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KUNST • ANTIQUITÄTEN • AUKTIONEN
SammLer JourNaL
aPrIL 2021
April 2021 · B 1309 | € 8,00 Schweiz CHF 12,30 | Österreich € 8,90 | Be/Ne/Lux € 9,00
KUNSTMARKT • AUKTIONEN • HAMMERPREISE
Irma Stern GEMI
Eine südafrikanische Avantgardistin Fashion!? Was Mode ist Fotokunst: Araki
Standgrammophon »Aeolian Vocalion«, um 1920 Mit Chinoiserie-Gehäuse Schätzpreis: € 9.000 – 12.000 Goldene Taschenuhr von Dubois, Genf, um 1885 18 Karat, 16 Rubine Schätzpreis: € 1.700 – 2.200 »Taurus-Type«, 1908 Äußerst seltene TaschenuhrSchreibmaschine von Torrani & Cie., Mailand Schätzpreis: € 5.000 – 7.000
Frühjahrs-Auktionen
»Photographica & Film« »Rundfunk« »Wissenschaft & Technik« »Mechanische Musik« »Büro-Antik« + »Spielzeug« 23. + 24. April 2021
Telefon »Systeme Ader«, um 1880 Französischer Tischapparat von Soc. Ind. des Téléphones Schätzpreis: € 3.500 – 5.000
Phonograph »Columbia Graphophone Typ N ‘Bijou’«, ab 1895 Schätzpreis: € 900 – 1.200
Exzellente, umfangreiche Schellackplatten-Sammlung von Caruso bis Beatles, 1905–1963
Früher deutscher Radioempfänger »Typ Wira«, um 1925 Schätzpreis: € 800 – 1.500 Radio-Empfänger »DeTeWe Neutrohet 29W«, 1928 Schätzpreis: € 1.200 – 1.800 Grammophon »Zonophone Typ C«, um 1900 Schätzpreis: € 1.200 – 1.800
»Gerda Mod. 1«, 1919 Riesenrarität: Deutsche Blinden-Zeigerschreibmaschine von Georg Emig, Berlin Schätzpreis: € 800 – 1.500
Musikbox »Wurlitzer 1080«, 1947 Mit 24 original Platten Schätzpreis: € 7.000 – 10.000
Radioempfänger »Stahlwerk Mark Breslau«, um 1925 Schätzpreis: € 700 – 1.000
…und vieles mehr! Weitere Informationen unter www.Breker.com / New Highlights und youtube.com/auctionteambreker Voll-illustrierter 2-sprachiger (deutsch/englisch) FARB-Katalog: € 28,– · Lieferung nur gegen Vorauskasse
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»Regina Modell 34«, um 1903 Großer Plattenwechsel-Automat für 12 Platten Schätzpreis: € 22.000 – 25.000
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SAMMLER-SERVICE
Fürs Homeoffice Französischer Sekretär
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Ich würde gerne mehr über dieses Möbel erfahren, das ich nicht einordnen kann. Es ist aus Eiche gefertigt, 140 cm hoch, 88 cm breit und 42 cm tief. Die obere Klappe lässt sich nach vorne ausklappen. Öffnet man die unteren Türen, verbergen sich dahinter zehn Regale, in die je ein Karton hineingeschoben wurde, den man wiederum nach vorne ausklappen kann. Die Front jedes Kartons ist mit geprägtem Leder verziert. Um welches Möbel handelt es sich hier? Aus welcher Zeit stammt es und was ist so etwas heute wert? Uwe Blass, o. O.
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Es handelt sich um einen französischen Sekretär, ein sogenannter Secrétaire à abattant. Die Front ist durch Leisten strukturiert, ein Zierelement aus Pressholz über der Klappe ist der einzige Schmuck. Das Schloss ist industriell gefertigt, die Schubfächer aus geprägter Pappe haben Beschläge aus Stahl. Es handelt sich um ein provinzielles Möbel aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Aktuell sind Sekretäre nicht sehr gefragt, doch könnte sich der Trend ändern. Sekretäre sind abschließbar und daher fürs Homeoffice sehr geeignet. Ein Schätzpreis von 300 bis 500 Euro scheint angemessen. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Jagdschloss Göhrde
Fließende Linien Jugendstilvase
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Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir zu dieser recht imposanten Jugendstilvase aus Zinn (Höhe 52 cm, Breite an der Basis ca. 25cm) einen Hersteller oder Entwerfer benennen könnten. Eine Markierung habe ich leider nicht entdecken können. Handelt es sich vielleicht um ein Orivit-Erzeugnis? Dankbar wäre ich Ihnen auch für eine Bewertung. Franziska Plischka, o. O.
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Die Vase in Ihrem Besitz zeichnet sich durch Doppelhenkel und fließende Linien aus, die Korpusform erinnert entfernt an asiatische Knoblauchvasen. Die Verdickung an der Öffnung trägt kleine Quadrate oder Würfel als Zierelement – ein Charakteristikum, welches mit der schwungvollen Linienführung kontrastiert. Ein gleiches Gestaltungselement findet sich auch bei dem „Würfelmuster“-Besteck Modell 34 der WMF, welches 1907 von Albert Mayer (geboren 1867 in Esslingen, gestorben Geislingen 1944 oder 1946(?)) entworfen und von 1908 bis 1914 produziert wurde. Eine fast gleiche Vase wurde 2005 in England in einer Auktion als WMF-Produkt angeboten. Diese Vase war allerdings noch durch eine vollplastische Jugendstil-Schönheit mit Harfe aufgewertet. Das Firmenzeichen der WMF ist sehr klein und kann leicht übersehen werden. Vermutlich ist die Straußenmarke mit dem Zusatz „I/0“ für die Versilbe-
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rung und „OX“ für „oxidiert“ außen oder innen am Standring angebracht. Als Wert würde ich 200 bis 300 Euro anKlaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Jagdschloss Göhrde setzen.
Die Anatomie der Kühe Gemälde von Th. Smith
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Wir haben ein Gemälde aus einem Nachlass geerbt und hoffen, dass Sie uns eine Expertenauskunft geben können. Das Bild wurde laut Erzählungen meines Vater 1936 aus den USA nach Deutschland eingeführt und hing lange Zeit bei meinen Eltern in der Stube. Das Bild ist signiert mit „Th. Smith 1911” und hat die Maße 100 x 70 cm ohne Rahmen und 113 x 85 cm mit Rahmen. Es wurde 2008 fachmännisch von einem Restaurator gereinigt. Können Sie uns bitte etwas zum Maler und zum Wert des Gemäldes sagen? Martin Ekelmann, Goldenstedt
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Dieses wohl in den Vereinigten Staaten von Amerika entstandene Landschaftsgemälde ist eine Malerei in Öl auf Leinwand mit dem Maßen 70 x 100 cm. Zu sehen ist ein flaches Gewässer an dessen Rand eine Herde Kühe steht und ihren Durst löscht. Eine weiße Kuh hat ihren Kopf wachsam erhoben und scheint den störenden Betrachter zu mustern. Von der Anwesenheit des Menschen ist hier nur ein kleines Holzboot und ein flaches Gebäude im Hintergrund zu sehen. Hinter dem Gebäude zeichnen sich einige Bäume, die in den weiten Horizont gehen, ab. Das Gemälde ist in der unteren rechten Ecke mit dem Namen Th. Smith signiert und 1911 datiert. Der Name ist sicherlich mit Thomas Smith aufzulösen und trotz der Häufigkeit dieses Namens lässt sich kein Künstler, dessen Werk und Biografie bekannt sind, mit diesem Gemälde verbinden. Auch die gewissen Schwierigkeiten des Künstlers, die Anatomie der Kühe korrekt wiederzugeben, lassen den Schluss zu, dass der Künstler seine Motivation aus der Freude am Malen selbst bezieht und es sich nicht um einen akademisch geschulten Künstler handelt. Dennoch handelt es sich hier um ein stimmungsvolles Gemälde, welches in einer Auktion mit 200 bis 400 Euro eingeschätzt werden könnte. Georg Ottomeyer, Experte Berlin
www.dawo.de
Frühjahrs Auktion – LIVE 24.04.2021 11.00 Uhr
Antiquitäten, Briefmarken, Uhren, Schmuck, Porzellan z. B. Royal Copenhagen, Münzen u.v.m.
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Wo: 49324 Melle, Breslauer Straße 24 Besichtigung: Do. 22.04.21 14:00 – 18:00 Uhr Fr. 23.04.21 14:00 – 18:00 Uhr Sa. 24.04.21 9:00 – 10:30 Uhr
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MAGAZIN
Viele Positionen Gallery Weekend Berlin Das 17. Gallery Weekend Berlin zeigt vom 29. April bis 2. Mai 2021 neue Arbeiten von aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern bis hin zu etablierten Positionen in den 49 teilnehmenden Galerien. Mehr denn je zeichnet sich das Gallery Weekend durch den starken Zusammenhalt und die enge Kooperation unter den Berliner Galerien aus und stärkt den Galerienstandort, der sich der Unterstützung und dem nachhaltigen Aufbau der Künstler verschreibt. Auch digital lässt sich das Gallery Weekend entdecken. Die Website gallery-weekend-berlin.de zeigt alle Ausstellungen, geht virtuell auf Tour durch die Galerien, stellt Galeristen und Künstlerinnen vor und gibt Einblicke in den Kunstdiskurs. Im Herbst legt das neue Format Gallery Weekend *Discoveries den Schwerpunkt auf Neuentdeckungen und findet erstmalig vom 15. bis 19. September 2021 statt. TELEFON | 030 70038771 INTERNET | www.bureau-n.de
Daten, Daten, Daten Inventar digital Die Staatsgalerie Stuttgart verlor im Jahr 1944 durch einen Bombenangriff fast alle Inventarbücher der Graphischen Sammlung. Nun, über 70 Jahre später, gibt es endlich wieder eine Gesamtübersicht zum Bestand. In über sechs Jahren, von Mai 2014 bis Dezember 2020, wurden in der Staatsgalerie die Sammlungsbestände digital erschlossen. Dazu wurde eigens ein Team mit vier Mitarbeitenden beschäftigt, die im Laufe der Jahre – gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – 229.989 Datensätze erarbeiteten. Darunter konnten über 500 Werke der Graphischen Sammlung, die in den letzten Jahrzehnten
Installation view, Ambera Wellmann at Kraupa-Tuskany Zeidler, Foto: Stefan Korte Gallery Weekend Berlin 2020
als Kriegsverluste international gesucht wurden, vor Ort nachgewiesen werden. Mit diesen wiedergefundenen Werken kann die Staatsgalerie nun ihre Fehlermeldungen beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg aktualisieren und damit die Qualität der Lost Art-Datenbank verbessern. Auch können mit dem jetzt erstmals umfassenden und strukturierten Datenpool Fragestellungen zum Sammlungsbestand präziser als je zuvor beantwortet werden. Anlass für die Generalinventur ist der Landtagsbeschluss zur Vermögensrechnung des Jahres 2012 gewesen, wonach das Land Baden-Württemberg seine Vermögenswerte jährlich veröffentlicht. TELEFON | 0152 23070620 WEBSEITE | www.staatsgalerie.de
Museumsbesuch vom Sofa aus Virtuell durchs Münchner Stadtmuseum
Installation view, Raimund Girke at Kewenig Gallery, Gallery Weekend Berlin 2020 Foto: Stefan Korte
Mit einem 360°-Rundgang bietet das Münchner Stadtmuseum einen virtuellen Einblick in die reichhaltige Ausstellung zur Münchner Stadtgeschichte. Mit knapp 1.000 Exponaten präsentiert sie seit 2008 einige der bedeutenden Schätze Münchens, von den sagenumwobenen Moriskentänzern und den Heldenputti der Mariensäule über den kunstvollen Silberschatz und Münchner Jugendstil bis hin zu Aichers Olympiaplakaten. 2018 wurde die Dauerausstellung „Typisch München!" durch die interaktiven Stationen und Exponate des Projekts „Migration bewegt die Stadt" ergänzt. Der virtuelle Rundgang führt von der Stadtgründung bis hinein in die Gegenwart. Vertiefende Informationen, Hörstücke und Detailaufnahmen zu ausgewählten Objekten bereichern das visuelle Erlebnis und setzen Schlaglichter. Zudem können erstmalig und exklusiv drei Ausstel-
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www.dawo.de
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MAGAZIN
Blick in das Münchner Stadtmuseum von der Couch Foto: Michael Naumann
lungsräume auch von innen entdeckt werden, die sonst für Besucherinnen und Besucher vor Ort aus konservatorischen Gründen nicht betretbar sind. Der 360°-Rundgang ermöglicht, sich selbständig auf 2.400 Quadratmetern Ausstellungsfläche zu bewegen – ganz im eigenen Tempo, mit eigener Schwerpunktsetzung und völlig unabhängig von den Öffnungszeiten des Museums. Es lässt sich online neugierig durch Münchens Stadtgeschichte schlendern und Neues und Altbekanntes vom Wohnzimmer aus entdecken. TELEFON | 089 23322370 INTERNET | www.muenchner-stadtmuseum.de
Spektakulärer Fang
im Leipziger Grassi-Museum, eines im Deutschen Klingenmuseum Solingen, eines in der Memorial Art Gallery der University of Rochester sowie zwei weitere in einer belgischen und Schweizer Privatsammlung. Das entscheidende Vergleichsstück befindet sich in der Sammlung des Grünen Gewölbes der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden. 1640 wird dieses Meisterwerk im Inventar der kurfürstlichsächsischen Kunstkammer beschrieben: „1 Gepapter fisch, auswendig wie eine forelle gemahlet und fomiret, inwendig mit 6 stuck meßern, so perlenmutter hefte oder griffe haben.“ (fol. 127r) Die Ähnlichkeit der Dresdener und der Münchner Forelle ist frappierend. Die realistische Gestalt und Farbfassung lassen einen engen zeitlich und räumlichen Kontext der Entstehung vermuten. Auch wenn das Münchner Exemplar fünf Zentimeter länger ist, zeigt sich eine identische Konzeption. Direkt hinter den Kiemen lässt sich das Kopfstück abziehen, wodurch die sechs Messer zum Vorschein kommen. Das Dresdener Exemplar unterscheidet sich nur in der aufwändigeren Bildung der Messergriffe unter Verwendung von Perlmutt und feuervergoldeter Bronze. Als Teil der fürstlichen Kunstkammer belegt das Forellenfutteral die hohe Wertschätzung für Objekte, die durch ihre effektvolle Naturnachahmung beim Betrachter Staunen und Bewunderung hervorrufen. Diese zeigt sich im 16. Jahrhundert auch an der Begeisterung für Naturabgüsse in Bronze und Silber oder für naturalistisch gestaltete Fayencen. Fürstliche Sammler machten sich einen Spaß daraus, ihre Tischgesellschaft durch spielerische Tierautomaten zu überraschen und zu begeistern. In diesem Kontext hatte wohl auch die Forelle ihren Auftritt. Mit der Öffnung der Museen wird sie im Bayerischen Nationalmuseum zu bestaunen sein. Ein spektakulärer Fang für das Schatzhaus an der Eisbachwelle, der ihm das Netz des Freundeskreises beschert hat. TELEFON | 089 21124270 WEBSEITE | www.bayerisches-nationalmuseum.de
Meisterstück der Spätrenaissance fürs Bayerische Nationalmuseum München Ein spektakulärer Fang ist dem Bayerischen Nationalmuseum ins Netz gegangen. Ein seltenes Futteral aus dem 16. Jahrhundert in Form einer Forelle mit komplettem sechsteiligem Messersatz konnte mit Unterstützung des Freundeskreises für die Sammlung erworben werden. Die kostbare Rarität war zweifellos einst Eigentum einer hoch stehenden Persönlichkeit und gehörte vermutlich zum Bestand einer fürstlichen Kunst- und Wunderkammer. Schwarze und rote Punkte flirren über die goldene Schuppenhaut. Man glaubt, einen lebenden Fisch vor sich zu haben. Beim Gedanken an die leckere Fastenspeise, die bereits in Marx Rumpolts „(..) New Kochbuch“ aus dem Jahr 1581 auf 18 verschiedene Arten zubereitet werden konnte, läuft dem Betrachter das Wasser im Mund zusammen. Doch beim Versuch des Filetierens entpuppt sich die Forelle als täuschend lebensecht gefasstes Behältnis, in dem sechs prachtvoll verzierte Messer mit zierlichen Griffen aus Bein stecken. Besteckfutterale in Form von Forellen aus der Zeit der Renaissance sind selten. Nur eine Handvoll Exemplare hat sich erhalten: eines aus dem Besitz von Cosimo I de’ Medici
Seltenes Spätrenaissance-Futteral in Form einer Forelle mit komplettem sechsteiligem Messersatz, Italien (?), um 1570, Futteral: Leder, farbig gefasst; Messer: Bein, Eisen, geätzt und teilvergoldet. Länge Futteral: 34,9 cm, Länge Messer: 21,5 cm, Leihgabe des Freundeskreises des Bayerischen Nationalmuseums e.V. Foto Bastian Krack © Bayerisches Nationalmuseum München
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AUKTIONSHAUS
PETER BAMBERGER Nachlassversteigerung
90403 Nürnberg v Telefon 0911 / 22 21 20 v Telefax 0911 / 20 85 74
Samstag v 17. April 2021 v 12.00 Uhr in 91287 Bernheck # 32 (A 9, AS Plech)
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KUNSTMARKT
Bilanz des Jahres 2020 Welche Bilanz zieht der weltweite Kunstmarkt? Nach einer Zeit der Lethargie, die zu einem starken Markteinbruch geführt hat, erholen sich die Auktionshäuser umso schneller, je weniger der Kaufprozess während der Krise unterbrochen wird. Die Bilanz des Jahres 2020 erweist sich trotz eines noch nie dagewesenen Kontextes als äußerst ermutigend. Der Kunstmarkt zeigt sich viel belastbarer als in früheren Krisen, vor allem jener von 2009, als das weltweite Verkaufsergebnis im Bereich der Fine Art um minus 36 Prozent geschrumpft war. Im Jahr 2020 verliert er nur minus 21 Prozent (10,57 Mrd. Dollar), erstaunlich geringe Einbußen angesichts der Auswirkungen der Covid-19-Krise auf dem Kunstmarkt. Dieser leichte Rückgang ist vor allem auf die mehr als verständliche Verringerung der Dynamik im oberen Marktsegment zurückzuführen. Seit dem ersten Lockdown ziehen viele große Sammler es vor, ihre Verkäufe zu verschieben und auf bessere Zeiten zu warten. So fehlen mehr als 500 millionenschwere Werke bei den Auktionen, und die Anzahl an Losen in dieser Kategorie geht im Vergleich zu 2019 um ein Drittel zurück. Im Westen leiden die Ergebnisse sehr unter dem Mangel an Meisterwerken. Hier wird trotz stabiler Transaktionen ein Rückgang von minus 30 Prozent der jährlichen Verkaufserlöse verzeichnet. Dagegen nimmt das chinesische Ergebnis trotz stark verringerter Transaktionen (minus 40 Prozent) dank hochrangiger Verkäufe im Laufe des zweiten Halbjahres leicht zu (plus zwei Prozent). Zweierlei Maß Im Laufe des ersten Halbjahres 2020 führte der Stillstand, verursacht durch Verschiebungen und Stornierungen, bei den Auktionen zu kolossalen Verlusten im Ausmaß von
Salman Toor, Rooftop Party with Ghosts 1, 2015 (Christie's, New York, Dezember 2020, Zuschlagspreis 543.341 Euro) © 2020 Christie’s Images Limited
minus 60 Prozent bei den Verkaufserlösen im Westen und von 91 Prozent in China (1. Halbjahr 2020 zu 1. Halbjahr 2019), aber ein Anstieg der Nachfrage war schnell zu spüren. Bereits Ende Juni erzielte Sotheby’s 231 Millionen Dollar mit seinem Verkauf zeitgenössischer Kunst, Ende Juli dann 194 Millionen Dollar für „Von Rembrandt bis Richter“. Am 7. Juli lag das Verkaufsergebnis von „ONE: A Global Sale of the 20th Century de Christie’s“ bei fast 300 Millionen Dollar. In Hongkong war der Juli der dynamischste Monat des Jahres. Während dieser starken Phase erzielten Francis Bacon („Inspired by the Oresteia of Aeschylus“, 84,5 Millionen Dollar, Sotheby's), Roy Lichtenstein („Nude with Joyous Painting“, 46,2 Mio. Dollar, Christie's) und San Yu („Quatre Nus“, 33,3 Mio. Dollar, Sotheby’s Hongkong) jeweils ihr drittbestes Verkaufsergebnis. Die Herbst- und Wintersitzungen sind entscheidend. Zum Glück waren die Auktionshäuser nun besser gerüstet und
Francis Bacon, Inspired by the Oresteia of Aeschylus, 1981 (Sotheby's, New York, Juni 2020, Zuschlagspreis 65.882.348 Euro) © VG-Bildkunst Bonn
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KUNSTMARKT
die Käufer wieder darauf erpicht, neue Siege zu erringen. Zum Beispiel verzeichnete Christie’s am 6. Oktober in New York die beste Sitzung des Jahres (20th Century, 309 Mio. Dollar). Im Dezember erlaubte der Erfolg bei den Versteigerungen moderner und zeitgenössischer Kunst in Hongkong einen neuen Rekord für „Christie’s Asia“ (224,7 Mio. Dollar). Die Dynamik des Marktes war bis zum Jahresende spürbar, und dank diesem Elan übersteigen die Ergebnisse mit einer Steigerung von plus 7 Prozent im Westen und von plus 71 Prozent in China die Performance von 2019 (2. Halbjahr). Ein Schlüsseljahr für die Online-Verkäufe Die Covid-19-Krise zwingt die Kunstwelt zu einem plötzlichen Stopp. Um ihre Verluste zu minimieren, konzentrieren sich die Auktionshäuser auf den digitalen Sektor. Nachdem die Präsenzauktionen auf Eis gelegt wurden, ist er zum einzigen Kanal für Werbung und Auktionen geworden. Unter Zugzwang erfährt der Kunstmarkt eine beispiellose digitale Entwicklung. 2020 werden Distanzauktionen, bis hin zu vollständigen Online-Verkäufen ohne Auktionator (Online only), zur neuen Norm. Zahlreiche Käufer sind es bereits gewohnt, aus der Ferne zu bieten, aber die Verbindungen explodieren förmlich ab dem ersten Lockdown, als ein größeres, jüngeres Publikum und neue Bieter in Erscheinung treten. Mehr Menschen online bedeutet gleichzeitig mehr Konkurrenz. Die sehr positive Abschlussquote (76 Prozent) ist auf dieses erneuerte Publikum sowie auf vorsichtige – und somit attraktive – Schätzungen zurückzuführen.
San Yu, Quatre nus, 1950 (Sotheby's, Hong Kong, Juli 2020, Zuschlagspreis 25.608.150 Euro)
Bei Christie's steigen die Onlineverkäufe das ganze Jahr über um 262 Prozent, bei Phillips um 134 Prozent. Den digitalen Umstieg am besten gemeistert hat aber Sotheby’s. Das Auktionshaus hat in der Pandemie sehr rasch reagiert. Seine Online-Verkäufe sind bereits 2019 um 25 Prozent gestiegen, aber der Ende 2020 verkündete Zuwachs liegt über die verschiedenen Sektoren hinweg im Bereich von plus 440 Prozent. Mehr als 70 Prozent der Auktionen des amerikanischen Auktionshauses haben in diesem Jahr im Internet stattgefunden – 30 Prozent waren es im Jahr 2019 – mit mehr als 40 Prozent neuen Bietern im Web. Trotz ihrer Reaktionsschnelligkeit gelingt es den großen Auktionshäusern nicht, ihre Verluste auszugleichen. Die Verkaufserlöse von Sotheby’s im Bereich „Fine Art“ schrumpfen um 29 Prozent, mit einer Milliarde Differenz im Vergleich zu 2019. Christie’s, dessen Ergebnis um 41 Prozent zurückgeht, erzielt eineinhalb Milliarden weniger als 2019. Was sich am besten verkauft
Roy Lichtenstein, Nude with Joyous Painting, 1994 (Christie's, United States, Juli 2020, Zuschlagspreis 35.843.512 Euro) © 2020 Christie’s Images Limited, © VG-Bildkunst Bonn
Die Beschränkungen aufgrund der Pandemie führen zu neuen Einschränkungen und wirken sich auf die Art der verkauften Werke aus. Der Markt bevorzugt eindeutig den Verkauf von Losen mit minimalen finanziellen Risiken, insbesondere geringen Logistikkosten wie Transport, Versicherung, und ohne böse Überraschungen beim Erhalt, weil sie dem Bild im Katalog entsprechen. Druck und Fotografie entsprechen diesen Kriterien perfekt und sind die einzigen Kategorien, wo die Transaktionsvolumen im Jahr 2020 zulegen, um zwei Prozent. Angetrieben vin überaus angesagten zeitgenössischen Editionen, typisch für „Genuss-Käufe“, sind Drucke mit mehr als 111.000 verkauften Losen im Laufe des Jahres, einem absoluten Transaktionsrekord, der große Gewinner. Zum ersten Mal nimmt die Druckgrafik auf dem Weltmarkt einen ebenso wichtigen Platz ein wie Zeichnungen (23 Prozent der Transaktionen). Skulpturen hingegen verlieren an Bedeutung (minus acht Prozent der Transaktionen), vor allem große Exemplare, die eine aufwändige Logistik erfordern und vor dem Kauf umfassend in Augenschein genommen werden wollen. Auch wenn ein
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KUNSTMARKT
paar große Verkäufe zu verzeichnen sind – darunter das große „Mobile Mariposa“ (1951) von Calder (18,2 Mio. Dollar, Sotheby’s am 8. Dezember) – bleiben Skulpturen mit einem Ergebnis, das um fast minus 40 Prozent zurückgeht (726 Mio. Dollar) die Kategorie, die am meisten unter der Krise leidet. Während die Transaktionen auf dem globalen Markt um sieben Prozent sinken, werden für Picasso, der weltweit am meisten verkaufte Künstler, mit 3.400 verkauften Losen im Jahr 2020 mehr als 245 Millionen Dollar generiert. Der Mythos Picasso wird bestätigt. Außerdem fungiert die alte Kunst während der gesamten Zeit als sicherer Hafen (plus sieben Prozent), während die zeitgenössische Kunst im Lockdown neue Anhänger gewinnt (plus drei Prozent). Diese beiden Epochen sind in diesem Jahr also am beliebtesten, so dass sie eine Rekordzahl an Transaktionen erreichen. Die Werke alter Meister erzielen auf allen Marktplätzen außergewöhnliche Preise: 5,2 Millionen Dollar für Georges de La Tour in Köln (Lempertz), fast 17 Millionen Dollar für Giovanni Battista Tiepolo in New York (Sotheby’s), 18,8 Millionen Dollar für Rembrandt in London (Sotheby’s), 39,5 Millionen Dollar für Ren Renfa in Hongkong (Sotheby’s), bis hin zu 76,6 Millionen Dollar für Wu Bin in Peking (Poly International). Bei der Nachkriegs- und zeitgenössischen Kunst zeigt der Markt klar seine Tendenzen, mit deutlichen Präferenzen für Street Art, abstrakte Kunst und figurative Malerei. Das obere Marktsegment bewahrt seine Vorlieben für eine lebendige, fröhliche und kühne figurative Malerei. Davon zeugen die drittbeste Auktion von Werken Roy Lichtensteins und David Hockneys, die neuen Rekorde für William Copley, George Condo und Nicolas Party und die erhöhte Nachfrage nach Magritte (Rekord an Transaktionen und niedrigster Anteil an unverkauften Werken). Ein Künstler hebt sich mehr hervor als alle anderen: der Franko-Chinese San Yu, der zweiterfolgreichste Künstler in diesem Jahr nach Pablo Picasso. Auch die Nachfrage nach der figurativen Malerei des 21. Jahrhunderts ist sehr groß, vor allem, wenn sie die Themen Rassenidentität und sexuelle Identität, Geschlechteridentität sowie Queerness anspricht. Atemberaubende Zuschläge verzeichnen junge Künstler, deren Male-
rei diese Themen behandelt, wie die Mittdreißiger Christina Quarles (1985) und Salman Toor (1983). 2018 bei den Auktionen aufgetaucht, erzielte Christina Quarles’ Werk 655.200 Dollar, mehr als das Sechsfache des oberen Schätzwerts in New York („Tuckt“, Phillips, 8. Dezember 2020). Für Salman Toor, 2020 auf dem Sekundärmarkt eingeführt, ging es noch höher. Im Dezember wurden 822.000 Dollar für ein Gemälde mit einem Schätzwert zwischen 100.000 und 150.000 Dollar erzielt („Rooftop Party with Ghosts 1“, Christie's New York). Seine figurative Malerei mit queeren Charakteren entspricht der aktuellen Nachfrage. Von #MeToo bis hin zu Black Lives Matter wirken sich die sozio-kulturellen Umwälzungen mehr denn je auf den Kunstmarkt aus. QUELLE | artprice.com