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15.02.2016
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MÄRZ 2016
März 2016 · B 1309 | € 6,50 Schweiz CHF 11,50 | Österreich € 7,00 | Be/Ne/Lux € 7,50
SAMMLER JOURNAL
KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN
Über 2.000 Termine
Maurice Marinot Gläserne Artefakte
Gemälde Christoffer Wilhelm Eckersberg
Design Sofas im 20. Jahrhundert
Dialog Anfragen & Schätzungen
Auktionen GEMI
Berichte & Preise
Ausstellungen Tipps & Termine
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15.02.2016
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I N H A LT
März 2016 · B 1309 | € 6,50 Schweiz CHF 11,50 | Österreich € 7,00 | Be/Ne/Lux € 7,50
KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN
Über 2.000 Termine
Maurice Marinot
GLAS Maurice Marinot
Gläserne Artefakte
Bettina Krogemann
Gemälde Christoffer Wilhelm Eckersberg
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Design Sofas im 20. Jahrhundert
Dialog Anfragen & Schätzungen
Auktionen Berichte & Preise
Ausstellungen Tipps & Termine
DESIGN Titelfoto: Sotheby’s, Art digital studio
Sofas im 20. Jahrhundert Dieter Weidmann
DIALOG
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MAGAZIN
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MESSETERMINE
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KUNSTMARKT
20
AUKTIONSTERMINE
43
INSERENTENVERZEICHNIS
48
AUKTIONSNOTIZEN
50
LITERATURTIPP
60
AUSSTELLUNGSTERMINE
62
AUSSTELLUNGEN
67
AUKTIONSPREISE
84
IMPRESSUM
90
VORSCHAU
90
GEMÄLDE Christoffer Wilhelm Eckersberg Anja Iwa
BLECHSPIELZEUG Walter Stock
TERMINE & KLEINANZEIGEN IN DER BEILAGE
Ludger Spielberg
34 72 78
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DIALOG
Hoffnung Kopie nach einem Gemälde von George Frederick Watts Als Leser des von mir geschätzten Sammler Journals würde ich Ihnen gerne eine Frage zu einem in meinem Besitz befindlichen Gemälde stellen: Das Bild ist von mir vor sehr langer Zeit in einem Münchner Auktionshaus für etwas über 2.000 Euro erworben worden. Es stellt ein Pastell eines Harfe spielenden Mädchens dar, das mit verbundenen Augen auf einer Erdkugel sitzt. Das Gemälde hat die Maße 125 x 101 cm und ist links unten mit K. von Lagerberg bezeichnet, den ich aber nirgends als Künstler fand. Nun wurde mir kürzlich von einem Sammler gesagt, dass das Bild vielleicht eine Kopie des berühmten Bildes „Hope“ von George Watts aus dem 19. Jahrhundert sein könnte, dessen Original in der Londoner Tate Gallery hängen soll, und es gäbe noch eine Variante des Bildes von Watts in schottischem Privatbesitz. Das erinnerte mich daran, dass mir nach der Versteigerung vom Auktionshaus gesagt wurde, dass das Bild aus dem Nachlass eines alten Englischen Bankhauses stammt. Man sieht auch an dem aufwändigen OriginalRahmen, dass das Bild tatsächlich aus dem Ende des 19. Jahrunderts stammt. Dennoch ist mir der Name K. von Lagerberg als Signatur ein Rätsel. Könnten Sie vielleicht das Geheimnis um dieses (kopierte?) Bild lüften? S. Locator, o. O.
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Das großformatige Bild gibt das damals wie heute sehr berühmte symbolistische Gemälde „Hoffnung“ wieder, das vom englischen Maler George Frederick Watts (London 23. Februar 1817 - 1. Juni 1904, Compton, Surrey) im Jahre 1886 gemalt wurde. Zwei Versionen hat der Maler in Öl in diesem Jahr fertiggestellt. Die erste Version, die einen Stern als optimistisches Symbol der Hoffnung im Himmel über
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der Figur enthielt, wurde in der Grosvenor Gallery in London gezeigt und befindet sich heute im schottischen Privatbesitz, die zweite Version, die auf den Stern verzichtete (141 x 110 cm), befindet sich als Schenkung des Künstlers (1897) in der Tate Gallery in London. Die vorliegende Kopie in Pastellfarben, die ebenfalls den Stern nicht enthält, ist demnach eine Kopie der zweiten Version des Gemäldes. Das zugleich rührende und verstörende Bild zeigt die auf dem Weltglobus halb sitzende, halb kauernde Figur eines Mädchens, das mit vorgebeugtem Kopf und mit verbundenen Augen auf der letzten verbliebenen Saite einer Lyra spielt, in der Hoffnung, sie zum leisen Erklingen zu bringen, ohne dass die Saite dabei reißt. Das Bild wurde damals und wird auch heute als Symbol der Hoffnung, u.a. als eine der drei mystischen Tugenden des Christentums (Glaube, Liebe, Hoffnung) interpretiert, was aber der Intention des Malers nicht entspricht. In einem Schreiben vom Dezember 1885 an seine Freundin Mrs. Percy Wyndham beschrieb nämlich Watts die Grundidee des Werks: „Ich bin dabei, ein Bild der Hoffnung zu malen, die mit verbundenen Augen auf der Erdkugel sitzt und auf einer Leier spielt, deren Saiten alle bis auf eine zersprungen sind. Aus dem armseligen Ton dieser einer Saite versucht sie, soviel Musik zu holen und lauscht mit all ihrer Kraft dem schwachen Klang“ (Ausst.-Kat. Symbolismus in Europa, u.a. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 1976, S. 243, Nr. 256). Es ging dem Künstler demnach vorrangig darum, das unbedingte Überleben des musikalischen Klangs ins Bild zu setzen, was den Autor G. K. Chesterton angesichts des Grundtons der zum Bild gewordenen Verzweiflung dazu veranlasste, den Alternativtitel „Hoffnungslosigkeit“ vorzuschlagen. Oskar von Schleinitz traf 1904 den Nagel auf den Kopf in seiner Monografie „George Frederick Watts“, (Bielefeld u. Leipzig: Velhagen & Klasing, S. 66), als er das Bild zur „Hoffnung des Zweiflers“ deklarierte, „zwar hoch poetisch empfunden, allein nicht hoffnungsvoll genug“. Dieser pessimistischen Haltung steht allerdings die optimistische Interpretierung des Werks entgegen, der der amerikanische Präsident Barack Obama zuneigt. Das Werk gilt als dessen Lieblingsbild überhaupt, seitdem er 1990 in Chicago eine Predigt des Pastors Rev. Jeremiah Wright gehört hat, in dem es gerade um dieses Werk von Watts ging: „Die Harfenistin sitzt da in Lumpen“, predigte Wright, „ihre Kleider sind zerfetzt, als wäre sie ein Opfer von Hiroshima … aber dennoch hat diese Frau die Dreistigkeit, zu hoffen“. Die Phrase blieb in Obamas Erinnerung: In variierter Form bildete sie den Titel seiner mitreißenden Rede bei der Democratic Convention 2004 und im Jahre 2006 verwendete er sie als Titel seines zweiten Buchs. Obama ist im Übrigen nicht der einzige schwarze Führer, der von der „Hoffnung“ von Watts inspiriert wurde: In Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island hing eine Reproduktion des doch als inspirierend empfundenen Bildes. Die uns vorliegende Pastellkopie, die von hervorragender Qualität ist, stammt vermutlich aus dem späten 19. Jahr-
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MAGAZI N
Belgische Malerei im Fokus Eurantica in Brüssel – Mechelen Anlässlich der diesjährigen Ausgabe der Eurantica Fine Art Fair (vom 5. bis 13. März 2016) verlässt die Messe das ExpoGelände in Heysel und zieht um in den Norden Brüssels, in die Nekkerhalle – Brussels North – Mechelen. Diese 15.000 m2 große, aus einem einzigen Komplex bestehende Halle wird seit kurzem von Artexis gemanagt, dem Veranstalter der Antica Namur, der Art Brussels und vielen weiteren Messen in Belgien und Europa. Dieses Jahr stellt die Eurantica Fine Art & Antiques Fair die belgische Malerei in den Vordergrund. Die etwa einhundert belgischen und ausländischen Galerien, die an dieser neuen Ausgabe der Messe teilnehmen, stellen die berühmtesten belgischen Künstler aus, darunter auch die alten Meister Félicien Rops (1833-1898), Anna Boch (1848-1936), James Ensor (1860-1949), Georges Lemmen (1865-1916), Léon Spilliaert (1881-1946), Gustave van de Woestijne (1881-2014), Rik Wouters (1882-1916), Frans Masereel (1889-1972), Eugène Verboeckhoven (1798-1881), Auguste Mambour (1896-1968), Théo van Rysselberghe (1862-1926), Henri Michaux (1899Marcel-Louis Baugniet, Quatuor de printemps, 1930; Eurantica © Marcel-Louis Baugniet © NF Art Gallery
1984), Paul Delvaux (1897-1994) oder auch Bram Bogart (1921-2012) und Pierre Alechinsky (1927). Beinahe alle Epochen der belgischen Geschichte der Malerei sind auf der Eurantica vertreten: Romantik, Symbolismus, die Schule von Laethem-St.-Martin, der Expressionismus und vor allem der Surrealismus und die Gruppe CoBrA. Die belgische Malerei liegt derzeit auf dem internationalen Kunstmarkt im Trend. Zu den prestigeträchtigsten Verkäufen moderner Kunst auf internationaler Ebene zählen immer mehr auch Werke belgischer Künstler, die von allergrößtem Talent zeugen. Ein besonderes Augenmerk der teilnehmenden Galerien liegt auf der Kunstszene der Nachkriegsmalerei, die gerade wiederentdeckt wird. Mit ihrer 35. Auflage setzt die Eurantica Fine Art Fair ihre Entwicklung fort: Das gleiche Konzept wie bei den letzten Messen, d.h. 10.000 m2 Ausstellungsfläche für circa einhundert Aussteller mit einer Aufteilung 55 Prozent klassische Antiquitäten, zehn Prozent außereuropäische Kunst, 25 Prozent moderne und zeitgenössische Kunst, angeboten von 60 Prozent belgischen und 40 Prozent europäischen Galerien. Die Veranstalter erwarten 25.000 Besucher. Die Eurantica bleibt eine Messe, die von Eklektizismus, jungen Antiquitätenhändlern und Authentizität geprägt ist. Ihr Fokus liegt weiterhin auf antiken und Vintage-Möbeln, Gemälden großer Meister und moderner Kunst sowie Schmuck. Ein Blick auf den Stand der Camu Gallery; Eurantica Brüssel – Mechelen © Camu Gallery
TELEFON I 0032/81321168 INTERNET I www.eurantica.be
13_Plueckbaum
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Auktion 170
Antike Uhren + Armbanduhren Schloss Dätzingen Samstag, 12. März 2016, Beginn 13.30 Uhr Vorbesichtigung: Mittwoch, 9. März bis Freitag, 11. März von 10-18 Uhr Samstag, 12. März von 9.30-12 Uhr, Auktionsbeginn 13.30 Uhr Versteigert werden Uhren aus mehreren Jahrhunderten: Taschenuhren, Armbanduhren, Tisch-,Wand-, Stand- und Beobachtungsuhren, Marine-Chronometer, Uhrenliteratur, Uhrmacherwerkzeuge etc. Auktions-Katalog € 15,00 • Jahresabonnement (3 Kataloge) € 40,00
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Galerie + Auktionshaus Peter Klöter Inhaber Roland Zeifang e.K. Schloss Dätzingen, Schlossstr. 1, D-71120 Grafenau Postfach 1150, D-71117 Grafenau – Tel. 0049 (0)7033 / 43484 – Fax 44619 E-Mail: kontakt@kloeter-auktionen.de www.kloeter-auktionen.de • Onlineshop: www.antike-uhren-kloeter.de
103. Auktion 4.–6. März 2016
11:00 Uhr
15_Stauffer
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14:57 Uhr
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S TAUFFER A UKTIONEN OHG Thomas Appel & Ernst Appel
Frühjahrsauktion 12. März 2016 Alte Waffen, Asiatica, Orden u. Ehrenzeichen, Militaria • Karlstr. 34, 72525 Münsingen Über 2500 Sammlerobjekte: Varia und Antiquitäten. Asiatika. Archäologisches. Mittelalter: Rüstungen, Helme, Schwerter und Degen. Schusswaffen: Rad-, Stein- und Perkussionsschlosswaffen. Sammlung über 300 deutsche Militärwaffen. 1900 bis 1945. Orden und Ehrenzeichen, Urkunden, dabei mehrere Ritterkreuzträger und Eichenlaubnachlass. Sammlung kaiserliche Militaria, über 100 Helme. Militaria, feldgrau 1914-18. Auflösung einer Sammlung kaiserliche Schulterklappen und Epauletten. Altes Spielzeug. Weitere Militärhistorische Objekte des Kaiserreiches bis zum Weltkrieg. Fahrzeuge: Motorrad Indian. Kübelwagen. Schwimmwagen. Kettenkrad. Automobilia. Militärische Antiquitäten. Gemälde. Militaria der Wehrmacht. Auflösung einer hervorragenden Sammlung: Uniformen Heer 1933-45. Ausrüstung aller Waffengattungen. Zeitgeschichtliche Objekte des 3. Reiches. Militärausrüstungsgegenstände. Feuerwehrhelme. Auslösung eines langjährigen Polizeimuseums mit umfangreichen Sammelstücken aus allen Polizeiepochen. U m f a n g r e i c h e r, b e b i l d e r t e r K a t a l o g g e g e n Vo r e i n s e n d u n g v o n 2 0 , - E u r o
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14:57 Uhr
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99. AUKTION ALLES OHNE LIMIT Samstag, 19. März 2016 ab 10.00 Uhr – Saalöffnung 9.00 Uhr Vorbesichtigung GmbH
Sa. So. Mo. Di. Mi.
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Do.+Fr. sind wir telefonisch erreichbar.
Auktionskatalog unter: www.auktionshaus-walldorf.de Heinrich-Hertz-Straße 9 D-69190 Walldorf bei Heidelberg
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D R . RO L F T H E U R E R Sonntag , den 06. März 2016
Eisenbahn-, Puppen- und Spielzeugmarkt, 11–15.30 Uhr
Kursaal Bad Cannstatt Samstag , den 16. April 2016
Kongresshalle Böblingen Sonntag , den 11. September 2016
Bürgerzentrum Bruchsal Samstag , den 08. Oktober 2016
Kongresshalle Böblingen
Spielzeugsalon Böblingen
Eisenbahn-, Puppen- und Spielzeugmarkt, 11–15.30 Uhr
SEAS
Eisenbahn-, Puppen- und Spielzeugmarkt, 11–15.30 Uhr
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Dr. R. Theurer, Wiesbadener Str. 74, D-70372 Stuttgart, Tel. (0711) 5 59 00 44, Fax (0711) 5 59 00 54 Mail: info@theurers.de • www.theurers.de
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www.verzamelaarsjaarbeurs.nl
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Ballettschuhe KPM Edition
KPM Berlin ehrt den Jahrhunderttänzer Vladimir Malakhov. Ab sofort können Ballettliebhaber und Porzellansammler diese kleine und wunderschöne handgefertigte Porzellanfigur kaufen. (980,– € inkl. MwSt.). Diese außergewöhnliche Figur ist eine Hommage an den international gefeierten Ballettstar und tut zugleich Gutes. Mit dieser originalgetreuen Nachbildung der Ballettschuhe von Vladimir Malakhov aus feinstem Porzellan würdigt die KPM Berlin den internationalen Ballettstar und unterstützt zugleich die Arbeit der von ihm gegründeten Malakhov Foundation. Die Figur ist mit der Unterschrift des Weltstars in Platin signiert. Die Figur ist 27 cm lang, 17 cm breit und 21,5 cm hoch. Sie wiegt 1,5 kg. Die von dem Chefdesigner von KPM Thomas Wenzel entworfene Figur ist aus feinstem KPM Porzellan hergestellt. Ein Teil der Erlöse aus dem Verkauf kommt der Arbeit der Malakhov Foundation zu Gute. Das wichtigste Utensil beim Tanzen sind die Ballettschuhe. Wie viel Paar Schuhe der berühmte Tänzer, Choreograf und ehemalige Intendant des Staatsballetts Berlin Vladimir Malakhov im Lauf seiner langen und glänzenden Karriere durchtanzt hat, lässt sich kaum ermessen. Stets bildeten sie jedoch eine wichtige Basis für seine spektakulären Auftritte auf den großen Bühnen der Welt. Bestellungen richten sie bitte an die Malakhov Foundation gGmbH Sachsendamm 68-70 | 10829 Berlin | Oder telefonisch: +49 (0)30 - 74684461 www.malakhov-foundation.com
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Narzissmus? Selbstporträts Müller-Tamm, Pia / Schäfer, Dorit (Hg.): Ich bin Hier! Von Rembrandt zum Selfie. Klappenbroschur, 288 Seiten, Abbildungen überwiegend in Farbe, Snoeck Verlagsgesellschaft, Köln, 2015, Preis: € 39,80. Das aus Asien stammende Virus H5N1 hat nun Gottlob nicht die gefürchtete Pandemie ausgelöst. Von der Vogelgrippe blieb die Menschheit also verschont, statt dessen lauert nun überall eine ganz andere, vermeintlich asiatische Bedrohung, die sich in rasendem Tempo über den ganzen Erdball ausbreitet, „die Erektionshilfe für Narzissten“, vulgo Selfiestick, dessen Verwendung, ob seiner Gefährlichkeit, viele Museen, Sportarenen, Freizeitparks etc. bereits verboten haben. Verursacher dieser Manie, dass viele Menschen nur noch stockschwingend unterwegs sind, war allerdings gar kein Elektronikkonzern aus dem feren Osten, sondern ein Kanadier. Doch das nur nebenbei, entscheidend ist: das Selfie ist zwischenzeitlich ein fester Bestandteil des Alltags geworden, allemal für die jüngere Generation, es wird aber auch von Künstlern wie beispielsweise Ai Wei Wei als neues Medium benutzt. Folgerichtig widmet sich einer der Textbeiträge in der vorliegenden Publikation diesem Phänomen. Die anderen beiden Essays befassen sich mit der Geschichte dieses speziellen Genres, seit dem, aus kunsthistorischer Sicht, ersten offiziellen
Selbstporträt, der Bildnisplakette Albertis aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, sie liefern gleichzeitig aber auch interessante, neue Denkanstöße, die Funktion von Selbstporträts betreffend. ISBN 978-3-86442-138-9
Nie ohne Hut Mode Belting, Isabella: „Gretchen mag’s mondän!“ Damenmode der 1930er Jahre, Klappenbroschur, 300 Seiten, Abbildungen in Farbe und Schwarzweiß, Hirmer Verlag, München, 2015, Preis: € 34,90. Ein Hut war nicht nur der krönende Abschluss, sondern außerdem ein absolut unverzichtbares Accessoire der perfekt gestylten Dame in den 1930ern. Geschmückt resp. bedeckt werden sollte aber nicht allein das Haupt, auch die Hände waren nie ohne. Handschuhe gehörten in jenen Jahren genauso zum modischen Erscheinungsbild der Frau wie eine schicke Handtasche nebst ebensolchem Schuhwerk. Erst diese Kombination schuf das erwünschte Gesamtkunstwerk, da war man sich einig. Schwieriger zu klären war dann meist die Frage, welcher Hut denn nun zum jeweiligen Outfit passte, denn wer modisch ganz up-to-date sein wollte, wechselte ständig, der Tageszeit und dem Anlass entsprechend das Outfit, und so befanden sich im Kleiderschrank der gutsituierten Dame von Welt selbst Tagesendkleider. Tonangebend war und blieb im Übrigen Paris, Versuche der Nationalsozialisten, die „deutsche Frau“ optisch
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gleichzuschalten, scheiterten. Selbst die Ehefrauen der Nazigrößen waren nicht gewillt auf internationalen Chic oder Lippenstift zu verzichten. Ein Streifzug durch die Kleiderschränke, pardon, die Archivbestände des Münchner Stadtmuseums hat erstaunlich viel zu Tage gefördert, genug, um damit eine Ausstellung zu bestücken. Der vorlie-
Als im Jahr 1898 das Wiener Secessionsgebäude feierlich eröffnet wurde, nahm die Öffentlichkeit daran großen Anteil. Ob unter den Festgästen vielen bewusst war, dass sich bereits rund 100 Jahre vorher eine Gruppe junger Künstler von der Akademie losgesagt hatte und mit der Gründung des Lukasbundes die vermutlich erste Künstlervereinigung der Neuzeit aus der Taufe gehoben hatten? Der Wahlspruch, der in goldenen Lettern auf Olbrichs Jugendstilbau prangt: „Jeder Zeit ihre Kunst“ hätte prinzipiell genauso auf die jungen Wilden damals zugetroffen, wenngleich natürlich nicht außer Acht gelassen werden darf, dass ihren Bestrebungen nichts Visionäres anhaftete, sondern auf eine Rückbesinnung auf die eigene Vergangenheit abzielte. „Wir sind keine Griechen mehr, können das Ganze nicht mehr so fühlen“, schrieb zum Beispiel Philipp Otto
gende Katalog präsentiert die komplette Damengarderobe der 30er-Jahre; von Kopf bis Fuß, das Darunter wie das Darüber, Sportkombis und Dirndl, Abendroben oder Brautkleider. Den vielfältigen, hauseigenen Exponaten wurden Abbildungen aus den einschlägigen, zeitgenössichen Modejournalen zur Seite gestellt. Dank zahlreicher, ebenfalls hier wiedergegebenen Originaltextstellen aus diesen Moderatgebern, sind die Textbeiträge nicht nur sehr informativ, sondern stellenweise auch sehr unterhaltsam geraten. ISBN 978-3-774-2473-6
Allererste Secession Malerei Reiter, Cornelia / Schröder, Klaus Albrecht (Hg.): Welten der Romantik, 304 Seiten, 219 Abbildungen, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern, 2015, Preis: € 45,-.
Runge. Die damaligen Erneuerer der Kunst bezogen ganz klar Stellung gegen die ihrer Meinung nach seelenlose Kunst, wie sie an den Akademien gelehrt wurde, wo die Beherrschung der Perspektiv- und Proportionslehre oder ein perfekter Faltenwurf höher bewertet wurde als die Empfindungen des Malers. Die Lukasbrüder kehrten letztendlich nicht nur der Lehre der Akademie den Rücken, sie verließen sogar die Stadt und zogen nach Rom. Dort niedergelassen gingen sie als Nazarener in die Kunstgeschichte ein, verkörpern aber jedoch nur eine Seite der Kunst der Romantik. Neben dieser betont religiösen, bzw. südlichkatholischen Ausprägung entwickelte sich im Norden eine protestantische Variante. Diese Publikation, Begleitband zur Ausstellung, stellt die Werke der Nazarener den Vertretern der protestantischen Linie, Caspar David Friedrich und Phillip Otto Runge gegenüber, um sie sowohl auf ihre Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten hin zu untersuchen. ISBN 978-3-7757-4057-9
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Eck ersberg
Christoffer Wilhelm Eckersberg Anja Iwa
DÄNISCHE FREILICHTMALEREI Am 9. Mai 1814 kaufte sich Christoffer Wilhelm Eckersberg (1783-1853) einen tragbaren Malkasten und einen Klappstuhl, um in der Ewigen Stadt und der römischen Campagna zu malen. Er begründete damit in Rom die dänische Tradition der Freilichtmalerei. Innovationen im direkten Naturstudium bildeten neben der Geometrie und Perspektive die wichtigsten Bestandteile seiner Lehre an der Kopenhagener Akademie. Durch seine progressive Verknüpfung von Tradition und Innovation sowie von Klassizität und Wirklichkeitsnähe wurde Eckersberg nicht nur der bedeutendste dänische Maler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sondern zugleich eine prägende Figur in der europäischen Kunstentwicklung jener Zeit. Seine Bildwelten verbinden scheinbare Zufälligkeit und kalkulierte Konstruktion, Nüchternheit und Zauber. In ungewöhnlicher Breite sind sämtliche Gattungen vertreten: Bildnisse, die sich der Raffinesse der französischen Porträtkunst ebenso verpflichtet erweisen wie dem dänischen Drang nach Objektivität, Historiengemälde, deren Protagonisten ihre Herkunft aus dem Aktsaal nicht verleugnen können, und Genreszenen, die in ihrer forcierten Momenthaftigkeit wie aus der Zeit gefallen wirken. Nicht zu vergessen seine Landschaften: Ob er die Topografie Roms als zufällig gewählten Ausschnitt inszeniert, Wasser, Licht und Himmelsphänomene auf seinen Marinen dokumentiert oder aber der dänischen Natur in all ihrer Schlichtheit huldigt – stets spricht aus Eckersbergs Bildern seine konsequente Wirklichkeitsverpflichtung.
Rennende Gestalten auf der Langebro in Kopenhagen im Mondlicht, 1836, Öl / Leinwand, 45,5 x 33,5 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst)
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GEMÄLDE
Ein Matrose beim Abschied von seiner Freundin, 1840, Öl / Leinwand, 34,5 x 26 cm (Ribe Kunstmuseum) Die Fontana dell’Acqua Acetosa bei Rom, 1814/16, Öl / Leinwand, 25,5 x 44,5 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Foto: SMK – The National Gallery of Denmark)
LEBEN UND WERK Geboren wurde Eckersberg am 2. Januar 1783 in Blaakrog in der Gemeinde Varnæs im damaligen Schleswig, heute Süddänemark. Zunächst lernte er bei Künstlern und Handwerksmeistern in der Umgebung seiner Geburtsstadt, bis er 1803 nach Kopenhagen zog und dort die Königlich Dänische Akademie der Künste besuchte. Diese erfreute sich damals großer Beliebtheit, und neben Philipp Otto Runge (1777-1810) war auch Caspar David Friedrich (1774-1840) schon vor Eckersberg hier eingeschrieben gewesen. Letzterer hatte die Absicht, Historienmaler zu werden, und seine ersten Werke ähnelten zunächst durchaus den Bildern seines Lehrers Nicolai Abildgaard (1743-1809). Auch vom kurz zuvor verstorbenen Landschafts- und Porträtmaler Jens Juel (1745-1802) wurde Eckersbergs Schaffen beeinflusst. Beide Maler hatten in jungen Jahren
einige Zeit in Rom verbracht und in Paris studiert. Sie galten damals als die großen Leitfiguren der dänischen Kunst, Abilgaard im Bereich der Historienmalerei, Juel als Landschafts- und Porträtmaler. 1806 erhielt Eckersberg einen Auftrag des Kammerherrn und Kunstsammlers Johann von Bülow für eine Bildserie auf der Insel Fünen und in dessen
Kunstsammlung war es Eckersberg möglich, einige von Juels Landschaftsbildern zu studieren. Drei Jahre später beauftragte ihn Christoffer von Bülow, der Neffe des Kammerherrn, mit einer Serie von Motiven auf der Insel Møn, die mit ihren berühmten Kreidefelsen sozusagen das dänische Äquivalent zu Rügen darstellte. Die Gemälde von der Insel waren die letzten Werke, die der Maler vor seiner Reise ins Ausland anfertigte. 1809 schloss er sein Studium ab und erhielt die Goldmedaille der Kopenhagener Akademie. Die Auszeichnung brachte ein Stipendium mit sich, das ihm ermöglichte, seine Ausbildung im Ausland fortzusetzen. 1810 trat er dann seine Reise nach Paris an, wo er von September 1811 bis Oktober 1812 als Schüler im Atelier des berühmten Klassizisten Jacques-Louis David (1748-1825) tätig war. Das internationale Ansehen der neueren französischen Malerei und der
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GEMÄLDE
Ruhm von David dürften dazu beigetragen haben, dass sich Eckersberg für einen längeren Aufenthalt in Paris entschied. Insgesamt sollte er drei Jahre dort bleiben und es scheint, dass er hier den Wunsch entwickelte, neue künstlerische Wege zu beschreiten – unterschied sich doch die neuere französische Malweise mit ihren exakten Umrisslinien, ihrer beißenden Helligkeit und der ungetrübten Farbigkeit so fundamental von den traditionellen dänischen Vorbildern Eckersbergs.
Diese Kunst dürfte für den Maler so radikal innovativ gewesen sein, dass er die neuen Eindrücke vermutlich erst einmal auf sich wirken lassen musste. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum aus seinem ersten Jahr dort kaum etwas von ihm zu lesen ist: Während seiner übrigen Zeit in Paris, wie auch später in Rom, schrieb Eckersberg regelmäßig in seine Tagebücher, die heute in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen aufbewahrt werden und uns reichlich Aufschluss über seine Zeit im Ausland geben. Sein Mäzen in Paris, der Kammerjunker Tønnes Christian Bruun Neergaard (1776-1824), war im Besitz einer umfassenden Zeichensammlung und pflegte außerdem persönlichen Umgang mit einigen der wegweisenden Künstler dieser Epoche. Über ihn konnte der Neuling gleich gute Kontakte in Paris knüpfen, und er hatte auch dafür gesorgt, dass Eckersberg bei David studieren konnte. Im Unterricht des Meisters erhielt er ausschließlich Anweisungen zum Malen nach dem Modell, was für Eckersberg völlig ungewohnt war, da er in Kopenhagen vornehmlich Zeichenübungen absolviert hatte. Der Einfluss Davids bewirkte ein Umdenken Eckersbergs, vor allem auf seinem Fachgebiet, der Historienmalerei. Auch auf anderen Gebieten wie der Landschafts-, der Prospektmalerei und dem Genre kam es zu Neuerungen, nur weiß man leider nicht, welche Künstler ihm neben David als Quelle seiner Anregungen dienten. Im Juni 1813 brach der Maler nach Rom auf, wo er am 3. Juli 1813 eintraf. Er wohnte dort im gleichen Haus wie der dänische Bildhauer Bertel Thorvaldsen (1770-1844), der Eckersberg freundschaftlich aufnahm und ihn mit anderen Künstlern in Rom bekannt machte. Der Bildhauer kaufte insgesamt sieben Bilder von Eckersberg für seine Gemäldesammlung und der Maler fertigte dafür im Jahr 1814 ein Porträt von Thorvaldsen an. Dieser schuf
wiederum 1816 eine Bildnisbüste in Gips von Eckersberg, die er nach dessen Abreise aus Rom auch in Marmor ausführte. Eckersberg konzentrierte sich auch in Rom weiterhin auf seine Historiengemälde und verzeichnete erste Erfolge mit großformatigen Auftragsarbeiten. Durch seine Auseinandersetzung mit bestimmten Tageslicht-Stimmungen setzte er einen prägnanten Umbruch in der dänischen Historienmalerei in Gang, fort von der dunklen Farbigkeit der Bilder Abildgaards. Rom war damals Treffpunkt vieler Künstler aus aller Herren Länder, die sich hier – weit weg von ihren heimischen Lehrern und Akademien – untereinander für eine Reformation der Landschaftsmalerei begeisterten. Maßgeblich war dabei der Schritt zum Malen im Freien, direkt vor dem Motiv. Hatte man vorher lediglich Zeichnungen in der Natur angefertigt und diese später im Atelier auf die Leinwand gebracht, tat man dies nun draußen direkt auf seinem Schemel vor der Staffelei. Diese moderne Malweise hatte sich in Rom längst durchgesetzt, bevor Eckersberg 1813 dort eintraf, und während seines Aufenthalts in der Ewigen Stadt ist auch in seinen Landschaften und Stadtprospekten ein deutlicher Wandel erkennbar. Bei seinen wenigen Darstellungen von den bekannten Monumenten wählte er stets lieber eigene, ungewöhnliche Blickwinkel und vermied bewusst die klassischen Perspektiven
Stehendes weibliches Aktmodell vor rotem Hintergrund, 1837, Öl / Leinwand, 125,6 x 76,7 cm (Kopenhagen, The Royal Academy of Fine Arts, The Academy Council) Stehendes männliches Aktmodell, einen Stab haltend. Carl Frørup, 1837, Öl / Leinwand, 94,5 x 62,5 cm (The Royal Academy of Fine Arts, The Academy Council; Foto: Frida Gregersen)
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von Touristenbildern, die so schon mehrfach von anderen Künstlern angefertigt worden waren. Seine Ansichten von Rom sollten später den gelben Salon in seiner Wohnung auf Schloss Charlottenborg schmücken und ein neues Kapitel der dänischen Malerei einleiten. Im Mai 1816 brach der Maler auf, um über Dresden, wo er Caspar David Friedrich (1774-1840) traf, zurück nach Dänemark zu reisen. Im August 1816 kam er in Kopenhagen an und stieg bald zum beliebtesten Porträtmaler Dänemarks auf. Gleich nach seiner Rückkehr wurde er beauftragt, vier großformatige Bilder für das königliche Schloss Christiansborg auszuführen, und es war ihm somit gestattet, sich als königlicher Hofmaler zu bezeichnen. Im Oktober 1817 erfolgte seine Ernennung zum Mitglied an der Königlichen Akademie der Künste, was ihm wiederum erlaubte, sich um eine der begehrten Stellen als Professor der Modellklasse in Charlottenborg zu bemühen. Im April 1818 wurde er dann zum Professor der Modellklasse an der Kunstakademie berufen, er bezog eine Wohnung auf Schloss Charlottenborg, wo sich der Sitz der Akademie befand. Seine Stelle als Professor sollte er bis zu seinem Tod behalten, insgesamt 35 Jahre lang. Da Eckersberg zur Zeit seines Aus-
landsaufenthaltes Unterstützung durch verschiedene mächtige Leute mit Beziehungen zur Kunstszene in Kopenhagen erhalten hatte, revanchierte er sich nun, indem er manchen von ihnen Porträts malte. Der bekannteste unter diesen Gönnern war der Großkaufmann Mendel Levin Nathanson (1780-1868), der bereits mehrere Bilder bei dem Künstler bestellt hatte. Eckersbergs in Rom gemalte Prospekte könnten vermuten lassen, dass er sich zurück in Kopenhagen vornehmlich Landschaften und Stadtbildern widmete, stattdessen wurde jedoch die Marinemalerei allmählich zu seiner bevorzugten Bildgattung. Als Jugendlicher hatte er sich schon mit Zeichnungen von Schiffen ein kleines Zubrot verdient, und er beschäftigte sich nun nach über zehn Jahren wieder mit Meer und Schiff als Hauptmotiv. Als Anregung könnten ihm hier die Werke von Caspar David Friedrich gedient haben. Ab Anfang der 1820erJahre widmete sich Eckersberg begeistert meteorologischen Studien und fertigte zahlreiche Bilder von Wolkenformationen, die ihm teilweise auch als Vorlagen für größere Gemälde und vor allem für Marinedarstellungen dienten. Tatsächlich kann man in seinen Wolkenbildern aus dem Jahr 1826 eine Wende in sei-
Die Familie Nathanson, 1818, Öl / Leinwand, 126 x 172,5 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Foto: SMK – The National Gallery of Denmark) Doppelbildnis der Schwestern Bella und Hanna Nathanson, 1820, Öl / Leinwand, 125 x 85,5 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Foto: SMK – The National Gallery of Denmark)
nem künstlerischen Schaffen erkennen, denn von nun an stellte er die Wolken genauer und mit feineren Abstufungen dar. Ab 1836 wurden Genreszenen wieder zu einer festen Komponente in seiner Kunst, ein schönes Beispiel ist hier das Gemälde „Rennende Gestalten auf der Langebro in Kopenhagen im Mondlicht", das im gleichen Jahr entstand. Im Mai 1839 reiste der Maler mit dem Schiff nach Dover und weiter nach London, wo er aber nur eine Nacht verbrachte, bevor es ihn weiter nach Hamburg zog. Dort wohnte er mehrere Tage lang in der damals noch unabhängigen Stadt Altona im Herzogtum Holstein des dänischen Königs. Deutsch war die zweite Muttersprache Eckersbergs, somit dürfte er wohl keine Verständigungsschwierigkeiten gehabt haben. Von
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hier aus begab er sich auf mehrere Ausflüge, stattete auch dem namhaften Bankier und Kunstsammler Conrad Hinrich Donner (1774-1854) einen Besuch ab, für dessen privates Museum er sich interessierte. Bei einer großen Ausstellung zeitgenössischer Kunst, auf der über 300 Maler aus ganz Deutschland mit insgesamt fast 600 Werken vertreten waren, traf er unter anderem auch auf Franz Ludwig Catel (1778-1856), den er bereits während seines Aufenthalts in Rom kennengelernt hatte. In Hamburg hielt er sich jedoch nur kurz auf und es scheint, dass die Eindrücke, die er dort gesammelt hatte, keine Auswirkungen auf sein Spätwerk hatten. Der Künstler starb am 22. Juli 1853 im Alter von 70 Jahren in Kopenhagen an der Cholera.
DER PROFESSOR Während seiner Lehrtätigkeit als Professor an der Akademie in Kopenhagen ermutigte Eckersberg seine Schüler zum Studium in Öl direkt in der Natur. Dabei war ihm vor allem die Perspektivlehre und deren konsequente Anwendung wichtig. Er selbst befasste sich auch ausführlich mit Fragen zur Konstruktion und Perspektive und schrieb eigene Publikationen zu diesen Themen, so wurde 1833 sein erstes Traktat unter dem Titel „Forsøg til en Veiledning i
Anvendelsen af Perspektivlæren for unge Malere" veröffentlicht („Versuch zu einer Anleitung in der Anwendung der Perspektivenlehre für junge Maler") und 1841 folgte das zweite Traktat unter dem Titel „Linear-perspektiven anvendt paa Malerkunsten" („Die Linearperspektive, angewendet auf die Malerkunst"). Wie er es sich in Rom angeeignet hatte, unternahm Eckersberg nun auch Ausflüge rund um Kopenhagen
und fertigte Freilichtstudien in Öl an. Als er diese Praxis Anfang der 1830erJahre in seinen Unterricht einbezog, veränderte er den Akademiebetrieb grundlegend. Erstmalig zog er wohl am 27. Mai 1831 mit seiner Malklasse los und fortan begab er sich wiederholt zusammen mit seinen Schülern auf Exkursionen. Somit realisierte der Maler als einer der ersten Akademieprofessoren in Europa die Freilichtmalerei und deren Philosophie, kurz darauf folgte Carl Blechen (1798-1840) diesem Beispiel in seinen Lektionen für Landschaftsmalerei an der Akademie der Bildenden Künste
Das russische Linienschiff Asow und eine Fregatte vor Anker bei Helsingør, 1828, Öl / Leinwand, 63 x 51 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst) Blick durch drei Bögen im dritten Stockwerk des Kolosseums, 1815, Öl / Leinwand, 32 x 49,5 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Foto: SMK – The National Gallery of Denmark)
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Wolkenstudie über dem Öresund, 1826, Öl / Leinwand, 20,5 x 32,3 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Foto: SMK – The National Gallery of Denmark) Segelpartie von Kopenhagen nach Charlottenlund, 1824, Öl / Leinwand, 44,5 x 45 cm (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Foto: SMK – The National Gallery of Denmark)
ihm ab. Bezeichnenderweise zeigt ein Porträt aus der Hand eines seiner Schüler den betagten Eckersberg an einem Tisch stehend, wie er sich auf eine Abhandlung zur Perspektive stützt und ein Kompositionsprinzip an der Tafel ausführt. Denn so sahen ihn seine Schüler damals: „[E]in müder alter Mann, der unbeirrt an seinen Prinzipien festhielt."
AUSSTELLUNG
in Berlin. Eckersberg riet seinen Schülern, sich gezielt einzelnen Motiven zu widmen und auch seine eigenen Naturstudien reflektieren diesen Ansatz. Gleichzeitig erwirkte Eckersberg in der Aktmalerei gravierende Neuerungen: Er führte den Unterricht bei Tageslicht ein – zuvor hatte man abends bei künstlichem Licht in der Klasse gesessen – und er ließ seine Schüler über ihre Zeichnungen hinaus auch Malübungen anstellen. Außerdem führte er das Aktstudium nach weiblichen Modellen ein, was der Kopenhagener Akademie damals innerhalb Europas eine Vorreiterrolle einbrachte. Neben der Perspektive, die den Maler immer mehr in den Bann zog, beschäftigte sich Eckersberg auch intensiv mit der Darstellung von Sonnenlicht und Schattenwirkung, doch seine Studien und Perspektivkonstruktionen sah er als seine wertvollste Hinterlassenschaft an. Seine Schüler dagegen hatten teilweise Schwierigkeiten, diese Faszination nachzuvollziehen und ein paar seiner sonst treuen Anhänger wandten sich sogar von
Mit einer großen, erstmals außerhalb Dänemarks in Europa stattfindenden Retrospektive zu Christoffer Wilhelm Eckersberg würdigt die
Hamburger Kunsthalle den bedeutendsten dänischen Maler der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch bis 16. Mai. Die Ausstellung „Eckersberg – Faszination Wirklichkeit" umfasst mit rund 90 Gemälden sowie ca. 40 Zeichnungen und Druckgrafiken aus allen Schaffensphasen sämtliche Hauptwerke des Künstlers. Den Besucher erwarten Highlights der Kunstgeschichte wie das Gruppenbildnis der Familie Nathanson oder der Blick durch drei Bögen im dritten Stockwerk des Kolosseums. Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog mit Fachbeiträgen aus deutscher und dänischer Perspektive erschienen. Literatur: Markus Bertsch, Hubertus Gaßner und Neela Struck (Hrsg.): „Eckersberg – Faszination Wirklichkeit. Das Goldene Zeitalter der dänischen Malerei", mit Beiträgen von Markus Bertsch, Sandra Espig, Patrick Kragelund, Kasper Monrad, Anna Schram Vejlby, Regina Schubert, Andreas Stolzenburg und Neela Struck, Michael Imhof Verlag, 2016.
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