Münchner Museum Fünf Kontinente, damals noch Museum für Völkerkunde, die Schirmherrschaft und stellte zahlreiche Leihgaben zur Verfügung. Auch für eine Ausstellung in London (Africa: The Art of a Continent, 1995/96) steuerte er einige Objekte bei. Die nun in der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne präsentierten 262 Keramiken aus den insgesamt etwa 660 im Juli 2017 dem Design Museum als Schenkung überlassenen Objekten setzt diese Öffentlichkeitsarbeit fort.
DIE SAMMLUNG Die Sammlung gilt als eine der international bedeutenden Sammlungen afrikanischer Keramik in Hinblick auf ihren Umfang, die Präzision der Auswahl und die Qualität der einzelnen Stücke. Sie umfasst Keramiken vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Sie entstand einzig aus der Leidenschaft und Begeisterung des Sammlers, mit der
Azolina MaMncube Ngema, Biergefäß, 20. Jh., Südafrika/Zulu Biergefäß (ukhamba), Zulu-Kultur, Südafrika, 20. Jh Flaschengefäß mit Henkeln, Tip- oder Teke-Kultur, Utyo-Region, Demokratische Republik Kongo, Ende 19. bis Anfang 20. Jh Anthropomorpher Krug, Niangara Werkstatt, Mangbetu-Kultur, Uele-Gebiet, Demokratische Republik Kongo, Ende 19. Jh, um 1945 Alle Fotos: Die Neue Sammlung - The Design Museum (H. Rohrer)
er über 40 Jahre hinweg kontinuierlich ihren Aufbau betrieben hat. Mit zunehmendem Wissen schärfte sich auch beim Ankauf der Blick für hochwertige Objekte, so dass die Sammlung nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ wuchs. Die Keramikkunst in Afrika blickt auf eine lange Geschichte zurück und ermöglicht einen kontinuierlichen Einblick in die materielle Kultur des Kontinents. Alle ausgestellten Arbeiten wurden in Handarbeit in der so genannten Aufbau-Technik hergestellt, also ohne einer Drehscheibe. Von Generation zu Generation wurde und wird das Wissen über die Tonmaterialien, die Aufbau- und Brandtechniken vererbt. Ebenso werden die Formen für rituelle wie profane Objekte weiter gegeben, die jedoch dem Wandel der kulturellen und individuellen Werte adaptiert werden. Das Zusammenspiel von Form, Funktion und Bedeutung wird seit dem 19. Jahrhundert flexibler interpretiert, wodurch die künstlerische Freiheit zunahm. Im Mittelpunkt der Sammlung steht die Gefäßkeramik, unter anderem Wasser-, Milch-, Butter- oder Biergefäße für den täglichen Gebrauch. Daneben finden sich aus verschiedenen Regionen Afrikas auch religiös oder medizinisch motivierte Ritual- und Seelengefäße mit ausdrucksvollen figürlichen Darstellungen. Die Farbigkeit der Keramiken reicht von monochromer Eleganz bis hin zu lebensfroher Vielfarbigkeit. Unübersehbare Nähe zum Art déco weist das Biergefäß (ukhamba) von Azolina MaMncube Ngema (19362015 oder 2016, Südafrika) auf. Überhaupt sind Biergefäße zahlreich vertreten, was auf eine gewisse kulturelle Nähe zur bayerischen Lebensart hinweist. In Afrika, der Wiege der Menschheit, findet man aber auch anthropomorphe Gefäße wie den Krug aus der Niangara Werkstatt der Mangbetu-Kultur oder das Flaschengefäß mit Henkeln, das der Tip oder Teke Kultur in der Utyo Region, Demokratische Republik Kongo, zugerechnet wird und gegen Ende 19. bis
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AFRIKANISCHE KERAMIK
Anfang 20. Jahrhundert datiert. In den Objekten der Sammlung spiegelt sich zudem die enorme Flexibilität der Töpferinnen des gesamten afrikanischen Kontinents wieder und zeigt, wie sie dem Wandel des Kundengeschmacks sowohl in ihren heimischen Märkten als auch im Ausland vorausschauend und mit großer Anpassungsfähigkeit begegneten. Nach Bedarf töpferten sie mit neuen Materialien und schufen neue Gestaltungsformen und Verzierungen.
DIE TÖPFERINNEN In diesem Beitrag wird meist von Töpferinnen gesprochen, und in der Tat sind es fast ausnahmslos Frauen, die die Tradition des Töpferhandwerks in der Familie weiter geben. So gibt es eine Familie, bei der seit vier Generationen auf sehr hohem Niveau und in einer besonderen Handschrift Keramik gefertigt wird. Die Keramik ist ein lebenslanger Begleiter und selbst nach dem Tod bleibt durch die Seelengefäße eine Verbindung bestehen. Neben den vielen noch unbekannten Künstlerinnen findet sich mit Magdalene Odundo eine international anerkannte Keramikerin. Sie wurde 1950 in Nairobi, Kenia, geboren. 1971 zog sie nach England, wo sie im Jahr 2001 in London eine Keramik-Professur erhielt und noch heute künstlerisch arbeitet. Ihre Werke, die inzwischen nicht mehr nur Gebrauchskeramik sind, werden stark am Kunstmarkt nachgefragt und sind nur schwer und zu hohen Preisen erhältlich. Sie ist eine außergewöhnliche Vertreterin der zeitgenössischen afrikanischen Keramik, die Herzog Franz von Bayern so beschreibt: „In ihren Arbeiten verbinden sich eine gewisse afrikanische Grundbefindlichkeit mit einer unverwechselbaren eigenen Handschrift, und das auf allerhöchstem Niveau. Sie versteht es, die Spannung eines Gefäßes, die für mich zu den faszinierendsten Merkmalen der afrikanischen Keramik gehört, besonders gut herauszuarbeiten, eine Spannung, die
sich von unten nach oben durchzieht, und das selbst bei asymmetrischen Objekten.“
AUSSTELLUNG UND FORSCHUNG Der Titel der Ausstellung „Anders gesehen“ weist darauf hin, dass diese Objekte in einem Museum für Design und angewandte Kunst unter gestalterischen und künstlerischen Gesichtspunkten betrachtet und bewertet werden müssen. Deshalb sind die Werke nicht nach Regionen geordnet, sondern werden aus vier verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Im Erdgeschoss geht es um Form, Dekor und Materialität. Im 2. Obergeschoss der Rotunde befasst man sich mit der Vielfalt afrikanischer Keramik, dem Einfluss der Käufer und der zeitgenössischen Strömung. Bei letzterem findet ein Umdenken statt. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Autorschaft der afrikanischen Kunsthandwerker von den Experten aus dem Norden ignoriert oder verschwiegen und verkam somit zur Bedeutungslosigkeit. Heute steigt die Zahl afrikanischer Töpferinnen und Töpfer, besonders der Zulu Keramiker, die es zu internationalem Renommee und entsprechendem Marktwert gebracht haben. Die Ausstellung eröffnet eine neue Sichtweise auf die handwerkliche afrikanische Keramikproduktion mit dem Fokus auf Form, Funktion, Dekor und Materialität, womit sie mit der Methodik eines Design Museums konzipiert ist. Die Ausstellung zeigt Objekte aus 25 Ländern, deren Entstehung bis zurück ins 19. Jahrhundert datiert, das jüngste stammt aus dem Jahr 2016. Die Neue Sammlung präsentiert sie in einem Raum im Erdgeschoss auf in Schlangenform angeordneten Tischen vor der Projektion einer afrikanischen Landschaft und im zweiten Stock in der Rotunde. Für die Entwicklung dieser besonderen Ausstellungsarchitektur konnte sie den international bekannten Architekten Asif Khan aus London gewinnen. Für
die lichtdurchflutete Rotunde hat er eine Installation entworfen, die die Themen „Archiv“ und „Körper“ visualisieren. So befinden sich die Objekte entweder wie archiviert in Regalen oder werden von hölzernen Armen gehalten, die von dem Künstler Frank Arroni Ntaluma beigesteuert wurden. Die Arme ragen aus Holzkästen heraus und vermitteln den Eindruck, dass die Keramik gerade noch von der Töpferin begutachtet oder schon vom Benutzer gehalten wird. Neben der nun dem interessierten Publikum zugänglichen Präsentation im Museum ist vor allem die von der Neuen Sammlung unterstützte weitere wissenschaftliche Arbeit mit den Keramiken von großer Bedeutung. Herzog Franz von Bayern „freut besonders, dass durch die wissenschaftliche Beschäftigung mit meiner Sammlung viele Keramiken, die bei ihrer Erwerbung noch anonym waren, inzwischen einzelnen Keramikerinnen oder Keramiker-Familien, die oftmals über mehrere Generationen gearbeitet haben und zum Teil immer noch arbeiten, zugeordnet werden konnten.“ Die meisten Künstler sind noch immer unbekannt, lediglich von 40 gibt es Nachweise. Hilfreich sind dabei Signaturen wie auf den Arbeiten des 1928 verstorbenen Voania von Muba. In dem reichlich bebilderten und ausführlichen Katalog kommen sowohl der Sammler als auch zahlreiche Experten und zeitgenössische afrikanische Künstler zu Wort. Internationale Fachleute informieren über einzelne Aspekte und Bereiche der Sammlung. Weitere Vertiefung wird mit dem Begleitprogramm zur Ausstellung angeboten. Ausstellung (gefördert von PIN): „Anders gesehen. Afrikanische Keramik aus der Sammlung Herzog Franz von Bayern“, Pinakothek der Moderne, Die Neue Sammlung – The Design Museum, München. Bis 29. März Katalog gefördert von der Ernst von Siemens Kunststiftung
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VORSCHAU/IMPRESSUM
VORSCHAU JAVAGOLD Pracht und Schönheit Indonesiens
SAMMLER JOURNAL
ISSN 1863-0332
HERAUSGEBER (verantwortlich f. d. Inhalt)
Gerd Reddersen
VERLAG
GEMI Verlags GmbH Pfaffenhofener Straße 3 85293 Reichertshausen Tel. 08441 / 4022-0 Fax 08441 / 71846 Internet: www.gemiverlag.de E-Mail: info@gemiverlag.de
GESCHÄFTSFÜHRER
Gerd Reddersen Rudolf Neumeier
ASSISTENZ DER GESCHÄFTSFÜHRUNG
Karin Teichmann
GESAMTKOORDINATION
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REDAKTEURE
Nicola Fritzsch Heidrun Th. Grigoleit Helene Stümpfle-Wolf Anja Iwa Joscha Eberhardt
AUTOREN DIESER AUSGABE
Dr. Wolfgang Hornik Anja Iwa Dr. Bettina Krogemann Sabine Spindler
REDAKTIONSASSISTENZ
Heike Genz
TERMINE
Anette Wagner, Tel. 08441/4022-35 Hans Neumeier, Tel. 08441/4022-34 E-Mail: termine@gemiverlag.de
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LAYOUT
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FOTOKUNST SPEZIAL Linda McCartney – Fotografin unter Musikern
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Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/08 vom 01.11.2008 Bildnachweise links: Tigerkrallen-Kette, Java, 7. bis 15. Jahrhundert, G 103,5 g, D 330 mm, © Mauro Magliani; Linda McCartney, The Beatles, Cover Session für Abbey Road © Paul McCartney/Fotografin Linda McCartney/Courtesy Sammlung Reichelt und Brockmann
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